RE:Euboia 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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griechische Insel (Geschichte) | |||
Band VI,1 (1907) S. 851–857 | |||
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Euboia (Εὔβοια). 1) Nach Kreta die größte Insel Griechenlands, wie bereits die Alten erkannten (Geyer 1); 3 575 qkm; erstreckt sich lang und schmal (175 km lang, 6–50 km breit), in der Mitte etwas anschwellend, von Nordwesten nach Südosten an der ganzen Nordostküste von Mittelgriechenland entlang. Sie steht in jeder Hinsicht, in Lage, Gebirgsbau, Klima, Geschichte in engster Beziehung zum östlichen Mittelgriechenland, von dem sie nur durch schmale Meere getrennt wird: im Norden scheidet sie der Kanal von Oreos von Magnesia und Phthiotis, im Westen der malische Golf und das euboische Meer, das sich in der Mitte zu dem flussartig gewundenen, an der engsten Stelle nur etwa 30 m breiten Euripos verengt, von Lokris, Boiotien und Attika; im Südosten trennt sie die jetzt Canale d'Oro genannte Strasse von der Insel Andros. E. bildet einen durch Einbruch und Versenkung losgelösten Teil des griechischen Festlandes (s. Art. Euripos). [852] Demgemäß bilden die Gebirge E.s die Fortsetzung derjenigen der benachbarten Landschaften Mittelgriechenlands und streichen, wie diese, meist in östlicher bis nordöstlicher Richtung quer über die Insel. Dagegen bildet E. nicht die Fortsetzung des ostthessalischen Gebirges (Pelion), mit dem es nur in der äusseren Umgrenzung parallel gestreckt erscheint. Die Ansicht, dass E. ursprünglich mit dem Festlande zusammengehangen habe, war schon im Altertum verbreitet (Strab. I 60. Plin. II 204. IV 63. Procop. de aedif. IV 3 p. 275 ed. Dind.); die Ablösung schrieb man meist den Erdbeben zu, die, damals wie heute, den Norden und die Mitte der Insel häufig und heftig heimsuchten, ausgehend von den die Insel umgebenden Verwerfungen, besonders von den Rändern des Kanals von Atalante, wo auch heiße Quellen (auf E. bei Aidepsos) auftreten (Thuc. III 89. Strab. I 58. 60. X 447. Senec. nat. quaest. VI 17, 3. 25, 4. Plin. IV 63; vgl. Neumann-Partsch Phys. Geogr. v. Griechl. 321ff.). Heute erkennt man in den Erdbeben nicht die Ursache, sondern eine Begleiterscheinung der noch fortdauernden Bewegungen an den Brüchen, welche, zwar in geologisch sehr junger Vergangenheit, aber doch lange vor der historischen Zeit die Abtrennung der Insel bewirkt haben.
E. läßt sich in drei, recht verschiedenartige Abschnitte teilen. Der nördliche Abschnitt besteht überwiegend aus sanftem und fruchtbarem Hügelland jungtertiärer Ablagerungen, wie sie auch das gegenüberliegende Lokris zum großen Teil zusammensetzen. Daraus erheben sich einige Bruchstücke des älteren gefalteten Gebirges (krystallinische Schiefer, palaeozoische Schiefer und Kalke, mesozoische Kalke und Serpentin) nicht über 1000 m hoch, von denen das bedeutendste, das Telethriongebirge, die schmale nach Westen in den malischen Golf vorspringende und mit den Vorgebirgen Phalassia, Kenaion und Dion endigende Landzunge Kenaion der Stadt Dion, sowie deren Ansatzstelle erfüllt. Hier entspringen an einer schönen Bucht die berühmten Heilthermen von Aidepsos. Das nördliche Hügelland selbst, die Landschaften Hestiaiotis (Histiaiotis) und Ellopia mit den Tälern und Mündungsebenen der Flüsse Kallas und Budoros (aus Kereus und Neleus vereinigt), mit den Städten Oreos, Histiaia, Orobiai, Aigai, Kerinthos, im Norden endend mit dem Vorgebirge Artemision, ist die fruchtbarste und bevölkertste Gegend der Insel, wo Getreide, Wein, Öl, Obst, Vieh in Fülle gedeihen. Dagegen sind gute Häfen spärlich; das wesentlich von Landwirtschaft lebende Gebiet hat keinen regeren Verkehr entwickelt.
Ganz anders ist der breitere Mittelteil der Insel. Er enthält hohe und zum Teil wilde Gebirge aus Schiefer, Serpentin und besonders aus massigen Kalken, welche, von Südwesten nach Nordosten streichend, die Fortsetzung der Gebirge von Lokris und Boiotien bilden. Deprat hat hier neuerdings die verschiedensten geologischen Formationen vom Devon bis zum alttertiären Flysch festgestellt. Über dem Kanal von Atalante erhebt sich mit jähem Bruchrand die langgestreckte Kalkmauer des Makistos (1209 m, untere Kreide); näher zur Ostseite das verzweigte Dirphysgebirge (mesozoische Kalke und Schiefer), [853] gipfelnd in der 1745 m hohen, jetzt Delphis genannten Pyramide; von seinen Ausläufern tragen die Gebirgszüge zwischen Dirphys und Makistos, die Diakria, und die nach Süden gerichteten Olympus und Kotylaion (letzteres zwischen den Flüssen Erasinos und Imbrasos), die bei Eretria und östlich davon die Südküste erreichen und aus palaeozoischen Gesteinen bestehen, besondere antike Namen. In diese, zum Teil noch heute von prächtigen Wäldern und Baumpflanzungen, namentlich Kastanien (Athen. II 54 b. d. Theophrast. hist. pl. IV 5, 4 u. ö. Hesych. s. Εὐβοϊκά. Etym. M. p. 389, 1), bedeckten Gebirge des mittleren E. sind 2 größere, von jungtertiären Ablagerungen erfüllte Becken eingesenkt; das eine, ausgezeichnet durch seine heutzutage in Abbau genommenen Braunkohlenflötze, öffnet sich bei der Stadt Kyme zur Ostküste, nördlich des Kaps Chersonnesos; das andere, rings von Gebirgen umgürtet, wird von dem Flusse Lelantos entwässert. Dieser hat dann an der Küste des inneren Meeres, östlich von Chalkis, eine fruchtbare Ebene aufgeschüttet, die bekannteste der Insel, das lelantische Feld; kleinere Ebenen begleiten die Küste nördlich und südlich davon. Hier liegt, um den Euripos, der kulturelle und historische Schwerpunkt der Insel, bezeichnet durch die beiden bedeutenden Handelsstädte Chalkis und Eretna. Kleinere Ortschaften in großer Zahl (Argura, [854]
Harpagion, Amarynthos, Aithiopion, Aigilia, Aiglepheira, Choireai, Kotylaieis, Tamynai, Porthmos, Oichalia, Parthenion, Grynchai, Zaretra, Komaieis, Oropos) lagen in diesem mittleren Teil der Insel zerstreut, die meisten an der Südwestküste.
Der südlichste und schmalste Teil der Insel, vom Vorgebirge Chersonnesos im Osten und der Bucht von[WS 1] Porthmos (jetzt Aliveri) im Westen an, enthält die Fortsetzung des attischen krystallinischen Gebirges (krystallinische Schiefer und Marmor) mit Südwest-Nordost-Streichen. Sie bilden ein niedriges, ausdrucksloses und wenig fruchtbares Hügelland mit den Städten Dystos, Zaretra, Styra. Der Berg Zarax dürfte hier anzusetzen sein (Geyer 6). Die Westküste ist von tiefen Hafenbuchten (u. a. dem Hafen Marmarion) zerlappt und durch vorgelagerte Inseln (Petalioi) belebt. Die in konkaven Bogen verlaufende Ostküste ist dagegen steil, hafenlos und von den Schiffern gefürchtet. Wegen der Verengung des Landes wird dieser ganze Teil der Insel τὰ κοῖλα τῆς Εὐβοίας genannt (Herod. VIII 13. Strab. X 445. Dio Chrysost. or. VII 2. 7. Philostr. Her. 10. 11. Ptol. III 15, 25. Liv. XXXI 47. Val. Max. I 8, 10; vgl. Bursian Geogr. v. Griechenl. II 398. Geyer 7ff.).
Nur im äußersten Süden der Insel erhebt sich wieder ein ansehnlicher Gebirgsstock aus Marmor, die 1404 m hohe Ocha, die nach Nordosten in das wegen seiner heftigen Stürme gefürchtete Kap Kaphereus (jetzt Cabo d'oro) ausläuft, im Süden mit den Vorgebirgen Geraistos und Leuke-Akte die schöne, von fruchtbarer Strandebene umgebene Bucht von Karystos umfaßt. Die Umgebung des Ochagebirges, sonst die ärmlichste Gegend E.s. ist durch mehrere wichtige Mineralvorkommnisse ausgezeichnet. Hier tritt der geschätzte karystische Marmor (ein weißer, von grünlichen Glimmerstreifen durchzogener Cipollin) auf; hier wurden im Altertum Asbest, Kupfer- und Eisenerze (heute [855] auch silberhaltiger Bleiglanz) gewonnen und verarbeitet (s. den Art. Karystos). Kleinere Eisenerzlager finden sich auch sonst an mehreren Punkten E.s. Strabon X 447 berichtet von einem zugleich Eisen und Kupfer liefernden Bergwerke in der lelantischen Ebene bei Chalkis, das aber zu seiner Zeit schon erschöpft war. Da aber jetzt dort keine Spur eines alten Bergwerkes oder ansehnlicher Erzvorkommen vorhanden ist, erscheint diese Nachricht wenig vertrauenerweckend, noch dazu, da die an derselben Stelle erwähnten heißen Quellen jedenfalls auf Aidepsos zu beziehen sind (Bursian Geogr. v. Griechenl. II 401. Cordella La Grèce sous le rapport géol. et minér. 132; dagegen Neumann-Partsch Phys. Geogr. v. Griechenl. 229f.). Wahrscheinlich liegt eine Verwechslung mit den Gruben von Karystos vor (Bursian II. 436ff.). Die Bergnamen Opheltas, Trychanta, Nedon (Lykophron Alexandra 373ff.) und das Kap Leon (Ptolem. III 14. 22 M.) können nicht lokalisiert werden (Geyer 9).
