ADB:Karl II. (Erzherzog von Österreich)

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Artikel „Karl, Erzherzog von Innerösterreich“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 318–322, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_II._(Erzherzog_von_%C3%96sterreich)&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 12:27 Uhr UTC)
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Karl, Erzherzog von Innerösterreich. Geb. am 3. Juni 1540 zu Wien, † 1590. Er war der dritte Sohn Kaiser Ferdinands I. und Annas von Ungarn, welche starb, als er sechs Jahre zählte. Drei Jahre danach wurden ihm Leonhard v. Harrach[WS 1], ein kluger und gewandter Staatsmann, welcher den Reichthum und die hervorragende Hofstellung seiner Familie begründete, als Hofmeister und Propst Hasenberg als Lehrer vorgesetzt. Nachdem er herangewachsen, erhielt er einen eigenen, sehr glänzenden Hofstaat, an dessen Spitze der Freiherr Kaspar v. Herberstein als Obersthofmeister trat. Die Angabe, daß er einige Zeit zu seiner Ausbildung am Hofe Philipps II. zugebracht habe, ist irrig. Ferdinand ließ den Sohn, für welchen er Vorliebe gehegt zu haben scheint, nicht von seiner Seite. Frühzeitig zog er ihn jedoch zu den Berathungen über die Staatsgeschäfte zu, nahm ihn 1562 in den geheimen Rath auf und bestellte ihn gleich danach, als er zum Frankfurter Reichstage reiste, zum Statthalter für Oesterreich und Ungarn, welches Amt er versah, bis sein Vater im Sommer 1563 nach Wien zurückkehrte. Dieser hatte die Anordnung getroffen, daß nach seinem Tode die Hauslande unter seine drei Söhne getheilt werden sollten, und hatte für K. Innerösterreich, d. h. die Herzogthümer Steiermark, Kärnthen und Krain, die Grafschaften Görz und Gradisca und das adriatische Küstenland bestimmt. Im Frühjahr 1564 ließ er denselben in diesen Gebieten die Huldigung als Landesherr einnehmen. Bald darauf legte sein am 25. Juli 1564 erfolgender Tod die Regierung Innerösterreichs in Karls Hände. Wiederholt (1564, 1566–67, 1570–71 und 1575) leitete K. noch in der Folge, wenn sein Bruder, Kaiser Maximilian II., durch Reichsangelegenheiten genöthigt wurde, seine Lande zu verlassen, als dessen Statthalter zu Wien die Regierung von Oesterreich und Ungarn. 1566 machte er den großen Kriegszug wider die Türken mit. 1568 reiste er in Maximilians Auftrage nach Spanien, um Philipp II. das Leid wegen des Ablebens der Königin Elisabeth zu klagen, dessen Wiedervermählung mit Maximilians Tochter Anna zu betreiben, für Don Carlos Fürsprache einzulegen und zum Frieden in den Niederlanden zu rathen. In späteren Jahren unternahm er dann noch mehrmals kürzere Reisen nach Baiern. 1581 ging er nach Prag und Dresden, um die Ordnung der Nachfolge Rudolfs II. zu betreiben, und 1582 wohnte er dem Reichstage zu Augsburg an. In der Regel aber weilte er seit seinem Regierungsantritte zu Graz, wo er sein Hoflager aufschlug, In den J. 1559–67 wurde viel über seine Vermählung mit Elisabeth von England verhandelt, doch überzeugte man sich zuletzt, daß die Königin mit dem Erzherzoge, wie mit anderen Bewerbern, nur ihr Spiel treibe und verhielt sich daher 1570 gegenüber einer von ihr ausgehenden neuen Anregung des Planes entschieden ablehnend. Inzwischen war der 1560 unternommene Versuch, K. durch die Ehe mit der Schwester des letzten Jagellonen, Siegmund II. August, die Anwartschaft auf Polen zu verschaffen, gescheitert und die 1563 und 64 betriebene Heirath mit der Königin Maria Stuart von Schottland durch Elisabeth von England und die Schotten vereitelt worden. K. entsagte daher dem Streben, mit der Hand seiner Frau eine Krone zu gewinnen, und bewarb sich gegen den Wunsch Maximilians II. 1570 um seine Nichte Maria, die Tochter Albrechts V. von Baiern. Rasch führten die Verhandlungen zum Ziele und am 26. August 1571 wurde zu Wien die Ehe geschlossen, welche bei Karls Lebzeiten, namentlich aber nach [319] seinem Tode von tiefgreifender Bedeutung für die Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse seines Landes wurde. In Steiermark, Kärnthen und Krain war die Masse der deutschen Bevölkerung bei seinem Regierungsantritte protestantisch gesinnt und auch in Görz, sowie unter den Slovenen der drei Herzogthümer zeigte sich Hinneigung zur lutherischen Lehre. K. selbst hegte in kirchlicher Hinsicht ähnliche Anschauungen, wie sie Maximilian II. und – wenn auch in weit geringerem Maße – Ferdinand I. eigen waren. Des Verständnisses für die dogmatischen Gegensätze entbehrend, war er mit manchen Forderungen des Protestantismus, welche das äußere Kirchenleben betrafen, einverstanden und hielt für möglich und geboten, durch Zugeständnisse in dieser Beziehung unter Beiseitesetzung oder Freigabe der theologischen Schulmeinungen, sowie durch Besserung der Geistlichkeit die kirchliche Einheit herzustellen. Dabei war er jedoch, wie sein Vater, kirchlichfromm und mißbilligte, durch die römischön Lehren von der Verfassung der Kirche beherrscht, die Bildung neuer Kirchen entschieden, zumal er in derselben zugleich eine politische Gefahr für das Reich und die Territorien erblickte. So trug er in seiner Unklarheit über die Bedeutung der kirchlichen Kämpfe kein Bedenken, im J. 1559 gelegentlich der Verhandlungen über die englische Heirath gegen Herzog Christoph von Württemberg auszusprechen, daß er, wie Maximilian mit den Protestanten in der Religion „verbunden“ sei, und er verweigerte um dieselbe Zeit seinem Vater, zu schwören, daß er niemals von der katholischen, d. h. der römischen Religion abfallen wolle; bei der Einnahme der Huldigung leistete er dann den Eid auf die Freiheiten der Stände dem Wunsche derselben gemäß bei Gott und dem Evangelium, nicht aber nach katholischem Brauche unter Anrufung der Heiligen; nach seinem Regierungsantritte beantragte er beim Papste nicht nur die Gestattung des Abendmahles unter beiden Gestalten und die Priesterehe, sondern sogar die Zulassung von Laien zur Verwaltung des Gottesdienstes, falls Priester fehlten, führte dann, nachdem Pius IV. eingewilligt hatte, überall das Abendmahl unter zwei Gestalten ein und erhob gegen den Versuch einer 1564 zu Aquileja gehaltenen Synode, die Satzungen des Tridentiner Concils für Innerösterreich zur Geltung zu bringen, Einsprache. Dagegen wies er 1567 die von englischer Seite an ihn gestellte Aufforderung, falls Königin Elisabeth ihm die Hand reiche, zur protestantischen Kirche überzutreten, mit Entrüstung zurück, traf gleich nach der Uebernahme der Regierung verschiedene Anordnungen, wodurch seine Hofleute bis zu den niedersten Dienern herab und alle seine anderen Beamten im Katholicismus erhalten und für Uebung katholisch-kirchlicher Frömmigkeit verpflichtet werden sollten, verweigerte die von den Landständen geforderte Zulassung evangelischer Prediger und Gottesdienste entschieden und trat der offenen Lossagung von der katholischen Kirche von vornherein noch nachdrücklicher entgegen, als es sein Vater gethan. Hierbei stieß er jedoch alsbald auf offenen Ungehorsam seitens der Landstände und sah von diesen, um die Bewilligung der Religionsfreiheit zu erzwingen, seinen Geldforderungen auf den Landtagen hartnäckigen und trotzigen Widerstand entgegengestellt und zugleich seine landesfürstlichen Rechte angefochten. Das trieb ihn zum Anschlusse an die eben damals in Deutschland überhaupt zu Kräften gelangende Restaurationsbewegung, zumal das Auftreten der Stände sein stark entwickeltes Herrschergefühl verletzte und er durch die Vermengung der kirchlichen Fragen mit den politischen im Protestantismus zugleich einen Feind der landesherrlichen Gewalt fürchten lernte. Vollendet wurde dann die Wandlung seiner kirchlichen Richtung, seit er 1570 einen Jesuiten als Beichtvater und bald danach andere Mitglieder des Ordens zur Gründung eines Collegs berief und seit er im