Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 2

Ein Hosenbandordensfest am Dresdner Hofe im Jahre 1678 Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 2 (1897) von Franz Schnorr von Carolsfeld
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Zur Geschichte der Familie Stübel
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Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.


6) Samstag. Heilige drei Könige... den heutigen Abend bringe ich in Folge Einladung bei Baudissins zu... Goldschmidt spielte mit der Gräfin Baudissin Sachen von Bach zu zwei Klavieren, spielte dann auch noch eines der schönsten Präludien allein. Sodann sang die Goldschmidt (Jenny Lind) einige Lieder (Mendelssohn, Schubert, schwedisches Volkslied). Ich hörte sie heute Abend zum ersten Mal, und, wie man mir sagte, sang sie gerade heute besonders schön. Das schien mir nun auch so, obwohl ich nicht vergleichen konnte, und ich schätze mich wirklich glücklich, endlich diese so berühmte und ausgezeichnete Sängerin gehört zu haben. Boses waren auch da, Gonnens, Roquette. Man trennte sich erst um Mitternacht, und ich ging mit Roquette nach Hause.

11) Donnerstag... Mit Kallmeyer berathe ich nun ernstlich die Vertheilung der Bilder im Museum. Wir lassen uns die Wandflächen neu aufzeichnen und vertheilen auf diesen die früher schon im Kleinen dargestellten Bildflächen... Mein dieswöchentlicher Akt gefällt sehr, und es zeichnen sehr viel Schüler nach demselben.

16) Dienstag... Zu Hause finde ich Kirchbach und Roquette. Der letztere liest uns eine köstliche Erzählung, eine Arbeit der allerletzten Zeit, vor, betitelt: Die Ritter vom Fleische. Die Handlung geht großentheils bei Tafel während des Essens vor sich. Die Feinschmeckerei spielt eine große Rolle und das Ganze persiflirt Gutzkow und seine Clique.

17) Mittwoch... Die Vertheilung der Galeriegemälde, die wir im Kleinen jetzt vornehmen, zeigt, daß viele von den großen Gemälden der späteren Akademiker wegbleiben müssen. Wie würde es erst gehen, wenn die Erweiterung des Gebäudes nicht stattgefunden hätte! [15] 20) Samstag. Galerie-Kommission... Sodann wird ein Nachlaß von Gemälden des nun verstorbenen ehemaligen Oberbibliothekars Falkenstein, 50--60 Nummern enthaltend, abgeschätzt. Es sind recht schöne Porträts von Graff, zum Theil interessante Personen darstellend, Rabener, Ramler, Zimmermann etc. darunter, die ganz passend für unsere Galerie wären. Die Schätzung kann aber nur niedrige Preise ansetzen, da heute zu Tage diese Bilder sehr wenig gesucht und deshalb schlecht bezahlt werden. Vielleicht erstehen wir einige Bilder.

25) Donnerstag. Freund Oehme, dessen Halsübel mehr und mehr einen bedenklichen Charakter anzunehmen scheint, besucht uns und zeigt uns zwölf in Oel ausgeführte Landschäftchen, Ansichten aus der Umgebung von Loschwitz darstellend. Sie sind in Malerei und Färbung sehr fein, ebenso in der Auffassung, wenn auch die Gegenstände an sich höchst einfach, zuweilen unbedeutend sind.

27) Samstag... Galerie Kommission... Wir verabreden, aus dem Nachlaß des Oberbibliothekars Falkenstein einige Gemälde an uns zu bringen. Wir glauben am besten dazu zu kommen, wenn wir die Auktion abwarten. Unser Augenmerk ist gerichtet auf einige Graff’sche Porträts (Rabener, Zimmermann, Ramler), einen Studienkopf von R. Mengs, den Minister Kaunitz darstellend, und ein Paar köstliche kleine Niederländer Porträts, grau in grau gemalt. – Gaber bringt mir Abdrücke der Psalmenbilder, unter denen nun auch die „Bitte“, deren Schnitt ich noch nicht gesehen hatte. Dieses Blatt ist so zart und schön wie die andern, die Engelsköpfchen sind vortrefflich wiedergegeben.

Februar.

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6) Dienstag. Endlich bringe ich den langen Brief an Bunsen zu Stande und sende ihn ab... Direktorialversammlung des Kunstvereins... Wir finden auch die Skizze von Rietschel zu dem Gellert-Denkmal und erklären uns damit einverstanden. Außerdem sind interessante Sachen ausgestellt, Zeichnungen von Genelli, Entwürfe zu einer Restauration oder Ausbau der hiesigen Sophienkirche...

9) Freitag. Noahs Dankopfer lasse ich mir auf das Holz aufpausen. Inzwischen nehme ich die nächstfolgenden Gegenstände aus dem Alten Testament, welche nun an die Reihe kommen und welche als Entwürfe in meiner alten Sammlung vorhanden sind, mir aber nicht genügen, noch einmal vor, um sie besser zu gestalten. Die Gegenstände sind: Abram von Melchisedek gesegnet; Verheißung an Abraham; Abraham und die drei Engel; Loth fliehet aus Sodom.

14) Mittwoch... Emil Sachße besucht uns... Er hat eine Wohnung am Falkenschlag gemiethet, in dem Hause, in welchem ehemals Ludwig Richter wohnte. Abends liest uns Paldamus aus Schuberts Leben (2.Theil) vor. Das Buch ist so schön, daß man wahrhaft erquickt wird. Schubert führt uns in einen schönen Garten, an dessen Bäumen liebliche Früchte hangen, an denen der Morgenthau noch nicht abgegriffen ist.

15) Donnerstag... Der andere Brief ist von Wigand. Derselbe ist mit der Vignette [zum Psalter] sehr zufrieden, und ich soll sie von Pletsch aufzeichnen und im Gaber’schen Atelier schneiden lassen. Auch schreibt Wigand, daß die Aussichten für unser Werk sich sehr erfreulich gestalten. Das Werk beginnt in England merklichen Antheil zu erregen. Wigand schreibt, daß er mit mir sehr zufrieden ist und noch nie in einer Verbindung gewesen ist, welche ihm mehr zugesagt habe als die, in welcher er sich mit mir befindet...

16) Freitag... Gegen Abend, als ich gerade zur Konferenz des akademischen Rathes mich begeben will, werde ich durch einen Besuch meines alten Jugendfreundes Georg Göschen auf das Angenehmste überrascht. Die Konferenz lasse ich natürlich im Stich. Göschen hat jetzt seine Frau verloren und begiebt sich zu seinem Sohne Oskar nach Wien...

17) Samstag. Galerie Kommission... Vogels Porträt des Papstes Pius VII., welches vordem in den Gemächern des höchstseligen Königs aufgestellt war und nun von dem jetzt regierenden Könige der Galerie für die Abtheilung der Gemälde lebender Künstler übergeben wurde, ist herbeigeschafft, und wir sehen es im Restaurationszimmer. Es ist kein bedeutendes Werk. – In Betreff der Pariser Ausstellung erkläre ich, daß ich meine Kartons nicht schicken will, was noch nicht unbedingt angenommen wird. Beschlossen wird die unserer Sammlung angehörenden Gemälde von Richter und Peschel zu der Ausstellung zu senden. – Abends lesen wir im Schubert weiter und sind höchst befriediget namentlich von dem Kapitel über Werner in Freiberg.

18) Sonntag... Ich lasse mich bestimmen, allein in das Theater zu gehen, um Egmont zu sehen, den ich noch niemals aufführen sah. Die Besetzung der Rollen ist vortrefflich. Dawison nimmt sich als Alba wie eine Figur des Velasquez aus. Egmont gefällt mir nicht recht. Ich spreche nicht von Devrients Spiel, sondern von der Gestalt, die Goethe gezeichnet hat. Durch die Liebschaftsgeschichte mit dem Bürgermädchen und die sich dabei anhängenden Einschiebsel in die wahre Lage der Verhältnisse hat die Geschichte nicht gewonnen. Die Volksscenen sind vortrefflich angelegt und wurden einzig gegeben. Die Charakterfiguren des Vansen (Quanter) und Jetter (Koch) konnten nicht besser ausgeführt werden.

19) Montag... Brockmann hatte gewünscht, noch eine Photographie von mir zu nehmen, und ich wünsche nebst dem Bildniß der Hausfrau auch das meinige meiner [16] Schwester zu ihrem Geburtstag zu schenken. Deshalb gehe ich am Vormittag nach Brockmanns Atelier, und es wird die Operation zweimal vollzogen.– Abends erhalten wir Besuch von unserm alten Freund dem Musikdirektor Ferdinand Hiller, der in Leipzig einige Konzerte gegeben hat und nun einige Tage hier zubringt. Seine Erscheinung ist eine uns sehr liebe. Er hat nun außer dem Adoptivsohn noch zwei eigene Kinder, ein Mädchen und einen Knaben. Er ist jetzt Musikdirektor in Köln und ist ganz gern dort.

21) Mittwoch, Pletsch bringt mir die Aufzeichnung der Vignette zu dem Psalter. Sie ist sehr gut ausgefallen und wird sogleich geschnitten. Gaber bringt mir die erste Lieferung seiner „Christenfreude in Lied und Bild“, eine Sammlung geistlicher Lieder mit Holzschnitten, zu welchen die meisten Zeichnungen von Ludwig Richter herrühren. Ich habe das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ illustrirt. Das Büchelchen giebt Gaber heraus, Wigand hat es in Kommission.

24) Samstag. Meiner Schwester Ottilie Geburtstag. – Wir verehren ihr unsere (das heißt: meiner Frau und meines) Porträts aus dem photographischen Atelier Brockmanns. Mein zweites ist weniger gelungen als das erste. Das Porträt der Hausfrau aber gehört zu den gelungensten Erzeugnissen der Photographie.

25) Sonntag. Hiller macht uns noch einen Besuch und ladet uns ein zu einem kleinen Konzert, das er morgen einigen Freunden in dem Hause des Major Serre geben wird.

26) Montag... Dann ordne ich definitiv mit meinen Inspektoren einige Säle des Museums, um den Hofbaumeister Krüger in Stand zu setzen, zur Aufstellung der Gemälde an den Wänden die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Um 12 Uhr begebe ich mich zu Major Serre, wo ich mit der Hausfrau und den Töchtern zusammentreffe und wo wir mit einer ansehnlichen und auserlesenen Gesellschaft Hillers kleines Konzert anhören. Wir kommen erst gegen 3 Uhr zum Essen... Abends gehen wir ins Theater, um aus Antheil an Ludwigs Produktionen, welcher demnächst in Norma als Sever aufzutreten hofft, diese uns bisher unbekannte Oper zu hören. Hatte der Tag über Erwarten begonnen, so endete er unter Erwarten. Diese Oper ist entsetzlich leer und geistlos, und es gereicht noch zu ihrem Nachtheil, daß man durch das Sujet an Glucks Iphigenie erinnert wird.

28) Mittwoch. Mit Kallmeyers thätiger Hülfe schreiten wir in der Vertheilung der Gemälde an den Wänden unseres Museums in erfreulicher Weise vorwärts. Wir haben die Wände, wie auch die Gemälde, in einem kleinen Maßstab dargestellt und können so mit großer Bequemlichkeit ordnen. Es wird die Aufgabe sich glücklich lösen, wir sind aber von wesentlichen Bestimmungen abgekommen, die wir vorläufig festgestellt hatten. Wir nehmen z. B. die Spanier nun doch in die großen Säle herunter, ebenso den Rembrandt und Ferd. Col, welche in die Ecksäle der oberen Etage kommen sollten, welche Räume aber sich nicht so glücklich, wie wir hofften, gestaltet haben.

1) Donnerstag... Alte Kompositionen zur Bibel werden mehr oder weniger umgestaltet oder auch ganz erneuert. So Loths Flucht, Verheißung an Abram, Abraham und die drei Engel ganz neu. – Die Vertheilung der Bilder gestaltet sich immer besser. Ich gehe jetzt täglich nach der Galerie, um mit Kallmeyer etwas zu arbeiten... Oldenbourg theilt uns ein Buch von Riehl mit: „Die Familie“ und liest einen Abschnitt über unsern Ludwig Richter vor, der mit eingehender Würdigung geschrieben ist und diesem viel Freude machen wird.

3) Samstag... Der Galerie-Kommission lege ich die Schemas für die Aufstellung der Bilder vor. Kallmeyer hat sich sehr verdient gemacht. Die Sachen ordnen sich gut und die Herren Kommissare waren einverstanden.

4) Sonntag... Abends giebt Alb. v. Zahns Anwesenheit Veranlassung, Lasinios Nachbildungen alter Italiener (ein Kupferstichwerk, das ich einst von Rehbeniz erhielt) zu betrachten. Wie viel Schönheit ist doch in diesen Sachen!

6) Dienstag... Direktorial-Versammlung des Kunstvereins... Rietschels Skizze zur Gellert-Statue ist fertig, und wird an das Komité in Hainichen die nöthige Meldung sowie einen Kostenanschlag gelangen zu lassen beschlossen... Roquette ist den Abend bei uns und liest eine äußerst ansprechende, ganz kleine Erzählung, welche den Uebergang des Winters in den Frühling ausdrückt.

10) Samstag... Bei der heutigen Galerie-Kommission (die ohne Quandt, aber sonst vollständig beisammen ist) wird das Bild von Giulio Romano, Apoll und Marsyas[1], im Restaurationszimmer betrachtet, und berathen, wie es mit den auffallenden Stellen, welche Ursache waren, daß das Bild entweder verschleiert oder an einen dunkeln Platz gehängt wurde, gehalten werden soll, da das Bild, welches wirklich sehr schön ist, im neuen Museum einen guten Platz erhalten soll. Ich hätte es sehr gern übernommen, jene schon von Matthäi etwas mit Gras und Epheu bedeckten Partien stylvoller zu verbergen. Hübner und Bendemann sind aber mit meinen Vorschlägen nicht ganz einverstanden; so werde ich die Sachen lassen, wie sie sind.

[17] 12) Montag... Professor Preller in Weimar sendet mir eine Mappe, vermuthlich eine Zeichnung, welche nach Verabredung durch Austausch mein werden soll.

13) Dienstag. Prellers Mappe wird geöffnet und es findet sich eine herrliche, für das Album der Hausfrau bestimmte und ganz genau in dasselbe passende Zeichnung, deren Gegenstand der Insel Rügen entnommen ist. Sobald als möglich, werde ich ihm ein Gegengeschenk machen... Den Abend bringen wir bei Rietschels zu. Geh. Rath Dr. Weinlig ist nebst seiner Frau da, und der Abend ist sehr angenehm belebt.

14) Mittwoch... Museum. Ich finde Schulz daselbst, und wir besehen zusammen die Niederländer Teppiche, welche in der Rotunde bereits an ihrem Ort befestiget sind. Die Rotunde wird einen herrlichen, feierlichen Eindruck machen. Es wird einem daselbst zu Muthe werden, wie in einer Kirche, und man wird jedenfalls fühlen, hier in dem Allerheiligsten unseres Kunsttempels zu sein.

17) Samstag. Galerie-Kommission. Schulz ist unwohl und nicht zugegen. Sonst sind wir vollzählig und beschäftigen uns hauptsächlich damit, die anstößigen Partien des Apollo auf dem Bilde von Giulio Romano durch einen Krautgarten zu maskiren... Pletsch bringt mir seine Aufzeichnung des Blattes „Esau versöhnt sich mit Jacob“. Es ist gut gezeichnet, doch nicht ganz genügend, und nur in wenig Fällen werde ich mich solcher Hülfe bedienen können.

18) Sonntag... Abends Riehl. Wir lesen die herrlichen Kapitel vom Hause und der bürgerlichen Baukunst. Mein Hund in der Austreibung aus dem Paradiese kommt auch vor, und zwar werde ich darüber gelobt, daß ich auf den Hund gekommen bin.

19) Montag... Den heutigen Vormittag verwende ich zur Nachbesserung der Pletschischen Aufzeichnung. Am Nachmittag empfängt Gaber, der mich besucht, die Platte aus meiner Hand.

25) Sonntag... Obermann bringt mir einen Probedruck des Pharisäers und Zöllners. Das Blatt ist sehr schön gearbeitet und macht eine gute malerische Wirkung... Mit Riehls „Familie“ kommen wir heute Abend zu Ende. Es ist das ein schönes Buch, und von Bedeutung ists, daß das Wesen des deutschen Hauses von einem Manne der Gegenwart so erfaßt und gekennzeichnet worden ist. Liegt darin der Keim einer besseren Zukunft für das deutsche Haus?

26) Montag. Zur Zeit, zu welcher ich aufzustehen pflege, aber noch nicht aufgestanden war, ertönt Chorgesang vom Garten herauf. Meine Schüler und eine kleine Anzahl andere Akademiker bringen mir ein Morgenständchen zum Geburtstag, der heute zum einundsechzigsten Mal angebrochen ist. Kaum hatte ich Zeit, so weit mich anzuziehen, daß ich die Sänger vor dem Abzug noch ereilen und mich bedanken konnte... Abends kommt auch Gaber und bringt einen Probedruck des sechsten Schöpfungstages, der von Geringswald vortrefflich geschnitten ist.

27) Dienstag... Am Morgen entwerfe ich einen Einbandsengel zum Psalter, den Wigand wünscht und welchen noch in dieser Woche nach Leipzig zu schicken ich versprochen habe.

29) Donnerstag. Wigand will einen Engel in Golddruck auf den Einband des Psalters bringen. Ich soll einen Entwurf dazu machen, nachdem eine Skizze von dem Künstler entworfen ist, welcher die Platte für den Golddruck arbeiten wird. Dieser Einbandsengel beschäftiget mich heute. Ich quäle mich damit und kann ihn heute nicht fortfliegen lassen, wie ich es hoffte.

30) Freitag. Der Engel wird in den Morgenstunden beendiget und nach Leipzig entlassen. Die Aufzeichnung des Jesaias wird noch einmal nachgesehen und Nachmittags an Gaber abgegeben, der große Freude daran hat und ihn selber schneiden will.

31) Samstag. Galerie-Kommission. Nebst mir sind Herr von Quandt und Bendemann zugegen. Herr von Quandt theilt uns einen von ihm geschriebenen, sehr hübschen Artikel über unsern Giulio Romano (Pan und Hermes) mit...

1) Sonntag... Abends kommen Heinrich Richter und Hemken. Der letztere bringt mir eine Komposition, die recht viel Gutes hat, und eine Reihe von gezeichneten Porträts.

2) Montag. Die gestern von Hemken mir gezeigte Komposition, die Ehebrecherin vor Christo darstellend, veranlaßt mich, den Gegenstand nach meiner Weise für die Bibel in Bildern zu entwerfen. – Neues Museum. Ich verständige mich mit dem Hofbaumeister Krüger dahin, daß wir an jedem Samstag um 11 Uhr in dem Museum zusammenkommen wollen, um die laufenden Geschäfte zu besprechen. Schon heute bringen wir ein paar Gegenstände ins Reine.

4) Mittwoch. Endlich erhalte ich von Joch einen Probedruck des Sabbath. Das Blatt ist schön gearbeitet von Seiten des Xylographen, an meiner Aufzeichnung habe ich mancherlei auszusetzen... Mit der Ehebrecherin plage ich mich heute sehr. Es will mit meinem Entwurf nichts rechts werden. Dann beunruhigen mich noch Besuche und Galeriegeschäfte. Es ist mir gar nicht charwöchentlich zu Muthe.

6) Freitag (Charfreitag)... Die Komposition der „Ehebrecherin vor Christo“ machte mir viel zu schaffen und kostete mehr Zeit, als ich dachte. Nun glaube ich damit im Reinen zu sein und sie in der 9. Lieferung bringen zu können.

[18] 9) Ostermontag... Pletsch bringt mir die zweite von ihm gezeichnete Platte zur Bibel, „Jakobs Flucht“. Sie ist ganz gut gearbeitet, doch sehe ich, daß ich nur in wenig Fällen fremder Hülfe mich werde bedienen können. Es fehlt hie und da, zumal an den Köpfen. Sie sehen mich großentheils fremd an.

10) Dienstag. Freund Oehme ist in vergangener Nacht gestorben. Sein Zustand war seit langer Zeit bedenklich; daß sein Ende aber so bald erfolgen würde, hätte man nicht gedacht. Ich freue mich, daß ich noch vor kurzer Zeit ihn ein paarmal besucht habe. Das zweite Mal zeigte ich ihm meine Psalmenbilder und las ihm die Erklärung derselben vor. Er war für solche Gegenstände stets sehr empfänglich. In der letzten Zeit brachte er in seinen Bildern gern biblische Figuren an.

12) Donnerstag... Freund Rietschel macht mir Mittheilungen über Hähnel, die trauriger Art sind. Graf Einsiedel hatte Rietschel die Ausführung des Kruzifix für die Brücke an die Stelle des alten, damals in dem Flusse untergegangenen übertragen. Einsiedel hat aber veranlaßt, daß ein Komité zusammentrete, welches allerdings auch die Aufgabe hatte, Beiträge zu sammeln, hauptsächlich aber die Angelegenheit geschäftlich überwachen und leiten sollte. Hähnel steht nun mit einigen der Komitémitglieder längst in freundschaftlichem Vernehmen. Plötzlich tritt Hähnel als derjenige auf, welchem die Ausführung des Kruzifix von diesem Komité übertragen worden sei. Einsiedel ist sehr aufgebracht, zieht sich von der Sache ganz zurück, und möglicher Weise wird nun gar nichts aus der Sache, da Einsiedel den Guß in Lauchhammer unter allen Umständen auf sich genommen und überhaupt das an Mitteln fehlende decken zu wollen sich erklärt hatte.

13) Freitag... Nachmittag begraben wir unsern Freund Oehme. Wir haben heute den ersten wahren Frühlingstag. Oehme hatte immer gewünscht, zur Osterzeit heimzugehen. Die Freude ist ihm geworden. Ein großer Zug folgt der Leiche. Es zeigt sich eine große Theilnahme. Die Lerchen empfangen uns auf den Feldern mit ihrem Auferstehungslied. Dann ertönt vom Kirchhof her Männergesang. Pastor Böttger hält eine Rede am Grabe. Er sagt viel Gutes und sagt es gut, aber er spricht zu lange und zeichnet statt eines schlicht ähnlichen Bildnisses des Verewigten ein flau idealisirtes Porträt, in welchem man den Freund nicht erkennt. - Konferenz des akademischen Rathes. Hofrath Winkler nimmt seine Stelle als Sekretär wieder ein. Der leere Präsidentenstuhl mahnt uns aber in trauriger Weise an den nahe bevorstehenden herben Verlust und nöthiget uns, daran zu denken, daß wir eines neuen Vorsitzenden demnächst bedürfen werden.

18) Mittwoch. Um 8 Uhr Morgens setzt sich der Leichenzug unseres verewigten Freundes Schulz in Bewegung. Neben dem Leichenwagen, der mit sechs Pferden bespannt ist, gehen 24 Akademiker mit Palmenzweigen. Ihnen schließen sich andere an, welche Lorbeerkränze an weißen Stäben tragen. Unmittelbar hinter dem Sarge werden die Orden des Verewigten, ein frischer Lorbeerkranz und ein verwelkter Lorbeer, mit welchem einst Thorwaldsen die Stirne desselben auf dem Kapitole schmückte, ebenfalls von jungen Künstlern auf Kissen getragen. Ein ansehnlicher Chor mit Blasinstrumenten geht dem Zug voraus und spielt Trauermärsche, abwechselnd den von Chopin komponirten und den von Henselt. Der Zug bewegt sich in einer langen dreifachen Reihe von Leidtragenden nach dem weiten Kirchhofe, wo die Schulz’sche Familiengruft sich befindet. Bei dem Eintritt in den Kirchhof spielt der Chor einen Choral. An dem Grabe angelangt, singt ein Männerchor einen Choral. Der Archidiakonus Rüling, welcher dem Verstorbenen das heilige Abendmahl reichte, hält die Leichenrede. Er spricht vortrefflich, kurz und christlich, ganz wie es sich gebührt. Er rühmt den Verstorbenen vor Allem darum, weil er seinen Lorbeerkranz willig und demüthig niederlegte vor der Dornenkrone seines Erlösers und Heilandes. Ich habe nie ein würdigeres und wahrhaft christlicheres Begräbniß gesehen, als dieses war. Zugegen waren die Minister von Beust, von Zeschau, von Wietersheim. Von Seiten des Hofes waren einige Würdenträger beigeordnet.

19) Donnerstag... Die Berliner Akademie meldet mir, daß sie mich am 31. März zum ordentlichen Mitgliede erwählt habe.

22) Sonntag... Rietschel besucht mich und erzählt mir den weiteren Verlauf seines Handels mit Hähnel. Rietschel hatte ihm noch in einem Briefe, den er mir mittheilt, in versöhnlichster Weise zugesprochen, abgesehen von der Entscheidung, welche von Seiten des Grafen Einsiedel und des Komité zu erwarten steht, sich zu vertragen. Hähnel antwortet hierauf nur in herbem und ablehnendem Tone... Gaber bringt mir einen Probedruck der herrlich gearbeiteten Platte „Die Kinder Gottes vermischen sich mit den Kindern der Welt“.

23) Montag. Rietschel hatte mir gestern auch gesagt, daß es ihm nun recht sei, wenn ich käme, seine Gruppe (Goethe und Schiller) zu sehen. So verfüge ich mich denn heute in mein ehemaliges, nun Rietschels Atelier auf der Terrasse. Die beiden Gestalten machen einen mächtigen Eindruck und werden durch Rietschels Meisterhand zu einem vollendeten Kunstwerk herausgebildet werden. Fürs Erste ist mir Schiller noch lieber als Goethe. In einer sich paralysirenden Doppelbewegung des Ober- und Unterkörpers in der Gestalt des letzteren liegt eine Schwierigkeit, deren Ueberwindung Rietschel schon viel Mühe gemacht hat und die vielleicht für alle Ansichten nicht ganz glücklich zu lösen [19] ist. Aber das Werk wird seinem Meister Ehre machen und das Vaterland wird unserm Rietschel einen Kranz reichen, wie der ist, den Goethe bereits in seiner Hand hält.

29) Sonntag. Obermann bringt mir einen Abdruck von „Noahs Dankopfer“. Ein paar Köpfe, die verkürzt und im Schatten sich darstellen, sind mißlungen aus Mangel an Verständniß der Zeichnung; sonst ist die Platte gut gearbeitet.

30) Montag... Ich werde in das Museum beschieden, um Ihrer Majestät der verwittweten Königin Marie dasselbe zu zeigen. Sie sieht schnell, aber mit Antheil. Die Majestät meint, daß ich an der Krankheit ihres Bruders (des Königs Ludwig) wohl großen Antheil genommen, daß ich doch wohl noch ein halbes bayrisches Herz habe. Ich erwiederte, daß ich allerdings mit größester Theilnahme den König in so großer Gefahr gesehen habe, daß ich, was mein Herz anbelangt, hoffe, mein halbes bayrisches und halbes sächsisches Herz gäben ein ganzes deutsches.

3) Donnerstag... Ein Gang ins Museum. Gestern hatte ich nur einen flüchtigen Blick auf die bereits in dem Kuppelraum befestigten Rafael’schen Tapeten werfen können, darum wollte ich sie mir heute noch einmal und besser besehen. Sie nehmen sich sehr gut aus. Schade, daß die Kuppel achteckig ist. Doch das ließ sich nicht mehr ändern.

4) Freitag... Ich verfertige eine Zeichnung zu einer Trage für große Bilder. Es scheint mir geeignet, die Bilder aufrecht stehend und nicht liegend zu tragen.

5) Samstag. In den Morgenstunden zeichne ich die Entwürfe zu den bei dem Transport der Bilder zu verwendenden Tragen ins Reine und nehme sie mit zu der Konferenz im Museum, woselbst heute der Herr Minister in Begleitung des Geh. Hofraths Bär erscheint und der Landbaumeister Hänel, Hofbaumeister Krüger und der Amtsbauverwalter Beuchelt versammelt sind. Der Minister hält einen Vortrag über die Führung des Baues und Bildung der Baukommission, um deren Auflösung es sich jetzt handelt. Für den Umzug wird der Termin auf den 1. Juni festgesetzt... Besprechung über die Transportmittel für die Bilder. Ich lege den Herren meine Entwürfe vor zu den Tragen.

9) Mittwoch... Der neueste Holzschnitt von Gaber, „Jesaia“, macht mir große Freude. Die Komposition ist gut und der Schnitt ist herrlich.

10) Donnerstag... Rietschels Gruppe nahet sich der Vollendung. Sie hat mir heute noch viel besser gefallen als neulich. – Graf Bose ladet mich zu Tische. Ich finde Langenn, mit welchem ich in einen politischen Disput gerathe.

19) Samstag. Am Museum finde ich den Herrn Minister in Berathung mit Krüger und Beuchelt wegen der Drahtvorhänge, welche die Fenster bei Feuersgefahr bedecken sollen. Jetzt wird der Gedanke an Feuersgefahr wieder lebhaft aufgenommen, welcher nach meiner Ankunft hier, also vor Legung des Grundsteins zu dem Gebäude, mich bestimmte, in einem ausführlichen Schreiben an Seine Majestät den hochseligen König von der Wahl dieses Platzes abzurathen und den Platz am Neustädter Elbufer, der Brühl‍’schen Terrasse gegenüber, dringend zu empfehlen. Ich lege mein Modell zu der Bildertrage vor, und man ist der Meinung, daß es im Großen ausgeführt werden soll. Dieselbe Ansicht hat auch die Galerie-Kommission, welche freilich nur durch Herrn von Quandt und Professor Hübner vertreten ist.

21) Montag... Von Joerdens erhalte ich den Probedruck von der Platte: „Lot fliehet aus Sodom“. Das Blatt ist tüchtig gearbeitet, und gegen die erste von ihm gearbeitete Platte zeigt sich ein großer Fortschritt... Herr von Quandt schreibt mir und macht mich aufmerksam auf... den Johannis-Kirchhof, welcher zu Bauplätzen umgewandelt werden soll und dessen Erhaltung von vielen gewünscht wird, zu welchem Zweck auch eine Petition vorbereitet wird.

22) Dienstag... Bei dem Advokat Matthäi unterschreibe ich die Petition, welche wegen Erhaltung des Johannis-Kirchhofs an den Magistrat erlassen werden soll. Würde es aufgegeben, den Kirchhof zu Bauplätzen zu verwenden, so müßte derselbe in einen Todtenpark umgeschaffen werden, d. h. man müßte die kleinen überall zerstreuten Grabsteine entfernen, die massenhafteren, mit schönen Baumgruppen bereits umgebenen Denkmale aber erhalten, die kleinen Erdaufwürfe wegnehmen und in etwas größere Grabhügel verwandeln mit geschickter Benutzung der ohnehin vorhandenen Hügel, das Ganze mit hübsch geführten Wegen durchziehen, in der Mitte einen breiteren Durchgang zur Passage (jedoch nur für Fußgänger) anlegen.

25) Freitag... Konferenz des akademischen Rathes. Die Angelegenheit der Säkularisirung des Johannis-Kirchhofs kommt zur Sprache. Der akademische Rath wird durch eine Aufforderung des Münzgraveur Krüger veranlaßt, sich dem Ministerium gegenüber über die Angelegenheit auszusprechen. Wie man hört, wird aber bereits mit dem Zerstörungswerk begonnen. Bäume werden abgehauen, Denkmäler hinweggeräumt. So kommen wir wie alle anderen jetzt zu spät.

29) Dienstag. Die erwähnte Darstellung der letzten Plage, welche über die Egypter kommt und endlich die Freilassung der Israeliten bewirkt, gestaltet sich zu einem eigenthümlichen reichen Bilde, das einen guten Platz in der Reihenfolge behaupten wird.

