ADB:Zusätze und Berichtigungen (Band 55)
Zusätze und Berichtigungen.
Band I.
S. 115. Z. 17–16 v. u. l.: Der letzte Fürst, welcher Friedrich II. den Eid geleistet, ist A. der erste gewesen, welcher ihn brach.
S. 768. Z. 21 v. u.: Die Mittheilung, daß George (so, nicht Georg) Bähr, Erbauer der Frauenkirche in Dresden, an den Folgen eines unglücklichen Falles vom Gerüste der Kirche gestorben sei, hat die neuere Forschung ebenso widerlegt, wie die erst 100 Jahre (1834) nach seinem Ableben (1738) aufgetauchte und trotz früherer Widerlegung auf unsere Zeit gekommene, anderweit verbreitete Legende, B. habe durch Sprung vom Gerüste Selbstmord verübt. Der Rathsarchivar und Stadtbibliothekar Prof. Dr. Otto Richter in Dresden hat 1896 aus alten Stadtrechnungen, Rathsprotokollen u. s. w. ermittelt, daß B. an einer „langwierigen, lagerhafften Krankheit“ gelitten und acht Tage vor seinem Tode den Abschied als Rathszimmermeister erbeten und erhalten hat; weshalb für ihn keine Veranlassung mehr vorlag, „den Bau der Frauenkirche einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen und die Gerüste zu besteigen, selbst wenn die noch als fortdauernd bezeugte lagerhafte Krankheit ihm dies gestattet hätte.“ Und in vom Stadtrath geführten Kirchennachrichten, die als Ersatz für verbrannte Kirchenbücher dienen, fand Dr. Richter als am 20. März 1738 begraben verzeichnet: „H. George Bähr, E. Hoch Edl. Raths Baumeister, ein Ehem. 72 Jahr, an Steckfl. und Verzehrung, See G. in eigen Hause. – St. Joh.“ Vgl. Richter, Meister George Bährs Tod, Dresdner Geschichtsblätter 1896, Nr. 4.
Band II.
S. 110. Z. 9 v. u.: Der Verfasser der ersten deutschen Augenheilkunde („… Augendienst“ 1583), Georg Bartisch („Burger, Oculist, Schnit- und Wundarzt in der Churfürstlichen Alten Stadt Dreßden“ – Dresden-Neustadt –), stammte nicht aus Osnabrück, sondern aus Königsbrück im Königreiche Sachsen. Sein gedachtes, für den Culturhistoriker noch wichtiges, dem Kurfürsten August zu Sachsen gewidmetes Werk besitzt die königl. öffentl. Bibliothek zu Dresden („Ophtalm. 3“) in dem prachtvoll gebundenen, mit Goldschnitt versehenen Dedicationsexemplar, in dem die Blätter 5–10 – leider! – fehlen.
[889]
Band III.
S. 707. Z. 26 v. u.: Ueber den Jesuiten Franz Callenbach ist neuerdings von Dr. R. Dammert eine Monographie erschienen, welche ihn cultur- und litterarhistorisch behandelt, seine Biographie und Bibliographie bringt (1903); zu beziehen durch Troemer’s Univ.-Buchhandlung, Freiburg i. Br.
S. 793. Z. 20 v. o: Joh. Gottfr. Biedermann wurde geboren am 19. August 1705 zu Plauen im Voigtlande als Sohn des Bürgers und Sattlers Johann Heinrich B. (Acten des Gebrechenamts zu Würzburg aus den Jahren 1736 ff. im Würzburger Kreisarchiv).
Band V.
S. 240. Z. 1 v. o. l.: Plieningen (statt Plöningen).
Band VI.
S. 124. Z. 21 und 25 v. o. l.: Isenberg und Isenbergers (statt Isenburg und Isenburgers).
S. 385. Z. 25 v. o.: Erst 1819 vertauschte Eßlair Stuttgart mit München.
S. 633. Z. 12 v. o. l.: die habsburgischen Brüder (statt Länder).
Band VII.
S. 73. Z. 9 v. u. l.: Weiltingen (statt Eßlingen).
S. 276. Z. 6 v. u. l.: 1773 (statt 1733).
Band VIII.
S. 529. Z. 1 v. u. (zu Zacharias Geizkofler): Vgl. Joh. Müller in den Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Bd. 21.
Band X.
S. 83. Z. 5. v. u.: Hippolitus Guarinonius, der sich gewöhnlich Quarinoni schrieb, ist keineswegs so unbekannt, wie J. Franck annahm. Vgl. jetzt über ihn: Berthold Riehl, Die Kunst an der Brennerstraße (1898), S. 43. In Hall i. T. hat man ihm an seinem Wohnhause eine Mosaikgedenktafel errichtet. Er ist nicht in Prag geboren und erzogen, sondern 1571 in Trient geboren und zu Mailand als Page des Cardinals Karl Borromäus aufgewachsen. Er war Leibarzt der 1607 ins Stift Hall aufgenommenen Erzherzoginnen Christine und Eleonore, Töchter Karl’s von Steiermark. Er starb als Stadtphysicus am 31. Mai 1654. – Sein Hauptlebenswerk ist die Stiftung und der Bau des Klosters Volders, 1 Stunde innabwärts von Hall, dessen Kirche am 2. April 1620 gegründet und am 25. Juli 1654 geweiht wurde. Er soll selbst daran mit gebaut haben. Die hübsche Barockkirche (in gelblichem Putz) ist sehenswerth und fällt von der Eisenbahn auf. Später (1764 f.) ist sie von Martin Knoller ausgemalt worden.
Band XII.
S. 710. Z. 6 v. u.: P. H. D. Frhr. v. Holbach wurde geboren zu Edesheim bei Landau in der Pfalz Anfang December 1723; getauft [890] ward er am 8. December. Sein eigentlicher Familienname war Thierry (Dirre; Dietrich ist Uebersetzung davon). Den Namen Holbach und seinen Adel erhielt er durch Adoption seines Mutterbruders, des Freiherrn Franz Adam v. Holbach, der ihn in Paris erziehen ließ und ihm die Hälfte seines sehr großen Vermögens vermachte. – Pfälzisches Museum 1900, Nr. 4, S. 50 f.
Band XIII.
