Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte/Der Dreißigjährige Krieg

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| II. Der Dreißigjährige Krieg

1. Die Jahre 1618–1630.

 Über hundert Jahre lang durfte die evangelische Pfarrgemeinde Sachsen im Frieden dahinleben. Aber dann kam das furchtbare Verhängnis des Dreißigjährigen Krieges, der in seinem Anfang ein ausgesprochener Glaubenskrieg war, aber je länger je mehr zu einem allgemeinen Krieg der Fürsten und Völker untereinander wurde, wobei nicht mehr der Glaube, sondern die politische Machtstellung den Ausschlag gab.

 In Böhmen brach er im Jahre 1618 aus, griff nach Oberösterreich über (Bauernaufstand 1626) und verzog sich weiterhin nach Norddeutschland. Franken blieb bis 1631 von ihm verschont. Aber man spürte auch hier bald, daß Kriegszeit war. Man hörte von den Heereszügen, die von Süden nach Norden gingen und die nicht sehr weit von hier auf der alten Heerstraße über Weißenburg, Nürnberg und Bamberg vorüberführten; man spürte die zunehmende Preissteigerung aller Lebensmittel und sonstigen Lebensbedarfs. Nicht umsonst wurden 1626 Kriegsbetstunden im ganzen Lande angeordnet. Aber freilich so recht ernst nahm man die Gefahr nicht. Selbst der Pfleger von Lichtenau setzte sich beim Rat der Stadt Nürnberg dafür ein, daß die einstweilen eingestellten Tanzvergnügungen wieder gestattet würden (1622 und 1626). Das Bauernvolk leistete sich auch nach wie vor noch die großen Schmäuse und Trinkgelage bei den Taufen und Hochzeiten.

 Und doch bestand gerade für die Evangelischen die größte Gefahr, auch wenn der Krieg sich vorläufig in der Ferne abspielte. Denn die kaiserlichen Heere waren bis dahin überall siegreich geblieben, und der von den Jesuiten vollständig beherrschte Kaiser Ferdinand II. war fest entschlossen, das von ihm einst abgelegte Gelübde zu erfüllen, die „Ketzerei“ im deutschen Lande vollkommen auszurotten. Der erste Schritt hierzu war das 1529 von ihm herausgegebene Restitutionsedikt, wonach alle seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) evangelisch gewordenen geistlichen Gebiete wieder zum katholischen Glauben zurückzukehren hätten. Wie es weitergegangen wäre, zeigt sein rücksichtsloses Vorgehen in Böhmen, wo er nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag (8. November 1620) alles evangelische Wesen zerstörte und viele Tausende von Familien, die nicht katholisch werden wollten, zwang, auszuwandern und sich in Sachsen und zum kleineren Teile auch in Oberfranken eine neue Heimat zu suchen. Ebenso grausam war sein Vorgehen in Oberösterreich, wovon später noch die Rede| sein wird (S. 124). Wäre nicht der König Gustav Adolf von Schweden seinen Glaubensgenossen in Deutschland zu Hilfe gekommen, so würde der Reformation in ganz Deutschland nur allzubald ein bitteres Ende bereitet worden sein. Aber die Landung dieses Königs an der Küste von Pommern am 24. Juni 1630, genau 100 Jahre nach der Übergabe der Augsburger Konfession, und sein gewaltiger Sieg bei Breitenfeld in Sachsen am 17. September 1631 rettete die „Glaubensfreiheit für die Welt“.


2. Das erste Notjahr 1631.

 Schon im Juli 1631 wurde unsere Gegend stark an den Krieg erinnert, als kaiserliche Kriegsvölker auf dem Weg nach Norden gegen Gustav Adolf bei uns durchzogen. Viele Orte ringsum hatten Einquartierung und mußten mit ihren Pferden Vorspann leisten. Doch die eigentliche Not brach erst nach der Schlacht bei Breitenfeld an. Der dort aufs Haupt geschlagene bayerische und kaiserliche Feldherr Tilly mußte sich nach Süden zurückziehen, und er wählte gerade Franken als Winterquartier für seine verwilderten Soldaten. Am 9. November nahm er Rothenburg ein, am 11. November Windsheim, am 18. November die Festung Lichtenau. Die Eroberung von Lichtenau ward ihm sehr leicht gemacht; denn der Pfleger und Kommandant Georg Scheurl aus Nürnberg lieferte ihm die Festung ohne Schwertstreich aus. Auch Ansbach wurde eingenommen und das dortige Zeughaus mit seinen Waffen- und Munitionsvorräten ausgeplündert.

 So saß nun der Feind mitten im Lande. Und das bedeutete eine furchtbar drückende Belastung. Denn die kaiserlichen Soldaten mußten nun vom Lande unterhalten und mit allem, was das Heer brauchte, ausgiebig versorgt werden. Was man nicht gutwillig lieferte, das wurde mit Gewalt genommen: Getreide, Vieh, Heu, Stroh, Fuhrwerk und alles mögliche andere, was das Heer bedurfte oder was auch den einzelnen Soldaten gerade gefiel. Schwere Bedrückungen und Plünderungen waren an der Tagesordnung. Schon damals gingen einzelne Häuser in Flammen auf, wie die Schermühle und ein Hof in Schalkhausen, dann Höfe in Steinersdorf und Gebersdorf.

 Lichtenau blieb von den kaiserlichen Truppen mit 150 Mann unter dem Hauptmann Arbogast von Andlau besetzt, wahrscheinlich bis zum März 1632. Das war für die Dörfer um Lichtenau her eine besonders harte Belastung; denn ununterbrochen mußten sie Proviant liefern, schwere Kontributionen (Geldsummen) aufbringen| und sich Übergriffe aller Art gefallen lassen. So hatten z. B. im November Rutzendorf und Katterbach Lieferungen zu machen, im Januar Boxbrunn, Unterrottmannsdorf und Ratzenwinden. Dabei machte die Besatzung fortgesetzt Ausfälle in die Umgegend, wie die immer wiederkehrenden Beschwerden bezeugen.

 Freilich schon zu Beginn des neuen Jahres 1632 machte sich das Nahen der Schweden bemerkbar, die von Unterfranken aus langsam vordrangen. Gustav Adolf hatte sich nach seinem Siege bei Breitenfeld über Thüringen nach Würzburg und Mainz gewendet und dieses Gebiet in Besitz genommen. Dort bezog er auch seine Winterquartiere. Aber frühzeitig machte er sich von dort auf und richtete seinen Weg nach Mittelfranken. Am 31. März traf er in Nürnberg ein und zog dann über Schwabach und Weißenburg in der Richtung auf Augsburg. General Tilly hatte schon zuvor unsere Gegend verlassen und sich ebenfalls nach Süden gewendet. Bei der Stadt Rain am Lech stellte er sich den Schweden entgegen und wollte ihnen den Übergang über den Fluß wehren. Er erlitt aber dabei eine neue Niederlage und wurde sogar tödlich verwundet (15. April 1632). Gustav Adolf aber konnte einen glänzenden Siegeszug nach Augsburg und München unternehmen und kehrte erst im Juni wieder nach Franken zurück.