31) Donnerstag... Heute ist die alte Galerie zum letzten Mal offen.

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1) Freitag. Die Galerie also geschlossen und die Umzugszeit begonnen. Anordnung der Herabnahme der Bilder für den Saal der Bolognesen.

2) Samstag... Besuch bei dem Konsistorialrath Pastor Thenius, welcher in der Bibliothek seiner Kirche (Neustadt) ein paar alte deutsche Gemälde aufgefunden hat. Die Gemälde sind ganz interessant, doch aber nicht bedeutend. Sie sollen der Galerie-Kommission zur Ansicht und Begutachtung vorgelegt werden.

5) Dienstag. Catel aus Rom besucht mich. Er ist mit seiner Frau hier. Er erzählt, daß er Besitzer beträchtlicher Güter in Italien geworden ist.

6) Mittwoch... Um Mittag wird [in die Galerie] die große Trage gebracht. Nachmittag wird der erste Versuch mit derselben gemacht. Ich finde vier Chaisenträger und sämmtliche Galeriediener, welche noch nicht recht wissen, wie sich die Sache handhaben läßt. Auch die Inspektoren sind noch nicht im Klaren. Doch wird ein Anfang gemacht mit ein paar großen Bildern von geringerem Werthe ohne Rahmen. Die Sache geht gut. Dann kommen schwerere Bilder dran, und die Sache geht besser. Wir nehmen dann immer zwei Bilder mit den Rahmen. Die Last ist groß. In der Mitte der Trage unten werden starke Eisenringe eingeschraubt, Seile befestiget, an welchen zwei Diener tragen helfen, die andern Diener gehen mit, um die Bilder oben zu stützen. Die vier Chaisenträger tragen die Hauptlast mittelst der Tragstangen. So machen wir vier Gänge, und die Sache geht ausgezeichnet. Drei Gänge mache ich mit; während des vierten Ganges führe ich einige Herrn Landtagsabgeordnete, die mit ihren Familien das Museum zu sehen wünschen. Die mittleren und kleineren Bilder zu transportiren wird ein Spaß sein. Die Befestigung will nun noch eingeübt sein; indessen ist an dem guten Erfolg nicht zu zweifeln, da alle Vorkehrungen richtig getroffen zu sein scheinen.

7) Donnerstag... Zu Hause angekommen erfahre ich, daß Schwind angekommen und mit meiner Frau auf die Terrasse gegangen sei. Da mir angesagt wird, daß die Frau Herzogin von Orleans morgen das Museum und die Galerie sehen wolle, so gehe ich, um hievon Voigt zu benachrichtigen, und begegne Schwind mit den Meinigen. Schwind bringt dann den Abend bei uns zu. Er kommt direkt von der Wartburg, wohin er nach wenig Tagen zurückkehren wird.

8) Freitag. Nachdem ich mich überzeugt, daß in der Galerie alles zum Empfang der heute zu erwartenden hohen Herrschaften gesetzt ist, verfüge ich mich (91/2 Uhr) nach dem Museum. Während des Erwartens kommen noch die letzten der herabgenommenen Gemälde daselbst an. Etwas nach 10 Uhr kommt die Herzogin von Orleans, der Graf von Paris, der Herzog von Chartres nebst Gefolge zu Fuße aus dem Hotel Bellevue. Die Frau Herzogin erwidert meine Begrüßung mit sehr großer Freundlichkeit. Zuerst werden die Pastelle, Dietrichs und die Canalettos gesehen, dann die oberen Räume. Vor beendigter Besichtigung, die vom Hofbaumeister Krüger mit geleitet wird, verfüge ich mich nach der Galerie, um auch hier die zu Wagen jetzt ankommenden Herrschaften zu empfangen. Die Herzogin betrachtet alles mit lebhafter Theilnahme, mit Einsicht und Geist. Bald nach ihrem Eintreffen erscheint Seine Majestät der König. Schwind, welcher die Herzogin, sowie vor Kurzem den König auf der Wartburg kennen lernte, stellt sich auch ein, wird freundlichst begrüßt und schließt sich dem Gefolge an. Die Führung wird für mich eine sehr interessante durch lebhafte Gespräche mit der Herzogin und unserm König. Die Herzogin gedenkt mit großer Herzlichkeit ihres alten Lehrers Schubert und freut sich, von mir Neues über ihn zu hören. Nach halb 1 verlassen die Herrschaften die Galerie... Dann gehe ich in der Richtung zum Bergkeller, wo ich die Meinen mit Schwind zu treffen hoffe. Sie begegnen mir, bevor ich den Bergkeller erreiche. Wir kehren nach Hause zurück, und wir bringen zusammen (Roquette ist auch dabei) den Abend zu in sehr heiterer und lebhafter Unterhaltung, bei welcher das Album der Hausfrau eine große Rolle spielt.

9) Samstag Museum... Vorschläge... wegen einer über den beiden Thüren des Kuppelsaals anzubringenden Inschrift. Galerie-Kommission... Hübners Vorschlag wegen jener Inschrift von der Kommission angenommen und in offizieller Form dem Hofbaumeister mitgetheilt. – Gegen Abend stellt sich Schwind ein nebst seinem Spießgesellen oder mit seinem Gesellen Spieß. Wir bleiben dann den ganzen Abend bei einander.

10) Sonntag... Am Vormittag besucht uns Wigand... Sodann überreicht er mir den nun vollendeten Psalter ebenfalls in schönem, ja prachtvollem Einband. Das Werk nimmt sich wirklich gut aus, und ich habe eine fast kindische Freude daran... Da wir am Vormittag uns trennen müssen, aber wissen, daß Wigand Nachmittags zu Ludwig Richter nach Loschwitz geht, so gehen Paldamus und ich... ebenfalls nach Loschwitz und erreichen Richters Wohnung (Sperlings Weinberg) früher als Wigand. Dieser kommt erst mit dem Rektor Klee und dem Buchhändler Hirzel an, als wir alle zusammen, nämlich die Richter’schen und Gaber’schen und Arn. Amsler, hinauf zu den Brüdern Krüger uns begeben hatten. Wir waren dann sehr gemüthlich da oben beisammen. Wigand geht mit seinen Genossen früher als wir. Wir spielen noch im Walde das italienische Kugelspiel (boccia), nehmen an Richters Haus noch einen Imbiß ein und kehren dann mit dem Dampfschiff um 9 Uhr nach Dresden zurück.

[21] 11) Montag... Heute ist nun Schwind auch wieder nach der Wartburg abgereist. Ich fand ihn gestern Abend nach unserer Rückkehr von Loschwitz noch in meinem Hause und konnte also von ihm Abschied nehmen. Daß er unter Tages, wie versprochen, nicht gekommen ist, hat darin seinen Grund, daß er nach Pillnitz zur königlichen Tafel geladen wurde, woselbst die Frau Herzogin von Orleans speiste.

12) Dienstag. Peschels Karton zu dem großen Altarbild für die Schloßkapelle gesehen. Peschel nimmt meine Bemerkungen, deren Berücksichtigung nicht unerhebliche Aenderungen veranlassen wird, sehr gut auf... Museum. Mit der Aufstellung der Gemälde ist in dem Saal der Bolognesen ein Anfang gemacht. Bei dem wiederholten Besuch vor dem Schluß des Tagwerks finde ich neun Bilder aufgehängt, andere zur Aufstellung vorbereitet. Die Bilder nehmen sich herrlich aus. Die Farbe der Tapete ist vortrefflich.

13) Mittwoch. Am Schluß des heutigen Tagewerks ist nun auch eine der langen Wände des Saals der Bolognesen mit Bildern behängt. Die Aufstellung ist sehr glücklich, die Beleuchtung vortrefflich, das Verhältniß der Räume zu den Bildern das richtige. Mehrere der Bilder werden mir jetzt erst näher bekannt, da ich sie in der Höhe, in welcher sie in der alten Galerie hingen, eigentlich nie gesehen hatte. Vor manchem Maler bekomme ich großen Respekt, vor welchem ich ihn früher in dem Maße nicht hatte. So vor Hannibal Carracci. Sein Rochus enthält doch vortreffliche Sachen. Auch Procaccini ist nicht zu verachten... Die Leute greifen alle gut zu und sind schon ziemlich eingeübt. In der Regel werden wir in einer Woche einen großen Saal und einige der Seitenabtheilungen in Ordnung bringen.

14) Donnerstag. Morgens in der Akademie und im Museum. Gegen Mittag im Atelier, dann wieder im Museum. Als ich zum Mittagstisch mich setzen wollte, werde ich wieder in Bewegung gesetzt durch die Nachricht, daß die Herzogin von Orleans die Galerie nochmals sehen wolle. Erst gegen 3 Uhr komme ich fast erschöpft nach Hause und zum Essen. Der Hetzerei ist zu viel und die Abhaltungen von der Arbeit nehmen kein Ende. Abends sehen und hören wir die romantische Oper Hans Heiling, Text von Eduard Devrient, Musik von Marschner. Mitterwurzer ist vortrefflich. Um das Ganze gehörig zu würdigen, bin ich zu müde und abgehetzt.

16) Samstag... Galerie-Kommission... Ich habe von Pastor Thenius die beiden altdeutschen Gemälde, welche er in seiner Kirchenbibliothek gefunden hat, holen lassen, damit die Kommission sie sehe und begutachte. Sie werden als geringe Arbeiten befunden... Bei dem Schluß des Tagewerks ist der Saal der Bolognesen fertig und im Saal der Venezianer ein guter Anfang gemacht. Die Sache geht im Ganzen gut.

17) Sonntag... Endlich eröffne ich die von Rahn mir gesendete Rolle mit dem zweiten Probedruck[2]. Ich wußte wohl, daß ich so eine Art Pandorabüchse vor mir habe, und darum zauderte ich. Es wird nichts aus der Platte, und dabei macht Rahn ungeheure Ansprüche; er fordert 4000 Thaler. Ich soll nun Arnold fragen, ob er die Platte kaufen will; der wird sich aber bedanken. Hätte ich nicht die Aussicht, die Zeichnung zu der Platte gut zu verkaufen, so müßte ich die Stunde verwünschen, in welcher ich beschloß, eine solche Arbeit zu unternehmen.

18) Montag... Einer der neuen Galeriediener... hat das Unglück gehabt, in ein Bild zwei Löcher zu stoßen. Es ist der Tintoretto, der in Leipzig war, glücklicherweise also kein sehr werthvolles Bild. Der Mann ist sehr bestürzt, weshalb ich ihm weiter keine Vorwürfe mache. Die Wiederherstellung des Bildes wird in der Stille sogleich besorgt.

19) Dienstag... Im Saal der Bolognesen mache ich einige Veränderungen, durch welche ein paar sehr schlechte Bilder ganz hinaus und ein paar gute hereinkommen, sodann ein paar mit ihren Plätzen wechseln. Der Saal läßt jetzt wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Im Saal der Venezianer werden auch Veränderungen besprochen, wobei Schirmers Beirath sehr zu Hülfe kommt zur Erreichung eines hoffentlich ganz glücklichen Resultats.

23) Samstag... Um 51/2 Uhr führe ich Rietschel, Lübke, Roquette und Gaber in das Museum. Das Gebäude macht ihnen einen sehr guten Eindruck, und auch mit der Aufstellung sind sie sehr zufrieden.

25) Montag... Gegen Abend ist nun auch schon ein Theil des Saals des Correggio und der Ferraresen geordnet und nimmt sich prachtvoll aus. Der Bagnacavallo wirkt außerordentlich. St. Franziskus und Sebastian von Correggio nehmen sich ebenfalls herrlich aus. Ein paar Veränderungen, die ich mit Schirmer beschließe, nach denen auch die Findung Mosis von Paul Veronese dem Auge nahe kommt, werden als große Verbesserungen erscheinen. Ich denke, wir wollen den Kritikern nicht viel übrig lassen.

27) Mittwoch... Vor dem Mittagsessen noch einmal Museum. Ich finde die dritte Wand fertig und den großen Dosso Dossi auf der vierten bereits an seinem Platz. Gestern Abend ist auch noch die kleine Abtheilung nächst dem Rafael-Zimmer fertig geworden. Ich habe sehr große Veränderungen vorgenommen, [22] die entschiedene Verbesserungen sind. Die Abtheilung macht sich nun vortrefflich.

1) Sonntag... Nach Tisch begebe ich mich... nach Loschwitz. Auf dem Dampfschiff finden wir Professor Bary, welcher dann nebst dem Münzgraveur Krüger und dem Kantor Kade der Richter-Gaberschen Gesellschaft, welche wir aufsuchen, sich anschließt. Wir spielen im Walde das italienische Kugelspiel und kehren um 9 Uhr mit dem Dampfschiff wieder nach der Stadt zurück.

2) Montag... Es wird nun mit der Aufstellung der Bilder in den gegen den Zwingerwall gelegenen Seitenlicht-Räumen begonnen, und zwar mit der meinem Atelier zunächst gelegenen Abtheilung. Es gelingt mir, einige wesentliche Verbesserungen in der vorläufig festgestellten Anordnung zu bewirken, indem ich die Jünger zu Emmaus und die Landschaft mit dem Samariter von P. Veronese und mehrere andere Bilder in sehr vortheilhaftes Licht bringe. In der Anordnung des Saales 3 (Neapolitaner) ergeben sich Schwierigkeiten, weil der Architekt die Schemas nach irrigen Messungen aufgezeichnet hat. Wir finden aber Mittel zu helfen, ohne die ganze Anordnung aufheben zu müssen. Schirmer leistet überall wirksame Hülfe, wie denn sein einsichtsvoller Rath überhaupt mir sehr zu Statten kommt. Ihm und dem sehr tüchtigen Voigt schreibe ich gern ein großes Verdienst zu, auch Kallmeyer hat durch mühsames Zusammenstellen der bezeichneten Bilder Verdienst sich erworben; der Galerie-Kommission aber... kann ich nur geringen Antheil zugestehen.

3) Dienstag. Die Aufstellung der Gemälde in den Seitenlicht-Räumen gegen den Zwingerwall ist vollendet und läßt wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Die Kopie der Rafael’schen „bella giardiniera“ nimmt sich vortrefflich aus. Ich habe dieses von Carl Mander [P] ausgeführte Bild früher nie in der Nähe gesehen. Das Bild ist unvergleichlich schön und wirkt imponirend durch seine Massen wie durch sein Licht. Auch die Jünger von Emmaus nehmen sich sehr schön aus. In der andern Abtheilung macht die Madonna della Sedia, die heilige Familie von Giulio Romano (mit dem Becken) eine herrliche Wirkung. Die Wände machen im Ganzen den Eindruck einer guten Musik und enthalten außer den angeführten sehr werthvolle Kunstwerke. Der nun bald vollendete Kuppelsaal mit den Gobelins nimmt sich ebenfalls herrlich aus. In dem Saal der Neapolitaner dagegen will es noch nicht recht klappen. Werth und Form der Gemälde (letztere in Folge der bereits bemerkten irrigen Messungen des Architekten) widerstreben einer guten Wirkung. Ueberhaupt werden die großen Säle auf dieser Seite nicht den imposanten Eindruck machen, wie die auf der andern Seite. Aber hier werden die kleinen Abtheilungen ganz vorzüglich wirken.

4) Mittwoch... Der Saal der Neapolitaner wird nun auch heute fertig. Die Spanier, namentlich die Murillos, nehmen sich herrlich aus. Auch die schöne Magdalena aus Egypten[3] von Spagnoletto, ein so höchst eigenthümliches Bild, wirkt vortrefflich, da es dem Auge ganz nahe gerückt ist. So bietet denn auch dieser Saal viel Schönes und wird nicht verfehlen, einen guten Eindruck zu machen.

6) Freitag. Im Museum finde ich am Vormittag bereits die meisten großen Bilder, welche im fünften Saal aufgestellt werden sollen, einige sogar schon aufgestellt. Es ist noch am gestrigen Nachmittag mit Macht transportirt worden. Die Spanier hängen alle und nehmen sich sehr gut aus. Der Saal des Rubens wird doch auch eine große Wirkung machen. Konferenz des akademischen Raths. Geheimer Rath Kohlschütter Vorsitzender. Hauptgegenstände die Bothenschen Stadtpläne und unsere Anerkennung derselben in einem amtlichen Schreiben, die Ausstellung, deren Eröffnung am Sonntag stattfinden soll.

7) Samstag... Galerie-Kommission. In dem Rubenssaal sind drei Wände fertig. Sie nehmen sich trefflich aus. Die größeren Porträts von Rubens und Van Dyck, welche zu unterst hängen, machen eine herrliche Wirkung....

8) Sonntag... Im Museum finde ich Direktor Hettner, welcher ein mir fremdes Ehepaar zu den Bildern führt. Er ist mit der Aufstellung sehr zufrieden und hat eine so gute Meinung von meiner Einsicht, daß er mich um meinen Rath für die Einrichtung seiner Mengsischen Sammlung ersucht. Nach Hettners Entfernung studire ich noch über einige Veränderungen, welche ich mit der Anordnung der Bilder vornehmen möchte. Ich möchte den Zurbaran tiefer haben und jenen unglücklichen Bonifazio mit guter Manier wegbringen.

9) Montag. Dem Zurbaran würde ich leicht einen guten Platz verschaffen, es ist aber ein anderer Umstand, der mir zu schaffen macht. Es macht sich schlecht, daß zwei Bilder über der Thür, die man vom Kuppelsaal aus sieht, sich in den Platz theilen, keines in der Mitte über derselben sich befindet. Das muß anders werden, aber wie? Da ich nicht alles durcheinander mischen, also nur mit wenig Bildern wirthschaften kann, so fragt es sich, ob ich einen guten Ausweg finde. Ich muß diesen Ausweg mit Hülfe der Schemas ausfindig zu machen suchen. Inzwischen wird in dem Rubenssaal mit der Aufstellung fortgefahren, und ich finde diese am Abend vollendet, und zwar ganz zu meiner Zufriedenheit.

[23] 11) Mittwoch... Es läuft ein Brief von Wigand ein mit Probedrücken der Joch’schen und Zscheckel’schen Platte. Die Joch’sche Platte ist vortrefflich gearbeitet. Wigand verzeiht Zscheckel und gestattet, daß ich wieder eine Aufzeichnung für ihn mache, während er noch auf Joch ungehalten ist und mich anweist, nicht eher neue Arbeit ihm zu geben, bis er nicht darum bittet. Ich wünsche, daß Joch bald bittet, denn er ist ein sehr geschickter Mann. Die Arbeiten von Zscheckel und Steinbrecher dagegen haben etwas Dürftiges und Lebloses, was mir sehr zuwider ist.

12) Donnerstag... Den letzten der großen Säle finde ich großentheils fertig. Er nimmt sich mit den großen Thierstücken und den herrlichen Porträten ganz stattlich aus. Man nimmt nun die Aenderungen mit der Aufstellung der Spanier vor ... Ich wende mich nun zu einer Komposition für Gabers Liederbuch und entwerfe ein Bild zu dem Liede „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“. Der Gedanke zu dem Bilde ist gut.

13) Freitag... Die Spanier sind nun auch in Ordnung bis auf die Wand im Rubenssaal, wo die vier Köpfe den Raum allerdings nicht hinreichend füllen. Die gegen den Kuppelsaal gekehrte Wand macht sich vortrefflich, und der Zurbaran hat auch einen ausgezeichnet guten Platz bekommen.

18) Mittwoch... Am Nachmittag ist der Transport der Gemälde nach dem Museum in vollen Gang gekommen. Da jetzt fast nur kleine Gemälde zu transportiren sind, so können viele auf einmal auf die Tragen gestellt oder gelegt werden, und Voigt bringt sieben Tragen zugleich in Gang. Am Schluß des Tagwerks sind 672 Bilder in das Museum gebracht, im Ganzen also 1893 Bilder daselbst aufgenommen worden. Die Zahl der in der alten Galerie zurückbleibenden Gemälde erreicht nun nicht einmal mehr 200 Stück.

23) Montag... Nach einer kurzen Unterbrechung, die meiner Arbeit zu Gute kommt, begebe ich mich in die Porzellan-Niederlage, wo ich die Herren aus Meißen finde, die eine Konferenz in Sachen der Manufaktur wünschten. Nicolai kommt, Rietschel aber nicht, mit welchem ich die Zeit der Sitzung doch gemeinschaftlich berathen habe. Dem Wunsch, bei der Wiederholung unserer Majolica-Vasen weißen Porzellangrund stehen zu lassen, welchen der Bergrath Kühn aus Auftrag mir mittheilt, trete ich entschieden entgegen und erkläre, dieser Wunsch gleiche der Forderung eines Menschen, der einen Rock bestellt und aus dem zugeschnittenen Zeug ein Paar Hosen haben will.

24) Dienstag... Die 8., 9., 10. Lieferung meiner Bibel sind nun heraus. Gestern erwähnte der König derselben mit Freundlichkeit, heute sehe ich ein Exemplar in der Volksausgabe. Der Sündenfall von Steinbrecher ist wohl das schlechteste Blatt unter allen. Dieser Künstler ist selbst zum Holz geworden.

26) Donnerstag. Gestern erhielt ich auch meine Exemplare der Bibel aus Leipzig durch Gaber. Schade, daß der Sündenfall so schlecht geschnitten ist. Viele Blätter sind aber sehr schön geschnitten. [52] 28) Samstag. Nachdem gestern schon die Madonna di S. Sisto von ihrem Platze abgenommen und zum Transporte vorbereitet worden, wird sie heute Punkt sieben Uhr, getragen von den Galeriedienern, wobei Voigt und Müller die Hauptpersonen sind, und begleitet von mir, in das Museum gebracht. Unmittelbar darauf werden viele Tragen in Bewegung gesetzt, und es folgen dem Rafael der Holbein, Tizian (Zinsgroschen) und was sonst noch von der Galerie in das Museum zu schaffen ist. Im Laufe des Vormittags wird alles transportirt und somit der Umzug, wenn auch noch nicht die Aufstellung vollzogen sein... Gegen Abend gehe ich noch einmal in das Museum... Es finden sich daselbst noch einige Personen, welchen der Eintritt von mir gestattet wurde. Auch Seine Excellenz der Oberappellationsgerichts-Präsident von Langenn, der großen Antheil an unserer Galerie nimmt, erscheint. Ihnen allen zeige ich den Rafael und erzähle, wie und wann wir ihn herübergebracht. Langenn freut sich zu hören, daß die Galeriediener die Ehre sich nicht haben nehmen lassen, die Madonna selbst zu tragen, und freut sich ebenfalls, als ich ihm erzähle, daß ich den großen Meister beim Eintritt in das Haus mit lauter Stimme angemeldet habe als „Seine Excellenz, Rafael von Urbino“.

[53] 31) Dienstag... Mit der Aufstellung der Gemälde stoßen wir auf Schwierigkeiten. Für die kleinen Abtheilungen auf der Seite der Italiener gebricht es uns an werthvollen Gemälden. Eine Menge Bilder, welche Kallmeyer für diese Abtheilungen bestimmt hatte, müssen wir verwerfen, das heißt, in das obere Stockwerk verweisen, weil sie für hier zu gering sind. Dadurch werden wir veranlaßt, weniger Abtheilungen mit den Italienern zu füllen und dagegen mit den Niederländern und Holländern uns auszudehnen, wodurch wir allerdings doch einen Vortheil gewinnen, nämlich den, sehr ausgezeichnete Gemälde dieser Abtheilung, die wir hoch hängen mußten, nun auch dem Auge nahe bringen zu können. Der Herr Minister ertheilt in einem Erlaß die Bewilligung, daß ich vom 6. August an Führungen im Museum einrichte. Ich bin nun befreit von den unangenehmen Verhältnissen, welche das Andrängen von Fremden, die das Museum sehen wollen, täglich bereitete.

1) Mittwoch... Im Museum fortwährend Anläufe, um den Eintritt zu erstürmen. Wir sind in diesen Tagen in der Abwehr aber ziemlich rücksichtslos verfahren. Schirmer nimmt sich der Aufstellung der Gemälde in den kleinen Abtheilungen der Italiener sehr eifrig an, was mir sehr zu statten kommt. Er kennt die Bilder wie keiner und hat ein sehr gutes Urtheil, was dem Kallmeyer gebricht. Es wird nun doch alles recht werden. Die Ausweisungen nach Sibirien (die entfernteren Räume der oberen Etage) werden aber in großer Zahl stattfinden. Auch am Nachmittag arbeiten wir mehrere Stunden zusammen. Inzwischen bringen die Galeriediener auch den großen Sylvester herbei, welcher in dem Entreezimmer aufgestellt wird. Es ist dieses das allerletzte große Bild, das wir herüberzuschaffen hatten. Es kann nun der Querbalken der Thüre, welcher herausgenommen worden, wieder eingesetzt werden...

2) Donnerstag... Die am Nachmittag fertig gewordenen Abtheilungen der Italiener nehmen sich sehr gut aus. Die Niederländer und Holländer werden wir etwas aus einander rücken, wodurch werthvolle Gemälde dem Auge näher gebracht und einige Abtheilungen auf der Seite der Italiener gefüllt werden. Die Franzosen vermitteln den Uebergang, und es wird sich nun das Ganze sehr schön ordnen. Anders ist es aber nicht einzurichten, als daß wir mit den großen Bildern der Jtaliener nach den Niederlanden und mit den kleinen Bildern der Niederländer in das Gebiet der Italiener herübergreifen...Ludwig hat heute vor Seiner Excellenz Herrn von Lüttichau im Theater gesungen und, wie Herr von Naundorf Abends auf der Vogelwiese ihm gesagt hat, demselben gut gefallen. Anfragen, welche auf eine künftige etwaige Anstellung hier sich bezogen, hat Ludwig mit der Erklärung beantwortet, daß er für die nächsten drei Jahre in Karlsruhe engagirt sei.

4) Samstag. Um 11 Uhr sind sämmtliche kleine Abtheilungen fertig, mithin ist die Aufstellung in der ganzen ersten Etage vollendet.

6) Montag... Um 12 Uhr besuchen sämmtliche Kammermitglieder das Museum. Ich biete das Mögliche auf, um in der Eigenschaft des Direktors der Galerie die Honneurs zu machen. Die Herren Minister Rabenhorst und Behr sind zugegen. Es wird mir schwer gemacht, andere Beschauer, welche sich von den Inspektoren führen lassen wollen, heute von dem Besuch des Museums abzuhalten. Ich komme mit den unverschämten Lohnbedienten in Streit, bei welchem ich sehr hitzig werde.

8) Mittwoch... Im Museum ist nun auch der Saal der Deutschen in Ordnung. Im Ganzen macht er die gehoffte Wirkung, im Einzelnen nimmt das eine und andere Bild sich nicht so vortheilhaft aus, als zu wünschen wäre. Es wird da noch manche Aenderung geben...

9) Donnerstag... Im Museum geht alles seinen richtigen Gang... In dem zweiten Stock geht die Aufstellung der Bilder voran, da alle Leute eingeübt sind und Schirmer zur Hand ist.

11) Samstag. Seit Monaten ist es zu keiner Sitzung der Galerie-Kommission gekommen. Geschäfte liegen nicht vor und werden nicht leicht mehr vorkommen, da die Restaurationsarbeiten beendiget sind und die Aufstellung der Gemälde im Neuen Museum, wie die ganze Einrichtung desselben, von den Galeriebeamten und zwar zunächst von mir ausgeht. Es handelt sich also nur etwa von einer Kritik, die wir auch ohne Kommission haben können und haben werden. Auch ist durch den Tod ihres Vorstandes und durch den Austritt des Herrn von Quandt die Kommission außer mir auf die Personen von Hübner und Bendemann reduzirt, so daß auch hinsichtlich ihres Personalbestandes eine Auflösung oder eine Erneuerung als unabweisliche Forderung erscheint... Kirchbach sucht mich auf. Er fühlt sich jetzt ebenso aufgegeben von seinen Protektoren, wie ehemals getragen, und möchte nun bei mir Trost holen...

13) Montag... Im Museum ist eine kleine Stockung eingetreten. In dem Saal der Deutschen, wie schön er sich im Ganzen macht, wie glücklich das Verhältniß der Bildergrößen zu den Wandflächen paßt, ist doch das Licht nicht so günstig, als zu wünschen wäre, und deshalb entstehen mancherlei Zweifel über das, was wir zu thun haben, und mithin Stockungen in dem Aufstellungsgeschäft. Einiges kann man bessern, im Ganzen weiß ich aber dem Uebelstand nicht abzuhelfen; [54] denn um des Holbein willen, der sonst auch so herrlich plazirt ist, den Saal für die Deutschen aufzugeben, scheint mir doch nicht gerathen. Wohin damit? Am Nachmittag studiren wir Galeriebeamte mehrere Stunden über diesem Thema, finden aber keine Auskunft und gründliche Abhilfe... Ich wollte heute etwas komponiren und bin an die Austreibung der Teufel, von der Matthäus cap. 8 v. 28-33 erzählt, gerathen. Ich verwickelte mich, denn der Gegenstand hat sein Eigenthümliches und führt zu Konsequenzen, die in Verlegenheit setzen. Heute komme ich nicht durch, durch will ich aber und will auch vor Konsequenzen nicht erschrecken. Teufel sind Teufel, und diesmal werde ich sie doch wohl an die Wand malen.

14) Dienstag. Am frühen Morgen mache ich mich wieder über die Teufel her und werde ihrer Herr, wie ich glaube. Um sicher zu arbeiten, nehme ich zur nächsten Aufzeichnung aber eine alte gereifte Komposition: „Davids Jammer über sein sterbendes Kind“ vor und zeichne die Pause. Bald treibt mich indessen der Museumsgeist davon. Der Holbein läßt mir keine Ruhe. Schirmer macht den Vorschlag, die ganze Bude auszuräumen und damit hinab zu ziehen und den Holbein in den Raum zu bringen, welcher an dem östlichen Flügel des Gebäudes dem Rafael-Zimmer entspricht. Auf der Stelle erkenne ich, daß dieses die rechte Auskunft aus. [so!] Wir stellen den Holbein in ähnlicher Weise auf, wie wir es für den Rafael projektirt haben, in einem altarartigen Aufbau deutschen Stiles. Dann kommen nur noch wenig Sachen, etwa die schönen Holbeinschen Porträts und der van Eyck, in diese Abtheilung, in den andern Abtheilungen gegen das Schloß hin bringen wir dann die ganze deutsche Schule unter, in der einen den Burgkmair, in der andern die Anbetung der Könige als Hauptbild. Nun ist der Nagel auf den Kopf getroffen. Man wird staunen, wir haben das Räthsel gelöst. Ich laufe nach Hause, ziehe mich anders an und gehe zum Minister, dem ich doch von der Sache sagen will. Er läßt mir ganz freie Hand. Der Gewinn ist auch zu augenscheinlich: dort Rafael, hier Holbein, der Kuppelsaal in der Mitte. Auch die Architektonik des Ganzen gewinnt entschieden. Im Museum benachrichtige ich dann noch Schirmer, daß der Gedanke augenblicklich zur Ausführung kommen soll. In wenig Tagen wird die Veränderung geschehen und noch innerhalb dieser Woche das ganze Aufstellungsgeschäft vollzogen sein.

15) Mittwoch... Im Museum finde ich den Holbein bereits an seinem Orte und mehrere der andern deutschen Bilder in den Nebenabtheilungen aufgestellt. Der Vogel ist abgeschossen, wir haben die Aufgabe gelöst. Am späteren Nachmittag gehe ich noch einmal dahin und finde die Hauptsache gethan...

