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so läßt das gewiß erkennen, welche Wichtigkeit man diesen kirchlichen Handlungen beilegte; aber es ist doch eine Ausartung, zumal wenn wir weiter von großartigen Schmäusen bei dieser Gelegenheit, von Völlerei und Trunkenheit und anderen Mißständen vernehmen. Sogar blutige Schlägereien kamen vor. Wiederholt mußten die Behörden durch scharfe Verordnungen eingreifen, sowohl von Nürnberg wie von Ansbach aus.

 Eine ausführliche Ordnung des Markgrafen von Ansbach im Jahre 1733 läßt uns einen Blick in die damaligen Verhältnisse tun, weshalb aus ihr folgendes entnommen sei:

 Bei Taufen dürfen höchstens zwei Paten genommen werden. Diese dürfen nicht, wie oft geschieht, mit großen Geschenken aufwarten, außer wenn sie für Arme Pate stehen. Ebensowenig dürfen Kinder ihre Paten bei jeder Gelegenheit um Geschenke anbetteln. Kostbare Mahlzeiten bei Kindtaufen und sog. „Kindbetthöfe“ sind bei Strafe verboten, desgleichen Spiel und Tanz dabei, überhaupt jeder unnütze Aufwand.

 Bei Eheberedungen (Verlobungen) ist alle Üppigkeit und Schwelgerei, wie aller kostbare Aufwand zu vermeiden. Als Ehepfänder dürfen nur Ringe oder ein „Gulden“ oder ein „Speziestaler“ gegeben werden.

 Zu den Hochzeiten sind nicht mehr als 20, höchstens 24 Personen zu laden. Ausgenommen sind Schultheißen, Siebner, Gerichtspersonen und Bauern mit ganzen Höfen; diese dürfen vier Tische mit je zehn Personen setzen. Bei Mahlzeiten in den Wirtshäusern darf nicht mehr als 1 fl. 30 kr. auf die Person verrechnet werden (nach heutigem Geldwert etwa 10 RM), und die Mahlzeit darf nur von mittag bis 5 oder 6 Uhr dauern, der Tanz hernach nur bis 9 oder höchstens 10 Uhr. Verboten ist das Zulaufen ungebetener Gäste, das Einholen der Braut mit Schießen, das Ausschicken von Kuchen und Wein in die Häuser, das Zechen vor dem Zug in die Kirche und anderes mehr.

 Bei Beerdigungen ist auf möglichste Einfachheit zu achten. Es darf niemandem Brot, Wein oder anderes Getränk verabreicht werden (also keine Leichentrünke!). Witwen betrauern ihren Ehemann ein Jahr lang, Witwer ihre Frau 6 Monate, Eltern ihre Kinder 3 Monate, Kinder ihre Eltern und Großeltern 6 Monate.

 Soweit die markgräfliche Ordnung. Die Leichentrünke haben sich dadurch allerdings nicht beseitigen lassen, wie spätere Verordnungen beweisen. 1789 ist sogar von Leichengelagen die Rede. Erst die neueste Zeit mit dem Weltkrieg und der Inflation hat einen erfreulichen Wandel herbeigeführt. Die Unsitte ist jetzt auf einfachste Bewirtung auswärtiger Trauergäste zurückgeführt.