Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Metall für Waffen, Werkzeuge und Geräte = ferrum, σίδηρος
Band V,2 (1905) S. 21422149
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Eisen, σίδηρος, ferrum. Ob die klassischen Völker des Altertums, Griechen und Römer, ebenso wie die des europäischen Nordens die sog. drei Kulturperioden der Stein-, Bronze- und Eisenzeit durchgemacht und demgemäß eine Zeit gehabt haben, in der Eisen noch wenig oder gar nicht bekannt und das für Waffen, Werkzeuge und Geräte verwandte Metall das Kupfer oder die Bronze war, ist eine sehr vielfach behandelte und sehr verschiedentlich beantwortete Frage. Für die nichtklassischen Völker des Altertums scheint sich dieselbe allerdings nicht ganz direct bejahen zu lassen. Zwar hat man für Ägypten vielfach eine reine Bronzezeit annehmen wollen; aber es gilt heut für hinlänglich sicher, daß schon in früher Zeit das E. in Ägypten bekannt war (vgl. über die Hieroglyphe des E. Stern Ztschr. f. ägypt. Sprache 1884, 53. 2. Ebers ebd. 1882, 49. Brugsch ebd. 74). Dafür sprechen einmal E.-Funde aus früher Zeit: Hill fand im J. 1837 beim Lossprengen einiger Steinlagen der großen Cheopspyramide in einer Mauer Bruchstücke eines schmiedeeisernen Werkzeuges; jünger ist ein von Belzoni in Karnak gefundenes Stück einer eisernen Sichel (vgl. Beck Gesch. d. Eisens I 84ff.); ferner zeigen die Wandmalereien neben rotbraunen, also Erz bedeutenden Werkzeugen auch blaue, die jedenfalls E. oder Stahl vorstellen, und endlich wird, obschon nicht von allen Ägyptologen, angenommen, daß die von den Ägyptern bearbeiteten harten Gesteine, wie Granit, Porphyr, Basalt, sich mit bronzenen Werkzeugen gar nicht hätten bearbeiten lassen und daß schon deswegen die Verwendung von eisernen vorausgesetzt werden müsse, obgleich freilich die Stahlhärtung wahrscheinlich noch unbekannt und daher eine beständige [2143] Erneuerung der schnell sich abstumpfenden Werkzeuge notwendig war (Maspero Ägypt. Kunstgesch., dtsch. v. Steindorff 186). Indessen wird trotz dieser Tatsachen von den Ägyptologen ziemlich übereinstimmend angenommen, daß das E. im alten Reich viel weniger im Gebrauch war, als später, und daß auch später noch seine Anwendung ziemlich beschränkt geblieben ist, vgl. Perrot-Chipiez Hist. de l’art I 753. 830. Erman Ägypten 611. E. Meyer Gesch. d. alt. Ägypt. 28. Auch in Vorderasien hat sich E. in uralter Zeit nachweisen lassen. Place entdeckte unter den Ruinen von Khorsabad ein gewaltiges Eisenlager, das außer Barren auch Teile von Ketten, Ringe u. s. w. enthielt; und Layard hat in Nimrud eiserne Waffen, als Helme, Dolche, Speere u. a. aufgefunden, s. Beck a. a. O. 128. Perrot-Chipiez II 719. Immerhin scheint das Metall auch hier nur beschränkte Anwendung gefunden zu haben, in älterer Zeit sogar seiner Kostbarkeit wegen vornehmlich zu Schmuckstücken, s. Maspero Hist. anc. des peupl. de l’Orient5 I 133.