3. Das zweite Notjahr 1632.

 Nur kurz durfte unsere Gegend aufatmen nach dem Wegzug der Feinde. Bald nahte neues, noch schwereres Unglück. Der Kaiser hatte in seiner Not wieder den früheren großen Heerführer aufgerufen, Wallenstein, den Mann, der ihm in den vorhergehenden Kriegsjahren in Norddeutschland seine Siege erfochten hatte, den er aber wegen seiner Rücksichtslosigkeit, die er auch gegen katholische Fürsten zeigte, hatte entlassen müssen. Wallenstein brachte in kürzester Frist wieder ein neues Heer auf die Beine und zog dann von Böhmen aus durch die Oberpfalz nach Franken. Am 11. Juli 1632 nahm er die Stadt Schwabach ein, die er zur Strafe für ihren Widerstand tagelang aufs schrecklichste plündern ließ. Dann schlug er bei Zirndorf sein Lager auf und verschanzte sich dort in einer festen, fast uneinnehmbaren Stellung. Vor sich hatte er die Rednitz mit ihrem steilen Uferrand, links lehnte er sich an die alte Feste an, rechts reichte sein Lager bis in die Nähe der jetzigen Bahnlinie Ansbach–Nürnberg bei Ober- und Unterasbach. Etwa 60 000 Mann standen ihm zur Verfügung, ein für die damaligen Verhältnisse gewaltiges Heer.

|  Auch Gustav Adolf, der sich inzwischen durch deutsche Truppen unter dem Herzog Bernhard von Weimar verstärkt hatte, lagerte sich bei Nürnberg gegenüber den Wallensteinischen Soldaten. Sein Lager dehnte sich hauptsächlich südlich von Nürnberg bis zum Reichswald aus, da wo heute die Vorstädte Lichtenhof und Schweinau stehen, umschloß aber auch noch östlich und westlich die Stadt. Er hatte annähernd die gleiche Zahl von Mannschaften wie Wallenstein. Wochenlang lagen sich nun die beiden Heere gegenüber, ohne daß es zu einem Angriff kam. Denn beide Heerführer erkannten recht wohl, daß es kaum möglich sei, den andern aus seiner festen Stellung hinauszuwerfen. Aber eben diese Ruhestellung brachte für das weite umherliegende Land die allerschrecklichste Bedrückung. Die beiden Heere mußten doch ernährt und auch sonst mit allem Bedarf versorgt werden. Dazu aber wurde das ganze Land aufs äußerste ausgesogen. Da unsere Gegend im Rücken Wallensteins lag, waren es die kaiserlichen Truppen, die hier Tag für Tag das Land durchstreiften und erbarmungslos alles wegnahmen, was an Vieh, Getreide, Geld und Gut vorhanden war, ohne jede Rücksicht auf die Bevölkerung.
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 Besonders schwer hatten es wieder die Orte um Lichtenau. Nach dem Abzug der kaiserlichen Besatzung im Frühjahr 1632 waren wieder die Nürnberger erschienen und hatten ihrerseits Soldaten in die Festung gelegt, und zwar abermals unter dem Kommando des Herrn von Scheurl. Für Gustav Adolf war es von größter Wichtigkeit, daß dieser feste Stützpunkt nicht wieder in die Hände der Kaiserlichen fiel. Aber am 25. Juli erschienen etwa 100 kaiserliche Reiter und nahmen zunächst an die 250 Stück Vieh weg, die vor dem Orte weideten. Dann tauchten am nächsten Tage auf den Höhen um Lichtenau zahlreichere Truppen auf, schätzungsweise etwa 14 000 Mann mit einer Anzahl Geschütze. Diese forderten die Festung auf, sich alsbald zu übergeben; wenn nicht, so werde, wie die übliche Drohung in solchen Fällen lautete, alles niedergemacht, das Kind im Mutterleibe nicht geschont, der Kommandant aber gevierteilt werden. Scheurl ließ sich durch solche Drohungen unbegreiflicherweise einschüchtern und lieferte die Festung zum zweiten Male den Feinden aus, ohne daß auch nur ein Schuß gefallen wäre. Dabei waren schwedisch-deutsche Truppen bereits von Gunzenhausen her im Anmarsch begriffen, hätten also rasch Entsatz bringen können. Sie erschienen auch am nächsten Tage in Immeldorf, konnten aber nichts mehr ausrichten, sondern mußten sich zurückziehen. Die herbeigeeilten kaiserlichen Soldaten steckten dabei Immeldorf in Brand, nachdem sie es ausgeplündert hatten. Gustav Adolf forderte von der Stadt Nürnberg strengste Bestrafung des| schuldigen Kommandanten; allein der Rat der Stadt setzte zwar Scheurl gefangen auf dem Turm Luginsland, beeilte sich aber durchaus nicht mit der Erledigung der Sache. Erst nach dem Tode des Schwedenkönigs hielt man ein Kriegsgericht ab, das Scheurl zu „ewiger Gefangenschaft“ verurteilte. Aber auch aus dieser Gefangenschaft wurde er schon nach zwei Jahren entlassen unter der Bedingung, daß er Kriegsdienst nehme und sich weiterhin bewähre.

 Die schmähliche Übergabe von Lichtenau war geradezu verhängnisvoll für die Umgegend; denn nun war niemand mehr da, der dem zügellosen Treiben der kaiserlichen Soldaten Einhalt gebieten konnte. Es wurde im Gegenteil gerade die Umgebung der Festung besonders hart und grausam mitgenommen.

 Obwohl das Lager Wallensteins unangreifbar schien, wagte Gustav Adolf doch schließlich einen Sturm darauf. Es war am 3. September 1632. In immer neuen Anstürmen, unter schwersten Blutopfern gingen die Schweden und Deutschen vor und wollten mit aller Gewalt in das feindliche Lager einbrechen. Aber zu stark war die Befestigung; alles Stürmen und Bluten war umsonst. Der Kampf mußte abgebrochen werden. Da Wallenstein sich nicht zu einer Schlacht auf offenem, freien Felde herbeiließ, blieb dem Schwedenkönig nichts anderes übrig, als seinerseits dem unhaltbaren und für das Land nicht länger tragbaren Zustand ein Ende zu machen, das Lager abzubrechen und wegzuziehen. Er wandte sich nach Norden. Auch Wallenstein war nun genötigt, ein Gleiches zu tun und Gustav Adolf nachzuziehen. Bei Lützen im Sächsischen trafen sie sich wieder. Und nun kam es zu der gewünschten Schlacht am 6. November 1632. Nach heißem Ringen wurde jetzt Wallenstein geschlagen, doch kostete der Sieg dem Schwedenkönig das Leben.