S. 215. Z. 7 und 4 v. u.: Hoven ist geboren 1759, promovirt 1780.
Band XVI.
S. 493. Z. 3 v. u.: Ueber Kölreuter s. jetzt J. Behrens, Jos. Gottl. K. Ein Karlsruher Botaniker des 18. Jahrhdts. Karlsruhe, Braun, 1894.
S. 622. Z. 16 v. u. l.: 1829 (statt 1828).[WS 1]
Band XVII.
S. 121. Z. 20 v. o.: Ueber dies Verfahren handelt neuerdings auf archivalischer Grundlage: Dr. Benno Bohnenstädt, Das Proceßverfahren gegen den kursächsischen Kanzler Dr. Nicolaus Krell 1591 bis 1601, dargestellt nach den Akten des Dresdener Hauptstaatsarchivs. Inaugural-Dissertation, Halle a. S. 1901.
S. 145. Z. 26 v. o.: Riedlingen war vorderösterreichisch, nicht Reichsstadt.
S. 196. Z. 24 v. o. l.: Vietinghoff.
S. 716. Z. 18 v. u. l.: Bönnigheim (1770–71).
Band XVIII.
S. 691. Z. 7 v. o.: Vgl. „Heinrich Lindenborn, der kölnische Diogenes; sein Leben und seine Werke.“ Von Karl Beckmann. Bonn 1908.
Band XXII.
S. 631. Z. 26 v. o. l.: 1845–49 (statt 1843–49).
Band XXIII.
S. 570. Z. 17 v. u.: Nichthonius war höchst wahrscheinlich bloß der Herausgeber; über den vermuthlichen Verfasser des Schauspiels (Karl Christoph Beyer von Speyer) s. Erich Schmidt, Sitzungsber. d. Berliner Akad. 1902 S. 642 ff.
Band XXIV.
S. 285. Z. 8 v. u.: Ueber den Porträtmaler A. Friedrich Oelenhainz († 1804) ist ein ergänzender Artikel von Leop. Oelenhainz (Architekten beim Stadtbauamt in Nürnberg) erschienen in den Württembergischen Vierteljahrsheften für Geschichte, Jahrg. 1895, Heft 1, S. 103–113.
S. 502. Z. 18 v. o.: Der biographische Artikel über den Kammerherrn Friedrich Wilhelm von der Osten auf Plathe, Begründer der Bibliothek hierselbst, einen meiner directen Vorfahren, enthält so mannichfache Irrthümer, daß er dringend der Berichtigung bedarf. [891] Ich entnehme diese der von F. W. v. d. Osten selbst geschriebenen Familiengeschichte, welche hier auf der Bibliothek vorhanden ist. Er wurde geboren am 23. Februar 1721 zu Stargard in Pommern und starb am 27. Februar 1786 auf Plathe. In Halberstadt war er nie. Seine Eltern sind ganz falsch angegeben. Vater war: Matthias Konrad, geboren 1691, Herr auf Pinnow, Plathe etc., † 1748 zu Berlin. Er war zuletzt Chefpräsident der Churmärkischen Kriegs- und Domainenkammer. Mutter war Clara Sophia, geb. v. Blücher, Tochter des Hofraths Matthias v. Blücher auf Plathe, durch welche der Sohn den Besitz Plathe erhielt. Sie starb gleich nach der Geburt dieses ihres einzigen Kindes 1721. Der Vater vermählte sich zum zweiten Male mit Helene Charlotte v. Eickstedt. Sein eigenes Leben beschreibt F. W. v. d. Osten folgendermaßen: „Er ging 1740 nach der Universität Frankfurt und war schon vorhero 1732 auf der Universität Königsberg ebenfalls immatriculieret; von Frankfurt ging er 1742 nach Leipzig und kam 1744 über Halle nach Hause. Er ward darauf 1745 Kgl. Preuß. Würckl. Cammerherr, allein wegen des Todesfalls seines Vaters quittierte er 1749 den Hoff und begab sich auf die Güter … Er heirathete 1752 Charlotte Henriette, des Matthias Heinrich v. Liebeherr auf Woitsick Tochter.“ Durch die berühmte Liebeherr’sche Sammlung angeregt, begann F. W. v. d. Osten seine theilweise noch vorhandenen Sammlungen zusammenzubringen. Zum Schluß des Aufsatzes ist noch unrichtig angegeben, daß ihn nur ein Sohn überlebte. Seine beiden überlebenden Söhne waren: August Wilhelm Heinrich, welcher ihm in Plathe folgte, geboren 1760, † 1834, und Karl Friedrich August, geboren 1761, † 1807.
Band XXVII.
