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Artikel „Ferdinand II., deutscher Kaiser“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 644–664, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ferdinand_II.&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 05:34 Uhr UTC)
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Band 6 (1877), S. 644–664 (Quelle).
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Ferdinand II., deutscher Kaiser, wurde am 9. Juli 1578 zu Graz von Maria, der Tochter Herzog Albrechts V. von Baiern, dem Erzherzog Karl, dem dritten Sohne Kaiser Ferdinands I., geboren, † 1637. Karl hatte als Erbe Innerösterreich empfangen. In Steiermark, Kärnten und Krain hatten sich Adel, Städte und Märkte fast ohne Ausnahme, in Görz zum großen Theil dem protestantischen Bekenntnisse zugewandt und kurz vor Ferdinands Geburt war Karl gezwungen worden, dem Adel freie Ausübung, den Bürgern Duldung ihres Bekenntnisses zuzusichern. Vergeblich bemühte sich der Papst, welcher in Graz eine eigene Nuntiatur errichtete, den Erzherzog zum Widerruf seines Versprechens zu bewegen, damit der Protestantismus nicht an der Grenze Italiens feste Wurzeln schlage: Karl fühlte sich gebunden und beschränkte sich auf Versuche, die Protestanten in den Grenzen seiner in möglich engstem Sinne gedeuteten Bewilligung zu halten und den Katholicismus neu zu beleben und zu stärken. Aber er empfand tiefe Reue und dachte wie seine Gemahlin und die ganze Restaurationspartei dem künftigen Erben die Aufgabe zu, seine Verschuldung gutzumachen. Von frühester Jugend an wurde F. im Geiste der Jesuiten zur Frömmigkeit angehalten, mit Eifer für Glauben und Kirche erfüllt und sorglich vor ketzerischen Einflüssen behütet. Nachdem er der weiblichen Aufsicht entwachsen war, wurde ihm am 9. October 1586 der Landeshauptmann von Görz-Gradiska, Jakob Adam Freiherr v. Attems (Athimis), ein hochbetagter, in Krieg und Regierungsgeschäften vielfach thätig gewesener, eifrig katholischer Mann, als Hofmeister vorgesetzt. Am 18. Juni 1590 folgte demselben in dieser Stellung der nicht minder kirchliche und fromme Freiherr Balthasar v. Schrattenbach, ein Hofmann des eifrigen Erzherzogs Ferdinand von Tirol. Beichtväter des Knaben waren ohne Zweifel von Anfang an Jesuiten. Den ersten Unterricht erhielt F. – schon seit seinem fünften Jahre – durch Hans Widmann und dann durch den Hofcaplan Andreas Backes, Männer, von welchen nichts Näheres bekannt ist. 1586 übernahm der Archidiacon von Niedersteiermark, Johann Wagenring (Bogarino, Bogerio), der nachmals Bischof von Triest wurde, ein Zögling des Collegium Germanicum zu Rom, die Ausbildung des Prinzen. Wenn dieser sich am 28. November desselben Jahres als ersten Schüler der soeben eröffneten Jesuitenuniversität zu Graz einzeichnete, so war das wol nur eine Aufmerksamkeit für den Orden, nicht aber der Anfang zum Besuch des Gymnasialunterrichtes. Im Januar 1590 wurde F., um ihn den Zerstreuungen des Hofes und vor allem dem Einflusse der protestantischen Hauptstadt und Hofleute zu entziehen und um ihn in einer streng und ausschließlich katholischen Umgebung heranwachsen zu lassen, nach Ingolstadt geschickt. Wenige Monate später starb Erzherzog Karl. Dem Testamente desselben gemäß übernahmen neben der Mutter Kaiser Rudolf II., Erzherzog Ferdinand von Tirol und Herzog Wilhelm V. von Baiern die Vormundschaft.

