Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/196

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Tags darauf, den 7. Mai, suchte mich der Geheime Referendar Roßberg in meiner Wohnung auf, und ließ mich, im Auftrage des Staatsministers von Beust,. Einsicht von einem Briefe des Ministers Dr. Zschinsky an den Staatsminister Rabenhorst nehmen, worin ersterer unter anderen, mir fremd gebliebenen Mittheilungen, dem letzteren eröffnete, daß von dem Könige die Erlassung einer Proklamation an das sächsische Volk für dienlich erachtet worden sei, und worin demzufolge der Staatsminister Dr. Zschinsky anheimgab, sich zu Entwerfung einer solchen Proklamation meiner zu bedienen. Da ich aber sofort erkannte, wie tief der Geheime Referendar Roßberg sich hierdurch verletzt fühlen würde, so beruhigte ich denselben durch die bestimmte Versicherung, daß ich bei dem Wenigen, was ich in diesen stürmischen Tagen aushilfsweise zu leisten vermocht, für mich selbst schlechterdings nichts erstrebt habe – eine Bemerkung, zu der mich die Aeußerung Roßbergs: ob ich nicht geneigt sein würde, gleich unmittelbar in seine Dienstfunktion einzutreten? bewog – sondern daß es vielmehr zu meiner eigenen größten Beruhigung gereichen würde, wenn ich aus so drangvoller Zeit mit dem Bewußtsein vollkommener Uneigennützigkeit hervorgehen könne.

Anlangend die hinsichtlich meiner beschehene Hindeutung des vorsitzenden Staatsministers Dr. Zschinsky, so erläuterte ich dieselbe zu noch größerer Beschwichtigung Roßbergs dahin, daß, wie ich den Minister Dr. Zschinsky kenne, derselbe, da er von den dermaligen Geschäftsverhältnissen in Dresden auf der Festung Königstein natürlich keine Kenntniß besitze, gewiß nur der Mangel an sonstigen Arbeitskräften im Auge gehabt habe, als er auf den Gedanken gekommen sei, mich zu obigem Geschäfte in Vorschlag zu bringen. Endlich versprach ich dem Geheimen Referendar Roßberg, von diesen Gesichtspunkten aus dem Staatsminister von Beust selbst gegen meine Betheiligung mit irgend einer Dienstleistung in einem der Ministerien Vorstellung zu thun, und erfüllte auch dieses Versprechen in der nächsten Stunde, indem ich Roßbergen auf dem Fuße nacheilte. –

In der auf jene tragische Epoche folgenden Zeit, bis zum Anfang gegenwärtigen Jahres [1851], war ich bemüht, der Staatsregierung bei allen wichtigen Fragen politischer Natur mit meiner Feder in der Leipziger Zeitung und dem Dresdner Journale zu dienen. Viele der in beiden Blättern damals erschienenen Leitartikel habe ich verfaßt und bin dafür von der Oppositionspartei wiederholt hart angegriffen worden. Namentlich war dies der Fall mit einem zu der Zeit, als die zweite Kammer die sächsische Regierung zum Wiedereintritt in die preußische Union hindrängen wollte, geschriebenen Artikel in der Leipziger Zeitung über die Pflicht der Vaterlandsliebe, für dessen Verfasser man den Professor Wuttke in Leipzig hielt, sowie in diesem Jahre mit einem Artikel im Dresdner Journale über die Nothwendigkeit der von der Regierung bei den Kammern in Antrag gebrachten Verfassungsrevision, welchen Artikel man aus der Feder des Staatsministers von Friesen und sodann aus der des Vicepräsidenten der zweiten Kammer, des damaligen Appellationsgerichtspräsidenten von Criegern zu Budissin, geflossen wähnte. Alle diese Artikel habe ich aber ohne jede Anregung von irgend einer Seite her, lediglich aus eigenem innern Drange, meinem Vaterlande und der Regierung einen, wenn auch nur mit schwachen Kräften geleisteten Dienst zu erweisen, ja selbst, wie ich ebenso bestimmt versichern kann, ohne jeden fremden Beirath geschrieben. Was ich außerdem privatim zu nützen gesucht habe, mag hier unberührt bleiben!


Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

XIII.

1857.

Februar.

28) Samstag. Um 11 Uhr versammelt sich im Museum die Kommission, welche zur Beurtheilung der Zeichnung zur neuen Einrahmung der Holbeinschen Madonna berufen worden ist. Außer den Mitgliedern der Galerie-Kommission ist Herr Direktor Gruner eingeladen worden. Herr Hofbaumeister Krüger, der den Plan verfertigt, ist zugegen. Es zeigt sich von Anfang an eine Opposition gegen das Projekt. Hübner und Bendemann finden die Einrahmung zu reich und wollen eine Wand, an welcher die Madonna, mit den andern entsprechenden Bildern vereinigt, aufgestellt werde. Rietschel und Peschel scheinen diese Meinung nicht zu theilen, finden aber auch die Einrahmung zu massig. Direktor Gruner wünscht Aenderungen, ist aber im ganzen mit dem Projekt einverstanden und findet die Einrahmung nicht zu groß. Das heutige Resultat der Berathung ist, daß eine weitere Besprechung vorbehalten wird, bei welcher die Herrn Professoren Bendemann und Hübner ihre Gedanken in Zeichnungen zur Vorlage bringen sollen. Man begiebt sich, mit Ausnahme der Professoren Hübner und Rietschel, noch in das Holbein-Zimmer, wo die Meinung, daß das Projekt angemessen und die Einrahmung nicht zu groß sei, ein Uebergewicht zu bekommen scheint, wenn auch Bendemann bei seiner Ansicht verharrt. Es wird beschlossen, daß man unser Projekt durch einen Dekorationsmaler

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/196&oldid=- (Version vom 1.7.2024)