Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/197

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

in wirklicher Größe auf Pappe malen lasse und mit dieser gemalten Einrahmung das Bild umgebe, um dann mit Sicherheit beurtheilen zu können, wie sich die Einrahmung zu dem Bilde und zu dem Raume, in welchem dieses aufgestellt, verhalte. Ich werde schwerlich meine Ansicht aufgeben, daß das Bild isolirt und in einer Weise aufgestellt werde, welche der Aufstellung der Rafaelschen Madonna entspricht. Vermuthlich wird ein Machtspruch die Entscheidung geben, denn Bendemann und Hübner werden bei ihrer Opposition verharren.

März.

1) Sonntag. Noch am Vormittag komme ich mit meiner Zeichnung durch. Sie wird am Nachmittag durchgesehen, und, da Gaber mit einem Besuch, den ich heute bei ihm beabsichtigte, zuvorkommt, diesem mitgegeben. Er verspricht den Schnitt bis in drei Wochen zu vollenden. Ich habe nun also meinen Theil ausgeführt und bin herzlich froh eine Hauptlast abgeschüttelt zu haben.... Mittags gehe ich nach dem Kunstverein, um Ehrhardts Bild zu sehen. Es stellt Karl den Großen, neben der Leiche seiner Gemahlin Fastrade sitzend, vor. Ich finde das Bild scheußlich, in Auffassung und Komposition so ordinär, wie in der Farbe unangenehm. Es ist die Düsseldorferei in vollem Glanze. Von einem solchen Bilde hätten seine Genossen ihm abrathen sollen, anstatt sich überall besseren Bestrebungen hartnäckig entgegenzustellen....

3) Dienstag. Brief an Paul Barfus. Erklärung über seinen Stich „Die Kreuzigung“ als Zeugniß für ihn und ein Blatt mit den Korrekturen nach München abgesendet.... Von Wigand erhalte ich einen Brief.... Er fragt mich auch, ob ich für rathsam halte, daß er sich mit Bunsen, der eine verbesserte Uebersetzung der Bibel bearbeitet, zu einer Ausgabe von dessen Text mit meinen Bildern verbinde. Es gilt diese Frage wohl zu überlegen nach allen Seiten hin. Ich fühle die Verpflichtung, zunächst Wigands Interesse bei der Sache als „Geschäft“ ins Auge zu fassen.... Museum. Schirmer meint, daß ich mit unserm Entwurf für die Aufstellung des Holbein auf den entschiedensten Widerstand von Seiten Bendemanns und Hübners rechnen müsse. Mich wird das nicht hindern, die Ausführung auf alle Weise zu vertreten und zu bewerkstelligen. – 5 Uhr Sitzung des Weber-Komites. Die Herrn kommen etwas spät. Da ich mit der Hausfrau ins Theater, wo heute Armide aufgeführt wird, gehe, so kann ich nur dem Anfang der Verhandlungen beiwohnen. Hettner, als Vorstand, meldet, daß Rietschel die ihm für das Modell zugestandene Summe erhöht wünscht. Diese Mittheilung macht einen übeln Eindruck. Allerdings sind unsere Mittel gering, und Rietschel hat durch sein Hinausschieben der Arbeit die Schwierigkeiten für die Ausführung vermehrt, doch reden Hettner und ich Rietschel auf alle Weise das Wort.

4) Mittwoch.... Schreiben an Wigand als Antwort auf seinen gestern erhaltenen Brief. Die Frage wegen einer Verbindung mit Bunsen hinsichtlich der Bibel beantworte ich von dem gestern bezeichneten Gesichtspunkt aus nach Pflicht und Gewissen.... Direktorialversammlung des Kunstvereins. Ankäufe.... In Betreff der Wahl eines Präsidenten wird beschlossen, Professor Hettner zu bitten, als Stellvertreter, wie bisher, die Geschäfte bis zu Neujahr zu führen. Hettner nimmt diese Bestimmung an....

5) Donnerstag.... Eine neue Komposition „Saul bei der Wahrsagerin von Endor“ kommt zu Stande....

6) Freitag.... Die gestern erwähnte Komposition wird heute Vormittag noch mit Fleiß und Lust überarbeitet und als Entwurf durchgeführt....

7) Samstag.... Galerie-Kommission. Die sämmtlich gegenwärtigen Mitglieder derselben sind sehr erfreut über die Restauration des „Arztes“ von Correggio und des Wouwerman Nr. 1308[1].... Abends Faschingsfest der Künstler (obwohl die Zeit der Fasten längst da ist). Es werden zwei kleine Stücke aufgeführt: Dr. Eisenbart, Schönbartspiel von Otto Roquette, und Bleistift, Künstlerdrama von Th. Große[2].... Die Vorstellungen, sowie mehrere der gegenwärtigen Masken sind sehr gelungen. Große zeigt in seinem Stück einen akademischen Zögling, welcher von den drei Kunstrichtungen, der Münchner streng historischen, der Düsseldorfer romantischen und der niedrigen Kneipengenre-Richtung gewaltig in die Klemme getrieben wird. Die Lösung wird dadurch herbeigeführt, daß die streitenden Parteien versöhnt und von jeder dem Zögling die beste seiner Gaben verliehen werden. In sehr geistreicher und witziger Weise ist der Gliederpuppe eine Hauptrolle in dem Stücke zugetheilt. [3]Ich begebe mich mit Rietschel nach Aufführung der beiden Stücke nach Hause, wo wir etwa 1/210  Uhr eintreffen.

9) Montag.... Nachmittag beginne ich einen Entwurf zur Bibel: „Saul’s Tod“....

10) Dienstag.... Museum. Schirmer hat an dem Bilde des P. Veronese (Kreuztragung) die Luft bereits übermalt und mit sehr viel Glück und Geschick und Erfolg. Der Ton ist vortrefflich. Schirmer hat den alten Ton an einigen Stellen zwischen Baumblättern,


  1. „Die Türkenschlacht“, jetzt Nr. 1451.
  2. Theodor Große, 1829-1891, seit 1867 Professor an der Dresdner Akademie.
  3. Das Drama „Bleistift oder die Lebensfrage“ liegt gedruckt vor (Dresden, E. Blochmann & Sohn [1854]). Die drei einander gegenübertretenden Personen sind: Severus Goldgrund, Genius der klassischen Richtung, Fridolin Himmelblau, Genius der Romantik, und Gottlieb Wurzelkoth, Genius des Genre.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/197&oldid=- (Version vom 1.7.2024)