Der Aufsicht des glaubenseifrigen Oheims Wilhelm hatten Karl und Maria von Anfang an den nach Ingolstadt ziehenden Sohn unterstellt: er möge mit demselben schalten, baten sie ihn, wie mit einem eigenen Kinde. Als Vormund fühlte sich Wilhelm doppelt verpflichtet, dem Wunsche der Eltern nachzukommen. [645] Mit der Gewissenhaftigkeit und dem Wohlwollen, welche ihm eigen waren, und zugleich angespornt durch die Hoffnungen, welche man für den Katholicismus auf F. setzte, überwachte er seinen Neffen und durch eigenhändige Briefe mahnte er ihn zu Frömmigkeit und Fleiß. Wie seine Worte, so diente auch wol das Beispiel der damals in Ingolstadt studirenden Söhne Wilhelms, Maximilian, Philipp und Ferdinand, dem Erzherzoge zur Aneiferung. Mit diesen Prinzen trat F., wie es nahe lag, in regen und vertrauten Verkehr, doch bildete sich zwischen ihm und Maximilian keineswegs eine für das ganze Leben nachwirkende Herzensfreundschaft aus. F. mochte freilich schon jenes Gefühl von der geistigen Ueberlegenheit seines Vetters empfangen, welches ihn nachmals auf dessen Rathschläge stets besonderes Gewicht legen ließ. Dem Charakter des fünf Jahre älteren Herzogs dagegen konnte Ferdinands Wesen nicht zusagen und die Rücksichtslosigkeit, womit F. einmal im Herbst 1590 seinen Anspruch auf den Vortritt in der Kirche durchsetzte, mußte den empfindlichen und ehrgeizigen Jüngling dauernd mit Unwillen erfüllen. In seinen späteren Briefen zeigt Maximilian, der sich stets alle die Beeinträchtigungen, welche sein Haus durch die Oesterreicher erlitten hatte und erlitt, grollend gegenwärtig hielt, der zuthunlichen Vertraulichkeit Ferdinands gegenüber unveränderlich kalte Zurückhaltung. Wegen jenes Rangstreites wollte Erzherzog Ferdinand von Tirol, der Baiern abgeneigt und durch die eben damals zwischen beiden Häusern ausgebrochenen Händel über den Vortritt erbittert war, den Neffen von Ingolstadt abberufen wissen. Die Mutter widersetzte sich jedoch mit Entschiedenheit, denn sie glaubte, daß für die katholische Erziehung ihres Sohnes und dessen Vorbereitung auf die ihm zugedachte Aufgabe nirgends so gut wie an der bairischen Hochschule gesorgt werden könne. Aus demselben Grunde widerstand sie dann auch entsprechenden Versuchen der protestantischen Landstände Innerösterreichs, welche zu verhüten wünschten, daß ihr Erbherr vom Verfolgungsgeiste der Restauration durchdrungen werde, sowie ihrer österreichischen Verwandten, welche die Kosten des Aufenthaltes ersparen, F. dem bairischen Einflusse entziehen und ihm eine mehr höfisch-kriegerische Erziehung geben lassen wollten. Am 10. März 1590 hatte F. begonnen, das von den Jesuiten geleitete Gymnasium zu besuchen. Seit dem Herbste des folgenden Jahres hörte er Rhetorik und Dialektik. Im October 1592 begann er Vorlesungen über Politik und Ethik zu besuchen, Mathematik zu studiren und philosophische Disputationen zu halten. 1594 nahm der Unterricht im römischen Recht seinen Anfang. Nur die letzteren, privaten Vorträge hielt ein Laie; in der Geschichte unterwies den Prinzen vielleicht Wagenring; in allen anderen Fächern waren Jesuiten seine Lehrer, welche nicht unterließen, den Knaben wiederholt durch die ersten Preise auszuzeichnen. Von den Professoren zog F. in den letzten Jahren seiner Anwesenheit öfter den gelehrten und angesehenen Theologen Peter Stevart und einige Juristen zu Tische. Namentlich aber verkehrte er in vertrautester Weise mit den Jesuiten. An allen Sonn- und Festtagen theilte er nach der Vesper ihre Erholung im Collegium und häufig lud er einzelne Mitglieder des Ordens zu sich, insbesondere den Rector des Ingolstädter Hauses, P. Richard Haller, einen klugen und gewandten Mann, welcher später als Beichtvater der Königin Margaretha von Spanien auf die deutsche Politik des Madrider Hofes nicht ohne Einfluß war, ferner den P. Gregorius de Valencia, „den gelehrten und eifrigen Vorkämpfer der päpstlichen Unfehlbarbeit und Allgewalt“, und den P. Jakob Gretser, welcher sich durch vielseitiges Wissen auszeichnete, durch seine Streitschriften gegen die Protestanten den Beinamen „Ketzerhammer“ erwarb und in seinem Eifer für das Papalsystem zu dem Satze gelangte: „Wenn wir von der Kirche reden, so meinen wir den Papst.“ Ob F. noch in anderen Fächern als den oben erwähnten Unterricht erhielt, ob er mit den lateinischen [646] Classikern, diesen “heidnischen Fabelhansen“, wie strenge Katholiken sie zu nennen pflegten, gleich seinen Vettern bekannt gemacht wurde, ist nicht überliefert.