Im ganzen gehört E. zu den landschaftlich schönsten und abwechslungsreichsten Gegenden Griechenlands und wird an Ergiebigkeit des Bodens, wenigstens im Norden und in den Ebenen der Mitte, nur von wenigen übertroffen. Der Name E. wird von dem Reichtum an Rindern hergeleitet: die Alten führten ihn allerdings auch auf eine Nymphe E., Tochter des Asopos, zurück. Daneben waren bei den Dichtern die Namen Makris (Strab. X 444. Dion. Perieg. 520) und Doliche (Etym. M. p. 389, 2) von der Gestalt, Abantis und Ellopia nach Volksstämmen, Oche und Chalkis nach dem Berge und der Stadt, auch Chalkodontis und Asopis, in Gebrauch (Bursian Quaest. Eub. 3ff.; Geogr. II 396. Geyer 13). Besonders blühte in E. die Viehzucht. Eretria, Karystos, Histiaia nahmen das Rind als Münzsymbol an. Die euboeischen Rinder sollen meist weiß gewesen sein. Auch die Zucht der Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde, Hunde (in Eretria), Kampfhähne (in Chalkis) und Bienen war bedeutend (Geyer 14f.). Der Ackerbau lieferte reiche Erträge, vor allem an Wein, aber auch an Getreide (Eretria, Karystos), Kohl (Eretria), Oliven und Feigen (Chalkis). Die großen Waldungen der Gebirge boten Holz, aus dem Holzwaren verfertigt wurden, und die schon erwähnten Kastanien, die geradezu Εὐβοϊκά oder Εὐβοΐδες genannt wurden. Auch Salz und eigentümliche Erden, die teils zwischen den Weizen gemengt diesen vor Fäulnis bewahrten, teils zu allerhand Heilzwecken dienten, wurden ausgeführt. Reger Verkehr, Handel und Schiffahrt entwickelten sich namentlich im 8.–6. Jhdt. in der Nachbarschaft des Euripos in den beiden Städten Chalkis und Eretria, die sich an der griechischen Kolonisation hervorragend beteiligten; hier waren auch manche Gewerbe zu Hause, neben der Vasenfabrikation vor allem kunstvolle Metallverarbeitung von Eisen, Kupfer, Silber, die wohl nur zum Teil einheimische Erze verwenden konnte (Blümner Gewerbl. Tätigkeit 86f.). Ein anderer industrieller Mittelpunkt war Karystos mit bedeutender Töpferei, mit Kupfer- und Eisenbergwerken, mit Steinbrüchen von Marmor und von Asbest, aus dem Gewebe verfertigt wurden. Die Fischerei sowohl wohlschmeckender Fische als besonders der Purpurschnecke bildete eine wichtige Erwerbsquelle [856] der Küstenbewohner. Die Bedeutung E.s für Handel und Gewerbe zeigt sich auch in der Verbreitung, die sein Maß- und Gewichtssystem wie sein Münzfuss bei andern griechischen Staaten gefunden hat.
Wenn Beloch die Bevölkerung der Insel im 5. und 4. Jhdt. nur auf höchstens 70 000 Seelen veranschlagt (Bevölkerung d. griech.-röm. Welt 180), so dürfte er sie wohl unterschätzen; beträgt sie doch heutzutage, wo kein nennenswerter Gewerbfleiß vorhanden ist, über 100 000.
Wie in der Natur, so zeigt sich auch in der Bevölkerung eine Dreiteilung der Insel. Im Norden wohnten die thessalischen Elloper und Perrhaiber; im Süden Dryoper; im mittleren Teil aber die früh verschollenen Kureten und die Abanten (Il. II 536–545. Archiloch. bei Plut. Thes. 5. Steph. Byz. s. Ἀβαντίς). Die Abanten hatten auch den Norden der Insel beherrscht, waren aber dort von den Ellopern verdrängt worden. Im mittleren Teil wurden sie von den Ioniern unterworfen und im 7. und 6. Jhdt. ionisiert. Ihre beiden Hauptstädte Chalkis und Eretria waren die einzigen E.s, die in der Geschichte aktiv hervorgetreten sind. Ihre Blütezeit fällt, wie schon gesagt, ins 8.-6. Jhdt., in die Zeit der Colonisation, an der sie sich in Unteritalien, Sizilien, Chalkidike beteiligten (Strab. X 447). Die langen Kämpfe zwischen beiden Städten um die lelantische Ebene und wohl auch um die Vorherrschaft auf der Insel überhaupt (zwischen 700 und 650) endigten mit dem Siege von Chalkis. Aber die Fruchtbarkeit E.s lockte die Athener an, für deren wachsende Volksmenge der eigene kärgliche Boden nicht mehr genügte. Im J. 506 brachten sie nach Besiegung der Boiotier und Chalkidier die Insel unter ihre Botmäßigkeit und siedelten auf den Ländern des chalkidischen Adels 4000 attische Kleruchen an. An dem Kampfe gegen die Perser beteiligten sich die Euboier lebhaft. Ein Versuch des Abfalls von Athen führte im J. 446 zu abermaliger Unterwerfung durch Perikles und zur Vertreibung der Hestiaier, deren Gebiet 2000 (oder 1000) attische Kleruchen erhielten (Herod. V 74. Thuc. I 114. Aelian. var. hist. VI 1. Diod. XII 22. Strab. X 445. Plut. Pericl. 23). So bekam die Bevölkerung der Insel ein wesentlich attisches Gepräge; E. bildete ein wichtiges Glied des athenischen Reiches, für die Ernährung der Hauptstadt unentbehrlich. Nachdem der Verlauf des peloponnesischen Krieges der Insel die Selbständigkeit zurückgegeben hatte, blieb sie doch meist auf der Seite Athens und trat auch dem jüngeren athenischen Seebunde bei (Thuc. VIII 95f. Xen. hell. IV 2, 17. 3, 15. Diod. XIV 82). Nach der Schlacht bei Chaironeia wurde die Insel den Makedoniern unterthänig; die Römer richteten (194) wieder ein κοινὸν Εὐβοέων ein, bis sie E. im J. 146 dem römischen Reiche einverleibten. Es gehörte in der Folge zeitweise zur Provinz Achaia, meist aber zur Provinz Macedonia (Polyb. XVIII 29f. Liv. XXXV 37f. 50f. XXXVI 11. 21. Appian. Syr. 12. 16. 20). Seit dem mithridatischen Krieg genoß E. Jahrhunderte lang der Ruhe. Dennoch war schon in der Kaiserzeit der südliche Teil sehr entvölkert (Dio Chrysost. or. VII 34). Im Mittelalter kam der Name Euripos, Egripos für die Insel in Gebrauch, daraus Nigripontis, Negroponte. Im [857] J. 1204 fiel sie den Franken, die Hafenplätze den Venezianern anheim, welche, nach vielen Kriegen mit den fränkischen Fürsten, 1366 die ganze Insel in Besitz nahmen. In dieser Zeit wurde das entvölkerte südliche Dritteil E.s von Albanesen besetzt, und noch heute herrscht dort ausschließlich die albanesische Sprache. Im J. 1470 von den Türken eingenommen, blieb E. unter deren Herrschaft, bis das Londoner Protokoll 1830 die Insel mit dem griechischen Staate vereinigte. Man sieht, die Fremdherrschaft ist seit dem 5. Jhdt. v. Chr. chronisch auf E.; die Insel hat, mit Ausnahme der älteren Zeit, niemals eine selbständige Rolle gespielt und wenig Widerstand gegen fremde Einflüsse bewiesen.
Die Schriften des Altertums über E.: von Archemachos (FHG IV 314f.) und von Aristoteles aus Chalkis (Harpocr. p. 33, 2 Bekk. Schol. Apoll. Rhod. I 558) sind nicht erhalten. Sonstige Stellen, außer den schon angeführten: Paus. IV 34, 6. V 23, 4. VIII 1, 5. 14, 12. IX 22, 2 Scymn. 572. 576. Scyl. 22f. Diod. V 17. XI 12. Hom. Il. II 586ff. Strab. I 58. IX 399. X 444ff. Ptol. III 15, 23. Agathem. 2, 8. Mela II 107. Plin. IV 63f. Nep. Them. 2. Liv. XXVII 32. Tac. ann. II 54.
Neuere: Deprat Note prél. s. l. géologie de l'ile d’E., Bull. Soc. Géol. de France, IV. ser., III 1903, 229–243, mit geol. Karte. Teller Geolog. Bau d. Insel Eub., Denkschr. Akad. Wien, Math.-nat. Cl. XL 129–182, mit geol. Karte. Fiedler Reisen durch Griechenl. I, Leipz. 1840, 420–506. J. Schmidt Peterm. Mitt. 1862, 201ff. 329ff. Lindermayer Bull. soc. imp. des Naturalistes de Moscou XXVIII 1855, 419f. Ulrichs Reisen und Forschungen in Griechenl. II, Berlin 1863, 215ff. Girard Arch. d. missions scientif. et littér. II, Paris 1851, 635ff. Rangabé Mémoires présentés par div. sav. à l'acad. des inscript. et belles lettres I ser. t. III. Baumeister Topogr. Skizze der Insel Euboia, Progr. d. Katharineums, Lübeck 1864. Bursian Quaestionum Euboicarum cap. sel., Leipz. 1856: Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1859. 109ff.; Geogr. von Griechenl. II 395–438. Lolling Hellen. Landeskunde 190–193 und in Baedekers Griechenland² 207–218. Geyer Topographie u. Gesch. der Insel E. in Sieglins Quell. u. Forsch. z. alt. Gesch. u. Geogr. VI. Berlin 1903.
