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Der katholische König galt zwar noch als „oberster Bischof“ der evangelischen Landeskirche, aber er enthielt sich gewissenhaft aller Eingriffe in das Kirchenwesen, von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen. Es konnte sich die evangelische Kirche innerlich wie zum Teil auch äußerlich ganz nach ihrer eigenen Ordnung und nach ihrem geistlichen Wesen erbauen, ganz im Gegensatz zu Preußen und anderen Ländern, wo sich die Herrscher reichliche Eingriffe gestatteten, wo sie, wie in Preußen, sogar eine die konfessionellen Unterschiede mißachtende Union zwangsweise einführten.

 Dem Gedanken, daß in der evangelischen Kirche die Gemeinden eine ausschlaggebende Bedeutung besitzen, wurde durch die Einrichtung von Landeskirchenversammlungen (Generalsynoden) Rechnung getragen. Es wurden weiter 1821 für die einzelnen Gemeinden Kirchenvorstände vorgesehen, allerdings nicht zwangsweise. So konnte es geschehen, daß in Sachsen erst 1850 ein Kirchenvorstand eingerichtet wurde, weil sich anfangs die Gemeinde dagegen sträubte. Aus Volkersdorf und Rutzendorf hatten damals 33 Gemeindeglieder ausdrücklich dagegen protestiert mit der seltsamen Begründung, daß dadurch „mit der Zeit die evangelische Freiheit gefährdet werden könnte“.

 Ein unglücklicher Gedanke der bayerischen Regierung war es, die Verwaltung des Kirchenvermögens den bisherigen bewährten „Gotteshauspflegern“ aus der Hand zu nehmen und sie Stiftungsadministrationen zu übertragen, die da und dort 1808 im Lande eingerichtet wurden. Sachsen kam dabei zur Administration Herrieden. Die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde dadurch so umständlich, kostspielig und für die Gemeinden nachteilig, daß man sie schon nach zehn Jahren wieder aufgeben mußte. Die Kirchenstiftung Sachsen erlitt dabei noch ganz besonderen Schaden, wie später gezeigt werden wird. Nach der Auflösung der Stiftungsadministrationen wurden zunächst die (weltlichen) Gemeindeverwaltungen mit der Verwaltung des Kirchenvermögens beauftragt, bis diese dann durch besondere Kirchenverwaltungen ersetzt wurden (1834).

 Von der Einrichtung der Dekanate wurde schon gesprochen. Ihre Zahl wurde unter der bayerischen Regierung vermehrt. Alle zu einem Dekanatsbezirk gehörigen Geistlichen bildeten ein „Kapitel“. Sie und ebenso viele Vertreter der Gemeinden aus den Kirchenvorständen vereinigten sich jährlich zu einer Kapitelssynode, die der Besprechung kirchlicher Angelegenheiten gewidmet war. Die Kapitelsgeistlichen wählten weiter aus ihrer Mitte einen Senior, der das Kapitel zu vertreten hatte und im Bedarfsfall auch die Dekanatsgeschäfte versehen mußte.