Anfang März 1595 kehrte F. nach Graz zurück. Am 3. Mai übertrug ihm der Kaiser unter Vorbehalt der Entscheidung wichtiger Fragen die Regierung. Am 4. December 1596 ließ er ihn volljährig erklären und die Landstände zur Huldigung anweisen. Die Adlichen in Steiermark und Kärnten wollten anfangs die Huldigung nicht eher leisten, als bis F. bezüglich der protestantischen Glaubensübung ihnen die gleiche Zusage wie sein Vater gegeben und sie auf die Bürgerschaften und Bauern ausgedehnt habe. Durch ausweichende Antworten ließen sie sich jedoch rasch bewegen, von ihren Forderungen abzustehen, und ohne auch nur einen ähnlichen Versuch zu machen, huldigten dann die anderen Landschaften. F. war von vornherein entschlossen, dem Wunsche seines Vaters entsprechend, den Protestantismus in seinen Gebieten auszurotten. Er betrachtete das gemäß den Anschauungen, in welchen er auferzogen war, als unerläßliche Gewissenspflicht und als Forderung der christlichen Nächstenliebe. Zugleich schien es im politischen Interesse geboten, denn die evangelischen Stände verbanden mit dem Ringen um Religionsfreiheit das Streben nach Schmälerung der landesfürstlichen Gewalt und bei der Schroffheit der kirchlichen Gegensätze und dem Einflusse der religiösen Anschauungen auf die Gemüther glaubte man auf die Treue der Unterthanen, die einem anderen Bekenntnisse anhingen, nicht rechnen zu dürfen. Mit schwärmerischer Begeisterung erfaßte F. die ihm gestellte Aufgabe. Den Vorsatz, sie zu erfüllen, schrieb er einer Inspiration des heiligen Geistes zu. Um sich würdig vorzubereiten, ging er Anfang 1598 nach Italien. Ueber Venedig und Padua kam er am 11. Mai nach Ferrara, wo Clemens VIII. soeben als Sieger eingezogen war. Der Papst, welcher ihm außerordentliche Ehren erwies, bestärkte ihn in seinem Vorhaben. Zu Loretto und an den heil. Stätten Roms, wo er vom 24. bis zum 30. Mai weilte, machte F. das Gelübde, eher Land und Leben zu verlieren, als auf die Durchführung seiner Absicht zu verzichten. Dann kehrte er über Florenz Ende Juni nach Graz zurück.

Dort begann er sofort die Restauration. Die Abmahnungen seiner weltlichen Räthe und des Kaisers, welcher auf die von den Türken drohende Gefahr und die schwierigen Verhältnisse im Reiche hinwies, der hartnäckige Widerspruch des Adels, Empörungen der Unterthanen, die zürnende Fürsprache evangelischer Reichsstände und die Erbitterung, welche sich bei allen Protestanten in Deutschland kundgab, machten ihn nicht irre. Angefeuert durch den Bischof Stoboeus von Lavant, durch seine Mutter und den Papst, sowie ohne Zweifel auch durch seinen Beichtvater und andere Grazer Jesuiten, führte er sein Werk in der Weise der Zeit, nur noch rücksichtsloser und gewaltsamer, als es gewöhnlich geschah, ans Ende. Im Anfang des J. 1602 waren in allen Landschaften die evangelischen Prediger und Schullehrer ausgeschafft, die Kirchen geschlossen oder zerstört, die Bürger und Bauern zum Katholicismus oder zur Auswanderung gezwungen. Nur die Adlichen durften ihr Bekenntniß bewahren: evangelischer Gottesdienst wurde jedoch auch ihnen nicht mehr gestattet. An diesem Vorgehen hatten die bairischen Herzoge Wilhelm und Maximilian nicht den mindesten Antheil. Der Streit um das Bisthum Passau, welches Oesterreich für Ferdinands Bruder Leopold errang, hatte Spannung zwischen den beiden Höfen hervorgerufen. Das Einvernehmen derselben wurde erst durch Ferdinands Heirath mit Wilhelms Tochter Maria Anna hergestellt. Der Erzherzog hatte die beinahe sechs Jahre ältere Prinzessin bei seinen Besuchen in München liebgewonnen. Der schon 1597 beabsichtigten Werbung hatten jedoch nach anfänglicher Zustimmung der Kaiser und dann auch die Erzherzogin Maria widerstrebt, – wie es scheint, [647] weil der Prinzessin Unfruchtbarkeit prophezeit wurde. Gleichwol hatte sich F. – wol im Herbst 1598 – Wilhelm V. gegenüber schriftlich zur Ehe verpflichtet und nachdem beruhigende Aufklärungen über die Gesundheit Maria Anna’s erfolgt waren, wurde am 23. April 1600 zu Graz die Hochzeit gehalten. Das Verhältniß der jungen Gatten wurde ein sehr inniges und wirkte nach München hinüber. Auch in der Folge gewannen jedoch Wilhelm und Maximilian keinen Einfluß auf die steirischen Angelegenheiten. Unter diesen beschäftigte den Erzherzog neben der kirchlichen Herstellung vor allem der Türkenkrieg. Nachdem die seine Lande deckende Festung Kanisza am 20. October 1600 in die Hände des Erbfeindes gefallen war, führte F. im folgenden Jahre selbst ein Heer ins Feld. In beschränkter Selbstsucht und dem Eigensinn des Führers einer päpstlichen Hülfesschaar folgend, verweigerte er dem kaiserlichen Heer seine Mitwirkung zu umfassenden Unternehmungen und schritt zur Belagerung Kanisza’s. Diese scheiterte jedoch, da er ganz unfähige Leute an die Spitze stellte und schließlich ein ungewöhnlich früher und starker Schneefall eintrat, in schimpflicher Weise und Innerösterreich blieb den Streifzügen der Türken, sowie später denen der sich empörenden Ungarn blosgestellt. Durch diese Einfälle, durch die Opfer der Kriegsjahre und durch die Auswanderung mancher und zwar der wohlhabenderen Bürger und Bauern wurde der ohnehin durch das Sinken des venetianischen Handels längst erschütterte Wohlstand Innerösterreichs schwer geschädigt. F. bemühte sich nach dem Beispiele seines Vaters mannigfach um dessen Hebung, wußte jedoch nicht, durchgreifende und schöpferische Maßregeln zu treffen.