S. 242. Z. 22 v. o.: Das biographische Material, auf welchem der Artikel Leopold v. Ranke beruht, ist zwei Jahr später (1890) größtentheils in Band LIII/IV seiner Sämmtlichen Werke unter dem Titel „Zur eigenen Lebensgeschichte“ veröffentlicht worden. Mannichfache Ergänzungen sind seitdem hinzugekommen, deren Aufzählung indessen zu weit führen würde, zumal sie eine wesentliche Aenderung an dem Gesammtbild nicht zur Folge haben. Nur zwei Mittheilungen von Dr. Hans Helmolt verdienen eine eingehende Erwähnung. In der Beilage der Münchener Neuesten Nachrichten v. J. 1908, Nr. 47, S. 442 werden „Name und Geburtstag des größten deutschen Geschichtschreibers“ von ihm besprochen. Zunächst bemerkt er, daß die bei den Vorfahren überwiegende unorganische Schreibung des Familiennamens mit ck auch von Leopold selbst in seiner Jugend gebraucht worden ist. So hat dieser noch die Abhandlung „de tragoediae indole et natura“, womit er sich in der üblichen Form von der Landesschule Pforta unterm 2. April 1814 verabschiedete, eigenhändig als „Franciscus Leopoldus Rancke“ abgefaßt und eingereicht. Sodann publicirt Helmolt die schon vordem besprochene Eintragung der Geburt und Taufe ins Kirchenbuch zu Wiehe. Sie lautet:
„Anno 1795. … 41) H[errn] Gottlob Israel Ranke, Churfürstl. Advocat und Kaiserl. Notario Ein Sohn nat[us] 20. December, [892] ren[atus, d. h. getauft] 26. ej[usdem] Franz Leopold. [Pathen:] 1. H[err] M[agister] Johann Heinrich Israel Ranke Past[or] senior aus Ritteburg. 2. H[err] Johann Friedrich Wilhelm Lemicke, Erblehn- und Gerichtsherr aus Weidenthal bei Querfurt. 3. Fr[au] Maria Magdalena Elisabeth Sophie Rothnasin, des H[errn] Bürgermeister Rothnas aus Nebra Fr[au] Eheliebste.“
Nichtsdestoweniger bleibt die Thatsache bestehen, daß nach stetiger Annahme der Seinen Ranke’s Geburtstag der 21. December gewesen ist. Der Widerspruch läßt sich nicht heben; nur so viel läßt sich sagen, daß man dem kaiserlichen Notarius einen Irrthum im Datum der Geburt seines Erstgeborenen gewiß nicht eher zutrauen darf, als dem buchführenden Geistlichen in der Ermüdung nach dem Weihnachtsfest. Allein der mitgetheilte Text ist in anderer Hinsicht lehrreich. Ranke’s Vornamen Franz Leopold – bis 1822 unterschreibt er sich Unvertrauten gegenüber mit dem Doppelnamen – müssen entschieden befremden, da sie uns weder bei den früheren Vorfahren begegnen, noch von einem der Pathen, der beiden Großväter, entlehnt sind. Der bisher unbekannte Umstand, daß der Vater den Titel eines kaiserlichen Notarius führte, legt nun die Vermuthung nahe, daß er in dankbarer Erinnerung an den Verleiher, Kaiser Leopold II., seinem ersten Sohne den Namen Leopold gegeben; den in so lutherischer Umgebung noch auffallenderen Namen Franz mochte er aus Artigkeit gegen den regierenden Kaiser hinzufügen. Ranke’s Vornamen bewahrten somit historisch ein ehrerbietiges Andenken an die letzten Zeiten des untergehenden alten Reichs.
Und nicht so rasch und unbedingt, wie man bisher annehmen mußte, ist er mit dem Kern des werdenden neuen Reichs, dem preußischen Staate, herzlich verwachsen. Hier setzt eine frühere Mittheilung Dr. Hans Helmolt’s ein, die er unter der Ueberschrift „Ein merkwürdiger Brief Leopold Ranke’s“ in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung v. J. 1907, Nr. 106 S. 253/54 gemacht hat. Der dort gedruckte Brief war längst im Cimeliensaal der Münchener Hof- und Staatsbibliothek öffentlich ausgestellt, aber nie beachtet worden. Ranke schrieb ihn am 28. April 1822 als Oberlehrer in Frankfurt a. O. an Friedrich Thiersch in München. Aufs lebhafteste führt er darin Beschwerde gegen eine Maßregel der damaligen Reaction: „Die Unterdrückung der Lehre und der Lehrer ist in preußischen Landen mit dem Edict vom 12. April auf so hohen Punkt gestiegen, daß ein gewissenhafter Mann ihr entfliehen muß.“ Der preußische Staat habe ihn einst von Leipzig nach Frankfurt berufen. „Er bricht aber den Vertrag, den ich mit ihm auf ein früheres Gesetz geschlossen … es ist unerträglich, in einem Staat zu wohnen, der den moralischen Grund, auf dem er ruht, unter seinen Füßen weghebt, und nun erst bestehen zu können meint. Er ist nicht wesentlich mein Vaterland: ich habe keine Verpflichtung gegen ihn.“ Sachsen sei mit seinesgleichen erfüllt, darum bittet er um eine Anstellung in Baiern – „um Deutschlands willen, das in seiner Zerstückelung den einigen Trost gehabt hat, daß wer hier flieht, dort aufgenommen wird.“ Es bleibt danach wahr, daß Ranke – wie Bd. XXVII, S. 245/46 gesagt worden ist – ohne sonderliche Gemüthsbewegung oder irgendwelchen Vorbehalt der sächsischen Erde den Rücken kehrte. Den Proceß seiner Einbürgerung in den deutschen [893] Großstaat aber haben wir uns doch langsamer vorzustellen; vor der Hand hatte sein lebendiges Nationalgefühl einen politisch neutralen Charakter. Erst in Berlin ist er dann zum Preußen geworden.
S. 414. Z. 10 v. o. l.: 19. September (statt November).
S. 502. Z. 26 v. u. l.: 1754 (statt 1756); Z. 15 v. u. l.: Gottlob David Hartmann; Z. 17 v. u. l.: Dorothea (statt Anna).
Band XXVIII.
S. 317. Z. 15 v. u.: Friedrich Zarncke hat (Berichte der philol.-histor. Cl. d. Kgl. Sächs. Gesellsch. d. Wiss. zu Leipzig, Sitzg. v. 8. Dec. 1894) den Helden des Lustspiels „Graf Ehrenfried“ von Christian Reuter (1700) nachgewiesen, auch aus einem Spottgedichte der Gräfin Aurora v. Königsmarck („Der Name pranget an der Stirn“) über Georg Ehrenfried v. Lüttichau auf denselben geschlossen und dessen Geburtsjahr ins Jahr 1667 gesetzt. Aus dem Willkommenregister des königlichen Schlosses Moritzburg ergibt sich zu dem Gesagten Folgendes: Am 1. Januar 1694 war Kurfürst Johann Georg IV. zu Sachsen in fideler Gesellschaft, auch mit seiner „Gräfin von Rochlitz“, dort. Unser Pseudograf trug damals seinen Namen eigenhändig in das erhaltene Zechbuch ein, und der Kurfürst zeichnete daneben einen Ochsenkopf, an dem die Worte stehen:
„So war gestalt an seinen [!] bart und haren
her Litig als er war bey 26 Jaren.“
S. 410. Z. 11 v. u. l.: 987 (statt 887).
- Z. 10 v. u. l.: 986–989 (statt 886–889).
Band XXX.
S. 648. Z. 16 v. u.: Schauroth ist nach den Stuttgarter Kirchenbüchern am 22. October 1720 getauft.
Band XXXIII.
