Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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wichtiges Nahrungsmittel der Menschen in gemäßigter Zone
Band VII,1 (1910) S. 13361352
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Getreide. Das G. (σῖτος, σιτηρά, σιτώδη, frumentum) mit seinen an Stärkemehl und Eiweißstoffen reichen Körnern bildet in den Landstrichen gemäßigter Zone das wichtigste Nahrungsmittel des Menschen. Die menschliche Kultur ist mit dem Anbau des G. aufs engste verbunden. Ein Volk, welches außer vom Fleische jagdbarer Tiere nur von wildwachsenden Früchten und Kräutern lebt, hat die ersten Schritte zu bürgerlicher Ordnung, zu Sitte und Gesetz noch nicht getan (Strab. XIII 1). Erst mit dem Beginne des G.-Baues sind die Zeiten der Wildheit abgeschlossen, die mildere Nahrung leitet über zu milderer Sitte, die Kultur der Felder zum geordneten Leben (Ovid. met. V 655; fast. IV 401). Die Beobachtung, daß die Tiere, welche von Feldfrüchten leben, die klügsten sind, läßt sich auch auf die Völker übertragen (Plin. n. h. XXII 119). Die G. essenden Völker sind durch Künste, Wissenschaften, Volkszahl, geistige und leibliche Bildung denen weit voraus, welche von Krieg, Jagd, Viehzucht und Fischfang leben (Plut. Num. 16. Herod. I 215). In Erkenntnis dieser Tatsachen läßt die griechische Sage den G.-Bau als Geschenk derjenigen Gottheit erscheinen, die zugleich als Stifterin der Ehe die Grundlagen staatlichen Lebens gelegt hat, der Demeter. Diese soll das erste G. dem Triptolemos geschenkt und ihn zugleich angewiesen haben, es in Eleusis anzubauen und unter den Menschen auszubreiten, [1337] indem er es auf einem Drachenwagen in die entferntesten Lande brachte. Andere Stammessagen führen das G. auf eine andere Gottheit oder auf einen Heros zurück. In Argos soll es Pelasgos, in Arkadien Aristaios zuerst eingeführt haben. In Athen hielt man die Göttin Athene selbst für die Spenderin des G.; als italischer Saatengott wurde Saturnus betrachtet und ihm zu Ehren die Saturnalien vom 17. Dezember ab sieben Tage lang in einer Zeit gefeiert, in der sich die Natur zu erneuern beginnt.

Vor allen anderen Früchten hat das G. den Vorzug, daß es in der gemäßigten Zone überall gedeiht, nur wenige Pflanzen haben eine gleich weite Verbreitung (Col. III 9). Freilich werden nicht in allen Ländern die gleichen G.-Arten mit demselben Erfolg angebaut, daher kommt es, daß den verschiedenen Landstrichen bestimmte Arten eigen sind, die den Bewohnern vorzugsweise als Speisefrucht dienten, so war die Gerste (κριθή, κρῖ, hordeum), in den ältesten Zeiten griechischer Geschichte, der Dinkel oder Spelt (ζειά, ὄλυρα, ador, far) in der altitalischen Vorzeit das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung, bis infolge der verbesserten Bodenkultur der Weizen (πυρός, triticum), dessen feines und weißes Mehl dem Geschmacke späterer Geschlechter mehr zusagte, die beiden erstgenannten G.-Arten zurückdrängte. Neben diesen drei wichtigsten Arten erscheint von geringerer Bedeutung die Rispenhirse (κέγχρος, μέλινη, milium), welche Theophrast teils zu den Gemüse-, teils zu den G.-Pflanzen rechnet (h. pl. VIII 1). Nach Columella (II 9) war Brot von Hirsenmehl nur in warmem Zustande wohlschmeckend; hauptsächlich wurde die Hirse zu einem steifen Brei gekocht vom Landvolke verzehrt. Da der Roggen (τίφη, secale) bei Plinius (XVIII 141) zusammen mit farrago, einem aus verschiedenen Hülsenfrüchten und Gerste gemischten Grünfutter erwähnt wird, so ist er wohl nicht als Speise-, sondern nur als Futterpflanze in Italien angebaut worden. Von den Taurinern am Fuße der Alpen wurde er unter dem Namen asia angebaut. Der Roggen war so fruchtbar, daß er auf jedem Boden hundertfältig trug, doch lieferte er nach dem Urteile des Plinius (XVIII 141) ein bitteres, unangenehm schmeckendes Brot, welches erst durch einen Zusatz von Dinkelmehl genießbar erschien. Auch die Thraker und Makedoner bauten im 2. Jhdt. n. Chr. den Roggen unter dem Namen βρίζα an (Gal. de alim. I 13). Der Hafer (βρόμος, avena) war den Griechen und Römern anfänglich nicht als Kulturpflanze, sondern nur als ein den Cerealien gefährliches Unkraut (als solches αἰγίλωψ genannt) bekannt, von dem man glaubte, daß er aus entarteter Gerste entstünde (Ovid. fast. I 692. Verg. Georg. I 37. Plin. XVIII 149). Hingegen haben die Germanen das Hafermehl zu Speisen verwandt (Plin. XVIII 149).

Über die einzelnen G.-Arten s. die betr. Artikel.

Ein G.-Feld sollte am besten in der Ebene angelegt werden, und zwar wenn möglich am Fuße eines Berges mit der Aussicht nach Süden (Cato 1. Varro I 6), denn alle Gattungen von Korn gedeihen vorzüglich in sonniger Ebene mit lockerem Boden (Col. II 9). Wo der Boden fett (crassus), freudig (laetus) und ohne Bäume ist, [1338] muß ein G.-Feld angelegt werden (Cato r. r. 6). Schatten, Nässe und große Feuchtigkeit ist dem G. schädlich. Weizen bringt auch auf leichten Anhöhen, auf vom Winde bestrichenem Hügellande gute Erträge, Dinkel gedeiht auf feuchtem, kreidigem Boden, Gerste besonders auf sehr fettem oder sehr magerem Lande (Col. II 9. Plin. XVIII 163).

Kennzeichen des Getreides.

Alles G. hat einen auf Faserwurzeln gestützten, geraden, hohlen, stellenweise knotigen Halm (concavus et geniculatus culmus), der in eine Ähre ausläuft, in welcher die Körner sitzen, und schmale grasartige Blätter (Plin. XVIII 52).

Die Faserwurzel entkeimt bei der Gerste dem dicken Ende des Saatkorns, während der obere Teil der Pflanze am dünneren Ende zum Vorschein kommt; bei dem Samen der anderen G.-Arten findet sich diese Erscheinung nicht (Plin. XVIII 51). G.-Wurzeln gehen nie tief, sind aber ausreichend, die Pflanze zu ernähren, da sie zahlreich und dünn sind. Die Wurzeln vermögen die Pflanze im Boden festzuhalten und können wegen starker Faserung vorwinterliche Bestellung ertragen (Cic. de senect. 15, 3).

Im Winter hat das G. nur Blätter, die aus der Wurzel hervortreiben (Plin. XVIII 58). Das Aussehen der Blätter ist bei den einzelnen Arten verschieden, indem sie mehr oder weniger schmal, rauh oder glatt sind; doch stimmt das Blatt aller Arten in der langen schilfartigen Form überein (Plin. XVIII 58). Weizen und Gerste haben beim Aufgehen nur ein Blatt, die übrigen Blätter bilden sich im Laufe des Winters (Theophr. h. pl. II 2, 3). Die Blätter schützen den werdenden Halm vor Kälte, wodurch es möglich ist, daß die meisten G.-Arten auch in rauhen Ländern, z. B. Thrakien und Germanien gut fortkommen. Doch wurde im Lande der Treverer das G. während eines sehr kalten Winters so vernichtet, daß die Felder im Frühling von neuem bestellt werden mußten (Plin. XVIII 183).

