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Generalversammlung vorzuschlagenden Vereinsblätter bestimmt. Es werden drei Blätter gewählt: mit 8 Stimmen meine von Petzsch gestochene Ottokar-Schlacht, mit 6 Rietschels Gruppe „Goethe und Schiller“, welche im Falle der Wahl durch die Generalversammlung in Kupfer gestochen werden soll, und Bendemanns Bacchuszug aus dem Schloß, welcher lithographiert werden würde, mit 5 Stimmen. – Wir eilen mit der Erledigung der Geschäfte, weil mehrere der Anwesenden in das Théâtre paré gehen, das um 6 Uhr beginnt. Ich bin unter diesen Theatergängern. 1/2 6 Uhr bin ich völlig angekleidet und fahre mit Rietschel nach dem Theater. Die Vorstellung beginnt mit einem Festspiel: Arnus und Albina betitelt, mit ähnlichen Beziehungen auf die hohen Neuvermählten, wie sie das Festspiel bei dem letzten Théâtre paré enthielt. Dann folgt Oberon. Ich habe diese Oper erst einmal und in sehr frühen Jahren gehört; sie ist mir also ziemlich neu. Ich kann aber nicht sagen, daß sie mich sehr anspricht. Die schönen Gesangstücke stehen doch sehr vereinzelt. Der Zauberfirlefanz und die Tänze entschädigen mich nicht.


Dezember.

4) Donnerstag.... Am Nachmittag bringt mir Obermann einen Probedruck des von ihm jetzt vollendeten Blattes: Joseph erhält Befehl nach Aegypten zu fliehen. Das Blatt ist sehr schön ausgefallen, und es gefällt mir außer dem Schnitt auch meine Komposition sehr gut.

5) Freitag.... Wigand schickt einen Probedruck des Blattes von Ade, der Kindermord. Ich bin recht zufrieden in der Hauptsache. Ade wird ein braver Arbeiter werden. Den Nachdruck meiner Bibelblätter durch Herrn Kühn in Ruppin wird Wigand sehr energisch und, da die Gesetze in Preußen ihn unterstützen, mit Erfolg bekämpfen.... Zscheckel bringt mir auch sein Blatt, die Flucht nach Aegypten. Auch dieses Blatt ist recht schön gearbeitet.

7) Sonntag.... Jungtow bringt mir einen Probedruck seines Blattes: Gideon, zum Richter berufen. Es ist von seiner Seite gewissenhaft gearbeitet. Mir gefällt die Bekleidung des Engels nicht, und ich kann bis zum Schlafengehen den Katzenjammer nicht los werden, den ich immer empfinde, wenn ich etwas schlecht gemacht habe oder mir einbilde, es schlecht gemacht zu haben.

9) Dienstag.... Gaber bringt mir einen Probedruck der letzt vollendeten Platte, Mariae Heimsuchung. Das Blatt ist wunderschön geschnitten. Ich erhalte Weisung, bei einer Berathung über die Bestimmungen, unter welchen das Kupferstich- und Handzeichnungskabinet dem Publikum zugänglich sein wird, im Ministerium des Königlichen Hauses zugegen zu sein. Außer dem Herrn Minister, dem Direktor Gruner und mir sind noch der Geheime Hofrath Bär und der Geheime Rath Kohlschütter zugegen. Das Kabinet soll am Geburtstag Sr. Majestät des Königs, am 12. Dezember, also in wenig Tagen eröffnet werden. Obwohl die Zeit bis dahin sehr kurz ist, so wird es doch möglich sein, mit den Bestimmungen ins Reine zu kommen und dieselben am Eröffnungstage im Dresdner Journal erscheinen zu lassen. Zu Hause finde ich einen Brief von Ludwig.... Brulliot[1] hat seinen Kontrakt auf fünf Jahre erneuert. Ludwig meint, er werde sich schwer von ihm trennen können und doch wohl auch noch so lange in Karlsruhe bleiben. Doch denkt er auch sehr an Dresden und beauftragt uns, ihm zu schreiben, wie der neu berufene Krüger hier gefällt.

10) Mittwoch.... Im Museum erwartet man den König, der vor der Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets dasselbe sehen will. Der Herr Minister, welcher den König empfangen wird, kommt vor dessen Ankunft zu uns herauf.... Ich nehme den Augenblick wahr, dem Minister einen Brief aus Leipzig mitzutheilen, in welchem unserer Galerie „ein ächter Correggio“ zum Kauf angeboten wird. Ich werde ermächtiget, den Antrag abzulehnen. Eine freundliche Begegnung bietet sich. Graf Raczynski[2], den ich sehr lange nicht gesehen habe, begrüßt mich.... Raczynski ist sehr entzückt von unserer Galerie. Er sagt, daß er die meisten Galerien gesehen, aber keine gefunden habe, welche der unsern gleich komme.

11) Donnerstag.... Im Museum noch einmal genaue Betrachtung der Wouwermans in Begleitung von Renner zur Vorbereitung auf die morgen stattfindende Besichtigung und Begutachtung des von Würzburg zur amtlichen Schätzung hierher gesandten Bildes, das für einen Wouwerman verkauft, aber dann als nicht ächt zurückgewiesen wurde.... Die Komposition, deren Umriß bereits auf dem Holze: „Der auferstandene Heiland offenbart sich seinen Jüngern in Galiläa“ wird von mir verworfen und anders versucht.

12) Freitag. Geburtstag Seiner Majestät des Königs. Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets. – Um 10 Uhr zum Stadtgericht zur Begutachtung des aus Würzburg anher gesendeten Bildes. Beim Hingehen nehme ich (mit Erlaubniß) Schirmers Vergrößerungsglas mit zu besserer und genauerer Betrachtung der Ausführung. Schmidt finde ich bereits an Ort und Stelle; auch ist der Anwalt des Herrn Professor Rinecker [3] im Stadtgericht anwesend. Schmidt und ich wurden zusammen vereidigt. Die Prüfung des


  1. Opernsänger, damals in Karlsruhe, später in München.
  2. Graf Athanasius Raczynski, preußischer Diplomat, bekannt als Kunst-Freund und Sammler.
  3. Rinecker (1811-1883), Professor der Medizin in Würzburg.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/135&oldid=- (Version vom 28.6.2024)