S. 624. Z. 7 v. o. l.: 1641–1643 (statt 1741–1743).
Band XXXIV.
S. 51. Z. 3 v. o. l.: 1880 (statt 1890).
Band XXXV.
S. 727. Z. 8 v. o. l.: Eningen (statt Emingen).
Band XXXVI.
S. 643. Z. 26 v. u. l.: 1757 (statt 1752).
S. 782. Z. 6 v. u.: Für geschichtliche Gegenstände besaß Hans Dietrich von Schönberg ein lebhaftes Interesse. Er arbeitete nicht nur für die Geschichte des eigenen Geschlechts, sondern hatte auch weitere Ziele. Insbesondere legte er sich eine große Privatsammlung von Acten wie Urkundenabschriften an und stapelte darin vielerlei Stoff zur Reichs-, Landes-, Orts- und Adelsgeschichte auf. Dieses v. Schönbergische [894] Privatatchiv, 130 starke Actenbände umfassend, wurde 1713 mit dem Herzoglichen Haus- und Staatsarchiv zu Gotha vereinigt und bildet dort noch jetzt die eigene Abtheilung JJJ (oder J3) mit der Registrande XX, die in sechs Haupt- und zahlreichen Unterrubriken viele schätzbare Materialien, besonders zur Geschichte der verschiedenen Sachsen-Ernestinischen Linien in sich schließt. – Vgl. E. C. Löbe, Altenburgica (Altenburg 1878), S. 97, Nr. 2 und P. Mitzschke, Wegweiser durch die historischen Archive Thüringens (Gotha 1907), S. 25 u. 27. (Dazu schriftliche Mittheilungen der herzogl. Archivverwaltung zu Gotha).
Band XXXVIII.
S. 431. Z. 14 v. o.: Die dort nach den „Unschuldigen Nachrichten“ dem Wittenberger Toltz oder Dölsch, lateinisch Doelschius, zugeschriebenen Bücher rühren meist von Johann Toltz, Pfarrer in Plauen und im voigtländischen Reichenbach († 1573) her. Vgl. über diesen: Ferd. Cohrs, Joh. Toltz, ein Schullehrer und Prediger der Reformationszeit, in „Mittheilungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte“, herausgeg. von Kehrbach, Jahrg. 1897, Heft 4. Ueber den Wittenberger Dölsch schrieb Friedrich Kropatscheck, Joh. Dölsch aus Feldkirch, Professor in Wittenberg. Greifswald 1898.
Band XL.
S. 510. Z. 3 v. u. l.: Unseld (statt Unfeld).
Band XLI.
S. 133. Z. 1 v. u.: Johannes Wanckel ist am 1. Februar 1554 in Kamberg (nicht Bromberg) geboren.
S. 136. Z. 22–20 v. u. ist der Satz „und von dessen“ bis „erschien“ zu streichen.
S. 362. Z. 4 ff. v. o.: Der Artikel Webercus ist zu streichen. Weberous, wie der Name nach der einzigen Quelle, der Stuttgarter „Stadtglocke“ des Buchdruckers Munder, richtig lautet, ist eine Erfindung von dessen Bruder Wolf Friedrich M., Pfarrer in Eltingen, 1799 bis 1851.
S. 428. Z. 7 v. o. l.: 1787 (statt 1791).
S. 431. Z. 2 v. u. l.: 26. (statt 27.) Januar.
Band XLII.
S. 396. Z. 12 v. o.: J. S. Wieland † 25. Juli 1635 in Ilsfeld.
Band XLIII.
S. 165. Z. 23 v. u. l.: „Bei der Publicirung der Rheinbundsacte wurden seine nassauischen Länder zum größten Theile zu dem neu gegründeten Großherzogthum Berg geschlagen, während die Grafschaft Diez und der oranische Antheil an mehreren, theils mit Trier, theils mit Nassau-Weilburg gemeinsam innegehabten Besitzungen den Usinger Vettern zugesprochen wurde.“ Vgl. Weidenbach, Nassauische Territorien [895] …, in: Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, Bd. X.
Band XLIV.
S. 184. Z. 10 v. o. l.: K. F. Robert Schneider (statt L. F. Schneider).
S. 580. Z. 26 v. u.: Xeller † 23. Juni 1872 (nicht 1882).
Band XLVI.
S. 71. Z. 23 v. u. l.: begleitete (statt bekleidete).
S. 76. Z. 23 v. u. l.: 50jährigen (statt 25jährigen).
Band XLVIII.
S. 129. Z. 3 v. u. l.: mit dem Basler Polizeidirector Bischoff (statt mit dem Bischof von Basel).
Band XLIX.
S. 288. Z. 12 v. u. l.: geboren am 26. December 1806 (statt 6. December).
S. 364. Z. 4 v. u. ist hinzuzufügen: „† daselbst am 27. October 1892.“
Band L.
S. 63. Z. 18 v. o.: Die hier angekündigten Veröffentlichungen Ludwig Geiger’s sind inzwischen erschienen: „Zeitschrift für Bücherfreunde“ VIII (1905) S. 431–447 und 457–468 „Max Waldau zum Gedächtnis“ (ganz authentisch mit vielen neuen Daten und Porträts), sowie „Breslauer Zeitung“ Nr. 46 vom 19. Januar 1905 (Morg.-Ausg. Feuilleton „Max Waldau (Georg v. Hauenschild)“.
S. 256. Z. 22 v. u. l.: Nr. 130 vom 18. März 1904.
S. 297. Z. 21 v. o. l.: älteste (statt einzige).
S. 515. Z. 20 v. u. l.: Hannoverisch-Münden (statt Minden).
Band LI.
S. 438. Z. 18 v. u. l.: 1906 (statt 1905).
S. 474. Z. 17 v. o. l.: Olivier (statt Olivieo).
- Z. 24 v. o. l.: 19. Februar 1884.
S. 495. Z. 26 v. o. l.: Vrenchen (statt Dortchen).
Band LII.