Mit den Reichsangelegenheiten befaßte sich F., soviel ersichtlich ist, nicht. Sogar bei den Reichstagen, wo freilich nur das Gesammthaus Oesterreich eine Stimme besaß, ist eine selbständige Thätigkeit der Grazer Regierung nicht wahrnehmbar. Dagegen wurde F. seit dem J. 1600 von den Brüdern Kaiser Rudolfs II., den Erzherzogen Matthias und Maximilian, zu den Bemühungen zugezogen, durch welche sie zu bewirken suchten, daß der kinderlose und in eine an Geisteskrankheit streifende Melancholie versunkene Rudolf die Regierung an Matthias übertrage und diesen zum Könige von Ungarn und Böhmen und zum Nachfolger im Reiche wählen lasse. Mit Eifer unterstützte F. diese Bestrebungen. Als sie erfolglos waren und die Weigerung des Kaisers, mit den Türken und Ungarn Frieden zu schließen, den Untergang der habsburgischen Macht herbeiführen zu müssen schien, schloß F. am 25. April 1606 nebst seinem Bruder Maximilian Ernst mit Matthias und Maximilian auf deren Ersuchen zu Wien einen Vertrag, wodurch Matthias als Haupt des Hauses anerkannt und ihm zur Herbeiführung seiner Wahl zum römischen Könige Unterstützung aus allen Kräften zugesagt wurde. Daß dieser Vertrag die Absetzung des Kaisers bedeute, begriff F. nicht. Erst nach seiner Heimkehr wurde er durch seine Mutter darüber aufgeklärt. Da versagte er, um sich nicht an der gottverliehenen Würde des Kaisers zu versündigen, und vielleicht auch in der Hoffnung, von Rudolf, der immer heftigere Abneigung gegen Matthias zeigte, selbst zum Nachfolger erhoben zu werden, seine Mitwirkung zur Ausführung der Abrede und that sogar Schritte, um deren ausdrückliche Wiederaufhebung zu veranlassen. So trug er dazu bei, daß die Verwirklichung des Planes, die dringend nothwendige Beseitigung Rudolfs auf legitimem Wege herbeizuführen, von vornherein unmöglich gemacht und des Matthias Besorgniß, von der Nachfolge ausgeschlossen zu werden, gesteigert wurde. Neue Nahrung gab er dann dieser Besorgniß und zugleich der Gährung in den kaiserlichen Landen, indem er im folgenden Jahre einwilligte, daß ihn der Kaiser statt des Matthias zu seinem Commissar bei dem nach Regensburg berufenen Reichstage ernannte, und indem er dort Rudolfs Begehren nach Hülfe zur Aufstellung eines stehenden Heeres in Ungarn vertrat. In Regensburg wurde die Erregung [648] der Protestanten, welche F. wegen der Unterdrückung ihres Bekenntnisses in Innerösterreich haßten und fürchteten, durch seine Anwesenheit und durch Aeußerungen katholischen Eifers, welche er und seine Umgebung nicht vermieden, vermehrt. Auf den Gang der Verhandlungen übte er keinen selbständigen Einfluß: er folgte dabei lediglich der Leitung der ihm beigegebenen kaiserlichen Minister. Eine ebenso untergeordnete Rolle spielte er in dem Kampfe zwischen Rudolf und Matthias, welcher während der Regensburger Tagfahrt zum Ausbruche kam. Daß Matthias mit den protestantischen Ungarn, Oesterreichern und Mähren zu den Waffen griff, betrachtete F. als einen Frevel an der rechtmäßigen Obrigkeit und als Verrath am Glauben. Zugleich besorgte er, daß der Kaiser, durch die in Regensburg erfolgte Entdeckung des Wiener Vertrags erbittert, ihn strafen und ihn von der Nachfolge, auf welche ihm wol schon Hoffnung gemacht war, ausschließen könne. Anderseits bebte er vor der Rache des Matthias und seiner Verbündeten. In namenloser Angst suchte er sich daher nach beiden Seiten zu entschuldigen und beschränkte sich auf erfolglose Verhandlungen wegen eines Fürstentages, welcher vermitteln sollte. Nachdem Matthias die Abtretung von Ungarn, Mähren und Oesterreich erzwungen hatte, folgte F. bereitwillig dessen Einladung zu einer Verständigung und versprach ihm am 24. Juli 1608 zu Schottwien aufs neue seine Unterstützung zur Erwerbung der römischen Königswürde, machte aber sogleich auch Rudolf Mittheilung von den gefaßten Beschlüssen, um dessen Mißtrauen zu entgehen. Dies gelang ihm nicht: der Kaiser scheint in der Folge keine Beziehungen mit ihm unterhalten zu haben. Dagegen bat ihn König Matthias in seinen Streitigkeiten mit den österreichischen Protestanten um Rath. F. suchte den Vetter durch religiöse und politische Gründe von der Bewilligung der Religionsfreiheit abzuhalten und betheiligte sich, um dem Könige freie Hand gegen seine Unterthanen zu schaffen, an Ausgleichsverhandlungen mit dem auf Wiedererwerb der entrissenen Gebiete sinnenden Rudolf. Als nach deren Scheitern Matthias seinen Ständen die geforderten Zugeständnisse bewilligte, legte F. dagegen Verwahrung ein. Nichtsdestoweniger schloß er sich jedoch immer mehr an den König an, da er mit der Sorge erfüllt wurde, daß sein Bruder Leopold vom Kaiser zur Nachfolge in Böhmen und im Reiche befördert werden könne. Um dies zu verhüten und um die kirchlich-politische Opposition der Stände in den Landen seiner Vettern nicht allzumächtig werden zu lassen, unterstützte er eifrig erneute Bemühungen um die Versöhnung jener und wohnte dann dem Fürstentage bei, welcher zu gleichem Zwecke Ende April 1610 in Prag zusammentrat. Im Auftrage desselben reiste er neben anderen Mitgliedern zu Matthias und leistete nach abgeschlossenem Vertrage mit Erzherzog Maximilian für Matthias dem Kaiser Abbitte. Von der Verbindung mit dem Passauer Kriegsvolk, welches, von Rudolf nicht bezahlt, eigenmächtig in Oesterreich einfiel und dann nach Prag rückte, um Leopold zum Könige zu machen, suchte F. den Bruder durch Bitten und Drohungen abzuhalten und zeigte sich bei dem wieder ausbrechenden Kampfe zwischen Rudolf und Matthias mehr diesem als jenem geneigt. Sobald der Kaiser auch in Böhmen abgesetzt war, trat F. völlig auf des Siegers Seite und schloß mit ihm neben den anderen Erzherzogen am 27. December 1611 einen Vertrag, welcher die Kräfte des ganzen Hauses zur Unterstützung des Königs gegen seine protestantischen Unterthanen und zur Erwirkung seiner Wahl im Reiche vereinigen sollte. Die Aussicht auf das Erbe der älteren Linie seines Hauses, um derentwillen F. so die Legitimitätsrücksichten mehr und mehr beiseite setzte, trat ihm unmittelbar nahe, als nach Rudolfs Tode Matthias, von welchem keine Kinder zu hoffen waren, im Juni 1612 zum Kaiser erwählt wurde. Auf Andringen der ihm mißtrauenden und vor einem Interregnum bangenden Katholiken gab dieser sofort die Zusage, F. ehestens zum Nachfolger [649] wählen zu lassen. Für die Verwirklichung dieses Versprechens war in der Folge besonders Erzherzog Maximilian, der selbstlose und hochbegabte Vertreter der Interessen des Gesammthauses, thätig. F. handelte vorwiegend nach dessen Rathschlägen und Anschauungen. Die Verhältnisse in den kaiserlichen Landen – und im Reiche bereiteten jedoch Schwierigkeiten, durch welche sich des Kaisers leitender Minister, Khlesl, schrecken ließ, und später erregten Ungeschicklichkeiten Maximilians und Ferdinands, die ihrer Ungeduld entsprangen, bei Matthias den Verdacht, daß F. ihm die Zügel der Regierung noch bei Lebzeiten entwinden wolle. Auch trug ein Krieg mit Venedig zur Verzögerung bei, welchen F. 1615–17 ohne Gewinn und Verlust gegen des Kaisers und Khlesl’s Willen führte, weil er sich nicht um der höheren Ziele willen Ansprüchen der Venetianer fügen wollte, die er für unberechtigt hielt. Das größte Hinderniß aber bildete die Forderung Spaniens, für seine angeblichen Ansprüche auf das Gesammterbe der älteren deutschen Linie durch Gebietsabtretungen entschädigt zu werden. Der Kaiser und Khlesl wollten sich nicht dazu verstehen. Endlich versprach F., welcher wie seine Räthe und namentlich der einflußreichste von ihnen, Eggenberg, ganz vom spanischen Einflusse beherrscht wurde, am 31. Januar 1617 insgeheim, Spanien neben den Reichslehen in Italien das österreichische Elsaß zu überlassen. Politische und rechtliche Bedenken ernstester Art standen letzterer Zusage entgegen, sie verletzte