18) Samstag... Nach Beendigung dieser Berathungen nehme ich die Aufstellungsarbeiten im zweiten Stock in Augenschein. Ich ordne mit Schirmer die Aufstellung in den letzten Räumen an der östlichen Ecke. Bis Dienstag wird alles aufgestellt sein, was sich von Gemälden im Museum befindet, und nur noch so viel Platz übrig bleiben, um noch die Thieles, welche der Minister auch hier zu haben wünscht, unterbringen zu können. Sollten Erwerbungen stattfinden, so kann durch Zusammenrücken und Uebereinanderhängen noch viel Raum gewonnen werden.

23) Donnerstag... Gang nach der katholischen Kirche in Neustadt. Die Propheten an der Decke, Gott Vater und die Verkündigung sind nun fertig. Das Schiff der Kirche soll auch in der allernächsten Zeit eingeweiht und zum Gottesdienst verwendet werden. Die jungen Maler arbeiten zu sehr auf die Wirkung in die Ferne und kommen dadurch ins Grobe und Rohe.

25) Samstag... Im Museum erscheinen Hübner und Bendemann. Der Erstere überreicht mir einen Zettel mit einem kurzen Verzeichniß „Unmaßgeblicher Wünsche“ für Umstellung einiger Gemälde.

26) Sonntag... Pletsch bringt mir eine fertige Aufzeichnung nach meiner Komposition „Davids Volkszählung wird mit Pestilenz bestraft“. Am Nachmittag überarbeite ich diese Zeichnung, obwohl sie recht sorgfältig übertragen ist.

27) Montag... Im Museum bespreche ich die Aenderungen in der Aufstellung, welche zum Theil in Folge eigener und der Wünsche Hübners und Bendemanns vorgenommen werden sollen, mit Voigt. Das, woran mir gelegen war und was ich schon früher vergeblich zu bewerkstelligen versuchte, nämlich den Samariter in der schönen Landschaft von P. Veronese dem Auge näher und den Bonifazio (Lazari Auferweckung) dem Auge ferner zu rücken, habe ich jetzt in Verbindung mit noch einem andern Vortheil erreicht. Die beiden schönen Porträts von Bassano habe ich an die Stelle des Bonifazio unter den Dosso Dossi gehängt, wo sie herrlich sich ausnehmen, den Veronese habe ich an die Stelle der Porträts und den Bonifazio über die Thüre an die vom Veronese verlaffene Stelle gebracht. Der Bonifazio ist freilich etwas klein und der Veronese etwas groß für den nun angewiesenen Platz, aber es geht und in der Hauptsache ist der erreichte Vortheil von großer Bedeutung. Den kleinen Giorgione wegzubringen können wir uns nicht entschließen, der Rembrandt (er und seine Frau), welchen Hübner und Bendemann in den großen Saal versetzt zu sehen wünschen, ist zu groß für die Stelle, wo man ihn sonst gern unterbringen würde, und einstweilen muß ich davon abstehen, die Wünsche der Kollegen zu erfüllen... [55] 30) Donnerstag.... Im Museum finde ich den Rembrandt (ihn und seine Frau darstellend) inzwischen von Schirmer vortrefflich plazirt im großen Saal, und allerdings nimmt sich hier in dem ruhigen Lichte das Bild noch viel vortheilhafter aus als in der kleinen Abtheilung mit Seitenlicht.... Am Nachmittag finde ich auch die Lücke, die durch die Versetzung des Rembrandt entstanden ist, vortrefflich benutzt, um mehrere Köpfe von Van Dyck und Rubens dem Auge näher zu rücken. Diese neuesten Aenderungen in der Aufstellung find doch ein wesentlicher Gewinn. – Es ist eine spanische Tänzergesellschaft hier. Ich hatte noch niemals spanische Ballettänzer gesehen und entschließe mich heute in das Theater zu gehen und das Ballet zu sehen. Ich bereue die Ausgabe nicht, habe aber nun mit diesem einen Male genug.

31) Freitag.... In der Ausstellung sehe ich das Porträt des Königs, ganze Figur, von Gonne. Was Aehnlichkeit betrifft, so ist es vom Scheitel bis zur Zehe sprechend ähnlich, auch ist es trefflich gemalt. Bei alledem könnte doch mehr künstlerische Auffassung gewünscht werden. Es ist zu sehr Photographie.

September.

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1) Samstag.... Meine Komposition „Jesus schläft während des Sturmes“ ist im Reinen, und halte ich dafür, daß sie eines der guten Blätter geben wird.

2) Sonntag. Am Vormittag, an welchem ich völlig ungestört meinen Arbeiten mich widmen kann, beschäftige ich mich mit meiner Bibel. Zum Theil verwende ich die Zeit auf die Korrektur der Durchzeichnung der gestern ins Reine gebrachten Komposition, zum Theil auf neue Entwürfe. Es entstehen die ersten Linien zur Komposition einer Verkündigung und eines Zacharias, dem im Tempel ebenfalls durch einen Engel eine Ankündigung zu Theil wird. Den Nachmittag verwende ich zu dem Aufsetzen des Gutachtens, welches in Betreff der Grundsätze, nach denen künftig die Erlaubnißertheilung zum Kopiren behandelt werden soll, von dem Ministerium mir abgefordert worden ist.

4) Dienstag.... Im Museum durch Schirmer noch eine glückliche Aenderung bewerkstelliget auf Anregung Bendemanns. Die Jagd von Rubens und das Gastmahl der Esther[4] von Rembrandt sind durch einen Tausch mit einem Hondekoeter und einem Mignon noch in den großen Rembrandt-Saal gekommen.

5) Mittwoch.... Und noch einmal gehe ich allein in das Theater, um Dawison als Bonjour in dem kleinen Stück „Wiener in Paris“, Quanter als Lassenius aus „Schulmeister in tausend Aengsten“ und die spanischen Tänzer zu sehen. Dawison als Bonjour ist einzig, und ich unterhalte mich vortrefflich.

7) Freitag.... Zu Hause sehe ich mir den heute erhaltenen Probedruck an der Platte von Walde nach meinem Karton „Barbarossas Tod“. Die Platte ist tüchtig gearbeitet, doch mit mehr Stilisirung als wahrem Verständniß.

10) Montag.... Gegen Abend besucht mich mein alter Jugendfreund Geyser, an dem ich große Freude habe. Wir erinnern uns lebhaft unserer gemeinschaftlichen Studien und unserer Unterhaltungen in Eutritsch, bei welchen in der Obstzeit seinen Pflaumen und Birnen von mir hart zugesetzt wurde.

11) Dienstag. Einige Bemerkungen, die mir in Betreff der Aufstellung des Rafael gemacht werden, erwecken Zweifel in mir, ob der ihm angewiesene Platz doch der rechte ist, oder ob es nicht besser wäre, ihn in den großen Saal zwischen die Correggios zu bringen, also da aufzustellen, wo jetzt der Abate hängt, nur tiefer. Ob die Wirkung des Bildes an dem gegenwärtigen Platz durch die architektonische Umgebung, die es erhalten wird, sich in dem Grade hebt, daß keine Einwendungen mehr gemacht werden können, muß sich zeigen.

12) Mittwoch.... Aus Berlin kommt das Diplom an, welches mich zum ordentlichen auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie ernennt.

13) Donnerstag. Heute wird das Museum geschlossen und so lange geschlossen bleiben, bis es für das größere Publikum eröffnet werden kann. Das wird vor Anfang Oktober nicht möglich sein. Gestern schon theilte mir der Minister mit, daß der König heute das Museum sehen würde. In den frühen Morgenstunden erhalte ich ein Paar Zeilen, in welchen der Minister mir den Besuch des Königs bestimmter ankündiget und mich um 1 Uhr in das Museum bestellt. Der Minister kam etwas früher, um 1 Uhr erschien dann der König, begleitet von dem Generaladjutanten v. Engel. Der König durchschritt alle Räume, auch die in der oberen Etage, und war sehr zufrieden. Ich wurde aufgefordert, nach Besichtigung der Gemälde die Räumlichkeiten für die Kupferstich- und Handzeichnungs-Sammlung, für die Mengsischen Gypse, endlich für die naturhistorische Sammlung in dem kleinen Gefolge des Königs mit zu besuchen. An dem Mittelpavillon gegen das Prinzenpalais, wohin der Wagen Seiner Majestät bestellt war, entließ mich der König, versicherte mich, mir die Hand reichend, seiner Zufriedenheit, während der Minister mich noch als einen Mann lobte, mit dem man gut Geschäfte abmachen könne.

14) Freitag.... Rietschel benachrichtiget mich von Rauchs Ankunft und ersucht mich Veranstaltung zu treffen, daß derselbe das Museum sehe, für welchen Fall ich von dem Minister bereits die nöthige Vollmacht erlangt habe.

[56] 15) Samstag 91/2 Uhr verfüge ich mich nach Stadt Rom, um Rauch abzuholen. Mit ihm ist seine Tochter und eine Enkelin. Auch Rietschel ist da, sowie dessen Frau. Wir begeben uns alsbald nach dem Museum bei sehr günstiger Beleuchtung. Rauch sieht mit außerordentlicher Theilnahme, mit größter Aufmerksamkeit und, ich möchte sagen, mit Hingebung. Der Eindruck, den die Sammlung in Verbindung mit dem Aufstellungsort macht, ist ein sehr starker. Rauch verläßt erst nach zwei Stunden die Galerie, obwohl wir nur den ersten Stock gesehen haben. Bendemann und etwas später Professor Hettner haben sich der Gesellschaft angeschlossen. Morgen geht Rauch nach Pillnitz. Er wird den König sehen und gewiß günstigen Bericht über seinen Besuch des Museums abstatten. An dem Ständchen, das Rauch morgen Abend in Pillnitz die Künstler bringen werden, kann ich nicht Antheil nehmen.

17) Montag. Die Bedenken, welche in Betreff der Aufstellung des Rafael in mir erwachten und deren ich bereits Erwähnung gethan, veranlaßten mich heute mit Schirmer, dessen Einsicht und Charakter ich immer mehr achten lerne, die Sache zu überlegen. Wir machten uns die zwei Gesichtspunkte deutlich, unter welche sich die Aufstellung des Gemäldes bringen läßt. Das Oberlicht gewährt eine über die Berechnung gehende magische Wirkung, das ist nicht zu leugnen. Die isolirte Aufstellung, wie sie jetzt durch mich bewerkstelliget worden ist (in Uebereinstimmung mit den von Anfang an vielseitig ausgesprochenen Wünschen), gewährt einen solchen Zauber nicht; aber sie zeigt das Bild in klarer und voller Beleuchtung, sie gestattet vollkommen ruhige, bequeme Beschauung, während der Standpunkt, von welchem aus man das Bild in dem Oberlichtsaale sehen würde (ich müßte mir es jetzt an der Stelle des Bagnacavallo, nur tiefer, denken), in der Linie läge, wo die Besucher der Säle hin und her wogen. Im Winter wird das Oberlicht wohl zuweilen stark getrübt sein durch Schnee, es werden häufig Wassertropfen da herab träufeln etc. etc.; das Bild würde nur zugleich mit vielen andern Bildern gesehen werden können; ob das Glas nicht spiegeln würde und deshalb entfernt werden müßte, ist zweifelhaft; kurz, es ist sehr die Frage, ob der zugestandene Vortheil der magischen Oberlichtwirkung gegen die jetzt erwähnten Vortheile der isolirten Aufstellung in Betracht kommen kann. Morgen wollen wir das Bild in den Oberlichtsaal bringen und sehen, wie es sich ausnimmt. Ich werde dann dem Minister von der Sache sagen und, wo möglich, bewirken, daß der König selbst entscheidet. Während ich mit Schirmer diese Angelegenheit in Erwägung ziehe, macht Rauch in meinem Hause einen Besuch. Seine herrliche Erscheinung macht auf Frau und Töchter einen großen Eindruck. Rauch erwähnt, daß der König, bei dem er gestern in Pillnitz speiste, über das Museum und die Aufstellung der Gemälde noch ganz entzückt sei.

18) Dienstag.... Um 10 Uhr bin ich im Museum, wo alles vorbereitet ist, um den Rafael in den Oberlichtsaal zu bringen. Als wir mit der Aufstellung desselben beschäftiget sind, werde ich benachrichtiget, daß der Minister im Museum sei. Da kommt er uns gerade recht. Ich gehe hinab zu ihm, sage, daß ich die Absicht gehabt hätte, ihn um einen Besuch des Museums zu bitten, erkläre mich ausführlich über die Lage der Sachen und bitte ihn endlich, das Bild nun selbst einmal in dem Oberlichtsaal anzusehen. Der Minister erklärt, daß er für keine Aenderung stimmen könne und werde, man soll die Leute reden lassen, was sie wollen. Die gestern bemerkten Bedenklichkeiten hinsichtlich des Oberlichts und der Aufstellung in dem großen Saal sind ihm ganz klar. Der König hat sich gegen ihn ganz zufrieden ausgesprochen und es namentlich ausgesprochen, daß der Rafael ihm nie solchen Eindruck gemacht, wie an der von mir ihm angewiesenen Stelle. Weder diese, noch irgend eine andere Anordnung soll nun noch geändert, sondern nur getrachtet werden, das Museum bald möglichst zu eröffnen. Er hofft, daß diese Möglichkeit schon für nächsten Sonntag eintreten werde, was ich allerdings nicht hoffe. Dem sei, wie ihm wolle, ich bin in hohem Grade erfreut, daß die Sache so abgelaufen und ein Riegel vorgeschoben ist gegen Alle, die zu mäkeln geneigt sind und an meiner Aufstellung noch herumflicken wollen. Ich selbst bin an der Richtigkeit der Wahl des Platzes nicht irre geworden, habe aber in Betreff der großen Verantwortlichkeit, die mit dem Festhalten des eigenen Gedankens gegenüber den Bedenklichkeiten Anderer verbunden sein könnte, vor einer definitiven Feststellung und Ausgabe bedeutender Summen (für die architektonische Umgebung des Bildes) alles in besonnene Erwägung ziehen und dem Minister zeigen wollen, daß die Sache allseitig erwogen ist. Durch des Ministers Ausspruch und, wenn dann der König noch einmal sich erklärt, was der Minister veranlassen wird, bin ich nun vollkommen gedeckt.... Nachmittags Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es wird beschlossen, dem allgemeinen deutschen Kunstverein kein Gemälde von hier aus zum Ankauf in Vorschlag zu bringen, wodurch der Antrag, Hübners Karl V. in Vorschlag zu bringen, von selbst in Wegfall kommt, was Bendemann sehr verletzt und ihn mit Rietschel in peinlichen Konflikt bringt. Rietschel bringt den Abend dann bei uns zu und beruhiget sich wieder in heiterer Unterhaltung.

19) Mittwoch.... Abends wird vorgelesen aus dem Roman Freytags, welcher Aufsehen macht, „Soll und Haben“.

[57] 20) Donnerstag.... Nachmittag kommt Gaber und veranlaßt mich, Antheil zu nehmen an einer Partie nach Loschwitz, an welcher Richter und Hähnel und Bary Theil nehmen.... Die eigentliche Absicht, mit dem aus Rom zurückgekehrten Franz Dreber ein Paar Stunden hier zuzubringen, wird vereitelt. Wir finden ihn nicht. Sonst ist aber die Partie sehr gelungen, der Abend wundervoll und das Schlößchen auf dem Burgberg reizend gelegen. Wir fahren hin und zurück mit dem Dampfschiff.

21) Freitag.... Gang zu Hähnel. Leider finde ich ihn wieder nicht zu Hause, doch sehe ich seinen Rafael, der mir sehr gefällt.... Abends wird wieder aus „Soll und Haben“ von Freytag gelesen. Das Buch ist köstlich geschrieben.

22) Samstag.... Um 12 Uhr finde ich Bendemann und Hübner, der nicht in Paris gewesen und unerwartet rasch zurückgekehrt ist, im Treppenhaus des Museums. Wir durchschreiten rasch die Galerie. Hübner kann sich nicht enthalten, den Raum, welchen jetzt der Holbein einnimmt, als den geeignetern für den Rafael zu bezeichnen.... Fortsetzung in der Lesung des „Soll und Haben“. Das Interesse wächst, das Buch ist höchst anziehend und geistvoll geschrieben.

23) Sonntag. Die eigentlich auf den 25. fallende Feier des Religionsfriedens ist auf heute verlegt. Die Stadt ist geschmückt und die Theilnahme an dieser Jubelfeier ist sehr groß.... Meine Ruhe ist ungestörte Arbeit. Diese Ruhe ist mir an den Sonntagen gewöhnlich zu Theil geworden, heute aber wird sie vielfach, wenn auch nicht unangenehm, durch Besuch unterbrochen. Zuerst kommt Gaber mit seiner Kleinen, dann kommt Wigand, dann Oppenheim aus Frankfurt, der alte Bekannte aus Rom, L’Arriccia, dann Flüggen aus München.

24) Montag. Im Museum finde ich meine Leute in voller Thätigkeit, um alles für morgen zu ordnen.... Ich lasse den Rafael höher stellen, wodurch die Wirkung des Bildes gesteigert und dasselbe in die Stellung gebracht wird, die es später behalten soll. Der Kuppelsaal wird durch Tücher abgeschlossen, weil die Tischler mit dem Fußboden noch nicht fertig sind. Ich gehe zum Herrn Minister, um ihm zu sagen, daß alles bereit sei, um morgen öffnen zu können. So bleibt es denn dabei, daß wir die Jubelfeier des Religionsfriedens mit der Eröffnung des Museums begehen. Der Minister ist bereit, selbst noch Alles in Augenschein zu nehmen, und ich empfange ihn um 12 Uhr im Museum. Bis jetzt ist keine offizielle Nachricht über die Zeit der Eröffnung des Museums in das Publikum gedrungen, trotz der ewigen Fragen, mit denen man die Wissenden hat ausforschen wollen. In dem heute Abend erscheinenden Dresdner Journal ist enthalten die „Bekanntmachung über den Besuch der Gemälde-Galerie im neuen Museum“, welche den Ahnenden wohl neuen Grund geben wird, die Eröffnung des Museums für morgen zu vermuthen. – Abends kommt Oppenheim aus Frankfurt (der Maler) und trinkt den Thee bei uns.

25) Dienstag. Vor 300 Jahren wurde in Augsburg der Religionsfriede geschlossen. Um 10 Uhr Eröffnung des Museums. Diese ohne weitere Absicht gerade auf heute festgesetzte Eröffnung fällt mit der Jubelfeier des Friedensfestes sehr hübsch zusammen.... Viele Reisende haben in der Hoffnung, daß die Eröffnung des Museums in diesen Tagen stattfinde, ihren Aufenthalt in Dresden verlängert und finden sich nun belohnt. Man scheint allgemein sehr befriediget....

26) Mittwoch. Wie verabredet, erwarte ich die Herren Abgeordneten der Kunstvereine um 9 Uhr am Museum und führe sie dann in dasselbe ein. Unter den Abgeordneten sind einige sehr alte Bekannte, unter andern Jacobs aus Gotha. Die Führung nimmt den ganzen Vormittag in Beschlag.

27) Donnerstag.... Um 9 Uhr begebe ich mich in das Kunstvereinslokal, um der ersten Sitzung der Abgeordneten beizuwohnen. Diese Sitzung nimmt den ganzen Vormittag ein und hat die Berathung des bereits früher aufgestellten Statuts zum Gegenstand.... Im Ausstellungslokal sah ich auch Flüggens Bild „Letzte Augenblicke unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs“. Es ist ein recht schön durchgeführtes Bild und voller Empfindung.

28) Freitag. Die heutige Sitzung der Abgeordneten beginnt um 10 Uhr und ist viel interessanter und für mich wenigstens in den Resultaten befriedigender als die gestrige. Die Hauptfrage betrifft die zu machenden Bestellungen. Man einiget sich dahin, zwei Gemälde zu bestellen, um zwei Richtungen der Kunst Rechnung zu tragen. Ein Gemälde wird bei M. v. Schwind, das andere bei Menzel in Berlin bestellt. Der Ort der nächsten Zusammenkunft soll Berlin sein.... Abends werden wir durch einen Besuch von Gasser überrascht. Er kehrt aus Paris zurück, kommt zunächst aber aus München. Er ist ganz der Alte, auch darin, daß er, obwohl seine Effekten schon auf dem Böhmischen Bahnhof sich befinden, bleibt, sich verplaudert und endlich die Nacht bei uns zubringt. Mit Befriedigung erzählt er von großen Einkäufen an mittelalterlichen Kunstsachen, die ihm Tausende von Gulden gekostet haben. Diese Sachen reihen sich früheren Erwerbungen an und werden den Hauptschmuck seines in Wien zu erbauenden Hauses und Ateliers bilden.

29) Samstag.... Ein deutsches Bild unserer Galerie, in Tempera gemalt, dessen Meister bisher noch nicht ermittelt worden ist, in der Mitte Maria mit den Kinde und Engel, in einer Seitenabtheilung den [58] heil. Antonius, in der andern den heil. Sebastian darstellend, hält Gasser für ein Werk von Dürers Hand. Ich betrachte mir im Museum dieses Bild mit Bendemann und Schirmer und höre, daß auch schon von andern Kennern die nämliche Meinung ausgesprochen worden ist, die Gasser hegt; indessen kommen wir drei doch zu keiner festen Ansicht. Vieles trägt das Gepräge Dürers, anderes scheint ihm fremd. Es gehörte genauere Kenntniß der Kunstgeschichte jener Zeit dazu, als wir drei besitzen, um ein begründetes Urtheil aussprechen zu können. Man müßte doch sagen können, wer ein Bild, das unzweifelhaft sehr vortrefflich ist und sehr viel Dürersches Gepräge hat, neben, vor oder nach Dürer gemalt haben könnte.[5]

Oktober.

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6) Samstag.... Im Schloß ist der sehr schön in Bronze nach Zeichnungen des Hofbaumeister Krüger ausgeführte Sarkophag für den hochseligen König ausgestellt.

7) Sonntag.... Auf dem Rückweg besehe ich mir Flüggens, den Tod unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs darstellendes Bild. Es ist doch wirklich sehr schön, voll wahrer und tiefer Empfindung.

9) Dienstag.... Mit den Meinigen mache ich bei Rietschels Schiller und Goethe einen Besuch. Der Meister ist nicht zugegen und Goethe dreht uns den Rücken zu, bei alledem ist der Anblick sehr befriedigend; es fehlt aber an der Vollendung noch mehr, als ich gedacht hätte.

10) Mittwoch. Besuch bei Peschel, der mich eingeladen hat, seinen Karton zu sehen. Die Arbeit hat sehr gewonnen und wird bei der weiteren Durchbildung und der Ausführung im Großen noch sehr gewinnen, das, was fehlt, läßt sich dem Künstler nicht beibringen. Das ist der große Stil, der eben nur als Ausdruck eines größeren Denkens Gestalt gewinnen kann.... Abends bringen wir Freytags „Soll und Haben“ zu Ende. Das ist einmal ein herrliches Buch und jedem Deutschen muß bei so würdiger Vertretung deutschen Geistes und deutscher Arbeitskraft wohl werden.

11) Donnerstag.... Gang zum Herrn Minister .... Der Minister theilt mir mit, daß Flüggens Gemälde, den Tod unsers Königs darstellend, für 2000 Thaler gekauft worden sei.

12) Freitag.... Schirmer hat einen großen Theil der Vorrathsbilder, die im Requisitengebäude schlecht aufgehoben waren, weil es da feucht ist, in den Direktorial- und Restaurationszimmern recht hübsch aufgestellt. Einige große Gemälde, die wir im Museum nirgends unterbringen können, müssen wir nach den Lokalitäten der alten Galerie zurückschaffen. – Flüggen macht mir seinen Abschiedsbesuch.... Es beschäftiget ihn jetzt der Gedanke, ein Gemälde auszuführen, in welchem der König Ludwig und die ihm zur Seite stehenden Koryphäen der Kunst zusammengestellt erscheinen werden.

16) Dienstag. Am Morgen bringt mir auch Geringswald einen Abdruck seiner Platte, „Absaloms Ende“ darstellend, welche sehr schön geschnitten ist.... Roquette liest mir einen Aufsatz vor, welchen er für die Konstitutionelle Zeitung geschrieben hat und in welchem er kurzen Bericht giebt über die Aufstellung der Gemälde im Museum, worüber bis jetzt noch gar keine Erklärung in öffentlichen Blättern erfolgt ist.

19) Freitag.... Hübner.... giebt keine Ruhe in Betreff des Aufstellungsplatzes des Rafael.

21) Sonntag. Heute endlich bringe ich den Bericht über mein Leben, welchen die Berliner Akademie der Künste von mir verlangt hat, zu Stande....

22) Montag.... Aus dem Ministerium des Hauses erhalte ich das neue Regulativ für die Galerie-Kommission. Geschäfte und Geschäftsgang sind in der Weise geordnet, wie der Minister mit mir es besprochen hatte. Ich habe den Vorsitz in der Kommission, welcher beizuwohnen auch der Minister sich vorbehält.

24) Mittwoch.... Se. Excellenz von Langenn kommt ebenfalls in das Museum. Er macht mich aufmerksam, daß die Gemälde von Lucas Cranach in Moritzburg, namentlich das schöne Bild der Jagd, Gefahr laufen zu verderben wegen des feuchten Ortes, wo sie sich befinden.

27) Samstag. In diesen Tagen habe ich eine neue Komposition, die allerdings eine ältere zur Grundlage hat, ins Reine gebracht und dem jungen Müller zum Durchpausen übergeben. Das Bild stellt dar, wie die Israeliten in der Wüste gespeist und getränkt werden. Ich habe in dem Gegenstand das vorbildlich auf das heilige Abendmahl Deutende hervorheben wollen und deshalb die Speisung und Tränkung zusammengefaßt.... Heute findet die erste Sitzung der Galerie-Kommission statt. Ich habe Hübner (Bendemann ist noch nicht aus Berlin zurückgekehrt) und die neuen Mitglieder Rietschel und Peschel besonders eingeladen und eröffne die Sitzung mit einer Darlegung der Verhältnisse, welche das neue Regulativ hervorgerufen haben.... Roquettes Aufsatz „Die Dresdener Gemälde-Galerie im neuen Museum“ ist in Nr. 247 der Konstitutionellen Zeitung erschienen, nimmt sich ganz gut aus und ist für mich sehr ehrenvoll....

28) Sonntag. Bis auf eine kleine Unterbrechung.... bin ich heute ungestört bei meiner Komposition „Die Stiftung des Osterlamms“. Der Gegenstand ist [59] wichtig und einen Theil der Zeit widme ich dem Lesen der betreffenden Stellen und wesentlichen Aenderungen der gestern nur flüchtig hingeworfenen Skizze. Nun wird das Blatt aber gut.

November.

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1) Donnerstag.... Peschel nimmt nun doch den ihm von mir angebotenen Platz in meinem Atelier an, um sein Altarbild daselbst zu malen. – Mit Schirmer überlege ich etwaige Verbesserungen in der Aufstellung der Gemälde. So leicht ist es nicht, es besser zu machen, und es nur anders zu machen, Andern zu gefallen, dazu habe ich keine Lust. Im Rubens Saal wollen wir das Bildniß des Antonis Moro an der Wand der Spanier, zu denen er halb und halb gehört, aufstellen. Das wird ein Gewinn sein.

2) Freitag. Am Schlusse der Hübnerschen Einleitung zu dem Katalog kommt er auch auf die Uebersiedelung zu sprechen, und da wird mir doch nicht ganz gut dabei zu Muthe. Er spricht von der Mitwirkung der Galerie-Kommission, welche damals eigentlich gar nicht existirte (Herr von Quandt hatte sich von Anfang an grundsätzlich jeder Thätigkeit entzogen, welche in Beziehung stand zum neuen Museum; Bendemann war zu seiner Erholung in Tirol); dann spricht er von der „anerkennungswerthen“ Weise, in welcher der Umzug bewerkstelliget worden sei. Gegen Abend bringe ich dem Herrn Minister das Manuscript zurück, rühme, was zu rühmen ist, weise aber auch auf die eben bemerkte Unrichtigkeit hin....

8) Donnerstag.... In der Leipziger Zeitung ist nun auch der dritte Artikel über unser Museum (von Hettner), welcher von der Aufstellung der Gemäldesammlung handelt, erschienen. Er enthält nur Lob, und es ist des Ruhmes auf mich nur zu viel gehäuft, so daß ich hier abwehren muß, während ich mich den Hübner’schen Aussprüchen gegenüber zu schlecht bedacht finde.

12) Montag.... Im Atelier ist viel Leben. Zumpe beginnt nun auch die Ausführung seiner Kreuzabnahme in Farben, überhaupt malen jetzt die meisten meiner Schüler, und darüber bin ich froh.

14) Mittwoch. Der Minister hatte mir gestern einen Brief des Grafen Vitzthum, sächsischen Gesandten in Madrid, zugeschickt, in welchem derselbe über ein Bild von Murillo, die heil. Marina darstellend, berichtet, welches um eine verhältnißmäßig geringe Summe (2000 spanische Dollars) zu haben wäre.... Was den Ankauf des Murillo anbelangt, so finde ich bedenklich, ohne ganz zuverlässige Vermittelung ein solches Geschäft abzuschließen; ohndem liegt Murillo zunächst nicht in unserer Richtung. Ich kann nicht zu diesem Ankauf rathen.

17) Samstag.... Trotz der großen Störungen bringe ich meine Durchzeichnung der Komposition „Der Herr straft durch Mose das Volk für seine Abgötterei“ zu Stande. Es ist das ein grausames Bild, gehört aber nothwendig in die Reihenfolge der Erziehungsakte des halsstarrigen Volkes.

18) Sonntag.... Abends besuche ich den Nachbar Rietschel, den ich mit den Seinen und einigen Freunden, in Erinnerung des gestrigen Tages[6], recht fröhlich und zufrieden finde. Ich habe auch Gelegenheit ihm zu gratuliren für Empfang des Ordens der Ehrenlegion, welchen er jetzt aus Veranlassung der Pariser Ausstellung empfangen hat.

22) Donnerstag.... Abends kommt viel Gesellschaft zusammen: Gaber und Frau, die Brüder Amsler, Alb. v. Zahn, Roquette und was zum Haus gehört. Das Album der Hausfrau wird vorgelegt und natürlich bewundert.

26) Montag.... In der Augsb. Allgem. Zeitung ist erwähnt (auf eine für mich und mein Werk übrigens sehr ehrende Weise), daß in Mecklenburg meine Bibel zu Schulzwecken nicht geeignet befunden und die Anschaffung und Anwendung derselben verboten worden ist. [70]

Dezember.

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5) Mittwoch... Guehery bringt mir einen Probedruck des Schnittes nach Pletschs Zeichnung: Davids Volkszählung wird mit Pestilenz bestraft. Ich sehe denn doch, daß es mit dem Aufzeichnen Anderer nicht geht. Pletsch hat eben immer wieder, trotz meiner Warnung, durch die Federzeichnung sich verleiten lassen, in der Aufzeichnung viel zu weit zu gehen, dem Holzschneider die Arbeit entsetzlich zu erschweren und eine gute klare Arbeit unmöglich zu machen. Konferenz mit dem Bergrath Kühn und den Malervorständen in der Niederlage der Manufaktur. Es handelt sich um Entscheidung der Frage, ob man bei den neu auszuführenden Vasen meiner Komposition sich an die beschränkte Farbengebung halten soll oder nicht. Ich bin dafür, die Färbung der Majoliken beizubehalten und nur etwa im Fleisch der Natur etwas näher zu rücken. Diese Ansicht wird auch zur Richtung genommen und beschlossen, die beiden neuen Vasen in der Weise zu malen, wie die zweite ältere Vase von Müller sen. ausgeführt worden war.