S. 28. Z. 21 v. u. l.: Liszt (statt Lißzt) und ebenso im ganzen Artikel bis S. 49 Z. 22 v. o.
S. 36. Z. 8 v. u. und S. 38 Z. 17 v. u. l.: Belgiojoso (statt Belgioso).
S. 123. Z. 20 v. o. bis S. 131 Z. 23 v. u: Der ausgezeichnete Physiolog Carl Ludwig ist an jener Stelle in seiner wissenschaftlichen Bedeutung als Forscher und Lehrer von einem Fachgenossen hinlänglich gewürdigt worden; die Angaben über sein persönliches Leben sind dagegen so dürftig und zum Theil so irrig ausgefallen, daß es biographisch wünschenswerth erscheint, sie aus vertrauter Kenntniß zu ergänzen und richtig zu stellen.
[896] L. ist geboren am 29. (nicht am 15.) December 1816 zu Witzenhausen a. d. Werra. Der Vater, Friedrich L. (1781–1843) ist nicht als „einfacher Beamter“ zu bezeichnen. Vielmehr hatte er als junger Reiterofficier 1807 nach der Auflösung des Kurfürstenthums den fremdherrlichen Dienst verlassen und während der westfälischen Zeit auf einem kleinen Landgut, zu Hetzlos bei Hammelburg im Fuldischen, gelebt. Dort führte er 1810 Christiane Nagel, Erbförsterstochter aus Allendorf in Hessen heim. 1814 folgte er von neuem als Rittmeister der Fahne des wieder hergestellten Landesherrn, ward im französischen Feldzug verwundet, mit dem Eisernen Helm decorirt und nahm 1815 den Abschied, worauf ihn der Kurfürst zum Rentmeister in Witzenhausen, später zum Oberrentmeister in Hanau ernannte. Der Ehe entsprossen acht Kinder, darunter sechs Söhne, von denen drei namhaft geworden sind, außer Carl ein älterer Bruder, Rudolf (s. A. D. B. XIX, 612 f.) als Geolog, ein jüngerer, Heinrich (ebd. LII, 120 f.) als Maler und Kunstgelehrter. Man hat die fast militärische Ordnungsliebe, Pünktlichkeit und Strenge gegen sich selbst, die Carl L. in reifen Jahren eigen war, wohl als väterliches Erbtheil angesprochen; zunächst indeß war die ungemein frische, männliche Erziehung dazu angethan, Kühnheit und Unbeugsamkeit in dem Sohne zu entwickeln. Das Gymnasium machte L. in Hanau durch; er hat im Alter häufig beklagt, wie wenig Anregung der Unterricht geboten habe. In der ersten Marburger Studentenzeit – er gehörte dem Corps der Hasso-Nassoven an – entlud sich der Uebermuth seiner fröhlichen Natur; nicht Politik war es, was ihn mit den Disciplinarbehörden in Conflict brachte, sondern einfach Unabhängigkeitsgefühl gegenüber jeglichem Zwang. In der Stille der Bamberger Chirurgenschule, auf der er die erste Zeit seiner Verbannung zubrachte, besann er sich eines Besseren; über Erlangen nach Marburg zurückgekehrt, warf er sich mit genialer Energie auf das Studium seiner Wissenschaft.
Fragt man nach den Männern, die auf die Entfaltung seiner wissenschaftlichen Individualität einen fördernden Einfluß ausgeübt haben, so ist zunächst sein nur wenig älterer Jugendfreund, der Marburger Anatom Ludwig Fick zu nennen, der nicht nur 1841 seine Anstellung als Prosector, 1846 die als außerordentlicher Professor für vergleichende Anatomie betrieben hat, sondern ihm auch die Mittel des anatomischen Instituts für die physiologischen Arbeiten seiner Marburger Periode zur Verfügung stellte. Die epochemachende Wendung der Physiologie zu rein physikalischen Principien lag in der Luft der Zeit; als Muster empfahl L. seinen ersten Schülern Arbeiten der Gebrüder Weber, Poiseuille’s und Johannes Müller’s. Sich selbst mit präciser physikalischer Methodik vertraut zu machen, hatte er im Laboratorium des damals in Marburg weilenden Robert Bunsen Gelegenheit gehabt. Als Vorbild endlich für die Wirksamkeit eines wissenschaftlichen Lehrers, eines Organisators der Forscherarbeit im größten Stil mochte ihm Liebig im nahen Gießen gelten; wie aufmerksam L. dessen geistiges Wesen und Treiben verfolgt hat, beweist der feine Nachruf, den er ihm – anonym – in der Wochenschrift „Im neuen Reich“ (1873 I, 693 f.) gewidmet. Mit der gleichstrebenden Generation, die sich in [897] der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin zusammenthat, trat er brieflich in Verbindung; erst 1847 lernte er sie bei vorübergehendem Aufenthalt in der preußischen Hauptstadt persönlich kennen und schloß mit Brücke, Du Bois-Reymond und Helmholtz einverstandene Freundschaft. Im folgenden Jahre gerieth auch er in den Strudel der politischen Bewegung; er ward mit Gildemeister, Knies und Bunsen in den Ausschuß des von Sybel gegründeten Vaterlandsvereins gewählt und hat im Frühjahr 1848 sogar eine Zeit lang die Redaction des „Neuen Verfassungsfreundes“ übernommen. So entschieden abhold auch der Marburger Liberalismus allem radicalen Gebaren blieb, in den Augen der hereinbrechenden Reaction wurde er dennoch als demokratisch verdächtigt, und L. begrüßte daher 1849 den Ruf nach Zürich als Professor der Anatomie und Physiologie als einen Ausweg ins Freie.