Die Halme (calami) bilden sich erst im Frühling und zwar, da das G. viele dünne Wurzeln hat, aus jeder Pflanze mehrere, oft viele (Theophr. VIII 2, 4. Plin. XVIII 56), die jedoch mit Ausnahme einiger weniger Arten wie πυρὸς κριθανίας und πυρὸς σιτανίας keine Seitensprossen treiben (Theophr. VIII 2, 2). Die Stärke des Halmes zeugt von guter Beschaffenheit des Ackers und der G.-Sorte. Jeder Halm ist inwendig hohl wie eine Röhre (calamus fistulatus), äußerlich mit mehreren Knoten versehen (Cic. de senect. 15, 3). Er hat die Ähre zu stützen, die aber zuweilen durch die Fülle der Körner so schwer wird, daß er die Last kaum zu tragen vermag und sich zur Erde senkt (Verg. Georg. I 111). Die Länge der Halme ist ebenso wie ihre Stärke durch Standort, Erdreich, Witterung und Beschaffenheit der G.-Art bedingt, sie beträgt z. B. bei dem Weizen bedeutend mehr als bei der Gerste (Plin. XVIII 7). Auch in Bezug auf Härte sind die Halme der verschiedenen Arten untereinander, wie auch in den verschiedenen Zeiten des Wachstums verschieden. Während der jung aufsprießende Halm weich und biegsam ist, wird er vor der Reife hart, spröde und brüchig. Die Zahl der Halmknoten ist ebenfalls verschieden: der Weizen hat [1339] vier. Dinkel und Gerste haben sechs Knoten; ehe diese nicht ausgetrieben sind, bildet sich die Ähre nicht (Plin. XVIII 56). Mit dem dritten oder vierten Knoten brechen die Ähren aus dem umhüllenden Balge (der Scheide, folliculus, vagina), in welchem sie 15 Tage verborgen gelegen haben, hervor (Cato 32. Col. II 12). Diese Zeit, etwa der 25. April, wurde von den Römern für sehr wichtig gehalten. Zur Abwehr des schädlichen Einflusses des Sirius wurde das Hundeaugurium (augurium canarium) angestellt (Plin. XVIII 14), auch die die Saat im Schossen begünstigende Gottheit Patella (Patellana) angerufen (Arnob. IV 7. Augustin. de civ. Dei IV 8). Die Frucht des G. befindet sich in den Ähren. Auch die Ähren sind nach Bau und Ansehen verschieden: man unterschied vollkommene und unvollkommene Ähren, spicae non mutilatae und spicae muticae. Die vollkommenen Ähren enthalten drei Bestandteile: das Korn (granum), die Hülse, auch Kappe oder Spelz genannt (gluma), und die Granne oder Achel (arista) (Varro I 48). Das Korn ist der innerlich feste, mehlhaltige Teil der Ähre, der wichtigste Teil der Pflanze. Als Same wird es zur Aussaat benützt, roh oder verarbeitet dient es zur Ernährung der Geschöpfe. Die Anzahl der Körner, welche die einzelnen Ähren tragen, ist nicht gleich, die höchsten Ähren haben die wenigsten Körner und schwanken daher leicht im Winde, während die schwerbeladenen ihr Haupt tiefer senken. Die besten Körner sitzen in der Mitte der Ähre, nach dem oberen Ende nehmen sie an Güte ab, in der Nähe des Halmansatzes sind sie unvollkommener (Varro I 48). Nach dem Ertrag an Körnern beurteilt man den Ausfall der Ernte. Die Hülse, welche das Korn birgt, ist bei Dinkel und Hirse so fest mit ihm verbunden, daß sie nur durch Dörren vom Korne getrennt werden kann, bei den andern G.-Arten sitzt sie lose und wird beim Reinigen auf der Tenne leicht entfernt (Plin. XVIII 61). An ihrer Spitze ragt wie eine feine lange Nadel die Granne hervor. Zuerst weich wie Haare, erstarren die Acheln bald an der Sonne und bilden für die Körner, welche sie in zwei-, vier- und sechsfachen Reihen umgeben, einen sicheren Schutz gegen die Angriffe kleiner Vögel. Einige G.-Arten sind mehr, andere weniger verwahrt; so besitzen die meisten Gerstensorten außerordentlich scharfe Grannen, während Hirse und Hafer nur wenig geschützt sind (Plin. XVIII 61). Diese Grannen fehlen den unvollkommenen Ähren, die deswegen auch Kolben- oder Stummelähren genannt werden.

Vier oder fünf Tage, nachdem sich die Ähre aus der Scheide entwickelt hat, fängt sie an zu blühen und setzt das Blühen fast ebensolange fort (Theophr. VIII 2, 5. Plin. XVIII 56). Nach einigen Schriftstellern blühen die meisten G.-Arten in sieben Tagen ab, nach andern ist die Blüte erst nach acht oder gar fünfzehn Tagen vollendet. Gerste bedarf höchstens sieben Tage (Plin. XVIII 56). Damit die Blüte glücklich verlaufe, wurden in Rom nach dem Ausspruche der Sibylla im 516. Jahre der Stadt am 27. April die Florealien zu Ehren der Flora gefeiert (Plin. XVIII 286. Augustin. de civ. Dei II 27. IV 8. Arnob. III 23). Varro bestimmte diesen Tag nach dem Stande der Sonne im vierten Grade des Stieres. Wenn [1340] auf diese Tage Vollmond fällt, so werden die Feldfrüchte und blühenden Gewächse beschädigt (Plin. XVIII 286). Sobald das G. abgeblüht hat, schwellen die Körner an (Plin. XVIII 60). Deus lactans, der die Saaten milchen läßt, ergießt sich in sie (Varro frg. bei Verg. Georg. I 315). Seine Herrschaft dauert etwa 40 Tage, nämlich die Zeit, welche vom Ansatze bis zum Auswachsen und Reifen erforderlich ist (Col. II 12. Plin. XVIII 60). Nach Varro (I 32) steckt das G. 15 Tage in der Scheide, 15 Tage blüht und 15 Tage reift es, nach Columella (II 12) blüht das G. 8 Tage und braucht dann noch 14 Tage bis zu seiner Vollendung.

Aussaat des Getreides.