4. Das dritte Notjahr 1633

 So hocherfreulich der Sieg bei Lützen für die Evangelischen Deutschlands war, so brachte er doch für Franken nur neues Elend. Denn Wallenstein zog sich nach seiner Niederlage wieder hierher zurück, um hier mit seinen geschlagenen Truppen zu überwintern. Es bedarf keiner näheren Schilderung, um zu verstehen, was das ohnehin schon aufs äußerste ausgeplünderte Land nun noch weiter zu erleiden hatte. So sollte die Stadt Ansbach an den General Johann von Werth 6000 Taler Kontribution bezahlen, eine für die damaligen Zeitverhältnisse unerhört hohe Summe, die die Stadt unmöglich aufbringen konnte; nur mit allergrößter Mühe brachte sie 750 Taler und 50 Dukaten zusammen. Ungeheuer stiegen die Preise| für alle Lebensbedürfnisse. Täglich streiften Horden von plündernden Soldaten durchs Land, um noch etwas zu finden, was vielleicht bisher verborgen geblieben war. Daß dabei wieder einzelne Höfe und auch ganze Dörfer in Feuer aufgingen, war selbstverständlich. So brannte damals z. B. ganz Oberdachstetten nieder. Vor allem aber war es wieder die kaiserliche Besatzung von Lichtenau, die mit ihren Streifereien und Überfällen die Umgegend heimsuchte. So plünderte sie im Frühjahr 1633 das Dorf Eyb und nahm den Hennenbachern das Vieh weg. Später fielen sie im Dorfe Sachsen ein, wobei der Pfarrer Michael Löscher so schwer mißhandelt wurde, daß er kurz darauf an den Folgen zu Ansbach starb. In ergreifender Weise schilderte seine Witwe in einem Briefe an das Konsistorium zu Ansbach unterm 30. Juni 1633 den Hergang, weshalb er als urkundliches Zeugnis im Auszüge hier mitgeteilt sei:
 „Es ist leider mehr als überflüssig bekannt und mit heißen Tränen zu beweinen, was für Drangsal der arme Landmann in diesem Fürstentum, allermeist aber in dem Revier bei Lichtenau ausgestanden; bei welchen Pressuren (Bedrückungen) aber die Geistlichen am meisten leiden müssen, deren auch ein guter Teil das Leben darüber gelassen, die andern aber samt den Ihrigen in das Elend verjagt, sind im übrigen von allen Dingen ausgeplündert und also ganz an den Bettelstab gerichtet worden. Es haben die Dragoner und Krobaten (Kroaten, kaiserl. Soldaten aus Kroatien) uns etliche Male dermaßen ausgeplündert, unsere Kühe und alle Fahrnis genommen, daß wir fast nicht mehr eine Schüssel gehabt. Mein Mann hat sich demungeachtet immerzu geduldet und von seiner Kirche nicht weichen wollen, obgleich die eingehörigen Pfarrkinder, weil sie auch verderbt worden, ihre Schuldigkeit (Zinsen, Gülten und andere Abgaben) nicht mehr geben konnten und wir also äußerste Not leiden mußten. Da hat der jüngst zum Proviant kommandierte Entsatz (=  Verproviantierungstrupp aus Lichtenau) den Pfarrer mit Stoßen, Schlagen, Raiteln und anderem dermaßen traktiert (mißhandelt), daß er nicht mehr bleiben konnte, sondern, wenn er nicht ganz niedergemacht werden wollte, sich durch Flucht nach Ansbach retten mußte. Allein sie haben ihn dermaßen zugerichtet, daß er sich alsbald zu Bett legen mußte, davon er nicht mehr aufgestanden ist, bis ihn Gott der Allmächtige am vergangenen Auffahrtsabend (Abend vor Himmelfahrt) aus diesem Jammertal abgefordert hat.“
 Das ist ein Beispiel, wie es damals den Leuten auf dem Lande erging. Die in der Stadt hatten es zwar auch sehr schlimm, aber doch nicht so übel wie die Landbevölkerung; denn in der Stadt wurde| immerhin noch einige Zucht und Ordnung unter dem wilden Soldatenvolk aufrechterhalten. Die Besatzung von Lichtenau machte übrigens bald darauf wieder einen Ausfall aus der Festung und legte dabei die Dörfer Volkersdorf und Sachsen in Asche. Auch das Pfarrhaus brannte damals ab und konnte erst nach 25 Jahren wieder aufgebaut werden.

 Ähnlich wie aus Sachsen hören wir auch die Klage aus Eyb. Dort schrieb Pfarrer Vogtherr unterm 26. September 1633: Er sei in drei großen Plünderungen um all sein „Armutlein“ gekommen; sein großer Sohn sei am Pfarrhof von der Besatzung aus Lichtenau mit fünf „tödlichen“ Kopfwunden beschädigt worden; seit langer Zeit habe er (der Pfarrer) keine Besoldung mehr empfangen, so daß er mit Weib und sechs Kindern in schwerer Armut kümmerlich leben müsse.

 Um die Mitte des Jahres 1633 rückten endlich die Schweden in Franken ein. Aber das brachte dem Lande keine Erleichterung. Denn was man damals „Schweden“ nannte, waren nur zum geringen Teile noch wirkliche Schweden; die Mehrzahl der Soldaten bestand aus deutschen Hilfstruppen, die in Deutschland angeworben worden waren und die um kein Haar besser waren als die berüchtigten kaiserlichen Soldaten. Diese um Sold geworbenen Menschen stellten meist den Abschaum des Volkes dar. Ihnen war es weder um den Glauben, noch um Volk und Vaterland zu tun, sondern um das freie, wilde Kriegsleben, um Beutemachen, Rauben, Plündern, Vergewaltigung der Frauen, und wenn es darauf ankam, auch um Morden und Brennen. Bei den eigentlichen Schweden bestand zwar anfangs strenge Mannszucht, aber schon bald mußte Gustav Adolf auch bei diesen über allerlei Ausartungen klagen; und als er vollends gefallen war, da ging es bei seinen Leuten rasch abwärts, und es dauerte nicht lange, so taten sie es den anderen völlig gleich. So ist es zu verstehen, daß es dem Lande durchaus nicht besser ging, als die Schweden und ihre deutschen Hilfsvölker an die Stelle der Kaiserlichen traten.

 Schon im Jahre 1632 hatte die Bevölkerung des Altmühltales eine Probe davon zu spüren bekommen, als der 0berst Sperreuther, der mit seinen Leuten im Dienste Gustav Adolfs stand, dort einrückte. Eine Beschwerde nach der andern lief über die von seinen deutschen Soldaten verübten Gewalttaten bei der Regierung in Ansbach ein. Auch Oberrammersdorf und die beiden Breitenbrunn hatten damals Anlaß, sich zu beschweren. Die jetzt im Jahre 1633 einrückenden „schwedischen“ Truppen waren überhaupt keine Schweden, sondern Deutsche, die unter dem Befehl des Generals Bernhard von Weimar standen. Unter ihrer Zuchtlosigkeit hatte die evangelische Bevölkerung nicht weniger zu leiden als vorher| unter den Ausartungen der Kaiserlichen. Eben damals wurden die Orte Alberndorf, Lengenfeld, Elpersdorf u. a. niedergebrannt.

 Am 1. August 1633 schloß der auf schwedischer Seite stehende Graf Thurn die Festung Lichtenau ein, die immer noch von den Kaiserlichen besetzt war. Über drei Wochen leistete die Besatzung Widerstand, aber dann mußte sie sich ergeben. Sie durfte über Immeldorf nach Ingolstadt abziehen. Später wurde die Festung abermals den Nürnbergern übergeben, die sie dann fortan behielten.


