Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/22

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

ist. Aber das Werk wird seinem Meister Ehre machen und das Vaterland wird unserm Rietschel einen Kranz reichen, wie der ist, den Goethe bereits in seiner Hand hält.

29) Sonntag. Obermann bringt mir einen Abdruck von „Noahs Dankopfer“. Ein paar Köpfe, die verkürzt und im Schatten sich darstellen, sind mißlungen aus Mangel an Verständniß der Zeichnung; sonst ist die Platte gut gearbeitet.

30) Montag... Ich werde in das Museum beschieden, um Ihrer Majestät der verwittweten Königin Marie dasselbe zu zeigen. Sie sieht schnell, aber mit Antheil. Die Majestät meint, daß ich an der Krankheit ihres Bruders (des Königs Ludwig) wohl großen Antheil genommen, daß ich doch wohl noch ein halbes bayrisches Herz habe. Ich erwiederte, daß ich allerdings mit größester Theilnahme den König in so großer Gefahr gesehen habe, daß ich, was mein Herz anbelangt, hoffe, mein halbes bayrisches und halbes sächsisches Herz gäben ein ganzes deutsches.

Mai.

3) Donnerstag... Ein Gang ins Museum. Gestern hatte ich nur einen flüchtigen Blick auf die bereits in dem Kuppelraum befestigten Rafael’schen Tapeten werfen können, darum wollte ich sie mir heute noch einmal und besser besehen. Sie nehmen sich sehr gut aus. Schade, daß die Kuppel achteckig ist. Doch das ließ sich nicht mehr ändern.

4) Freitag... Ich verfertige eine Zeichnung zu einer Trage für große Bilder. Es scheint mir geeignet, die Bilder aufrecht stehend und nicht liegend zu tragen.

5) Samstag. In den Morgenstunden zeichne ich die Entwürfe zu den bei dem Transport der Bilder zu verwendenden Tragen ins Reine und nehme sie mit zu der Konferenz im Museum, woselbst heute der Herr Minister in Begleitung des Geh. Hofraths Bär erscheint und der Landbaumeister Hänel, Hofbaumeister Krüger und der Amtsbauverwalter Beuchelt versammelt sind. Der Minister hält einen Vortrag über die Führung des Baues und Bildung der Baukommission, um deren Auflösung es sich jetzt handelt. Für den Umzug wird der Termin auf den 1. Juni festgesetzt... Besprechung über die Transportmittel für die Bilder. Ich lege den Herren meine Entwürfe vor zu den Tragen.

9) Mittwoch... Der neueste Holzschnitt von Gaber, „Jesaia“, macht mir große Freude. Die Komposition ist gut und der Schnitt ist herrlich.

10) Donnerstag... Rietschels Gruppe nahet sich der Vollendung. Sie hat mir heute noch viel besser gefallen als neulich. – Graf Bose ladet mich zu Tische. Ich finde Langenn, mit welchem ich in einen politischen Disput gerathe.

19) Samstag. Am Museum finde ich den Herrn Minister in Berathung mit Krüger und Beuchelt wegen der Drahtvorhänge, welche die Fenster bei Feuersgefahr bedecken sollen. Jetzt wird der Gedanke an Feuersgefahr wieder lebhaft aufgenommen, welcher nach meiner Ankunft hier, also vor Legung des Grundsteins zu dem Gebäude, mich bestimmte, in einem ausführlichen Schreiben an Seine Majestät den hochseligen König von der Wahl dieses Platzes abzurathen und den Platz am Neustädter Elbufer, der Brühl‍’schen Terrasse gegenüber, dringend zu empfehlen. Ich lege mein Modell zu der Bildertrage vor, und man ist der Meinung, daß es im Großen ausgeführt werden soll. Dieselbe Ansicht hat auch die Galerie-Kommission, welche freilich nur durch Herrn von Quandt und Professor Hübner vertreten ist.

21) Montag... Von Joerdens erhalte ich den Probedruck von der Platte: „Lot fliehet aus Sodom“. Das Blatt ist tüchtig gearbeitet, und gegen die erste von ihm gearbeitete Platte zeigt sich ein großer Fortschritt... Herr von Quandt schreibt mir und macht mich aufmerksam auf... den Johannis-Kirchhof, welcher zu Bauplätzen umgewandelt werden soll und dessen Erhaltung von vielen gewünscht wird, zu welchem Zweck auch eine Petition vorbereitet wird.

22) Dienstag... Bei dem Advokat Matthäi unterschreibe ich die Petition, welche wegen Erhaltung des Johannis-Kirchhofs an den Magistrat erlassen werden soll. Würde es aufgegeben, den Kirchhof zu Bauplätzen zu verwenden, so müßte derselbe in einen Todtenpark umgeschaffen werden, d. h. man müßte die kleinen überall zerstreuten Grabsteine entfernen, die massenhafteren, mit schönen Baumgruppen bereits umgebenen Denkmale aber erhalten, die kleinen Erdaufwürfe wegnehmen und in etwas größere Grabhügel verwandeln mit geschickter Benutzung der ohnehin vorhandenen Hügel, das Ganze mit hübsch geführten Wegen durchziehen, in der Mitte einen breiteren Durchgang zur Passage (jedoch nur für Fußgänger) anlegen.

25) Freitag... Konferenz des akademischen Rathes. Die Angelegenheit der Säkularisirung des Johannis-Kirchhofs kommt zur Sprache. Der akademische Rath wird durch eine Aufforderung des Münzgraveur Krüger veranlaßt, sich dem Ministerium gegenüber über die Angelegenheit auszusprechen. Wie man hört, wird aber bereits mit dem Zerstörungswerk begonnen. Bäume werden abgehauen, Denkmäler hinweggeräumt. So kommen wir wie alle anderen jetzt zu spät.

29) Dienstag. Die erwähnte Darstellung der letzten Plage, welche über die Egypter kommt und endlich die Freilassung der Israeliten bewirkt, gestaltet sich zu einem eigenthümlichen reichen Bilde, das einen guten Platz in der Reihenfolge behaupten wird.

31) Donnerstag... Heute ist die alte Galerie zum letzten Mal offen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/22&oldid=- (Version vom 7.6.2024)