6) Donnerstag. Im Museum finde ich nun endlich den Eckdivan im Rafael-Zimmer aufgestellt. Er macht sich sehr schön und ich kann mir auf meine Vorzeichnung etwas einbilden.

8) Samstag... Ein Porträt von Lucas Cranach, das dem jungen Maler oder Xylographen Jördens gehört und das er auf mein Ansuchen uns [d. i. der Galerie-Kommission] heute zur Ansicht gebracht hat, findet man sehr schön und meint, daß es sich für unser Museum eigne... Zu Hause finde ich ein Packet aus dem Ministerium des Hauses, das ich aber in der Meinung, es sei ein gewöhnlicher geschäftlicher Gegenstand, uneröffnet lasse, bis Paldamus es sieht und mich daran erinnert. Es zeigt sich nun, daß es das Comthurkreuz des Albrechts-Ordens enthält, von dem Dekret, in welchem es als Beweis der Anerkennung meiner Verdienste bei Uebersiedelung der Galerie bezeichnet ist, und einigen sehr freundlichen Zeilen meines Ministers begleitet. Diese Gabe macht mir und den Meinigen große Freude.

12) Mittwoch. An Gaber übergebe ich die vollendete Aufzeichnung. Besprechung über einen Lebensbericht des Bürkner im Deutschen Kunstblatt von Eggers, in welchem, gewiß nur durch falsche Notizen verleitet, derselbe viele unrichtige, Andere verletzende Nachrichten gegeben hat; z. B. wird Gaber ein Schüler Bürkners genannt, und, was schlimmer ist, Ludwig Richter als ein Mann dargestellt, der erst durch den Meister im [71] Holzschnitt den Impuls zu seinen Illustrationen erhalten hat. Richter selbst wird hiergegen Einsprache thun....

14) Freitag.... Ein Geistlicher in Magdeburg Namens Danneil schickt mir als Beweis von Wohlwollen seine Schrift „Das Kirchenjahr der Schule“ nebst einem sehr freundlichen Schreiben zu.

15) Samstag. Rietschel’s Geburtstag.... An das Deutsche Kunstblatt sende ich eine Berichtigung der in dem Artikel über Bürkner enthaltenen unrichtigen Angabe, nach welcher die Bilder zu der Bibel „meist von tüchtigen Schülern Bürkners“ geschnitten worden sein sollen. Aus Bürkners Atelier sind 28 Blätter hervorgegangen, die übrigen 56 sind theils von Gaber selbst, theils in dessen Atelier, theils von auswärtigen Xylographen geschnitten worden.[7] – Im Museum finde ich die zu einer Extra-Sitzung vereinigte Galerie-Kommission. Ich hatte dieselbe zusammengerufen, um ein altniederländisches Gemälde (Roger van der Weyden), das in des Malers Wichmann Händen sich befindet und uns zur Ansicht zugestellt wurde, zu betrachten und zu beurtheilen. Das kleine, den Gekreuzigten mit der Mutter, Johannes und Magdalenen darstellende Bildchen erschien Allen von großem Werth und als ein Gegenstand, der für unsere Galerie wo möglich erworben werden sollte. Der Preis ist 500 Thaler und erscheint nicht zu hoch, wenn auch eine Ermäßigung gewünscht werden müsse.... Der Prinz Georg, dem ich vor ein Paar Tagen gesagt hatte, daß wir das Bild sehen würden, stellt sich im Museum ein, während wir versammelt sind, und hat die Gnade, mit uns das Bild zu betrachten.... Geh. Rath Dr. Weinlig überreicht heute Abend unserm Rietschel die große goldne Medaille (50 Dukaten), welche von der Pariser Jury demselben als Preis für seine Leistungen zuerkannt worden ist.... Die Künstler Dresdens nehmen von dieser Preisertheilung und dem Geburtstag Veranlassung, dem Gefeierten ein Fackelständchen zu bringen. Von Rietschel ziehen sie dann zu Richter, welchem Weinlig ebenfalls die Medaille überreicht hatte. Bei Rietschel bleibt dann Weinlig nebst Frau und Kindern den Abend, und auch wir sind von der Gesellschaft, in der es bis gegen 11 Uhr heiter zugeht.

16) Sonntag. Meine Sonntagsruhe, was seit langer Zeit schon so viel heißt als meine Sonntagsarbeit, wird durch einen Besuch des Stadtrath Lampe aus Leipzig unterbrochen, welcher mich um allerlei unser Museum Betreffendes befragt und mir über die eingegangenen Pläne für das Leipziger Museum Bericht erstattet. Ein Plan, welcher als besonders zweckmäßig erkannt wird in Beziehung auf den vorhandenen Baugrund, auf den Zweck des Gebäudes und die ökonomischen Verhältnisse, nimmt sich im Grundriß, den mir Lampe skizzirte, wunderlich genug aus; doch habe ich großen Respekt vor dem Zweckmäßigen und Vernünftigen, und wenn der Plan sich als solchen erweist, mag ich nichts dagegen sagen.

21) Freitag. Schon vor 9 Uhr bin ich im Schloß. Ich finde in dem Empfangszimmer der königlichen Wohnung (die erst in diesen Tagen bezogen worden ist) die Herren von der Baukommission des Museums, Landbaumeister Hänel, Amtsbauverwalter Beuchel und Hofbaumeister Krüger, welche mit Ritterkreuzen bedacht worden sind. Hübner kommt erst nach mir. Wir werden einzeln vor den König gerufen, um uns zu bedanken. Der König ist gegen mich sehr freundlich. Er führt mich in sein prachtvolles und dabei sehr gemüthliches Arbeitszimmer....

24) Montag. Heiliger Abend. Schirmer hat das erwähnte Gemälde von Roger van der Weyden[8]für 400 Thaler von Wichmann erhandelt.

27) Donnerstag.... Im Museum erscheint als bald nach meinem Eintreffen daselbst auch Herr von Quandt, der begierig war, unser neu erworbenes Bild zu sehen. Er will es dem alten Roger van der Weyden nicht zugestehen, findet es aber, je länger er es betrachtet, je schöner und ist mit dessen Erwerbung sehr zufrieden.

28) Freitag.... Konferenz des akademischen Rathes {Nowrap|....}} Das Gutachten, das über den Raub an Kaulbachs Reinecke von Seiten des Münchner Advokaten gewünscht wird, wird entschieden gegen Leutemanns Ausgabe ausfallen.

29) Samstag.... Nachmittag begebe ich mich in das Atelier des Hofbaumeister Krüger, um, seiner Einladung folgend, das Modell zu der architektonischen Einfassung des Rafael zu sehen. Das Modell befriediget mich vollkommen.

30) Sonntag.... Als weitere Sonntagsarbeit beschäftiget mich eine Komposition, die mir bei Lesung der Danneil’schen Weihnachtsbetrachtungen eingefallen ist, darstellend: die Hirten, die ersten Weihnachtsprediger. [73]

1) Dienstag.... Sodann schreibe ich mein Gutachten über die bei Payne erschienene illustrirte Ausgabe des Reineke Fuchs, welche größtentheils aus Raubstücken, die der Kaulbachschen Ausgabe abgenommen sind, zusammengesetzt ist. Aus den einzelnen Gutachten der Mitglieder des akademischen Rathes soll das Gutachten der Akademie, das von Seiten der Cotta’schen Verlagshandlung von uns, wie von anderen Akademien gewünscht wird, sich gestalten. Ich schließe mich dem bereits von der Münchner Akademie ausgestellten Gutachten an und beantrage eine energische Erklärung gegen diese Art moderner Wegelagerei. – Gaber besucht uns und berichtet über sein mit Neujahr in Verbindung mit Heinrich Richter[9] ins Leben tretendes Verlagsgeschäft. Gott segne das Unternehmen!

2) Mittwoch.... Meine Komposition, die aus Veranlassung jener Danneilschen Weihnachtsbetrachtungen mir in den Sinn gekommen, „Hirten, die ersten Verkündiger des Evangeliums von Christo“, kommt heute ganz in’s Reine. Dafür sehe ich das Museum aber heute nicht. Um 5 Uhr stelle ich den Akt in der Akademie. Es sind nur wenig Schüler da; der Akt wird aber dann noch in der nächsten Woche stehen.

3) Donnerstag. Heute beschäftige ich mich damit, die große Weintraube aus dem Lande Canaan herbeizuschleppen. Sie ist am Abend so ziemlich in Sicherheit.... Beim Akt finden sich auch heute nur sechs Schüler ein.

4) Freitag. Die Kundschafter des Landes Canaan sammt ihrer Weintraube zur Reife gebracht; das Hirtenbild wird durchgezeichnet.... Es wird Gutzkows „Königslieutenant“ mit vortrefflicher Rollenbesetzung zur Aufführung gebracht, und ich gehe mit Tochter Marie das Stück zu sehen. Es macht mir viel Vergnügen, trotz der vorhandenen Mängel des Stücks und der Aufführung. Die Sentimentalität fällt dem Dichter hauptsächlich, das eitle freche Wesen des jungen Goethe der Darstellung der Fräulein Schönhoff, die ihn giebt, zur Last. Dawison als Graf Thorane, Winger als Rath Goethe, die Berg als Frau Rath, Quanter als Professor Mittler sind vortrefflich.

5) Samstag.... In der Akademie beschließe ich die Woche mit sechs Schülern.

6) Sonntag. Heilige drei Könige..... Joch in München kündiget mir für Anfang Februar die Vollendung seiner Platte an und wünscht bis dahin eine neue Aufzeichnung zu haben. Ich kann Gott danken, daß diesen beständigen Aufforderungen zur Arbeit gegenüber die Lust dazu nicht ausgeht. Ich habe mich heute schon wieder mit zwei neuen Entwürfen beschäftiget; der eine hat die Anbetung der Könige zum Gegenstand, der andere den Untergang des Korah und seiner Rotte.

7) Montag. Schirmer nimmt die Restauration unseres neu erworbenen Bildes vor. Viel ist nicht zu thun. Am meisten hat das Gewand der Madonna gelitten, und da es Schirmer schwer fällt, in einigen durch Flecken entstellten Theilen den Faltengang herauszufinden, so zeichne ich den oberen Gewandtheil vor [74] dem Bilde mit gewissenhafter Benutzung des Vorhandenen auf Papier.– Beim Akt finde ich heute wieder viele Schüler. Die dem Modell in der vorigen Woche gegebene Stellung wird auch in dieser Woche beibehalten.

10) Donnerstag.... Seine Excellenz von Langenn erneut seinen früher schon an mich gestellten Antrag, einen Versuch zu machen, die Moritzburger Cranachs für das Museum zu erlangen. Ich stand von einem solchen Versuch ab, weil mir mitgetheilt wurde, daß eine frühere Reklamation auf Grund einer Stiftungsacte abgewiesen worden sei.

16) Mittwoch.... Schirmer ersuche ich die Gesammtzahl der Vorrathsbilder, welche seit meiner Zeit in die Galerie aufgenommen worden sind, aufzuzeichnen.

17) Donnerstag. Schirmer hat obenbemerktes Verzeichniß schon ziemlich vollständig beisammen. Es zeigt sich, daß gegen 140 Gemälde aus dem Vorrath in die Galerie aufgenommen worden sind.

18) Freitag. Schirmer hat das herrliche Bild von Palma, dessen Töchter darstellend [?], in das Restaurationszimmer genommen, um einen Fleck an der Wange der mittleren Schwester zu beseitigen, welcher in Folge einer früheren Restauration hervorgetreten war. Das Bild ist doch wundervoll. – Um 5 Uhr komme ich noch einmal mit Nicolai und dem Landbaumeister Hänel wegen der Leipziger Museumspläne zusammen. Es werden die Entwürfe zu dem Protokoll vorgelegt und der gleichfalls anwesende Advokat Niese[10] instruirt, aus diesen Entwürfen das Gutachten zusammenzustellen, welches dem Leipziger Stadtrath eingesandt werden soll.

22) Dienstag.... Jördens schickt mir einen Probedruck seiner Platte: „Moses zertrümmert die Gesetztafeln“. Das Blatt ist tüchtig gearbeitet.... Ich erhalte eine Einladung für morgen Abend zu Ihrer Majestät der Königin Maria.

23) Mittwoch.... Der Minister schickt mir Hübners Handschrift zum Katalog [der Gemäldegalerie]. – Der Hofmarschall der Königin Maria ersucht mich, heute Abend etwas zum Ansehen für die Königin mitzubringen. Ich wähle zu diesem Zwecke meine biblischen Zeichnungen. Außer mir ist noch Rietschel geladen. Wir fahren 81/2 Uhr dahin und finden die Königin mit Frau von Lüttichau und ihrer Hofdame, der Fräulein von Carlowitz. Sonst ist Niemand da. Die Damen betrachten meine Zeichnungen mit Aufmerksamkeit und, wie es scheint, mit Befriedigung. Die Unterhaltung ist sehr belebt und ungebunden. 1/4vor 11 Uhr fahren Rietschel und ich wieder zusammen nach Hause.

24) Donnerstag. Es ist nun das große Gemälde von Paul Veronese, die Familie Concina [Cuccina), in das Restaurationszimmer gebracht worden, um der so sehr nachgedunkelten Luft wieder einen lichteren Ton zu geben. Die Aufgabe ist in jeder Beziehung eine sehr schwierige, in künstlerischer wie in technischer Beziehung, und es wird mancher vergeblicher Versuch gemacht werden, das Richtige zu treffen. Auch haben wir den Andrea del Sarto, die Verlobung der heiligen Katharina, der in einigen Theilen abzublättern droht, in das Restaurationszimmer gebracht. Ueberhaupt giebt es viel zu thun, nachdem die Restaurationsgeschäfte ein halbes Jahr stille standen.

27) Sonntag. Endlich ist die Abfassung des Gutachtens über die Leipziger Museumspläne in Ordnung und wird dasselbe mir zur Unterschrift zugeschickt. Ich bringe es selbst zu Rietschel, welcher zwar wegen Unwohlsein den Sitzungen nicht beiwohnen konnte, nachher aber die Pläne eingesehen, dem Gutachten der Kollegen sich angeschlossen hat und es nun mit unterzeichnet.... Später lasse ich mir aus Hübners Manuskript vorlesen. Da die Stelle, welche von der Uebersiedelung und der Betheiligung der Kommission an der Aufstellung spricht, unverändert geblieben [vergl. 2. November 1855], so werde ich Veranlassung nehmen müssen, einige schriftliche Bemerkungen hierzu zu machen.

28) Montag.... Café national. L. Richter theilt mir mit, daß man in Meißen eine Zeichnung von mir zu einem Porzellan-Mosaikbild wünscht, das für die Wiener Industrieausstellung gefertiget werden soll. Abends Roquette und Dr. von Eye.

29) Dienstag. Ich schreibe heute an meiner Erklärung über den Hübnerschen Bericht über den Umzug und die Aufstellung der Galerie im neuen Museum. Fast versäume ich die rechte Zeit, um mich bei der von mir selbst angesagten außerordentlichen Konferenz der Galerie-Kommission einfinden zu können.... Es wird die Meinung der Restauratoren und des Direktors [gebilligt?], das Gemälde von Andrea del Sarto, die Verlobung der heiligen Katharina darstellend, das in einem Drittel sehr krank ist und theilweise abzublättern droht, noch nicht von seinem Holzgrunde abzunehmen, sondern selbst auf die Gefahr hin, einige Stellen abstoßen zu müssen, nach Möglichkeit wieder anzulegen, zu befestigen und auszubessern. Ueber die Weise, wie die Luft in dem großen Veronese, die Familie Concina, zu behandeln ist, verständiget man sich, indem man schrittweise vorzugehen beschließt. Die schöne Landschaft von Ruysdael, das Kloster, die unter einer schmutzigen Firnißdecke schmachtet, soll gereiniget werden.

30) Mittwoch.... Nachm. 5 Uhr Konferenz des akademischen Rathes. Professor Hettner wird als Mitglied desselben von dem Geh. Rath Kohlschütter eingeführt. [75] Hierauf werden die Gutachten über die Leutemannsche Nachbildung des Kaulbachschen Reineke Fuchs vorgetragen und beschlossen, da die Gutachten sich nicht unter einen Hut bringen lassen, die Gutachten der Einzelnen, wie sie sind, an den Advokat Steub einzusenden.

Februar.

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1) Freitag.... Ganz unerwartet und plötzlich (im Bade) ist Frau von Lüttichau gestorben.

2) Samstag.... Schirmer hat die Luft in dem großen P. Veronese nun wiederhergestellt und den braunen Qualm glücklich entfernt. Das Bild hat außerordentlich gewonnen. Bald wird es wieder an seinem alten Platze und zwar in neuem Glanze strahlen.

4) Montag.... Im Restaurationszimmer finde ich die Ruysdaelsche Landschaft „das Kloster“ von dem dunkeln Firniß befreit und ganz in dem Glanze, wie wir es zu sehen hofften, ganz so, wie das Bild gemeint scheint, eine Landschaft nach einem Gewitterregen. – Besuch bei Rietschel, der nicht ganz wohl ist. Rietschel ist mir ein sehr lieber vertrauter Freund, und ich theile ihm auch heute mit, was nach da und dort mein Herz bewegt.

5) Dienstag.... Abends haben wir einige Freunde geladen, um Fastnachtsdienstag zu feiern.... Roquette liest einen Fastnachtsschwank von Holberg mit dem Titel Don Ranudo Colibrados, der uns sehr viel Unterhaltung gewährt. Dann wird ein sehr guter Kardinal aufgetischt und bis gegen Mitternacht geschwärmt.

6) Mittwoch.... Im Restaurationszimmer male ich ein wenig an dem Paul Veronese. Es handelt sich darum, an den Wämsern des knieenden Knaben und des jungen Mannes, neben der Figur der Liebe, die abgestorbenen Schatten ein klein wenig aufzufrischen und wieder Zeichnung hineinzubringen.

7) Donnerstag.... Den Abend beschließen wir (mit Ausnahme der Hausfrau) im Theater. Es wird Räders Fastnachtsposse „Robert und Bertram“ wiederholt, und wir amüsiren uns vortrefflich.

8) Freitag.... Restaurationszimmer und die Grablegung [„Die Beweinung Christi“ Woermanns Katalog Nr. 708], über welche mir Quandt seine Meinung in einem Briefe aus Dittersbach mittheilt.

9) Samstag.... Galerie-Kommission. Die gestern erwähnte Grablegung ist heruntergestellt, und ich nehme Gelegenheit, den v. Quandt’schen Brief mitzutheilen. Das Bild ist sehr schön und wird jedenfalls in die Sammlung aufgenommen. Das Kloster von Ruysdael wird mit Freude in seiner aufgefrischten Gestalt betrachtet. Der Paul Veronese ist bereits an seinem Ort im Saal der Venezianer, und wird weiter nichts bemerkt, so daß das Bild an seiner Stelle verbleibt. Wir begeben uns dann in die obere Etage und besehen und besprechen die Bilder, welche ausgemustert werden sollen. Meine Kollegen haben am vorigen Samstag etwas über 20 Bilder bezeichnet, welche ich mir heute bemerke mit dem Vorbehalt, sie noch einmal genau zu prüfen, um mit gutem Gewissen der Kommission mich anschließen zu können bei dem Antrag an das Ministerium. – Um 4 Uhr fahre ich nach dem Prinzen-Palais in Folge der Einladung zur Tafel bei dem Prinzen Georg. Ich finde etwa 24 Gäste, unter denen ich mehrere Bekannte sehe, unter Anderen Geh. Rath Weinlig, dessen Nachbar ich werde, Geh. Rath von Langenn, General Heinze etc. Der Minister Behr sitzt zur Rechten des Prinzen, der Minister außer Diensten Herr von Wietersheim zu seiner Linken. Die Unterhaltung ist sehr belebt.... Nach Tisch spricht der Prinz mit allen Geladenen, mir sagt er unter Anderem, daß der Minister von Zeschau viel auf mich halte.

11) Montag. Ich begebe mich zu dem Herrn Minister, um vor Allem anzuzeigen, daß das Glas zu dem Rafael mit dem Eisenrahmen aus dem Goldrahmen herausgenommen werden soll, weil dasselbe das genaue Maß für die neue Einrahmung geben wird. Der Minister wünscht, bevor dieses geschieht, noch mit dem Hofbaumeister zu sprechen in der Meinung, daß das Herausnehmen des Glases noch anstehen könne. Der Glaser Neumeier will natürlich bei einer Prozedur, bei der er nichts verdient, für das Glas (600 Thaler) nicht haften. Das Glas wiegt gegen oder über 3 Zentner. In Betreff der Hübner’schen Katalogsangelegenheit wünscht der Minister friedliche Beilegung.... Der Minister will selbst für Aenderung der mir anstößigen Stellen sorgen. Erst wenn diese Aenderung [bewirkt?] und anderes Ungehörige beseitiget ist, soll der König das Manuscript zu lesen bekommen.

12) Dienstag.... Im Museum gehe ich mit Inspektor Schmidt in die oberen Räume, um seine Meinung über die etwa auszuscheidenden Gemälde zu erfahren. Er bezeichnet die nämlichen Gemälde, welche von der Kommission bereits ausgewählt worden sind, und dann noch einige mehr. Es liegt doch in meiner Pflicht, mehrere Stimmen zu hören, da der Kunstwerth eines Bildes nicht allein entscheidend ist und Bedacht genommen werden muß, auch geringere Meister in einem Gemälde vertreten zu sehen.

13) Mittwoch.... Mit Schirmer und Renner gehe ich heute in die oberen Räume der Galerie, um auch mit ihnen die zur Aussonderung bestimmten Gemälde zu betrachten und die gestellten Anträge zu prüfen. Es werden die Ansichten der Kommission im Wesentlichen vollkommen gebilligt und mit Ausnahme des Bildchens von Kern, welcher Inspektor an der Dresdner Galerie war, die Entfernung sämmtlicher drei Klassen gewünscht.

[76] 14) Donnerstag. Nochmals und zwar allein prüfe ich die Anträge wegen der auszuscheidenden Bilder und stelle mein Gutachten fest, das nur in Kleinigkeiten von dem der Kommission abweicht.... Bei meinem Abendspaziergang treffe ich auf der Brühlschen Terrasse mit Dawison, Auerbach und Hettner zusammen und promenire ein Weilchen mit ihnen.... Abends stellen sich Roquette, Mathilde Sachße mit ihrer Mutter und Alb. v. Zahn[11] ein. Es wird Minna von Barnhelm mit vertheilten Rollen gelesen.

16) Samstag. Um 9 Uhr bin ich im Museum. Es wird das Glas zum Rafael aus dem Rahmen genommen...., weil der Eisenrahmen, in welchen es eingelegt war, für die neue Einrahmung verwendet und diese jenem genau angepasst wird. Nachdem das Geschäft glücklich vollzogen ist, gebe ich dem Herrn Minister mündliche Nachricht hiervon....

17) Sonntag.... Abends trinken wir in kleiner heiterer Gesellschaft den Thee bei Rietschels. Vor dem Thee haben die Kinder eine Komödie aufgeführt.

18) Montag.... Das Kruzifix nach meiner Zeichnung nach Michael Angelo ist nun fertig geschnitten, und Heinrich Richter legt mir zwei Drucke vor. Es nimmt sich sehr gut aus.

19) Dienstag.... Ueber das Angebot des Bassenge, die zwei Porträts von Andrea Solario betreffend, bemerke ich ihm [dem Minister] das Nöthige. Die zwei Köpfe, die ich dann im Lokal des Kunstvereins sehe, sind wirklich interessant und wären eine hübsche Acquisition für uns. Dem Bassenge, den ich in seinem Bureau aufsuche, erkläre ich, daß ich höchstens einen Preis von 50–60 Thalern in Antrag bringen könnte.

20) Mittwoch. Das Interesse wächst an den Bildern des Antonio Solario (nicht Andrea), seitdem ich in Naglers Künstlerlexikon das ihn betreffende nachgelesen habe.... Ob ein Nachweis zu führen ist, daß die Bilder wirklich von ihm sind? Man muß die Gemälde noch einmal genau untersuchen, die Kollegen von der Kommission sind bereits schriftlich und mündlich ersucht worden, die Bilder zu sehen und für nächsten Samstag ihr Gutachten abzugeben[12]. Abends sahen wir einige Freunde am Theetisch, die wir lange nicht gehabt haben. Es kommen Rietschels, die Seebeck, Andreas Oppermann, L. Richter und sein Sohn, Gaber, dann noch Arn. Amsler, Müllenhoff. Wir sind sehr heiter beisammen bis gegen 12 Uhr. Die Hausfrau gab einen vortrefflichen Kardinal....

21) Donnerstag. Konferenz in Sachen der Porzellan-Manufaktur mit den Meißner Herren um 12 Uhr in der hiesigen Niederlage.... Sodann wurde auch entschieden, daß die Saxonia, welche ich vor einigen Jahren zu den Transparents zur Vermählungsfeier des Kronprinzen entworfen, von Scheinert in Porzellanmosaik ausgeführt werden soll; meine im Kleinen mit der Feder ausgeführte Zeichnung hat Rietschel, das Transparent, das die Farbengebung zeigt, ist auch noch vorhanden....

22) Freitag. Bußtag. Wie meine Erholung ungestörte Arbeit und meine Sonntagsfeier Arbeit ist, so ist auch meine Buße Arbeit.... Es erfolgt eine Einladung von dem Vorstand des jüngeren Künstlervereins zu der Aufführung des Reineke Fuchs, welche morgen stattfinden wird.

23) Samstag. Galerie-Kommission. Herr Bassenge hat auf mein Ansuchen die beiden Köpfe des Ant. Solario in das Museum bringen lassen, und wir können sie nun mit Muße betrachten. Ueber die Autorschaft ist kein Beweis zu führen, aber in den Gemälden selbst liegt nichts, was der Annahme, sie seien von Zingaro, widerspräche, und Hübner glaubt eine Aehnlichkeit in den Köpfen mit den Porträten Kaiser Friedrichs III. und der Eleonore von Portugal, wie sie Rafael in Gemeinschaft mit Pinturicchio in Siena gemalt, zu entdecken. In dem Protokoll wird die Acquisition der beiden Köpfe um die von mir in Antrag gebrachte Summe von 50–60 Thalern als wünschenswerth bezeichnet.... Nachmittag 5 Uhr findet eine Lehrer-Konferenz in der Akademie statt zur Feststellung der Zensuren. Bis man sich in den Gasthof zu den schwarzen Adlern zur Aufführung des Reineke begiebt, verweilt man noch ein wenig im Café national. Nach 7 Uhr gehen wir zu dem Fest. Rietschel, Richter, Peschel, Ehrhardt und ich halten uns zusammen. Im Festlokal finden wir dann noch Hübner, Hettner, Auerbach etc. etc. Das Maskenfest ist bereits in vollem Gange. 71/2 Uhr beginnt die Darstellung des Reineke Fuchs nach Roquettes Bearbeitung. Die Kostümirung der Thiere ist vortrefflich, die Köpfe sind meisterhaft von Flinzer verfertigt. Die Aufführung, das ist, das Spiel der jungen Leute, ist ausgezeichnet, und man ist allgemein begeistert über den Humor und das Geschick der Darstellenden. Nachher setzt man sich zu Tische, kriegt aber sehr lange gar nichts und dann nur sehr wenig. Jene Flüssigkeit, Humor, muß hinüberhelfen über Hunger und Durst. Das Fest schließt mit der Aufführung von Haydns Kinder-Symphonie, bei welcher Herr Hünerfürst thätig ist. Ich komme erst gegen 1 Uhr nach Hause....

24) Sonntag.... Abends liest uns Roquette einen kurzen Auszug aus einem Holbergschen Lustspiel vor: Ulysses aus Ithazia. Das lustige Stück vermag nicht [77] ganz die Spuren der Ermüdung zu vertilgen, welche sich in Folge der Nachtschwärmerei bemerkbar gemacht haben.

25) Montag.... Auf dem Wege zum Minister begegnete mir Hübner und erklärte mit wenigen, aber herzlichen Worten, daß er mir nicht habe zu nahe treten wollen etc. etc. Für mich ist die Sache unter solchen Umständen abgethan. Nachtragen kann ich nicht.

27) Mittwoch.... Vom Magistrat der Stadt Leipzig kommt ein Schreiben an uns vier, die wir die Museumspläne geprüft und begutachtet haben, in welchem der Dank des Raths ausgesprochen und die Meldung enthalten ist, daß der Plan No. 9, welchen wir als den preiswürdigsten erkannt und bezeichnet hatten, auch durch den zweiten Preis gekrönt wurde; daß dessen Urheber der Professor Ludwig Lange aus München sei und daß dieser den Auftrag erhalten, seinen Plan umzuarbeiten und den Bau auszuführen....

28) Donnerstag.... Obermann bringt mir einen Probeabdruck seiner nun vollendeten Platte: „Der Herr straft durch Moses die Abgötterei des Volks“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet.

1) Samstag.... Nachmittag beginne ich die Komposition „Die von giftigen Schlangen gebissenen Israeliten etc.“, werde aber vielfach unterbrochen.... Zu Hause finde ich einen Brief von Bunsen, in welchem er mir hauptsächlich über die Propheten des alten Bundes, Jesaias und Jeremias, schreibt.

2) Sonntag. Die gestern nur in flüchtigen Zügen hingeworfene Komposition wird heute früh wieder aufgenommen und bei verschlossener Thür und folglich ohne Störung weiter geführt. Am Abend liegt eine ziemlich ausgeführte Zeichnung fertig vor mir.

4) Dienstag. Geringswald bringt mir einen Probedruck seiner Platte „Stiftung des Osterlamms“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet. – Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es kommt nicht viel von Bedeutung vor. Angekauft wird nur ein unbedeutendes Bildchen. Die Kunstvereinsverhandlungen werden dadurch recht lästig, daß die Mitglieder des Direktoriums wenig Takt zeigen für eine einfache klare Besprechung der Angelegenheiten, Gesagtes wiederholen, Einfaches konfus machen, nicht hören, was Andere sagen, und immer mitreden: das sind Unarten, welche, so lange ich bei dergleichen Vereinen mitwirke, die Sitzungen zu einer recht unangenehmen Arbeit machen. – Abends kommt Roquette, und wir trinken unsern Thee bei gemüthlicher, heiterer Besprechung. Roquette scheint unser Haus gern zu haben und ihm treu zu bleiben, während er sich aus brillanteren Kreisen zurückzieht. Auch dem Kreise der jungen Künstler bleibt er zugethan und hat bei der Aufführung des Reineke Fuchs (die morgen wiederholt wird) namentlich sehr thätig und hülfreich, eigentlich als die Seele des Unternehmens sich erwiesen....

5) Mittwoch.... Abends Wiederholung der Aufführung des Reineke Fuchs. Die jungen Künstler haben dieses Mal einen größern Saal gemiethet.... Es sind an 300 Plätze verlangt worden.... Die Frauen, welche dieses Mal unter den Zuschauern sich befinden, sind sehr überrascht und befriedigt durch das „Schönbartspiel“....

7) Freitag.... Nachmittag Sitzung des akademischen Raths. Um 4 Uhr prüfen wir die Konkurrenzarbeiten und beschließen über die Versetzungen. Die Arbeiten von Alb. v. Zahn befriedigen sehr, namentlich finden einige beigelegte Kompositionen viel Beifall.... Abends besucht uns Roquette. Er liest uns Einiges aus Auerbachs neuestem Buch „Schatzkästlein des Gevattersmanns“. Es sind prächtige Sachen darin, und man fühlt sich wieder hingezogen zu dem Schreiber. Ich werde das ihm sagen.

