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noch geschehen, soweit es bei dem Mangel an Vieh überhaupt möglich war.

 Die Markgräfin, der die Regierung des Landes oblag, hatte aus Ansbach fliehen müssen und war nach Kitzingen in Unterfranken gezogen. Das Land wurde darauf von den Kaiserlichen in Zwangsverwaltung (Sequestration) genommen. Die Ämter wurden beauftragt, über die ihnen unterstellten Höfe, Güter und Untertanen Bericht zu erstatten und genaue Verzeichnisse herzustellen. Aus diesen noch vorhandenen Berichten gewinnen wir einen genauen Einblick in die furchtbar traurigen Zustände jener Zeit. Das Stiftsamt St. Gumbertus schrieb Ende November 1634: „Sind also bei dem Stift jederzeit 421 Untertanen (Familien) gewesen, davon jetzt bei dieser schweren Zeit noch 123 Mannschaften (Haushaltungen), nämlich 36 Bauern und 87 Köbler (Gütler) übrig. Denn 298 Mannschaften sind abgestorben und davongelaufen, welchen noch täglich viele wegen der bekannten großen Not folgen. Und haben die noch übrigen 123 Mannschaften nicht so viel, daß sie drei Wagen bespannen mögen.“ Dieser Bericht war durch ein genaues Verzeichnis aus allen in Betracht kommenden Orten belegt. Danach lagen alle Güter und Höfe des Stiftes öde in den Dörfern Alberndorf, Steinbach, Brodswinden, Claffheim, Deßmannsdorf, Hirschbronn, Neukirchen, Külbingen, Volkersdorf, Unterrottmannsdorf, Gößeldorf, Wolfartswinden u. a. Ähnlich berichtete das markgräfliche Hofkastenamt im Dezember 1635 über die ihm zugehörigen Güter in den einzelnen Dörfern: Von etwa 500 Haushaltungen seien nur noch ungefähr 150 vorhanden; „der meiste Teil ist gestorben, verdorben und von beiden Armeen verderbt und vertrieben; ist auch zu besorgen, daß derer (die noch da sind), ehe Walburgis (1. Mai) kommt, ein guter Teil Hungers halber durchgehen werden. Wenig ist im Amt über Winter besämt (mit Saat bestellt). Die verlassenen Häuser sind meistenteils übel verderbt und zerrissen. Kein Körnlein Getreid ist auf dem Amtslasten (dem Amtsspeicher, wohin die Untertanen ihr Gült– und Zehntgetreide abzuliefern hatten). Im ganzen obern und untern Amt sind nur an die 40 Pferd, alte Krampen, blinde und wurmige Pferde, und ungefähr 20 Stück Rindvieh“.

 So berichteten die beiden Ämter, das Stiftsamt und das Hofkastenamt, über diejenigen Höfe und Güter, die ihnen zinspflichtig waren. Von anderen Grundherrschaften besitzen wir keine eingehenderen Mitteilungen, doch darf bestimmt angenommen werden, daß auf den ihnen zugehörigen Besitzungen genau die gleichen Zustände herrschten. Es gab keine Ausnahmen im ganzen Lande. Überall wohnte das Grauen, das Elend, die Not und die Sorge. Es war ein Schreckensjahr sondergleichen, das Jahr 1634 samt den nachfolgenden Jahren.