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Rezept zu einem guten Firniß mag Schirmer prüfen.... Um meinen Spaziergang bin ich gebracht. Die Abendlektüre restaurirt mich wieder. Die Hausfrau liest „Barfüßele“ zu Ende. Das ist wieder einmal ein köstliches Buch....

17) Montag. Da die letzte Komposition mir zweifelhaft ist, so nehme ich einen andern Gegenstand vor, der zunächst an die Reihenfolge aus dem Alten Testament sich anschließen soll: Simson, der tausend Philister mit eines Esels Kinnbacken schlägt. Ich fürchtete, mich in die Darstellung einer Prügelei zu verwickeln. Die nochmalige Lesung des Textes bringt mich, wie ich glaube, auf die richtige Erfassung. Simsons Triumph stelle ich dar. „Da liegen sie bei Haufen; durch eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann geschlagen“.... Ich soll zum Minister kommen. Nach einem Besuch bei Schirmer und Erledigung einiger Geschäfte gehe ich zu Seiner Excellenz Herrn von Zeschau. Derselbe sagt mir in freundlichster Weise, daß der König über meine Zeichnung sich sehr freue, daß derselbe wohl wisse, wie ich in meinen Erwartungen bescheiden sei und mir deshalb entgegenkommend seine Erkenntlichkeit in seiner Weise, nämlich durch Verehrung eines Ringes bezeugen wolle. Der Minister überreicht mir nun einen kostbaren Ring, dessen Werth bedeutend sein muß.... Die neue Skizze zum Simson ist am Abend im Wesentlichen fertig.

18) Dienstag. Heute findet bei Hofe die feierliche Bewerbung des toskanischen Gesandten um die Hand der Prinzessin Anna für den Erbgroßherzog von Toskana statt, an welche sich die Verlobung anschließt. Die Feierlichkeiten sind schuld, daß ich Se. Exc. den Oberhofmeister ô Byrn nicht sprechen und meine Danksagung für den Ring nicht anbringen kann.... Meine Skizze zum Simson bleibt in Geltung. Am Nachmittag wird der Umriß auf das Pflanzenpapier gezeichnet zum Behufe der Uebertragung auf das Holz.

19) Mittwoch. Es gelingt mir Se. Exc. ô Byrn zu treffen, ihm sagen zu können, wie hoch ich das Geschenk des Königs in Ehren halte, und ihn zu bitten Seiner Majestät meine Dankbarkeit zu bezeugen....

20) Donnerstag.... Kaum habe ich mein Mittagsessen beendet, als ein Lakai in die Wohnung stürzt mit der Meldung, der König sei mit dem Großherzog von Toskana (der gestern hier angekommen und feierlich empfangen worden ist) seit einer Viertelstunde im Museum und es sei vor einer halben Stunde nach mir geschickt worden. Der Lakai war etwas außer sich, daß mir die Botschaft von meinen Leuten nicht ausgerichtet worden sei; ich aber war ziemlich ruhig, beeilte mich nichts desto weniger sehr, um bald am Platz zu sein, und gelangte durch eine Droschke auch bald dahin. Ich fand den Großherzog und den König beim Holbein. Der Großherzog sagte mir viel Freundliches über meine Zeichnung, die ihm heute wohl vom König übergeben worden ist.... Der Großherzog sah mit großer Theilnahme und, wie ich glaube, mit ernster Würdigung die Kunstschätze, die übrigens schon aus früherer Zeit ihm bekannt waren. Von vielem, was ich zu bemerken hätte, sage ich nur dies, daß er mit Unzufriedenheit seiner Akademie in Florenz gedachte und meinte, es sei besser, die großen Mittel, die sie erfordere, einem hochbegabten und ernstgesinnten jungen Künstler zuzuwenden, wenn ein solcher in seinen Landen vorhanden wäre und durch eine solche Unterstützung die Erziehung wahrer Meisterschaft demselben gesichert werde. Ehe der König das Museum verließ, nahm ich Gelegenheit, ihm noch für den Ring zu danken. – Kurz vor Schluß der Galerie war auch die Königin Marie gekommen. Nachdem der König mich entlassen, begleitete ich dieselbe noch bis zu ihrem Fortgehen.

21) Freitag. Bußtag.... Nachher beginne ich eine neue Komposition, die letzte zu dem Buch der Richter. Sie stellt die jungen Benjaminiten vor, welche durch List, das ist Raub, Weiber gewinnen. Der Gegenstand ist nicht ohne Bedenklichkeiten, doch lasse ich ihn nicht gern weg.

22) Samstag.... Um 3 Uhr begebe ich mich zu Baudissins, wohin ich zum Mittagsessen geladen bin. Es sind zugegen: Geh. Rath von Ammon [1], Herr Goldschmidt[2], Roquette, Hähnel, Hettner, Claus Groth, Gomme, General Graf Baudissin, Nicolai. Es ist ein sehr liebenswürdiges Diner, das wir begehen, und die Unterhaltung ist sehr belebt. – Abends sind wir allein. Die Hausfrau liest aus Schuberts Leben vor. Es ist ein durchaus herrliches Buch. Ich sehne mich danach, dem theuern Mann meinen Dank auszusprechen und noch einmal wenigstens – jeder Tag kann unser Ende bringen – mit ihm brieflich zu verkehren.

23) Sonntag.... Es kommt viel Besuch zu mir. Jungtow, die beiden Joerdens, am Nachmittag Gaber, der mir eine Anzahl bunter Bilderbogen zeigt, die in Ruppin bei Gust. Kühn mit der Bezeichnung „Original und Eigenthum“ erschienen sind und die, bis auf einen Zusatz in der Größe, genaue Copien meiner Bibel-Bilder sind. Dabei trägt eine Ueberschrift „Innere Missions“-Zwecke zur Schau. Es ist eine Schande, daß der deutsche Buchhandel solche Wegelagerei treibt und gar unter heiliger Firma stiehlt. Was wird Wigand dazu sagen?

25) Dienstag.... Nachm. 3 Uhr haben wir Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es werden noch einige Ankäufe gemacht und sodann die der


  1. Friedr. August von Ammon (1799-1861), Königl. Leibarzt.
  2. Gatte der Jenny Lind.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/134&oldid=- (Version vom 28.6.2024)