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11) Montag... Heute ist nun Schwind auch wieder nach der Wartburg abgereist. Ich fand ihn gestern Abend nach unserer Rückkehr von Loschwitz noch in meinem Hause und konnte also von ihm Abschied nehmen. Daß er unter Tages, wie versprochen, nicht gekommen ist, hat darin seinen Grund, daß er nach Pillnitz zur königlichen Tafel geladen wurde, woselbst die Frau Herzogin von Orleans speiste.

12) Dienstag. Peschels Karton zu dem großen Altarbild für die Schloßkapelle gesehen. Peschel nimmt meine Bemerkungen, deren Berücksichtigung nicht unerhebliche Aenderungen veranlassen wird, sehr gut auf... Museum. Mit der Aufstellung der Gemälde ist in dem Saal der Bolognesen ein Anfang gemacht. Bei dem wiederholten Besuch vor dem Schluß des Tagwerks finde ich neun Bilder aufgehängt, andere zur Aufstellung vorbereitet. Die Bilder nehmen sich herrlich aus. Die Farbe der Tapete ist vortrefflich.

13) Mittwoch. Am Schluß des heutigen Tagewerks ist nun auch eine der langen Wände des Saals der Bolognesen mit Bildern behängt. Die Aufstellung ist sehr glücklich, die Beleuchtung vortrefflich, das Verhältniß der Räume zu den Bildern das richtige. Mehrere der Bilder werden mir jetzt erst näher bekannt, da ich sie in der Höhe, in welcher sie in der alten Galerie hingen, eigentlich nie gesehen hatte. Vor manchem Maler bekomme ich großen Respekt, vor welchem ich ihn früher in dem Maße nicht hatte. So vor Hannibal Carracci. Sein Rochus enthält doch vortreffliche Sachen. Auch Procaccini ist nicht zu verachten... Die Leute greifen alle gut zu und sind schon ziemlich eingeübt. In der Regel werden wir in einer Woche einen großen Saal und einige der Seitenabtheilungen in Ordnung bringen.

14) Donnerstag. Morgens in der Akademie und im Museum. Gegen Mittag im Atelier, dann wieder im Museum. Als ich zum Mittagstisch mich setzen wollte, werde ich wieder in Bewegung gesetzt durch die Nachricht, daß die Herzogin von Orleans die Galerie nochmals sehen wolle. Erst gegen 3 Uhr komme ich fast erschöpft nach Hause und zum Essen. Der Hetzerei ist zu viel und die Abhaltungen von der Arbeit nehmen kein Ende. Abends sehen und hören wir die romantische Oper Hans Heiling, Text von Eduard Devrient, Musik von Marschner. Mitterwurzer ist vortrefflich. Um das Ganze gehörig zu würdigen, bin ich zu müde und abgehetzt.

16) Samstag... Galerie-Kommission... Ich habe von Pastor Thenius die beiden altdeutschen Gemälde, welche er in seiner Kirchenbibliothek gefunden hat, holen lassen, damit die Kommission sie sehe und begutachte. Sie werden als geringe Arbeiten befunden... Bei dem Schluß des Tagewerks ist der Saal der Bolognesen fertig und im Saal der Venezianer ein guter Anfang gemacht. Die Sache geht im Ganzen gut.

17) Sonntag... Endlich eröffne ich die von Rahn mir gesendete Rolle mit dem zweiten Probedruck[1]. Ich wußte wohl, daß ich so eine Art Pandorabüchse vor mir habe, und darum zauderte ich. Es wird nichts aus der Platte, und dabei macht Rahn ungeheure Ansprüche; er fordert 4000 Thaler. Ich soll nun Arnold fragen, ob er die Platte kaufen will; der wird sich aber bedanken. Hätte ich nicht die Aussicht, die Zeichnung zu der Platte gut zu verkaufen, so müßte ich die Stunde verwünschen, in welcher ich beschloß, eine solche Arbeit zu unternehmen.

18) Montag... Einer der neuen Galeriediener... hat das Unglück gehabt, in ein Bild zwei Löcher zu stoßen. Es ist der Tintoretto, der in Leipzig war, glücklicherweise also kein sehr werthvolles Bild. Der Mann ist sehr bestürzt, weshalb ich ihm weiter keine Vorwürfe mache. Die Wiederherstellung des Bildes wird in der Stille sogleich besorgt.

19) Dienstag... Im Saal der Bolognesen mache ich einige Veränderungen, durch welche ein paar sehr schlechte Bilder ganz hinaus und ein paar gute hereinkommen, sodann ein paar mit ihren Plätzen wechseln. Der Saal läßt jetzt wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Im Saal der Venezianer werden auch Veränderungen besprochen, wobei Schirmers Beirath sehr zu Hülfe kommt zur Erreichung eines hoffentlich ganz glücklichen Resultats.

23) Samstag... Um 51/2 Uhr führe ich Rietschel, Lübke, Roquette und Gaber in das Museum. Das Gebäude macht ihnen einen sehr guten Eindruck, und auch mit der Aufstellung sind sie sehr zufrieden.

25) Montag... Gegen Abend ist nun auch schon ein Theil des Saals des Correggio und der Ferraresen geordnet und nimmt sich prachtvoll aus. Der Bagnacavallo wirkt außerordentlich. St. Franziskus und Sebastian von Correggio nehmen sich ebenfalls herrlich aus. Ein paar Veränderungen, die ich mit Schirmer beschließe, nach denen auch die Findung Mosis von Paul Veronese dem Auge nahe kommt, werden als große Verbesserungen erscheinen. Ich denke, wir wollen den Kritikern nicht viel übrig lassen.

27) Mittwoch... Vor dem Mittagsessen noch einmal Museum. Ich finde die dritte Wand fertig und den großen Dosso Dossi auf der vierten bereits an seinem Platz. Gestern Abend ist auch noch die kleine Abtheilung nächst dem Rafael-Zimmer fertig geworden. Ich habe sehr große Veränderungen vorgenommen,


  1. Eines Stichs nach einer von Schnorr für ein Freskobild am Wohnhause des Dekorationsmalers Schwarzmann in München komponirten Madonna.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/24&oldid=- (Version vom 9.6.2024)