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hinzufüge: keine Schrift Auerbachs hat mich in Ansehung seiner Person, zu der ich mich in mehrfacher Beziehung hingezogen fühle, so tief betrübt als diese.

5) Donnerstag.... Im Museum suchen mich Graf Baudissin (Otto)[1] und Kammerherr v. Rochow auf.... General Baudissin bestätiget mündlich seinen Entschluß, aus dem Direktorium des [Kunst-] Vereins auszutreten. Nachher kommen Goldschmidts mit Frau Gonne. Ich verweile einige Zeit mit Frau Goldschmidt (Jenny Lind) und Frau Gonne im Saale der Spanier. Hier sucht mich dann der Herr Minister auf und ladet mich freundlichst ein zum Mittagsessen für nächsten Samstag.... Den Abend bringt Lottchen Krug[2] mit ihren beiden Töchtern Helene und Ludovike bei uns zu. Sie liest uns ein von ihr verfaßtes Knaben-Lustspiel vor, das in einer Jugendzeitung abgedruckt ist. Es scheint uns allerliebst.

6) Freitag.... Mit Professor Hettner bespreche ich mich im Museum über die Kunstvereinsangelegenheiten und die Steinla’schen Sammlungen. Wir werden nächsten Mittwoch Direktorialversammlung des Kunstvereins haben und General Graf Baudissin, der seinen Austritt erklärt hat, wiederwählen. So wird es den Gegnern nicht gelingen, sich selbst auf den Stuhl zu setzen....

7) Samstag.... Wigand besucht mich. Er erstattet mir Bericht über den Stand unseres Unternehmens vom geschäftlichen Gesichtspunkt aus. Dieser Stand ist ein befriedigender. Sobald der Cyklus fertig ist, wird Wigand die Bilder mit vollständigen Bibeln in allen Hauptsprachen erscheinen lassen.... Mittagsessen bei dem Herrn Minister von Zeschau. Gäste: Geheimer Rath von Langenn, Herr von Miltitz auf Siebeneichen, Kammerherr von Rochow, Geheimer Hofrath Bär, Conrector Böttcher, Oberlehrer Helbig, Director Gruner. Die Rede kommt wieder auf des Cornelius Carton, und ich muß losgehen. – Sehr gefallen hat mir Herr von Miltitz, wobei ich zunächst nicht an seine herrliche, echt ritterliche, hochadliche Erscheinung, sondern an seine einsichtsvolle, ernste und bescheidene Weise denke, mit welcher er sich ausgesprochen. Langenn[3] fühlt sich zu sehr als letzte Instanz, als daß ich über ihn hätte entzückt sein können....

8) Sonntag. Fast ohne irgend eine Unterbrechung bleibe ich bis 1/2 5 Uhr (so lange kann ich jetzt schon zu solcher Arbeit sehen) bei meiner Aufzeichnung und komme beinahe mit den zwei Figuren, die das Bild enthält, zu Stande. Der Gegenstand ist: „Saul, wegen seines Ungehorsams verworfen“. Leider muß ich in den nächsten Tagen mit vielen Schreibereien mich befassen, die mir überhaupt sehr viel Zeit rauben....

9) Montag.... Eggers will in sein Kunstblatt meine Lebensgeschichte bringen. Roquette hat mir dieses mitzutheilen. Ich gebe ihm die von [Tochter] Marie geschriebene Abschrift der biographischen Skizze, welche ich für die Berliner Akademie schrieb....

10) Dienstag. Konferenz der Direktoren Königlicher Sammlungen, welche den Antrag auf Ankauf der Steinla’schen Sammlungen bei dem Ministerium des Königlichen Hauses stellen wollen. Wir versammeln uns um 5 Uhr im Sitzungszimmer der Akademie. Die Betheiligten sind die Herren Geinitz, Gräße, Loßnitzer, Hettner und ich. Es sind alle einverstanden, daß die Erwerbung sehr wünschenswerth und der geforderte Preis ein mäßiger sei. Die Schrift, welche ich für den Gesammtantrag entworfen, wird genehmigt. Es wird nun jeder sein Separatgutachten abfassen und nächsten Samstag Mittag 12 Uhr im Museum übergeben, wo auch der Gesammtantrag zum Ankauf von Allen unterschrieben werden soll. Die Ueberreichung an das Ministerium werde ich besorgen. Hettner hat heute die Bilder gesehen und ist von den Altflorentinern namentlich ganz entzückt....

11) Mittwoch.... Um 4 Uhr ist Direktorialversammlung des Kunstvereins. General Baudissin hat die Wiederannahme der Präsidentschaft an eine Bedingung geknüpft. Das Direktorium soll bestimmen: daß ein wirkliches oder Hülfs-Mitglied des Direktoriums sich den Beschluß einer Majorität in der Art aneigne, daß, wenn es auch andrer Meinung ist, dasselbe darauf verzichte, als Mitglied des Vereins in der Generalversammlung dem Beschluß dieser Majorität des Direktoriums zu opponiren. Nur das freie Stimmrecht soll zugestanden werden. Das Direktorium verneint die Frage, ob es auf eine solche Forderung eingehen könne und wolle. Dennoch wird eine anderweitige Wahl nicht vorgenommen, man trägt vielmehr Hettner auf, dem General zu sagen, daß er nicht nur im Direktorium bleiben, sondern auch die Wiederwahl zum Präsidenten annehmen möge, wenn diese, freilich ohne jenes Zugeständniß, auf ihn Falle. Verweigert Baudissin die Annahme, dann wird der Geheime Rath Spitzner wahrscheinlich aus der Reihe der Hülfs-Direktorial-Mitglieder in das Direktorium und sodann sogleich zum Präsidenten gewählt. In Betreff der Ausführung des Beschlusses über das Vereinsblatt wird bestimmt, daß nur die nöthige Zahl von Abdrücken von Bürkner genommen wird. Ich gebe zu Protokoll, daß ich für den Ankauf der Platten gestimmt habe, weil solches durch die Satzungen verlangt wird....


  1. Der bereits mehrfach erwähnte Schleswig-Holsteinische Generalmajor a. D., Bruder des zu jener Zeit gleichfalls in Dresden lebenden Shakespeare-Uebersetzers Grafen Wolf Baudissin.
  2. Schnorrs Schwester.
  3. Präsident des Oberappellationsgerichts.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/177&oldid=- (Version vom 1.7.2024)