5. Das Schreckensjahr 1634

 Am 6. und 7. September 1634 wurde die große Schlacht bei Nördlingen geschlagen. Die vereinigten schwedischen und deutschen Truppen unter den Generalen Horn und Bernhard von Weimar zählten nur 30 000 Mann, während das kaiserliche Heer 40 000 Mann stark war. Dieser Übermacht waren die schwedischen Truppen nicht gewachsen. Trotz größter Tapferkeit in blutigstem Ringen unterlagen sie zuletzt. Auch der junge Markgraf Friedrich von Ansbach, der in der Schlacht mitkämpfte, fand dabei den Tod, und es konnte hernach nicht einmal sein Leichnam mehr gefunden werden. Das kaiserliche Heer aber hatte nun wieder freie Bahn im Lande und es nützte diese Gelegenheit in furchtbarster Weise aus. Die Soldaten unter ihren Feldherren Johann von Werth, Piccolomini und Isolai überschwemmten die ganze Gegend und hausten überall in einer Weise, die sich nicht mehr beschreiben läßt. Selbst die Stadt Ansbach, die bisher noch ziemlich gut davongekommen war, wurde jetzt ausgeplündert und gebrandschatzt. Die Landbevölkerung aber erfuhr vollends das grauenvollste Elend unter dem Plündern und Mißhandeln, Rauben und Morden, Schänden und Brennen der losgelassenen Scharen. Auch das letzte, was aus den früheren Jahren noch gerettet oder mühsam wieder beigeschafft worden war, wurde den Leuten jetzt weggenommen. Alle wurden buchstäblich an den Bettelstab gebracht. Der Hunger, der schon in den beiden letzten Jahren ständig Gast im Lande war, begann nun schauerlich zu wüten. Dazu nahmen Krankheiten und eingeschleppte Seuchen überhand und rafften besonders die Kinder hinweg. Fast alle Landbewohner verließen Haus und Hof und suchten anderswo ihr Fortkommen. Manche fanden in den Städten Zuflucht, andere streiften bettelnd umher, einzelne schlossen sich gar den Soldaten an. Die meisten Häuser, oft ganze Dörfer, lagen verödet da. Von Feldbestellung war keine Rede mehr; nur an abgelegenen Stellen, wo kein Soldat hinkam, oder auch unter dem Schutze von Städten konnte dergleichen| noch geschehen, soweit es bei dem Mangel an Vieh überhaupt möglich war.

 Die Markgräfin, der die Regierung des Landes oblag, hatte aus Ansbach fliehen müssen und war nach Kitzingen in Unterfranken gezogen. Das Land wurde darauf von den Kaiserlichen in Zwangsverwaltung (Sequestration) genommen. Die Ämter wurden beauftragt, über die ihnen unterstellten Höfe, Güter und Untertanen Bericht zu erstatten und genaue Verzeichnisse herzustellen. Aus diesen noch vorhandenen Berichten gewinnen wir einen genauen Einblick in die furchtbar traurigen Zustände jener Zeit. Das Stiftsamt St. Gumbertus schrieb Ende November 1634: „Sind also bei dem Stift jederzeit 421 Untertanen (Familien) gewesen, davon jetzt bei dieser schweren Zeit noch 123 Mannschaften (Haushaltungen), nämlich 36 Bauern und 87 Köbler (Gütler) übrig. Denn 298 Mannschaften sind abgestorben und davongelaufen, welchen noch täglich viele wegen der bekannten großen Not folgen. Und haben die noch übrigen 123 Mannschaften nicht so viel, daß sie drei Wagen bespannen mögen.“ Dieser Bericht war durch ein genaues Verzeichnis aus allen in Betracht kommenden Orten belegt. Danach lagen alle Güter und Höfe des Stiftes öde in den Dörfern Alberndorf, Steinbach, Brodswinden, Claffheim, Deßmannsdorf, Hirschbronn, Neukirchen, Külbingen, Volkersdorf, Unterrottmannsdorf, Gößeldorf, Wolfartswinden u. a. Ähnlich berichtete das markgräfliche Hofkastenamt im Dezember 1635 über die ihm zugehörigen Güter in den einzelnen Dörfern: Von etwa 500 Haushaltungen seien nur noch ungefähr 150 vorhanden; „der meiste Teil ist gestorben, verdorben und von beiden Armeen verderbt und vertrieben; ist auch zu besorgen, daß derer (die noch da sind), ehe Walburgis (1. Mai) kommt, ein guter Teil Hungers halber durchgehen werden. Wenig ist im Amt über Winter besämt (mit Saat bestellt). Die verlassenen Häuser sind meistenteils übel verderbt und zerrissen. Kein Körnlein Getreid ist auf dem Amtslasten (dem Amtsspeicher, wohin die Untertanen ihr Gült– und Zehntgetreide abzuliefern hatten). Im ganzen obern und untern Amt sind nur an die 40 Pferd, alte Krampen, blinde und wurmige Pferde, und ungefähr 20 Stück Rindvieh“.

 So berichteten die beiden Ämter, das Stiftsamt und das Hofkastenamt, über diejenigen Höfe und Güter, die ihnen zinspflichtig waren. Von anderen Grundherrschaften besitzen wir keine eingehenderen Mitteilungen, doch darf bestimmt angenommen werden, daß auf den ihnen zugehörigen Besitzungen genau die gleichen Zustände herrschten. Es gab keine Ausnahmen im ganzen Lande. Überall wohnte das Grauen, das Elend, die Not und die Sorge. Es war ein Schreckensjahr sondergleichen, das Jahr 1634 samt den nachfolgenden Jahren.


| 6. Die Kriegsverwüstung in den Pfarrorten

 Über das Schicksal der einzelnen, zur Pfarrei zählenden Ortschaften wissen wir Näheres aus weiteren Berichten des Stiftsamts und Kastenamts vom Ende des Jahres 1637, wie auch aus sonstigen Mitteilungen. Danach läßt sich folgendes sagen:

 Sachsen ist schon 1633 abgebrannt mit Ausnahme der Kirche und vielleicht noch einzelner Häuser. Ein Bild der damaligen Zustände gibt ein Nürnberger Schreiben von 1634: „Vier Reiter (offenbar schwedische aus Lichtenau) haben vier Ochsen zu Sachsen gefüttert; auf solche sind die von Ansbach (die Kaiserlichen) eingefallen, einen geschossen und die Ochsen nach Ansbach gebracht.“ So jagte eine Partei der andern ihre Beute ab, beiderseits aber stets auf Kosten der Bauern. Ein anderes Schreiben meldet aus dem Jahre 1637: „Wolf Freudel, gewesener Mesner zu Sachsen, hat sein Weib von sich gejagt und ist mit seiner erwachsenen Tochter im Kriegswesen herumgezogen, jetzt aber wieder zurückgekommen.“ Noch ein Bericht von 1634 sagt: „Das Gesinde des Obristleutnant von Streitberg hatte eine Schlägerei mit einem Bierbrauer zu Lichtenau und dem Wirt von Sachsen.“ Danach scheint die Wirtschaft in Sachsen nicht abgebrannt zu sein, wie auch sonst die Beobachtung zu machen ist, daß Wirtschaften von den Soldaten geschont wurden aus wohlverständlichen Gründen.

 Volkersdorf lag ebenfalls schon seit 1633 in Asche. Nach späterer Aussage alter Leute seien nur noch zwei Haushalten übriggeblieben. Die beiden Güter des Stiftsamts lagen ganz öde.

 Rutzendorf ist anscheinend nicht niedergebrannt worden. Nur von der Mühle wissen wir, daß sie 1636 in Asche lag, weshalb der Müller zum Wiederaufbau ein Darlehen von der Herrschaft in Lichtenau erhielt. Von dem markgräflichen Gute wird berichtet, daß damals niemand mehr da war (Hs.–Nr. 19). Später hören wir noch von einem Hofe (Hs.–Nr. 10), der bis 1656 öd lag und den ein Martin Beißer aus Rudelshofen erwarb, wobei er eine Rutzendorferin, vermutlich die Erbin des Hofes, heiratete.

