Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gesteinsart
Band VII,2 (1912) S. 18151817
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Granit. Welchen Namen das Gestein, das seit dem Ende des 17. Jhdts. G. heißt, bei den Alten geführt hat, steht nicht fest. Das kommt daher, daß der G., obschon er auf den griechischen Inseln (auf Mykonos, Delos, Rheneia, im nördlichen Teile von Naxos, im Südosten von Tenos, auf Paros, Ios, Anaphe, Seriphos, s. Fiedler Reise durch Griechenland II 281. Neumann und Partsch Physical. Geographie von Griechenland 210f.), vereinzelt auch auf dem Festlande (westlich von Thorikos, im Lauriongebirge, s. d.) und in Italien auf den Inseln Ilva (Elba) und Igilium (Giglio) vorkommt (Corsi Delle pietre [1816] antiche 220ff. O. Müller Etrusker I² 230. Bruzza Ann. d. Inst. XLII [1870] 169f.), doch von den Griechen des Festlandes garnicht und von den Römern erst in der Kaiserzeit für Architektur und Plastik verwendet worden ist; nur in Kleinasien und den Inseln scheint er vereinzelt bei Bauten Verwendung gefunden zu haben (doch ist der Tempel zu Assos nicht von G., sondern aus dem dort heimischen Trachyt erbaut). Da bekanntlich die Ägypter den G. mit Vorliebe, auch besonders für Skulpturen, verarbeiteten, so haben die Alten diesen Stein wesentlich dort kennen gelernt und darnach auch benannt. Allem Anschein nach ist es auf G. zu beziehen, wenn griechische Schriftsteller von ‚äthiopischem Stein‘ sprechen; so sagt Herod. II 127, die erste Steinschicht der Pyramide des Chephren sei λίθου Αἰθιοπικοῦ ποικίλου, und in der Tat sind die beiden unteren Lagen von gesprenkeltem G.; ebenso bei der äußeren Bekleidung der Pyramide des Mikerinos (Menkera), ebd. 134 (vgl. 176). Auch mit ‚ägyptischem Stein‘ (Paus. I 18, 6 von Bildsäulen des Hadrian. Poll. VII 100. Themist. or. XIII p. 179 a von Säulen) könnte G., aber ebensogut Basalt oder Porphyr gemeint sein (und ebenso Seneca ep. 115, 8 bei den columnae ex Aegyptiis arenis advectae). G. scheint auch der Stein zu sein, den Plin. XXXVI 63 nennt: circa Syenen Thebaidis (invenitur) syenites, quem antea pyrrhopoecilon vocabant. Dieser antike Syenit (der mit dem heute so genannten Stein nicht identisch ist) darf als G. angesprochen werden, da sich in der Tat bedeutende Brüche von G. bei Assuan, dem alten Syene, finden, die die alten Ägypter ausgebeutet haben (s. W. M. Flinders Petrie The arts and crafts of ancient Egypt 70f.). Auch ‚thebanischer Stein‘ kann G. gewesen sein; Plin. a. a. O. 157: Etesium lapidem in iis (sc. mortariis medicinalibus) praetulere ceteris, mox Thebaicum quem pyrropoecilon appellavimus, … aliqui psaranum vocant. Hier wird also der Thebaicus lapis mit dem syenites identifiziert, dagegen vorher § 63 unterschieden: Thebaicus lapis interstinctus aureis guttis invenitur in Africae parte Aegypto adscripta, coticulis ad terenda collyria quadam utilitate naturali conveniens. Wahrscheinlich ist der πυρροποικίλος genannte Stein roter G. mit eingesprengten weißen Teilchen gewesen, der ψάρανος aber schwarz-weiß gesprenkelter (s. Blümner Technologie III 11, 1). In der Kaiserzeit kommt der Name Lapis Claudianus auf; man fing nämlich unter der Regierung des Claudius an, Steinbrüche von schwarzem G. in der Thebais auszubeuten, wovon der Stein seinen Namen bekam (Hist. aug. Gord. tres 32, 2); der Berg, wo dieser graue G. gebrochen wurde, hieß darnach Mons Claudianus (ein praepositus operum marmorum monti Claudiano CIL III 25, aus der Zeit des Traian; ὄντος πρὸς τοῖς τοῦ Κλαυδιανοῦ ἔργοις χιλιάρχου, CIG 4713 e). Doch meint Letronne Rec. d’inscr. I 136ff., daß darunter auch die nördlich davon belegenen Porphyrbrüche gemeint waren, die nach Plin. a. a. O. 57 unter Claudius erschlossen wurden (s. Art. Claudianus mons). Andere G.-Brüche wurden, wie die Inschrift CIL III 75 lehrt, unter Septimius Severus zwischen Syene und Philae eröffnet: iuxta Philas novae lapicaedinae adinventae [1817] tractaeque sunt parastaticae et columnae grandes et multae. Blöcke dieses G.s, mit Zahlzeichen des Steinbruchs versehen, sind an Ort und Stelle und auch in Rom gefunden worden, s. Bruzza a. a. O. 169. 200. 333ff.

Die Römer haben den G. vornehmlich in der Baukunst verwandt, und zwar sowohl roten und weißen, den die Ägypter gern für Obelisken und Statuen verwendeten, wie schwarzen und weiß- oder graugesprenkelten, der namentlich zu monolithen Säulen verarbeitet wurde, wie auf dem Traiansforum (daher Granito del foro genannt); vgl. Stat. silv. II 2, 86. IV 2, 27. Isid. or. XVI 5, 11. Ferner verwendete man ihn gern für Fußbodenplatten, Wandinkrustierungen u. dgl. In der Skulptur der Griechen fand der G. keine Verwendung (der Porträtkopf des Berliner Museums nr. 309, Furtwängler Samml. Saburoff Taf. 45, soll zwar von einer griechischen Insel stammen, ist aber wohl ägyptisch), und auch die Römer haben nur in Nachahmung ägyptischer Werke davon Gebrauch gemacht. Seine Verwendung zu Mörsern und Reibschalen für Medikamente, besonders für Augensalben und für Farben, erwähnt Plin. XXXVI 63. 157. Aus der prähistorischen Zeit stammen in Troia gefundene Gußformen aus G. (Schliemann Ilios 282) und eine in Mykenä gefundene Form zum Hämmern von Verzierungen aus Goldblech (Schliemann Mykenae 121 Fig. 162. Blümner a. a. O. IV 238 Fig. 22 f).