Da das G. Winterkälte vertragen kann, wurde es in Asien und Griechenland immer, in Italien meistens im Herbst gesät, damit es im folgenden Frühjahr, von der Feuchtigkeit des Winters genährt, um so schneller heranwachsen konnte. Herbstaussaat galt gemeinhin als die beste (Col. II 9). Doch war die Bodenbeschaffenheit maßgebend, ob Herbst- oder Frühlingsaussaat zu bevorzugen war. Trockenen, mageren oder tonhaltigen Boden bestellte man im Frühling, wo er vom Winterregen durchfeuchtet war; fetten, schweren Boden dagegen im Herbst, weil er im Frühling allzu naß sein würde (Varro I 40); Sommer-G. wurde vor Aufgang der Vergilien (Siebengestirn, dessen Aufgang in Italien auf den 10. Mai fällt) gesät (Plin. XVIII 49). Die Frühlingsaussaat, die in kalten, schneereichen Gegenden häufig war, sollte jedenfalls vor dem Frühlingsäquinoktium, besser noch früher, bestellt sein, sie hieß bei den Landleuten satio trimestris (Col. II 9). Die Herbstaussaat erfolgte in Italien und Griechenland in den 46 Tagen, welche auf den Untergang der Vergilien folgten. Dieses Gestirn ging am 32. Tage nach der Herbstnachtgleiche, also am 24. Oktober, unter. Hesiod. der erste, welcher über Ackerbau schrieb, bestimmte diese Saatzeit in Hellas; Vergil empfiehlt sie für Weizen und Dinkel, und Columella nimmt sie für gutes Land als die geeignetste an (Col. II 8. Plin. XVIII 201. 202). Die Ansichten der Landwirte, ob man in diesem Zeitraume, oder etwas früher, oder sogar noch später säen sollte, gingen je nach dem Klima und den Bodenverhältnissen, mit welchen sie zu rechnen hatten, auseinander. Manche achteten genau auf den Lauf der Gestirne und den Zug der Winde, andere bestimmten ihre Aussaat nach Lage und Beschaffenheit der Äcker, wieder andere handelten blind nach überliefertem Herkommen (Varro I 6. 37. Col. II 8. Plin. XVIII 205). So brachten viele die Saat 11 Tage nach dem Herbstäquinoktium ins Land, weil sie alsdann mit Bestimmtheit auf mehrtägigen Regen rechnen konnten (Plin. XVIII 224), und Regen bald nach der Aussaat der Frucht dienlich ist (Theophr. h. pl. VIII 6. 1), andere ließen sieben Tage nach dem ersten Regen, der auf den Untergang der Vergilien folgte, vergehen und hofften dann, eine besonders günstige Aussaat zu erzielen. In nassen Gegenden säte man gern bereits Anfang Oktober, damit der Same aufgegangen wäre, ehe die Regenzeit eintrat (Col. VIII 8), weil er im Lande liegend durch übergroße Feuchtigkeit faulte (Plin. XVIII 196); in heißen, trockenen dagegen erst kurz vor Eintritt [1341] dieser Zeit, da erfahrungsgemäß lange im Boden liegender Same von Mäusen und Ameisen aufgezehrt wurde (Cato 34. Col. II 8). Kalte Äcker sollten bald nach der Herbstnachtgleiche, warme bis zum 21. Tage nach derselben besät werden, da bei letzteren zu befürchten war, daß die Saat allzu üppig vor dem Winter ins Kraut ginge, wenn zeitiger bestellt wurde (Varro I 34. Plin. XVIII 168. 203). In den kürzesten Tagen, nämlich 14 Tage vor und 14 Tage nach dem kürzesten Tage, sollte kein erfahrener Landwirt das Feld besäen, denn eine Saat, die vor diesem Zeitpunkte ins Land kommt, geht am siebenten Tage auf, später gesäte nicht früher wie am 40. (Varro I 34. Col. II 8. Plin. XVIII 204). Für die Herbstaussaat mußte im September das Feld gedüngt werden; wer Frühlingsaussaat wählte, ließ im Laufe des Winters düngen (Col. II 16. Plin. XVIII 193). Auf einen Morgen flachen Landes rechnet Columella 12, Plinius 18 Fuder (vehes), auf gebirgiges Land 24 Fuder Mist (Col. II 16. XI 2. Plin. XVIII 194). War rechtzeitiges Düngen versäumt, so konnte noch durch Streuen von pulverisiertem Vogel- oder Ziegenmist vor dem Behacken dem Boden nachgeholfen werden (Col. II 16). Näheres s. Art. Düngung o. Bd. V S. 1756f.

Auswahl des Samens.

In richtiger Erkenntnis, daß die großen und schweren Körner mehr Bildungsstoff enthalten, als die kleinen und leichteren, wurden die schwersten Körner, welche nach dem Ausdrusch des G. beim Worfeln zu unterst auf die Tenne fallen, zum Saatkorn ausgesondert. Eine andere Art, die Körner mit größter Nährstoffmenge zu erkennen, gab es nicht (Plin. XVIII 195). Einjähriger Same ist der beste, schlechter schon der zweijährige, am schlechtesten der dreijährige (Theophr. h. pl. VIII 11, 5. Plin. XVIII 195). Noch älterer Same, der die Fähigkeit verloren hat, aufzuquellen, wurde verworfen (Varro I 40). Jeder Same hat seine bestimmte Zeit der Keimfähigkeit. Aber auch diese Kraft ist in den verschiedenen Gegenden verschieden. Bei Petra in Kappadokien war das Korn noch nach 40 Jahren keimfähig und zur Aussaat geeignet, zur Nahrung war es sogar noch nach 60 und 70 Jahren zu gebrauchen. Auch in Medien und anderen hochgelegenen Ländern hatte man ähnliches beobachtet. Als Grund für diese seltene Erscheinung wird die von Nord-, Ost- und Westwinden bestrichene Höhenlage angegeben (Theophr. h. pl. VIII 11, 5).

Um das Saatkorn vor ungünstigen Einflüssen, denen es bei mangelhafter Aufbewahrung leicht ausgesetzt ist, zu schützen, brachte man es von der Tenne auf den Fruchtboden (tabulatum), dessen Fußboden gegen das Eindringen des gefürchteten Kornwurmes (κίς, curculio) nach Möglichkeit gesichert war, und wo der Rauch der Küche Feuchtigkeit abhalten sollte. Wie das Gewicht, so wurde auch die Farbe des Samens berücksichtigt: die besten Körner sollten äußerlich und innerlich etwas rötlich aussehen (Col. II 9. Plin. XVIII 195). Auch war größte Reinheit des Saatgutes ein wichtiges Erfordernis: jede G.-Art sollte für sich abgesondert, frei von Unkrautsamen, auf dem Fruchtboden lagern, etwaige Unreinigkeiten mußten durch sorgfältiges Sieben entfernt werden (Varro I 40). Da kein Zweifel bestand, daß auch [1342] der beste Same sich verschlechtern, niemals aber der schlechtere sich verbessern kann, so sollten jedes Jahr von neuem die besten, dicksten Körner zum Saatgut ausgesondert werden, da andernfalls die Frucht leicht ausartete und verwilderte (Varro I 52. Col. II 9, 10. Verg. Georg. I 197). Fremder Same wird nach Theophrast (h. pl. VIII 8, 1) meist in drei Jahren zu einheimischem, doch muß er sich langsam akklimatisieren. Es ist nicht ratsam, ihn mit einheimischem Samen zu mischen, ebenso wie es verkehrt ist, Samen aus kalten Gegenden nach warmen Himmelsstrichen, oder solchen aus einem Lande, wo alles früh reift, in eine rauhe Gegend zu verpflanzen (Theophr. h. pl. VIII 8, 1. Plin. XVIII 54).

Vorbereitung des Samens.

Um das Keimen im Boden zu beschleunigen, ließ man den Samen vor der Aussaat in einer Flüssigkeit anquellen. Weizen wurde vorher in Wein gelegt; häufig wurde der Saft verschiedener Kräuter, besonders des Hauslauchs (aizoum, ἀείζωον, rein lat. sempervivum, auch sedum digitellum und digitillum), der auf Dächern wächst und nach Demokrits Ansicht für jede Art Samen zuträglich ist, benützt (Plin. XVIII 159). Durch Besprengen mit Salpeter und Ölschaum (amurca) hoffte man größere Körner zu erzielen (Col. II 9). Mit diesen Vorbereitungen verbanden sich viele abergläubische Gebräuche: die Berührung des Samens mit dem Vorderbug eines Maulwurfs (armo talpae) sollte reiche Ernte bringen, zerstoßene Zypressenblätter (cupressi folia tusa) unter den Samen gemischt oder die Aussaat bei Neumond sollte Wurmfraß verhindern, eine in einem irdenen Geschirr vergrabene Kröte inmitten des Feldes sollte die Hirse schützen u. desgl. (Plin. XVIII 158). Um den Samen vor Mäusen zu bewahren, sollte die Asche von einem Wiesel oder einer Katze in Wasser geschüttet und hiermit das Korn besprengt werden, oder aber beide Tiere sollten in Wasser abgekocht und der Samen damit befeuchtet werden. Wem aber der widrige Geruch der Tiere, den man nach Plinius noch am Brote merken soll, unangenehm war, der sollte zu demselben Zweck das Saatkorn mit Ochsengalle (felle bubulo) befeuchten (Plin. XVIII 160. Geop. II 12. 18). Das Fell einer Hyäne (hyaena) um den Säkorb (trimodia sativa) gewickelt, sollte baldiges Keimen veranlassen (Col. II 9); ein gewisses Kraut, dessen Namen unbekannt war, hielt, wenn es an den vier Ecken des Ackers vergraben wurde, Sperlinge und Stare von milium und panicum fern (Plin. XVIII 160).