 Neukirchen. Die drei stiftsamtlichen Höfe lagen 1637 ganz öde, einer noch bis 1655, wo ihn Hans Schröter erwarb (Hs.–Nr. 2). Der Ort scheint vom Niederbrennen verschont worden zu sein, wenn er auch sonst wie andere zu leiden hatte. Von der Kirche heißt es, daß sie in dem Kriegsunwesen sehr „ruiniert“ worden sei, aber offenbar nicht durch Brand, sondern durch Plünderung und Verwahrlosung.

|  Hirschbronn. Das Stiftsamt sagt im Jahre 1637: „Sind zwei Untertanen gewesen, davon sich noch einer allhie (zu Ansbach) auf der Bruckmühl aufhält“ (die Bruckmühl stand nahe bei der Schloßbrücke). Von den drei kastenamtlichen heißt es kurz: „Niemand vorhanden.“ Der Ort lag an der alten Straße, die ehedem Ansbach und Lichtenau miteinander verband; darum wurde er wohl von den beiden kriegführenden Parteien abwechselnd heimgesucht. Von einem Brande ist nichts überliefert.

 Alberndorf. War besonders hart mitgenommen worden. Im Bericht des Kastenamtes von 1637 lesen wir: „Fünf Bauern und fünf Köbler sind vor diesem allda gesessen, davon leben noch vier; die wohnen nicht allda, der Flecken ist verbrannt; es wird soviel als nichts gebaut; kein Pferd, keine Kühe.“ Auch das zum Stift gehörige Wirtshaus lag „öde“, so daß also das ganze Dorf wüst und leer war.

 Steinbach war nicht viel besser daran. Von den vier Stiftsuntertanen hören wir: „Sind alle vier abgebrannt, an Leuten aber noch verhanden Peter Feuerschild, Schmied allhie (in Ansbach), Lorenz Karls Wittib im Elend, Leonhard Mayrs Sohn auf der Hintermühl.“ Die hintere Mühle ist also nicht abgebrannt, sondern wurde noch bewohnt. Von den übrigen Dorfinsassen ist nichts bekannt.

 Ratzenwinden war ganz dem Gumbertusstift eigen. Von den acht Familien war 1634 nur noch eine da, die anderen Höfe lagen öde. 1637 heißt es dann: „ist ganz öd und alles ausgestorben“.

 Oberrammersdorf gehörte ebenfalls ganz dem Stifte bis auf einen Hof. Von den stiftischen Gütern lesen wir 1637: „Stehet alles öd; doch sind noch vorhanden Gumbrecht Brauns Sohn zu Eschenbach, Hans Ströhlein der jung, so allhie (zu Ansbach) in Dienst.“ Dem Nürnberger Hof wird es nicht besser ergangen sein.

 Unterrottmannsdorf. Im Bericht von 1637 findet sich die Mitteilung: „Vier Untertanen hat das Stift allda, aber nun keinen, sondern stehet öd.“ Gleiches Schicksal wird auch die Untertanen der übrigen Grundherrschaften getroffen haben.

 Zandt hatte drei markgräfliche Güter, von denen 1637 gesagt wird: „Niemand mehr da.“ Auch das Kloster Heilsbronn besaß drei| Anwesen, von deren drei Inhabern berichtet wird: „Ströhlein ist 1634, Däschner 1637 gestorben, Wörlein weggezogen.“ So wird das ganze Dorf öde gewesen sein.

 Über Milmersdorf wird nichts Näheres überliefert. Lichtenau hatte es um deswillen besser, weil es unter dem Schutz der Festung und ihres jeweiligen Kommandanten stand. Doch muß auch hier vieles niedergebrannt sein, wie aus einer Bitte dortiger Bewohner an den Rat der Stadt Nürnberg hervorgeht, ihnen an die Hand zu gehen, daß sie wieder aufbauen können. Auch das Pfarrhaus lag in Schutt und Asche.


7. Bis zum Ende des Krieges, 1635–1648

 Im Jahre 1635 schloß der Kurfürst von Sachsen mit dem Kaiser den Sonderfrieden von Prag, dem nach und nach die Mehrzahl der evangelischen Stände beitrat. Auch die Markgräfin Sophie sah sich mit Rücksicht auf ihr unglückliches Land genötigt, sich diesem Frieden anzuschließen. Allerdings nützte das zunächst nicht viel, denn das Land blieb noch weiter unter Zwangsverwaltung; erst 1638 wurde diese aufgehoben und die markgräfliche Regierung wieder in ihre Rechte eingesetzt. Da auch Nürnberg dem Prager Frieden zustimmte, hätte nun das ganze fränkische Gebiet sich einer friedvollen Entwicklung erfreuen sollen. Aber dazu kam es noch lange nicht. Der Krieg ging ja noch fort, wenn er auch das Frankenland fortan verschonte. Immer wieder zogen Truppen durch und bezogen Quartiere, immer wieder mußte Proviant geliefert und vor allem Kriegssteuer gezahlt werden. Die allgemeine Unsicherheit blieb noch bestehen, die große Teuerung aller Lebensbedürfnisse hielt an, auch Seuchen und andere Übelstände machten sich geltend. Nur langsam wagten es die Leute, soweit sie noch am Leben waren, heimzukehren, ihre Häuser wieder aufzubauen und die Felder neu zu bestellen. Eine sehr schwierige Arbeit, denn es fehlte an dem nötigen Vieh und an Geld, solches zu kaufen. Wie wenig sich die Leute auf obrigkeitlichen Schutz verlassen konnten, zeigt ein Bericht vom Jahre 1644, worin es heißt, daß die Leute in Sachsen ihr Vieh, das ihnen offenbar durch streifende Soldaten geraubt worden war, nicht wieder bekommen hätten und darum keine Kriegssteuer leisten könnten. Noch 1648 durften es Reiter von der kaiserlichen Besatzung auf der Wülzburg bei Weißenburg wagen, in das Lichtenauer Pflegamt einzudringen und den Leuten das Vieh wegzunehmen, das dann nur durch Zahlung einer größeren Geldsumme wieder ausgelöst werden konnte.| Selbst der Pfleger und Kommandant von Lichtenau, Andreas Imhof, wurde 1646 von umherstreifenden Truppen aufgegriffen und mußte sich mit 130 Talern loskaufen. Erst das Jahr 1648 brachte den wirklichen und endgültigen Frieden, den bekannten Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück. Nun erst konnte Paul Gerhardt sein Lied anstimmen: „Gottlob, nun ist erschollen das edle Fried- und Freudenwort, daß nunmehr ruhen sollen die Spieß und Schwerter und ihr Mord.“ Jetzt erst konnte der Wiederaufbau des zerstörten Landes wirklich vollführt werden.