im vorhinein die Capitulation, welche F. bei der Kaiserwahl zu beschwören hatte, und sie war obendrein unnöthig, da die Ordnung der Nachfolge zu Ferdinands Gunsten so sehr im Interesse Spaniens lag, daß es sie ohne jedes Zugeständniß zulassen und befördern mußte, wie es denn in der That bereits beschlossen hatte, Verzicht zu leisten. Zunächst gewann freilich F. die erwünschte Frucht. Nachdem auch des Kaisers Mißtrauen und Widerstreben überwunden, wurde er am 6. Juni 1617 durch Einschüchterung und Ueberrumpelung der Landstände zum Könige von Böhmen und am 16. Mai 1618 nach langen Streitigkeiten über das Wahlrecht, deren Austrag schließlich Khlesl geschickt umging, zum Könige von Ungarn erwählt. In beiden Ländern bestätigte er nach zustimmenden Gutachten der Jesuiten die von Matthias den Ständen gemachten religiösen Zugeständnisse. Um die Wahl im Reiche zu ermöglichen, reisten Matthias und F. im August 1617 nach Dresden und es gelang ihnen, den Kurfürsten von Sachsen günstig zu stimmen. Der darauf ausgeschriebene Kurfürstentag wurde jedoch wegen Krankheit des Kaisers, wegen Geldmangels und weil Khlesl nöthig fand, die ungarische Wahl vorausgehen zu lassen, verschoben. In den Erzherzogthümern Oesterreich ob und unter der Ens die Huldigung einzunehmen, unterließ F. gegen Khlesl’s Ansicht, um nach des Kaisers Tode dessen Zusage wegen der Religionsfreiheit aufheben zu können.

Inzwischen erfolgte am 23. Mai 1618 der Prager Fenstersturz. F. war sofort für Krieg. Der Geldmangel, die gewohnte Unbeholfenheit der kaiserlichen Regierung und das Ausbleiben auswärtiger Hülfe hemmte jedoch die Rüstungen. F. und der ihn in dieser Hinsicht leitende Erzherzog Maximilian maßen Khlesl die Schuld an der Verzögerung bei und ließen ihn am 21. Juli in Gefangenschaft führen. Matthias schien sich über diesen Staatsstreich rasch zu beruhigen, doch war er nicht zu bewegen, F. die Geschäfte völlig zu übertragen und die von Khlesl empfundenen Hindernisse kräftigen Vorgehens wußte auch dieser nicht zu überwinden. Da raffte schon am 20. März 1619 der Tod den Kaiser dahin. F. suchte nun zunächst friedlich zum Ziele zu kommen. Mähren, Schlesien und die Lausitzen Verbündeten sich jedoch mit den Böhmen, die im Juni vorübergehend Wien belagerten. Die protestantischen Oesterreicher weigerten sich der Huldigung und rüsteten. Den Ungarn durfte man nicht trauen. Sogar in [650] Innerösterreich gährte es. Im Reiche aber schickten sich die Unirten zur Unterstützung der Böhmen an und die Katholiken zeigten ängstliche Zurückhaltung. Dennoch verließ F. Wien, um sich zu dem eilends von dem Kurfürsten von Mainz nach Frankfurt berufenen Wahltage zu begeben, denn es lag auf der Hand, daß es für ihn zunächst am wichtigsten sei, die Kaiserkrone sich und seinem Hause zu retten. Am 26. August wurde er zum Kaiser erwählt. Ein Erfolg von höchster Bedeutung, da die ganze Macht des kaiserlichen Ansehens ihm von nun ab zur Seite trat und der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, welcher gleichzeitig zum böhmischen Könige erwählt worden war, durch die Annahme dieser Krone als Rebell gegen seinen rechtmäßigen Lehnsherrn erschien. Auf dem Rückwege nach Wien schloß F. am 8. October mit Herzog Maximilian von Baiern und der Liga ein Bündniß, welches ihm deren Beistand in Aussicht stellte. Aus eigenem Antriebe sagte er dabei dem Herzoge die Uebertragung der pfälzischen Kur zu. Es war das ein schwerer politischer Fehler, denn das Zusammenleben und Wirken der confessionellen Parteien im Reiche hatte seine Grundlage in der Parität des Kurfürstencollegs. Gezwungen, ihn zu begehen, war F. nicht, denn Maximilian konnte ihn nicht im Stiche lassen und hatte ihm längst seine Hülfe zugesichert und die Liga zu entsprechenden Beschlüssen bestimmt. Von Maximilian unterstützt, brachte F. darauf im folgenden Jahre auch Spanien zu dem Entschlusse, mit den Waffen für ihn