Das Saatquantum.

Das Saatquantum sollte sich außer nach der Saatzeit und dem Klima vor allem nach der Lage des Ackers und seiner Beschaffenheit richten, es war wichtig, zu unterscheiden, ob in neues Land (terra rudis), in jährlich tragendes (terra restibilis) oder in Brachland (vervactum) gesät wurde (Varro I 44). Die Erfahrung lehrte, daß in verschiedenen Landstrichen mit demselben Saatquantum ganz verschiedene Erfolge erzielt wurden (Varro I 44. Col. II 9). Während bald das zehnfache, in Etrurien und anderen Gegenden Italiens wohl auch das fünfzehnfache Korn des ausgestreuten Samens gewonnen wurde, gab es durch große Fruchtbarkeit ausgezeichnete Gegenden, in denen wie bei Sybaris, in der afrikanischen [1343] Landschaft Byzacium und in einigen Teilen Syriens sogar hundertfältiger Ertrag erzielt wurde (Varro I 44). Matth. XIII 8. 23 sagt Jesus von dem Saatkorn, das auf gutes Land fiel, ,etliches trug dreißigfältig, etliches sechzigfältig, etliches hundertfältig‘. Ein fetter und fruchtbarer Boden konnte mehr Samen aufnehmen als ein sandiger magerer (Theophr. h. pl. VIII 6, 2); denn der magere Acker vermochte nur taube und schwache Ähren hervorzubringen, wenn sie nicht weitläufig genug standen (Col. II 9. Plin. XVIII 199). Bei früher Aussaat im Anfang des Herbstes säte man dünner, bei später, vor angehendem Winter dichter (Col. II 9); Plinius (XVIII 196) vertritt die gegenteilige Ansicht. Überhaupt hielt er dichtes Säen nicht für empfehlenswert, wenn auch der Bauernaberglaube es als gutes Zeichen ansah, ,wenn das Erdreich recht viel Samen aufnahm‘ (Plin. XVIII 196). ,Wer die Natur der Samen, der Gegenden, des Erdreichs und der Lage untersucht, auch auf Wind und Sonne achtet, der wird, so meint Theophrast (h. pl. VIII 6, 2), auch das richtige Saatquantum zu beurteilen verstehen.‘ Nach des Columella Erfahrung hatte sich in seiner Heimat als das Beste bewährt, auf jeden Morgen guten Landes 4 Modien Weizen oder 9 Modien Dinkel zu nehmen, auf mittelmäßiges 5 Modien Weizen, 10 Modien Dinkel. Andere Landwirte nahmen stets, ob gutes oder mittleres Land, 5 Modien Weizen, 8 Modien Dinkel (Col. II 9). Plinius (XVIII 198) rechnete auf mittleren Boden 5 Modien Weizen, 10 Modien Dinkel, 6 Modien Gerste, auf fetten Boden etwas mehr, auf mageren weniger. Bei kreidigem und feuchtem Boden durften mehr als 5 Modien Dinkel und Weizen genügend sein (Col. II 9), etwa 6, bei lockerem Lande bedurfte es deren 4 (Plin. XVIII 199). Wie auch immer der Boden beschaffen war, sollte ein mit Buschwerk bestandenes Feld stets 1/5 Saatkorn Aussaat mehr erhalten, als ein ebenes freies Land (Col. II 9).

Das richtige Säen galt als Kunstfertigkeit. Die Hand des Sämanns sollte mit dem Schritte des rechten Fußes ein gleiches Zeitmaß beachten (Plin. XVIII 197). Der ausgestreute Same wurde entweder durch die Egge (cratis) mit Erde bedeckt, oder er wurde untergepflügt, wobei an dem Pfluge (aratrum) die Streichbretter, aures = Pflugohren (bei Plin. XVIII 180 tabulae), welche die Erde auf die Körner zu schieben hatten, angebracht werden sollten (lirare Varro I 29. Col. XI 2. Plin. XVIII 180). Auf diese Weise behandelt, kam die Saat auf die zwischen zwei Furchen (sulci) entstehende Erhöhung, die man lira oder porca nannte, zu liegen. Unter gewöhnlichen Verhältnissen ging Gerste und Weizen sieben Tage nach der Aussaat auf (Varro I 44).

Vom Aufgehen bis zur Reife war die Saat mannigfachen schädlichen Witterungseinflüssen und anderen Gefahren ausgesetzt. Im Winter war es der Schnee, welcher zwar die Pflanzen vor raschem Witterungswechsel schützte, andererseits aber durch allzulanges Liegen den Saaten Licht und Luft abschloß und dadurch besonders bei starken Schneewehen gefährlich wurde. Auch das Auftauen und Wiedergefrieren, wodurch sich eine feste Eiskruste über den zarten Pflanzen bildete, konnte verderblich werden. Als besonders harte Winter, in welchen die Saaten schwer litten, [1344] werden die J. 404, 270 und 179 v. Chr. genannt (Liv. V 13. XL 45. Dion. Hal. XII 8. Zonar. VIII 6. Augustin. de civ. Dei III 17. Nissen Ital. Landesk., Berlin 1883, 400ff.). Gegen starke Schneewehen gab es keinen Schutz, wohl aber konnte dem Stehenbleiben des schädigenden Tauwassers durch die Abzugsgräben vorgebeugt werden (Varro I 29. Col. II 2). Auch andauernde Nässe kann das G. nicht vertragen. Wiederholt klagen die Schriftsteller über den Schaden, welchen große Regenmassen (Rom war als Regenstadt, urbs nimbosa, berüchtigt) den sprossenden Saaten im Frühling, sowie den reifenden kurz vor der Ernte zugefügt haben (Verg. Georg. I 313. 322. 443. Stat. I 147). Auch hier war das einzige, was der Landmann zu tun hatte, das sorgfältige Offenhalten der Abzugsgräben; nach jedem größern Regengusse sollte das Gesinde mit Hacken und Spaten auf die Felder ziehen, um jedes Hindernis, welches sich dem abfließenden Wasser entgegenstellte, zu beseitigen (Col. II 9).

