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Kirchen- und Totenwege

 Es war selbstverständlich, daß nach der Gründung der Pfarrei die Leute aus den zugehörigen Ortschaften stets den kürzesten Weg zum Pfarrsitz und zum Gotteshause wählten. Das konnte damals leicht geschehen, weil noch ganz wenig Land kultiviert war und man darum nach Belieben durch Wald und Heide, durch Wies und Weide gehen konnte. Als später die Bodenkultur sich ausbreitete, nahm man dabei stets Rücksicht auf die schon bestehenden Kirchenwege und schonte sie. Erst die neueste Zeit ist in dieser Hinsicht rücksichtsloser geworden. Auch brachten die neuzeitlichen Verkehrsverhältnisse von selbst manche Änderung der alten Wege. Eben darum ist es wichtig, daß diese alten Kirchenwege genau aufgezeichnet und beschrieben werden. Sie sind nicht nur Denkmäler vergangener Zeit, sondern sie geben auch mancherlei Aufschluß über kirchliche und wirtschaftliche Zusammenhänge, über Siedlungs- und Kulturgeschichte.

 Was von den Kirchenwegen gilt, das muß erst recht von den Totenwegen gesagt werden. Sie fallen in der Regel zusammen mit den Kirchenwegen, weichen aber aus verkehrstechnischen Gründen öfters von ihnen ab. Denn zur letzten Fahrt für die Toten brauchte man Wege, die nicht bloß für den Fußgänger gangbar, sondern auch für die Fuhrwerke fahrbar waren. Auch sie haben sich da und dort im Laufe der Zeit Änderungen gefallen lassen müssen.

 Für die nächstgelegenen Orte Volkersdorf und Rutzendorf konnte es keinen anderen Kirchen- und Totenweg geben, als den heute noch bestehenden Ortsverbindungsweg mit Sachsen. Nur daß von Volkersdorf heraus ehedem noch ein Fahrweg von dem nördlichen Teile des Dorfes (Hs.–Nr. 10, 11, 13, 14) in gerader Richtung zur Straße nach Sachsen führte und ein Fußweg von dem südlichen Teile her heute noch geht.

 Für Milmersdorf führten von jeher beide Wege vom Dorfe aus in gerader Richtung nach Sachsen, über zwei Höhenzüge hinweg unmittelbar zum Eingangstor in den Kirchhof. Wo der Weg von Herpersdorf einmündet, stand einst ein alter Baum, bei dem die Leichen vom Pfarrer und Chor in Empfang genommen und zum Kirchhof geleitet wurden. Der Baum hieß darum der Totenbaum. Auch der alte Totenweg von Neukirchen und Külbingen kam hier über den Kühberg herab und mündete beim Totenbaum in den Milmersdorfer Weg ein. Seit dem Bau der Eisenbahn wird, zumal bei schlechtem Wetter, als Kirchenweg gern der zwar etwas weitere, aber bequemere Weg an der Bahn entlang gewählt, während die Toten immer noch auf dem alten Wege gefahren werden.