8. Die Folgen des Krieges

 Es ist schon bei der Schilderung des Schreckensjahres 1634 und bei der Darstellung der damaligen Kriegsverwüstung in den einzelnen Dörfern gezeigt worden, wie furchtbar die Verheerung des Krieges war. Die Folgen des Krieges hielten aber noch lange an, und es zeigte sich erst beim Ausgang des Krieges so recht, was alles zugrunde gerichtet worden war. Allzu viele Menschen waren im Elend verkommen, durch Hunger und Entbehrung aufgerieben, durch Seuchen hinweggerafft oder von den Soldaten erschlagen worden. Ganze Familien waren ausgestorben, ihre Höfe und Güter blieben auch nach dem Friedensschluß einsam und verlassen. Man kann sagen, daß die Hälfte der Bevölkerung auf dem Lande verschwunden war. Im Jahre 1643 muß die Kirchenstiftung in Sachsen klagen, daß ihr Vermögen fast ganz auf den „öden, meist eingegangenen Gütern“ hafte. Oder im Jahre 1650, also zwei Jahre nach dem Friedensschluß, mußte von der Pfarrei Sachsen bezeugt werden, daß weder Zehnten noch andere Gefälle erhoben werden könnten, weil die eingepfarrten Flecken „mehrerteils öd liegen“. Noch 1654 liest man von einem Hof in Malmersdorf, der zur Pfarrei Sachsen sieben Metzen Zehntkorn hätte liefern sollen: „Stehet öd, ist der Stadel abgebrannt und fällt das Haus zusammen.“ Im gleichen Jahre sind in Sachsen „nicht über sechs Haushalten bewohnt gewesen“. Nur langsam füllten sich die Dörfer wieder, nicht zum letzten durch den Zuzug österreichischer Emigranten, von denen hernach noch besonders zu reden sein wird. Langsam ging es vorwärts in dem Sinne, wie ein Nürnberger Bote im Jahre 1650 meldete: „Die Felder würden je länger, je mehr gebaut und sei gute Hoffnung zu täglicher Besserung vorhanden.“ Die Felder sahen freilich, nachdem sie so lange brach gelegen waren, ganz verwildert aus; es war Unkraut und Gestrüpp aller Art gewachsen, nicht selten sogar Jungholz angeflogen. Da mußte erst mühsam wieder| gerodet und urbar gemacht werden. Als 1655 ein öd gelegenes Gütlein zu Neukirchen wieder einen Besitzer erhielt, da hieß es ausdrücklich, daß er die „angeflohenen drei Morgen Äcker“ erst wieder „ausraiten“ müßte. Ganz besondere Schwierigkeit bereitete bei dem Wiederaufbau die Gewinnung und Nachzucht eines gesunden Viehstandes, ohne den ein bäuerlicher Betrieb nicht zu denken ist.

 Die Pfarrei Sachsen hatte nach dem Tode des unglücklichen Pfarrers Michael Löscher nicht wieder besetzt werden können, nicht nur weil das Pfarrhaus abgebrannt war, sondern auch, weil er in der verödeten Pfarrei sein Auskommen nicht mehr hätte finden können. Die Verwesung der Stelle wurde damals dem Pfarrer Andreas Vogtherr in Eyb übertragen, der zugleich auch noch Brodswinden zu versehen hatte. Aber trotz der drei Pfarreien mußte er noch bitterste Not leiden, wie er es in dem Vers aussprach:

Komm ich auf Sachsen – ist nichts gewachsen,
Komm ich auf Brodswinden – ist nichts zu finden,
Komm ich auf Eyb – hab ich zu tun, daß ich da bleib.

 Erst 1656 konnte an die Wiederbesetzung der Pfarrei gedacht werden. Damals berichtete die Gemeinde, daß nunmehr von den 21 Dörfern und Weilern 17 wieder „ziemlich wohl besetzt seien“. Es gab also auch da noch mehrfach unbesetzte Häuser, nicht zu gedenken der vier anderen Orte, die offenbar noch sehr schlecht „besetzt“ waren. Die Zahl der Haushaltungen wurden damals auf 124 angegeben; nach dem Umfang der Pfarrei hätten es etwa 200 sein müssen. An Einwohnern wurden 6–700 gerechnet, hätte aber mindestens das Doppelte betragen sollen. Auch das läßt uns erkennen, wie langsam und wie schwer die Folgen des Krieges zu überwinden waren.

 Hervorzuheben ist noch die außerordentliche Unsicherheit nach dem Kriege. Die aus dem Heeresdienst entlassenen Soldaten hatten meist keine Heimat mehr, wohin sie sich zurückziehen konnten. Sie hatten überhaupt keine Lust, sich wieder in eine geregelte Friedensarbeit einzustellen. So blieben sie am liebsten in größeren oder kleineren Trupps beisammen, zogen bettelnd und fechtend im Lande umher, suchten mit Drohungen von den Bauern ihren Unterhalt zu erpressen und scheuten auch vor Raub und Diebstahl nicht zurück. Daneben fehlte es nicht an sonstigen Bettlern, schon von der Kriegszeit her, und auch sie forderten es als ihr gutes Recht, von den Bauern ernährt zu werden. So war es eine rechte Landplage mit all diesen Leuten, die einem Friedensaufbau im Wege standen, ganz abgesehen von dem sonstigen verbrecherischen Gesindel, das stark im Lande umging. Auch da wurde es nur ganz langsam besser.


| 9. Die Wolfsplage

 Eine besondere Gefahr lauerte für die Landbevölkerung nach dem Kriege draußen in den Wäldern. Dort hatten sich die Wölfe ungemein vermehrt und bedrohten nun das auf die Weide getriebene Vieh und sogar die Menschen. „Sonderlich zur Winterszeit – wie ein markgräfliches Ausschreiben von 1654 sagt –, da dies Ungeziefer nachts in Dörfern, Weilern, Einöden, Mühlen ihren Unterhalt auf den Gassen oder Miststätten sucht“, wurden diese Tiere sehr gefährlich. Immer wieder ergingen deshalb Anordnungen zur Bekämpfung und Ausrottung dieser Volksplage. Es wurden Streifen durch die Wälder von Jägern und anderen Leuten unternommen; die Regierung setzte hohe Preise aus, anderthalb Taler (nach heutigem Geldwert etwa 20 RM) für einen alten Wolf, einen halben Taler für einen jungen; es wurden da und dort Wolfsgruben angelegt, wie z. B. im Walde zwischen Sachsen und Hirschbronn, wovon noch der Flurname „Wolfsgrube“ Zeugnis gibt. Aber nicht so leicht war diesen lichtscheuen Gesellen beizukommen. Noch bis 1685 machten sie das Land unsicher. Erst in diesem Jahre wurde der letzte Wolf bei uns erlegt, nachdem er zuvor noch viel Unheil angerichtet hatte.

