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Schirmers zeigen, daß diese oberste Firnißdecke auf trockenem Wege leicht zu entfernen ist und zu hoffen steht, daß die Restauration Palmarolis unberührt bleiben wird. Die Mitglieder der Kommission sind einverstanden, daß diese Restauration jetzt vollzogen werde. Es soll zunächst mit der Reinigung untergeordneter Theile der Anfang gemacht werden und nächsten Dienstag will man noch einmal zusammenkommen, um über Weiteres zu beschließen....

26) Sonntag.... Von der gestern erwähnten Komposition [„Gideons Sieg wider die Midianiter“] wird ein fester Umriß behufs der Uebertragung auf das Holz gezeichnet. Sobald der Durchzeichner die Platte in Händen hat, gehe ich an die Zeichnung für den König. Derselbe schickt mir heute die Porträte des alten Großherzogs und des Sohnes, des Bräutigams der Prinzessin Anna. Gegen Abend kommt Gonne, den ich gestern und vorgestern vergebens aufsuchte, um ihn zu fragen, ob er nach meiner Komposition das Altarbild für Hannover malen wolle. Ich trage ihm nun jetzt meine Gedanken vor. Er geht mit großer Bereitwilligkeit und Freude auf meinen Vorschlag ein und wird zunächst die verlangte Farbenskizze ausführen. Er bleibt den Abend bei uns.

27) Montag.... Im Museum finde ich den Zinsgroschen wunderbar umgewandelt. Die Operation der Wegnahme der obersten Firnißdecke, zu welcher noch Eiweiß und mancher Schmutz gekommen sein mag, ist vortrefflich gelungen. Das Bild steht in vollster Klarheit, Deutlichkeit und Kraft vor meinen Augen, das vorgestern noch undeutlich und trübe war. Das Haar des Heilands löst sich deutlich vom Grunde. Das Roth und Blau der Gewänder steht fast in vollkommenem Einklang. Unser Schirmer hat sich aufs neue als tüchtiger Restaurator erwiesen.... Ich beginne die Komposition aus dem Buch Tobiä für den König. Abends kommt Gonne nochmals, um die verabredeten Aenderungen noch einmal zu besprechen. Er ist voll Lust und Feuer für die Arbeit.

28) Dienstag. Mit meiner Komposition aus dem Buch Tobia komme ich nun schon in Zug, obwohl die Aufgabe keine leichte ist. Der König wünscht nämlich die Analogie der Situation, Rückkehr des Sohnes zu den Aeltern mit einer geliebten Braut, durch einige Porträtähnlichkeiten hervorgehoben und entschieden betont. Das nöthigt mich, das Bild im ganzen etwas anders zu halten, als ich es sonst thun würde. – Der Herr Minister von Zeschau ladet mich durch ein sehr freundliches Handbillet für heute Abend zum Thee .... Im Restaurationszimmer finde ich bereits, mit Ausnahme des Prof. Hübner, sämmtliche Mitglieder der Kommission vereinigt. Was ich schon gestern wußte, finden heute meine Herren Kollegen. Anstatt den Anfang einer Restauration zu sehen, findet man durch die einfache, von Schirmer vorgeschlagene und ausgeführte Operation einer theilweisen Befreiung des Bildes von der obersten, durch Anwendung von Eiweiß und anderen Anfeuchtungsmitteln trübe und schmutzig gewordenen Firnißdecke die Restauration fast vollendet. Es sind nur störende Pünktchen vorhanden und kleine Streifen, die Schirmer einstweilen stehen lassen, um das Bild der Kommission zu zeigen, wie es sich nach der Reinigung gestaltet hat. Die Kommission findet das Resultat der Restauration so glänzend und befriedigend, eine etwaige Weiterführung derselben durch Nachhülfe mit Farbe einerseits so wenig nöthig, andererseits so bedenklich, daß man einstimmig erklärt, mit dem erreichten Erfolg und der Entfernung oben bemerkter störender Pünktchen und Streifen sich begnügen zu wollen.... Nach 8 Uhr begebe ich mich zu Herrn von Zeschau. Die Gesellschaft ist eine glänzende. Sämmtliche Minister und Gesandten mit ihren Gemahlinnen sind zugegen, außerdem noch die Notabilitäten der Stadt. Ich unterhalte mich sehr gut und bleibe bis zu Ende der Gesellschaft.

29) Mittwoch.... An meiner Zeichnung arbeite ich noch ohne rechte Sicherheit und deshalb auch ohne raschen Fortgang. Es muß besser gehen, wenn es etwas werden soll. – Schirmer hat nun auch die Kleinigkeiten gemacht, die am Zinsgroschen herzustellen übrig blieben. Das Bild könnte in die Galerie zurückgebracht werden, wenn es um des frischen Firniß willen nicht wünschenswerth wäre, es im wärmeren, keinem Zug ausgesetzten Restaurationszimmer zu lassen....

31) Freitag. Reformationsfest. Der heutige Festtag überhebt mich amtlicher Verpflichtungen. ist traurig, aber so lange, als ich in dem entsetzlichen Arbeitsgedränge bin, unvermeidlich, daß nur dieser Umstand auf meine Verrichtungen Einfluß hat. Ich arbeite mit größter Anstrengung an der Zeichnung für den König und unterbreche die Arbeit gleich nach Tisch nur ein Viertelstündchen, um die Ankunft des Erzherzogs Carl Ludwig mit anzusehen, welcher nächsten Dienstag seine Vermählung mit unserer Prinzeß Margarethe begeht.


November.

1) Samstag.... Auch heute arbeite ich ohne alle Unterbrechung bei verschlossener Thüre. Es kommen so viel Leute, welche Zutritt in die Galerie begehren, daß ich mir nicht anders zu helfen weiß, als die Thüre zu schließen. Wilibald Alexis (Häring) sehe und spreche ich und ertheile ihm natürlich eine Ausnahmsbewilligung. Um im Museum nicht in Kollisionen zu kommen, begebe ich mich gar nicht dahin. So kommt es, daß ich mit Ausnahme der kurzen Zeit, die ich am Mittagstisch zubringe, gar nicht von der Arbeit wegkomme,

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/131&oldid=- (Version vom 28.6.2024)