Wind während der Blüte, kurz nach derselben und bei beginnender Fruchtreife kann besonders dem Weizen, aber auch der viel härteren Gerste gefährlich werden, ebenso wie allzu grelle Sonnenblicke (Theophr. h. pl. VIII 10. Plin. XVIII 151). Gewitter, Hagelwetter und Stürme, die eine vis maior dem Menschen sendet, gehen von schrecklichen Gestirnen, namentlich vom Arctur, vom Orion und den Böcken aus. Vor diesen verheerenden Gewalten vermögen allein die gnädigen Götter den Acker zu schirmen (Plin. XVIII 278). Anders steht es, wenn ungünstige Bodenverhältnisse das Wachstum der jungen Saat gefährden. Diesen Hindernissen sollte mit Ausdauer entgegengearbeitet werden. ,Die Alten hatten schon früh die Beobachtung gemacht, daß die Luft nicht nur an dem Blatte, sondern auch an der Wurzel der Pflanze Nahrung zuführt. Sie sahen den Odem der Welt, der sich in den Winden offenbart, als die Quelle alles Atmens und alles Lebens an‘ (Forchhammer Landwirtsch. Mitt. a. d. klass. Altert., Kiel 1856). Durch die Behackung (sarculatio) des Bodens im Frühling wurde der durch die Winterkälte verhärtete Boden wieder aufgeschlossen, den Wurzeln mehr Raum zur Entwicklung gegeben und den belebenden Sonnenstrahlen der Zutritt gestattet (Plin. XVIII 184). Gleichzeitig sollte das Unkraut, welches den Kulturpflanzen Platz und Nahrung entzieht, entfernt werden (Verg. Georg. I 153). Cato (37) und Plinius verlangen ein zweimaliges Behacken (sarire) und Jäten (runcare) des G. (Plin. XVIII 184). Diese Reinigung der Saatfelder vom Unkraut, welche zwischen Frühlingsnachtgleiche und dem Aufgange der Vergilien (in Italien 10. Mai) stattfinden sollte (Varro I 30. Col. II 2), wurde auch von den Landwirten angeordnet, welche das Behacken verwarfen. Durch unvorsichtiges Behacken konnten leicht die Wurzeln der noch zarten Pflanzen aufgedeckt und verletzt werden, oder unerwartet eintretende Kälte konnte die frischbehackte Saat schädigen (Col. II 12). Jedenfalls sollte das Behacken mit großer Vorsicht ausgeführt und auf die aus Klima und Bodenbeschaffenheit gezogene Erfahrung Rücksicht genommen werden. In sehr fruchtbaren Ländern, wie in Afrika und Ägypten, brauchte sich der Landwirt [1345] von der Aussaat bis zur Ernte nicht um die Entwicklung der Saat zu kümmern, in weniger begünstigten dagegen konnte durch vorsichtiges, zeitgemäßes Behacken das Wachstum des G. gefördert werden (Col. II 12. Plin. XVIII 186). Auf trockenen sonnigen Feldern hackte man an hellen, frostfreien Tagen im Januar und bei Beginn des Frühlings (Plin. XVIII 65); in kalten sumpfigen Gegenden erst gegen Ende des Winters (Col. II 12), keinesfalls früher, als bis Weizen und Dinkel das vierte, Gerste das fünfte Blatt angesetzt hatten (Plin. XVIII 241). Ein Arbeiter ist ausreichend zur Behackung von einem Morgen Landes (Plin. XVIII 184; vgl. Matth. XIII 28. 29).

Gründliches Ausroden des Unkrautes war für das Gedeihen des G. von größter Wichtigkeit (Plin. XVIII 157). Schon vor der Bestellung wurde dem Umsichgreifen des Unkrautes durch Abbrennen der mit Gras bewachsenen Stoppelfelder gewehrt. Das Unkraut wurde mit der Hand ausgerupft, mit dem Jätemesser (runco) entfernt, mit der Sichel abgeschnitten oder mit der Jäthacke (σκαλίς, sarculum, Col. II 11), die in ein- und zweizinkiger, leichter oder schwererer Form gebraucht wurde, herausgehackt. Niemals durfte gejätet werden, wenn die Saat in Blüte stand (Col. II 12). Die gefürchtetsten Unkräuter waren: wildwachsender Hafer, miliaria Hirsenwürger, cicuta Schierling, carduus Distel, papaver rhoeas Klatschrose, ebulus Attich, tribulus Felddorn, filix Farrenkraut, ulva Schilf, iuncus Binsenkraut, carex Riedgras und lolium Lolch, der, wie Theophrast (h. pl. VIII 3) sagt, möglicherweise aus entartetem Weizen und Gerste entstehe, jedenfalls wie der pontische melampyros sich vorzugsweise unter dem Weizen finde, während aegilops die Gerste schädige (Cato 37. Col. II 12. Plin. XVIII 155. Verg. Georg. I 84. Pall. IV 9, 43).

Wo kahlgewordene Stellen sich im G. zeigten, war zuweilen eine salzhaltige Feuchtigkeit im Boden, die durch Abzugsgräben entfernt oder durch untergepflügten Taubenmist, der mit Zypressenblättern vermengt war, gemindert werden konnte (Col. II 9).

Auch durch Tiere konnte der Saat schwerer Schaden erwachsen. Mit Waffen versehene Flurhirten, die von kräftigen Hunden unterstützt wurden, hatten die Aufgabe, das in Rudeln in die wohlbestellten Felder einbrechende Schwarz- und Rotwild zu verscheuchen, oder es in Gruben und Schlingen zu fangen. Eine furchtbare Landplage bildeten oft die massenhaft auftretenden Kaninchen und Mäuse, zu deren Vertreibung man gezähmte Wiesel und Katzen hielt, Fallen stellte, Feuer in die Gräben legte und mannigfache Sympathiemittel anwandte (Strab. XIII 1. Diod. III 291). Von den Vögeln waren außer Staren und Sperlingen die grauen Saatgänse, Kraniche und Tauben gefürchtet. Wofern sie nicht durch Klappern, Schreien und schreckenerregende Puppen vertrieben werden konnten, wurden sie mit Netzen und Leimruten gefangen. Um den Acker vor ihnen zu bewahren, wurden den Göttern an den Ambarvalien Ährenkränze gespendet und ihre Hilfe angerufen (Tibull. I 5, 27. II 1, 189). Weit schlimmer als die Vögel waren die Heuschrecken, welche in Italien im Altertume sich massenhaft zeigten. Wo ihre Schwärme sich [1346] niederließen, wurden die Felder vollständig vernichtet. Weniger gefahrbringend, aber doch schädigend konnte eine Käferart cantharis, erucae Raupen, limaces Schnecken, formicae Ameisen und pulices Erdflöhe werden. Den Weizen zerstörten Würmer (vermiculi), die teils sich in der Wurzel erzeugten und sie verzehrten, teils späterhin entstanden, den Halm vernichteten. Diese Würmer fressen sich bis in die Ähre durch und sterben, wenn sie sie ausgeleert haben (Theophr. h. pl. VIII 10, 4. Plin. XVIII 151). Wenn sie sich ganz herausfressen, so muß der Weizen zugrunde gehen; schädigen sie aber nur einen Teil des Halmes, so wird die Ähre trocken, das übrige aber bleibt gesund. In Thessalien, in Libyen und auf Euboia soll der Weizen oft unter dieser Würmerplage gelitten haben (Theophr. VIII 10, 4).

Zu den drohendsten Feinden der Saat aber gehörten die Krankheiten des G., die umso gefürchteter waren, als man gegen sie nur in den seltensten Fällen ein abwehrendes Mittel gefunden hatte (Plin. XVIII 157. Pall. I 35, 3). Der Rost (ἐρυσίβη, robigo), auch Brand (μίλτος, ureda) und Karbunkel (carbunculus) genannt, je nachdem man sein Erscheinen auf Hitze oder Kälte zurückführte, äußert sich in dem Erscheinen rostroter oder rostgelber rundlicher oder länglicher Flecken auf Blättern und Halmen des G. Bei starkem Auftreten der Krankheit wurden Körner und Stroh zum Gebrauche untauglich: (Plin. XVIII 279). Ihre Ursachen glaubte man in kalter Witterung, in starker Sonnenhitze, die die Tautropfen verbrannte (Plin. XVIII 275), in unzeitig (während Nässe) unternommenen Kulturarbeiten, vor allem aber in dem Einfluß des Mondes zu sehen. Bei Vollmond und bei Neumond über Nacht befiel der Rost die Saat (Theophr. VIII 10, 2). Während er auf luftigen, von Winden bestrichenen Feldern nur äußerst selten auftrat, war er am häufigsten in taureichen Gegenden und engen Tälern (Theophr. VIII 10, 2) und umso gefürchteter, als er nicht wie Hagel und Sturm strichweise auftrat, sondern sich zu Zeiten über weite Landstrecken verbreitete (Ovid. fast. IV 907. Hor. od. III 23, 6). Weizen und Gerste, ganz besonders die achilleische Gerste, wurden am meisten vom Roste befallen (Theophr. VIII 10, 2). Haufen von Spreu und Kehricht an mehreren Stellen des Feldes in Brand gesteckt, auf die Äcker gestreute Lorbeerzweige u. a. sollte das Erscheinen des Rostes verhindern (Plin. XVIII 161. 293). Vor allem suchte man Hilfe bei der Gottheit. Dem Gott des Rostes Robigus (auch weiblich unter dem Namen Robigo gedacht, der Ἐρυσίβιος (= ἐρυσίβιος) Ἀπόλλων der Rhodier und die Ἐρυθιβίη Δημήτηρ der Gorgonier) zu Ehren hatte angeblich bereits Numa im elften Jahre seiner Regierung die Robigalien (das Kornbrandfest) eingesetzt, welche zu des Plinius' Zeit am 24. April, einer Zeit, in welcher der Rost gewöhnlich die Saaten befiel, gefeiert wurden. Varro setzte diesen Tag in die Periode, wo die Sonne in den 10. Grad des Stieres tritt (Varro I 1. Plin. XVIII 287). Der Flamen des Quirinus brachte ein rotes Hündchen oder die Eingeweide und das Blut einer säugenden Hündin der gefürchteten Gottheit zum Opfer dar (Col. X 340).