8) Samstag. Galerie-Kommission.... Beim Fortgehen meiner Kollegen höre ich, daß Prinz[WS 1] Georg da ist. Ich hatte ihn lange nicht gesehen und suchte Se. K. Hoheit in den oberen Räumen auf. Ich nahm Gelegenheit, von dem Zustande der Albrechtsburg in Meißen zu sprechen, den ein Artikel in dem Dresdner Journal als bedrohlich bezeichnet hatte, so ferne man die für die Porzellanmanufaktur errichtete Dampfmaschine noch lange dulde. Der Prinz, jetzt Vorstand des Alterthumsvereins, sagt, daß er gethan habe, was ihm möglich sei, um auf die Entfernung der Fabrik aus dem Schlosse hinzuwirken, alle Bemühungen scheiterten aber an dem Kostenpunkte. – Der Prinz erinnert mich an mein Landschaftsbuch, von dem ich ihm gesagt, und ladet mich und mein Buch zu nächstem Montag ein in seine Wohnung.

12) Mittwoch.... Schirmer ist mit der Wiederherstellung jener Grablegung beschäftigt, welche Quandt dem Juan de Sevilla zuschreibt und die nun unter den spanischen Bildern aufgestellt werden soll. Der ChristusKopf bedarf einer wesentlichen Nachhülfe, bei welcher auch ich Hand anlege.

13) Donnerstag. Unter Schirmers Hand ist der Kopf des Heilands nun schon zu einem edeln, ausdrucksvollen, dem meisterhaft gemalten Leibe entsprechenden Angesicht geworden. Das Bild wird nicht verfehlen, eine große Wirkung zu machen.

14) Freitag.... Hemken[13] ist mit seinem Karton „Der Tod Abels“ fertig. Die Arbeit ist gut gelungen und dabei ein wesentlicher Fortschritt kund geworden. Hemken will die Komposition malen, was ich voll. kommen billige.... Als ich um 7 Uhr nach Hause [78] komme, erfahre ich, daß ein famoser Brief von Ludwig, von dem wir lange keine Nachricht gehabt hatten, angekommen sei. Er ist in der Oper Belisario mit sehr großem Beifall aufgetreten[14]. Er hat wieder eine Gehaltszulage bekommen und erhält jetzt 1000 fl. Devrient scheint mit ihm recht zufrieden zu sein. Zum Thee kommen Roquette, Hemken, Zahn, Mutter und Tochter Sachße. Es wird ein Stück von Benedix gelesen mit dem Titel „Der Vetter“.

15) Samstag.... Aus München erhalte ich einen Probedruck der Jochschen Platte „Davids Kind stirbt“. Das Blatt ist vortrefflich gearbeitet und eines der schönsten meines Werks.... Nachmittag erhalte ich dann von Gaber einen Abdruck der „Kundschafter des Landes Canaan“, ebenfalls ein trefflich gearbeitetes Blatt.... Abends liest uns Paldamus aus Auerbachs Buch eine Geschichte vor „Kampf auf Leben und Tod“, wenn ich nicht irre, die ganz ergreifend ist. Auerbach ist doch ein eminentes Talent und was müßte er für ein Mensch werden, wenn seine ganze herrliche Natur sich ausbaute, d. h. wenn er ein Christ würde im wahren Sinne des Wortes.

20) Gründonnerstag.... Nun beschäftigen mich die zwei Bilder zum V. Buch Mose: Wie der Herr ihm das gelobte Land zeigt und wie er den Todten hütet durch seinen heiligen Engel. Das letzte Bild wird eine eigenthümliche Wirkung machen. Ein flüchtiger Entwurf, der am Nachmittag entsteht, zeigt mir das schon. Mit diesen beiden Bildern ist die Reihenfolge der Darstellungen von 1 bis 65 erfüllt und die 5 Bücher Mosis sind erlediget.

21) Charfreitag.... Der flüchtige Entwurf, der noch gestern Nachmittag entstand, Mosis Tod darstellend, wird nach Endigung des Briefes [eines Briefes an Wigand] vorgenommen, und am Abend liegt eine ziemlich ausgeführte Zeichnung vor mir.

22) Samstag. Von der gestern gefertigten Zeichnung wird heute bereits eine Pause behufs der Uebertragung auf das Holz genommen. Galerie-Kommission.... Die Grablegung wird in ihrer Wiederherstellung als erlediget angesehen. Erschwerte mein Auge nicht die Führung des Pinsels, so wollte ich den Christus-Kopf noch besser zusammentuschen. Man verständiget sich außerdem über mehrere, neu aufzunehmende Bilder aus dem Vorrath, der nun, Gott sei Dank!, mehr und mehr überwunden wird.... Nachmittag beschäftige ich mich mit einem Entwurf der Rahab, welche zwei israelitische Kundschafter rettet.

23) Oster-Sonntag.... Ich entwerfe heute die Darstellung der Rahab.... und komme bis zum Nachmittag.... damit zu Stande. Zwar will mir am Abend dünken, ich müßte die Zeichnung umgießen, noch bis vor Schlafengehen zerre und ziehe ich daran herum; indessen wird sie denn doch wohl bleiben, wie sie eben geworden ist.– Aus Leipzig schickt man mir ein Exemplar der illustrirten Zeitung, in welcher mein Porträt und ein langer Aufsatz über mein Bibelwerk enthalten ist. Der Artikel ist sehr gütig und giebt mir nur zu viel Ehre; doch ist er gut geschrieben und meint es, abgesehen von meiner Person, auch mit der Sache gut. Dem Artikel sind zwei Bilder aus der Bibel (Osterbilder) beigegeben.

24) Oster-Montag. Mein Entwurf zur Rahab bleibt in Geltung. Es wird die Pause gezeichnet und auf dem Holz befestiget, so daß nun drei Umrisse zu neuen Aufzeichnungen vorhanden sind. Gestern vergaß ich zu bemerken, daß ich.... im Lokal des Kunstvereins war, woselbst recht viel Interessantes ausgestellt ist. Uns veranlaßte das neue Bild des Königs von Gonne und der Tannhäuser-Schild von Knoll dahin zu gehen.... Der Schild zeugt von recht viel Talent. Das Bild des Königs (ganze Figur) ist recht sehr gut.

25) Dienstag. Mariä Verkündigung. Ein heller ruhiger Festtagsmorgen ladet zur Arbeit ein. Ich nehme den Gegenstand vor, der allein mir noch zu den Büchern Mosis fehlt: wie der Herr Mose das Land der Verheißung zeigt. Der Anfang scheint eine leichte Arbeit zu versprechen, am Nachmittag, der allerdings nur unter großen Unterbrechungen erreicht wird, zeigt sich, daß der Gedanke des Entwurfs unhaltbar ist. Erst in der letzten Nachmittagsstunde werfe ich in leichten Zügen einen neuen Gedanken hin, der Lebensfähigkeit hat.

27) Donnerstag.... Im Museum werden einige Veränderungen vorbereitet. Da wir durch das Ausscheiden 26 größerer Bilder viel Platz bekommen haben, beschließen wir die Gemälde der Neueren, die jetzt in dem verlassenen alten Lokal von keinem Menschen gesehen werden und die doch jedenfalls dem Museum angehören, herüberzunehmen und provisorisch in einer der oberen Abtheilungen aufzustellen. Auch für die Grablegung (Juan de Sevilla) wird in dem Saal der Spanier Platz gemacht. Der schon erwähnte Gegenstand: „Der Herr zeigt Mose das Land der Verheißung“ ist gestern in einem ziemlich ausgeführten Entwurf zu Stande gekommen und trägt das Datum meines Geburtstags. Heute beginne ich die Aufzeichnung: „Josua wird zum Nachfolger Mosis geweiht“, die für Obermann bestimmt ist.

28) Freitag. Im Museum finde ich die Grablegung an ihrem Platze. Das Bild nimmt sich herrlich aus und hebt die Wände der in diesem Saale aufgestellten Abtheilung. Voigt hat auch oben mit unermüdlichem Eifer gewirthschaftet. Der Raum neben [79] dem Mittelraum auf der westlichen Seite des Museum, der den Neueren angewiesen ist, ist bereits frei, und die durch die Entfernung der ausgeschiedenen Bilder entstandenen Lücken sind durch das Zusammendrängen der gebliebenen ausgefüllt.... Abends besucht uns Herr Bildhauer Knoll und bleibt zum Thee. Natürlich dreht sich das Gespräch hauptsächlich um München. Seine Mittheilungen sind aber nicht geeignet eine große Sehnsucht dahin zu erwecken.

5) Samstag.... Galerie-Kommission.... Unter den Vorrathsbildern, welche bereits als die besseren seit Jahren abgesondert aufbewahrt und im Museum im Restaurations- und den Direktorialzimmern aufgestellt wurden, trifft man eine Auswahl von Gemälden, die noch in die Galerie aufgenommen werden sollen. Der Druck des Katalogs von Hübner hat begonnen und das Verzeichniß der Bilder muß zum Abschluß kommen.

6) Sonntag.... Ant. Jördens, der Holzschneider, der seit längerer Zeit in München für meine Bibel arbeitete, besucht mich auf der Durchreise nach seiner Heimath Muskau. Er macht mir den Eindruck eines offenen lieben Menschen.

10) Donnerstag.... Nach 8 Uhr begebe ich mich zur Königin Maria, zu der ich eingeladen bin. Es war befohlen worden, daß ich mein Landschaftsbuch mitbringe, von welchem Prinz Georg erzählt hat. Mit mir geladen sind Graf Bose, Gemahlin und Tochter, Graf Baudissin und Gemahlin. Dann waren noch zugegen eine Fürstin.... [Lücke], Fräulein von Carlowitz und der Hofmarschall von Langenn. Die Herrschaften scheinen sich mit meinem Buch doch ganz gut zu amüsiren, und nach halb 11 Uhr begeben wir uns nach Hause....

11) Freitag. Besuch bei dem Maler Fr. Zimmermann, welcher für die Porzellanfabrik meine Saxonia ins Große zeichnet. Scheinert wird diese Figur in einer Art von Porzellan-Mosaik für die Wiener Industrieausstellung ausführen.

13) Sonntag.... Es kommen Roquette, Gaber und später auch noch Wigand, den ich in Stadt Rom aufgesucht, gefunden und zu kommen gebeten habe. Wir sind bis 11 Uhr beisammen in heiterer Unterhaltung. So endiget ein Tag wieder einmal fröhlich, was lange nicht der Fall war. Die Hausfrau hatte für ein gutes Glas Wein gesorgt, und auch das trägt dazu bei, mich wieder auf die Beine zu bringen. Noch will ich erwähnen, daß zwei flüchtige, nur in ein Paar Linien bestehende Entwürfe zu Bibelbildern gemacht werden und daß Gaber einen Abdruck des Kopfes vom Erzengel Michael bringt (Tod Mosis), der mir große Freude macht.

14) Montag.... Der Theolog Luthardt aus Franken, jetzt Professor der Theologie in Leipzig, der nach Dresden gekommen, um sich dem Minister v. Falkenstein und den geistlichen Behörden vorzustellen, macht uns nach Tisch einen Besuch. Wir haben ihn als jungen Mann in München gesehen, wir freuen uns sehr ihn jetzt wiederzusehen. Seine ganze Persönlichkeit hat etwas ungemein Einnehmendes.

16) Mittwoch.... Bei aller Unruhe, in die ich wegen einer Menge kleiner Besorgungen und Geschäfte gerathe, kommt doch wieder ein Entwurf zu Stande, der Abends in einem Umriß feststeht und zum Durchpausen zu Gaber wandert. Das Bild stellt vor: die Eroberung von Ai.

17) Donnerstag. Wieder ein Entwurf: „Josua schlägt fünf Könige der Amoriter“. Professor Huber[15] in Dresden. Er macht mir diesen Morgen einen Besuch. Seine Absicht ist hier einige Vorträge über Association in seinem uns bekannten entschieden konservativen Sinn zu halten.... Nachmittag besucht mich.... der Bildhauer Schilling, der nun aus Rom wieder zurückgekehrt ist und mir gute Nachrichten von Wislicenus bringt. Bei meinem abendlichen Ausgang begegnet mir Prof. Huber in der Nähe meiner Wohnung. Die Polizei gestattet die Vorlesungen über Association nicht. Sie weiß natürlich nichts von der Sache und hält sich nur an den verrufenen Namen....

18) Freitag.... Im Museum finde ich Prof. Huber. Er war beim Minister von Beust, um demselben persönlich über sein Vorhaben wegen der Vorträge über Association Mittheilung zu machen. Der Minister findet kein Bedenken, die Bewilligung zu diesen Vorträgen zu ertheilen, und so werden dieselben trotz des Polizeidirektors dennoch stattfinden. – Manger bringt mir einen Probedruck des Blattes: Die Anbetung der Weisen aus Morgenland. Das Blatt ist recht tüchtig geschnitten, nur sind die Lichtmassen nicht gehörig zusammengehalten.

19) Samstag.... Ich.... begebe mich dann zu dem Musiklehrer Brauer, welcher das C. M. v. Weber-Komite in Sachen des Denkmals zu sich entboten hat. Ich werde beauftragt mit Prof. Hettner wegen Uebernahme der Vorstandschaft des Komite, die seit Schulz’ Tod in Erledigung gekommen, dann mit Rietschel wegen Beginn der Statue zu reden. Abends kommt Roquette, dessen Geburtstag heute ist (weswegen wir ihn auch eingeladen), und liest uns seinen Tonio, der uns sehr gefällt.... Auf Roquettes Wohl wird ein gut Glas Wein geleert.

[80] 20) Sonntag. Ich werde in das Museum beschieden, um den Herzog und die Frau Herzogin von Altenburg zu führen. Um 1 Uhr kommt unser König selbst, dann die Königin mit den Prinzessinnen und dem Herzog und der Herzogin. Auch Prinz Georg stellt sich ein. Adjutanten, Hofkavaliere und Hofdamen giebts die Menge. Die Herzoglichen Gäste kennen die Bilder, aber nicht das neue Museum, das natürlich einen sehr guten Eindruck macht. Die Herrschaften sind sämmtlich sehr gnädig. Der König fragt mich nach meiner Bibel, spricht dann, wie Königin und Prinzessinnen von meinem Landschaftsbuch, das Allen große Freude gemacht zu haben scheint. Erst gegen 3 Uhr verlassen die Herrschaften das Gebäude. Inzwischen hatte sich eine große Menge von Leuten bei dem Eingang versammelt, die alle noch eintreten wollen. Ich bleibe bis 3 Uhr am Eingang und helfe die Leute ein wenig in Ordnung halten. An stöhnenden Frauen und an heulenden Kindern fehlt es nicht.

22) Dienstag.... Prof. Huber hält heute Abend seine erste Vorlesung über Association als Innung der Zukunft. Der Inhalt des Vortrags ist interessant und überzeugend. Morgen findet die zweite Vorlesung statt. Leider kommen wenig Leute.

23) Mittwoch.... Heute Abend hält Huber seine zweite Vorlesung, mit der sein Vortrag über Association als Innung der Zukunft geschlossen ist. Der Zuhörer sind nicht viele, die Anwesenden folgen der Entwickelung der Darlegung aber mit größter Aufmerksamkeit, und man sollte glauben, daß sie nicht ohne allen Erfolg bleiben könnte.

24) Donnerstag. Ich werde am frühen Morgen in das Museum gerufen, um genau den Platz zu bestimmen, auf welchem die Spindel für den Rafaels-Altar eingesenkt werden soll. Bald wird sich der Aufbau erheben.... Fräulein De Ahna (Rosa Delmont) tritt heute zum ersten Mal als Orpheus (Gluck) auf. Wir begeben uns in das Theater und sehen und hören mit eben so großer Befriedigung die hoffnungsvolle junge Sängerin, als wir uns der herrlichen Musik erfreuen. Nach der Oper werden noch aufgeführt: Die Badekuren von Putlitz.

25) Freitag.... Heute Abend wird der König von Preußen erwartet. Wir müssen darauf gefaßt sein, ihn und die Königin, die bereits am Dienstag hier eingetroffen ist, morgen im Museum zu sehen. Alles wird darauf vorbereitet, die Herrschaften auch bei den noch nicht vollendeten Reinigungsarbeiten mit Anstand empfangen zu können.

26) Samstag. Es wird mir gemeldet, daß die hohen Herrschaften um 12 Uhr im Museum sein werden. Ich war schon ein Paar Stunden vorher daselbst, um mich zu überzeugen, daß Alles in Bereitschaft sei.... Mit den preußischen Majestäten kam unser ganzer Hof, auch die Königin Maria und der Kronprinz fehlten nicht. Der König von Preußen war sehr liebenswürdig und, wie es schien, sehr zufrieden mit dem Eindruck, den er davontrug. Ich bin mit mir selbst und meiner Führung nicht zufrieden. Ich konnte einige Fragen, die an mich geschahen, nicht beantworten. Wenn ich mit meinem Prinzen Georg in der Galerie umhergehe, da geht das Herz und auch der Mund mir auf, und ich kann das Gefühl haben, zuweilen etwas zu sagen, das zu hören der Mühe verlohnt. – Die Königin Maria verlangt mein Landschaftsbuch noch einmal zu haben; ich soll es ihr morgen schicken.

28) Montag. In der Meinung, im Museum nur einige Erkundigungen in Betreff der Wiedereröffnung desselben einzuziehen, werde ich festgehalten durch den Umstand, daß zugleich mit mir die Prinzessin Auguste in dasselbe eintritt, welcher ich natürlich als Führer dienen muß. Indem die Prinzessin das Museum verläßt, betritt es Prinz Georg, bei welchem ich dann verweile. Der Prinz theilt mir mit, daß der König von Preußen mein Landschaftsbuch gesehen und geäußert hat, es wäre hübsch, wenn ich eine Anzahl der Blätter durch die Lithographie vervielfältigen ließ und herausgäbe.

29) Dienstag. Der heutige Tag bringt des Guten viel.... Der Leibjäger des preußischen Gesandten bringt für mich den rothen Adlerorden 2. Klasse....

5) Montag.... Heute langen zwei Probedrucke an, einer von Jungtow. Das Blatt ist nicht besonders ausgefallen. Jungtow klagt über das Holz. Der andere Druck ist von Aarland: „Moses erblickt das Israel verheißene Land“, ein gut gearbeitetes Blatt.

8) Donnerstag.... Ant. Jördens sendet mir einen Probedruck des „Bileam“. Das Blatt ist etwas rauh, aber tüchtig gearbeitet, nach rechter Holzschnittsart.

9) Freitag.... Unter den Holzschnitten, die ich dieser Tage erhalten, macht mir der heute empfangene ganz besondre Freude. Es ist Mosis Tod, von Gaber geschnitten. Von Thaeter erhalte ich einen Brief und einen Probedruck des nun vollendeten Stichs nach Friedrich Barbarossas Tod von Walde. Das Blatt nimmt sich sehr schön aus.

10) Samstag. Brief an Rahn. Ich schreibe ihm, daß Arnold nicht geneigt ist, auf eine Unterhandlung wegen der Platte mit ihm einzugehen, daß ich nicht sagen kann, was er noch an derselben zu thun hätte und deswegen die Zeichnung nicht zurücksende. Doch lasse ich es darauf ankommen, ob er die Zeichnung noch einmal haben will, da ich weder ihn zu kränken noch in Nachtheil zu sehen gesonnen bin.

11) Sonntag. Pfingsten.... Walde’s Stich nach dem Tod Barbarossa’s ist doch sehr schön durchgeführt, [81] und ich freue mich, darüber an Thaeter schreiben zu können.

12) Pfingst-Montag. Gestern war meines Vaters Geburts- und meiner Mutter[16] Sterbetag. Wie drängt doch die Gegenwart selbst die Erinnerung an die Vergangenheit zurück, und es gehörte die heutige stille Morgenstunde dazu, um die Blicke nach den Gräbern frei zu machen.

15) Donnerstag. Am frühen Morgen besehe ich mir mit Schirmer genau den Rafael, um mir von dem Zustande des Bildes einen ganz deutlichen Begriff zu machen, da nächsten Sonnabend entschieden werden soll, was wir damit vornehmen wollen. Das durchaus Nothwendige und das Mindeste, was zu thun uns obliegt, ist eine Tränkung des Bildes mit Balsam, da es außerordentlich ausgetrocknet ist. Dann können noch einige kleine Flecken, namentlich in dem blauen Gewande, die in Folge von Abgestorbenheit der Farbe entstanden sind, durch leichte und vorsichtige Nachbesserungen entfernt werden; so können auch unangenehme Flecke oben in der Luft beseitiget werden. Alles Uebrige mag bleiben, wie es ist, obschon ich finde, daß Palmaroli[17] viel zu viel gethan hat. Der Kopf der Madonna und das Christkind sind ganz übergangen. Wer mag da aber daran rühren? Wer weiß, was man unter den Retouchen findet ?

16) Freitag.... Gasser bringt den Nachmittag bei uns zu. Gegen 6 Uhr gehen wir zusammen zu Rietschel in das Atelier, um seine Goethe-Schiller-Gruppe zu sehen. Das Werk geht nun seiner Beendigung mit raschem Schritt entgegen.

17) Samstag. Geburtstag der Hausfrau.... Galerie-Kommission. Wir besprechen heute die Restauration, welcher die Madonna von Rafael unterworfen werden soll, und ich stelle einen Antrag, in welchem ich auf die Nothwendigkeit hinweise, eine Erklärung bei den Akten der Galerie zu hinterlegen, die den Zustand des Bildes und dasjenige, was wir damit vornehmen, genau bezeichnet und für uns die Verpflichtung ausspricht, das in Gemeinsamkeit beschlossene und ausgeführte Werk der Wiederherstellung unter allen Umständen zu vertreten. .... Abends führt Roquette eine Puppenkomödie bei uns auf, bei welcher Emil und Mathilde Sachße assistiren {Nowrap|....}}

19) Montag.... Bendemann und Hübner wollen Aenderungen in der Aufstellung der Bilder. Die kleinen Abtheilungen nächst der Madonna von Rafael könnten allerdings besser sein, und muß ich zugeben, daß hier eine Zusammenstellung der älteren italienischen Sachen Gewinn bringen kann. Nur erschrickt man vor der neuen Arbeit.

21) Mittwoch.... Mit Schirmer verabrede ich mich wegen der Umstellung der Bilder in der dem Rafael zunächst befindlichen kleinen Abtheilung und gebe ihm nach weiterer Verständigung mit Hübner die Vollmacht, die Aenderung nach seinem Ermessen zu bewerkstelligen. Meine Bibelbilder lassen mich nicht in Ruhe und die Gestalten der harrenden Holzschneider steigen vor mir auf wie Gespenster. Das Buch der Richter, in das ich nun eingedrungen bin, bietet außer ordentlich viel geeigneten Stoff zu bildlichen Darstellungen, und ich fasse heute den Simson und den Abimelech an. Dem ersteren werde ich doch 4–5 Bilder widmen müssen. Er ist ein gewaltig plastischer Held. Reusche bringt mir einen sehr tüchtig gearbeiteten Holzschnitt der Darstellung des Schlangenbisses.

22) Donnerstag. Im Museum finde ich die verabredeten Aenderungen in der Aufstellung zum Theil schon bewerkstelliget. Die Aenderung wird ein Gewinn sein. Die älteren Sachen, die nun mehr zu einem Körper sich verbinden, nachdem das fremdartige Neuere ausgeschieden, machen nun auch als Ganzes einen Eindruck.

24) Samstag. In der Abtheilung der alten Italiener wird noch einmal umgehangen. Auf Wunsch der übrigen Kommissionsmitglieder wird auch noch der Ubertini herbeigeholt und daselbst eingereiht. Da Schirmer in Urlaub geht und vor völliger Beendigung des Katalogs ein Abschluß in der Aufstellung wünschenswerth ist, habe ich die Herren Kommissare für heute zu einer Sitzung eingeladen. Wir kommen in der genannten Abtheilung zusammen, und Alle sind nun befriediget. Ich bekenne auch gerne, daß die Sache besser geworden ist. Es ist in der Abtheilung nichts Fremdartiges mehr, und man gewinnt ein Gesammtbild von der altitalienischen Kunst. Auch die sich anschließende Abtheilung ist besser geworden. Correggios Magdalena hängt zwischen dem Arzt und der heiligen Margaretha und etwas höher als früher, ganz im richtigen Sehwinkel.

26) Montag.... Um 5 Uhr versammeln sich die Mitglieder des Weber-Komite bei Prof. Löwe[18], um die Angelegenheit des Denkmals zu besprechen und zu fördern. In der letzten Sitzung war ich ersucht worden, Direktor Hettner zu fragen und zu ersuchen, ob er nicht statt des seligen Schulz die Vorstandschaft des Komite übernehmen wolle. Ich fand ihn bereit, trotz der Bedenken, die eine edle Bescheidenheit ihm eingab, der Aufforderung nachzugeben, und heute hatte er die Güte, sich von mir in den kleinen Kreis einführen zu lassen und den Vorsitz einzunehmen. Es wurden die bereits [82] geprüften Rechnungen durch das Komite anerkannt und ein Schreiben an Rietschel beschlossen, worin derselbe gebeten werden soll, die Zeit zu bezeichnen, in welcher das große Modell von ihm würde geliefert werden können. Die zu erwartende Erklärung soll dann als Unterlage zu einem förmlichen Kontrakt dienen.

27) Dienstag.... Als ich im Entreezimmer des Museums durch mehrere Personen, die mit mir zu sprechen hatten, längere Zeit aufgehalten werde, fühle ich plötzlich meine Schulter leise berührt. Bein Umsehen wird mir eine sehr große und angenehme Ueberraschung zu Theil, indem ich Herrn Geh. Rath von Bethmann-Hollweg[19] erblicke. Er kehrte soeben mit Gemahlin und Tochter aus Italien zurück, die auch jetzt neben ihm stehen. Hollweg ist ganz entzückt über unser Museum und erklärt, was nach den unmittelbar vorhergehenden italienischen Eindrücken seine Bedeutung hat, daß dasselbe nach Inhalt, Räumlichkeiten und Aufstellung das schönste sei, das er kenne.

29) Donnerstag.... Abends lesen wir aus Perthes’ Leben, III. Band, und zwar den Abschnitt über Katholizismus und Protestantismus. Er enthält das Trefflichste, was ich je über diesen Gegenstand gelesen und gehört habe. Meine Ansichten und Vorempfindungen finden in dem, was Perthes selbst sagt, ganz ihren Aus druck. Die Räthsel lösen sich mir, so weit sie jetzt lösbar sind. Der Bauplan der Kirche liegt vor, soweit ihn die Bauleute und Baugehülfen einsehen und verstehen können, eine völlige Uebersicht hat der Bauherr nur ganz allein. Die Meinung der Einen, daß der Protestantismus die Kirche sein könne und werde, der Vorwurf der Andern gegen den Protestantismus, daß er darum nichtig und verwerflich sei, weil er eben die Kirche nicht ist, findet Berichtigung. Der Protestantismus ist ein Element der Kirche, das stets in ihr vorhanden war und ihr dringend nothwendig ist zu ihrem Ausbau und das zum Protestantismus geworden ist dadurch, daß man es aus der Kirche hat hinauswerfen wollen. Die katholische Kirche enthält das konservative Element, das aber der Erstarrung und Einseitigkeit verfallen war und immer von Neuem verfallen würde, wenn der Protestantismus gegen das sich einnistende Menschliche nicht immer protestirte und für die neuen Zuflüsse aus göttlichem Geiste und Wesen die Kanäle offen hielt. Kurz und gut, Katholizismus und Protestantismus gehören zur wahren, sich mehr und mehr aufbauenden Kirche, deren Grund- und Eckstein zwar gelegt, deren Schluß und Spitze menschlichen Augen aber noch verborgen ist, und welche der Bau-Herr allein in Seinem Bauplane weiß und kennt.

31) Samstag. Sterbetag meines guten Schwagers Blochmann. In dem Gartengrundstück des Pestalozzi-Stifts wird seine Büste aufgestellt und als ein Denkmal seiner Wirksamkeit und seiner Verdienste unter angemessener Feierlichkeit enthüllt und geweiht.... Die oben erwähnte Feier findet um 4 Uhr Nachmittags statt, und ich wohne derselben bei, wie die meisten Verwandten des edeln Dahingeschiedenen. Die Feier beginnt unter Gesang; Seminardirektor Steglich hält die Weiherede; Diakonus Schulze spricht das Gebet, nachdem die wohlgelungene Büste (Wittigs Arbeit) enthüllt worden; und mit Gesang wird die Feier beschlossen.

1) Sonntag.... Als ich einen Brief an Wigand absenden wollte, kommt einer von ihm an, der mir Proben von kolorirten Bibelbildern und Holzplatten ankündigt; so wird die Absendung meines Briefes auf morgen verschoben.

2) Montag. Erst heute früh öffne ich die von Wigand mir gesendeten Packete. Die kolorirten Bibelblätter nehmen sich gar nicht so schlecht aus, trotz der flüchtigen Schmiererei. Ich habe die Genugthuung, zu sehen, daß das Zeug nicht todt zu machen ist, und schreibe Wigand, daß er in Gottes Namen mit dem Unternehmer, einem gewissen Geißler in Nürnberg, sich einigen soll.... Wie mir vor etlichen Tagen Kirchbach geschrieben hatte, daß nun etwas für ihn geschehen müsse, wenn er nicht in eine entsetzliche Lage kommen solle, das heißt: man müsse nun sein Bild kaufen; so schreibt mir heute auch seine Braut einen Brief von gleichem Inhalt. Sie sagt: „Sollte es möglich sein, daß man einen Charakter, der so aufrichtige und reelle Bestrebungen hat, ganz zu Grunde könnte gehen lassen!“ Wer ist „man“ und was heißt „zu Grunde gehen lassen“? Etwa die Bilder nicht kaufen, die einer malt, die nicht gut, nicht durchgebildet sind, die der Schüler aber trotz der Unzufriedenheit der Lehrer und sogar der Mitschüler für große Kunstwerke hält ?

5) Donnerstag. Es werden mir heute zwei neue Holzschnitte zur Bibel gebracht. Der eine ist von Aarland in Leipzig gearbeitet, „Rahab, welche die israelitischen Kundschafter errettet“, und der andere von Obermann, „Die Schlacht des Josua wider die Amoriter“. Beide Blätter sind tüchtig gemacht.

7) Samstag.... Ein Porträt, von Prof. Rößler gemalt, den seiner Zeit berühmten Schauspieler Ochsenheimer darstellend, welches Hofschauspieler Heine der Galerie schenken will, betrachtet man als eine geistreiche und gelungne Arbeit, deren Erwerbung.... sehr wünschenswerth sei[20].

[83] 8) Sonntag.... Der Abendspaziergang wird.... etwas früher als sonst unternommen und erstreckt sich bis Kaitz, von wo dann links in mein liebes Thal eingelenkt und bis zur Mocrkitzer Mühle gegangen, dann über Zschertnitz nach Hause zurückgekehrt wird.

9) Montag.... Begegnung mit der Frau Ehrenbaum und deren schöner Tochter, die Schauspielerin geworden ist. Straßenbekanntschaft der Meinigen von München her. Sie erzählen mir von Ludwig, den sie in Karlsruhe auf der Bühne gesehen. Mehr Freude als diese Begegnung macht mir eine Unterredung mit Tichatscheck, der Ludwig in Karlsruhe viel gesehen hat und ihm nun eine bedeutende Zukunft weissagt.

