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Nun folgt die Aufführung von Glucks Iphigenia in Tauris. Die Ney-Bürde als Iphigenia, Mitterwurzer als Orest, Tichatscheck als Pylades. Die Aufführung ist eine sehr ausgezeichnete. Erst nach 10 Uhr verläßt man das Theater.

6) Donnerstag. Meine Zeichnung beunruhiget mich, und schwerlich werde ich sie mit Freude abgeben. Die Art der Durchführung mit der Feder ist nicht frei und künstlerisch, ist zu mühsam, und doch weiß ich nicht, wie ich die Zeichnung hätte ausführen sollen, da ich bei dem Zustand meiner Augen, das heißt, bei Ermangelung eines Auges, den Pinsel nicht mehr sicher handhaben kann. Ueberdem harren einige Holzschneider vergeblich auf Zeichnungen von mir. Es war ein Mißgeschick, daß der König auf den Gedanken kam, mir den Auftrag zu geben.

7) Freitag.... Meine Zeichnung, die ich heute den Meinigen zeige, findet dennoch Beifall. In wenig Tagen wird sie vollendet sein.

8) Samstag. Meine Zeichnung gestaltet sich nun doch besser, als ich dachte. Der Beifall der Meinigen ermuthiget mich, auch auf die Zufriedenheit des Königs mit meiner Arbeit zu hoffen. Bald wird sie beendiget sein.... Als ich heute das Museum zum zweiten Mal betrat, begegnete mir noch Prinz Georg in dem Treppenhaus, und wir sprachen ein Weilchen zusammen über Glucks Iphigenie.

9) Sonntag.... Bis Mittag ist meine Zeichnung fertig. Nur die Schrift auf dem Tuch oben fehlt. Der König wünscht, daß ich den Text nach der Vulgata hinsetze. Nachmittag fange ich ein wenig an der Aufzeichnung für Steinbrecher an, der schon lange sehnlichst auf Arbeit wartet. Es bleibt bei wenig Strichen heute. Gaber kommt, und es wird bald nach 3 Uhr so dunkel, daß ich nicht mehr hinreichend sehen kann.

10) Montag. Rietschel sucht mich auf.... Ich zeige Rietschel meine Zeichnung. Er ist sehr zufrieden damit, was mich recht sehr ermuthiget. Im Museum sucht mich ein Abgeordneter der Weber’schen Buchhandlung in Leipzig auf, um mich im Namen derselben zu fragen, ob ich erlaube, daß mein Einzug Barbarossas in Mailand als Holzschnitt in der Illustrirten Zeitung aufgenommen werde. Ich habe nichts dagegen. Zeichnung und Schnitt werden bei Gaber besorgt werden.

13) Donnerstag.... Im Museum alles in der Ordnung. Schirmer hat den Garofalo No. 124, Neptun und Pallas darstellend, in das Restaurationszimmer bringen lassen, der eine zum Theil vergilbte Firnißdecke zeigt. Als Schirmer in früheren Jahren das auf den Stab der Pallas von fremder Hand aufgesetzte Kreuz entfernte und die Lanze in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit wiederherstellte, wurde ein Theil der Luft gereiniget, der nun mit dem unberührten verschmutzten Lufttheil nicht zusammenpaßt. Wir wollen nun die ganze Luft fegen, wenn die Herren von der Kommission nichts dagegen haben.

14) Freitag. Um 9 Uhr Morgens schicke ich die oft erwähnte Zeichnung an Se. Majestät den König.... Abends wird aus einem neuen Buch von Auerbach gelesen. Es führt den Titel Barfüßele.

15) Samstag.... Ein Hofdiener meldet mir, daß ich 1/2 10 Uhr zu Seiner Majestät dem König kommen soll. Zu gedachter Zeit an Ort und Stelle werde ich sogleich von Seiner Majestät empfangen. Der König sagt mir mit großer Freundlichkeit, daß er mit meiner Zeichnung zufrieden sei. Es kommt dann die Rede auf die Galerie. Der König war vorgestern Nachmittag daselbst, als sie bereits für das Publikum geschlossen war. Renner war glücklicher Weise anwesend und zeigte ihm den Zinsgroschen und die veränderte Aufstellung der Claude’schen Landschaft. Der König spricht sich sehr zufrieden mit der Restauration des Zinsgroschen und mit der neuen Aufstellung der Landschaft aus.... 18 Uhr begebe ich mich zu Geh. Rath Carus, zu dem ich geladen bin. Es sind noch zugegen: der Oberhofprediger Liebner, Dr. Peip, Dr. Hettner, Hübner, Rietschel. Carus lieft uns einen Aufsatz über die Sixtinische Madonna vor. Alle Zuhörer sind in hohem Grade befriediget. Ich gestehe, daß ich so etwas von Carus nicht erwartet hatte. Der Aufsatz wird über kurz oder lang wohl in die Oeffentlichkeit treten. Carus sieht sich veranlaßt, uns noch den Mozart’schen bekannten Brief und einen Brief von Goethe, den er an Friederike schrieb, vorzulesen. Um 11 Uhr trennt man sich.

16) Sonntag. Um 10 Uhr Morg. übergebe ich Steinbrecher die neue Aufzeichnung: Gideons Sieg, auf die er schon lange wartet. Dann nehme ich eine neue Skizze vor, darstellend: wie Jesus nach seiner Auferstehung den Jüngern sich in Galiläa offenbart. Der Gegenstand ist sehr schwer, der geringe Umfang des formats meiner biblischen Blätter erhöht die Schwierigkeit, den Vorgang deutlich zu entwickeln. Es kommt bis zur Dämmerung ein Blatt zu Stande; ob es aber taugt? – Am Nachmittag liest mir während der Arbeit die Hausfrau aus Auerbachs „Barfüßele“ vor. Die Erzählung spannt uns außerordentlich. Als ich in der Dämmerung meinen Spaziergang machen will, bekomme ich Besuch. Der Professor und Hofmaler R. Suhrlandt aus Mecklenburg-Schwerin besucht mich mit seiner Tochter, welche Zeichnerin und Violinspielerin ist. Seine Redseligkeit bringt mich fast zur Verzweiflung. Den Vorschlag, mich von seiner Tochter für ihre Sammlung zeichnen zu lassen, schlage ich rund ab. Von seinen Pillen will ich eben so wenig wissen. Das

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/133&oldid=- (Version vom 28.6.2024)