Daß ähnliche Verhältnisse in Griechenland und Italien bestanden haben, dafür sprechen verschiedene Zeugnisse; so vor allem der bekannte Mythus von den Weltaltern, in dem ausdrücklich, und sicherlich aus alter Tradition herrührend, ausgesprochen wird, daß es eine Zeit gegeben habe, wo man sich des Kupfers anstatt des später üblichen E. bediente, wie sowohl Dichter (Hes. op. et d. 150. Lucr. V 1285. Ovid. fast. IV 405) als Prosaiker (Varro bei August. civ. dei VII 24. Agatharch. mar. Erythr. 29. Schol. Apoll. Rhod. I 430) berichten. Auch indirekte Zeugnisse lassen sich dafür anführen; so wird in der Ilias Kupfer ungefähr zwölfmal so häufig als E. genannt, während in der jüngeren Odyssee, wo freilich der Anlass zur Erwähnung von Waffen nicht so häufig sich bietet wie dort, das Verhältnis ein etwas anderes ist (vgl. Beloch Riv. di filol. II 49ff.). Auch darin spricht sich das höhere Alter der Bronze aus, daß im Kultus, im Aberglauben u. s. w. sich bis in späte Zeiten hinein für gewisse Handlungen die Verwendung bronzener Geräte und Werkzeuge erhalten hatte, während eiserne dafür verpönt waren (Unger Mitteil. aus dem Götting. anthropol. Verein I 3ff. Preller-Jordan Röm. Mythol. I 112. 130. Helbig Italik. in d. Poebene 80). Ebenso darf als Zeugnis gelten, daß die ältere Zeit zwar einen χαλκεύς und die damit zusammenhängenden Wörter für die Tätigkeit des Schmiedes kennt, aber keinen Bearbeiter des σίδηρος: der χαλκεύς hingegen, der ursprünglich doch sicherlich der Bearbeiter des Kupfers oder der Bronze war, ist mit der Zeit in allgemeiner Bedeutung dann Schmied geworden, der auch das E. bearbeitete, als dies in den Handel und die Technik überging. Und endlich sprechen die Funde deutlich für jene Tatsache, da weder in den ältesten Fundstätten von Griechenland und Kleinasien (Mykenai, Tiryns, Orchomenos, Ilion, sowie in den der mykenischen Culturperiode angehörenden Kuppelgräbern von Vaphio, Spata u. s. w.), noch in den Pfahldörfern der Poebene eiserne Gegenstände sich gefunden haben, wohl aber zahlreiche bronzene. Demgegenüber ist nun freilich von verschiedenen Seiten, vornehmlich von [2144] Hostmann (Archiv f. Anthropol. VIII 292. IX 127. XII 431) versucht worden, die angeführten Tatsachen auf andere Weise zu deuten: daß das E. in der Erde sich leichter zersetze als Kupfer oder Bronze, oder daß die Bronzewaffen nur Prunkgeräte gewesen seien, die man den Toten mitgegeben habe, während die geringwertigen eisernen nicht in die Gräber gelegt worden seien; es wird ferner auch auf gewisse Schwierigkeiten hingewiesen, die sich jener Theorie entgegenstellen, vor allem auf den Umstand, daß die Gewinnung des reinen Kupfers verhältnismäßig schwieriger ist, als die des E., ferner dass das zur Bronzebereitung nötige Zinn nur an sehr wenigen Stellen der alten Welt vorkommt und daher primitiven Völkern nicht so leicht erhältlich war; und weiterhin, daß die bei den Bronzegeräten notwendigen Arbeiten, wie Schleifen, Polieren, Ciselieren, Gravieren u. s. w. nur mit gehärteten Stahlwerkzeugen, nicht aber mit bronzenen hätten ausgeführt werden können. Letztere Behauptung wird allerdings von Fachmännern in Abrede gestellt (vgl. S. Müller Arch. f. Anthropol. X 34. Tischler Mitt. der anthropol. Gesellsch. in Wien XII 50), und was die Beschaffung des Zinnes anlangt, so könnte man wohl daran denken, daß die schon frühzeitig entfernte Handelsbeziehungen pflegenden Phoinikier andern Völkern das zur Bronzebereitung notwendige Metall zugeführt hätten. Dagegen bleibt das Bedenkliche des ersten Einwands allerdings bestehen, zumal wir wissen, daß heute noch wilde Völker, die sonst auf sehr niedriger Kulturstufe stehen, doch im stande sind, E. zu gewinnen und zu verarbeiten. Darum nimmt Beck a. a. O. 44 an, die Urvölker Europas hätten zwar von Anfang an E. darzustellen und zu verarbeiten verstanden, aber nur solches von sehr schlechter Qualität; sie hätten daher die ihnen von fremden Händlern zugeführten Kupferwaren vorgezogen, nicht allein wegen des glänzenderen Äussern, sondern auch, weil sie dieselben, wenn sie zerbrachen oder schlecht wurden, leicht umschmelzen und neu gießen konnten, was mit dem E. nicht anging. So hätten sie sich denn durch den Handel neben fertigen Bronzewaren auch Bronze-Rohmaterial, eine fertige Mischung des Kupfers mit Zinn, bringen lassen, ferner Gußformen u. dgl., und so hätte für längere Zeit die Bronze bei ihnen das E. verdrängt, bis dieses, als die Technik der Gewinnung und Verarbeitung auch dieses Metalles sich vervollkommnet hatte, neben der Bronze E. verwandten und diesem mit der Zeit, bei immer größerer Güte der Stahlwaren, für bestimmte Werkzeuge und Geräte schließlich den Vorzug gegeben.

