Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ackergerät
Band V,2 (1905) S. 19831986
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Egge. Daß ein unserer E. ähnliches Werkzeug zum Ebnen des aufgepflügten Erdreichs schon zur Zeit des vorhistorischen Ackerbaus der europäischen Indogermanen in Gebrauch gewesen sei, schliesst O. Schrader (Reallex. d. indog. Altertumsk. 1901, 153) aus der sprachlichen Übereinstimmung des lateinischen occare mit einigen nordeuropäischen Wörtern für E. Auch lateinisch irpex vergleicht er mit einigen germanischen Ausdrücken für E., wobei er annimmt, daß das lateinische Wort wegen seines p als oskisch-samnitisches Lehnwort anzusehen sei. Die Arbeit des Eggens bei den Griechen und Römern unterschied sich in mancher Hinsicht nicht unwesentlich von dem, was wir mit dem Worte Eggen bezeichnen. Da der Same der Feldfrüchte in der Regel in Reihen (Kämmen) und zwar von den Griechen mittels eines Karstes und von den Römern mittels des Pfluges (mit Streichbrettern versehenen Häufelpfluges) mit der Erde bedeckt wurde (s. Bd. I S. 269. 49ff. 281. 49ff.), so kam zunächst für diesen Fall die E. nicht in Anwendung. Das lateinische occare, übrigens geglichen mit βωλοκοπεῖν (Corp. gloss. lat. II 137, 39. 260, 51. III 261, 10. 458, 26 u. s. w.), βωλοστροφεῖν (ebd. II 260, 57; vgl. auch Geop. II 23, 14) und σκαφετός (Corp. gloss. lat. II 432, 42), bezeichnete vielmehr genau genommen und ursprünglich nur ein Zerkleinern der, besonders vom Pfluge übrig gelassenen, Schollen (Varro r. r. I 29, 2. 31, 1 und bei Non. 61, 24. Fest. p. 181, 24. Col. II 10, 6. Isid. XVII 2, 4; vgl. Varr. I 32, 2. Col. XI 2, 60), d. h. ein Eggen mit irgend einer Art von Hacke. Das Wort ist auch wie das deutsche ‚Eggen‘ aus der indogermanischen Wurzel ṑç = scharf sein hervorgegangen und hängt mit ὀξύς und altindisch ácris = Ecke oder scharfe Kante zusammen (W. Prellwitz Etym. Wörterb. d. gr. Spr. s. ὄκρις, ὀξίνα und ὀξύς, etwas abweichend D. Laurent et G. Hartmann Vocabul. étymol. de la langue gr. et de la langue lat., 1900. 222f.). Auch das Kompositum deoccare hat keine andere Bedeutung (Plin. XVIII 137, vgl. Col. II 12, 3). Freilich wird occare, da naturgemäß das Zerkleinern der Schollen mit einer Behäufelung der Saat verbunden war, auch mit occaecare, verdecken, erklärt (Cic. sen. 51 und und bei Fest. a. a. O. Septimius Ser. bei Non. 61. 24. Isid. a. a. O. Corp. gloss. lat. V 654, 42; vgl. Pall. VI 4. 1). Doch handelte es sich dabei nur um eine schon vom Pfluge bewirkte und noch zu vervollständigende Behäufelung (Col. II 10, 5. Pall. XII 1, 1). Fälschlich behauptet daher Schneider (Scr. rei rust. I 2 p. 327, vgl. 323ff.), daß das Zerschlagen der Schollen und Behäufeln, die occatio, auf feuchtem, compactem und fettem, das Eineggen der Saat mit der E., die cratitio (vgl. Cratis Bd. IV S. 1634, 60ff.), auf einem trockenen und leichten Boden stattgefunden habe. Dies geht weder aus Col. II 4, 11 hervor, wo nur gesagt ist, daß ausnahmsweise [1984] auf dürftigem und saftlosem Hügellande die Saat nicht in dem Kamm, sondern unter der Furche (etwa durch Eintreten mit dem Fuße oder in darin gemachten Löchern) untergebracht werden solle, noch aus Plin. XVIII 180, wonach gerade die occatio statt mit dem Häufelpfluge auch mit der cratis zum Zweck der Unterbringung des Samens ausgeführt worden sein soll.