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- S. 853, 49f. zum Art. Euboia:
Geschichte der Insel. Über vorgeschichtliche Gräberfunde berichtet Karo Arch. f. Rel.-Wiss. XII 360, über solche der mykenischen Zeit Papabasileios Περὶ τῶν ἐν Ε. ἀρχαίων τάφων, Athen 1910. Dussaud Les civilisations préhéllen.² 87ff. Vgl. Schuchhardt Alteuropa 143ff. In der ältesten geschichtlichen Zeit treten uns auf E. zuerst die Abanten entgegen (Hom. Il. II 536, denn die Leleger, die [Skymn.] 571f. als älteste Bewohner nennt, sind historisch nicht zu fassen (vgl. den Art. Leleger). Ihr Hauptsitz war Mittel-E.; vgl. die Phyle Abantis in Chaliks IG XII 9, 946. Sie stammten aus Mittelgriechenland (Aristoteles bei Strab. X 445; vgl. v. Wilamowitz Eurip. Herakl. II 92). Auch bei Strab. X 447 wird man statt Ἄραβες οἱ Κάδμῳ συνδιαβάντες ‚Ἄβαντες‘zu lesen haben (Geyer 22), wodurch ihre engen Beziehungen zu der gegenüberliegenden Küste eine weitere Stütze erhalten (vgl. Toepffer o. Bd. I S. 13ff.). Aristoteles a. O. nennt sie Thraker (vgl. Eustath. ad Dion. per. 520); festzuhalten ist gleichfalls an ihrer nichtionischen Nationalität (Herod. I 146. Busolt Gr. Gesch. I² 289. Toepffer a. O. v. Wilamowitz Philol. Unters. I 204). Die karische Abstammung (Bursian Quaest. Eub. cap. sel. 9f. Dondorff Die Ionier auf E., Progr. Berlin 1860, 54) ist eine willkürliche Annahme. Sie haben dann ihre Herrschaft über Nord.-E. ausgedehnt (Paus. VII 4, 9), so daß die Dichter die Insel mit Vorliebe Ἀβαντίς oder Ἀβαντιάς nannten (Zeugnisse bei Geyer 13) und oft die Euboier einfach Abanten genannt wurden (vgl. Geyer 20, 1). Sie befolgten die nach Eustath. ad Dion. per. 520 thrakische Sitte, sich das Haar vorn zu scheren und es vom Hinterkopfe lang herabwallen zu lassen (Hom. Il. II 542. Plut. Thes. 5. Polyaen. I 4), was dann ebenfalls auf alle Euboier übertragen wurde (Geyer 20, 4). Nach der Einwanderung der Elloper im Norden und der Ionier in der Mitte wurden sie teils verdrängt, teils unterworfen und ionisiert; auch beteiligten sie sich an der Gründung der ionischen Kolonien in Kleinasien (Herod. I 146. Paus. VII 4, 9). Jedenfalls hängen auch die Gephyraier mit ihnen zusammen, die mit den Graern stammverwandt waren; sie siedelten sich nach ihrer Vertreibung in der Graike an (Strab. IX 404. Steph. Byz. s. Γέφυρα. Preller Ber. Leipz. Ges. 1852, 171. Ed. Meyer G. d. Α. II 193. Busolt Gr. Gesch. I² 251. v. Wilamowitz Herm. XXI 106f. Toepffer Att. Geneal. 293ff. Geyer 23). Während die Ionier die Mitte der Insel mit Chalkis und Eretria in Besitz nahmen, besetzten die Elloper den Norden. Es waren Perrhaiber aus Thessalien; die Landschaft, in der ihre Hauptstadt Histiaia (s. diesen Artikel) lag, hieß Ellopia, wie die Landschaft um Dodona (Strab. X 445. 446. Herod. VIII 23. Steph. Byz. s. v. Hesych. s. Ἐλλοπιῆες). Auch der nordeuböische und thessalische Dialekt zeigen Verwandtschaft (Bechtel Inschr. d. ion. Dial. 13). Wenn nach Strab. X 445 und [432] Kallimachos hymn. IV 20 die ganze Insel Ellopia genannt wurde und Nonnos Dionys. XIII 166 Chalkis als μητροπόλις Ἐλλοπιήων bezeichnet, so darf man daraus allein nicht auf eine Herrschaft der Elloper auch über Mitteleuboia schließen (Geyer 20. 84); doch ist Eretria von ihnen gegründet worden (s. den Art. Eretria). Im Süden wohnten die Dryoper; ihre Städte waren Karystos, Styra und Dystos (Thuk. VII 57. Herod. VIII 46. Diod. IV 37. Paus. IV 84, 11. Scymn. 577). Sie stammten ebenfalls aus Mittelgriechenland; ihre Sitze lagen am Oita und Parnassos (gegen Bursians Cap. sel. 19ff. haltlose Behauptung, sie stammten aus Kilikien, vgl. Miller o. Bd. V S. 1747ff.). Wenn auch Aioler unter den Bewohnern E.s erwähnt werden (Strab. X 447. Plut. quaest. gr. 22), so ist darauf hinzuweisen, daß Abanten und Dryoper zu der altaiolischen Bevölkerungsschicht gehörten. Diese scheint sich an der aiolischen Kolonisation in Kleinasien beteiligt zu haben; wenigstens weist das euböische Kyme (s. Geyer 79ff.) auf das asiatische hin. Über die mythischen Kureten vgl. Poerner De Curetibus et Corybantibus, Diss. Hal. 1913 und Ziebarth IG XII 9 p. 145. Manche Forscher, wie Dondorff 33, 5. Olshausen Rh. Mus. VIII 329. Baumeister Topographische Skizze von E. 1864, 39. Duncker Gesch. d. Altert. V⁵ 50, haben aus dem Namen Makris oder Makra für E. auf Besiedlung durch die Phoiniker geschlossen (Zeugnisse über den Namen Makris bei Geyer 14). Olshausen brachte auch Styra mit der phoinikischen Göttin Astyra zusammen (vgl. Busolt Gr. Gesch. I² 270, 1). Herod. V 57 nennt die Gephyraier Phoiniker, die mit Kadmos nach Boiotien gekommen seien (s. o.); Dondorff 30ff. macht gar eine philistäische Einwanderung aus der oben besprochenen Stelle des Strab. X 447 (Ἄραβες οἱ Κάδμῳ συνδιαβάντες). Alle diese Vermutungen schweben völlig in der Luft (Geyer 22f.); es gab ja eine Zeit, wo die Phoiniker überall in Griechenland spukten (vgl. Beloch Gr. Gesch. I 2², 65ff.). Auch die semitischen Gebräuche, die Athen. VIII 331 e und Plut. de sol. anim. 23 für Chalkis bezeugen, sind wohl erst in der Zeit der Diadochen oder der römischen Herrschaft nach E. gekommen (Geyer 23). Seitdem die Ionier sich auf E. festgesetzt hatten, wurde die Insel mehr und mehr ionisiert; doch könnte man aus Herod. VII 51 (κῦρος ὁ Καμβύσεω Ἰωνίην πᾶσαν πλὴν Ἀθηνέων πατεστρέψατο) herauslesen, daß nach Herodots Ansicht damals E. noch nicht ionisch war. In der ältesten Zeit bestand auch in den euböischen Städten ein Königtum. Bekannt ist uns der Name eines chalkidischen Königs. Amphidamas, der in einem Kriege um das Lelanton gefallen sein soll, wie diese fruchtbare Ebene oft zu Kämpfen zwischen Chalkis und Eretria Veranlassung bot (Archemachos bei Strab. X 465). Bei den Leichenspielen zu Ehren des Amphidamas soll der oft erwähnte Wettstreit zwischen Homer und Hesiod stattgefunden haben (Hiller v. Gaertringen o. Bd. I S. 1899f. Geyer 25, 1. Ziebarth IG XII 9 p. 146). Als Könige der Euboier treten uns noch Chalkodon und sein Sohn Elephenor entgegen (Plut. amat. narr. 3; Thes. 35; vgl. [433] Paus. I 17, 6. Plut. aet. Gr. 37) sowie Pyraichmes (Plut. parallel. 7). Pausanias erwähnt außerdem X 6, 4 einen Krios (δυναστεύοντος ἀνδρος περὶ Εὔβοιαν). Zur Zeit der Kolonisation erreichte die Macht und Bedeutung der Insel ihren Höhepunkt. Damals scheint auch zwischen den Städten, wenigstens der ionischen Mitte, volles Einvernehmen geherrscht zu haben. Wir sehen Chalkidier und Kymaier gemeinsam Kyme in Campanien gründen, während sich an der Besiedlung der Chalkidike auch Eretria beteiligte. An diese Zeit der Handelsblüte und gemeinsamer Unternehmungen erinnert das euböische Talent. (Die einzelnen Kolonien s. bei Chalkis und Eretria.) Chalkis und Eretria, blühend durch Gewerbe (besonders Erzarbeiten) und Handel, gehörten zu den reichsten Städten des damaligen Griechenland. Besonders tritt dies darin hervor, daß sie zu den ersten gehörten, die Münzen schlugen (vgl. über diese ,Wappenmünzen‘ Head HN² 355f. Regling IG XII 9 p. 172). Doch lange dauerte die Eintracht nicht. Zwischen den Hauptstädten Chalkis und Eretria brach um den Besitz des zwischen ihnen gelegenen Lelanton ein langwieriger Krieg aus, von dem sich beide Städte nie wieder recht erholt haben. Über die Zeit dieses Lelantischen Krieges ist bisher eine Übereinstimmung nicht erzielt worden. Während u. a. K. Fr. Hermann Ges. Abh. 187ff. W. Vischer Kl. Schr. I 598ff. Bergk PLG II⁴ 195. Ed. Meyer G. d. A. II 539. Beloch Gr. Gesch. I 1² 339, 1. Costanzi Atene e Roma V (1902) 779f. die Verse bei Theognis 891–894 auf den Krieg beziehen und ihn so in das 6. Jhdt. setzen (über die Zeit des Theognis vgl. Christ-Schmid Gr. Lit. Gesch. I⁶ 178. Beloch I 22 365ff.), stammen sie meines Erachtens von einem chalkidischen Dichter (vgl. Busolt Gr. Gesch. I² 650, 6) und beziehen sich auf innere Kämpfe in Chalkis, bei denen Periandros (Κυψελιδέων ... γένος) zugunsten eines Tyrannen (Phoxos oder Antileon: Arist. polit. VIII 4 p. 1304a. 12 p. 1316a) eingegriffen hat. Denn die Vermutung Dunckers (Gesch. d. Alt. VI⁵ 575), daß mit den Kypseliden die Korinther gemeint seien, und der Hinweis bei Christ I⁶ 178, Miltiades, der Sohn des Kypselos, sei als Führer der attischen Expedition gegen Chalkis 506 damit gemeint, erscheinen mir zu gesucht. Andererseits weisen gewichtige Gründe den Lelantischen Krieg in die erste Hälfte des 7. Jhdts., so daß von einer Beteiligung des Kypseliden Periandros nicht die Rede sein kann. Zunächst die Verse des Archilochos (bei Plut. Thes. 5), deren Beziehung auf den Krieg Beloch I 1², 339. 1 und Costanzi 7761. (vgl. Ziebarth IG XII 9 p. 147) leugnen. Gewiß kann auch ein anderer Krieg der Hippoboten in Chalkis gemeint sein. Doch stimmt die Angabe, daß Fernwaffen nicht gebraucht wurden, mit der Notiz bei Strab. X 448 überein, die nach einer Stele im Amarynthion zu Eretria von dem Verbot der Fernwaffen im Lelantischen Krieg spricht. Auch W. Helbig (S.-Ber. Akad. Münch. 