11) Mittwoch.... Es wird auch wieder aus Perthes gelesen. Ich finde das Buch eines der schönsten, die mir in neuerer Zeit vorgekommen sind. Es ist mir so recht aus der Seele geschrieben, was Perthes schreibt. Das war ein Mann, wie es nicht viele giebt.

15) Sonntag.... Während ich mit diesem Brief beschäftiget bin, kommt Herr Schlitte aus Leipzig und bringt mir einen Probedruck seines Blattes „Josua fängt fünf Könige in der Höhle zu Makeda“. Das Blatt ist ganz vorzüglich gearbeitet und gehört zu den besten Blättern der neuen Lieferungen.... Es beschäftiget mich der Gegenstand „Jephthah und seine Tochter“. Vor Schlafengehen sehe ich aber, daß ich vergeblich gearbeitet habe und morgen von vorn anfangen muß. – Die Aufführung der Jungfrau von Orleans (die Bayer-Bürck) lockt uns wieder einmal in das Theater (die Hausfrau, Töchter und mich). Die Aufführung ist sehr gut, und wir sind Alle zufrieden; die Frauen sind begeistert. Mich stören die sentimentalen Stellen, die Einmischung von dem, „Humanen“, sogenannten „Reinmenschlichen“ mehr als die Frauen. Ein Shakespearescher Geist hätte das doch anders gefaßt, auch vom französischen oder deutschen Standpunkt aus. Wie dem auch sei, alle stimmen wir darin überein, daß Schiller ein herrlicher, edler Geist ist, der erhebt und fortreißt, und somit wollen auch wir ihn erheben und preisen.

16) Montag. Ich fasse den Jephthah heute anders und besser an und komme mit einem neuen Entwurf vor Abend glücklich zu Stande.... Abends ist Roquette bei uns. Wir kommen auf Kirchbach zu sprechen, mit dem er viel verkehrt. Roquette stimmt mit meinen Ansichten über Kirchbach vollkommen überein, nämlich darin, daß dieser seine Kräfte weit überschätzt und in einen Zustand gerathen ist, für welchen nur Heilung in der Schule des Lebens sich finden wird. Freundes-Rath und Lehrer-Rath ist jetzt vergeblich.

18) Mittwoch.... Zscheckels Platte, „Den Hirten wird die Geburt Christi verkündet“, ist recht tüchtig gearbeitet. Im Museum finde ich Rauch, der in Karlsbad war und jetzt nach Berlin zurückkehrt. Rauch ist doch eine prachtvolle Erscheinung, wie es auch Thorwaldsen war. So sehen Künstlerfürsten aus.

19) Donnerstag.... Joch sendet mir einen Probedruck seiner Platte „Untergang der Rotte Korah“. Das Blatt ist sehr tüchtig gearbeitet, überhaupt befriedigen mich die zuletzt eingelieferten Arbeiten der Holzschneider in hohem Grade.... Ich führe die Kinder zu den Seiltänzern Holder und Weitzmann.... Weitzmann ist in der That ausgezeichnet. Bei Ersteigung des Thurmseils zeigt sich seine prachtvolle Körperbildung in glänzendem Lichte.

20) Freitag.... Sitzung des akademischen Raths.... Rietschel zeigt uns das nun in Bronze gegossene Medaillon des Herrn von Lindenau, das an der Außenseite des Akademie-Gebäudes als Denkmal angebracht wird. Das Porträt ist trefflich gelungen.... Abends einige Abschnitte aus Perthes. Der Abschnitt über die religiösen Fragen und Wirren ist höchst interessant. Nie habe ich etwas gelesen, was mir so aus der Seele geschrieben ist, wie das, was Perthes über diese Dinge sagt. Gewiß, der Protestantismus ist der Kirche nöthig, wenn er auch selbst die Kirche nicht gestalten kann. Nur in einer Einigung der getrennten Glieder zu der wahrhaft katholischen Kirche wird Heil und Heilung errungen werden. Wann diese Einigung erreicht werden wird? Das weiß Gott! Zu den Vorzeichen einer solchen Einigung wird aber gehören, daß die katholische Kirche Luther als Reformator anerkennt und ihre Mißbräuche und Mißlehren abzustellen beginnt.

22) Sonntag.... Um Mittag erhalten wir Besuch von Herrn Professor Alexander von Oettingen aus Dorpat mit seiner Frau, einer Tochter des Prof. Carl von Raumer. Das junge Ehepaar macht einen Besuch bei den Aeltern in Erlangen.

24) Dienstag.... Die Hausfrau liest mir am Nachmittag die letzten Abschnitte aus Perthes’ Leben vor, die von den letzten Lebensjahren und seinem Tod handeln. Der Mann bewährt sich, und es wird nicht leicht etwas gefunden werden, was erhebender wäre zu lesen als die Beschreibung des Endes dieses Mannes. Fürwahr, das war ein Mann und ein Christ. Könnte da noch einer fragen, ob er der rechten Kirche angehörte?

25) Mittwoch. Die Porträtfigur, eine sitzende Dame mit Rosen im Schooß, zu den Füßen ein musikalisches Instrument, vermuthlich eine gefeierte Sängerin darstellend, spanische Arbeit, hängt nun an dem Platz, den ich ihr angewiesen habe, nämlich an der Wand der Spanier, an der die Velasquez hängen. Das Bild nimmt sich vortrefflich aus. Der Tod der Maria, der vorher da hing, ist nun über der Madonna von Murillo aufgestellt, wo ein schlechter David von Luca Giordano war, der hinauf gekommen ist. Die spanische Schule [84] hat sich nun erweitert und verdichtet. Oben sind die Kopien nach Andrea del Sarto und Tizian neben die Kopie nach P. Veroneses Europa zu stehen gekommen und nehmen sich da ganz gut aus. Es wird doch fort und fort gebessert.

26) Donnerstag. Gegen 10 Uhr kommt Ludwig glücklich an....

27) Freitag.... Im Museum wird Verabredung getroffen, die Madonna di S. Sisto heute Nachmittag in das Direktorialzimmer zu bringen und sogleich die Tränkung des Bildes von der Rückseite mit dem Balsam copaivae zu bewerkstelligen. So geschieht es denn auch. Um 4 Uhr finde ich mich im Museum ein und bleibe, bis die Prozedur beendiget ist, das ist, bis gegen 6 Uhr....

28) Samstag.... Museum. Heute keine Kommission. Hübner ist jedoch zugegen und überreicht mir ein Exemplar seines Katalogs. Den Inhalt kenne ich und halte ihn für sehr vorzüglich und belehrend, die Ausstattung finde ich etwas kokett. Wie mir Voigt berichtet, ist Schirmer mit der gestern bewerkstelligten Operation sehr zufrieden. Der Balsam hat beide Leinwanden vollständig durchdrungen und gesättigt und zeigt sich reichlich auf der Oberfläche des Bildes.

29) Sonntag. Ein schöner, ruhiger Sonntag, welcher meiner Arbeit, wie auch dem ungestörten Umgang mit unserm lieben Ludwig sehr zu Gute kommt. Die Unterhaltung wird allerdings am häufigsten durch die Sprache der Musik vermittelt, und haben wir Ludwigs schönem, ausdrucksvollem Gesang großen Genuß zu verdanken. Am Nachmittag wird ein Spaziergang in den großen Garten unternommen, der Tag dann aber wieder mit Musik beschlossen.

30) Montag.... Im Museum finde ich Schirmer bei der Rafaelschen Madonna und schon einige Flecken beseitiget. Der Balsam hat auffallend günstig gewirkt. Das Bild ist leuchtender und saftiger geworden, einige abgestorbene Stellen sind wieder farbig und belebt. Schirmer und ich sind darin einig, die Palmarolische Restauration unangetastet zu lassen und nöthigen Falls dafür zu sorgen, daß niemand Anderer sie antaste, mit einem Wort, das im Protokoll ausgesprochene Verfahren aufrecht zu halten. In vierzehn Tagen wird Bild und Einrahmung vollendet und die Aufstellung in Ordnung sein. – Dr. E. Förster[21] ist im Museum. Im Ganzen scheint er doch sehr zufrieden, im Einzelnen mäkelt er; das wird ihm aber nichts helfen und uns nichts schaden. Er ist doch nur darum eine hervorragende Persönlichkeit, weil er sich überall vordrängt.

1) Dienstag.... Schirmer hat bereits das Wesentliche an der Madonna di S. Sisto gemacht. Wir nehmen noch einmal das blaue Gewand vor, das sehr fleckig ist, und suchen durch einige zarte Lasuren Zeichnung und Farbe aufzufrischen.... Förster besucht uns. Das Museum ist der Hauptgegenstand des Gesprächs. Er schimpft gewaltig gegen die Gläser und wünscht für die Jünger von Emmaus von Paul Veronese einen bessern Platz. Er hält das Gemälde für eins der bedeutendsten von diesem Meister. Ich bin darin anderer Meinung[22].

2) Mittwoch.... Wir haben heute Galerie-Kommission. Hübner will einige Farben an dem architektonischen Aufbau, welcher den Rafael aufzunehmen bestimmt ist, anbringen und die Stelle aus dem Vasari, welche von dem Bilde spricht, in die am Unterbau befindlichen Füllungen schreiben. Der Gedanke ist gut, es stehen aber doch Bedenken entgegen, in einem rein architektonisch und plastisch durchgeführten Werk, wo es sich außerdem nicht um Belebung von Lücken handelt, mit gemalten Dingen zu kommen. Die Kommission faßt denn auch den Beschluß, erst das Bild einzusetzen, den ganzen Raum in Ordnung zu bringen und dann zu sehen, was etwa noch zu thun ist. Ueber das Bild ist man erstaunt und erfreut, so erfrischt erscheint es Allen. Hübner möchte gern noch an dem Kinde etwas thun, wir werden das aber nicht zulassen. Es könnte sehr bedenklich werden, das Vorhandene anzutasten. Die Beseitigung der Flecke in dem blauen Gewande, der Luft und einige leichte Lasuren sollen Alles sein, was geschieht. Ich theile dem Minister sogleich mündlich das Resultat der Sitzung mit.

3) Donnerstag. Heute wird das Glas in seinen neuen Rahmen, in welchen übrigens der früher schon das Glas fassende Eisenrahmen eingelassen ist, eingelegt und mit demselben an dem Aufbau aufgehängt. Die Prozedur ist nicht ganz unbedenklich, denn das Glas hat eine ungeheure Schwere (gegen 3 Zentner); doch geht Alles glücklich von statten. Auch hierüber bringe ich dem Minister sogleich mündlichen Bericht.... Bald wird das Bild in der neuen Einrahmung prangen, ich hoffe heute über acht Tage. Die Wirkung wird groß sein, und ich hoffe, einen kleinen Triumph zu feiern. Schirmer und ich stehen wegen der Restauration wie ein Mann und werden sorgen, daß Niemand seine Hände dabei im Spiel habe. Und die Einrahmung wird wohl auch bleiben, wie sie ist. Jene Stelle aus dem Vasari: „Fece a’ monaci neri di St. Sisto in Piacenza la tavola dell’ altar maggiore, dentro vi la nostra Donna con St. Sisto e S. Barbara, cosa veramente rarissima e singolare“, kann man auf eine eingerahmte Tafel schreiben, die an irgend einem passenden Platz in dem Gemach aufgestellt werden mag.

[85] 4) Freitag.... Im Museum finde ich Schirmer bei den letzten Pinselstrichen an der Madonna. Wir Beide wünschen, daß Weiteres nicht geschieht, als geschehen ist. Schirmer hat überzeugende technische Gründe, von jeder Berührung des Christkindes abzurathen. Nach den gründlichsten Prüfungen stellt sich auch die Meinung immer fester, daß Palmaroli doch sehr gewissenhaft und schonend bei seiner Restauration zu Werke gegangen ist. Wir haben jetzt den Vortheil, mit Wenigem und ohne alle Verantwortlichkeit die Wirkung des Bildes außerordentlich gehoben zu sehen. Wie die Sachen stehen, wünschen wir, daß diese Angelegenheit keiner weiteren Berathung der Kommission unterworfen werden möge, und ich kann um so leichter von einer Einladung derselben absehen, als die Mitglieder derselben bei der letzten Zusammenkunft sich befriediget erklärten. Bei der heute Nachmittag stattfindenden Konferenz des akademischen Raths habe ich Gelegenheit, die Meinung Rietschels und Hübners hierüber noch besonders einzuholen, und Beide halten eine weitere Berathung für nicht nothwendig. So ist diese Sache denn abgethan und das Bild für etwa 30 Jahre wieder gesichert. Gott gebe Denen, die dann etwa das Bild wieder vornehmen, die Einsicht und Pietät, die unser Schirmer jetzt bewiesen hat. Eine Erklärung, die wir bei den Akten hinterlegen wollen, soll über die Natur des Bildes das nöthige sagen und als Mahnung für Alle dienen, die ihre Hände an das Bild legen wollen[23].

5) Samstag. Auf dem Weg nach der Akademie begegnet mir Julius Platzmann, und ich nehme Veranlassung, ihn in seine Wohnung zu begleiten und eine Komposition nach einer Horazischen Ode zu sehen, die recht geist- und gemüthvoll war, wie Alles, was Platzmann macht. Schade, daß wenig Aussicht vorhanden ist, ihn in seinen Studien so vorschreiten zu sehen, daß man hoffen könnte, er werde einmal die Darstellungsmittel beherrschen und seine guten Gedanken auch auszuführen lernen. – Mit den Arbeiten der Schüler in der Akademie bin ich recht sehr zufrieden; fleißig waren Alle. Aster hat seinen Akt recht hübsch gemalt. Anstatt ein Gewand zu legen, zeichne ich eine kleine Studie nach einem von den Schülern gelegten Gewand.

9) Mittwoch. Um 8 Uhr wird die Madonna di S. Sisto in die neue Einrahmung gestellt. Die Wirkung des Bildes ist eine außerordentliche, der altarartige Aufbau bewährt sich vollkommen, und selbst das Glas erhöht die Wirkung des Bildes, das nun durchaus klar und saftig erscheint....

10) Donnerstag.... Gestern Abend brachte mir Obermann einen Abdruck seines Blattes „Sisseras Tod“.... Es ist tüchtig gearbeitet.

11) Freitag. Am Morgen Hofbaumeister Krüger und Schirmer vor der Madonna. Es wird die Farbe des Unterbaues etwas tiefer gestimmt und einige Glieder werden noch vergoldet; dann wird Alles recht sein.... Förster ist da.... Förster ist ganz entzückt, er erklärt, einen Eindruck zu haben, als sei das Bild ein neues; so belebt findet er die Farbe, so saftig und frisch die Schatten.

12) Samstag. Vom Oberhofmarschallamt werde ich benachrichtiget, daß Seine Majestät der König mit der Großherzogin von Toscana um 11 Uhr das Museum besuchen wird.... Der König ist mit der Aufstellung der Madonna sehr zufrieden und spricht sich dahin aus, daß nun auch die Holbeinsche Madonna eine entsprechende Aufstellung erhalten müsse,.... Bei dessen [Wigands] Fortgehen tritt Schnaase[24] in mein Haus. Ich sah ihn im Museum, konnte aber wegen Führung der hohen Herrschaften nur flüchtige Worte an ihn richten.... Sein Besuch macht mir viel Freude. Er ist eine edle, religiöse Natur, die sich mehr und mehr zu vertiefen scheint. An meinem Werk nimmt er großen Antheil. Die letzten Lieferungen sind ihm bei der Abreise von Berlin zugekommen. Er führt sie bei sich mit der Absicht, in Thüringen, wo er längere Zeit verweilen wird, etwas darüber zu schreiben als Fortsetzung des früher im Kunstblatt erschienenen Artikels.

13) Sonntag.... Gegen Mittag gehe ich über die Brücke, um Förster aufzusuchen. Ich finde nur Schwester und Nichte. Mit Geh. Rath Schnaase bin ich glücklicher. Ich finde ihn noch zu Hause und sehe ihn auch dann noch im Museum. Da giebt es sehr viel Leute, und Alles drängt sich nach dem Rafael. Ich mache eine halbe Stunde lang den Thürhüter, um Ordnung zu halten und zu verhüten, daß die Leute nicht von beiden entgegengesetzten Thüren eintreten. Die Diener sind gedankenlos und unpraktisch und lassen die Dinge gehen, wie sie eben gehen wollen.

14) Montag.... Museum. Schirmer theilt mir mit, was der Hofbaumeister Krüger an unserer Einrahmung [86] noch zu thun gedenkt, womit ich mich einverstanden erkläre. Noch einmal finde ich Schnaase und seine Frau in der Betrachtung des Rafael versunken. Zusammentreffen mit Rietschel ebendaselbst. Bei unserem gemeinschaftlichen Gang nach unseren Wohnungen theilt mir Rietschel mit, daß Hübner an der Galerie als Archivar oder so etwas Aehnliches angestellt zu werden wünscht....

15) Dienstag. Vortrag bei dem Herrn Minister. Bericht über des Königs Besuch im Museum und dessen Urtheil über die neue Einrahmung der Madonna, sowie der Aeußerung, daß nun auch die Holbeinsche Madonna eine entsprechende Aufstellung erhalten müsse. Der Minister giebt mir den Auftrag, mit Krüger deshalb zu reden und die bereits von diesem angefertigte Zeichnung zu begutachten.... Sodann theile ich mit, was mir Rietschel über Hübners Wunsch gesagt hat, um der Aufforderung, in dieser Sache als Vermittler zu dienen, zu genügen. Ich lasse Hübners Talenten und vielen ausgezeichneten Eigenschaften gewiß volle Gerechtigkeit widerfahren, bemerke auch, daß ich oft daran gedacht hätte, meine Direktorstelle aufzugeben, damit sie Hübner einnehmen könne; erkläre jedoch, daß ich ihm lieber meine ganze Stellung einräumen würde, als ihn an meiner Seite haben. Ich.... erhalte dann den einfachen Bescheid als Antwort, daß weder Veranlassung, noch Mittel zu solch einer Anstellung vorhanden wären....

16) Mittwoch.... Nachmittag machen wir eine Partie nach dem Fischhaus.... Die Neustadt, die ich außer der Klostergasse seit Jahr und Tag nicht betreten habe, macht auf uns einen neuen und sehr günstigen Eindruck; besonders sind die neuen Häuser mit Gärten an der Bautzner Straße ganz reizend.

17) Donnerstag. In der Akademie arbeiten nur neun Schüler, unter denen einer modellirt und einer malt. Alle sind sehr fleißig, einige recht tüchtig. Besondere Freude macht mir Aster, der Malende.

19) Samstag.... Galerie Kommission.... Christus von Cima da Conegliano, dessen Hintergrund ziemlich schlecht aussah in Folge früherer Uebermalung und nicht völlig durchgeführter Restauration, ist durch Schirmer jetzt befriedigend wiederhergestellt.

20) Sonntag.... Vor Eröffnung des Museums für das Publikum statte ich der Madonna von Rafael einen Besuch ab. Das Bild nimmt sich doch unvergleichlich aus. Es ist auch in allen Zeitungen davon die Rede, wie unglaublich es durch die letzte Restauration und durch die neue Aufstellung gewonnen hat.

22) Dienstag.... Museum. Schirmer hat den Christus von Cima da Conegliano (sonst Giov. Bellini) vortrefflich restaurirt. Die eine Hälfte der Luft war vor langer Zeit, vermuthlich wegen starker Beschädigungen, mit einem Vorhang verdeckt. Dieser wurde schon vor einigen Jahren wieder weggenommen und durch Luft ersetzt, die aber nicht besonders gut gerieth. Jetzt ist dieser Hintergrund vortrefflich in Stimmung und Behandlung.

23) Mittwoch. Ich entschließe mich nun doch, die Einrahmung des Rafael mit einer eisernen Schranke umgeben zu lassen, und da nächsten Sonntag die Vogelwiese beginnt, die immer einen großen Andrang von Menschen veranlaßt, so treffe ich auf der Stelle die nöthigen Maßregeln, um die Schranke bis dahin aufstellen zu können. Zuerst hole ich selbst den Hofbaumeister Krüger herbei, dann wird der Schlosser gerufen, um diesem sogleich die nöthige Anweisung zur Anfertigung der Schranke zu geben.

24) Donnerstag. Die Studien nach dem Gewand in der Akademie nehmen guten Fortgang. Die jungen Leute halten sich gut und arbeiten recht tüchtig. Aster und Zahn werden sich bald auszeichnen. Einer der tüchtigsten Zeichner unter den Jungen ist Steglich [25].

25) Freitag. Meinen Akademikern zeige ich die Gewandstudien, die ich nach den von Schülern gezeichneten, aber von mir gelegten Gewändern gemacht habe, und suche mir eine von den jetzt gefertigten Studien aus, um sie für mich und in meiner Weise nachzuzeichnen. – Im Museum ist das Gemälde von Garofalo Nr. 586/125 [„Maria, ihr Kind anbetend“], das früher durch Renner vom Holze abgenommen und restaurirt worden, jetzt aber einige Abblätterungen droht, in das Restaurationszimmer gebracht worden, um zu sehen, was damit zu thun ist. Es ist besser erhalten, als wir vermutheten.... Ein furchtbares Hagelwetter geht über Dresden hernieder, das großen Schaden anrichtet. Unser Museum bleibt unversehrt.

27) Sonntag.... Nach langer Zeit komme ich auch wieder dazu, eine Predigt zu hören. Ich höre eine Predigt von Langbein, die kurz, gut und praktisch ist, über das Thema: Ihr sollt allezeit bereit sein, Zeugniß zu geben von dem Grund, auf welchem Eure Hoffnung ruht.... Im Museum finde ich die eisernen Schranken nun auch schon vergoldet. Alles ist also vollendet, und nun kann die Vogelwiese anfangen.

28) Montag.... Eine der Zeichnungen nach dem in der vorigen Woche in der Akademie von mir gelegten Gewande copiere ich mir heute, wie ich in jedem Jahre gethan habe, um mit den akademischen Studien immer in Verbindung zu bleiben.

29) Dienstag.... Besuch bei dem Maler und Lithographen Gille, welcher unser nächstauszugebendes Kunstvereinsblatt ausführt. Die Lithographie wird von ihm nach einer auch von ihm komponirten und [87] in Aquarell ausgeführten Zeichnung, die der Kunstverein im vorigen Jahr ankaufte, angefertigt. Ich finde die Arbeit außerordentlich fleißig und streng in der Zeichnung durchgeführt. Der Gegenstand ist Rindvieh, das am Morgen auf die Weide getrieben wird. Von Gille gehe ich zu Rietschel, der nun bereits mit der Zusammensetzung seiner in Gyps gegossenen Goethe- und Schiller Gruppe-beschäftiget ist.

31) Donnerstag.... Gaber bringt mir einen Abdruck des für den Berliner Verein für religiöse Kunst verfertigten Holzschnitts. Die Zeichnung ist von Pfannschmidt, der Schnitt von Vogel. Man könnte glauben, das Blatt sei in Kupfer gestochen. Das ist nun freilich trotz der bewunderungswürdigen Arbeit kein Lob.

1) Freitag.... Kurz vor 3 Uhr kamen der König von Preußen und der unsere. Es sollte nur die Madonna di S. Sisto gesehen werden, der Weg dahin wurde aber so gar schnell nicht zurückgelegt, endlich langten die Majestäten auf dem Sitze vor dem Bilde an. Die Wirkung war eine große. Was das Glas belangt, hatte ich die Befriedigung, von dem König von Preußen die Frage zu hören: „ob das Glas über dem Bilde sei“. – Unser König entfernte sich gegen halb 4 Uhr, der König von Preußen verweilte aber noch, die Königin erwartend, mit welcher er die Rückreise nach Berlin vom Museum aus antrat. Bevor die Königin kam, besichtigte der König noch mehrere Bilder. Ich nahm auch Gelegenheit, mich für den Orden zu bedanken, worauf der König mit der Hand weitausholend in die meinige lebhaft einschlug und sagte: „wie gern hab’ ich das gethan!“ Bei der Besichtigung der Claudeschen Bilder sagte er mir: in Berlin habe man eines der Bilder zu dem landschaftlichen Hintergrunde in der Oper Armida von Gluck benützt, und fügte dann hinzu, als ich bekennen mußte, daß mir die Armida noch unbekannt sei: „kommen Sie nach Berlin und [ich?] lasse Ihnen die Oper geben“. Die Königin kam, sah auch noch den Rafael, und um 4 Uhr verließen die Herrschaften das Museum und zugleich Dresden.

3) Sonntag.... Um 10 Uhr begebe ich mich dann zu Hähnel, dem ich längst einen Besuch zugedacht habe, zu dessen Ausführung aus Mangel an Zeit ich aber bis jetzt nicht kam. Ich finde ihn auf Elisens Ruhe, seiner jetzigen schönen Wohnung, und bleibe bis gegen 1 Uhr. Er zeigt mir seine Arbeiten, bald aber kommen wir in tiefe Gespräche, die wir im Garten im Schatten der alten herrlichen Bäume fortsetzen. Ich kann nicht ohne große Liebe und Hingebung das Ringen einer so edlen, aber leidenschaftlichen Natur wahrnehmen und noch weniger ohne tiefe Dankbarkeit erkennen, wie gut und redlich er es mit mir meint. Vieles sprechen wir über Angelegenheiten, die auf dem Gebiete der Religion liegen, und auch hier muß ich bekennen, viel mehr Tiefe und Geniüth zu finden, als man zu erwarten geneigt ist. Sehr befriediget und beruhiget, wie man es nach Erfüllung einer Pflicht ist, kehre ich nach Hause zurück.... Platzmann hat mich aufgesucht, ohne mich zu finden, hinterläßt aber ein Bändchen Gedichte, die von seiner Hand geschrieben und seinen Lehrern Rietschel, Richter und mir gewidmet sind.

4) Montag.... Auf der Ausstellung sehe ich ein Paar Sachen, unter Anderem Hübners Carl V. Tüchtig gemacht ist das Bild und der Kopf voll Charakter[26]. [123]

September.

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5) Freitag.... Während meiner Abwesenheit ist ein Schreiben von dem Rath zu Dresden an mich eingelaufen, in welchem ich aufgefordert werde, eine Zeichnung für ein Album, welches der Prinzessin Margarethe aus Veranlassung ihrer Vermählung verehrt werden soll, zu liefern. Ich beantworte heute Vormittag dieses Schreiben und erkläre mich bereit, eine Zeichnung, darstellend Christus und die Samariterin am Brunnen, anzufertigen....

7) Sonntag.... Am späteren Nachmittag gehe ich .... nach der Begerburg am Plauenschen Grund, wo ehedem das sogenannte Kanapee war. Ich war [124] lange nicht in jener Gegend. Die Aussicht von der Burg aus ist sehr schön, noch schöner aber an dem Höhenvorsprung der Villa Grassi gegenüber. Mir schien heute alles doppelt schön, nachdem ich so lange nicht da war.

8) Montag. Obermann schickt mir einen Probedruck des Blattes „Simsons Rache und Tod“. Es ist sehr gut gearbeitet, und ich habe nur wieder an meiner Zeichnung vieles auszusetzen.

9) Dienstag.... Nach 9 Uhr kommt Hofrath Ternite[27] mit dem evangelischen Pastor aus Carlsbad zu mir. Es soll für das dortige Bethaus ein Altarbild gemalt werden, und ich soll die Ausführung besorgen. Ternite ist etwas zudringlich, und ich weigere mich ein anderes Versprechen zu geben als bei einer späteren Besprechung der Sache mein Urtheil und Rath nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.

10) Mittwoch.... Im Museum finde ich Voigt etwas bestürzt. Es ist mit einer Stufenleiter, die in der Abtheilung der Ruysdaels gebraucht wurde, in eines der Ruysdaelschen Bilder ein Loch gestoßen worden. So etwas ist immer schlimm; da die Sache aber nicht zu ändern ist und im ganzen sehr wenig Unglück bei uns geschieht, der Schaden auch leicht auszubessern ist, so mache ich nicht viel Aufhebens und gebe Auftrag, das Bild so schnell als möglich wiederherzustellen und Niemand etwas zu sagen. Samstag wird das Bild wieder an seinem Platz sein.

12) Freitag.... Quandt wünscht mich zu sprechen. Ich gehe zu ihm hinüber nach Neustadt. Er theilt mir einen Aufsatz mit, in welchem er einige Versäumnisse Hübners in Betreff seiner Nachrichten über unsere Galerie gut zu machen sucht. Da er diesen Aufsatz in die Allgemeine Zeitung einrücken lassen will, wünscht er ein Paar Zeilen von mir an die Redaktion, die ich gern gewähre und augenblicklich schreibe.... Im Museum finde ich den Ruysdael bereits vortrefflich wiederhergestellt. Morgen wird er an seinem Platz sein.... Dann finde ich den Hofrath Ternite, welcher wegen des Carlsbader Altarbildes mit mir spricht, für welches er eine Copie des Christus von Cima da Conegliano vorschlägt....

13) Samstag.... Am Vormittag entwerfe ich noch die Darstellung der „Heimsuchung Maria“, die am Nachmittag ziemlich klar zu Papier gebracht wird. Im Museum finde ich Ternite, wie verabredet, vor dem Christus. Wir treffen nähere Verabredung, da es scheint, es wird aus der Copie für den Altar der evangelischen Kirche in Carlsbad etwas werden.... Galerie-Kommission. Es liegt nichts Wesentliches vor. Rietschel ist nicht zugegen. Der herrliche De Heem mit dem Vogelnest, der sehr krank ist, wird untersucht, so wie auch Rembrandts Ganymed, den wir aber in gutem Stand finden.... Abends besucht mich Ferd. Voigt, mein Schüler.... Dann theilt er mir seinen Vorsatz mit, in das Bendemannsche Atelier einzutreten, um hinsichtlich einer durchgebildeten Ausführung zu lernen, was ich ihm so gut nicht lehren kann. Ich erkläre ihm, daß ich den Schritt nur billigen kann und in demselben nichts erblicke, was unser Verhältniß auflöst.

14) Sonntag.... Als ich wieder zu meinen Zeichnungen mich wendete, kommt Gaber.... und bringt der Hausfrau die herrlichen Blätter zum Vater Unser von seinem Schwiegervater L. Richter.

15) Montag.... Bei Erdmann bestelle ich einen Probeschirm für die Niederländer Tapeten, wie Bendemann zu versuchen angerathen hat.

17) Mittwoch. Maler Schönherr besucht mich aus Veranlassung einer Mittheilung, welche ich durch Ferd. Voigt ihm hatte zukommen lassen. Ich bin nämlich der Meinung, daß er der rechte Mann sei, die Ausführung der Malereien in der Chornische der katholischen Kirche in Neustadt zu bewerkstelligen. Ihm können dann ein Paar von meinen Schülern, etwa Voigt und Diettrich, vielleicht auch Kießling, zur Seite stehen und helfen. Ich muß in solcher Weise die Angelegenheit ordnen. Schönherr ergreift den Vorschlag mit lebendiger Theilnahme und Freude und wünscht nur, daß die zu seinem Unterhalt nöthigen Mittel ihm gewährt werden. Ohnehin hat er übernommen, für die Kapelle der Diakonissen ein Altarbild umsonst zu malen. Da muß natürlich Rath geschafft werden. – Es besucht mich auch der Graf Drechsel aus München, königlicher Kämmerer, welcher mein Haus gekauft hat. Er ist sehr freundlich und herzlich und bringt mir Grüße von seiner Gemahlin. Er erklärt in meinem Hause sehr glücklich zu sein.... Abends besuchen uns Herr Cichorius aus Leipzig (Bruder von Wigands Schwiegersohn) und Gaber. Es wird das Album der Hausfrau angesehen.