Was nun die Herkunft des im Altertum benutzten E. anlangt, so finden sich die dazu tauglichen E.-Erze auf dem Boden der alten Welt fast überall. Nicht von allen heute nachweisbaren Lagern freilich wird uns auch bei den alten Schriftstellern berichtet; vielfach aber haben sich auch an solchen Plätzen die Spuren alter E.-Bergwerke nachweisen lassen, und in den meisten Fällen werden auch diejenigen Gegenden, von denen wir bei den Schriftstellern erfahren, daß dort E. verarbeitet wurde, E.-Erze getragen haben, die dort gegraben und verhüttet wurden. So sind zu nennen als Fundstätten von E.-Erzen: [2145] in Africa die Insel Meroë, in Asien teils die ferneren Länder, wie Indien und Parthien, teils das schon früh sagenhaft gewordene, nicht bestimmt zu begrenzende Gebiet der Chalyber, Pontos, Armenien, Paphlagonien, die ihre Produkte nach den Hafenplätzen des schwarzen Meeres schafften; dann zahlreiche Gegenden Kleinasiens, wie Troas, Kappadokien, Bithynien. In Europa lieferte auf griechischem Boden besonders Lakonien, Boiotien, Euboia (Chalkis und Aidepsos) E., sowie einzelne Inseln des aegaeischen Meeres, im Norden der Halbinsel Makedonien und Dalmatien; in Italien besonders Elba (Ilva) und Sardinien; mehr produzierte Spanien mit seinen zahlreichen Bergwerken (in Turdetanien, an der Ostküste u. s.), Gallien (Aquitanien), Britannien, Noricum, Pannonien und Illyrien. Ausführlichere Angaben und Belegstellen s. Blümner Technol. u. Terminol. IV 69ff.