Die Arbeitsleistung des Landmannes von der Aussaat bis zur Ernte berechnet Columella (II 13) [1347] folgendermaßen: 4 oder 5 Modien Weizen Aussaat erfordern zum Pflügen 4 Tage, zum Eggen 1 Tag, für die erste Behackung 2 Tage, für die zweite 1 Tag, zum Jäten 1, zum Schneiden 11/2 Tag = 101/2 Tage. Dasselbe Maß Gerste erfordert 3 Tage zum Pflügen, 1 zum Eggen, 11/2 zum Behacken, 1 zum Schneiden = 61/2 Tage.

Getreideschnitt.

Die geeignetste Zeit zum Schneiden des G. ist diejenige, in der die Körner sich bereits gefärbt haben, aber noch hart sind (Plin. XVIII 298). Die Reifezeit des G. war von dem Klima abhängig. Besonders günstig lagen die Verhältnisse in Ägypten, wo die Gerste sechs, der Weizen sieben Monate nach der Aussaat geschnitten werden konnte. In Griechenland wurde die Gerste im siebenten, in den meisten Gegenden aber erst im achten Monat reif, in Italien im neunten (Plin. XVIII 60). Mildes Klima und fruchtbarer Boden ließen auch auf Sizilien, auf einzelnen Inseln des Aegäischen Meeres, sowie in den am Meer gelegenen Landstrichen Griechenlands neben guten Ernten frühzeitige Reife eintreten (Theophr. VIII 2, 9). Nicht selten zeigten sich auch auffallende Verschiedenheiten bei Gegenden, die nicht allzuweit voneinander lagen; so reifte z. B. auf Salamis alles früher als in dem gegenüberliegenden Attika (Theophr. VIII 2, 9). Der Landmann sollte prüfen, ob der geeignete Zeitpunkt zum Schneiden gekommen war, und der Regel folgen, lieber zu früh als zu spät zu ernten, denn allzu reifes G. fällt leicht aus den Ähren und kommt um, während weniger reifes auf der Tenne noch nachreifen und austrocknen kann (Col. II 21. Plin. XVIII 298). Besonders die Gerste sollte frühzeitig geschnitten werden, da ihr Halm leicht bricht und das Korn der dünnen Hülle wegen zum Ausfallen neigt (Plin. XVIII 80).

In Ägypten wurde nicht die ganze Ernte auf einmal eingebracht, sondern zuerst nur so viel, als zu den Erstlingsopfern nötig war. Im sechsten Monat brachte man für sakrale Zwecke frisches Mehl aus den Gegenden jenseits von Memphis (Theophr. VIII 2, 7).

Auch in Griechenland verbanden sich Dankopfer an die Gottheit mit dem Einbringen der ersten Feldfrüchte. So wurden der Demeter die Erstlinge der Feldfrüchte dargebracht (Dion. Hal. II 74), an den Altären der Artemis Ährenkränze niedergelegt und G. geopfert (Xen. anab. V 3. 9), der Göttermutter und der Gaia Weizen und Gerste gespendet (Athen. IX 52 p. 476 bei Stengel Die griech. Kultusaltert. 70). Nach Catos Vorschrift sollte, ehe Dinkel, Weizen und Gerste geerntet wurden, eine Andacht zu Ehren des Ianus, des Iuppiter und der Iuno verrichtet werden, mit einer Spende von Weihrauch, Opferkuchen und Wein. Alsdann sollte der Ceres ein Opferschwein weiblichen Geschlechts geschlachtet werden (Cato 134). Die Zeit des Erntens ist der Sommer (Varro I 27), sie beginnt mit dem Gerstenschnitt im Juni und zieht sich bis zum Einbringen der Hirse, die zuweilen in den Anfang Oktober fällt, hin (Plin. XVIII 80). In Ägypten, Karthago und Spanien fiel der Gerstenschnitt bereits in den April, so daß Ende Mai die Ernte vollendet war (Plin. XVIII 80).

Zur Kornernte wurden außer den Sklaven Taglöhner [1348] herangezogen (Varro I 17), da das Schneiden und Dreschen der Feldfrüchte zu den mühevollsten Arbeiten des Landmannes gehörte. Bevor der römische Schnitter die Sichel an die Ähre legte, feierte er, das Haupt mit Eichenlaub bekränzt, unter Reigentanz und Gesang die segenspendenden Göttinnen Ceres und Diana, ,welche die Scheunen des Ackersmannes mit dem Segen des Feldes füllt‘ (Catull). Im Morgengrauen zogen die Schnitter unter Führung des Verwalters auf das Feld und die emsigste Arbeit begann, bis die glühenden Strahlen der immer höher steigenden Sonne Einhalt geboten. In der Mittagszeit wurde unter einem Zeltdache oder an einem schattigen Platze geruht. Die Speiserationen des Gesindes wurden zur Erntezeit vergrößert; durch Wein, Feigen und würzende Zukost wurde die Nahrung verbessert. Mit sinkender Sonne begann die Arbeit von neuem und endete erst mit einbrechender Dunkelheit.

Die Arten des Schneidens waren verschieden. Die ursprünglichste Methode, das G. mit den Händen auszuraufen, wurde in manchen Gegenden insofern für die beste gehalten, als sie das Pflügen ersetzen sollte. Vielfach wurden die Halme dicht über der Erde abgeschnitten (z. B. in Umbrien) und in Bündel zusammengelegt. War ein beträchtlicher Teil geschnitten, so wurden die Ähren von den Halmen getrennt und in großen Körben gesammelt, während das Stroh vorerst auf dem Felde verblieb. In Picenum schnitt man nur die Ähren oben ab und ließ die Halme stehen, bis man das Stroh brauchte, ein Verfahren, welches nach Columella (II 21) nur bei dünner Saat möglich, sonst sehr schwer auszuführen ist. In der Gegend um Rom war es Brauch, den Halm in der Mitte zu durchschneiden, so daß die Hälfte des Strohs an der Ähre blieb, mit ihr in die Körbe gelegt, auf der Tenne ausgebreitet und erst nach dem Dreschen beim Reinigen entfernt wurde (Varro I 50. Col. II 21), oder auch, daß die Ähre vermittels zweier Gabeln (mergites) von dem in der Mitte durchschnittenen Halm entfernt wurde (Plin. XVIII 296). Auf den großen Gütern Galliens wurden Wannen (valli), welche am Rand mit scharfen Zähnen versehen waren, und auf zwei Rädern standen, von ein Paar hinten angespannten Ochsen durch das G.-Feld geschoben, wobei die abgerissenen Ähren in die Wanne fielen (Plin. XVIII 296). Maßgebend für die verschiedenen Methoden war die Nutzung des Strohes. In Ländern, wo Strohbedachung der Häuser möglichst langes Material wünschenswert machte, schnitt man nahe an der Wurzel den Halm ab, da wo das Stroh nur zur Streu des Viehes diente, genügten kurze Halme. Gerstenstroh wurde kleingeschnitten und mit Salzwasser vermengt als Rindviehfutter benützt, Hirsestroh meistens auf dem Acker verbrannt (Plin. XVIII 300), da es als gutes Dungmittel galt.