Die älteren Römer hielten angeblich einen Acker für schlecht gepflügt, wenn er nach der Saat noch geeggt werden mußte (occandus, Col. II 4, 2; vgl. Plin. XVIII 179). Vielmehr aber sagt Varro (I 29, 2), daß einige, welche weniger ausgedehnte Saatfelder wie z. B. auf den apulischen u. dgl. Gütern hätten, nach der dritten Pflugfurche, durch die der Same mit dem Häufelpfluge untergebracht werde, wenn auf den Kämmen noch Schollen zurückgeblieben wären, durch Hacker eggen zu lassen (per sartores occare; vgl. Bd. I S. 281, 67) pflegten. Andrerseits mag es, da diese occatio z. B. von Cato nicht erwähnt wird, von Plautus (Capt. 663; vgl. Merc. 71) eine Übertreibung sein, wenn er sagt, daß man stets egge, bevor man hacke (semper occant prius quam sariunt). Immerhin aber wird sie nicht bloß von den Agrarschriftstellern an allen Stellen, wo sie hingehört (einmal inoccare genannt bei Col. II 8, 4), sondern auch von andern (z. B. Hor. ep. II 2, 161. Pers. 6, 26) als eine bei der Bestellung der Feldfrüchte ganz gewöhnliche Arbeit erwähnt.

Daß man sich bei dieser occatio keiner Zugochsen bediente, ist klar (vgl. bes. Col. II 12. Isid. XVII 2, 4); sie wurde eben von Menschenhand ausgeführt (Verg. Georg. I 105). Als das dazu gebrauchte Werkzeug wird einmal der ligo (Isid. ebd.), eine schwere Hacke mit langem Stiel und wohl einer in zwei Zinken auslaufenden Schneide, welche auch sonst als Werkzeug zum Zerkleinern der Schollen vorkommt (Hor. c. III 6. 38. Col. X 89), und ein anderesmal der bidens (Corp. gloss. lat. II 432, 42) genannt. Doch wird es wohl oft, wie aus dem Folgenden hervorgeht, der raster oder das rastrum, eine schwere mehrzinkige Hacke, gewesen sein. Wir finden daher raster mit ligo (Corp. gloss. lat. IV 560, 25), beide aber teils mit σκαπάνη und σκάφη (ebd. III 262, 61) teils wie bidens mit δίκελλα, μακέλη und τζάπιον (ebd. 62) geglichen. Erst spät erscheint das Wort occa. Es wird in den mittelalterlichen Glossarien teils als operimentum (ebd. V 654, 42), also wohl als ein Werkzeug zum Bedecken der Saat, teils als rastrum (ebd. 606, 30) erklärt. Sonderbarerweise aber ist das Wort occa bei Hesychios dem Lemma ὀξίνα zugesetzt und dieses als ein ländliches Werkzeug mit spitzen Nägeln, welches von Rindern gezogen werde, erklärt, so daß uns hier das Wort in der Bedeutung der modernen E. erscheint. Eine solche konnte aber nicht bei der Unterbringung oder Behäufelung der Kammsaat verwandt werden, so daß sie entweder zur Unterbringung breitwürfiger Saat, an welche vielleicht auch beim Unterbringen der Saat durch Rinder in Geop. II 24, 1 zu denken ist, oder einer anderen Art des Eggens verwandt zu sein scheint.