1911, 12. Abh.), der einen förmlichen Vertrag zwischen zwei Städten über die Kampfesweise für undenkbar erklärt und deshalb die Verse für ein epideiktisches Epigramm aus späterer Zeit hält, gibt zu, daß offenbar der [434] Gebrauch von Fernwaffen im Lelantischen Krieg einer auffälligen Beschränkung unterlag (S. 29). Den Grund sieht er in dem Auftreten der geschlossenen Phalanx, die damals eine Neuerung war. Da Archilochos um 680 blühte (Christ-Schmid I⁶ 184), kämen wir für die Zeit des Krieges in die erste Hälfte des 7. Jhdts. Aus Thuk. 118 wissen wir nun, daß 664 die erste Seeschlacht stattgefunden hat. Gehörte der Lelantische Krieg in das 6. Jhdt., so wäre es schwer verständlich, daß zwei führende Seemächte einen so langwierigen Krieg lediglich zu Lande ausgefochten hätten, ohne sich der dann schon ein volles Jahrhundert in Gebrauch befindlichen Kriegsschiffe zu bedienen. Der Lelantische Krieg war aber ein Landkrieg (Plut. amator. 17), der zwischen Rittern geführt wurde (vgl. Arist. polit. VI 3 p. 1289b). Deshalb dürfen wir ihn nicht zu weit unter 664 hinabrücken. Weiter haben die Chalkidier zwischen 720 und 650 keine Kolonien ausgesandt (H. Dondorff De rebus Chalcid., Diss. Halle 1855, 10ff.) und die Andrier, vormals Untertanen Eretrias, 655/4 selbständig mehrere Kolonien gegründet (Busolt Gr. Gesch. I² 458). Zwar hat Costanzi (772ff.) gewiß recht, wenn er unter Anziehung von Thessalien und Boiotien bestreitet, daß man aus einer Unterbrechung der kolonialen Tätigkeit eines Staates auf seine Lähmung schließen dürfe, und darauf hinweist, daß Korinth trotz des Abfalls von Korkyra eine Macht ersten Ranges blieb. Wenn aber wie in unserem Falle andere Gründe hinzukommen, so ist man berechtigt, solche Tatsachen als Symptome eines Verfalles zu betrachten. Dazu kommt, daß seit der Mitte des 7. Jhdts. die bisher so blühenden Städte Chalkis und Eretria beinahe völlig aus der Geschichte verschwinden. Der Lelantische Krieg dagegen läßt beide Städte als mächtige Gemeinwesen mit weit verzweigten Verbindungen erscheinen. Nach Thuk. I 15 spaltete sich dabei τὸ ἄλλο Ἑλληνικόν in zwei Lager, und Herodot V 99 nennt uns Miletos als Bundesgenossen von Eretria und Samos als solchen von Chalkis. Ferner haben die Thessaler und thrakischen Chalkidier Chalkis unterstützt (Plut. amator. 17). Die Kolonisation der Chalkidier und Korinther im Westen und auf der Chalkidike (Potidaia) setzt ein Zusammengehen der beiden Mächte voraus. Da nun nach Thuk. I 13 die Korinther ihren Schiffbaumeister Ameinokles um 700 nach Samos, das wir auf der Seite von Chalkis fanden, schickten, so könnte daraus vielleicht auf tätige Hilfe der Korinther für Chalkis geschlossen werden; zugleich wäre damit ein Terminus a quo für den Lelantischen Krieg gefunden (vgl. Curtius Ges. Abh. I 188). Zu dieser Stellungnahme Korinths würde das Vorgehen gegen die eretrische Kolonie auf Korkyra stimmen (Plut. quaest. gr. 11). Holm (Histor. u. philol. Aufs. für E. Curtius [Berlin 1884] 21ff.) hat dann wahrscheinlich gemacht, daß Sybaris zu Miletos, also Eretria, und Kroton sowie Phokaia zu Chalkis hielten. In der Entscheidungsschlacht soll der Thessaler Kleomachos den Sieg zugunsten der Chalkidier entschieden haben (Plut. amator. 17): jedenfalls fiel das Lelanton diesen zu (Aelian. var. hist. VI 1), die es bis 506 behaupteten [435] (vgl. noch Geyer 24ff.). Die Anschauung C. Fr. Hermanns Ges. Abh. 187ff., daß der Kampf zwischen Chalkis und Eretria ein Prinzipienkampf zwischen Aristokratie (Chalkis) und Demokratie (Eretria) gewesen sei, entbehrt jeder Begründung, da im Gegensatz dazu gerade Eretria durch seine Ritterschaft stark war (Plut. amator. 17; vgl. Arist. polit. VI 3 p. 1289b) und der Adel auch weiterhin in beiden Städten die Herrschaft behielt (s. Art. Chalkis und Eretria). Sollte Helbig 28ff. mit seiner Annahme, daß damals auf E. zum ersten Male die geschlossene Phalanx auftrat, recht haben, so würden die Euboier damals eine fortgeschrittenere Taktik besessen haben als die Spartaner (vgl. Tyrtaios). Helbig glaubt, daß die Phalanx bei den Kämpfen mit den Barbaren in den Kolonialgebieten ausgebildet worden sei (S. 40). Wie schon erwähnt, hören wir seit dem Lelantischen Kriege wenig von E.; nicht nur Eretrias Macht war im Nerv getroffen, auch Chalkis hat sich von dem verlustreichen Kampfe nicht wieder erholt. Eretria verlor in dieser Zeit seine Stellung auf dem Festlande: Oropos wurde ihm entrissen (vgl. v. Wilamowitz Herm. XXI 91ff. Geyer 64ff.). Auch Karystos im Süden wurde in dieser Zeit von den Milesiern zerstört (Phot. bibl. p. 140a). Im Innern der Städte kam es zu Unruhen gegen den herrschenden Adel, in deren Verlauf sich Tyrannen der Macht bemächtigten: Phoxos und Antileon in Chalkis (Arist. polit. VIII 4 p. 1304a. 12 p. 1316a) werden uns genannt. Auch in Eretria werden ähnliche Kämpfe nicht gefehlt haben (vgl. Arist. polit. VIII 6 p. 1306a: doch gehört dieses Ereignis wohl erst in die Zeit des Peisistratos, Geyer 66). Weiter erwähnt Plut. Sol. 14 einen Aisymneten der Euboier, Tynnondas, ohne seinen Wirkungskreis näher anzugeben; er stellt ihn mit Pittaikos zusammen (vgl. Plaß Die Tyrannis I 215f.). Mit Verfassungsstreitigkeiten in Chalkis nach dem Lelantischen Kriege bringt Ed. Meyer II 540 auch die bei Aeneas tact. 4 erzählte Geschichte zusammen. Bei Gelegenheit der Unterstützung eines der chalkidischen Tyrannen hat Periandros das histiäische Kerinthos zerstört; also ist Histiaia den chalkidischen Hippoboten zu Hilfe gekommen (Theognis 891–894. Geyer 96ff.). Daß E. von der Tyrannis nicht verschont wurde, ist erklärlich; waren doch die Städte am Euripos Mittelpunkte der Industrie und des Handels, in denen schnell ein starker Demos aufkam, der sich nicht dem Adel unterordnen mochte. Die Blütezeit E.s war jedoch dahin; es war sein Verhängnis, daß in seiner unmittelbaren Nachbarschaft Athen heranwuchs, und daß dieses nach der Herrschaft über die reiche, Attika vorgelagerte Insel streben mußte (vgl. Thuk. VIII 96). Als Chalkis versuchte, im Bund mit Kleomenes von Sparta und den Boiotern sich der Nebenbuhlerin zu entledigen, wurde es nach Abzug der Spartaner besiegt und mußte das Lelanton zwecks Aufteilung unter attische Kleruchen abtreten (Herod. V 74. 77. VI 100. Diod. X 24, 3 Vogel. Näheres bei Oberhummer o. Bd. III S. 2083. Geyer 46ff.). Damit hatte Athen auf der Insel Fuß gefaßt und betrachtete sich nunmehr als Herrn von Chalkis [436] (Χαλκίδος ἐκυρίευσαν: Diod. a. O.). Zur selben Zeit suchte Aristagoras von Milet den persischen Satrapen für die Unternehmung gegen Naxos durch Hinweis auf die leichte Eroberung des ,großen und glücklichen‘ E. zu gewinnen (Herod. V 31). Trotzdem schickte Eretria den Ioniern bei ihrem Aufstande 5 Schiffe zu Hilfe. Dafür mußte Eretria büßen. 490 landeten die Perser auf E. und zwangen zunächst Karystos zur Unterwerfung (Herod. VI 99), um sich dann gegen Eretria zu wenden. Die Stadt wurde durch Verrat genommen, zerstört und ein Teil der Bewohner nach Asien in die Gefangenschaft geführt (Herod. VI 100f. Näheres im Art. Eretria). Die 4000 attischen Kleruchen hatten den Befehl erhalten, die Eretrier zu unterstützen; da sie aber von Meinungsverschiedenheiten unter diesen hörten, brachten sie sich über Oropos in Sicherheit (Herod. a. O.). Das Verhältnis zwischen Athen und den euböischen Städten muß daher damals gut gewesen sein. Der Grund hierzu wird vor allem in der Tatsache liegen, daß in Chalkis wie in Eretria die Adelsherrschaft durch die Demokratie abgelöst war: in Chalkis hatten die-Hippoboten 506 ihre besten Äcker und damit ihre Macht verloren, und in Eretria ist jedenfalls zwischen 539 und 510 der Regierungswechsel erfolgt (Geyer 67). Beim Zuge des Xerxes 480 litt besonders Nord.-E. Hier stießen bei Artemision die Flotten aufeinander. Daß die Euboier Themistokles bestochen hätten, wie Herod. VIII 4ff. erzählt, beruht auf böswilliger Erfindung der Feinde des Atheners (vgl. Plut. de mal. Her. 34. Busolt II² 682, 1. Beloch II 2², 89f. Obst Feldzug des Xerxes, 12. Beih. der Klio 1913, 114). Zur griechischen Flotte hatten Eretria 7, Styra 2 Trieren stoßen lassen sowie zusammen 600 Hopliten zum Bundesheer gestellt, während Chalkis 20 athenische Schiffe bemannte und 400 Hopliten aufbot (Herod. VIII 1. 46. IX 28. 31). Jedenfalls hatte Athen 490 seine Kleruchen nicht nach dem Lelanton zurückkehren lassen, da die Hippoboten 445 wieder vertrieben werden (Plut. Perikl. 23; vgl. Swoboda Serta Hartel., Wien. 1896, 30f. Busolt III 1, 431. Geyer 48). Die Namen der Chalkidier, Eretrier und Styreer sind daher auch auf den Weihgeschenken nach Delphi und Olympia verzeichnet (Syll.³ 31. Paus. V 23, 2; vgl. Boissevain Festschr. f. Hirschfeld 1903, 69ff.). Nach dem Rückzug der griechischen Flotte wurde Nord-E. sowie die Küste des Euripos gebrandschatzt (Herod. VIII 23. Diod. XI 13. 14). Dem delisch-attischen Seebund traten sämtliche Staaten E.s außer Karystos (vgl. Herod. VIII 66. 121) bei. Dies ist aus der Tatsache zu schließen, daß von einer Nötigung der euböischen Städte, mit Ausnahme von Karystos, zum Beitritt nichts überliefert ist (gegen v. Domaszewskis [Neue Heidelb. Jahrb. I 181 ff.] Annahme, der Beitritt gehe aus der Anordnung der Namen auf der Schlangensäule hervor, vgl. Swoboda Arch.