Zum G.-Schnitt bediente man sich der Sichel, während die Sense (falx foenaria, veruculata) mit langem geradem Stiel und wenig gekrümmtem, schwertartigem Messer zum Grasmähen gebraucht wurde (Cato 10. Col. II 21, 3. Pall. I 34, 1). Die Sichel hatte verschiedene Form: falx stramentaria oder messoria bestand aus einem stark halbmondförmig gekrümmten Messer an kurzem [1349] Handgriff (Cato 10. Pall. I 43); falx denticulata war eine gezähnte Sichel mit kurzem, mäßig gekrümmtem Stiel, deren Messer nach innen gebogen und wie eine Säge mit Zähnen versehen waren. Diese Form war in Ägypten, Griechenland und Italien, hier besonders in Picenum, wo nur die Ähren abgeschnitten wurden, im Gebrauch. Der Schnitter faßte mit der linken Hand ein Bündel Halme und führte mit der Rechten die Sichel (Col. II 21. Varro I 2). Außerdem gab es eine Art Kamm (pecten), ein eisernes Instrument mit Zähnen, dessen man sich ebenfalls nur zum Abschneiden der Ähren bediente, wenn man das Stroh stehen lassen wollte. Hierher gehört auch merga, deren Zweck nicht ganz klar ist, entweder diente sie ebenfalls zum Schneiden oder nur zum Zusammenraffen des G. Plaut. Poen. V 2, 58 und Pall. II 21, 3 sind der ersteren Ansicht. Festus meint, es sei eine Heugabel gewesen. Plinius (XVIII 296) gibt an, daß man ihrer zwei auf einmal gebrauchte (duae mergites = mergae).

Die in große Körbe aus Rindengeflecht geworfenen Ähren wurden auf die Tenne (ἅλως, ἅλων, ἀλωά, ἀλωή, area) gebracht, welche sich in der Nähe der G.-Felder befinden sollte. Die Form derselben war nach Varro (I 51) meistens rund und in der Mitte etwas erhöht, damit Regenwasser schnell abfließen konnte. Der Boden mußte gefestigt sein, so daß einerseits die Körner nicht eindringen, andererseits Mäuse, Ameisen und Würmer nicht an die Saat kommen konnten (Cato 129. Varro I 51. Col. II 20). Entweder wurde hierzu der Boden zuerst gelockert, hierauf mit Ölhefe begossen und dann wieder festgestampft oder gewalzt (Cato 129), ein Verfahren, welches auch Columella (II 20) angibt, oder sie wurde nur gestampft und mit magerem Kuhmiste, der den Staub binden sollte, bestrichen (Plin. XVIII 295). Lehm, Ton oder Spreu unter den Ölsatz gemischt, sollte ebenfalls Festigkeit verleihen (Varro I 51. Col. II 20) und verhindern, daß sich im Sommer Risse bilden. Es gab auch Tennen, deren Boden mit einem festen Estrich belegt oder durch Steine gepflastert war (Varro I 51). In regenreichen Gegenden sollte die Tenne überdacht sein, in sehr heißen sollte ein Schattendach in ihrer Nähe sein, worunter die Arbeiter in der Mittagszeit Schutz suchen konnten (Varro I 51). Auch ein nahegelegenes Bohnenfeld konnte zur Dreschtenne umgewandelt werden: die Bohnen wurden gemäht und durch Lastvieh ausgetreten. Hierdurch wurde der Boden genügend festgestampft, um zum Ausdreschen des G. zu dienen (Col. II 20). Häufig stand neben der Tenne ein Schuppen, worin man bei Regenwetter das halbausgedroschene Korn bergen konnte (Col. I 6).

Das Dreschen.

Die einfachste Art, das Korn aus den Ähren zu gewinnen, war das Ausschlagen derselben mit Stangen (perticae) oder Stöcken (fustes) (Varro de l. l. I 21; r. r. I 52. Col. II 20). Vielfach üblich war es, Pferde und Ochsen mit Stecken auf der Tenne umherzujagen, bis ihre Hufe alle Körner aus den Ähren getreten hatten (Varro I 52. Col. II 21). Aus dem Orient wurde in hellenistischer Zeit der Dreschwagen (tribulum, tribula, τὰ τρίβολα) eingeführt. Er bestand aus einer mit scharfen Steinen oder eisernen Zähnen dicht besetzten Holzplatte, welche von [1350] einem Tier über die auf der Tenne liegenden Ähren gezogen wurde. Der Lenker stellte ein schweres Gewicht oder sich selbst oben darauf, um das Gerät durch die Last zu beschweren und niederzudrücken (Varro I 52. Col. II 21. Verg. Georg. I 164. Plin. XVIII 298). Hinterher wurde dann noch die traha, trahea, eine Art Schlitten, über das G. geschleift, um etwa zurückgebliebene Körner noch aus den Ähren zu drücken (Col. II 21. Verg. Georg. I 164). Der in einigen Gegenden verwandte punische Wagen, plaustellum Punicum, ein auf gezahnten Walzen ruhender Kasten, wurde wie das tribulum gebraucht (Näheres s. Olck Art. Dreschen o. Bd. V S. 1700).

Das Reinigen des Getreides.

Das Reinigen des Getreides mußte sehr sorgfältig gehandhabt werden, besonders da, wo die Körner mehrere Jahre aufbewahrt werden sollten, denn je reiner das Korn ist, desto besser hält es sich und desto weniger wird es vom Kornwurm angegriffen (Col. II 21). Wo das Stroh an den Ähren geblieben war, wurden zuerst vermittelst der Schwinggabel (ventilabrum), einer großen drei- oder vierzinkigen Gabel, Stroh und Ähren aus den Körnerhaufen entfernt (Col. II 9). Ging ein leichter Westwind über die Tenne, so nahm der Arbeiter die hölzerne Worfschaufel (pala lignea, πτύον) und warf damit das G. gegen den Wind. Spreu und Schmutz flogen in die Luft und die dicksten, schwersten Körner fielen zuerst auf die Tenne nieder (Cato 11. Varro I 52. Col. II 9. 21; vgl. Matth. III 12: ,er hat seine Worfschaufel in seiner Hand; er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln, aber die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer‘). Bei Windstille wurde ein großer flacher Korb (vannus) gebraucht, welcher an zwei Seitengriffen gehalten, in kurzen Stößen solange in die Höhe geschüttelt wurde, bis keine Spreu mehr abflog (Col. II 21. Serv. zu Verg. Georg. I 166). Schon auf der Tenne wurden die besten dicksten, rötlich aussehenden Körner zum Saatkorn ausgesondert, zweimal gereinigt und auf den Fruchtboden gebracht, wo sie bis zur Aussaat liegen blieben. War sehr kleiner Kornvorrat vorhanden, so suchte man wohl die größten Ähren einzeln aus und ließ sie für sich allein ausschlagen, um ein besonders treffliches Saatkorn zu gewinnen (Col. II 9. 21). Die verschiedenen Weizen- und Gerstenarten können nach der Reinigung sofort ausgesät oder zum Gebrauche gemahlen werden, da sich ihre Hülsen völlig losgelöst und als Spreu abgesondert haben. Die Dinkelarten und die Hirse dagegen, die fest in den Hülsen sitzen, können ohne vorherige Dörrung (wodurch sich die Hülse löst) nicht zu Speise verwandt werden. Zur Aussaat nimmt man sie dagegen ungedörrt mit den Hülsen (Plin. XVIII 61).

