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Schwester zu ihrem Geburtstag zu schenken. Deshalb gehe ich am Vormittag nach Brockmanns Atelier, und es wird die Operation zweimal vollzogen.– Abends erhalten wir Besuch von unserm alten Freund dem Musikdirektor Ferdinand Hiller, der in Leipzig einige Konzerte gegeben hat und nun einige Tage hier zubringt. Seine Erscheinung ist eine uns sehr liebe. Er hat nun außer dem Adoptivsohn noch zwei eigene Kinder, ein Mädchen und einen Knaben. Er ist jetzt Musikdirektor in Köln und ist ganz gern dort.

21) Mittwoch, Pletsch bringt mir die Aufzeichnung der Vignette zu dem Psalter. Sie ist sehr gut ausgefallen und wird sogleich geschnitten. Gaber bringt mir die erste Lieferung seiner „Christenfreude in Lied und Bild“, eine Sammlung geistlicher Lieder mit Holzschnitten, zu welchen die meisten Zeichnungen von Ludwig Richter herrühren. Ich habe das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ illustrirt. Das Büchelchen giebt Gaber heraus, Wigand hat es in Kommission.

24) Samstag. Meiner Schwester Ottilie Geburtstag. – Wir verehren ihr unsere (das heißt: meiner Frau und meines) Porträts aus dem photographischen Atelier Brockmanns. Mein zweites ist weniger gelungen als das erste. Das Porträt der Hausfrau aber gehört zu den gelungensten Erzeugnissen der Photographie.

25) Sonntag. Hiller macht uns noch einen Besuch und ladet uns ein zu einem kleinen Konzert, das er morgen einigen Freunden in dem Hause des Major Serre geben wird.

26) Montag... Dann ordne ich definitiv mit meinen Inspektoren einige Säle des Museums, um den Hofbaumeister Krüger in Stand zu setzen, zur Aufstellung der Gemälde an den Wänden die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Um 12 Uhr begebe ich mich zu Major Serre, wo ich mit der Hausfrau und den Töchtern zusammentreffe und wo wir mit einer ansehnlichen und auserlesenen Gesellschaft Hillers kleines Konzert anhören. Wir kommen erst gegen 3 Uhr zum Essen... Abends gehen wir ins Theater, um aus Antheil an Ludwigs Produktionen, welcher demnächst in Norma als Sever aufzutreten hofft, diese uns bisher unbekannte Oper zu hören. Hatte der Tag über Erwarten begonnen, so endete er unter Erwarten. Diese Oper ist entsetzlich leer und geistlos, und es gereicht noch zu ihrem Nachtheil, daß man durch das Sujet an Glucks Iphigenie erinnert wird.

28) Mittwoch. Mit Kallmeyers thätiger Hülfe schreiten wir in der Vertheilung der Gemälde an den Wänden unseres Museums in erfreulicher Weise vorwärts. Wir haben die Wände, wie auch die Gemälde, in einem kleinen Maßstab dargestellt und können so mit großer Bequemlichkeit ordnen. Es wird die Aufgabe sich glücklich lösen, wir sind aber von wesentlichen Bestimmungen abgekommen, die wir vorläufig festgestellt hatten. Wir nehmen z. B. die Spanier nun doch in die großen Säle herunter, ebenso den Rembrandt und Ferd. Col, welche in die Ecksäle der oberen Etage kommen sollten, welche Räume aber sich nicht so glücklich, wie wir hofften, gestaltet haben.

März.

1) Donnerstag... Alte Kompositionen zur Bibel werden mehr oder weniger umgestaltet oder auch ganz erneuert. So Loths Flucht, Verheißung an Abram, Abraham und die drei Engel ganz neu. – Die Vertheilung der Bilder gestaltet sich immer besser. Ich gehe jetzt täglich nach der Galerie, um mit Kallmeyer etwas zu arbeiten... Oldenbourg theilt uns ein Buch von Riehl mit: „Die Familie“ und liest einen Abschnitt über unsern Ludwig Richter vor, der mit eingehender Würdigung geschrieben ist und diesem viel Freude machen wird.

3) Samstag... Der Galerie-Kommission lege ich die Schemas für die Aufstellung der Bilder vor. Kallmeyer hat sich sehr verdient gemacht. Die Sachen ordnen sich gut und die Herren Kommissare waren einverstanden.

4) Sonntag... Abends giebt Alb. v. Zahns Anwesenheit Veranlassung, Lasinios Nachbildungen alter Italiener (ein Kupferstichwerk, das ich einst von Rehbeniz erhielt) zu betrachten. Wie viel Schönheit ist doch in diesen Sachen!

6) Dienstag... Direktorial-Versammlung des Kunstvereins... Rietschels Skizze zur Gellert-Statue ist fertig, und wird an das Komité in Hainichen die nöthige Meldung sowie einen Kostenanschlag gelangen zu lassen beschlossen... Roquette ist den Abend bei uns und liest eine äußerst ansprechende, ganz kleine Erzählung, welche den Uebergang des Winters in den Frühling ausdrückt.

10) Samstag... Bei der heutigen Galerie-Kommission (die ohne Quandt, aber sonst vollständig beisammen ist) wird das Bild von Giulio Romano, Apoll und Marsyas[1], im Restaurationszimmer betrachtet, und berathen, wie es mit den auffallenden Stellen, welche Ursache waren, daß das Bild entweder verschleiert oder an einen dunkeln Platz gehängt wurde, gehalten werden soll, da das Bild, welches wirklich sehr schön ist, im neuen Museum einen guten Platz erhalten soll. Ich hätte es sehr gern übernommen, jene schon von Matthäi etwas mit Gras und Epheu bedeckten Partien stylvoller zu verbergen. Hübner und Bendemann sind aber mit meinen Vorschlägen nicht ganz einverstanden; so werde ich die Sachen lassen, wie sie sind.


  1. So wird der Gegenstand (Pan und Olympos) in älteren Galeriekatalogen (z. B. in dem vom Jahre 1846 S. 110 Nr. 987) bezeichnet.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/19&oldid=- (Version vom 5.6.2024)