-epigr. Mitt. XX 1897, 139ff.). Karystos wurde nach der Schlacht bei Salamis für seine Stellungnahme auf seiten der Perser durch Verwüstung seines Gebietes bestraft (Herod. VIII 121); später, um 472 (vgl. Busolt III 1, 140f. Beloch II 2² 184f.), wurde die Stadt zum Beitritt [437] in den Seebund gezwungen (Herod. IX 105. Thuk. I 98). Die attischen Tributlisten zählen vor 446 folgende euböische Städte als beitragspflichtige Reichsstädte auf: Athenai Diades, Chalkis, Dion, Eretria, Grynchai. Histiaia, Karystos. Styra (U. Koehler Urk. u. Unters. z. Gesch. d. del.-att. Bundes 1869, 109ff. Beloch II 2² 357f. IG XII 9 p. 148). Um bei dem steigenden Druck der athenischen Herrschaft sich den Besitz der wichtigen Insel zu sichern, sandten die Athener 453 1000 Kleruchen nach E. (Diod. XI 88. Paus. I 27, 5). Da Karystos sich am Aufstand 446 nicht beteiligte, sein Tribut 450 erheblich ermäßigt wurde und nach Roehl zwei in Karystos gefundene Inschriften Grabschriften attischer Kleruchen sind (IGA 6. 7), so wird man mit der Annahme, daß diese Kleruchie nach Karystos kam, nicht irre gehen (Geyer 105 mit Zustimmung Ziebarths IG XII 9 p. 149). Damals müssen auf E. heftige Parteikämpfe gewütet haben, da Thuk. I 113 unter den Bundesgenossen der Boioter gegen die Athener Εὐβοέων φυγάδες nennt. Allem Anschein nach versuchten die Hippoboten, in Chalkis wieder zur Macht zu gelangen. Sie sind es auch gewesen, die 446 den großen Aufstand ins Werk gesetzt haben, da ihre zweite Vertreibung als Folge desselben erwähnt wird (Plut. Per. 23. Aelian. var. hist. VI 1). Daß die Stelle bei Aelian auf 446 und nicht auf 506 zu beziehen ist, hat Swoboda Serta Hartel. 28ff. nachgewiesen (vgl. Geyer49. Ziebarth IG XII 9 p. 149). Perikles setzte sofort mit einem Heere nach E. über, wurde aber durch das Erscheinen der Spartaner unter Pleistoanax in Attika zurückgerufen. Nach dem Abschluß des Vertrages mit Pleistoanax gelang ihm die Niederwerfung E.s mit leichter Mühe. Die Verhältnisse wurden durch Vergleiche mit den einzelnen Städten geregelt (Thuk. I 114. Philochoros frg. 89 |FHG I 398]). Die Kleruchie auf dem Lelanton wurde in kleinerem Umfange wieder hergestellt (Aelian. a. O.: 2000 Kleruchen statt 4000 im J. 506), die Hippoboten vertrieben (s. o.). Näheres über die Bedingungen, die Chalkis auferlegt wurden, bietet uns ein athenischer Volksbeschluß: IG I Suppl. n. 27a = Syll.³ 64 = Michel Rec. 70 = Hicks-Hill Man. of Gr. hist. inscr.² 40 = Nachmanson Histor. att. Inschr. 9 (vgl. außer der dort angegebenen Literatur noch Geyer 50ff. und IG XII 9 p. 149). Ähnlich wurde Eretria behandelt: die angeführte Inschrift Z. 42. Doch scheint diese Stadt erst nach längerem Kampfe bezwungen zu sein, da unter dem Archontat des Diphilos 442/1 die Eretrier Geiseln stellten (Hesych. s. Ἐρετριακὸς κατάλογος. Phot. lex. I 209. Macarius IV 16 [Paroem. Gr. II 168]). Auch nach Eretria wurde wahrscheinlich eine Kleruchie gesandt (IG I 339 = Syll.³ 65 = Hicks-Hill a. O. 42). Beide Kleruchien hatten den Charakter ständiger Garnisonen: die Lose wurden vom Staate an einheimische Landwirte verpachtet (Literatur bei Geyer 49f.). Am härtesten wurde Histiaia bestraft: die Bewohner wurden vertrieben, der Ort der Stadt wüst gelassen und in dem Demos Oreos eine attische Kleruchie eingerichtet (Thuk. I 114. Diod. XII 7. 22. Plut. Per. 23. Theopomp. frg. 347 Gr.-H. Vgl. IG I 28. 29. Suppl. p. 12. Vgl. dazu Hiller v. Gaertringen [438] Gött. Gel. Nachr. 1921, 62ff. Näheres im Art. Histiaia). So war ein großer Teil der Insel in der Hand Athens (Andok. III 9: Εὐβοίας πλέον ἢ τὰ δύο μέρη. Vgl. Isokr. panegyr. 108. Demosth. XX 115. Aristoph. vesp. 715). Chalkis und Eretria waren Untertanengemeinden geworden (Thuk. VII 57: ὑπήκοοι. VI 76. 84). Wegen der beträchtlichen Landabtretungen wurden ihre Tribute erheblich ermäßigt: während sie 449 10 bezw 7 Talente zahlten, sind sie 436 mit 3 Talenten angesetzt (Cavaignac Etudes sur l’hist financ. d’Athènes, Paris 1908, p. XXXVIII. XL). Eine weitere Schwächung von Chalkis bedeutete die Abtrennung der Διακρῆς ἀπὸ Χαλκιδέων, die zuerst 437/6 in den Tributlisten erscheinen; bei der lückenhaften Überlieferung des Inseltributs seit 445 können wir aber ohne weiteres annehmen, daß sie nach Niederwerfung des Aufstandes selbständig geworden sind (Geyer 45; s. den Art. Diakrier). Die Stellung der euböischen Städte als Untertanengemeinden beweist auch das Aufhören der Münzprägung (Head HN² 355ff. Regling IG XII 9 p. 172). Damals wurde wohl den Euboiern von Athen die ἐπιγαμία gewährt, da dieses sie ganz als Athener betrachtete (Lys. XXXIV 3. Beloch II l² 191f.). An der Besiedlung Thuriois 444/3 nahmen die Euboier teil (Diod. XII 11: Phyle Εὐβοΐς). 431 v. Chr. wurde Atalante zum Schutze E.s befestigt (Thuk. II 32), und 430 v. Chr. bewachte ein Geschwader von 30 Schiffen E. (Diod. XII 44). Während des Peloponnesischen Krieges fand unter dem Archontat des Isarchos (424/3) eine Unternehmung der Athener gegen E. statt (Philochoros frg. 90: FHG I 398). Den Grund hierzu wird man in der allgemeinen Heraufsetzung der Tribute, wie sie aus IG I 37 hervorgeht, zu suchen haben. Alle euböischen Städte wurden weit stärker zur Bestreitung der Kriogskosten herangezogen: Chalkis wurde mit 10 Talenten, Eretria mit 15 Talenten, Karystos mit 5 Talenten, Athenai Diades mit 1 Talent, die Diakrier ἀπὸ Χαλκιδέων mit 2000 Drachmen (statt bisher 800) besteuert. Neu treten Διάκριοι ἐν Εὐβοίᾳ und Ποσίδειον ἐν Εὐβοίᾳ auf (Pedroli Studi di storia antica I 1891, 118f. Cavaignac 128f. Geyer 45f. 113). Sicher haben wir in den Diakriern bisherige Untertanen von Chalkis, also eine neue Schwächung der alten Hauptstadt, zu sehen. Dies wird mit zu den Unruhen beigetragen haben (s. den Art. Isarchos). Bei Gelegenheit des sizilischen Feldzuges werden die Histiaier als ἄποικοι der Athener und die Chalkidier, Eretrier, Karystier und Styreer als ὑπήκοοικαὶ φόρου ὑποτελεῖς unter den Mitkämpfern genannt (Thuk. VII 57). Die Bedeutung der Insel für die Verproviantierung Athens geht aus Thuk. VII 28 und VIII 96 (vgl. Aristot. πολ. Ἀθ. 33) hervor. Nach der Niederlage vor Syrakus gehörten die Euboier zu den ersten, die mit dem spartanischen Könige Agis wegen des Abfalls in Verbindung traten (Thuk. VIII 5). 411 sandten die Spartaner ein Geschwader von 42 Schiffen nach E. (Thuk. VIII 91, 2), und 411/10 folgte der Abfall der für Athen so wichtigen Insel nach einer Niederlage der Athener im Euripos (Thuk. VIII 95. Aristot. Ἀθ. πολ. 33. Diod. XIII 47). Der Eindruck dieses Verlustes in Athen war ungeheuer (Thuk. VIII 96. Aristot. [439] a. O.). Nur die Burg von Eretria blieb zunächst noch in den Händen der Athener (Thuk. VIII 95 Lys. XX 14). Offenbar war sie noch 410/09 athenisch (vgl. IG I 188 = Syll.³ 109 = Michel Rec. 569 Z. 17: στρατηγῷ ἐξ Ἐρετρίας Εὐκλείδει). Doch setzt der Bündnisvertrag zwischen Eretria und Histiaia (IG XII 9, 188) vollständige Bewegungsfreiheit für Eretria voraus; allerdings ist er nicht sicher anzusetzen (v. Wilamowitz Herm. XXI 99: 410–390). Zugleich ist aus ihm ersichtlich, daß die vertriebenen Histiaier bald nach 411 in ihre Vaterstadt zurückkehrten und die attischen Kleruchen aus Oreos vertrieben (s. den Art. Histiaia), obwohl beim Abfall der Insel die Athener Oreos noch zu behaupten vermochten (Thuk. VIII 95). Vielleicht ist bei Xen. hell. II 2, 9 [Λύσανδρος [1] δὲ ἀφικόμενος εἰς Αἴγιναν ἀπέδωκε τὴν πόλιν Αἰγινήταις .. ὡς δ’ αὔτως καὶ Μηλίοις καὶ τοῖς ἄλλοις ὅσοι τῆς αὐτῶν ἐστέροντο] an Histiaia zu denken, während die Beziehung auch auf Chalkis und Eretria (Ziebarth IG XII 9 p. 150) durch die von Thukydides bereits gemeldete Befreiung dieser Städte nicht angängig ist. Zugleich mit der Befreiung von der athenischen Herrschaft traten die euböischen Städte in ein engeres Verhältnis zueinander. Denn Head weist der Zeit von 411–338 unter Zustimmung von Regling (IG XII 9 p. 172) zwei Serien von Bundesmünzen zu, die in Eretria geprägt sind, da sie neben der Aufschrift ΕΥΒ und ΕΥΒΟΙ die eretrischen Typen zeigen (HN² 362f. Vgl. Catal. Gr. Coins Brit. Mus. Centr. Gr. p. XLVff. u. Taf. XVII). Damit wäre für die damalige Zeit eine Vormachtstellung Eretrias erwiesen. Da weiter Regling eine Bundesmünze (Catal. Brit. Mus. t. XVII 17) für weit älter hält als die übrigen, die Head der Zeit nach 196 zuweist, und sie für ein Stück einer 3. Serie von Bundesmünzen (zwischen 336 und 196) anspricht, so ist die Möglichkeit nicht abzuweisen, daß der euböische Bund auch im 3. Jhdt. bestand, wenn wir dafür auch weder literarische noch inschriftliche (außer IG XII 9,207) Zeugnisse besitzen. Regling macht nun ferner darauf aufmerksam, daß zwar alle euböischen Städte in der Zeit von 411–338 auch weiter eigene Münzen prägten, die karystischen aber in ihren Typen vollkommen von den Bundesmünzen abweichen, und schließt daraus, daß Karystos zu gewissen Zeiten dem Bunde nicht angehört hat, vielleicht während der Wirren in den 50er Jahren des 4. Jhdts. Damit stimmt die Sonderstellung dieser südeuböischen Stadt beim Ausbruch des Lamischen Krieges und in der Zeit nach 308 überein (Zeugnisse s. u.). Dies gibt einen Fingerzeig zum Verständnis einer Inschrift, in der neben Εὐβοεῖς (als Angehörigen des κοινόν) auch Καρύστιοι vorkommen (v. Wilamowitz Nordion. Steine [Abh. Akad. Berl. 1909] 21). Da in dieser Urkunde auch der Bürger eines Seleukeia vorkommt, kann sie nicht über die Diadochenzeit hinaufgerückt werden. Vielleicht gehört sie der Zeit an, in der in den delphischen Amphiktionendekreten wohl Eretrier, Chalkidier und Histiaier vorkommen, aber kein Karystier (276–272; s. u.). [440] Damals wird dem κοινόν, dessen Mitglieder abwechselnd Hieromnemonen stellten, und zwar Eretria als Vorort die meisten (s. den Art. Eretria), Karystos nicht angehört haben. Weiter können wir meines Erachtens in der Datierung der Inschrift gegenwärtig nicht kommen. – Kehren wir nun zu der Geschichte des 4. Jhdts. zurück. 