Die von den Alten zur Gewinnung des E. verhütteten E.-Erze waren vornehmlich Magneteisenstein, μάγνης λίθος, magnes (Diosc. V 147. Plin. XXXVI 126ff., dazu Frantz Berg- und Hüttenmänn. Ztg. f. 1882, 467ff.), E.-Glanz, Roteisenstein, Brauneisenstein, wahrscheinlich auch Toneisenstein, den man in dem sog. σχιστός (Diosc. V 144. Frantz a. a. O. 558) erkennen will. Leider schweigen unsere Quellen über die Art der Gewinnung gänzlich, und auch über die Darstellung des E. selbst aus den Erzen haben wir nur spärliche Nachrichten. Gelegentlich erfahren wir von Waschung von E.-Erzen (bei den Chalybern, Ps.-Arist. mir. ausc. 48 p. 833 b 21), von Röstung, namentlich auf Elba, wo nach Diod. V 13 die Erze erst zerkleinert und dann gebrannt wurden, während die Verschmelzung nicht auf der Insel, sondern auf dem Festlande stattfand (Strab. V 223. Varro b. Serv. Aen. X 174). Dabei, sowie beim Schmelzprozeß, bedient man sich der Holzkohlen, vornehmlich von Fichtenholz, harten Wurzeln u. dgl. (Theopr. h. pl. IV 8, 5. V 9, 3. Plin. XIII 128. XXXIII 94). Die beim Schmelzen übliche Technik war in früher Zeit wahrscheinlich keine andere, als die heute noch in uncivilisierten Gegenden, z. B. im innern Africa, übliche sog. ,Rennarbeit‘, wobei die Erze in kleinen Gruben bei Kohlenfeuer unter Einwirkung des Blasebalgs wiederholt eingeschmolzen werden (vgl. Beck a. a. O. 98ff. Blümner a. a. O. 216). Bei größerer Vervollkommnung aber wurden eigene Schmelzöfen mit Gebläse erbaut, κάμινοι, cumini, fornaces, worunter aber auch die Schmiedeessen verstanden werden (Theophr. h. pl. V 9, 3. Poll. VII 108. Verg. Aen. VII 636. VIII 421. Pers. 4, 10. Rutil. Nam. I 353. Plin. XXXIV 142ff. Curt. IV 2, 13). Auch hierbei mußte der Prozeß der Schmelzung wiederholt werden, wenn das E. möglichst rein werden sollte (Arist. meteor. IV 6 p. 383 a 32). Die zusammengebackene E.-Masse heißt μύδρος, massa (Aesch. frg. 307. Nicand. Alex. 50. Phot. s. μύδρος. Ovid. fast. IV 405. Pers. a. a. O. Colum. XII 5, 2. Rutil. 354): die Schlacke σκωρία, scoria (Aristot. a. a. O. Poll. VII 99. Plin. XXXIII 69. XXXIV 107 u. ö.), doch wird hiermit nicht nur speziell die E.-Schlacke, sondern jede bei der Metallgewinnung entstehende Schlacke überhaupt bezeichnet. Das bei wiederholter Schmelzung sich ergebende Product [2146] heisst ἐλατρεύς (Hesych. s. v.), lateinisch nucleus ferri (Plin. XXXIV 144), vielleicht auch strictura (Plin. a. a. O. 143. Verg. Aen. VIII 421 mit Servius), obschon letzteres auch noch eine weitere Bedeutung gehabt zu haben scheint (s. Blümner a. a. O. 218, 4f.). Verschiedene Mineralien, die sich zum Teil nicht mehr genau bestimmen lassen, wurden beim Schmelzprozeß als Zuschlag verwandt, so besonders πυρίμαχος (Ps.-Arist. mir. ausc. a. a. O.) und μυλίας λίθος (Theophr. lapid. 9), letzterer wohl Lava. Alte Herde und Öfen zur E.-Gewinnung haben sich noch in verschiedenen Gegenden erhalten: jene als Gruben in der Erde zur Rennarbeit, diese oberirdisch angelegt, entweder als Windöfen, wobei eine Öffnung im Herde die nötige Luft zuführt, oder als Öfen mit Gebläse, wobei der Wind von Blasebälgen durch Röhren in das Innere der Herde geleitet wurde. Über solche E.-Herde am Rhein, in der Schweiz, in Kärnten u. s. w. ist zu vgl. Beck I 512ff. 636ff, Gurlt Rhein. Jahrb. LXXIX 225. Bulliot Rev. archéol. 1870, I 153. Blümner a. a. O. 221ff.

