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und es ist auch mein Vortheil, wenn es rasch geht. – Schirmer hat einen starken Eindruck von dem Carton des Cornelius empfangen. Ich sehe von neuem, wie viel Tiefe in dem Mann ist. Es sind hier im ganzen doch nur wenige, die das Werk zu würdigen wissen....

25) Sonntag. In der vorgestrigen Sitzung [des akademischen Raths] bat mich Prof. Steinla seine Gemälde zu besichtigen und zu begutachten. Er wünscht seine ganze Sammlung, die aus Gemälden, Münzen und naturhistorischen Gegenständen besteht, zu verkaufen und möchte nun, daß die Galerie seine Bilder kauft, während die Vorstände der übrigen königlichen Sammlungen die andern, zum Theil sehr werthvollen Gegenstände für ihre Sammlungen erwerben möchten. Da bei einem Ankauf jedenfalls die Galerie-Kommission ein Gutachten abgeben müßte, so ersuche ich meine Herrn Kollegen gleich heute um 11 Uhr bei Steinla sich einzustellen, wo wir denn auch zusammentreffen. Unter Steinlas Bildern ist kaum ein ganz uninteressantes, die meisten sind aber sehr interessant und gehören Schulen und Meistern an, die wir für die Galerie vertreten wünschen, weil sie uns gänzlich fehlen. Steinla besitzt Gemälde von Lorenzo di Credi, Fillipino, Raffaello del Garbo, Perugino, Luicci, von Duccio, dann noch einige Niederländer, die alle uns sehr wünschenswerth wären. Die Kommission ist denn auch der Ansicht, daß eine Erwerbung derselben bei dem jetzt von Steinla vorgeschlagenen sehr mäßigen Preise zu empfehlen sei, und beschließt, diese Ansicht in einer schriftlichen Erklärung niederzulegen, die dem Ministerium jetzt schon mitgetheilt, später, wenn ein Gesammtverkauf der Steinla’schen Sachen eingeleitet würde, einem Gesammtantrag der Sammlungsvorstände beigefügt werden könnte. Steinla will 5000 Thaler für alles in allem und rechnet hievon auf die Gemälde 1000, was sehr wenig ist. – Der Entwurf zu der Darstellung „Davids erste Salbung zum Könige“ kommt ins Reine und am späten Abend entsteht noch ein erster flüchtiger, aber, wie ich glaube, haltbarer Entwurf zu dem Bilde: „Saul wird wegen seines Ungehorsams verworfen“....

27) Dienstag. Ich erhalte eine Einladung zur Königlichen Tafel.... Im Museum erfahre ich, daß Hettner mit mir geladen ist.... Um 4 Uhr bin ich im Schloß. Außer uns beiden ist ein Graf Vitzthum (ich vermuthe, derselbe, der Gesandter in Spanien war) und Staatsrath Grimm geladen. Es versammeln sich im Empfangszimmer dann noch Hofdamen und der Obersthofmeister ô Byrn, Kammerherren und Adjutanten. Endlich kommt der König mit der Königin und der Prinzessin Sidonie. Nach kurzer Unterhaltung geht man zur Tafel. Ich sitze dem König gegenüber neben Hettner. Die Unterhaltung ist frei, lebhaft und durchgehends auf interessante Gegenstände gerichtet. Der König bringt das Gespräch zuerst auf Rietschel’s Gruppe, auf des Cornelius Carton, auf das sich jetzt gestaltende Gypskabinet, auf Länder im Orient und im Deutschen Vaterland (Grimm gegenüber, der von Geburt ein Thüringer ist, sodann aber Jahre lang im Orient sich herumtrieb an der Seite des Großfürsten Konstantin). Grimm erklärte den Berg Athos (vergleiche Fallmerayer) für das schönste, was er gesehen habe.– Nach der Tafel blieb man im Empfangszimmer noch einige Zeit zusammen, während welcher Zeit Prinzeß Sidonia, wie schon vor der Tafel, sich mit mir lebhaft unterhält. Etwa um 6 Uhr begeben sich die Majestäten und Prinzeß Sidonia in ihre Gemächer, und wir andern gehen auseinander. – Zu Hause finde ich Rietschel, der heute nach Beendigung von Rauchs Büste aus Berlin zurückgekehrt ist....

28) Mittwoch. Wir Künstler scheinen bei Hofe in Mode zu kommen. Für heute Abend werde ich mit Rietschel zur Königin Marie beschieden, und sollen wir etwas mitbringen zum Ansehen.... Die Komposition: „Saul wird verworfen“ kommt ins Reine.... 1/4 auf 9 Uhr fahre ich mit Rietschel zur Königin. Rietschel hat Richters „Erbauliches und Beschauliches“, ich habe eine Auswahl von 17 Blättern aus dem Album der Hausfrau mitgenommen. Wir sind die einzigen Männer im Kreise der Königin; an Damen finden wir außer derselben die Prinzessin Amalie (die sich meiner von 1809 her erinnert und auf diese frühe Bekanntschaft mich anredet), die Fürstin Reuß, Frau von Könneritz, Fräulein Cerrini, Fräulein von Carlowitz. Es geht höchst gemüthlich zu. Die Fürstin Reuß sagt zu mir, ich müsse sie für ein rechtes pecus campi halten, daß sie so lange nicht ins Museum gekommen sei. Als ich von Fräulein von Carlowitz begleitet, nach dem Vorzimmer eile, um die Sachen zum Ansehen zu holen, stürze ich auf dem gewichsten Boden der Länge lang hin. Von Fräulein von Carlowitz gestützt, raffe ich mich schnell auf; drinn hat man nichts gemerkt, wie Rietschel mir beim Nachhausegehen sagt. Die Zeichnungen und Holzschnitte finden großen Beifall. Aus Veranlassung der Overbeckschen Zeichnung [„Das Abendmahl“], die der Königin sehr gefällt, bemerkt sie, daß ihr des Cornelius Carton gar nicht gefalle und sie völlig kalt lasse. Mehre von den andern Damen stimmen dem entschieden bei. Heute lasse ich diesen Reden ihren Lauf und schweige. – Um 11 Uhr werden die Gäste entlassen. Rietschel und ich gehen zusammen nach Hause.

29) Donnerstag.... Nachmittag 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Steinla hat seinen Stich nach der Madonna del pesce dem Kunstverein angeboten zum Vereinsblatt. Dieses Anerbieten ist Ursache der außerordentlichen Zusammenberufung. Es wird über die Sache sehr viel hin und her gesprochen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/175&oldid=- (Version vom 30.6.2024)