 Es war im Juli dieses Jahres, als der Knabe Michael Zehnder, ein Wirtssohn aus Rutzendorf im Alter von 101/2 Jahren, auf dem Leitenwasen beim Lindach die Pferde hütete. Da fiel ihn plötzlich ein Wolf an, zerriß ihn und fraß ihn fast halb auf. Dann verschwand er wieder. Aber nicht lange danach riß er die schon dreißigjährige Tochter des Maurers von Höfstetten nieder, als sie auf dem Felde mit Sammeln beschäftigt war. Weiter zerfleischte er einem armen Weib zu Deßmannsdorf das Kind. Er trieb sich meist in der Feuchtlach herum, dehnte aber seine Streifzüge bis Oberrammersdorf, Zandt und noch weiter aus. Bei Leidendorf riß er einen Knaben von sechs Jahren „gleich vor seines Vaters Hofrait“ nieder und schleppte ihn weg. Im ganzen hat er vier Kinder umgebracht. Drei Erwachsene wurden von ihm gebissen, konnten aber wieder geheilt werden. Eine Frau aus Volkersdorf wurde von ihm beim Kornschneiden angefallen; er sprang ihr auf die Brust und warf sie zu Boden, doch wehrte sie sich mit ihrer Sichel, bis er von ihr abließ. Er wird geschildert als ein zaundürrer, aber ungewöhnlich großer und grimmiger Wolf. Wahrscheinlich war er schon zu alt, um noch das Wild im Wald oder auf den Feldern erjagen zu können, und der Hunger trieb ihn dazu, sich nun dafür an Menschen zu vergreifen. Über 31/2 Monate trieb er sich in der Gegend umher, bis ihn sein Geschick ereilte. Am 10. Oktober kam er nach Neuses bei Windsbach und lauerte dort auf zwei Knaben, die ihn| aber sahen und schleunigst in die Häuser flüchteten. Es entstand daraufhin ein Auflauf im Dorf. Rasch suchte der Wolf noch einen Hahn zu erhaschen; dieser flog aber über einen alten, mit Reisig bedeckten Brunnen hinweg. Der Wolf sprang ihm nach, stürzte aber dabei in den Brunnen hinein. Eilends liefen die Leute herzu, warfen schwere Steine auf ihn und schlugen ihn mit Prügeln tot. Er wurde nach Ansbach geschafft, wo man ihm die Haut abzog und diese als Andenken aufbewahrte (jetzt in den Sammlungen des Historischen Vereins zu Ansbach). Der Leib des Wolfes wurde mit männlichen Kleidern angetan, mit einer Gesichtsmaske, mit Kopfperücke und Bart versehen und so bei der Windmühle an einem Galgen aufgehenkt. Es hatte sich nämlich die Sage gebildet, daß dieser Wolf ein „Menschenwo1f“ sei, daß in ihm ein Mensch stecke, nämlich der im Jahr zuvor verstorbene, allgemein verhaßte Bürgermeister von Ansbach, der nun zur Strafe für seine Härte und Treulosigkeit als Wolf habe umgehen müssen. Darum suchte man ihn für immer unschädlich zu machen. Lange mußten sich deswegen die Ansbacher den Spottnamen „Wolfshenker“ gefallen lassen.


10. Die Aufbau-Hilfe durch die österreichischen Einwanderer

 Daß sich das so furchtbar daniederliegende Land in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder erholen konnte, daß schon nach wenigen Jahrzehnten wieder ein normaler Bevölkerungsstand erreicht wurde, das ist neben der Fürsorge der regierenden Kreise und neben der Tatkraft des fränkischen Volkes vor allem dem reichen Zustrom von Menschen zu danken, der schon gegen Ende des Krieges, vor allem aber unmittelbar nach demselben einsetzte. Der Menschenstrom kam aus Oberösterreich, zu einem geringen Teile auch aus Böhmen, Niederösterreich, Salzburg und anderen Ländern der österreichischen Ostmark. Hiervon muß ausführlicher geredet werden, zumal hierüber noch allzuwenig bekannt ist.


a) Die Glaubensnot und Auswanderung der Österreicher

 Kaiser Ferdinand II. hatte nach dem böhmischen Feldzug (1618 bis 1623) sein Land Oberösterreich an den Kurfürsten Maximilian von Bayern verpfänden müssen, weil er die Kriegskosten nicht bezahlen konnte, die der Kurfürst aufgewendet hatte, als er dem Kaiser mit seinem Heere gegen die Böhmen zu Hilfe kam. Bayerische Truppen| besetzten deshalb das oberösterreichische Land unter dem Befehl des Grafen von Herbersdorf. Dieser sollte nun gleichzeitig den Willen des Kaisers ausführen, die Reformation auch in diesem Lande auszurotten, gleichwie es eben in Böhmen geschehen war. Denn auch Oberösterreich war schon zu mehr als drei Vierteln der Bevölkerung evangelisch geworden. Herbersdorf, der selbst früher evangelisch gewesen war, aber seinen Glauben gewechselt hatte, war dazu ein williges Werkzeug. Mit den Städten wurde der Anfang gemacht; wer nicht wieder katholisch werden wollte, mußte aus dem Lande hinaus. Schon damals sind viele Tausende ausgewandert und haben in den evangelischen Städten Süddeutschlands, in Regensburg, Augsburg, Ulm usw. bereitwillige Aufnahme gefunden. Dann begann man mit der Landbevölkerung. Es wurden alle evangelischen Geistlichen und Lehrer aus dem Lande verwiesen und an ihrer Stelle katholische Priester eingesetzt, dem Volke aber befohlen, bei diesen die Messe zu besuchen und zu beichten. Als das Volk bei der Einsetzung eines katholischen Pfarrers in Frankenburg Widerstand leistete, wurde jenes ungeheuerliche Blutgericht auf dem Haushammer Felde vollzogen, das schon damals, auch in katholischen Kreisen, den Abscheu der Welt erregte. Dumpf gärte es daraufhin im Volk, und im Jahr darauf kam es zu jenem blutigen Bauernaufstand, den man den österreichischen Bauernkrieg nennt. In leidenschaftlichem Ansturm errangen die Bauern zunächst einen gewaltigen Erfolg, und auch in der Folgezeit ward ihnen noch mancher schöne Sieg beschert. Aber es fehlte ihnen an einer richtigen Führung und ebenso an Geschick im Waffenhandwerk. Auch ließen sie sich durch Versprechungen hinhalten, bis Herbersdorf neue Truppen aus Bayern herangezogen hatte. Und so kam es zuletzt zu einer schweren Niederlage im November 1626, wo das Hoffen und Sehnen der Bauern buchstäblich im Blute erstickt wurde. Freilich nicht so rasch ergaben sie sich in ihr Schicksal, sie hofften auf die Zukunft. War es doch schon früher wiederholt geschehen, daß man sie zum Glaubenswechsel zwingen wollte, und immer wieder waren bessere Zeiten gekommen. Und wirklich schien es auch diesmal eintreffen zu wollen; denn Gustav Adolf erschien in Deutschland. Aber dann kam die Schlacht bei Nördlingen und der Prager Frieden. Und mochte auch das Kriegsglück noch manchmal wechseln, der Westfälische Friede machte aller Hoffnung ein Ende. Schon vorher hatten sich nicht wenige aufgemacht, um eine neue Heimat zu suchen, wo man sie ihres Glaubens ungestört leben ließ. Und nach dem Friedensschluß von 1648 folgte ihnen eine Familie nach der andern, viele Tausende, die lieber die Heimat, Haus und Hof darangaben als ihren evangelischen Glauben. Wohin sie wanderten, das wissen wir: Ein Teil nach Württemberg| und Schwaben, weitaus die Mehrzahl aber hierher in unser Frankenland. Und hier fanden sie Raum genug zur Niederlassung, nachdem das Land durch den Krieg so grausam verödet worden war. Hier waren sie auch für den Aufbau des Landes hochwillkommen.