folgenden Jahre dem Einflusse der ebenso fanatischen und herrschsüchtigen wie beschränkten Maria von Baiern zugänglich wurde. K. war jedoch nicht im [320] Stande, die protestantische Bewegung zu unterdrücken. Dafür reichten seine persönlichen Eigenschaften nicht hin. Hieronymus Megiser, welcher als sein Hofhistoriograph zu Graz lebte, unter seinem Nachfolger aber als Protestant auswandern mußte, sagt von ihm in seinen zu Leipzig verfaßten Kärnthner Jahrbüchern: „Es ist Erzherzog K. mit vielen herrlichen Tugenden und trefflichen Gaben Leibs und Gemüts von dem allmächtigen Gott vor Anderen wohl geziert gewesen, denn er war gottesfürchtig, befliß sich jederzeit der Gerechtigkeit und führte ein eingezogenes, mäßiges Leben. Gelehrte, verständige und erfahrene Leute hatte er sonderlich lieb, wie er denn auch selbst wohl gestudirt hatte und vieler Sprachen (der lateinischen, spanischen und italienischen) kundig war; sonderlich aber trug er große Lust und Neigung zu den Historien und zu den Musiken, inmaßen er dann derselben Erfahrene mit großer Freigebigkeit beförderte und unterhielt. Gegen seine Hofleute war er fast (sehr) milde und kostfrei, wie er denn auch einen so stattlichen Hof gehalten, mit so auserlesenen herrlichen Personen des Herrn- und Ritterstands gezieret, daß dergleichen zu seiner Zeit nicht viel zu finden gewesen. Von Person war er ein herrlicher und ansehnlicher Potentat, einer feinen Statur (mit den Jahren wurde er ziemlich stark), schön von Leib (mittlerer Größe, länglichen Gesichtes mit hoher Stirn, rothen Wangen, blauen Augen, blonden Haaren und dünnem Barte), freundlich von Angesicht, doch tapfer (würdevoll) und eines löblichen Ernstes. Er hielt sanftmütig Regiment, beförderte Fried und Einigkeit … Diejenigen, so bei dem Haus Oesterreich treulich gestanden und viel große Sachen verrichtet, die hat er sonderlich geehret und herfürgezogen. Alte verlebte Kriegsleute und diejenigen, so sich an den Grenzen wohl verdient, hat er auch wohl bedacht und ihnen gute Fürsehung gethan, daß sie nicht leiden dürfen“. Andere Berichte und Quellen bestätigen diese Schilderung und preisen mit noch wärmerem Tone seine Offenheit, seine Liebe zur Gerechtigkeit, die sich gegen jede Verletzung derselben empörte, seine Wohlthätigkeit gegen Arme und Kranke, seine Fürsorge für die niederen Schichten des Volkes, seine Sittlichkeit und seine unter den damaligen Deutschen noch seltener als jene zu findende Mäßigkeit im Trinken. Sie zeigen ihn überhaupt frei von der wüsten Genußsucht und Ueppigkeit der meisten gleichzeitigen Fürsten und zeihen ihn nur maßloser Jagdlust, die er mit der Neigung für ritterliche Uebungen und körperliche Anstrengungen bis an das Ende seines Lebens bewahrte. Aber sie lassen zugleich erkennen, daß K., der als Knabe sehr aufgeweckt gewesen, sich nicht in erwarteter Weise entwickelt hatte. Er besaß wenig Geist und Urtheil, entbehrte durchgreifender Thatkraft, war unselbständig und leicht einzuschüchtern. So gab er sich in dem Streite um die kirchlichen Angelegenheiten bald dem Einflusse der Jesuiten, seiner Frau, ihres Bruders, des eifrigen Wilhelms V. von Baiern, und anderer Vorkämpfer der Restauration, bald der Furcht vor den Landständen und den Rathschlägen seiner entweder dem Protestantismus anhängenden oder die früher von ihm selbst vertretene, vermittelnde Richtung einhaltenden Minister und Hofleute hin. Ueberdies kam den Protestanten die Geldverlegenheit zu Hülfe, in welcher er sich stetig befand. Die innerösterreichischen Gebiete waren von seinen Vorgängern sehr vernachlässigt worden und so befand sich bei seinem Regierungsantritte die gesammte Staatsverwaltung in Verwirrung und Verfall, während zugleich durch das Zusammenwirken verschiedener Ursachen Handel und Wohlstand darniederlagen. K. entwickelte sofort und unausgesetzt eine umfassende organisatorische und gesetzgeberische Thätigkeit, wie dieselbe