395/4 gehörten die euböischen Städte zu den ersten, die sich dem Bunde gegen Sparta anschlossen (Diod. XIV 82, 3); dies wird bestätigt für Chalkis von Xen. hell. IV 2, 17 und für Eretria durch das Bündnis mit Athen vom J. 394/3: IG II² 16 = Syll.³ 123 = Hicks-Hill Man. of Gr. inscr. 86. Auch bei Koroneia kämpften die Euboier gegen Agesilaos (Xen. hell. IV 3, 15). Als dann der zweite attische Seebund zustande kam, sind nach Diod. XV 30, 1 auch die euböischen Städte sofort beigetreten. Dem entspricht die Prüfung der sogenannten Bündnisstele: IG II² 43 = Syll.³ 147 = Hicks-Hill 101 =Michel Rec. 86 = Nachmanson Att. Inschr. 30. Die Namen der Chalkidier, Eretrier, Arethusier und Karystier sind von derselben Hand in kleineren Buchstaben als die Namen der an erster Stelle genannten Gemeinden (Chios, Mytilene, Methymna, Rhodos, Byzantion und Theben) hinzugefügt (Kirchner zu IG II² 43). Die Bündnisurkunde mit Chalkis ist uns erhalten (IG II² 44 = Syll.³ 148 = Hicks-Hill 102 = Michel 87); sie stammt aus demselben Jahre wie das Psephisma des Aristoteles, so daß die vier euböischen Städte wohl ebenfalls vor diesem dem Bunde beigetreten sind, wie es für Chios, Methymna, Mytilene und Byzanz urkundlich feststeht und daher auch für Theben (vgl. IG II² 43 Z. 24. Xen. hell. V 4, 34) und Rhodos angenommen werden muß. Also war die konstituierende Versammlung in Athen (Diod. XV 28, 3. 4) auch von den angeführten euböischen Gemeinden beschickt. Von ihnen erscheinen die Ἀρεθόσιοι zum erstenmal. (Irrtümlich nennt Baumeister Topogr. Skizze der Insel E. 45 unsere Inschrift eine Tributliste [Rangabé Ant. hell. II 381].) Dadurch wird die Angabe des Steph. Byz. s. Ἀρέθουσα (πόλις Εὐβοίας) bestätigt. Über die Lage der Ortschaft vgl. Bursian Geogr. v. Griechenl. II 416. Da Arethusa als selbständige Gemeinde in den attischen Tributlisten nicht erscheint, kann es erst nach 425 autonom geworden sein. Vielleicht hat Athen auch Arethusa zur Schwächung von Chalkis von dessen Gebiet abgetrennt, wie dies vor 425 mit den Diakriern ἐν Εὐβοίᾷ und ἀπὸ Χαλκιδέων geschehen ist (vgl. Geyer 45f. und den Art. Diakrier auf Euboia). Dann wäre die Gemeinde vor 411 autonom geworden. Da sie unmittelbar vor den Toren von Chalkis gelegen haben muß, so kann nur ihre feste Lage (Bursian a. O.) ihr ihre Selbständigkeit bis 378 bewahrt haben. Bald nach Gründung des Bundes sind Dion und Athenai Diades beigetreten (Bundesstele Z. 88. 90). Jedenfalls ist dies bei Gelegenheit des Zuges des Chabrias 377 erfolgt (Diod. XV 30, 5), da nach Diodor damals Peparethos und Skiathos gewonnen wurden, die auf dem Stein Z. 85. 86 erscheinen. Dasselbe gilt dann für Paros (Z. 89). (Vgl. Busolt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 745ff. gegen Schaefer De soc. Athen., Leipzig 1856, 10.) [441] Auf diesem Zuge verwüstete Chabrias das Gebiet von Histiaia, das durch eine spartanische Besatzung bisher am Anschluß verhindert war. Hier hatte Iason von Pherai zwischen 380 und 378 einem Neogenes zur Tyrannis verholfen, der aber bald von dem Spartaner Theripides gestürzt wurde (Diod. XV 30, 3. 4). In diese Zeit müssen auch die Harmosten Aristodemos (Plut. amator. narr. 3) und Alketas gesetzt werden; 377 wurde Alketas von thebanischen Gefangenen aus Histiaia verdrängt und die Stadt frei (Xen. hell. V 4, 56. Polyaen. II 7. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. V 389; vgl. den Art. Histiaia). Kurz vor diese Vertreibung muß das Unternehmen des Chabrias gesetzt werden. 375/4 erfolgte dann auch der Beitritt Histiaias zum attischen Bunde (Busolt a. O. 761ff.) und zwar bei Gelegenheit einer zweiten Expedition des Chabrias (Diod. XV 36, 4). (Schäfer 15ff. läßt die Stadt erst 373 durch Timotheos gewonnen werden.) Der 2 Ansatz Busolts wird auch durch die Reihenfolge der Namen auf der Bündnisstele sowie durch die Überlegung empfohlen, daß die Schlacht bei Naxos 376 allen Inseln den Anschluß an Athen nahe gelegt haben wird. Da Styra in dieser Zeit nie erwähnt wird, hatte es wohl seine Autonomie an Karystos verloren, obgleich diese Gemeinde damals in schwerer finanzieller Bedrängnis gewesen sein muß (vgl. IG II 814 = Syll.³ 153 = Hicks-Hill 104 und IG XII 9, 7). – Schon 371 finden wir die euböischen Städte auf der Seite des Gegners Athens, Thebens (Xen hell. VI 5, 23; Agesil. II 24), ebenso 362 bei Mantineia (Diod. XV 85. 87). Mit Hilfe der Thebaner warf sich auch etwa 366 Themison zum Tyrannen in Eretria auf und entriß den Athenern Oropos (Xen. hell. VII 4, 1. Diod. XV 76. Aisch. II 164. III 85. Demosth. XVIII 99 mit Schol.). Doch schon 357/6 befreiten die Athener Eretria von der Vorherrschaft der Thebaner: heftige innere Kämpfe durchtobten damals die Insel, und die Parteien wandten sich teils an Athen, teils an Theben. Besonders Eretria wurde heftig umkämpft (IG II² 125 = Syll.³ 191 =Michel Rec. 1455). Doch siegte schließlich Athen (Diod. XVI 7, 2. Aisch. III 85. Demosth. VIII 74). Die euböischen Städte schlossen mit Athen ein Bündnis (IG II² 124. 125 = Syll.³ 190. 191 = Michel Rec. 1454. 1455. Für Histiaia vgl. noch IG II² 149). Näheres über die Kämpfe bei Kahrstedt Forsch, z. Gesch. d. 5. u. 4. Jhdts. (Berlin 1910) 68f. Ziebarth IG XII 9 p. 151. – Bald darauf begann Philippos sein Augenmerk auf E. zu richten (Demosth. IV 37 mit Schol.). Dies trug mit dazu bei, E. nicht zur Ruhe kommen zu lassen: während noch 352 Menestratos in Eretria Machthaber war (Demosth. XXIII 124. Schaefer Demosth. I² 441), finden wir 349/8 Plutarchos in Eretria als Tyrannen und ihm gegenüber Kleitarchos als Führer der makedonischen Partei. In einem Streit mit Kallias, dem leitenden Staatsmann von Chalkis, rief Plutarchos die Athener zu Hilfe. Phokion wurde nach E. geschickt, aber in seiner Abwesenheit wechselte Plutarchos die Partei, und das athenische Heer wurde gefangen genommen. Doch Phokion ging noch einmal hinüber, vertrieb Plutarchos und zwang die Euboier zum Frieden [442] (Plut. Phok. 12ff. Demosth. XXI 110. 132. 162. 164. 167. Aisch. III 86. 88. II 12. Schol. Demosth. V 5. Ulpian zu Demosth. XIX 219). Vgl. Kahrstedt Forsch. 54ff. Pokorny Stud. z. Gesch. im 6. u. 5. Jahrzehnt d. 4. Jhdts., Diss. Greifswald 1913, 116ff. Lange aber sollte sich Athen der Vorherrschaft über E. nicht erfreuen. Schon 343 gewann Kleitarchos, der Führer der makedonischen Partei in Eretria, mit Philippos’ Hilfe die Herrschaft in dieser Stadt, und in demselben Jahre erlangte Philistides in Histiaia die Tyrannis (vgl. darüber die Art. Eretria und Histiaia). Zur Chronologie s. Kahrstedt 72ff. Zwar gelang es Athen 341, Eretria und Histiaia zu befreien und seinen Einfluß wiederherzustellen (vgl. Plut. Demosth. 17), doch in demselben Jahre wurde von Kallias der euböische Bund von neuem ins Leben gerufen: 341/0. Den Zeitpunkt hat meines Erachtens Kahrstedt 76ff. unzweifelhaft richtig festgestellt. Kallias wandte sich zunächst an Philippos und dann an Theben, um schließlich in Athen mit Hilfe des Demosthenes, den er bestochen haben soll, sein Ziel zu erreichen. Chalkis brauchte an den Bundessitzungen nicht mehr teilzunehmen und keine συντάξεις mehr zu bezahlen und schloß mit Athen ein auf gegenseitiger Hilfeleistung beruhendes Bündnis. Weiter wurden Eretria und Oreos (aber nicht Karystos) gebeten, ihren Beitrag künftig nicht mehr nach Athen, sondern nach Chalkis zu leisten, trotzdem damals in Eretria noch Kleitarchos am Ruder war, der wohl nach dem Sturz des Philistides durch Anschluß an Athen sich halten zu können hoffte. So versammelte sich in Chalkis wieder ein euböischer Bundesrat (Aisch. III 91–104). Vgl. Kahrstedt a. O. Aus dem Anfang des 3. Jhdts. ist uns eine wertvolle Urkunde erhalten, die von dem κοινὸν τῶν Εὐβοιέων spricht und τὸν Εὐβοϊκὸν νόμον erwähnt (IG XII 9, 207). Sie bezieht sich auf die damals in E. gefeierten Δημητρίεια, stammt also aus der Zeit, als Demetrios Poliorketes Makedonien beherrschte (294–287). Da erhebt sich die Frage, ob der Bund die dazwischen liegende Zeit der Diadochenkämpfe, unter denen auch E. litt, überstanden hatte. Meines Erachtens ist das sehr unwahrscheinlich. Das κοινόν wird unter dem Einfluß des Demetrios (vgl. d. angef. Inschr. Z. 48) wieder ins Leben gerufen sein. Zunächst blieben trotz der Sonderbundspolitik die Beziehungen zu Athen gut. 340 stellten die Athener den Chalkidiern Schiffe zur Verfügung (IG II 804 B. 809c). Nach der Schlacht bei Chaironeia wurde jedenfalls der euböische Bund aufgelöst, und überall kamen die makedonisch Gesinnten ans Ruder (Aelian. var. hist. VI 1). Viele der Vertriebenen wandten sich nach Athen, und Kallias erhielt mit seinem Bruder Taurosthenes das attische Bürgerrecht (Aischin. III 85. 