In Zürich führte er Weihnachten 1849 die Braut heim, mit der er sich in Marburg verlobt hatte: Christiane, hinterlassene Tochter des Juristen Hermann Ernst Endemann (s. A. D. B. VI, 105), die ihm in 45jähriger Ehe musterhaft zur Seite stand; Gustav Freytag hat ihren Tugenden in seinen Erinnerungen (Werke I, 233) neben L. selbst ein schönes Denkmal gesetzt. Ihrem Einfluß schreibt es Helmholtz schon 1851 nach einem Zürcher Besuche zu, daß L. nunmehr alles burschikose Wesen abgelegt habe und ganz in seiner edlen und liebenswürdigen Natur erscheine. Seitdem verband beide Gelehrte ein Verhältniß unbegrenzter Hochachtung, auf Ludwig’s Seite bis zur Bewunderung gesteigert, während es in der gemessenen Sprache eines Helmholtz viel besagen will, wenn er versichert, L. sei ihm immer für Physiologie, so lange er sie vortrug, Hauptautorität geblieben. (Vgl. C. Ludwig: H. v. Helmholtz, der Arzt. Aerztliches Vereinsblatt 1894 Nr. 289; Leo Königsberger: Hermann v. Helmholtz I–III. Braunschweig 1902–3.) Zur nämlichen Zeit, 1852, entspann sich eine andere Herzensbeziehung von gleichem geistigen Gehalt und ebenfalls lebenslanger Dauer, als Theodor Mommsen, aus Leipzig vertrieben, in Zürich eine Zuflucht und im Ludwig’schen Hause warme Aufnahme fand, die er mit offener Hingebung erwiderte. Es waren Tage großartig wetteifernder litterarischer Productivität, als gleichzeitig der erste Band des Lehrbuchs der Physiologie vollendet und der erste Band der Römischen Geschichte geschrieben ward. Die Zueignung des zweiten Bandes an L., der allzeit für historische Dinge das regste Interesse besaß, ist ein beredtes Zeugniß für die leider kurze Blüthezeit des unmittelbaren Verkehrs; aber auch in späteren Jahrzehnten bildet der Briefwechsel mit L. eine der ursprünglichsten Quellen für die vollständige Kenntniß der Mommsen’schen Eigenthümlichkeit. (Vgl. A. Dove: Zur Erinnerung an Th. Mommsen. Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1904, Nr. 26 und 27).
Nach Mommsen’s Wegzug (1854) entbehrte L. in Zürich des ebenbürtigen Umgangs; auch äußerlich verlangte seine Lage dringend eine in der Schweiz nicht mögliche Verbesserung. Aber vergebens verhoffte er sie von der preußischen Regierung; während seine Leistungen ihn bei jeder Vacanz in der Reihe der Würdigsten erscheinen ließen, stellten sich immer Vorurtheile anderer Art einem wirklichen Ruf entgegen. Waren es früher (1849) mehr politische [898] Bedenken gewesen, so wurden jetzt unterm Ministerium Raumer vorzugsweise religiöse geltend gemacht, zumal nachdem L. im Herbst 1854 auf der Naturforscherversammlung zu Göttingen durch Rudolf Wagner’s Herausforderung ganz wider seinen Willen in den materialistischen Streit des Tages hineingezogen war. In der hochherzigsten Gesinnung verwandte er sich darauf bei demselben Ministerium ungefragt für die Berufung von Helmholtz nach Bonn. Wo Preußen zauderte, griff Oesterreich zu; es gestattete sich den Luxus, die Lehrstelle der Physiologie an seiner medicinisch-chirurgischen Militärakademie mit einem Forscher ersten Ranges zu besetzen. L. hat diese Stelle am Josefinum von 1855 an ein Jahrzehnt hindurch eingenommen und alle Vorzüge eines großstädtischen Gelehrtenlebens in Wien genossen. Vom Staat in der Verfolgung seiner höheren Zwecke nicht wesentlich behindert, hatte er im eigenen Fach, da Brücke die Physiologie an der Universität vertrat, einen eng befreundeten und doch grundverschiedenen Geist ohne jede Concurrenz an der Seite (vgl. den erlesenen Nachruf Ludwig’s: Ernst Brücke. Beilage zur Allgemeinen Zeitung vom 5. März 1892, Nr. 55). Als Gleichberechtigter anerkannt, bewegte er sich in der Akademie der Wissenschaften unter bedeutenden Vertretern aller Disciplinen; von der Wiener gebildeten Gesellschaft, die das Geistreiche und Originelle zu schätzen verstand, ward er gesucht und verwöhnt; Kunst und Natur im gesegneten Oesterreich enthüllten ihm ihre Reize. Dennoch hat er sich auf die Dauer nicht heimisch gefühlt. Ein herbes Schicksal entriß ihm schon 1858 in der Kindheit den einzigen Sohn, und ihm blieb nur die Tochter übrig; aber auch sonst fand er für sein eigenstes deutsches Wesen – im Inneren Idealität, im Aeußeren Solidität – in Wien doch nicht den rechten, vollen Widerhall. Erst in Leipzig, wohin er 1865 als Nachfolger im physiologischen Amt des von ihm so hoch gefeierten, ehrwürdig schlichten Ernst Heinrich Weber ging (vgl. C. Ludwig, Rede zum Gedächtniß an E. H. Weber. Leipzig 1878), kam sein Dasein und Wirken auf die Höhe.