 Wenn man die Kirchenbücher aus jener Zeit durchsieht, so stößt man immer wieder auf den Eintrag: „Aus dem Ländlein ob der Enns“, das ist aus Oberösterreich, das durch den Fluß Enns von Niederösterreich abgegrenzt wird. Oft heißt es nur kurz „aus dem Ländlein“ oder aus dem „Landl“, ein „Ländler“, oder „aus Österreich“ oder ähnlich. Oft ist auch die Pfarrei angegeben, in der sie vordem wohnten. Man hat ausgerechnet, daß einige Zeit nach dem Kriege etwa die Hälfte der Bevölkerung auf dem Lande aus Österreichern bestand. Und es waren gewiß nicht die schlechtesten Leute, die da zu uns kamen. Wer um seines Glaubens willen ein solches Opfer bringt, der hat gewiß einen guten Kern und gehört zu den Besten seines Volkes. Ein Kirchenhistoriker sagt mit Recht: „Um des Glaubens willen verlassen die Heimat nicht die Lumpen, sondern die Charaktere.“

 Die Zuwanderung aus Österreich hat sich längere Zeit fortgesetzt. So hören wir noch 1672 von einem Matthes Hemmeter aus Österreich, der sich in Wallersdorf mit Susanna Mayr verheiratete. Auch aus anderen katholischen Ländern kamen gelegentlich Leute. Im Jahre 1650 hören wir von einem Johann Fischer aus Cham in der Oberpfalz, der in Sachsen sich niedergelassen hatte. 1651 kam ein Martin Beißer aus Neuburg an der Donau nach Rutzendorf. 1658 taucht ein Mann, namens Zischga, in Alberndorf auf; sein böhmischer Name läßt auf die Herkunft aus Böhmen schließen.


b) Die Namen der Österreicher

 Man wird fragen: Welches sind nun die Namen der Österreicher, die so nach dem Dreißigjährigen Kriege das Blut und die Volkskraft unseres Frankenlandes wieder aufgefrischt haben?

 Eine genaue Antwort können nur die Kirchenbücher geben und die aus ihren Einträgen hergestellten Stammbäume der einzelnen Familien. Wer aber aus dem Frankenlande stammt und geht allen seinen Vorfahren nach bis zurück zum Dreißigjährigen Kriege, der wird immer eine größere Zahl von Namen finden, bei denen es heißt „aus dem Ländlein ob der Enns“ oder ähnlich. Ist es nicht der Name des Vaters, der da als österreichisch auftaucht[WS 1], so ist es vielleicht der Name der Mutter oder einer der beiden Großmütter, der vier Urgroßmütter usw. Je weiter zurück, um so mehr häufen sich ja die Familien, aus denen uns das Blut zugeflossen ist. Gar mancher hat auf| diese Weise schon 40, 50 und mehr Ahnen feststellen können, die österreichische Namen tragen.

 Bei solchen Nachforschungen hat sich nun ergeben, daß die Namen der Österreicher vielfach eine besondere Art und besondere Klangfarbe haben. Jeder Volksstamm hat einmal seine Eigenart auch bei der Namengebung; die schwäbischen Namen klingen anders als die bayerischen, die Thüringer anders als die fränkischen. Selbstverständlich ist das nicht bei allen Namen der Fall, denn es gibt sehr viele, die man überall findet, wie z. B. die Namen Schmidt, Meyer, Müller usw. Auch sind früher schon oft Namen zwischen den einzelnen Ländern hinüber und herüber gewandert, so daß man stets Vorsicht walten lassen muß. Wenn man das alles aber berücksichtigt, so ergeben sich gleichwohl ganz bestimmte Eigentümlichkeiten, die im allgemeinen den österreichischen Namen anhängen. Das gilt vor allem von den Namen, die auf „eder“, „öder“, oder auch „eter“ auslauten, wie Geißelsöder, Platzöder, Humpeneder, Hammeter und eine Menge anderer; von ihnen darf von vornherein angenommen werden, daß sie – mit wenigen Ausnahmen – aus Österreich stammen. Ebenso kann man sagen, daß die meisten der mit „mayer“, „meyer“ oder „meier“ zusammengesetzten Namen österreichischer Herkunft sind, wie Achmayer, Billmeier, Obermeyer, Grießmeier usw. Ebenso recht viele auf „inger“ auslautende Namen, wie Käpplinger, Buchinger, Wiesinger, Stamminger usf.; oder Namen auf „dörfer“, wie Erdmannsdörfer, Besendörfer, Ammesdörfer; Namen auf „berger“, wie Arnsberger, Vallenberger, Rottenberger; oder auf „hammer“, wie Aufhammer, Lierhammer, Thalhammer; auf „beck“ oder „böck“, wie Heubeck, Grießbeck, Hirschböck, Mühlbeck und viele andere; auch nicht wenige Namen auf „egger“, „höfer“, „gruber“, „schlager“, „reuther“ und ähnliche. Alle diese Namen mit Ausnahme der „mayer“ („meier“) gehen auf Ortsnamen zurück, die man meist heute noch auf österreichischem Gebiete finden kann. Die „öder“ oder „eder“ weisen auf Einöden und Einzelsiedlungen hin, die „hammer“ auf Orte mit der Endung „ham“ oder „heim“, die „beck“ und „böck“ auf Orte, die mit „bach“ endigen, die „schlager“ auf Orte mit dem Auslaut „schlag“ usw. Es wäre natürlich weit gefehlt, alle solche Familiennamen auf österreichischen Ursprung zurückzuführen; es kann im einzelnen sehr wohl auch einmal eine andere Herkunft möglich sein. Aber eine große Wahrscheinlichkeit spricht bei solchen Namen in unserem Frankenlande dafür, daß die Vorfahren aus Österreich zugewandert sind. Eine volle Sicherheit kann freilich, wie gesagt, nur die Nachforschung in den Kirchenbüchern ergeben.

 Für die Pfarrei Sachsen gehen die Kirchenbücher leider nicht bis zum Dreißigjährigen Kriege zurück. Aber aus anderen Pfarreien| wie auch aus sonstigen Urkunden lassen sich folgende Namen als österreichisch nachweisen von Familien, die heute noch in der Pfarrei bestehen oder früher darin lebten:

 Appold, Auernheimer, Berger, Bickel, Bieringer, Birnbaum, Bitzinger, Bogendörfer, Bogenreuther, Brechtelsbauer, Buchinger, Bühler,

 Dorfner, Dorner, Einfalt, Ellinger, Enser, Frodel, Frühwirth, Geißelsöder, Greifenöder, Greul, Grießmeyer, Haberecker, Hammeter, Hamberger, Haßold, Helmreich, Hertel, Heubeck, Himmelseher, Hochrattel, Hochreuther, Hübner, Feßberger,

 Käpplinger, Kernstock, Körner, Kronberger, Krottenmüller, Leidel, Limberger, Lindörfer, Lindner, Luger, Madinger, Oberseider, Obergruber, Oberhäuser, Obermeyer, Osterseher, Ortner,

 Paukner, Planer, Platzöder, Pühringer, Rappolt, Röschinger, Scheffelmeyer, Scherzer, Scheuerpflug, Schienagel, Schindler, Schlötterer, Schreyer, Schröter, Schwendtner, Steinbauer, Stöber, Stürzenhofecker, Thalhammer,

 Vogelhuber, Warter, Weger, Widder, Winkler, Wiesinger, Wurzinger, Zellhöfer, Zöllß.

 Die aufgestellte Liste kann noch lange nicht als vollständig angesehen werden. Vor allem fehlen darin die vielen allgemeinen Namen, die es überall gibt und von denen nicht wenige österreichischer Herkunft sind, Namen wie Bauer, Beck, Fischer, Meyer, Reuther usw. Anderseits könnte es wohl sein, daß von den obigen Namen der eine oder andere sich auch schon vorher im Lande fand. Mit Bestimmtheit kann nur das gesagt werden, daß Leute, die die obigen Namen führten, einst aus Österreich ausgewandert und zu uns hergekommen sind.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: auftauscht
« Die Reformation Georg Rusam
Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte
Die weltlichen Herrschaften »
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