87. Hyper. V 20 Kenyon. Dinarch. I 44). Chalkis wurde zwar von Philippos der an der böotischen Küste der Stadt gegenüberliegende Hügel Kanethos (bei Skyl. peripl. 59 [Geogr. Gr. min. I 47] τεῖχος, Liv. XXXV 51 in Euripo castellum: vgl. Geyer 36) zugewiesen, da er 334 von ihnen befestigt wurde (Strab. X 447), es mußte aber allem Anschein nach bereits damals eine Besatzung aufnehmen (vgl. Diod. XIX 77, 4. Schaefer [443] Demosth. III² 38. 52, 4). 333 diente Chalkis dem Antipatros als Flottenstützpunkt (Arrian. anab. II 2, 4). Auch im Lamischen Kriege standen die euböischen Städte außer Karystos auf Seiten der Makedonen (Diod. XVIII 11. Paus. I 25, 4. Hyper. VI [epit] 11). Aristoteles hat damals als Makedonenfreund nach Chalkis übersiedeln müssen und ist dort gestorben (322/1: vgl. Christ-Schmid Griech. Lit. Gesch. I⁶ 722. v. Wilamowitz Philol. Unters. IV 264 Anm.). Die Verbindung mit Makedonien blieb anfangs auch unter Kassandros bestehen (Diod. XIX 35, 2). 313 schlossen sich erst Histiaia, dann auch Chalkis, Eretria und Karystos dem Neffen des Antigonos, Polemaios, an (Diod. XIX 75. 77, 4. 78, 2. 3. IG II² 682). Nach dem Abfall des Polemaios wurde E. der Mittelpunkt einer selbständigen Herrschaft (Diod. XX 27, 3). Erst seine Beseitigung durch Ptolemaios (Diod. a. O.) gab Chalkis und den übrigen Städten die Freiheit zurück (IG II² 469 = Syll.³ 328 =Michel Rec. 119). Darauf traten Chalkis und Eretria in den damals blühenden böotischen Bund (vgl. Holleaux Rev. ét. gr. X [1897] 177ff.), was durch inschriftliche Zeugnisse erwiesen ward (für Chalkis: IG VII 2724b = Michel Rec. 1107; vgl. Holleaux Bull. hell. XIII 8. IG XII 9, 912; für Eretria: IG XII 9, 192 = Syll.³ 323 = Michel Rec. 343. IG XII 9, 240–242 [Ephebenkataloge]). Daß IG XII 9, 192 in diese Zeit gehört, hat nach dem Vorgange v. Wilamowitz’ Philol. Unters. IV 101 Holleaux Rev. ét. gr. 157ff. erwiesen, über Histiaias Stellung erfahren wir nichts, Karystos dagegen stand auf Seiten Athens, also gegen Kassandros und Boiotien (IG II² 467 = Syll.³ 327 = Michel Rec. 1473. Vgl. Beloch Griech. Gesch. III², 356), und hat neben Histiaia (Head Catalog. Brit.Mus. Centr. Gr. S. LXIII. S. 127f.) damaLs eigene Münzen geschlagen (Head LXIII und 102. Regling IG XII 9 p. 172 gegen Head 104). 304 geriet die Insel in Abhängigkeit von Antigonos; zunächst befreite Demetrios Chalkis (Diod. XX 100, 6), und 302 stellten die Eretrier Schiffe für seine Flotte (Syll.³ 348 =Michel Rec. 344 = IG XII 9, 210. Vgl. Plut. Demetr. 23). Nach Ipsos 301 fiel E. allem Anschein nach von Demetrios ab: für Eretria ist es aus Diog. Laert. II 17. 140. 143 zu schließen (vgl. Beloch Gr. Gesch. III 2. 301 und Art. Eretria) und daher auch für Chalkis anzunehmen. Athens Vorgang wird für die benachbarte Insel maßgebend gewesen sein; nur Karystos könnte weiter zu Demetrios gehalten haben. Während Demetrios’ Herrschaft in Makedonien (294–287) finden wir E. wieder unter seinem Einfluß (Feier der Δημητρίεια; IG XII 9, 207. S. o. Plut. Demetr. 43). Auch nach seinem Sturze 287 ist wenigstens Eretria makedonisch geblieben: 277 beglückwünschten Rat und Volk Antigonos Gonatas zu seinem Siege über die Kelten (Diog. Laert. II 17, 142. Tarn Antig. Gon. 166. 104). Waleks Annahme (Die delph. Amphikt. i. d. Zeit d. atol. Herrsch., Berlin 1912, 52), daß E. vor der Keltenschlacht 277 von Antigonos zurückgewonnen sei, ist abzulehnen, da dieser zwischen dem Friedensschluß mit Antiochos I. und dem Siege bei Lysimacheia die hellespontischen Landschaften [444] sicher nicht verlassen hat (vgl. Beloch III 1. 585). Doch gleich darauf treten uns Eretria, Chalkis und Histiaia, wohl als Mitglieder des κοινόν (darüber und über das Vorwiegen Eretrias s. o.), als unabhängig entgegen: in den Amphiktionendekreten der J. 276–272 erscheinen Hieromnemonen aus diesen Städten: Eretria Syll.³ 405 (vgl. Ziebarth IG XII 9 p. 173). 406. 416. 417. 418. Pomtow Klio XIV 320 nr. 31; Chalkis nr. 419; Histiaia nr. 424. 431. Damit ist Belochs Annahme, daß E. 274 im Anschluß an den Sieg des Pyrrhos über Antigonos sich befreit habe, widerlegt (Gr. Gesch. III 2, 306. 327). Die Wiedergewinnung E.s ist wohl als eine Folge des Chremonideischen Krieges anzusehen. Um 250 (252 nach Beloch III 2, 437ff. Vgl. Tarn Antig. Gon. 355, 35) machte sich Alexandros, der Neffe des Antigonos, selbständig, und zwar wurde E. der Mittelpunkt seiner Herrschaft (Tarn 372). Droysen (Hellenism. III² 1. 239) setzte diesen Abfall in den Chremonideischen Krieg; die Unwahrscheinlichkeit dieses Ansatzes hat nach dem Vorgang von de Sanctis (Stud. stor. ant. II 58) und Sokolow (Klio III 119ff.) Beloch a. O. erwiesen. Alexandros war mit Nikaia, der späteren Gemahlin des Königs Demetrios II., vermählt (Plut. Arat. 17. Suid. s. Εὐφορίων. Liv. XXXV 26. Polyaen. IV 6, 1). Er nahm den Königstitel an (IG XII 9, 212 = Wilhelm Ἐφ. ἀρχ. 1892. 127ff. Suid. a. O.). Nach Trog. Pomp. prol. 26 führte Antigonos mit ihm einen Krieg. Von diesem Kriege handeln auch zwei Inschriften, deren eine Wilhelm aus drei Bruchstücken zusammengestellt hat (o. Bd. I S. 1436. Athen. Mitt. XVI 150f.). Sie beweist, daß an diesem Kriege gegen Alexandros Athen und Aristomachos von Argos teilgenommen haben. Dazu stimmt die andere Urkunde (IG II² 1225 = Syll.³ 454 = Michel Rec. 158). Es ist ein Dekret der Salaminier zu Ehren des Kommandanten des Peiraieus, Herakleitos, der sich πολέμου γενομένου τοῦ περὶ Ἀλέξανδρον Verdienste um Salamis erworben hatte (vgl. Monceaux Bull. hell. VI 526ff.). Auch in dem Ehrendekret für Aristomachos wird der Krieg gegen Alexandros erwähnt (IG II 5, 371c. Sokolow Klio III 126f.). Nach dem Dekret mußte der Friede mit Alexandros durch Geld erkauft werden. Er blieb also unbesiegt. Jedenfalls wurde er von den Achaiern und Boiotern unterstützt (Polyb. XX 4. Plut. Arat. 18). Dieser Krieg ist wohl gleich nach 252 anzusetzen. Der Tod des Alexandros wird von Tarn Antig. Gon. 370 in das J. 249/8 gesetzt, von Sokolow 128 247. Dies ist meines Erachtens zu früh. Etwa 245 wird Alexandros vergiftet worden sein (Beloch III 1, 643. Wilhelm o. Bd. I S. 1436): Plut. Arat. 17. Polyaen. IV 6, 1. Six Numism. Chron. 1894, 299 glaubte leine Münze von ihm feststellen zu können; doch vgl. Head HN² 357 Anm. Niese (Gesch. d. gr. u. mak. St. II 251) vermutet, daß E. bereits vor dem Tode des Usurpators von Antigonos zurückgewonnen sei, wohl infolge des Sieges der makedonischen Flotte bei Andros. Dem ist entgegenzuhalten, daß Antigonos ohne Chalkis und Korinth schwerlich in der Lage war, der ägyptischen Flotte entgegenzutreten. Also muß die [445] Wiedergewinnung der beiden Städte der Schlacht bei Andros vorangegangen sein. Deshalb muß Antigonos zwischen 245 und 243 in den Besitz E.s gelangt sein und war nun in der Lage, Ägypten zur See die Wage zu halten. (Zur Schlacht bei Andros vgl. gegen Beloch III 2, 429ff. zuletzt Niese II 151. W. König Der Bund d. Nesioten, Diss. Halle 1910, 86ff. Pozzi Le Battaglie di Cos et di Andro, Turin 1912. Tarn Antig. Gon. 461 ff.). Seitdem ist E. ein Teil des makedonischen Machtbereichs geblieben; nur Histiaia ist noch einmal vorübergehend autonom gewesen (s. den Art. Histiaia). Da Polyb. IV 9, 4 die Euboier nicht unter den Bundesgenossen des Antigonos Doson aufführt, glaubt Niese (II 336; ebenso Ziebarth IG XII 9 p. 154) schließen zu dürfen, daß E. als Untertanenland galt. Dem widerspricht aber die Politik des Doson, der die Hellenen für sich gewinnen wollte, und der Beschluß des Senates (Polyb. XVIII 46, 5). Doch konnte der makedonische König unbedingt über E. verfügen (Polyb. II 52, 7. IV 67, 7. V 2, 8). Im ersten Makedonischen Kriege sicherte Philippos V. E. durch 1500 Söldner (Polyb. X 42, 2), da es besonders wichtig und besonders bedroht war. Trotzdem wurde Histiaia 208 von der römisch-pergamenischen Flotte angegriffen und durch Verrat genommen (Liv. XXVIII 5. 18 – 6, 7). Ein Handstreich auf Chalkis mißlang dagegen (Liv. XXVIII 6, 8. 8, 11). Auch Histiaia fiel wieder in die Hand des Philippos. In die Zeit des Krieges gehören jedenfalls zwei Ehrendekrete von Chalkis und Eretria für Magnesia (Inschr. v. Magn. nr. 47 = Syll.³ 561 und nr. 48). Im zweiten Makedonischen Kriege wurde 200 Chalkis von der römischen Flotte, die in Athen lag, angegriffen und infolge der Sorglosigkeit der Bevölkerung und Besatzung genommen, und zwar erfolgte der Angriff auf den Rat chalkidischer Verbannter (Liv. XXXI 23). Natürlich waren unter dem Schutze der makedonischen Besatzung die Makedonenfreunde im Besitze der Regierung (exsules ab Chalcide, regiorum iniuriis pulsi). Die Stadt wurde niedergebrannt, während die Römer nach Athen zurückkehrten (Zonar. IX 15). Zu spät erschien Philippos zur Rettung der verbündeten Stadt (sociae urbis: Liv. XXXI 24). 