einzutreten, und ebenso ließ sich der Kurfürst von Sachsen, nachdem er und die Stände der sächsischen Kreise vor gewaltsamer Zurücknahme der seit dem Religionsfrieden eingezogenen Kirchengüter sicher gestellt waren, durch seine kaiserliche Gesinnung, sein Legitimitätsgefühl und seinen Haß gegen den Calvinismus getrieben, herbei, an dem Kriege gegen den Pfälzer theilzunehmen. Inzwischen war der Woiwode von Siebenbürgen, Bethlen Gabor, in Ungarn eingebrochen und die protestantischen Magnaten hatten sich ihm angeschlossen. Nur mühsam behaupteten sich die kaiserlichen Heerhaufen im südlichen Böhmen. Endlich rückte Maximilian von Baiern, nachdem er die mattherzigen Unirten bestimmt hatte, sich der Unterstützung Friedrichs V. in Böhmen zu enthalten, Ende Juli 1620 in Oesterreich ob der Ens ein und am 3. November machte er im Verein mit dem kaiserlichen Heere durch den Sieg am Weißen Berge dem Reiche des „Winterkönigs“ ein Ende. Gleichzeitig eroberte der Kurfürst von Sachsen die Lausitzen, ein spanisches Heer unter Spinola die Rheinpfalz bis auf Heidelberg, Mannheim, Frankenthal und einige kleinere Festungen. Rasch erfolgte nun die Unterwerfung von Mähren, Schlesien und Oesterreich unter der Ens. Mit Bethlen Gabor und den Ungarn wurde nach unglücklichem Kriege am 6. Jan. 1622 zu Nikolsburg ein nachtheiliger Friede geschlossen. Dann mußte auch in Schlesien der unter den Waffen gebliebene Markgraf von Jägerndorf aus dem Felde weichen und wurden die dort von Anhängern Friedrichs V. noch behaupteten Festungen erobert. Für die Lausitzen, welche ihm als Unterpfand seiner Kriegskosten übergeben wurden, und für Schlesien, welches mit ihm den Frieden schloß, hatte der Kurfürst von Sachsen Generalamnestie erwirkt. In den übrigen kaiserlichen Landen wurden die besiegten Rebellen mit jener Härte gestraft, welche nach den Anschauungen der Zeit der Größe ihres Verbrechens entsprach und nothwendig schien, um ein abschreckendes Beispiel zu geben. Zu Prag wurden am 21. Juni 1621 achtundzwanzig „Rädelsführer“ hingerichtet, darunter auch ein Katholik, dessen im Grunde ungerechte Verurtheilung sich nur aus der Absicht, den tief erschütterten Respect vor der Obrigkeit herzustellen, erklären läßt, wenn sie nicht etwa dem Strafgerichte den Anschein einer Religionsverfolgung nehmen sollte. Uebrigens ist es nicht unwahrscheinlich, daß F. Gnade gewährt haben würde, wenn die Verurtheilten Abbitte geleistet hätten. Von den in Mähren und Oesterreich gefällten Todesurtheilen wurde [651] nur ein einziges vollstreckt. Dagegen erfolgten zahllose Confiscationen. F. hatte dabei die Nebenabsicht, die Kriegskosten zu decken. Die Habgier seiner Großen und Beamten dehnte die Einziehungen aus und steigerte ihre Härte. Die politischen Rechte der Stände wurden in all den cisleithanischen Gebieten wesentlich geschmälert; von nun an verwandelte sich die Personalunion ständischer Republiken in eine einheitliche Monarchie. Auf kirchlichem Gebiete erwirkte Kursachsen den Schlesiern und Lausitzern Bestätigung der Rudolfinischen Majestätsbriefe. In Oesterreich unter der Ens hatte F. aus Furcht vor einem Gewaltstreich am 28. Mai 1619 mit Ermächtigung des Papstes in einer von Jesuiten verfaßten Urkunde den protestantischen Adelichen für ihre Personen und Familien Religionsfreiheit zugesichert. In Böhmen, in Mähren und in Oberösterreich verweigerte er jedes Zugeständniß. Mit seinem Minister Eggenberg, welcher, früher selbst Protestant, jetzt vom ganzen Eifer eines Convertiten erfüllt war, legte er auf einer Wallfahrt das Gelübde ab, den Protestantismus in jenen Gebieten sobald wie möglich auszurotten. Einstweilen beschränkte er sich jedoch aus Rücksicht auf Sachsen und andere deutsche Protestanten darauf, die nichtlutherischen Prediger aus Böhmen zu vertreiben und die Katholiken in Besitz alles dessen, was ihnen während des Aufstandes entrissen war, zurückzuführen.