Seine hauptsächlichste Verwertung fand das E. durch die Fähigkeit des Schmiedens, d. h. jene Prozedur, bei der das E. erst in glühenden Zustand gebracht und in diesem durch Hämmern zu seinem Zwecke hergerichtet, darauf in erkaltetem Zustande weiter bearbeitet wird. Diese Arbeit geschah, ganz wie heut, in dem durch Blasebälge unterhaltenen Kohlenfeuer des Herdes, mit Hammer, Zange und Amboß (vgl. Blümner a. a. O. II 187. 192. 194), den seit uralter Zeit üblichen Werkzeugen des Schmiedes, des χαλκεύς oder σιδηρεύς, faber ferrarius; vgl. die Aufzählung des Arbeitsgerätes bei Poll. VII 106. Schilderungen von Schmiedewerkstätten besitzen wir freilich nur bei Dichtern, wie Ilias XVIII 470. Verg. Georg. IV 170; Aen. VIII 418; doch treten da die Denkmäler, besonders Vasengemälde und Reliefs, ergänzend ein, zumal die ersteren, die neben der Arbeit auch noch zahlreiche Details von Werkzeugen, die Konstruktion des Herdes, den Blasebalg u. s. w. zeigen (besonders interessant das sf. Vasenbild Mon. d. Inst. IX 29, 2; vgl. die Zusammenstellung bei Blümner a. a. O. 363ff.). Die verschiedenen technischen Ausdrücke für die einzelnen Manipulationen der Schmiedearbeit stellt Poll. a. a. O. 107 zusammen: ὑγραίνειν, λύειν, συγχωνεύειν, ἐλαύνειν, ἐξελαύνειν, τυποῦν, ἀκονᾶν, θήγειν, προσηλοῦν, διαπατταλεύειν, προσπατταλεύειν, στομοῦν, ἤλους ποιεῖν. Einen wichtigen Bestandteil dieser Arbeiten machte bei der Herstellung von Waffen oder Werkzeugen, die einer besonders scharfen und widerstandsfähigen Schneide oder Spitze bedurften, die Verwandlung des E. in Stahl. Stahl ist bekanntlich nichts anderes als E., dem man durch Härten und darauffolgendes Anlassen (d. h. Erhitzen auf gewisse Temperatur und nachheriges Abkühlen) je den gewünschten Härtegrad erteilt hat, wobei die Härte vornehmlich, wenn auch nicht einzig und allein, von dem Reichtum an Kohlenstoff und dem Grad der Glühhitze abhängt. Die Stahlbereitung ist den Alten jedenfalls schon sehr früh bekannt gewesen; die Griechen nennen den Stahl, allerdings meist in poetischer Ausdrucksweise, χάλυψ, nach jener besonders in E.-Fabrikation sich auszeichnenden [2147] Völkerschaft (z. B. Aesch. Prom. 133. Soph. Trach. 1260. Eurip. Heracl. 161; auch bei den Römern chalybs, z. B. Verg. Aen. VIII 446. Prop. I 16, 30. Lucan. IV 547), auch ἀδάμας ist wesentlich poetische Bezeichnung (Hes. theog. 161; scut. 137. Pind. Pyth. 4, 71 u. a.). Mehr technischer Ausdruck ist dagegen στόμωμα (Arist. meteor. IV 6 p. 383 a 33. Poll. X 186. Peripl. mar. Erythr. 6; auch lateinisch stomoma, Plin. XXXIV 108); στομοῦν nämlich, στόμωσις, bedeutet das Stählen des E. (s. Muson. bei Stob. floril. XVII 43. Plut. def. orac. 41 p. 433 A. 47 p. 436 C und an zahlreichen andern Stellen, vgl. Blümner 343, 4ff.). Im Lateinischen gibt es für Stahl nur das poetische chalybs; acies bedeutet nicht direkt Stahl, sondern nur die Härte oder Schneide der stählernen Werkzeuge oder Waffen (Plaut. Trucul. 