Ueber das nach Ludwig’s Plan erbaute, im April 1869 eingeweihte Institut (vgl. C. Ludwig, Rede zum Beginne der Vorlesungen in der neuen physiologischen Anstalt. Leipzig 1869) und über die beispiellose Wirksamkeit, die er 26 Jahre lang darin entfaltete als „der stolze Naturforscher, welcher sein Wissen und Können in einer auch bei uns unerhörten Selbstlosigkeit den Erfolgen seiner Schüler dienstbar macht“, wie ihn Gustav Freytag charakterisirt, erstattet der biographische Artikel in Band LII anschaulichen Bericht. Nur verdient die allgemeine Bedeutung der Anstalt noch bestimmter betont zu werden. „Wenn wir heute“, sagt His (1895), „unter einem wissenschaftlichen Institut eine Schule und Arbeitsstätte freier wissenschaftlicher Forschung verstehen, so ist dies ein Begriff, den erst L. geschaffen und praktisch verkörpert hat. Das von ihm begründete physiologische Institut in Leipzig ist aber das Vorbild geworden für zahllose ähnliche Schöpfungen in den verschiedensten Stadten inner- und außerhalb Europas.“ Und keineswegs bloß auf sein eigenes Fach erstreckte sich dieser reformatorische Einfluß Ludwig’s. Er wußte in König Johann wie in dem tief einsichtigen Minister v. Falkenstein den Eifer für die moderne Ausstattung des medicinischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts überhaupt zu [899] entzünden, dessen fortdauernde Pflege dann auch die Nachfolger, König Albert und Minister v. Gerber sich angelegen sein ließen; L. war Falkenstein’s Rathgeber bei den wichtigsten Berufungen, selbst über den Kreis jener Disciplinen hinaus. „Es ist wohl kein Zufall“, sagte der Rector an seinem Sarge, „das mit seinem Erscheinen unter uns der Aufschwung beginnt, welcher Leipzig an die Spitze der deutschen Hochschulen brachte“. Seit dem Sommer 1868 ließ es München hinter sich, in den Jahren 1872–78 übertraf es sogar Berlin bei weitem; erst in der Beschämung besann sich die preußische Unterrichtsverwaltung auf ihre massivere Kraft. Schon im Sommer 1872, als sich die deutschen Naturforscher und Aerzte im Andenken an die vor 50 Jahren vollzogene Stiftung ihrer Versammlungen abermals in Leipzig einfanden, konnte L., der die Gäste in gedankenreicher Festrede begrüßte (s. Im neuen Reich 1872 II, 321 f.), als das Haupt der exacten Wissenschaften an der sächsischen Universität betrachtet werden; als solches anerkannt, hat er zehn Jahre hindurch (1883–93) als erster Secretär der mathematisch-physikalischen Classe die Geschäfte der dortigen akademischen Gesellschaft geleitet. Im übrigen trat er außer seiner Berufsthätigkeit nur selten augenfällig hervor; das Rectorat zu übernehmen, mußte er aus Zeitmangel ablehnen. Aber als Idealgestalt deutschen Professorenthums in sittlicher wie geistiger Beziehung, unübertroffen an Reinheit, Festigkeit und Vornehmheit der Gesinnung, übte er doch geräuschlos eine vielfach maßgebende Autorität aus und begegnete auch in weiteren Kreisen verständnißvoller Schätzung. Die Stadt ernannte ihn zur Feier seiner 25jährigen Anwesenheit in Leipzig 1890 zum Ehrenbürger. Wichtiger war, daß er in der gesunden Sympathie der Bürgerschaft den bei der staatlichen Behörde vermißten Halt fand, um in seiner schwersten Leipziger Zeit, gegen Ende der siebziger Jahre, der heftigen Agitation zu widerstehen, die von England her gegen die sogenannte Vivisection eröffnet und in rohen Formen nach Sachsen übertragen ward. Er selbst bewies nicht nur jederzeit in der schonenden Technik des wissenschaftlichen Thierversuchs die größte Virtuosität, sondern bewährte auch hülfreichen Zartsinn in der Bekämpfung des alltäglichen thierischen Elends; dem Leipziger Thierschutzverein, der sich durch die erfinderische Praxis seiner humanen Maßregeln rühmlich hervorthat, hat er Jahre lang berathend vorgestanden. (Vgl. C. Ludwig, Die gemüthliche Stellung des Menschen zum Thier; Vortrag in der I. Generalversammlung des Thierschutzvereins zu Leipzig. Im neuen Reich 1876 II, 121. Derselbe, Die wissenschaftliche Thätigkeit in den physiologischen Instituten; Vortrag im Kaufmännischen Verein zu Leipzig. Ebenda 1879 I, 513.)
Ludwig’s nächsten Umgang in Leipzig bildete die Geistesaristokratie des Bürgerthums, Männer wie der Verleger Salomon Hirzel, der Vicebürgermeister und Reichstagsabgeordnete Eduard Stephani, der Bankdirector Rudolf Wachsmuth und vor allem, so lange er dort heimisch blieb, Gustav Freytag, der sich ihm in besonders zutraulicher Freundschaft auch fürs spätere Leben anschloß. Es war der alte Kreis der „Grenzboten“, und L. theilte mit ihm im ganzen auch die politischen Ueberzeugungen und Empfindungen in Freud’ und Leid jener großen vaterländischen Periode. Was wahrhaft deutsch [900] war an unserer neuen nationalen Erhebung, befriedigte ihn tief; das specifische Preußenthum blieb seinem Herzen eher fremd. Vor allen Dingen war er ein Gegner des Einheitsstaats; der Rest von bundesstaatlicher Selbständigkeit schien ihm die Mannichfaltigkeit deutscher Cultur zu verbürgen. Insbesondere am Königreich Sachsen bewunderte er den bürgerlich modernen Geist im Großhandel, im Großbetrieb des Feldbaues und vor allem in der Blüthe des Gewerbfleißes, den er nach allen Richtungen seiner Entwicklung mit der lebhaftesten Theilnahme begleitete. Und so betrachtete er denn auch die Leipziger Universität, deren Gedeihen er die Arbeit seines Lebens geweiht hatte, als eine eigene Ausdrucksform der deutschen Gelehrsamkeit und hing an ihr mit der ganzen Wärme des edelsten Partikularismus. Im übrigen war der Gesichtskreis seiner geistigen Interessen beinahe unbegrenzt, außer den gesammten Naturwissenschaften umfaßte seine Anschauung auch das Reale aller übrigen Disciplinen; nur was ihm an Philosophie und Theologie als bloße Speculation, an Philologie und Jurisprudenz als leere Silbenstecherei erschien, ließ ihn kalt. Bildende Kunst genoß er mit begeistertem Verständniß, Musik, Poesie und Litteratur, so weit er dafür Zeit fand, mit naiver Freude. Sein Gespräch war überaus lebendig, kunstlos in der Form, aber immer originell und nicht selten von heiterer Paradoxie; nur war im Hintergrund stets eine hohe, ernste, ja strenge Ansicht der Welt und des Lebens zu erkennen. Hierauf und auf dem ungemeinen Reichthum an Beziehungen seiner Gedanken beruht es, daß seine Reden und Vorträge, seine Schriften und Briefe häufig etwas geheimnißvoll Dunkles an sich tragen; es war fast die Regel, daß der fleißige Student dasselbe Colleg zwei, ja drei Mal bei ihm hörte, um es vollkommen zu verstehen. Doch ist der Behauptung entschieden zu widersprechen, daß „das Schreiben Ludwigs schwächste Seite war“; man müßte denn in der Leichtigkeit die einzige stilistische Tugend erblicken wollen. Und wenn man gar „viele seiner Arbeiten aus der physiologischen Anstalt in Leipzig“ als „geradezu abstoßend geschrieben“ bezeichnet, so darf nicht vergessen werden, daß es sich dabei meist um mühsam zurecht gerückte Texte ungewandter, oft genug ausländischer Schüler handelt. Thatsache ist, daß Hirzel unaufhörlich L. um Beiträge für seine Wochenschrift anlag, ja daß Keil, der Patron des Gemeinverständlichen, ihm für Artikel in der „Gartenlaube“ die höchsten bisher dagewesenen Honorare bot.