19) Freitag.... Im Museum finde ich Professor Gerhard, den Archäologen, und Alexander Lesser aus Warschau, meinen ehemaligen Schüler. Atelier. Zumpes[28] Bild (Kreuzabnahme) nahet sich der Vollendung.... Unterm Mittagsessen kommt Hettner, um mich für den Abend einzuladen. Gerhard wird kommen. Um 5  Uhr haben wir Sitzung des akademischen Rathes....Nach der Sitzung gehe ich zu Hettner, wo sich außer Professor Gerhard auch noch Rector [125] Klee, Steinla und Gonne einfinden. Nach dem Thee bekommen wir ein kleines Abendessen. Der Abend ist sehr gemüthlich. Es ist von Bunsen viel die Rede, und zwar wird seiner mit großer Anerkennung und Liebe gedacht. Klee, der ihn nicht persönlich, sondern nur aus seinen Schriften (Zeichen der Zeit) kennt, spricht mit großer Achtung von der dargelegten Gesinnung. Sehr ansprechend ist der Bericht, den Klee über den Besuch des Königs in der Kreuzschule giebt.

20) Samstag.... Ein dicker Brief für Ringseis[29] läßt mich vermuthen, daß dieser alte Freund nicht fern von hier ist. Hjort[30], mein alter römischer Freund, kündiget sich durch einen Brief für den Abend an.... Mein Schüler Zumpe kommt mit einem jungen Künstler aus Böhmen, der ein wundervoll gearbeitetes Kruzifix aus Elfenbein mir zeigt. Es trägt den Typus Van Dyckscher Auffassung. Es ist verkäuflich. 100 Dukaten sind vergeblich darauf geboten worden.... Mit der Erwartung, nach einem kleinen Abendspaziergang Professor Hjort zu Hause zu finden, finde ich beim Eintreten den Ritter Neukomm[31]. Bald nach diesem stellt sich Ringseis mit den beiden Töchtern Marie und Bettina ein. Ringseis sieht vortrefflich aus und ist ganz der Alte. Ich begleite ihn dann nach seinem Hotel Stadt Rom, wo ich auch Frau von Ringseis und Emilie, die Dichterin (Verfasserin der Veronica), sehe. Als ich von da nach Hause komme, sitzt Hjort im Familienzimmer. Mit großer Freude sehe ich den lieben Freund wieder. Er giebt sehr interessante Berichte über die Berliner Ausstellung, noch interessantere über seine Familie, namentlich über seine weltumsegelnde Tochter. Auch Hjort begleite ich noch in Stück Weges nach Hause, dann aber begebe ich mich zur Ruh und schlafe, Gott sei Dank, mit all den Meinigen in Frieden.

21) Sonntag.... Ringseis und die Seinen versprechen heute Abend bei uns den Thee zu trinken.... Um 7 Uhr kommen die Gäste. Alex. Lesser hatte sich eingestellt, Rietschel und Frau kommen als Geladene. Der Abend vergieng äußerst heiter. Das Gespräch bewegt sich auf dem Gebiete der Münchner Zustände. König Ludwig wird viel besprochen; auch Kaulbach und seinen Wand- oder Schandmalereien an der neuen Pinakothek werden mancherlei Betrachtungen gewidmet. Ueberaus viel Freude macht uns der Gesang der Bettina und Emilie, welche uns mehrere bayerische Lieder singen. Beim Scheiden schienen alle Gäste sehr zufrieden. Ringseis war überaus gut aufgelegt.

22) Montag.... Heute Abend wird Hamlet aufgeführt. Die Ringseisischen gehen mit Ausnahme des Vaters zu dieser Aufführung und nehmen statt des unwohl sich fühlenden Vaters unsere Marie mit. Ich hatte mir auch ein Billet genommen. Mehr als die Aufführung, obwohl die besten Kräfte dabei wirken (Dawison, die Bayer), ergreift das Stück selbst mich. Es ist von Anfang bis Ende wunderbar, einzig, eigenthümlich.

23) Dienstag.... Es besuchen uns auch noch Emilie und Bettina Ringseis. Die alte Verbindung wird zwischen ihnen und den Meinigen in größter Innigkeit erneuert. Die Hausfrau hat den schönen Gedanken, ihnen die Richterschen Hefte „Erbauliches und Beschauliches“ und das soeben erst vollendete „Vater Unser“ zum Andenken zu verehren. Abends sind Gaber und Herr Cichorius bei uns. Die Homerischen Hymnen und das Landschaftsbuch werden angesehen....

24) Mittwoch. Kirchbach besucht mich, um Abschied zu nehmen. Er will also wirklich nach London gehen. Von Herzen wünsche ich, daß der kühne Schritt ihm gelingen möge. Bittere Pillen wird er genugsam schlucken müssen. Gott gebe, daß sie zur Heilung gereichen und nicht zum Untergang der edeln kräftigen Natur.... Aus Berlin erhalte ich einige Zeilen, in welchen mir der Tod meines alten Freundes und Capitolsgenossen Professor Wilh. Stier [32]gemeldet wird. Er war ein braver und sehr geistvoller Mensch.... Abends kommen Neukomm, Zumpe, tom Dieck[33] und Hemken.

25) Donnerstag. Heute vor einem Jahr eröffneten wir das neue Museum.... Hofrath Winkler (Theodor Hell), der vor kurzem irrthümlich für todt gehalten wurde (es war ein alter Geheimer Rath Winkler, aber nicht der unsere gestorben), ist nun wirklich todt. Noch vorgestern hatte er im Theaterbureau mehrere Stunden gearbeitet; erst nach seiner Rückkehr nach Hause fühlte er sich angegriffen, legt sich und stirbt.... Gegen Abend kommt Neukomm und bleibt bis gegen 9 Uhr. Er erzählt aus seinen Erlebnissen die Ereignisse der Entfernung Carls X, aus Paris und die Berufung und Thronbesteigung Louis Philipps. Er stand – und steht den Hinterbliebenen bis zur Stunde noch – den Familien beider Könige sehr nahe und war bei den erwähnten Ereignissen unmittelbar betheiliget. Wenn Neukomm Memoiren schrieb, sie könnten sehr interessant werden, denn er hat außerordentlich viel erlebt, erfahren und mit eigenen Augen gesehen.

[126] 27) Samstag.... Abends Neukomm, der schon ganz bei uns eingewöhnt und uns auch recht lieb geworden ist....

28) Sonntag.... Um Mittag begebe ich mich in das Museum. Ich finde Schirmer und sehe noch bei ihm Rembrandts Festmahl, das allerdings sehr gewonnen hat durch die Entfernung des erblindeten Firniß. Das Gemälde von de Heem (Vogelnest) ist wieder herrlich in Stand gesetzt und wird durch weitere Entfernung des erblindeten Firniß noch sehr gewinnen.

29) Montag. Michaelis.... Abends kommt Neukomm, um auf einer Phys-Harmonika, welche er von Herrn Kaufmann hatte kommen lassen, uns vorzuspielen. Wir hatten Rietschel und Krugs und Roquette (der nun wieder hier angekommen ist) dazu eingeladen. Zum Schluß spielt Neukomm das Händelsche „Er weidet seine Schafe“ und aus Judas Maccabäus „Seht, er kommt, mit Sieg umringt“. Diese beiden Musikstücke nehmen sich herrlich auf diesem Instrument Neukomm verläßt nun Dresden bald wieder.

30) Dienstag.... Neukomm mache ich einen Morgenbesuch, der Abschiedsbesuch ist. Er selbst nimmt nicht Abschied und hat in stillen Abschiedsgedanken gestern Abend, geleitet noch von seiner „Antigone“ (meiner Tochter Marie, die ihn auf der Treppe zu geleiten und bis zu seiner Droschke zu führen pflegte, denn er sieht fast gar nichts), unser Haus verlassen. Zunächst begiebt er sich nach Leipzig, wo er wieder von Freunden (Moscheles) erwartet wird.


Oktober.

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2) Donnerstag.... Die Zeichnung für das Prinzessin-Margarethen-Album wird nebenbei in Angriff genommen. Ich zeichne „Christus und die Samariterin am Brunnen“ etwas größer als die Blätter zur Bibel, aber die Komposition beibehaltend.... Im Museum finde ich Schirmer mit dem Ferd. Bol [vielmehr: Govert Flinck] beschäftiget, welcher David und Urias darstellt (No. 1205). Ein glücklicher Instinkt hat das Bild, an dem eigentlich nichts zu fehlen schien, Schirmer in die Hände gespielt. Es zeigte sich bei genauerer Untersuchung, daß an einem Rande Würmer, vermuthlich durch den Honig angelockt, der bei der Rentoilage des Bildes zu dem Kleister gemischt worden, die neue Leinwand ganz weggefressen hatten. Die alte Leinwand ist glücklicher Weise nicht im mindesten verletzt; die neue mußte aber in der Breite der Blindrahmenleiste durch einen Streifen ersetzt werden. Dieser ist nun gehörig mit Steinöl getränkt, und das wird die Würmer nicht anlocken.

3) Freitag.... Im Museum finde ich den Geh. Hofrath Bär, welcher gekommen ist, mir mitzutheilen, daß die Kaiserin von Rußland erst morgen Abend in Dresden anlangt und am Sonntag, wenn sie überhaupt im Stande ist, das Museum zu besuchen, die Galerie sehen wird. Die Galerie wird für das Publikum am Sonntag nicht eröffnet, bis die Kaiserin Dresden wieder verlassen hat, was am Nachmittag der Fall sein wird....

4) Samstag. Der Geheime Hofrath Bär kommt auch heute in das Museum, um anzuzeigen, daß die Kaiserin etwa um zehn Uhr die Galerie besuchen wird. Es wird ein schöner Fahrsessel herbeigebracht, in welchem die Kaiserin von einem Heiducken in der Galerie herumkutschirt werden wird. Ich wollte, die Geschichte wäre schon überstanden.

5) Sonntag. Gegen 10 Uhr begebe ich mich in das Museum. Bald kommen ein Paar Kosaken mit einem Tragsessel, um die Kaiserin die Treppe hinauf zu tragen. Bald nach 10 Uhr kommt ziemlich zahlreiches Gefolge. Unter ihnen Baron von Meyendorff, Schwager der Baronesse, welche in der Galerie kopirt. Er war lange Zeit russischer Gesandter in Berlin. Dann kommt die Kaiserin mit ihrem Bruder, dem Prinzen Albrecht von Preußen. Die arme Kaiserin sieht sehr leidend aus, doch behauptet sie immer noch eine aufrechte Haltung. Staatsrath Grimm macht den Führer, Inspektor Schmidt und ich sind seine Adjutanten. Grimm wollte nur etwa acht bis neun Bilder zeigen, es wurden aber mehr. Rafaels Madonna wurde gleich zu Anfang ordentlich betrachtet. Ich drängte mich nicht hervor und nahm gern Gelegenheit, mit Baron von Meyendorff und ein Paar Damen zum Rafael und andern vorzüglichen Bildern zurückzukehren, als die Kaiserin unter Grimms und Schmidts Führung nach dem östlichen Flügel des Museums sich wendete. Indessen ich wurde gerufen. Die Kaiserin war bereits unten in den Abtheilungen der Pastelle und Canaletto, wo sich unser König, die Königin und die Prinzessinnen eingestellt hatten, angelangt. Der König hatte nach mir gefragt, und der Kaiserin war inzwischen mitgetheilt worden, daß sie mich schon in München in den Kaisersälen kennen gelernt hatte. Sie richtete nun in Erinnerung Münchens freundliche Worte und Fragen an mich. Meiner Person erinnerte sie sich offenbar nicht, was sehr begreiflich ist. Prinzessin Sidonia nahm Gelegenheit, mich zu benachrichtigen, daß ihr Bruder Prinz Georg jetzt in Rom sei. Dem König fiel das Bild von Caffe auf, was uns der Pastellfabrikant Richter geschenkt hat [Bildniß des Julius Athanasius Dietz]. Es hängt in der Abtheilung der Pastelle über einer Thüre. Ich mußte mich bei dieser Gelegenheit fragen, warum das von Pastor Löhn uns angebotene Bild von der Kommission sei abgelehnt worden. Wenn es ein Bild von gleich lebendiger Auffassung ist, so wäre es immerhin würdig, der Galerie anzugehören. Gegen 12 Uhr verließ die Kaiserin das Museum. [127] König und Königin und Prinzessinnen, dann sämmtliches Gefolge entfernten sich gleichzeitig.

13) Montag.... Abends macht Frau von Arnswaldt aus Hannover.... meiner Frau einen Besuch. Sie will mit mir wegen eines Altarbildes sprechen, das für die Kreuzkirche in Hannover, wo ihre Familiengruft ist, ausgeführt werden soll. Ihr Gedanke ist, daß nur das Kruzifix, das nach meiner Zeichnung in Holz geschnitten worden, im großen gemalt werden soll.

14) Dienstag.... Frau von Arnswaldt kommt mit ihrer jüngeren Tochter um 11 Uhr. Es stellt sich heraus, daß mir nicht nur ihr Name, sondern auch ihr seliger Mann, der mit vielen meiner verehrten Freunde in naher Verbindung stand, in früheren Jahren bekannt geworden ist. Ihre Angelegenheit wird vielseitig besprochen, doch liegt es in der Natur der Sache, daß ein definitiver Beschluß noch nicht gefaßt wird. Erstlich soll ein Versuch gemacht werden, statt des bloßen Kruzifix den Gekreuzigten mit der Mutter und dem heiligen Johannes, wie sie von mir in der kleinen, von Gaber in Holz geschnittenen Zeichnung zusammengestellt sind, als Altarbild ausführen zu dürfen; zweitens wird noch eine Entscheidung hinsichtlich des ausführenden Künstlers (ich habe an Wichmann gedacht) vorbehalten, weil in dem gegenwärtigen Augenblick der definitiven Wahl noch Hindernisse in dem Weg stehen....

15) Mittwoch.... Gaber bringt mir eine Photographie nach Cornelius Carton, darstellend: die Erwartung des Gerichts. Es ist ein herrliches Werk, ein Werk, mit dem ich nach Auffassung und Form ganz einverstanden bin.

17) Freitag. Aus dem Dresdner Journal ersah ich, daß mein Schüler Paul Kießling bei der Berliner Concurrenz den Preis davongetragen und das Reisestipendium.... erhalten hat.... Dem Herrn Stadtrath Peschel melde ich, daß ich durch Krankheit abgehalten worden bin, die Zeichnung für das Margarethen-Album zu verfertigen.... Endlich arbeite ich auch wieder einige Stunden an dem „Kindermord in Bethlehem“. O, könnte ich mich frei machen und meine Zeit und Kräfte ganz meiner Bibel widmen!

19) Sonntag.... Schreiben an den Stadtrath Peschel, der mir eine Verlängerung der Frist für Ablieferung des Album-Blattes bis zum 30. d. M. zugestanden hatte, in welchem ich meine Verzichtleistung auf die Betheiligung an dem Margarethen-Album ausspreche.

21) Dienstag.... Abends liest die Hausfrau aus Ludwigs „Zwischen Himmel und Erde“. Das ist freilich ein Schriftsteller, der in die Tiefe geht, darum auch die Schilderung an sich sehr einfacher Verhältnisse wunderbar anspricht und fesselt.

22) Mittwoch. Wieder ein Tag, der an Briefen gesegnet ist.... Frau von Arnswaldt schreibt, daß Fräulein L. Grisebach, wie es scheint, die eigentliche Bestellerin des Altarbildes für Hannover; einverstanden ist, daß meine Komposition, Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, gemalt werde. Fräulein Grisebach schreibt auch selbst und bedingt nur vor definitiver Entscheidung eine Farbenskizze.... Von dem Herrn Minister werde ich in Kenntniß gesetzt, daß Fürst Metternich, der Alte, morgen das Museum besuchen werde.... Graf Radolinsky besucht mich, um mir noch Näheres wegen des morgen zu erwartenden Besuchs des Fürsten Metternich zu sagen.

23) Donnerstag.... Nach 11 Uhr treffe ich im Museum die nöthigen Anordnungen zum Empfang des Fürsten Metternich. Gegen 12 Uhr besehe ich die Gemälde aus Pillnitz, Architekturstücke, einige von Canaletto, welche zum Theil der Restauration bedürfen und deshalb in Schirmers Hände kommen müssen. Es handelt sich auch um Ermittelung, ob die Gemälde zum Kron- oder Hausfideicommiß gehören. In der ersten Kategorie gehören sie zur Galerie. Nach 1 Uhr bin ich auf meinem Posten im Museum, um den Fürsten zu erwarten. Graf Radolinsky kommt zuerst, dann die Fürstin Hermine Metternich mit der Gräfin Rödern, dann die Fürsten Metternich, Vater und Sohn; der letztere ist jetzt hier als östreichischer Gesandter. Dessen Gemahlin kommt mit einer andern Dame noch später. Der Fürst Vater erinnert sich meiner von München her. Die Galerie wird mit Aufmerksamkeit betrachtet, obwohl die Gemälde vom alten Local her dem Fürsten wohl bekannt sind. Die Fürstin Hermine wird in dem neuen Fahrsessel vom Grafen Radolinsky kutschirt. Erst gegen 3 Uhr verlassen die Herrschaften das Museum.

24) Freitag.... Claus Groth, den Mathematiker und Dichter, den ich schon im Museum sah, finde ich in meinem Atelier.... Abends Zumpe, Roquette, später Wigand und Claus Groth. Es wird beliebt meine Porträtsammlung zu sehen. Wigand, Roquette und Zumpe bleiben bis gegen 11 Uhr bei einem guten Glas Punsch, das die Hausfrau bereitet hat.

25) Samstag. Ich erhalte Botschaft aus dem Schloß, daß der König mich sprechen will. Um 11 Uhr warte ich auf. Er wünscht eine Zeichnung aus dem Buch Tobiä, die er aus Veranlassung der Vermählung der Prinzessin Anna mit dem Erbgroßherzog von Toskana dem alten Großherzog schenken will. Der König bringt seinen Wunsch mit großer Güte und Liebenswürdigkeit vor. Alsdann haben wir Galerie-Kommission, bei welcher jedoch Rietschel fehlt. Ich stelle den Antrag, jeht die Restauration von Tizians Zinsgroschen vorzunehmen, da die oberste Firnißdecke sehr blind geworden ist und der Wirkung des Bildes großen Eintrag thut. Ein paar kleine Versuche [128] Schirmers zeigen, daß diese oberste Firnißdecke auf trockenem Wege leicht zu entfernen ist und zu hoffen steht, daß die Restauration Palmarolis unberührt bleiben wird. Die Mitglieder der Kommission sind einverstanden, daß diese Restauration jetzt vollzogen werde. Es soll zunächst mit der Reinigung untergeordneter Theile der Anfang gemacht werden und nächsten Dienstag will man noch einmal zusammenkommen, um über Weiteres zu beschließen....

26) Sonntag.... Von der gestern erwähnten Komposition [„Gideons Sieg wider die Midianiter“] wird ein fester Umriß behufs der Uebertragung auf das Holz gezeichnet. Sobald der Durchzeichner die Platte in Händen hat, gehe ich an die Zeichnung für den König. Derselbe schickt mir heute die Porträte des alten Großherzogs und des Sohnes, des Bräutigams der Prinzessin Anna. Gegen Abend kommt Gonne, den ich gestern und vorgestern vergebens aufsuchte, um ihn zu fragen, ob er nach meiner Komposition das Altarbild für Hannover malen wolle. Ich trage ihm nun jetzt meine Gedanken vor. Er geht mit großer Bereitwilligkeit und Freude auf meinen Vorschlag ein und wird zunächst die verlangte Farbenskizze ausführen. Er bleibt den Abend bei uns.

27) Montag.... Im Museum finde ich den Zinsgroschen wunderbar umgewandelt. Die Operation der Wegnahme der obersten Firnißdecke, zu welcher noch Eiweiß und mancher Schmutz gekommen sein mag, ist vortrefflich gelungen. Das Bild steht in vollster Klarheit, Deutlichkeit und Kraft vor meinen Augen, das vorgestern noch undeutlich und trübe war. Das Haar des Heilands löst sich deutlich vom Grunde. Das Roth und Blau der Gewänder steht fast in vollkommenem Einklang. Unser Schirmer hat sich aufs neue als tüchtiger Restaurator erwiesen.... Ich beginne die Komposition aus dem Buch Tobiä für den König. Abends kommt Gonne nochmals, um die verabredeten Aenderungen noch einmal zu besprechen. Er ist voll Lust und Feuer für die Arbeit.

28) Dienstag. Mit meiner Komposition aus dem Buch Tobia komme ich nun schon in Zug, obwohl die Aufgabe keine leichte ist. Der König wünscht nämlich die Analogie der Situation, Rückkehr des Sohnes zu den Aeltern mit einer geliebten Braut, durch einige Porträtähnlichkeiten hervorgehoben und entschieden betont. Das nöthigt mich, das Bild im ganzen etwas anders zu halten, als ich es sonst thun würde. – Der Herr Minister von Zeschau ladet mich durch ein sehr freundliches Handbillet für heute Abend zum Thee .... Im Restaurationszimmer finde ich bereits, mit Ausnahme des Prof. Hübner, sämmtliche Mitglieder der Kommission vereinigt. Was ich schon gestern wußte, finden heute meine Herren Kollegen. Anstatt den Anfang einer Restauration zu sehen, findet man durch die einfache, von Schirmer vorgeschlagene und ausgeführte Operation einer theilweisen Befreiung des Bildes von der obersten, durch Anwendung von Eiweiß und anderen Anfeuchtungsmitteln trübe und schmutzig gewordenen Firnißdecke die Restauration fast vollendet. Es sind nur störende Pünktchen vorhanden und kleine Streifen, die Schirmer einstweilen stehen lassen, um das Bild der Kommission zu zeigen, wie es sich nach der Reinigung gestaltet hat. Die Kommission findet das Resultat der Restauration so glänzend und befriedigend, eine etwaige Weiterführung derselben durch Nachhülfe mit Farbe einerseits so wenig nöthig, andererseits so bedenklich, daß man einstimmig erklärt, mit dem erreichten Erfolg und der Entfernung oben bemerkter störender Pünktchen und Streifen sich begnügen zu wollen.... Nach 8 Uhr begebe ich mich zu Herrn von Zeschau. Die Gesellschaft ist eine glänzende. Sämmtliche Minister und Gesandten mit ihren Gemahlinnen sind zugegen, außerdem noch die Notabilitäten der Stadt. Ich unterhalte mich sehr gut und bleibe bis zu Ende der Gesellschaft.

29) Mittwoch.... An meiner Zeichnung arbeite ich noch ohne rechte Sicherheit und deshalb auch ohne raschen Fortgang. Es muß besser gehen, wenn es etwas werden soll. – Schirmer hat nun auch die Kleinigkeiten gemacht, die am Zinsgroschen herzustellen übrig blieben. Das Bild könnte in die Galerie zurückgebracht werden, wenn es um des frischen Firniß willen nicht wünschenswerth wäre, es im wärmeren, keinem Zug ausgesetzten Restaurationszimmer zu lassen....

31) Freitag. Reformationsfest. Der heutige Festtag überhebt mich amtlicher Verpflichtungen. ist traurig, aber so lange, als ich in dem entsetzlichen Arbeitsgedränge bin, unvermeidlich, daß nur dieser Umstand auf meine Verrichtungen Einfluß hat. Ich arbeite mit größter Anstrengung an der Zeichnung für den König und unterbreche die Arbeit gleich nach Tisch nur ein Viertelstündchen, um die Ankunft des Erzherzogs Carl Ludwig mit anzusehen, welcher nächsten Dienstag seine Vermählung mit unserer Prinzeß Margarethe begeht.


November.

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1) Samstag.... Auch heute arbeite ich ohne alle Unterbrechung bei verschlossener Thüre. Es kommen so viel Leute, welche Zutritt in die Galerie begehren, daß ich mir nicht anders zu helfen weiß, als die Thüre zu schließen. Wilibald Alexis (Häring) sehe und spreche ich und ertheile ihm natürlich eine Ausnahmsbewilligung. Um im Museum nicht in Kollisionen zu kommen, begebe ich mich gar nicht dahin. So kommt es, daß ich mit Ausnahme der kurzen Zeit, die ich am Mittagstisch zubringe, gar nicht von der Arbeit wegkomme, [129] bis ich dann gegen 4 Uhr so ermüdet bin, daß ich es sehr gern sehe, zum Kaffe gerufen zu werden. Es kommt nun aber auch heute ein sauberer Umriß auf dem richtigen Papier zu Stande, und morgen gedenke ich an die Ausführung mit der Feder zu gehen.... Nach der Sitzung [des akademischen Raths] 1/2 8 Uhr gehe ich mit Rietschel zu Peip[34], zu dem wir geladen sind. Es kommen noch die Excellenzen von Zeschau, von Falkenstein und von Langenn. Außerdem Geh. Rath Dr. Carus. Der Graf Radolinsky, der wohl der eigentliche Wirth ist, ist zugegen. Auch der junge von Zeschau ist anwesend. Peip liest eine Gedächtnißrede des Professor Niedner auf Luther, sodann einen Vortrag des Professor Nitzsch über Melanchthon. Beide Schriften sind sehr interessant und ansprechend. Nach der Lesung begiebt man sich zu einem Souper und entfernt sich erst gegen 11 Uhr. Der Abend war sehr belebt. Die Herrn Minister waren sehr mittheilend und liebenswürdig. Der Oberhofprediger Liebner war durch Unwohlsein verhindert zu erscheinen.

2) Sonntag.... Aus dem Hofmarschallamt erhalte ich ein Billet für die katholische Kirche zur Trauung der Prinzessin Margarethe. Die Arbeitszeit wird der Zeichnung gewidmet. Abends liest uns Roquette die beiden letzten Acte seines Dramas [„Die Sterner“] vor. Es will mir nicht gefallen, oder richtiger, es gefällt mir nicht, obwohl es mir gefallen möchte. Ich finde nirgends Eigenthümliches, Neues oder Tiefes. Es ist ein Mosaik von dagewesenen Dingen.

3) Montag.... Wegen des Zinsgroschen, der im neuen Glanze mehr unter den Spiegelungen leidet als bei dem trüben Firniß, treffen wir Verabredungen. Es sollen die untern Scheiben des Fensters mit kleinen grünen Vorhängen wie im Rafael- und Holbeinzimmer verhangen und die Thüre gegen den Rafael mit einer Portiere versehen werden. Im Atelier finde ich auch heute wie schon neulich, daß Hemken sehr tüchtig arbeitet. Sein Adam und seine Eva sind sehr brav ausgeführt. Aus dem Hofmarschallamt erhalte ich auch eine Einladung für das Théâtre paré, das übermorgen (Mittwoch) stattfindet. Abends 7 Uhr erhalte ich Nachricht durch den Kammerherrn von Budberg, daß der Erzherzog Franz Carl, Vater des Kaisers und des Erzherzogs Carl Ludwig, morgen nach 8 Uhr das Museum sehen will. Ich schicke sogleich die nöthige Weisung an Voigt.

4) Dienstag. Als ich im Begriff bin nach dem Museum zu gehen, sendet die Königin Marie und läßt mir sagen, der Erzherzog werde erst nach 9 Uhr kommen. Da ich die Möglichkeit eines Irrthums annehmen muß und Voigt nicht im Stich lassen will, der um 8 bestellt ist, so gehe ich doch bald nach dieser Zeit ins Museum. Der Erzherzog kommt aber in der That erst gegen 91/2  Uhr. Er begrüßt mich mit größter Freundlichkeit als einen alten Bekannten. Meines seligen Bruders erwähnt er als eines Freundes. Der Erzherzog sieht mit großer Theilnahme, Freude und Kunstkenntniß unsere Schätze. Er bleibt bis ein viertel vor 11 Uhr. Ich eile nun nach Hause, um mich in Staat zu werfen.... Denn ich habe mich nach der katholischen Kirche zu verfügen, wo die Vermählung der Prinzeß Margarethe mit dem Erzherzog Carl Ludwig stattfindet.... Die Handlung ist sehr feierlich. Die Musik ist wirkungsvoll, wenn auch etwas zu weltlich. Das ganze heilige Amt wird, bis auf wenige Worte am Schlusse, in deutscher Sprache abgehalten, und ich höre nichts, was mich an römisch-katholische Lehre erinnert....

5) Mittwoch. Gonne hatte mir gestern gesagt, daß er mit der Farbenskizze zu dem Altarbild für Hannover fertig sei. Ich gehe heute Vormittag zu ihm, um die Skizze zu sehen. Sie ist sehr flüchtig gemalt, zeigt aber, daß das Bild eine große Wirkung machen kann. Einige angefangene Sachen, die ich sehe, gefallen mir sehr gut. So der junge Luther, der durch Musik aus einer Ohnmacht erweckt wird. Von Gonne wende ich mich nach dem Museum, wo ich gerade zu rechter Zeit anlange, um den Kronprinzen, die Kronprinzessin und den Prinzen Georg, welche dem Erbprinzen von Dessau und seiner Gemahlin das Museum zeigen wollen, zu begleiten.... Ein viertel vor 7 Uhr begebe ich mich nach dem Theater und finde die Versammlung schon beisammen. Das Theater macht eine prachtvolle Wirkung. Die glücklichen Größenverhältnisse und die lebendigen vollen Formen der Architektur berühren mein Auge sehr wohlthuend. Beim Erscheinen der Neuvermählten wird ein dreimaliges Hoch ausgebracht. Das Festspiel ist sehr hübsch ausgedacht. Die Bayer spricht als Saxonia den Prolog. Sie deutet auf den Schmerz der Trennung, verheißt auch den liebevollen Empfang des treuen Tyrolervolks bei dem Einzug in Innspruck. Während Saxonia auf diesen Trost hinweist, erscheint Innspruck im Bilde, belebt durch eine Menge jubelnden Volks, das die östreichische Volkshymne singt. Als dieses Bild verschwunden ist, spricht Saxonia weiter und lenkt den Blick auf die Heimath, in welcher treue Liebe und Anhänglichkeit der Scheidenden bewahrt bleiben werden. Es erscheint nun das königliche Schloß in Pillnitz, die mit vielen schwankenden Gondeln belebte Elbe, deren Ufer aber mit noch mehr treuen Bewohnern belebt sind, die ihre Empfindungen in dem Gesang der sächsischen Volkshymne vereinen. [130] Nun folgt die Aufführung von Glucks Iphigenia in Tauris. Die Ney-Bürde als Iphigenia, Mitterwurzer als Orest, Tichatscheck als Pylades. Die Aufführung ist eine sehr ausgezeichnete. Erst nach 10 Uhr verläßt man das Theater.

6) Donnerstag. Meine Zeichnung beunruhiget mich, und schwerlich werde ich sie mit Freude abgeben. Die Art der Durchführung mit der Feder ist nicht frei und künstlerisch, ist zu mühsam, und doch weiß ich nicht, wie ich die Zeichnung hätte ausführen sollen, da ich bei dem Zustand meiner Augen, das heißt, bei Ermangelung eines Auges, den Pinsel nicht mehr sicher handhaben kann. Ueberdem harren einige Holzschneider vergeblich auf Zeichnungen von mir. Es war ein Mißgeschick, daß der König auf den Gedanken kam, mir den Auftrag zu geben.

7) Freitag.... Meine Zeichnung, die ich heute den Meinigen zeige, findet dennoch Beifall. In wenig Tagen wird sie vollendet sein.

8) Samstag. Meine Zeichnung gestaltet sich nun doch besser, als ich dachte. Der Beifall der Meinigen ermuthiget mich, auch auf die Zufriedenheit des Königs mit meiner Arbeit zu hoffen. Bald wird sie beendiget sein.... Als ich heute das Museum zum zweiten Mal betrat, begegnete mir noch Prinz Georg in dem Treppenhaus, und wir sprachen ein Weilchen zusammen über Glucks Iphigenie.