492. Plin. VII 64. XXXIV 144 u. s.). Die Herstellung des Stahles erfolgte zunächst durch wiederholtes Ausschmelzen und Hämmern, sodann durch Ablöschen in kaltem Wasser; vgl. besonders Aristot. a. a. O. Hippocr. de vict. rat. I 4 (I 641 K.). Plut. def. orac. 47 p. 436 C. Namentlich das letztere wird bei den Schriftstellern sehr häufig erwähnt als βάπτειν, βαφή, tinguere, restinguere, temperare (s. Belegstellen bei Blümner 345f.); man glaubte, daß hierbei die Beschaffenheit des Wassers eine wichtige Rolle spiele, und führte die Güte der in Spanien hergestellten Schwertklingen ganz besonders auf das dortige Flusswasser zurück, s. Mart. I 49, 12. IV 55, 15. XIV 33. Iustin. XLIV 3, 8. Daneben wurden freilich noch allerlei, mehr abergläubische Prozeduren angewandt, vgl. Pähler Die Löschung des Stahles bei den Alten (Wiesbaden 1885) 14; feinere Stahlwerkzeuge löschte man in Öl, damit sie nicht zu spröde würden, Hippocr. Coae praenot. 384 (I 294 K.). Plut. de prim. frig. 13 p. 950 C. Plin. XXXIV 146. Einige Nachrichten berichten uns auch noch gewisse Details über die Herstellung der spanischen Schwertklingen, deren Ruhm sich ja bis in unsere Zeit hinein (Toledoklingen) erhalten hat und deren ganz besondere Elastizität schon die Alten preisen (Phil. in Mathem. vet. 71). Man nahm dazu fehlerfreies E. der allerbesten Qualität und bearbeitete es mit kleinen Hämmern in gleichmäßigen, nicht zu starken Schlägen. Außerdem wird auch überliefert, daß man in Spanien die zur Herstellung von Schwertklingen bestimmten E.-Stangen in die Erde vergraben und dort gelassen habe, bis die schwächeren E.-Teile vom Rost verzehrt waren; aus dem übrig gebliebenen Material wurden dann die trefflichen Klingen gearbeitet (Diod. V 33, 4. Plut. de garrul. 17 p. 510 F; dazu Beck Ι 652). Daß man sich auch darauf bereits verstand, Stahl- und E.-Teile zusammenzuschweissen, dergestalt, daß nur Schneide oder Spitze des Werkzeugs von Stahl, der übrige Teil oder Kern von gewöhnlichem, weicherem E. war, geht aus Cass. Dio XXXVIII 49, 4 und Plin. XXXIV 145 deutlich hervor. Zum Schleifen und Polieren der Stahlwerkzeuge nahm man Bocksblut (Plin. XXVIII 148) oder samische Erde, daher schleifen im späteren Lateinisch samiare heisst (Hist. Aug. Aurel. 7. 6); die besten Schleifsteine bezog man aus Kreta, Lakonien, Naxos, Armenien (Plin. XXXVI 164); beim Schleifen wurde teils Öl, teils Wasser zugesetzt, je nach der Beschaffenheit des verwandten [2148] Schleifsteines, und darnach unterschied man cotes oleariae und cotes aquariae (Plin. XXXIV 145).

Außer im erhitzten Zustande wurde das E. auch im kalten durch Hämmern, Ciselieren u. s. w. bearbeitet. Indessen ist diese, bei andern Metallen sehr gewöhnliche und namentlich für kunstgewerbliche Erzeugnisse wichtige Arbeit beim harten E. viel schwieriger, es sind daher nur wenig Produkte, die auf diese Weise hergestellt wurden, wie z. B. die stählernen Stempel für die Münzprägung, die vermutlich mit dem Rade graviert wurden, wie eiserne Petschafte in Ringen, die nach Lucr. VI 1044 (vgl. Plin. XXXIII 23. Isid. orig. XIX 32, 5) in Samothrake fabriciert wurden, ferner bei Tauschierarbeiten, da öfters Gold oder Silber in E. eingelegt wurde (vgl. Saglio bei Daremberg Dict. des antiqu. I 1137. Marquardt Röm. Privatleb. 692). Auch die Kunstwerke aus E., deren bei den alten Schriftstellern gedacht wird, wie der berühmte eiserne Untersatz des Glaukos (Athen. V 210 C) oder die Statuen aus E., bei denen in der Regel auf die große Schwierigkeit der Herstellung aufmerksam gemacht wird (Plin. XXXIV 141. Paus. IV 31, 10. X 18, 6), werden auf kaltem Wege durch Hämmern und Treiben gearbeitet worden sein. In solcher Technik zeichnete sich vornehmlich Kibyra in Phrygien aus (Strab. XIII 631); erhalten hat sich nur wenig derart (vgl. Benndorf Gesichtshelme u. Sepulcralmask. 40ff.).

