Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/23

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 

Juni.

1) Freitag. Die Galerie also geschlossen und die Umzugszeit begonnen. Anordnung der Herabnahme der Bilder für den Saal der Bolognesen.

2) Samstag... Besuch bei dem Konsistorialrath Pastor Thenius, welcher in der Bibliothek seiner Kirche (Neustadt) ein paar alte deutsche Gemälde aufgefunden hat. Die Gemälde sind ganz interessant, doch aber nicht bedeutend. Sie sollen der Galerie-Kommission zur Ansicht und Begutachtung vorgelegt werden.

5) Dienstag. Catel aus Rom besucht mich. Er ist mit seiner Frau hier. Er erzählt, daß er Besitzer beträchtlicher Güter in Italien geworden ist.

6) Mittwoch... Um Mittag wird [in die Galerie] die große Trage gebracht. Nachmittag wird der erste Versuch mit derselben gemacht. Ich finde vier Chaisenträger und sämmtliche Galeriediener, welche noch nicht recht wissen, wie sich die Sache handhaben läßt. Auch die Inspektoren sind noch nicht im Klaren. Doch wird ein Anfang gemacht mit ein paar großen Bildern von geringerem Werthe ohne Rahmen. Die Sache geht gut. Dann kommen schwerere Bilder dran, und die Sache geht besser. Wir nehmen dann immer zwei Bilder mit den Rahmen. Die Last ist groß. In der Mitte der Trage unten werden starke Eisenringe eingeschraubt, Seile befestiget, an welchen zwei Diener tragen helfen, die andern Diener gehen mit, um die Bilder oben zu stützen. Die vier Chaisenträger tragen die Hauptlast mittelst der Tragstangen. So machen wir vier Gänge, und die Sache geht ausgezeichnet. Drei Gänge mache ich mit; während des vierten Ganges führe ich einige Herrn Landtagsabgeordnete, die mit ihren Familien das Museum zu sehen wünschen. Die mittleren und kleineren Bilder zu transportiren wird ein Spaß sein. Die Befestigung will nun noch eingeübt sein; indessen ist an dem guten Erfolg nicht zu zweifeln, da alle Vorkehrungen richtig getroffen zu sein scheinen.

7) Donnerstag... Zu Hause angekommen erfahre ich, daß Schwind angekommen und mit meiner Frau auf die Terrasse gegangen sei. Da mir angesagt wird, daß die Frau Herzogin von Orleans morgen das Museum und die Galerie sehen wolle, so gehe ich, um hievon Voigt zu benachrichtigen, und begegne Schwind mit den Meinigen. Schwind bringt dann den Abend bei uns zu. Er kommt direkt von der Wartburg, wohin er nach wenig Tagen zurückkehren wird.

8) Freitag. Nachdem ich mich überzeugt, daß in der Galerie alles zum Empfang der heute zu erwartenden hohen Herrschaften gesetzt ist, verfüge ich mich (91/2 Uhr) nach dem Museum. Während des Erwartens kommen noch die letzten der herabgenommenen Gemälde daselbst an. Etwas nach 10 Uhr kommt die Herzogin von Orleans, der Graf von Paris, der Herzog von Chartres nebst Gefolge zu Fuße aus dem Hotel Bellevue. Die Frau Herzogin erwidert meine Begrüßung mit sehr großer Freundlichkeit. Zuerst werden die Pastelle, Dietrichs und die Canalettos gesehen, dann die oberen Räume. Vor beendigter Besichtigung, die vom Hofbaumeister Krüger mit geleitet wird, verfüge ich mich nach der Galerie, um auch hier die zu Wagen jetzt ankommenden Herrschaften zu empfangen. Die Herzogin betrachtet alles mit lebhafter Theilnahme, mit Einsicht und Geist. Bald nach ihrem Eintreffen erscheint Seine Majestät der König. Schwind, welcher die Herzogin, sowie vor Kurzem den König auf der Wartburg kennen lernte, stellt sich auch ein, wird freundlichst begrüßt und schließt sich dem Gefolge an. Die Führung wird für mich eine sehr interessante durch lebhafte Gespräche mit der Herzogin und unserm König. Die Herzogin gedenkt mit großer Herzlichkeit ihres alten Lehrers Schubert und freut sich, von mir Neues über ihn zu hören. Nach halb 1 verlassen die Herrschaften die Galerie... Dann gehe ich in der Richtung zum Bergkeller, wo ich die Meinen mit Schwind zu treffen hoffe. Sie begegnen mir, bevor ich den Bergkeller erreiche. Wir kehren nach Hause zurück, und wir bringen zusammen (Roquette ist auch dabei) den Abend zu in sehr heiterer und lebhafter Unterhaltung, bei welcher das Album der Hausfrau eine große Rolle spielt.

9) Samstag Museum... Vorschläge... wegen einer über den beiden Thüren des Kuppelsaals anzubringenden Inschrift. Galerie-Kommission... Hübners Vorschlag wegen jener Inschrift von der Kommission angenommen und in offizieller Form dem Hofbaumeister mitgetheilt. – Gegen Abend stellt sich Schwind ein nebst seinem Spießgesellen oder mit seinem Gesellen Spieß. Wir bleiben dann den ganzen Abend bei einander.

10) Sonntag... Am Vormittag besucht uns Wigand... Sodann überreicht er mir den nun vollendeten Psalter ebenfalls in schönem, ja prachtvollem Einband. Das Werk nimmt sich wirklich gut aus, und ich habe eine fast kindische Freude daran... Da wir am Vormittag uns trennen müssen, aber wissen, daß Wigand Nachmittags zu Ludwig Richter nach Loschwitz geht, so gehen Paldamus und ich... ebenfalls nach Loschwitz und erreichen Richters Wohnung (Sperlings Weinberg) früher als Wigand. Dieser kommt erst mit dem Rektor Klee und dem Buchhändler Hirzel an, als wir alle zusammen, nämlich die Richter’schen und Gaber’schen und Arn. Amsler, hinauf zu den Brüdern Krüger uns begeben hatten. Wir waren dann sehr gemüthlich da oben beisammen. Wigand geht mit seinen Genossen früher als wir. Wir spielen noch im Walde das italienische Kugelspiel (boccia), nehmen an Richters Haus noch einen Imbiß ein und kehren dann mit dem Dampfschiff um 9 Uhr nach Dresden zurück.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/23&oldid=- (Version vom 12.6.2024)