Die Spreu (palea) aller G.-Arten wurde als Viehfutter benützt, die vom Weizen galt als die schlechteste (Plin. XVIII 299). In Ermangelung von Spreu konnte Stroh feingeschnitten, einige Zeit in Salzwasser eingeweicht und dem Rindvieh an Stelle des Heus gereicht werden. Nach vollendeter Ernte wurde eine Nachlese-Ährenlese (Varro I 53) auf dem Felde gehalten, oder es wurden, wo dies nicht lohnte, die Schafe zum Abweiden der Stoppeln auf den Acker getrieben, damit derselbe gleichzeitig für das nächste Jahr gedüngt wurde (Varro I 53. II 2. Verg. Georg. III 325). [1351]

Aufbewahrung.

War das Getreide genügend gereinigt, so wurden die Haufen gemessen (Hes. 600). Man ließ sie 1–2 Tage zum Abkühlen und Trocknen auf der windbestrichenen Tenne liegen und brachte sie alsdann möglichst vor Sonnenaufgang an den Aufbewahrungsort (Col. II 21. Geop. II 19). In kleinen Verhältnissen befand sich dieser auf dem Boden des Hauses (Xen. IX 3), doch glaubte man, daß sich Korn dicht unter dem Ziegeldache leicht erhitze und daher von seiner Haltbarkeit einbüße (Plin. XVIII 307). Für größere Betriebe waren besondere Anlagen erforderlich, eigentliche Kornspeicher, Fruchtböden (Varro I 57. Col. II 21. Plin. XVIII 12). Auf der trockensten Stelle des Hofraumes oder an einem hochgelegenen Platze im Felde sollte in der Richtung nach Norden oder Osten das horreum, granarium erbaut werden, mit hoher gewölbter Decke und festgestampftem Fußboden, dessen Herstellung das Hereinkriechen jeglichen Ungeziefers unmöglich machen sollte (s. Art. Granarium. Col. I 6. Varro I 57). Jede Getreideart lagerte dort abgesondert in durch Lehmscheidewände gebildeten Abteilungen (Col. I 6). Kalk als dem Getreide schädlich, sollte beim Bau nicht angewendet werden; etwaige Fensteröffnungen wurden nach Norden angebracht (Plin. XVIII 301). In feuchten Gegenden fanden sich vielfach hölzerne Speicher, die auf Säulen oder Pfeilern ruhten, so daß die Luft von allen Seiten, auch von unten her, durch den Fußboden eindringen konnte (pensilia, Varro I 57. Plin. XVIII 302), was zwar die Körner leichter an Gewicht machen, für ihre Haltbarkeit aber von Nutzen sein sollte. Eine dritte, nach Plinius die beste Art der Aufbewahrung, war die in Gruben (scrobes, speluncae), oder brunnenartigen Schachten (putei), deren Boden mit Spreu ausgelegt wurde, um die Feuchtigkeit der Erde vom Getreide abzuhalten. Durch den Ausschluß von Licht und Luft wurde, besonders wenn unausgedroschene Ähren dort aufbewahrt lagerten, jahrzehntelang Haltbarkeit erzielt (Col. I 6. Varro I 57. Plin. XVIII 306). Diese siri (σειροί) fanden sich u. a. in Thrakien, Kappadokien, Spanien, Karthago und Britannien (Varro I 57. Plin. XVIII 306). Ferner werden noch erwähnt Aufbewahrungsräume mit drei Fuß dicken Mauern aus Ziegelsteinen, völlig ohne Lucken, welche von oben gefüllt werden sollten. Wie die Bedachung oder der Verschluß war, ist aus Plinius (XVIII 301) nicht zu ersehen. C. Sempronius Gracchus soll zuerst die Anregung gegeben haben zum Bau großer öffentlicher Kornmagazine (horrea publica), in denen gewaltige G.-Vorräte seitens der Regierung aufbewahrt wurden, um sie bei Mißernten zu billigen Preisen an die Armen zu verkaufen (Vell. Paterc. II 6, 3. Plut. Gracch. 5, bei Rich Illustr. Wörterbuch, deutsch von C. Müller 1862). In Griechenland wurde das G. auch in Fässern (Hes. 600), in Italien in großen Kästen (cumerae, Hor. ep. I 7, 35) aufbewahrt, welche nach dem Scholiasten (zu Hor. sat. I 1, 53) entweder aus Ton oder aus Weidengeflecht tonnenartig geformt waren und 5–6 Modien G., den Monatsbedarf eines Mannes, faßten. Wahrscheinlich handelte es sich bei dieser Aufbewahrungsart um kleinere Mengen, [1352] die man dem Kornspeicher für den Hausbedarf entnommen hatte.

Von den G.-Arten halten sich am besten Gerste und Hirse, die zarte Hülsen haben und denen die Würmer nicht so leicht gefährlich werden wie dem Weizen, der am meisten vom Kornwurm angegangen wird. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln kann dieser gefürchtete Feind ganze Weizenhaufen vernichten (Cato 92). Lüften und Umschütten der angegriffenen Haufen, wobei Gefäße mit Wasser aufgestellt wurden, in welchen die Würmer ertrinken sollten (Varro I 63), war nicht anzuraten, da der Wurm sich nicht vertreiben läßt, sondern sich durch die Bewegung mit dem ganzen Weizen vermischt, während er, in Ruhe gelassen, nur vier Finger breit eindringt (Plin. XVIII 302). Diese obere Schicht konnte vorsichtig abgenommen und als Viehfutter noch verwendet werden (Col. I 6).

Zum Schutze gegen Mäuse und Kornwürmer wurde der Weizen mit Ölhefe (man rechnete etwa ein Quadrantel auf 1000 Modien Frucht), mit chalkidischer und karischer Kreide und mit Wermut besprengt (Varro I 57), oder es wurden getrocknete Wermutzweige in die Kornhaufen gesteckt (Geop. II 21). Asche von Eichenholz, trockener Mist und getrocknete Blätter von Hauswurz sollten Ameisen vertreiben, die Kräuter conyza (κονύζα) und thymus (θυμός) Haltbarkeit, guten Geschmack und unvermindertes Gewicht des G. sichern (Pall. I 19. Geop. II 21).

Über Verwertung der Körner s. die einzelnen G.-Arten.

Literatur: Forchhammer Landw. Mitteil. a. d. klass. Altert., Kiel 1856. H. O. Lenz Botanik d. alt. Gr. u. R., Gotha 1859. Magerstedt D. Feld-, Garten- u. Wiesenbau d. Römer, Sondersh. 1862. Anth. Rich Illustr. Wörterbuch d. röm. Altert. Deutsch v. Müller, Paris und Leipzig 1862. A. de Candolle D. Ursprung der Kulturpflanzen, übers. v. Goeze, Leipzig 1884. H. Nissen Ital. Landeskunde I, Berlin 1883. Beheim-Schwarzbach Beitr. z. Kenntn. d. Ackerb. d. Röm., Cassel 1866. M. Voigt Röm. Privataltert. u. Kulturgesch. in J. Müllers Handb. IV 2, Nördlingen 1887. Stengel D. griech. Kultusaltert. in J. Müllers Handb. IV 3, Nördlingen 1890. Olck Ackerbau, o. Bd. I S. 267. F. Orth D. Feldbau d. Römer. Programmabh., Frankfurt a. M. 1900.

[Orth. ]