Die heut allgemein übliche Technik des E.-Gusses scheint den Alten vor der alexandrinischen Zeit gänzlich unbekannt gewesen zu sein, denn was Paus. III 12, 10 von Theodoros von Samos erzählt, ist offenbar Mißverständnis oder Vergeßlichkeit, da diesem Künstler sonst übereinstimmend die Einführung des Erzgusses zugeschrieben wird; vgl. Perrot Strena Helbigiana 228ff. Noch Aristarch soll nach Schol. Hom. Il. XXIII 826 die Äußerung gethan haben, E. lasse sich nicht gießen. Wenn es nun auch möglich ist, daß man später es verstanden hat, kleinere Objekte, bei denen nur ein geringes Quantum E. in flüßigen Zustand zu versetzen war, zu gießen, da einige gegossene eiserne Statuetten u. dgl. alter Herkunft sein sollen (vgl. Gurlt Blätt. f. Urgesch. in den Kr. Siegen, Olpe etc. f. 1886 nr. 15. Schaaffhausen Rhein. Jahrb. LXXXI 128), so scheint es doch, daß die Alten die Technik, größere Massen E. flüssig zu machen und in Formen zu gießen, nicht besessen haben; s. darüber Blümner a. a. O. 355ff.

Was uns an eisernen Gegenständen aus griechisch-römischer Zeit erhalten ist, ist verhältnismäßig wenig, namentlich im Vergleich zu den zahlreichen uns überkommenen Bronzewaren. Daß die ältesten Kulturstätten, wie Mykenai, Tiryns u. s. w. gar keine Objekte aus E. aufweisen, wurde oben erwähnt (für Troia werden Schliemanns Angaben neuerdings in Zweifel gezogen, s. Globus 1898, 264); die Funde beginnen erst in späteren Ausgrabungsstellen. In Olympia tritt E. schon in den allertiefsten Schichten auf, und zwar hat man da Lanzenspitzen, Haken, Stäbe, Ringe (vermutlich zu Dreifüßen gehörig), Nägel, Drähte u. s. w. gefunden, s. Furtwängler Bronzefunde von Olympia 102; Ausgrab. v. Olympia IV 3, 126ff. [2149]

Die bis ins 7. Jhdt. v. Chr. zurückgehenden Ausgrabungen am Dipylon in Athen lieferten Waffen und Werkzeuge aus E., Messer, Äxte, Nägel u. dgl., s. Dümmler Athen. Mitt. XIII 297. In Italien entbehren die ältesten nachweisbaren Niederlassungen ebenfalls des E.; auch später tritt es zunächst sehr vereinzelt auf, wie in einzelnen Funden von Villanova, der Certosa bei Bologna, Caput aquae Ferentinae, vgl. Not. d. scavi 1881, 342. 1882, 136. Helbig Italik. in d. Poebene 91. In den Funden der späteren Zeit wird dagegen das E. immer häufiger; in Pompeii hat es sehr weitgehende Verwendung gefunden (vgl. Overbeck Pompeii4 508), und in den römischen Niederlassungen am Rhein, in der Schweiz, in Frankreich u. s. sind eiserne Gegenstände, wie Schlösser und Schlüssel, Handwerkszeug, landwirtschaftliche Geräte, Schwerter, Lanzenspitzen u. a. m. sehr zahlreich vertreten, vgl. Freudenberg Rhein. Jahrb. XXV 113. Katalog d. Samml. d. antiquar. Gesellsch. in Zürich (Zürich 1890) II 113ff. Rev. archéol. 1870, I 153. Mommsen Ber. d. sächs. Ges. d. W. 1852, 246; doch wird vieles unter den letztgenannten Funden der einheimischen E.-Industrie angehören.

Die wichtigste Literatur ist im Voranstehenden angeführt worden; zu nennen ist ausserdem noch Liger La ferronnerie ancienne et moderne, Paris 1876, und der einlässliche Artikel ferrum von L. de Launay in Darembergs Dictionn. des antiquités II 1074.