zum Theil unerläßlich war, da Innerösterreich jetzt zuerst eine selbständige Regierung erhielt. Er schuf einen geheimen Rath als oberste Verwaltungsbehörde, eine „Regierung“ als obersten Gerichtshof, eine Hofkammer für die Geldangelegenheiten und einen Hofkriegsrath. Durch zahlreiche [321] „Ordnungen“ suchte er die Thätigkeit dieser und aller anderen Behörden zu regeln. Vor allem ließ er sich in gleicher Weise und durch Gesetzbücher die Besserung der gänzlich verkommenen Rechtspflege angelegen sein und mit Eifer bemühte er sich um die Hebung des Handels und Verkehrs, des Forstwesens und der Schulen. In all diesen Beziehungen trugen seine Bemühungen gute Früchte. Dagegen gelang es ihm, obgleich er im Ganzen sparsam war, nicht, das Gleichgewicht zwischen seinen Einnahmen und Ausgaben herzustellen. Ihn hinderten daran zum Theil diejenigen Ursachen, welche damals das Geldwesen aller Staaten in Zerrüttung brachten, namentlich aber die Kosten der Vertheidigung gegen die nie ganz aufhörenden Angriffe der Türken. Die von dem Vater übernommenen Schulden wuchsen daher immer höher und nöthigten zur Verpfändung von Gütern und Einkünften und zu immer erneutem Nachsuchen außerordentlicher Geldbewilligungen der Stände. Dadurch erhielten diese das Mittel, ihrem Widerstande gegen die Restaurationsmaßregeln des Erzherzogs und ihrem Dringen auf Gewährung der Religionsfreiheit Nachdruck zu geben, und dadurch glaubte sich K. zur Nachgiebigkeit genöthigt. Immer größere Zugeständnisse gewährte er dem Protestantismus, welcher rasch so mächtig um sich griff, daß sogar unter den Bürgern von Graz und unter den Hofleuten nur noch wenige Katholiken zu finden waren. 1572 mußte K. zu Bruck an der Mur den Hauptstädten seiner Lande Gewissens- und dem Adel Steiermarks Religionsfreiheit bewilligen und letzterem darüber eine Urkunde ausstellen; nur die Ausdehnung der Verbindlichkeit seines Versprechens auf die Erben und Nachkommen vermochte er abzulehnen. Am 9. Febr. 1578 mußte er dann diese „Religionspacification“ wiederum zu Bruck mündlich auf den Adel seiner sämmtlichen Gebiete ausdehnen. Papst Gregor XIII. überhäufte den Erzherzog deshalb mit Vorwürfen und dieser faßte, durch seine der Restaurationspartei angehörigen Verwandten und Rathgeber gespornt, wirklich den Entschluß, seine Zusage, welche er durch den Papst für ungültig erklären ließ, zu widerrufen. Bei den einleitenden Schritten dazu stieß er indes auf so heftigen Widerspruch der Stände, daß er seine Absicht nicht zu verwirklichen wagte, sondern sich damit begnügte, seine Zusage in möglichst eingeschränktem Sinne zu deuten und geltend zu machen, Uebergriffen mit Nachdruck entgegenzutreten, seine gleich nach der Uebernahme der Regierung begonnenen Bemühungen um die Herstellung kirchlichen Sinnes und strengerer Zucht unter der Geistlichkeit fortzusetzen und die Restaurationsbewegung zu unterstützen. Durch die von ihm nach Graz berufenen Jesuiten hatte er dort alsbald eine Schule eröffnen lassen; am 12. Novbr. 1573 stiftete er ihnen ein Colleg, 1576 fügte er ein Knabenconvict, 1579 ein Priesterseminar hinzu und am 14. April 1586 gründete er die Universität zu Graz, welche den Jesuiten übergeben wurde. Auch die Ansiedelung anderer, der Restauration förderlicher Orden begünstigte er und mit Eifer betrieb er die Reformirung der alten Klöster. Seine vornehmsten Gehülfen bei dieser kirchlichen Thätigkeit waren die Bischöfe Conrad Glusitsch und Johann Tautscher von Laibach, Martin Brenner von Seckau und Georg Stobeus von Lavant, sowie der Kanzler Dr. Wolfgang Schranz. An Erfolgen fehlte es nicht, zugleich aber verwickelte sein Vorgehen den Erzherzog fortwährend in heftige Kämpfe mit den Ständen und rief im ganzen Lande steigende Erregung hervor. Nachdem schon mehrfach unter Bürgern und Bauern Unruhen ausgebrochen, kam es im Juni 1590 in Graz selbst zu einem Aufruhr. Zur Sicherung der Ruhe eilte