soll von Guido Reni sein, die andern Sachen gehören auch, mit Ausnahme von ein Paar kleinen Sachen, der Bologneser Schule an, und findet sich nichts sehr werthvolles vor. Wenn der Kopf, welcher dem Andrea del Sarto zugeschrieben wird, von ihm wäre, und ein Rembrandt nicht bloß angeblich existirte, dann freilich würde man anders urtheilen müssen ...
19) Freitag. Freund Richter wünschte, daß ich einen Engel, mit welchem er nicht zurecht kommen konnte, etwas in die Kur nähme. So nehme ich denn das Figürchen diesen Morgen vor und thue, was ich thun kann, um Richters Wunsch zu erfüllen. Für Gonnes Altarbild zeichne ich heute noch den Madonnen- und den Christuskopf und zwar gleich mit der Feder, da das Papier für den Stift zu glatt ist ... Major Serre kommt nochmals in Angelegenheit des Tiedge-Festes, das er vorbereitet, um meine Theilnahme bei einer Berathung über die zu stellenden Tableaux in Anspruch zu nehmen. Diese Berathung findet denn auch heute Abend nach 6 Uhr bei mir statt. Die Herren Naumann und Gliemann, welche die Bilder stellen werden, und der Herr Major kommen ...
20) Samstag. Ich trage meine gestrigen Arbeiten aus. Zu Gaber kommt der Richter’sche Engel, zu Gonne gelangen die Köpfe. Unsere auf heute fallende Galerie-Kommission ist schwach vertreten. Außer mir erscheint nur Professor Bendemann. Wir begnügen uns mit stiller Freude an dem schönen Filippino[1], der unter Schirmers Hand noch sehr an mildem Glanz gewonnen hat ...
22) Montag ... Das kleine Bild von Filippino ist eine Perle der Galerie. Es hat unter Schirmers Hand außerordentlich gewonnen. Noch heute wird es an seinen Platz zurückgebracht werden ...
23) Dienstag ... Gegen 6 Uhr wandre ich nach der katholischen Kapelle in Neustadt. Schönherr hatte einen Besuch gewünscht. In der Untertuschung treten nun sämmtliche Gestalten der Halbkuppel aus dem Grunde heraus, und der Christuskopf ist bereits vollendet. Dieser Kopf ist sehr schön, und ich sehe, daß Schönherr der rechte Mann ist zur Lösung der Aufgabe. Endlich also kann ich Freude an der Sache haben und mich beruhigen ...
25) Donnerstag ... Der Herr Bischof L. Forwerk hat mir ein Buch über die Galerie zugeschickt, über welches er mein Urtheil hören will. Der Titel ist: „Die Dresdner Galerie. Geschichten und Bilder. Von A. von Sternberg“. Der Verfasser will die Liebe zu unserer Sammlung und zur Kunst dadurch erwecken, daß er aus Veranlassung einiger Bilder Novellen erzählt, die wohl gar wenig oder gar keinen geschichtlichen Grund haben. Er hat sich Bilder gewählt, die, weil sie ihrem Inhalt nach etwas räthselhaft sind, der Auslegungskunst reichen Stoff bieten. Die Novellen sind nicht ohne Geist erfunden und geschrieben und werden ihre Leser unterhalten. Die Liebe zur Kunst wird aber wohl wenig Nahrung dadurch erhalten ... Hier und da schauen die Hörnerchen aus dem Lockenkopf hervor ...
26) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths. Es kommt viel und nicht Unwichtiges vor. Der Antrag an das Ministerium, dem Architekten Giese, unserm Stipendiaten, noch 150 Thaler zu bewilligen, führt lange Erörterungen herbei, bei denen besonders Bendemann betheiligt ist als Opponent. von Quandt fällt wieder in seinen alten Fehler. Die Sitzung endet erst 3/4 8 Uhr ...
27) Samstag ... Ich beginne einen Entwurf zu dem Gegenstand: „Jesu erste Jünger“. Die Berufung Petri nach dem wunderbaren Fischzug ist vielleicht ein schönerer Moment als der von mir gewählte; er ist aber zu wundervoll durch Raphael dargestellt, als daß man noch einmal sich daran wagen konnte. Dann paßt auch die erste von mir gewählte Berufung der fünf ersten Jünger besser in die Reihenfolge, und ein wunderbarer Fischzug kommt schon vor, bei der Erscheinung des Herrn nach der Auferstehung am See Genezareth.
Juli.
2) Donnerstag ... von Sternbergs Buch ist mit viel Talent und mit Geist geschrieben, doch ist sein Geist in Teniers Hexenküche etwas angeräuchert und unsauber geworden ...
3) Freitag ... An die Mutter ist ein Brief von Ludwig eingelaufen, den er unmittelbar nach seiner Ankunft auf dem Rigi geschrieben hat. Von der Natur ist er ganz entzückt; sonst ist aber seine Stimmung sehr ernst. Er fühlt sich vereinsamt, und die Sorgen um seine Gesundheit drücken ihn ... Ich fürchte sehr, daß er seinen Beruf als Theatersänger wird aufgeben müssen. Wir wollen sehen. Ludwig äußert sich über solche Möglichkeit, als drohe darin ihm eine Strafe. Sollte es sich fügen, daß er das Theater verlassen muß, dann soll er erfahren, daß er an mir einen Vater und einen Freund hat, der jeder Aufopferung fähig ist ...
5) Sonntag. In Folge der von Krüger gegebenen Anregung in Betreff des städtischen Bauwesens wurde aus den Mitgliedern des akademischen Raths eine Deputation gewählt, um an einigen Berathungen der Baubehörde Antheil zu nehmen. Sodann wurde Veranlassung gegeben, diejenigen Abschnitte der Bauordnung kennen zu lernen und zu begutachten, welche von den
- ↑ „Maria mit dem Kinde“, nach der Angabe des Galerie-Katalogs zu Nr. 19 „aus der Schule“ Filippino Lippi’s.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/241&oldid=- (Version vom 17.8.2024)