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der Umstand, daß Lefebvre in Bourgoings Memoiren seit der Abfahrt in Polen nie wieder erwähnt wird; man muß daraus schließen, daß er nicht lange in der Nähe des Kaisers geblieben und jedenfalls nicht mit ihm in Dresden angekommen ist.

Einen Fingerzeig für die Herkunft des Schlittens gibt die Deckeneinfassung, die, wohl nicht ganz zufällig, die Farben grün, roth, silber trägt. Dies sind die Hauptfarben des gräflich Loßschen Wappens. Man wird daher vermuthen dürfen, daß der Schlitten aus dem Haushalte des Grafen von Loß stammt und nur wegen seiner ungewöhnlichen Form und dadurch, daß er sich im Hause lange Zeit erhalten hatte, zu der Ehre gekommen ist, für den Napoleon-Schlitten gehalten zu werden.

Dr. O. Richter. 


Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

XII.


1857.

Januar.

1) Donnerstag. Neu-Jahrstag.... Meine Zeichnung wird Nachmittag fertig, und ich trage sie zu Freund Rietschel hinüber, bei dem ich dann im Familienkreise ein Stündchen weile.

3) Samstag.... Meine Komposition: „Eli stirbt vor Schrecken“ kommt ins Reine. Der Entwurf ist am Abend fertig. Wigand schreibt mir, daß er gegen den Ruppiner Nachdrucker der Bibelbilder zu Felde ziehe, und wünscht eine schriftliche, gerichtlich beglaubigte Erklärung von mir, in welcher ich sein ausschließliches Recht der Vervielfältigung dieser Bilder bezeuge.

5) Montag.... Beginn der Aufzeichnung: „Das Gebet der Hanna“. Akademie. Stellung des Aktes, dann Theater. Es wird Laubes „Graf Essex“ zum zweiten Mal hier aufgeführt, und ich habe für die Hausfrau, die Töchter und für mich Billets genommen. Wir sehen die Vorstellung mit großem Interesse, doch aber nicht mit voller Befriedigung.... Bei diesem Essex muß man an Shakespeares Stücke denken, doch nur um zu fühlen, wie weit es hinter den Stücken dieses Meisters zurückbleibt. Emil Devrient giebt den Essex, Dawison Burleigh, die Berg Elisabeth (ganz vortrefflich), die Bayer-Bürck Gräfin Rutland.

6) Dienstag. Heilige drei Könige.... Im Restaurationszimmer des Museums bespreche ich mit Hofbaumeister Krüger die Einrahmung der Holbeinschen Madonna (11 Uhr). Schirmer ist dabei zugegen. Wir finden den bereits im vorigen Jahr von Krüger verfertigten Entwurf so angemessen, daß wir außer einigen unwesentlichen Aenderungen, die erstlich das projectirte sächsische Wappen, ferner die Knaben am Aufsatz, sodann Vereinfachung der Verzierungen betreffen, dessen Beibehaltung beantragen. Die in dem Zimmer vielleicht anzubringenden Läden (zur Gewinnung des Seitenlichts für das große Holbeinsche Porträt, den van Eyck und Roger van der Weyden) sollen jeden Falls erst dann angeordnet werden, wenn der Einrahmung der Madonna und deren isolirter Aufstellung ihr volles Recht gewährt worden....

7) Mittwoch.... Nachmittag 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Baudissin wird wieder zum Präsidenten, Hettner zu dessen Stellvertreter erwählt.... Die Verhandlung über das Vereinsgeschenk dehnt sich entsetzlich aus. Das Resultat derselben ist, daß, wiewohl das Bendemann-Bürknersche Werk im Direktorium nicht die meisten Stimmen erhält, dasselbe doch zuerst der Generalversammlung vorgeschlagen [werden] soll, da [es] eine große Anzahl von Mitgliedern zu wünschen scheint. Das Direktorium muß natürlich darauf hinweisen, daß dieses Werk sehr große Geldmittel in Anspruch nimmt und folglich der Ankaufssumme für Verlosungsgegenstände entzieht, und soll zu dem Zwecke einer Erleichterung der Kasse in Frage gebracht werden, ob das Werk nicht auf zwei Jahre zu vertheilen sei. Nach dem Bendemannschen Werk wird eine Lithographie nach dem Bilde eines gewissen Leutnant Götz, darstellend die Erstürmung der Düppler Schanzen, dann der Gefangene von Gonne, endlich noch ein Stich nach den drei Grazien von Bendemann in Vorschlag gebracht.

9) Freitag. Noch am Vormittag vollende ich die Aufzeichnung „Das Gebet der Hanna“, verpacke sie nebst jener gerichtlich beglaubigten Erklärung gegen den Neuruppiner Nachdruck des Gust. Kühn und bringe das Paket zur Post. Im Museum liegt nichts vor, und ich begebe mich nach dem Lokal des Kunstvereins, wo seit gestern der Carton des Cornelius: „Die Erwartung des letzten Gerichts“ ausgestellt ist. Die Komposition war mir durch die Photographie bekannt, und ich habe in diesen Blättern meine Meinung darüber bereits ausgesprochen [1856 15. Oct.]. Die Anschauung des Cartons, obwohl derselbe nicht groß (etwa 4 Ellen hoch), gewährt doch noch viel mehr, als die Photographie erkennen läßt. Namentlich sind die Köpfe ganz herrlich durchgeführt, und die schönen und so höchst bedeutenden Gestalten wirken doch auch mächtiger als im kleinen Maßstab. Was würde erst das im Großen ausgeführte Bild für eine Wirkung machen! – Ich kann mich kaum trennen von dem Bilde und scheide dann in der Ueberzeugung, daß all die Einwendungen, die man dagegen erhoben hat, nichtig sind. – Die Erklärung des Bildes, die in Rom verfaßt worden sein soll und die der Vorstand der Schiller-Stiftung,

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/173&oldid=- (Version vom 29.6.2024)