Bei der Bestellung der Luzerne war nämlich die im Februar oder anfangs März gezogene dritte Pflugfurche mit einer occatio verbunden, worauf Ende April die Einsaat mit hölzernen rastri (Col. [1985] II 10, 26f. Pall. III 6. V 1, 1f.) in 10 Fuß breiten und 50 Fuß langen Beeten erfolgte (ebd.); auch wurde nach Plin. XVIII 145 der durch die occatio zerkrümelte Boden noch wiederholt unter Anwendung einer cratis (Bd. IV S. 1684, 64) genannten E. gedüngt. Ja Vergilius (Georg. I 94f.) wollte vor der Saat aller Feldfrüchte die Erdschollen zerschlagen und (nach Servius) mit einer cratis ebnen. So erklärt es sich auch, dass Plinius (XVIII 180) zweien voraufgehenden Pflugfurchen eventuell eine occatio mit der cratis oder dem raster folgen läßt, doch seine Äußerung, daß dieser occatio noch eine zweite folge, entweder, wo dies Sitte sei, mit der cratis oder mit dem Häufelpfluge, um die Saat zu bedecken, und daß man dies lirare (d. h. Kämme bilden; vgl. Bd. I S. 281, 54ff.) nenne, muss auf einer falschen Auffassung von Varro I 29, 2 beruhen. Dieser Irrtum mag dadurch zu erklären sein, daß bei einigen Feldfrüchten die Unterbringung der Saat, wie es scheint, breitwürfig in breiten Beeten mit der E. erfolgte, was heute neben der Drillsaat die gebräuchlichste Methode bei den Feldfrüchten ist. Diese scheint nach dem, was Plinius selbst kurz vorher (ebd. 172f.) berichtet, im keltischen Raetien üblich gewesen zu sein, da man hier das mit einem Räderpfluge aufgerissene Land sofort besäte und eine gezähnte E., cratis, darüber zog, ohne dass nachher ein Gäten erforderlich war. Ebenso behauptet Plinius (ebd. 140) sowohl von dem farrago genannten Mengefutter als auch von dem den Griechen und Römern seiner Zeit sonst unbekannten Roggen, secale, daß sie keine andere Bearbeitung als der occatio bedürften. Aber auch Columella (II 17, 4; vgl. II 10, 33. Pall. II 7) riet, ein zur Wiese bestimmtes und vorher gründlich mit dem Pfluge gereinigtes Land mit einem Gemisch von Futterwicke und Grassamen zu besäen, dann die Schollen mit dem sarculum zu zerschlagen und das Feld mit der cratis zu ebnen. Von der Lupine (Theophr. h. pl. VIII 11, 8. Plin. XVIII 133; vgl. Col. II 10, 2. Pall. X 5) heißt es mit Recht, daß sie keiner Bedeckung bedürfe, weshalb sie allein auf ungepflügtes Land gesät werde. Doch wollte Columella sie auf einem iugerum entweder mit einer Tagesarbeit (des Pfluges) unterbringen und mit einer zweiten eggen, occare (II 12, 4), oder mit anderthalbtägiger Arbeit eineggen, inoccare (XI 2, 82).

Im Weingarten konnte man die zur Gründüngung ausgestreute Lupine inarare (Col. II 15, 5), aber auch inoccare(?) oder occare (ebd. XI 2. 60. Pall. IX 2). Für die Anpflanzung der Reben sollte man das rigolte Land eggen, inoccare, und ebnen (Col. III 15, 1); doch geschah wohl nur das letztere mit der cratis (vgl. ebd. II 17, 4), das occare mit der Hacke. Mit dem umgekehrten bidens (Verg. Georg. II 399) pflegte man im Weingarten wiederholt nach dem Pflügen zu eggen, occare (Cat. 33, 2. Varr. I 31, 1. 32, 2; vgl. Col. arb. 5, 5) und wohl auch mit einer Hacke kurz vor der Weinlese den Boden durch Aufwühlen, welches die Landleute occatio nannten, in Staub aufzurühren (Col. XI 2, 60. Pall. IX 1; vgl. Theophr. h. pl. II 7, 5; c. pl. III 16, 3. Plin. XVII 49. Geop. III 11, 1) und die durch Umgraben um die Rebstöcke gemachten Vertiefungen wieder mit Erde zu füllen, occare (Pall. VI 4, 1). [1986]

Dagegen findet sich einmal cratire (Plin. XVIII 258) für das Eggen, welches samt dem vorhergehenden Pflügen und folgenden Hacken die Unkräuter auf der Wiese vertilgen sollte. Über die Anwendung der cratis beim Düngen und dem Aufeggen der Saat s. d.

Einer schweren E. oder dem Exstirpator zu vergleichen ist der irpex, wovon italienisch erpice und französisch herse, die moderne E., abstammen. Erklärt wird irpex als ein Brett mit mehreren Zinken, dentes, welches wie ein Lastwagen von Rindern gezogen werde (Varro de l. l. V 136) oder als eine Art eisernes rastrum mit mehreren Zinken (Fest. ep. p. 105, 16) zum Entwurzeln der Unkräuter des Ackers, oder hyrpex einfach als cratis (Serv. Georg. I 95) oder hirpices als tribula (Corp. gloss. lat. V 36, 3. 109, 33), also eine Art Dreschwagen, und erpica in einer mittelalterlichen Glosse (ebd. 359, 47) durch altsächsisch egdae. Von den Agrarschriftstellern erwähnt nur Cato (10, 2) den irpex und zwar unter den zur Bewirtschaftung einer Olivenpflanzung gehörigen Geräten hinter den Lastwagen und den Pflügen mit ihrem Zeuge und vor den crates stercorariae.

[Olck. ]