L. blieb jugendlich frisch bis ins achtzigste Jahr und zum Schluß des hundertundsiebenten Semesters, weil er ganz in seinen jungen Freunden, wie er seine Schüler nannte, zu leben gewohnt war. Sein Körper war von mancherlei Leiden heimgesucht und konnte nur durch die äußerste Mäßigkeit und sorgfältigste Vorsicht so lange bei voller Leistungsfähigkeit erhalten werden. Seine Erholungsreisen in den Ferien gingen mit Vorliebe nach Ober- und Mittelitalien; sonst hat er außer Deutschland, Oesterreich und der Schweiz auch Holland und Belgien, Frankreich und England öfters besucht. Er war mittelgroß, breitschulterig und mager. Sein Antlitz konnte nur dem ersten Anschein nach, durch Bartlosigkeit und Haartracht, an einen Theologen erinnern. Außer dem scharfen Blick des Arztes oder Naturforschers, der durch die Brille hervorlugte, besaß er großartige Gesichtszüge [901] von niederhessischem Typus, mit außerordentlich fein und kühn geschwungener Nase. Knaus hat ihn (1867) mehrfach gezeichnet. Seine mächtige Idealbüste von Schilling steht im Physiologischen Institut, eine realistisch lebenswahre von Seffner in der Aula der Universität zu Leipzig. Er starb am 23. (nicht 24.) April 1895. –
Auch von der nekrologischen Litteratur sind Bd. LII, S. 131, Z. 13 f. gerade die wichtigsten Erscheinungen übergangen worden; wir holen sie nach: Wilhelm His: Karl Ludwig und Karl Thiersch, akademische Gedächtnißrede. Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1895, Nr. 164 u. 165. – Derselbe: Zum Gedächtniß an Carl Ludwig. Berichte der math.-phys. Classe der K. Sächs. Gesellschaft d. Wissenschaften zu Leipzig, Sitzung v. 14. Nov. 1895. – Adolf Fick: Karl Ludwig. A. Bettelheim, Biogr. Blätter I, 265. Berlin 1895. – Frithjof Holmgreen: Carl Ludwig, hans lif och betydelse. Upsala Läkareförenings förhandlingar B. 1 h. 3 o. 4. 1896. – Johannes v. Kries: Carl Ludwig †. Freiburg i. B. u. Leipzig 1895. – Robert Tigerstedt: Ludwig, minnesord vid Svenska läkare sällskapets sammanträde d. 30. April 1895. Stockholm; in deutscher Uebersetzung bei A. Bettelheim a. a. O. S. 271 f. – M. v. Frey: Carl Ludwig †. Biolog. Centralblatt Bd. XV, Nr. 19 v. 1. Oct. 1895. Leipzig.
S. 182. Z. 14 v. o. l.: Alexanders II. (statt III).
S. 284. Z. 20 v. o. l.: Rotenburg (statt Rottenburg).
- Z. 24 v. o. l.: Strafbayern (statt Strafjägern).
S. 285. Z. 10 v. u. l.: Gustav (statt August).
S. 704. Z. 21 v. u. l.: „Nach dem Tode R. Oldenbourg’s († in München am 10. October 1903)“ etc. Dies Datum lehrt, daß der Artikel eigentlich nicht mehr in unser Werk gehört.
Band LIII.
S. 53. Z. 23 v. o.: Erst nach dem Druck wurde mir zugänglich: H. Coppieters-Stochove, Régestes de Philippe d’Alsace, Gand 1906. Extrait des Annales de la Société d’histoire et d’archéologie de Gand. t. 7. Vgl. dazu V. Fris in den Archives belges 9 (1907), Nr. 3.
Band LIV.
S. 427. Z. 7 v. u. l.: Thann- (statt Thun-) und Warthausen.
S. 594. Z. 7 v. u. l: in der Wochenschrift „Im neuen Reich“ (statt in den „Grenzboten“).
Band LV.
S. 596. Z. 17 v. o.: Scharnweber war trotz Raumer (Lebenserinnerungen I, 124. 129), dem ich gefolgt bin, Mitglied der Immediatcommission.
S. 598. Z. 21 v. o.: Die Hannöverische Verfassungs-Geschichte gehört eine Zeile höher unter die Schriften von E. v. Meier.
- Z. 25 v. u.: Zur Litteratur, die ich bei der Zerstreutheit des Materials möglichst vollständig anführe, sei noch nachgetragen: Bassewitz, Kurmark Brandenburg 1809/10 S. 141, 144, 379, 404, [902] der gleichfalls wiederholt anerkennt, daß Sch. dem preußischen Staat „sehr nützliche Dienste“ geleistet habe. Pertz, Stein II, 488; VI, 2. Beilagen S. 165, 174. Bach, Hippel S. 138 ff. besonders 142, 150 ff., 218 ff. Varnhagen, Blätter aus der preuß. Geschichte I, 13, 292, 334; II, 97, wonach Sch. zuerst im April 1821 von Wahnsinn befallen wurde. Meinecke, Boyen I, 290 ff. Delbrück, Gneisenau I3 S. 324 f. Steffens, Hardenberg und die ständische Opposition 1810/11 (1907) S. 66 u. ö.
WS: Die Seiten 903 bis 904 enthalten ein „Verzeichniß der im 55. Bande der Allgem. Deutschen Biographie enthaltenen Artikel“, das hier jedoch nicht transkribiert wird.
[904]
Berichtigungen.
S. 253, Z. 12 v. u. lies: Föderalismus.
S. 314, Z. 21 v. u. lies: D. F. Strauß.
S. 460, Z. 15 v. o. lies: 1853 (statt 1854).
S. 460, Z. 24 v. o. lies: Schabelitz.
S. 477, Z. 5 v. u. lies: das (statt daß).
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Statt S. 622 ist S. 662 gemeint.