K., der eben zur Herstellung seiner angegriffenen Gesundheit im Bade bei Laxenburg weilte, herbei und er soll nun entschlossen gewesen sein, den Protestantismus mit Gewalt zu unterdrücken: schon am 10. Juli 1590 starb er jedoch. – Außer den kirchlichen Angelegenheiten und der Verwaltung beschäftigten den Erzherzog während seiner [322] Regierung vornehmlich die Kämpfe mit den Türken, gegen welche er 1578 einen größeren Zug, der jedoch wenig Erfolg brachte, unternehmen ließ und die Festung Karlstadt erbaute. Nebenher nahmen ihn ununterbrochene Streitigkeiten mit Venedig in Anspruch, welches sich allerlei Gewaltthaten erlaubte und namentlich die Besteuerung des Seehandels nach Triest sich anmaßte; Mangel an Geld hielt den Erzherzog ab, dem übermüthigen Freistaate gegenüber seine und seiner Unterthanen Rechte mit den Waffen zu wahren und die langwierigen Verhandlungen, die gepflogen wurden, führten nicht zum Ziele, zumal die unter Karls Hoheit stehenden Uskoken, ein in Zengg angesiedeltes Freibeutervolk, durch ihre Räubereien den Venetianern Vorwand und Entschuldigung für ihre Uebergriffe boten. Auch mit dem Patriarchen von Aquileja lag K. wegen des Besitzes dieser Stadt, der beiderseitigen Rechte und kirchlicher Fragen lange Jahre in Hader. – Die vornehmsten Rathgeber Karls in Staatsangelegenheiten waren der Obersthofmeister und Landeshauptmann in Kärnthen, Freiherr Georg von Khevenhüller † 1587), dessen Nachfolger Graf Jakob von Attimis, der Kammerpräsident und Deutschordenscomthur Frhr. Hans Kobenzl von Prosseck († 1594), der Geheimrath Graf Ambrosius von Thurn und namentlich der schon genannte Schranz. Wie weit bei der Regierungsthätigkeit des Erzherzogs eigene Initiative ging, ist nicht festzustellen; es wird versichert, daß er sich in seiner auswärtigen Politik völlig von seinen Ministern habe leiten lassen. – Mit seiner Gemahlin, die er ungemein liebte, erzielte er 15 Kinder, von welchen mehrere frühzeitig starben. Unter den Söhnen erlangten Ferdinand, der nachmalige Kaiser, Leopold, Bischof von Straßburg und Passau, später aber Herr von Tirol, und Karl, Bischof von Breslau und Brixen und Deutschmeister, geschichtliche Bedeutung; von den Töchtern heiratheten Anna und nach ihr Constantia den König Sigismund III. von Polen und Schweden, Maria Christine den Fürsten Sigmund Bàthory von Siebenbürgen, Margaretha den König Philipp III. von Spanien, und Maria Magdalena den Großherzog Cosimo II. von Florenz. In seinem Testamente vom 1. Juni 1584 und einem Nachtrage dazu hatte K. für seine Lande die Primogenitur angeordnet und bestimmt, daß seine Töchter nur Katholiken heirathen, vom Katholicismus abfallende Kinder jedes Erbrechtes verlustig gehen und seine Söhne durch seine Religionsbewilligung nicht gebunden sein, sondern lediglich dem Katholicismus Duldung gewähren sollten. Sein Erbe sollte gutmachen, was er verfehlt zu haben glaubte.

Fr. Chr. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, I–III, und Conterfet-Kupferstich I und II; Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern, I–II und Stieve, Briefe und Acten z. Geschichte des dreißigjährigen Krieges, IV. 85 ff. und die in beiden Werken verzeichneten Bücher; E. Albèri, Le Relazioni degli ambasciatori Veneti Ser. I. vol. VI. und Fiedler, Relationen venetianischer Botschafter, in Fontes Rerum Austriacarum, Ser. II. vol. 30: Schloßberger, Die Verhandlungen über die beabsichtigte Heirath des Erzherzogs Karl von Oesterreich mit der Königin Elisabeth von England in: Forschungen zur deutschen Geschichte, V; P. v. Freyberg, Sammlung historischer Schriften IV; Notizenblatt zum Archiv f. Kunde österr. Geschichtsquellen, VII; W. Maurenbrecher, Beiträge zur Geschichte Maximilians II. in: Sybel’s Histor. Zeitschrift, 32; Stieve, Die Verhandlungen über die Nachfolge Kaiser Rudolfs II. in: Abhandlungen der baierischen Akadem. der Wissensch., XV.


Anmerkungen (Wikisource)