199 wandte sich die römische Flotte gegen Histiaia und nahm die Stadt nach längerer Belagerung: sie wurde dem Könige Attalos zugeteilt (Liv. XXXI 46. Paus. VII 7, 9). Doch ist sie gleich darauf wieder im makedonischen Besitz (Polyb. XVIII 45. 5 B. W.). 198 kam die Reihe an Eretria. Hier bestand unter den Bürgern Geneigtheit zu Verhandlungen: sie schickten Gesandte an Attalos. Als sie nun in ihrer Wachsamkeit nachließen, wurde die Stadt erstürmt (Liv. XXXII 16. Paus. VII 8, 1). Aber auch sie haben die Verbündeten nicht behaupten können (Polyb. a. O.). Aus den Ereignissen der beiden Kriege erkennen wir die Bedeutung E.s für die Beherrschung des östlichen Griechenland und vor allem der griechischen Gewässer; deshalb waren die wichtigsten Städte auch mit makedonischen Besatzungen versehen. Nach dem Frieden von 197 wurden die euböischen Städte vom Senate für frei erklärt, nachdem die Legaten erst Histiaia [446] und Eretria dem Eumenes zugesprochen hatten (Liv. XXXIII 34, 10. Polyb. XVIII 47. 10). 194 zog Flamininus die Besatzungen aus den euböischen Städten und berief eine Versammlung nach Chalkis (Liv. XXXIV 51, 1. Plut. Tit. 12). Man geht wohl nicht fehl mit der Annahme, daß damals der euböische Bund erneuert wurde, der also von Philippos aufgehoben worden ist. Aus dem 2. Jhdt. besitzen wir ein Dekret des κοινὸν τῶν Εὐβοιέων, eine Verleihung der Bundesproxenie, verbunden mit der πρόσοδος πρὸς τὴν βουλὴν καὶ τὴν ἐκκλησίαν der Einzelgemeinden (IG XII 9, 898 =Michel Rec. 348). Der oberste eponyme Beamte war der ἡγεμών; auch die Städte bezeichneten ihre Jahre nach ihm. Aus derselben Zeit stammt eine 4. Serie von Bundesmünzen (Head Catal. Gr. coins Brit. Mus. Centr. Gr. 98ff.; HN² 363), während die vier Hauptstädte mit ihrer Prägung fortfuhren (Head HN² 357ff. Regling IG XII 9 p. 172). Auch die städtische Proxenie wurde weiter verliehen. Daraus geht hervor, daß der Bund eine Sympolitie war (vgl. dazu Swoboda Hermanns Gr. Staatsaltert. 3⁶ 208ff.). Der Bund existierte jedenfalls bis zur Reichsorganisation Diocletians: vgl. die Zeugnisse bei Swoboda 442f. und Ziebarth IG XII 9 p. 153. Als Bundesfest wurden in römischer Zeit die Ῥωμαῖα gefeiert (vgl. z. B. Syll.³ 1064. IG XII 9, 899b. IG VII 48). Über die Verfassung der Bundesstädte vgl. Swoboda a. O. – In den syrischen Krieg wurde auch E. verwickelt, da Chalkis eine Zeitlang Hauptquartier des Königs Antiochos III. war. 192 versuchte der ätolische Stratege Thoas im Einvernehmen mit Römergegnern in Chalkis diese Stadt zu überrumpeln. Aber die damaligen Leiter der Stadt kamen dahinter und wußten mit Hilfe der Eretrier und Karystier, die gerade das Fest der Artemis Amarysia feierten, den Plan zu vereiteln. Darauf beschloß T. Flamininus im Einvernehmen mit Eumenes von Pergamon, 500 Pergamener in die Stadt zu legen (Liv. XXXV 37–39). Nach seiner Landung in Griechenland suchte Antiochos zunächst Chalkis zu gewinnen. Doch weigerten sich die Chalkidier, die Freundschaft der Römer aufzugeben (Liv. XXXV 46. 47). Als die. Truppen des Eumenes und 500 Achaier in Chalkis eingetroffen waren, rückte Antiochos wieder gegen die Stadt vor und erzwang durch Drohungen die Öffnung der Tore. Die Achaier und Pergamener hatten sich in das auf der böotischen Seite gelegene Salganeus (vgl. Strab. IX 400. 403. Herakleid. I 29 [Geogr. Gr. min. I 105]) geworfen, kapitulierten aber bald gegen freien Abzug, während 500 Römer sich in einer Schanze am Euripos (wohl der um 334 in die Befestigung einbezogene Kanethos, vgl. Geyer 36) hartnäckiger verteidigten. Nach der Einnahme von Chalkis unterwarfen sich auch die übrigen Städte der Insel (Liv. XXXV 50. 51). Der Führer der römerfreundlichen Partei, Mikythion, entkam nur mit Mühe den Syrern. Antiochos brachte nun den Winter in Chalkis zu und vermählte sich mit der Tochter eines vornehmen Chalkidiers, der er den Namen Euboia gab. So brachte er die kostbare Zeit nutzlos hin (Polyb. XX 3, 1. 8 B.-W. Liv. XXXVI 11. [Athen. X 439 e. f], Appian. Syr. 16. Plut. Tit. [447] 16. Zonar. IX 19. Vgl. Diod. XXIX 2). Nach der Niederlage in den Thermopylen flüchtete Antiochos über Chalkis nach Asien (Liv. XXXVI 19. 21. Appian. Syr. 20. Plut. a. O.). M’. Acilius Glabrio, der, über den Abfall der Chalkidier erzürnt, sie strafen wollte, wurde von T. Flami-ninus begütigt. Die dankbaren Chalkidier erwiesen dem Titus darauf göttliche Ehren (Plut. Tit. 16. IG XII 9, 931. Auch im Amarysion zu Eretria stand eine Statue des Titus: IG XII 9, 238). Alien die übrigen Städte unterwarfen sich sofort wieder den Römern (Liv. XXXVI 21). Im 3. Makedonischen Kriege waren Chalkis und Histiaia Stützpunkte der römisch-pergamenischen Flotte, und 171 hielten sich in Chalkis die römischen Abgesandten auf, die das Verhalten der griechischen Gemeinden zu Perseus untersuchen sollten (Liv. XLII 43. 44. 55. 56. XLIV 1. 2. 13. 30. Plut. Aemil. 9; vgl. Polyb. XXVII 2. 7, 14). Dabei kam es zu schweren Übergriffen der römischen Admirale, so daß sich Chalkis schließlich entschloß, eine Gesandtschaft nach Rom zu schicken. Der Senat sprach sich mißbilligend über das Vorgehen seiner Beamten aus (Liv. XLIII 7. 8). Dabei war Mikythion Führer der Gesandtschaft. Während des Krieges schickte Ptolemaios VI. (ὁ πρεσβύτερος) von Ägypten Getreide für die Römer nach Chalkis (IG XII 9, 900 B). Am Achäischen Kriege 147/6 scheint E. gegen die Römer teilgenommen zu haben. Zwar hat zunächst Q. Caecilius Metellus den Thebanern wegen Plünderung des euböischen Gehietes eine Strafsumme auferlegt (Paus. VII 14, 7), doch vermutet Niese III 345 in der verstümmelten Stelle Polyb. XXXVIII 5, 8 den Namen der Euboier, und dies wird wahrscheinlich durch die Angabe des Livius (per. LII), daß Chalkis zerstört worden sei, und durch die Bestrafung chalkidischer Ritter (Polyb. XXXIX 6, 5 B. W.). Indes sind vielleicht andere euböische Städte, wie Eretria, den Römern treu geblieben, denn L. Mummius legte den Boiotern die Zahlung von 100 Talenten an die Herakleoten und Euboier auf, die später allerdings erlassen wurde (Paus. VII IC, 10. Zonar. IX 31, 7. Macrob. sat. in 9, 13). Da Pausanias (VII 16, 9) berichtet, daß alle συνέδριά τε κατὰ ἔθνος von den Römern aufgelöst worden seien, wird auch das euböische κοινόν dieses Schicksal geteilt haben. Aber diese Maßnahme ist bald wieder aufgehoben werden (Paus. VII 16, 10). – Als Mithradates VI. in Griechenland Bundesgenossen warb, scheint E. anfangs sich zurückgehalten zu haben; deshalb ließ der König die Insel verheeren (Appian. Mithrid. 29). Doch geht aus Appian. a. O. 31. 34 hervor, daß sich E. 87 den Gegnern der Römer anschloß, und dies wird durch Memnon (XV 32, FHG III 542) wenigstens für Chalkis und Eretria bestätigt. Auch in diesem Kriege war Chalkis ein Hauptwaffenplatz der Asiaten (Plut. Sulla 19. 20; vgl. 11). Sulla hat dann E. wieder unterworfen (Memnon a. O.) und später dem Feldherrn des Mithradates, Archelaos, 10 000 Plethren auf E. geschenkt (Plut. Sulla 23), was zu allerlei Gerede Anlaß gab. Mit dem übrigen Griechenland wurde auch E. zunächst dem Statthalter von Makedonien unterstellt (IG XIV 951 = CIL I 203). Von den weiteren Schicksalen der Insel erfahren [448] wir nur wenig. M. Antonius hat Eretria den Athenern geschenkt; es erhielt aber von Augustus die Freiheit zurück (Cass. Dio LIV 7; vgl. Mommsen R. G. V⁴ 254). Aus dem 3. Jhdt. n. Chr. ist uns eine chalkidische Inschrift erhalten, die erweist, daß Chalkis seine führende Stellung wiedererlangt hatte. Doch möchte ich mit Swoboda (Hermanns Griech. Staatsaltert. 3⁶, 443) aus der Nennung des ἡγεμών schließen, daß der euböische Bund damals noch bestand (IG XII 9, 906 = Syll.³ 898). Zur Zeit des Arkadios befanden sich die Staatmagazine für E. in Skarphia in Lokris (IG VII 24 = Syll.³ 908). Im Synekdemos des Hierokles (erste Hälfte des 6. Jhdts.) werden, 644, 11 νῆσος Εὔβοια, 645, 6 Χαλκὶς νῆσος Εὐβοίας, 7 Πορθμός, 8 Κάρυστος angeführt und im App. I 42 als neuer Name für E. ὁ Εὔριπος genannt. Iustinian hat dann die Befestigungen am Euripos und die Brücke nach Chalkis wiederhergestellt (Procop. de aedif. IV 3). In bezug auf die weitere Geschichte der Insel muß ich mich darauf beschränken, auf K. Hopfs Gesch. Griechenl. bei Ersch-Gruber Encyklop. Sekt. I 85 u. 86, G. F. Hertzbergs Gesch. Griechenl. seit d. Absterben d. ant. Lebens (Gotha 1876ff.) und Miller The Latins in the Levant (Oxford 1908) hinzuweisen (vgl. auch die kurzen Notizen bei Ziebarth IG XII 9 p. 158).
Literatur über die Geschichte E.s bei Geyer Topogr. u. Gesch. d. Insel E. I (Quellen u. Forsch, z. alt. Gesch., Heft 6), Berlin 1903. Philippson o. Bd. VI S. 857 und bei Ziebarth IG XII 9 p. 174/5, der zugleich eine außerordentlich wertvolle Übersicht der Geschichte der Insel unter Anführung aller Zeugnisse gibt (a. O. 143–158).
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Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: vou
- ↑ Über zwei euböische Nauarchen des Lysandros vgl. Paus. X 9, 10. Syll.³ 115 VII.