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28) Sonntag. Ich arbeite, ohne mich viel zu rühren, an der Zeichnung: „Der Herr verkündet Samuel Eli’s Untergang“. Am Nachmittag ist die Zeichnung fertig, und ich denke, sie ist nicht mißlungen. – Abends gehe ich zu Kammerrath Kaskel, wohin ich zu Thee und musikalischer Unterhaltung geladen bin. Charles Mayer spielt mit dem jungen Kaskel ein vierhändiges Stück auf dem Pianoforte, das von ihm selbst komponiert ist. Dann trägt ein Posaunenbläser, begleitet von Herrn Mayer, Schuberts Ständchen vor. Das Instrument des Weltgerichts ist nun freilich zu einem Ständchen nicht geeignet. Da ich viel Bekannte finde, so unterhalte ich mich ganz gut. Um 10 Uhr fängt man an zu tanzen, und ich entferne mich.

29) Montag. Im Museum berathe ich mit Schirmer die Einrichtungen im Holbein-Zimmer. Ich werde nämlich die neue Einrahmung der Holbeinschen Madonna nun in Angriff nehmen, habe aber den Gedanken, für die andern daselbst befindlichen Gemälde eine Art Läden machen zu lassen, die man herausdrehen und dadurch die auf ihnen befestigten Bilder in das Seitenlicht bringen kann. Ein solcher Laden soll am Fenster, der andere breitere an der gegenüberstehenden Wand angebracht werden. Schirmer ist einverstanden und jedenfalls der Meinung, daß die der Aufstellung des Rafael entsprechende isolierte Aufstellung des Holbein ohne weiteres durchgeführt werde.... Bürkner bringt, ohne jedoch mich zu Haus zu finden, Pletsch’s Aufzeichnungen nach meinen Zeichnungen für den Jugendkalender. Sie sind sehr nett ausgeführt und werden sich im Schnitt gut machen. Ich nehme Gelegenheit, in ein Paar Zeilen dieses Bürkner zu sagen und zugleich zu danken für das mir verehrte Heft von Holzschnitten und bringe jene Aufzeichnungen wie diese Zeilen selbst nach Bürkners Wohnung.

30) Dienstag. Da es die höchste Zeit ist, die kleine Zeichnung, welche Rietschel bestellt hat, vorzunehmen, so mache ich mich nun heute daran. Auf Grund einer älteren Skizze zeichne ich eine Charitas. Ich könnte das Blättchen zu deutsch nennen die erhaltende und die bewahrende Liebe. Ob ein Anderer Rietschel beauftragt hat, das Blättchen zu bestellen, oder ob er selbst es Jemand schenken will, weiß ich nicht. Fast möchte ich jetzt das letztere glauben. – Rietschels Gruppe ist nun fertig. Er hat uns für heute einladen lassen, sie zu sehen. So ziehen wir, Hausfrau, ich und die beiden Töchter, gegen Mittag auf die Terrasse und besehen uns das schöne Werk, das große Werk, das so ganz einzig in seiner Art ist. Bis zum 6. Januar wird es ausgestellt bleiben, dann wird es nach München gesendet und sogleich für den Guß in Angriff genommen. Der König Ludwig will, daß der Guß noch in diesem Jahr zu Stande komme! – Von der Terrasse gehen wir in das Museum und machen einen Besuch in dem Handzeichnungs- und Kupferstichkabinet. Die Meinigen hatten es noch nicht gesehen und sind nun sehr entzückt über die schönen und so herrlich eingerichteten und ausgeschmückten Räume. Freund Gruner macht den Wirth mit größter Liebenswürdigkeit und zeigt uns manchen für gewöhnlich verborgenen Schatz.


Ludwig Richters Geburtshaus.

Geburtshaus von Ludwig Richter in Dresden

Das Hans in der Friedrichstraße, in dem am 28. September 1803 Adrian Ludwig Richter das Licht der Welt erblickte, war bisher nicht bekannt. Als vor 12 Jahren der Verein für Geschichte Dresdens die Absicht hatte, dem großen Meister eine Gedenktafel zu widmen, wurden in amtlichen Quellen wie bei kundigen Friedrichstädter Bürgern die eingehendsten Nachforschungen angestellt; selbst die greise Schwester Richters begab sich noch einmal persönlich hinaus, konnte aber das Haus auch nicht mehr feststellen. Der Verein entschloß sich daher, die Gedenktafel an Richters Sterbehaus, Johannesstraße 1, anzubringen. Im Mai 1898 ist das gesuchte Haus durch einen Zufall doch noch ermittelt worden. Herr Geheimer Rath Dr. med. Fiedler schenkte dem Rathsarchiv einen Stoß Akten, die ihm von einem alten Friedrichstädter Bürger überlassen worden waren. Es waren die Akten des ehemaligen Ortsrichters der Gemeinde Friedrichstadt. Bei ihrer Einordnung ins Rathsarchiv fand ich darunter ein „Gemeindebuch zu Friedrichstadt“ mit dem vollständigen Einwohner-Melderegister für die Jahre 1780 bis 1802. Darin ist unter dem Jahre 1802 eingetragen: „Richter, Karl August, ein Kopferstecher von

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/137&oldid=- (Version vom 29.6.2024)