9) Sonntag.... Bis Mittag ist meine Zeichnung fertig. Nur die Schrift auf dem Tuch oben fehlt. Der König wünscht, daß ich den Text nach der Vulgata hinsetze. Nachmittag fange ich ein wenig an der Aufzeichnung für Steinbrecher an, der schon lange sehnlichst auf Arbeit wartet. Es bleibt bei wenig Strichen heute. Gaber kommt, und es wird bald nach 3 Uhr so dunkel, daß ich nicht mehr hinreichend sehen kann.

10) Montag. Rietschel sucht mich auf.... Ich zeige Rietschel meine Zeichnung. Er ist sehr zufrieden damit, was mich recht sehr ermuthiget. Im Museum sucht mich ein Abgeordneter der Weber’schen Buchhandlung in Leipzig auf, um mich im Namen derselben zu fragen, ob ich erlaube, daß mein Einzug Barbarossas in Mailand als Holzschnitt in der Illustrirten Zeitung aufgenommen werde. Ich habe nichts dagegen. Zeichnung und Schnitt werden bei Gaber besorgt werden.

13) Donnerstag.... Im Museum alles in der Ordnung. Schirmer hat den Garofalo No. 124, Neptun und Pallas darstellend, in das Restaurationszimmer bringen lassen, der eine zum Theil vergilbte Firnißdecke zeigt. Als Schirmer in früheren Jahren das auf den Stab der Pallas von fremder Hand aufgesetzte Kreuz entfernte und die Lanze in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit wiederherstellte, wurde ein Theil der Luft gereiniget, der nun mit dem unberührten verschmutzten Lufttheil nicht zusammenpaßt. Wir wollen nun die ganze Luft fegen, wenn die Herren von der Kommission nichts dagegen haben.

14) Freitag. Um 9 Uhr Morgens schicke ich die oft erwähnte Zeichnung an Se. Majestät den König.... Abends wird aus einem neuen Buch von Auerbach gelesen. Es führt den Titel Barfüßele.

15) Samstag.... Ein Hofdiener meldet mir, daß ich 1/2 10 Uhr zu Seiner Majestät dem König kommen soll. Zu gedachter Zeit an Ort und Stelle werde ich sogleich von Seiner Majestät empfangen. Der König sagt mir mit großer Freundlichkeit, daß er mit meiner Zeichnung zufrieden sei. Es kommt dann die Rede auf die Galerie. Der König war vorgestern Nachmittag daselbst, als sie bereits für das Publikum geschlossen war. Renner war glücklicher Weise anwesend und zeigte ihm den Zinsgroschen und die veränderte Aufstellung der Claude’schen Landschaft. Der König spricht sich sehr zufrieden mit der Restauration des Zinsgroschen und mit der neuen Aufstellung der Landschaft aus.... 18 Uhr begebe ich mich zu Geh. Rath Carus, zu dem ich geladen bin. Es sind noch zugegen: der Oberhofprediger Liebner, Dr. Peip, Dr. Hettner, Hübner, Rietschel. Carus lieft uns einen Aufsatz über die Sixtinische Madonna vor. Alle Zuhörer sind in hohem Grade befriediget. Ich gestehe, daß ich so etwas von Carus nicht erwartet hatte. Der Aufsatz wird über kurz oder lang wohl in die Oeffentlichkeit treten. Carus sieht sich veranlaßt, uns noch den Mozart’schen bekannten Brief und einen Brief von Goethe, den er an Friederike schrieb, vorzulesen. Um 11 Uhr trennt man sich.

16) Sonntag. Um 10 Uhr Morg. übergebe ich Steinbrecher die neue Aufzeichnung: Gideons Sieg, auf die er schon lange wartet. Dann nehme ich eine neue Skizze vor, darstellend: wie Jesus nach seiner Auferstehung den Jüngern sich in Galiläa offenbart. Der Gegenstand ist sehr schwer, der geringe Umfang des formats meiner biblischen Blätter erhöht die Schwierigkeit, den Vorgang deutlich zu entwickeln. Es kommt bis zur Dämmerung ein Blatt zu Stande; ob es aber taugt? – Am Nachmittag liest mir während der Arbeit die Hausfrau aus Auerbachs „Barfüßele“ vor. Die Erzählung spannt uns außerordentlich. Als ich in der Dämmerung meinen Spaziergang machen will, bekomme ich Besuch. Der Professor und Hofmaler R. Suhrlandt aus Mecklenburg-Schwerin besucht mich mit seiner Tochter, welche Zeichnerin und Violinspielerin ist. Seine Redseligkeit bringt mich fast zur Verzweiflung. Den Vorschlag, mich von seiner Tochter für ihre Sammlung zeichnen zu lassen, schlage ich rund ab. Von seinen Pillen will ich eben so wenig wissen. Das [131] Rezept zu einem guten Firniß mag Schirmer prüfen.... Um meinen Spaziergang bin ich gebracht. Die Abendlektüre restaurirt mich wieder. Die Hausfrau liest „Barfüßele“ zu Ende. Das ist wieder einmal ein köstliches Buch....

17) Montag. Da die letzte Komposition mir zweifelhaft ist, so nehme ich einen andern Gegenstand vor, der zunächst an die Reihenfolge aus dem Alten Testament sich anschließen soll: Simson, der tausend Philister mit eines Esels Kinnbacken schlägt. Ich fürchtete, mich in die Darstellung einer Prügelei zu verwickeln. Die nochmalige Lesung des Textes bringt mich, wie ich glaube, auf die richtige Erfassung. Simsons Triumph stelle ich dar. „Da liegen sie bei Haufen; durch eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann geschlagen“.... Ich soll zum Minister kommen. Nach einem Besuch bei Schirmer und Erledigung einiger Geschäfte gehe ich zu Seiner Excellenz Herrn von Zeschau. Derselbe sagt mir in freundlichster Weise, daß der König über meine Zeichnung sich sehr freue, daß derselbe wohl wisse, wie ich in meinen Erwartungen bescheiden sei und mir deshalb entgegenkommend seine Erkenntlichkeit in seiner Weise, nämlich durch Verehrung eines Ringes bezeugen wolle. Der Minister überreicht mir nun einen kostbaren Ring, dessen Werth bedeutend sein muß.... Die neue Skizze zum Simson ist am Abend im Wesentlichen fertig.

18) Dienstag. Heute findet bei Hofe die feierliche Bewerbung des toskanischen Gesandten um die Hand der Prinzessin Anna für den Erbgroßherzog von Toskana statt, an welche sich die Verlobung anschließt. Die Feierlichkeiten sind schuld, daß ich Se. Exc. den Oberhofmeister ô Byrn nicht sprechen und meine Danksagung für den Ring nicht anbringen kann.... Meine Skizze zum Simson bleibt in Geltung. Am Nachmittag wird der Umriß auf das Pflanzenpapier gezeichnet zum Behufe der Uebertragung auf das Holz.

19) Mittwoch. Es gelingt mir Se. Exc. ô Byrn zu treffen, ihm sagen zu können, wie hoch ich das Geschenk des Königs in Ehren halte, und ihn zu bitten Seiner Majestät meine Dankbarkeit zu bezeugen....

20) Donnerstag.... Kaum habe ich mein Mittagsessen beendet, als ein Lakai in die Wohnung stürzt mit der Meldung, der König sei mit dem Großherzog von Toskana (der gestern hier angekommen und feierlich empfangen worden ist) seit einer Viertelstunde im Museum und es sei vor einer halben Stunde nach mir geschickt worden. Der Lakai war etwas außer sich, daß mir die Botschaft von meinen Leuten nicht ausgerichtet worden sei; ich aber war ziemlich ruhig, beeilte mich nichts desto weniger sehr, um bald am Platz zu sein, und gelangte durch eine Droschke auch bald dahin. Ich fand den Großherzog und den König beim Holbein. Der Großherzog sagte mir viel Freundliches über meine Zeichnung, die ihm heute wohl vom König übergeben worden ist.... Der Großherzog sah mit großer Theilnahme und, wie ich glaube, mit ernster Würdigung die Kunstschätze, die übrigens schon aus früherer Zeit ihm bekannt waren. Von vielem, was ich zu bemerken hätte, sage ich nur dies, daß er mit Unzufriedenheit seiner Akademie in Florenz gedachte und meinte, es sei besser, die großen Mittel, die sie erfordere, einem hochbegabten und ernstgesinnten jungen Künstler zuzuwenden, wenn ein solcher in seinen Landen vorhanden wäre und durch eine solche Unterstützung die Erziehung wahrer Meisterschaft demselben gesichert werde. Ehe der König das Museum verließ, nahm ich Gelegenheit, ihm noch für den Ring zu danken. – Kurz vor Schluß der Galerie war auch die Königin Marie gekommen. Nachdem der König mich entlassen, begleitete ich dieselbe noch bis zu ihrem Fortgehen.

21) Freitag. Bußtag.... Nachher beginne ich eine neue Komposition, die letzte zu dem Buch der Richter. Sie stellt die jungen Benjaminiten vor, welche durch List, das ist Raub, Weiber gewinnen. Der Gegenstand ist nicht ohne Bedenklichkeiten, doch lasse ich ihn nicht gern weg.

22) Samstag.... Um 3 Uhr begebe ich mich zu Baudissins, wohin ich zum Mittagsessen geladen bin. Es sind zugegen: Geh. Rath von Ammon [35], Herr Goldschmidt[36], Roquette, Hähnel, Hettner, Claus Groth, Gomme, General Graf Baudissin, Nicolai. Es ist ein sehr liebenswürdiges Diner, das wir begehen, und die Unterhaltung ist sehr belebt. – Abends sind wir allein. Die Hausfrau liest aus Schuberts Leben vor. Es ist ein durchaus herrliches Buch. Ich sehne mich danach, dem theuern Mann meinen Dank auszusprechen und noch einmal wenigstens – jeder Tag kann unser Ende bringen – mit ihm brieflich zu verkehren.

23) Sonntag.... Es kommt viel Besuch zu mir. Jungtow, die beiden Joerdens, am Nachmittag Gaber, der mir eine Anzahl bunter Bilderbogen zeigt, die in Ruppin bei Gust. Kühn mit der Bezeichnung „Original und Eigenthum“ erschienen sind und die, bis auf einen Zusatz in der Größe, genaue Copien meiner Bibel-Bilder sind. Dabei trägt eine Ueberschrift „Innere Missions“-Zwecke zur Schau. Es ist eine Schande, daß der deutsche Buchhandel solche Wegelagerei treibt und gar unter heiliger Firma stiehlt. Was wird Wigand dazu sagen?

25) Dienstag.... Nachm. 3 Uhr haben wir Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es werden noch einige Ankäufe gemacht und sodann die der [132] Generalversammlung vorzuschlagenden Vereinsblätter bestimmt. Es werden drei Blätter gewählt: mit 8 Stimmen meine von Petzsch gestochene Ottokar-Schlacht, mit 6 Rietschels Gruppe „Goethe und Schiller“, welche im Falle der Wahl durch die Generalversammlung in Kupfer gestochen werden soll, und Bendemanns Bacchuszug aus dem Schloß, welcher lithographiert werden würde, mit 5 Stimmen. – Wir eilen mit der Erledigung der Geschäfte, weil mehrere der Anwesenden in das Théâtre paré gehen, das um 6 Uhr beginnt. Ich bin unter diesen Theatergängern. 1/2 6 Uhr bin ich völlig angekleidet und fahre mit Rietschel nach dem Theater. Die Vorstellung beginnt mit einem Festspiel: Arnus und Albina betitelt, mit ähnlichen Beziehungen auf die hohen Neuvermählten, wie sie das Festspiel bei dem letzten Théâtre paré enthielt. Dann folgt Oberon. Ich habe diese Oper erst einmal und in sehr frühen Jahren gehört; sie ist mir also ziemlich neu. Ich kann aber nicht sagen, daß sie mich sehr anspricht. Die schönen Gesangstücke stehen doch sehr vereinzelt. Der Zauberfirlefanz und die Tänze entschädigen mich nicht.


Dezember.

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4) Donnerstag.... Am Nachmittag bringt mir Obermann einen Probedruck des von ihm jetzt vollendeten Blattes: Joseph erhält Befehl nach Aegypten zu fliehen. Das Blatt ist sehr schön ausgefallen, und es gefällt mir außer dem Schnitt auch meine Komposition sehr gut.

5) Freitag.... Wigand schickt einen Probedruck des Blattes von Ade, der Kindermord. Ich bin recht zufrieden in der Hauptsache. Ade wird ein braver Arbeiter werden. Den Nachdruck meiner Bibelblätter durch Herrn Kühn in Ruppin wird Wigand sehr energisch und, da die Gesetze in Preußen ihn unterstützen, mit Erfolg bekämpfen.... Zscheckel bringt mir auch sein Blatt, die Flucht nach Aegypten. Auch dieses Blatt ist recht schön gearbeitet.

7) Sonntag.... Jungtow bringt mir einen Probedruck seines Blattes: Gideon, zum Richter berufen. Es ist von seiner Seite gewissenhaft gearbeitet. Mir gefällt die Bekleidung des Engels nicht, und ich kann bis zum Schlafengehen den Katzenjammer nicht los werden, den ich immer empfinde, wenn ich etwas schlecht gemacht habe oder mir einbilde, es schlecht gemacht zu haben.

9) Dienstag.... Gaber bringt mir einen Probedruck der letzt vollendeten Platte, Mariae Heimsuchung. Das Blatt ist wunderschön geschnitten. Ich erhalte Weisung, bei einer Berathung über die Bestimmungen, unter welchen das Kupferstich- und Handzeichnungskabinet dem Publikum zugänglich sein wird, im Ministerium des Königlichen Hauses zugegen zu sein. Außer dem Herrn Minister, dem Direktor Gruner und mir sind noch der Geheime Hofrath Bär und der Geheime Rath Kohlschütter zugegen. Das Kabinet soll am Geburtstag Sr. Majestät des Königs, am 12. Dezember, also in wenig Tagen eröffnet werden. Obwohl die Zeit bis dahin sehr kurz ist, so wird es doch möglich sein, mit den Bestimmungen ins Reine zu kommen und dieselben am Eröffnungstage im Dresdner Journal erscheinen zu lassen. Zu Hause finde ich einen Brief von Ludwig.... Brulliot[37] hat seinen Kontrakt auf fünf Jahre erneuert. Ludwig meint, er werde sich schwer von ihm trennen können und doch wohl auch noch so lange in Karlsruhe bleiben. Doch denkt er auch sehr an Dresden und beauftragt uns, ihm zu schreiben, wie der neu berufene Krüger hier gefällt.

10) Mittwoch.... Im Museum erwartet man den König, der vor der Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets dasselbe sehen will. Der Herr Minister, welcher den König empfangen wird, kommt vor dessen Ankunft zu uns herauf.... Ich nehme den Augenblick wahr, dem Minister einen Brief aus Leipzig mitzutheilen, in welchem unserer Galerie „ein ächter Correggio“ zum Kauf angeboten wird. Ich werde ermächtiget, den Antrag abzulehnen. Eine freundliche Begegnung bietet sich. Graf Raczynski[38], den ich sehr lange nicht gesehen habe, begrüßt mich.... Raczynski ist sehr entzückt von unserer Galerie. Er sagt, daß er die meisten Galerien gesehen, aber keine gefunden habe, welche der unsern gleich komme.

11) Donnerstag.... Im Museum noch einmal genaue Betrachtung der Wouwermans in Begleitung von Renner zur Vorbereitung auf die morgen stattfindende Besichtigung und Begutachtung des von Würzburg zur amtlichen Schätzung hierher gesandten Bildes, das für einen Wouwerman verkauft, aber dann als nicht ächt zurückgewiesen wurde.... Die Komposition, deren Umriß bereits auf dem Holze: „Der auferstandene Heiland offenbart sich seinen Jüngern in Galiläa“ wird von mir verworfen und anders versucht.

12) Freitag. Geburtstag Seiner Majestät des Königs. Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets. – Um 10 Uhr zum Stadtgericht zur Begutachtung des aus Würzburg anher gesendeten Bildes. Beim Hingehen nehme ich (mit Erlaubniß) Schirmers Vergrößerungsglas mit zu besserer und genauerer Betrachtung der Ausführung. Schmidt finde ich bereits an Ort und Stelle; auch ist der Anwalt des Herrn Professor Rinecker [39] im Stadtgericht anwesend. Schmidt und ich wurden zusammen vereidigt. Die Prüfung des [133] Gemäldes wird von Einem nach dem Andern vorgenommen, so wie die Abhörung und gerichtliche Niederschreibung der Ansicht der Vorgeforderten nur in Gegenwart von einem derselben geschieht, ohne daß Gelegenheit zu gegenseitiger näherer Verständigung gegeben war. Herr von Quandt kommt erst, nachdem Schmidt und ich ihre Aussagen beendigt hatten. Wie ich nachher hörte, ist auch Quandt mit der Meinung von uns einverstanden, daß das Bild von Wouwerman nicht sei. Er hält es für einen Huchtenburg, zu welcher Ansicht auch Schmidt sich neigen soll. Ich halte es für eine Nachahmung des Wouwerman, die in der Absicht gefertiget worden, daß sie für eine Wouwermansche Arbeit gelte.

13) Samstag. Die neue Komposition des mich beschäftigenden Gegenstandes kann gelten. Sie ist als Skizze im Reinen.

14) Sonntag. Die neue Komposition wird am Vormittage durchgepaust und der gewonnene Umriß dem Joerdens zur Uebertragung auf das Holz zugestellt. Dann eile ich nach der Terrasse, um auf dem Kunstverein meine Stimme in Ansehung des von Bürkner demselben als Vereinsgabe angebotenen Werkes nach Bendemann abzugeben. Könnte ich mich näher aussprechen, so würde ich sagen: Bei aller Anerkennung der Schönheit der Kompositionen und der Trefflichkeit der Ausführung auf Kupfer kann ich dem Werke meine Stimme als „Vereinsgabe“ theils wegen des hohen Preises, theils darum, weil es viele Blätter enthält, nicht geben. So wird nur ein einfaches Ja oder Nein verlangt, und ich lege einen Zettel mit einem Nein in die Büchse.

15) Montag. Freund Rietschels Geburtstag. Mein erster Gang gilt ihm .... ich begebe mich nach seinem Atelier, wo ich ihn auch finde, damit beschäftiget, seinem großen Werke die Krone, könnte heißen: Schiller den Kopf, der allein noch fehlt, aufzusetzen.... Bei Rietschel finde ich Dr. Carus, den Sohn, den ich sehr gern habe.

16) Dienstag.... Die Hausfrau liest Schuberts Biographie am Abend zu Ende. Noch einmal sage ich’s: Das Buch ist schön, sehr schön. Könnte ich nur den lieben Schubert noch einmal sehen und dann auch für dieses Buch ihm danken!

19) Freitag. Brief an Fräulein Grisebach beendiget und abgesendet. Einigen ihrer Wünsche gebe ich nach, andern nicht. Ich erkläre mich entschieden und lasse ihr jetzt eigentlich nur die Wahl, auf Grund meiner Vorschläge anzunehmen oder ganz abzubrechen. Wir wollen nun sehen, wie sie das aufnimmt. Um Gonnes willen wünschte ich, es würde etwas aus der Sache....

20) Samstag.... Nachmittag 3 Uhr Generalversammlung des Kunstvereins. Wahl neuer Mitglieder des Direktoriums. Es zeigt sich schon bei dieser Wahl, daß in der Versammlung ein Element der Opposition gegen die jetzige Verwaltung vorhanden ist. Rietschel, der so lange dem Verein mit Hingebung sich gewidmet, wird nicht wieder gewählt, dagegen kommt Bendemann wieder in das Direktorium. Bei der Wahl des Vereinsblattes bleibe ich nicht, da es unangenehm für mich ist, der Abstimmung über den Stich von Petzsch nach meinem Carton (Rudolfs Schlacht) beizuwohnen. Wie ich etwas später höre, sind sämmtliche Vorschläge des Direktoriums hinsichtlich des Vereinsblattes verworfen worden und soll ein neuer Vorschlag aus der Mitte der Generalversammlung hervorgehen und zur Annahme kommen. Ich gehe zeitig nach Hause, auch der Verloosung den Rücken wendend. Bei den Meinen ists besser. Frau und Kinder sind emsigbeschäftiget mit den Vorbereitungen zur Ausschmückung des Weihnachtsbaumes.

23) Dienstag.... Im Museum erfahre ich durch Herrn Hollander noch manches Nähere über Herrn Morris Moore[40], was mich etwas milder gegen ihn stimmt als das bisher Erfahrene. Er ist eben ein Gegner der Deutschen, die ihm namentlich in England mit ihrem Prinzen Albert an der Spitze und ihrem Einfluß ein Dorn im Auge sind. Eine solche Antipathie ist immer noch verträglich mit einem rechtlichen Menschen. Der Herr Minister schickt mir meine Niederschriften zurück. – Nach Mittag beginne ich die kleine Zeichnung, die Rietschel, ich weiß nicht für wen, bestellt hat. Ich lege einen flüchtigen Entwurf zu einer Charitas zu Grunde. – Bürkner schickt mir ein bei ihm jetzt herausgekommenes Heft von Holzschnitten mit einem sehr freundlichen Schreiben. An der Spitze befindet sich der nach meiner Zeichnung ausgeführte Holzschnitt („Siegfrieds Leiche wird nach Worms gebracht“), und es liegen von dem Blatt noch 6 Abdrücke bei. Ich kann das Geschenk wohl annehmen, da ich die Zeichnung vor Jahren für ihn komponierte und umsonst auf Holz gezeichnet, und es macht mir Freude.

26) Freitag. Zweiter Weihnachtsfeiertag.... Gang nach dem Kunstverein.... Gaber, der uns besuchte, schließt sich an. Zumpes Bild ist ausgestellt und nimmt sich sehr gut aus. Es ist neben dem Porträt der Prinzessin Anna, jetzige Erbgroßherzogin von Toskana, aufgestellt. Dieses von Gliemann ausgeführte Porträt ist auch sehr anziehend. Im ganzen ist die Ausstellung reich, und man würde sie nicht ungern als die große Kunstausstellung Dresdens anerkennen.

[134] 28) Sonntag. Ich arbeite, ohne mich viel zu rühren, an der Zeichnung: „Der Herr verkündet Samuel Eli’s Untergang“. Am Nachmittag ist die Zeichnung fertig, und ich denke, sie ist nicht mißlungen. – Abends gehe ich zu Kammerrath Kaskel, wohin ich zu Thee und musikalischer Unterhaltung geladen bin. Charles Mayer spielt mit dem jungen Kaskel ein vierhändiges Stück auf dem Pianoforte, das von ihm selbst komponiert ist. Dann trägt ein Posaunenbläser, begleitet von Herrn Mayer, Schuberts Ständchen vor. Das Instrument des Weltgerichts ist nun freilich zu einem Ständchen nicht geeignet. Da ich viel Bekannte finde, so unterhalte ich mich ganz gut. Um 10 Uhr fängt man an zu tanzen, und ich entferne mich.

29) Montag. Im Museum berathe ich mit Schirmer die Einrichtungen im Holbein-Zimmer. Ich werde nämlich die neue Einrahmung der Holbeinschen Madonna nun in Angriff nehmen, habe aber den Gedanken, für die andern daselbst befindlichen Gemälde eine Art Läden machen zu lassen, die man herausdrehen und dadurch die auf ihnen befestigten Bilder in das Seitenlicht bringen kann. Ein solcher Laden soll am Fenster, der andere breitere an der gegenüberstehenden Wand angebracht werden. Schirmer ist einverstanden und jedenfalls der Meinung, daß die der Aufstellung des Rafael entsprechende isolierte Aufstellung des Holbein ohne weiteres durchgeführt werde.... Bürkner bringt, ohne jedoch mich zu Haus zu finden, Pletsch’s Aufzeichnungen nach meinen Zeichnungen für den Jugendkalender. Sie sind sehr nett ausgeführt und werden sich im Schnitt gut machen. Ich nehme Gelegenheit, in ein Paar Zeilen dieses Bürkner zu sagen und zugleich zu danken für das mir verehrte Heft von Holzschnitten und bringe jene Aufzeichnungen wie diese Zeilen selbst nach Bürkners Wohnung.

30) Dienstag. Da es die höchste Zeit ist, die kleine Zeichnung, welche Rietschel bestellt hat, vorzunehmen, so mache ich mich nun heute daran. Auf Grund einer älteren Skizze zeichne ich eine Charitas. Ich könnte das Blättchen zu deutsch nennen die erhaltende und die bewahrende Liebe. Ob ein Anderer Rietschel beauftragt hat, das Blättchen zu bestellen, oder ob er selbst es Jemand schenken will, weiß ich nicht. Fast möchte ich jetzt das letztere glauben. – Rietschels Gruppe ist nun fertig. Er hat uns für heute einladen lassen, sie zu sehen. So ziehen wir, Hausfrau, ich und die beiden Töchter, gegen Mittag auf die Terrasse und besehen uns das schöne Werk, das große Werk, das so ganz einzig in seiner Art ist. Bis zum 6. Januar wird es ausgestellt bleiben, dann wird es nach München gesendet und sogleich für den Guß in Angriff genommen. Der König Ludwig will, daß der Guß noch in diesem Jahr zu Stande komme! – Von der Terrasse gehen wir in das Museum und machen einen Besuch in dem Handzeichnungs- und Kupferstichkabinet. Die Meinigen hatten es noch nicht gesehen und sind nun sehr entzückt über die schönen und so herrlich eingerichteten und ausgeschmückten Räume. Freund Gruner macht den Wirth mit größter Liebenswürdigkeit und zeigt uns manchen für gewöhnlich verborgenen Schatz.


  1. So wird der Gegenstand (Pan und Olympos) in älteren Galeriekatalogen (z. B. in dem vom Jahre 1846 S. 110 Nr. 987) bezeichnet.
  2. Eines Stichs nach einer von Schnorr für ein Freskobild am Wohnhause des Dekorationsmalers Schwarzmann in München komponirten Madonna.
  3. Richtiger Maria Magdalena.
  4. Richtiger: Samsons Hochzeit.
  5. Dürers „Dresdner Altar“ ist inzwischen von der Forschung als eine eigenhändige Arbeit des Meisters, deren Seitentheile indessen möglicher Weise jünger sind als das Mittelbild, anerkannt worden.
  6. An diesem Tage hatte sich Rietschels älteste Tochter Adelheid vermählt.
  7. Die im Deutschen Kunstblatt 1856 Nr. 8 S. 72 abgedruckte Berichtigung lautet: „Von der Bibel in Bildern wurden in Bürkners Werkstatt geschnitten 28 Blätter, von A. Gaber selbst 26 Blätter; in der Werkstatt dieses Meisters 16, von auswärtigen Formschneidern 14 Blätter“.
  8. Nr. 800 des Galerie Katalogs.
  9. Ludwig Richters Sohn.
  10. Karl Friedr. Niese, Musikreferent des „Dresdner Anzeigers“ (gest. 1891).
  11. Maler, später Kunstgelehrter und vortragender Rath in der Generaldirektion der Königl. Sammlungen (gest. 1873).
  12. Nach Woermanns Katalog zu Nr. 69 und 70 wird Antonio de Solario von der neueren Forschung als eine mythische Persönlichkeit angesehen.
  13. Ernst Hemken, lebt noch als Historienmaler in Dresden.
  14. Am Hoftheater in Karlsruhe.
  15. Victor Aimé Huber, sozialpolitischer Schriftsteller, Vorkämpfer für die auf Abhilfe der Noth der unteren Klassen gerichteten sozialen Bestrebungen (gest. 1869 in Wernigerode).
  16. Genauer: Stiefmutter.
  17. Pietro Palmaroli, berühmter Gemälderestaurator in Rom, war 1826 nach Dresden berufen worden und hatte hier zahlreiche Meisterwerke der Galerie restaurirt.
  18. Max Leopold Löwe, Professor der Philosophie an der medizinisch-chirurgischen Akademie (gest. 1865).
  19. Moritz August von Bethmann-Hollweg, früher Professor der Rechtswissenschaft in Bonn, von 1858 bis 1862 preußischer Kultusminister (gest. 1877).
  20. Wurde nach der Angabe des Galerie-Katalogs zu Nr. 2196 im Jahre 1868 geschenkt.
  21. Ernst Förster, Kunstschriftsteller (gest. 1885 in München).
  22. Nach einer Bemerkung des Galerie-Katalogs zu Nr. 233 ist das Bild „wohl nur eine gute Werkstattarbeit“.
  23. In welchem Zustande sich das Gemälde befand, bevor Palmaroli eingriff, ergiebt sich aus einer Aeußerung Quandts in seinem Briefe an Schnorr vom 29. August 1824: „Der herrliche Raffael, vielleicht sein edelstes Werk, ist dem Untergange nahe, ganz mit Schmuz bedeckt und so völlig ausgetrocknet, daß die Farbe sich abblättert“. Quandt hat „viel dazu beigetragen“, daß Palmaroli berufen wurde, und versichert später, daß er „wahrhaft Wunder an der großen Madonna von Raffael gethan, einen großen, als verloren aufgegebenen Garofalo gerettet, den Zinsgroschen von Tizian, den Arzt des Correggio und viele andere treffliche Bilder unvergleichlich wiederhergestellt, vielleicht eher zu viel von dem alten Roste habe stehen lassen, als davon weggenommen oder neu hineingemalt habe“ (s. Quandts Briefe an Schnorr vom 24. August 1826 und 17. Januar 1827).
  24. Karl Schnaase, Kunsthistoriker, Obertribunalsrath in Berlin (gest. 1875 in Wiesbaden).
  25. Karl Julius Steglich, lebt noch als Historienmaler in Dresden.
  26. Die Tagebuchblätter vom 5. bis 30. August enthalten den Bericht über eine Reise nach Würzburg, Heidelberg und Karlsruhe, den ich hier übergehe.
  27. Wilhelm Ternite, Maler, geb. 1786 in Neustrelitz, gest. 1871 in Berlin.
  28. Joh. Zumpe, Schüler Schnorrs, starb am 6. Dezember 1864 in Dresden.
  29. Johann Nepomuk Ringseis (1785-1880), der bekannte Münchener Arzt und Professor der Medizin.
  30. Peder Hjort (1793-1870), dänischer Gelehrter.
  31. Sigismund Neukomm, Musiker, geb. 1778 in Salzburg, gest. 1858 in Paris.
  32. Wilhelm Stier (1799-1856), Architekt.
  33. Aug. Chr. Herm. tom Dieck, geb. 1831 in Oldenburg, lebte als Maler in Dresden, wo er 1893 starb.
  34. Albert Peip, der Verfasser eines 1860 erschienenen Buches über Jakob Böhme, wohnte in Dresden als Hofmeister im Hause des Grafen Ladislaus Radolinsky.
  35. Friedr. August von Ammon (1799-1861), Königl. Leibarzt.
  36. Gatte der Jenny Lind.
  37. Opernsänger, damals in Karlsruhe, später in München.
  38. Graf Athanasius Raczynski, preußischer Diplomat, bekannt als Kunst-Freund und Sammler.
  39. Rinecker (1811-1883), Professor der Medizin in Würzburg.
  40. Englischer Maler, Verfasser der Schrift: „Raphaels Apollo and Marsyas. A European scandal“ (2. edition. Rome 1885). Er war zu Ende des Jahres 1836 in Berlin verhaftet und wegen Beleidigung in Anklagestand versetzt worden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Pring