Um die Aussöhnung Friedrichs V. mit dem Kaiser bemühte sich dessen Schwiegervater, Jakob I. von England, gleich nach der Schlacht am Weißen Berge. F. ächtete jedoch am 23. Januar 1621 den flüchtigen Gegner, um sein Baiern wegen der Kur gegebenes Versprechen lösen zu können und wol auch um sein kaiserliches Ansehen voll zur Geltung zu bringen und durch einen Theil der pfälzischen Lande Maximilian, welchem für seine Kriegskosten Oberösterreich verpfändet war, abzufinden. Als eine Verletzung der Reichsverfassung oder der Wahlcapitulation kann dieser Schritt nicht bezeichnet werden, doch war es ein großer Fehler, daß F. nicht die Zustimmung der Kurfürsten einholte. Er verstimmte dadurch Sachsen und erweckte sämmtlichen protestantischen Reichsständen unwillige Sorge um die Erhaltung der deutschen Libertät. Fürs Erste vertiefte freilich die Achtserklärung den Eindruck des Prager Sieges. Die Union füllte das Maß ihrer Erbärmlichkeit, indem sie gegen ihre Friedrich V. gegebene Zusage, seine Erblande zu schützen, mit Spinola Frieden schloß und sich gleich danach im Mai 1621 auflöste. Für Friedrich führte neben einigen Schaaren in der Pfalz nur sein General Ernst v. Mansfeld in wilder Kriegslust den Kampf fort. Von Baiern und Sachsen aus dem nordwestlichen Böhmen, wo er sich behauptet hatte, vertrieben, setzte er sich in der Oberpfalz fest und als ihn Baiern auch aus dieser hinausdrängte, zog er im Spätherbst des Jahres 1621 nach der Rheinpfalz, wohin ihm Tilly mit dem ligistischen Heere folgte. Um dieselbe Zeit erhob sich auch der Administrator von Halberstadt, der „tolle“ Herzog Christian von Braunschweig, zum Kampfe und bald begann Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach mit Macht zu rüsten. Tilly wurde von Spanien nur schwach unterstützt. Es hatte das seinen Grund wol nicht allein darin, daß Spanien sich zum Bruch mit Holland anschickte und bereits Eifersucht gegen Baiern empfand, sondern zum Theil vielleicht auch in dem Mißvergnügen, welches man in Madrid empfand, weil F., dessen erste Gemahlin am 8. März 1616 gestorben war, sich am 4. Februar 1622 mit der Prinzessin Eleonore von Mantua zu Innsbruck vermählte. Die Fehler der Feinde boten jedoch Tilly’s Geschick die Möglichkeit, den Markgrafen von Baden am 6. Mai 1622 bei Wimpfen und den Halberstädter am 20. Juni bei Höchst zu schlagen. Der Markgraf verließ dann das Reich. Christian und Mansfeld zogen nach den Niederlanden, von wo sie im folgenden Jahre nach Norddeutschland einbrachen. Tilly eroberte inzwischen Heidelberg, Mannheim und die anderen pfälzischen Plätze bis auf [652] Frankenthal, welches im Frühjahr 1623 durch einen Vertrag zwischen England und Spanien letzterem eingeräumt wurde. Dann zwang der Ligafeldherr den unzuverlässigen Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel zur Ruhe und jagte durch einen am 6. August 1623 bei Stadt-Lohn erfochtenen Sieg den Halberstädter nach Holland. Mansfeld wurde nach Ostfriesland gedrängt und mußte auch dieses im März 1624 verlassen.

Der Sieg der kaiserlich-katholischen Macht schien vollendet. Es war inzwischen viel über den Frieden verhandelt worden. Sein Abschluß war jedoch nicht geglückt, weil einerseits F. hartnäckig forderte, daß Friedrich ihm zunächst Abbitte leisten solle, anderseits dieser, von den Holländern gespornt, jedes Zugeständniß ablehnte, vor allem aber, weil am 23. Februar 1623 Baiern mit der Kurwürde belehnt wurde, obwol Sachsen und Brandenburg, ja sogar Spanien und Kurmainz aufs nachdrücklichste davon abgerathen hatten. Dieser Schritt, zu welchem sich F. durch sein einstiges, unbesonnenes Versprechen gezwungen sah, wurde von allen deutschen Protestanten, wie es nicht anders sein konnte, als schwere Gefährdung ihrer kirchlichen und politischen Stellung empfunden. F. steigerte ihr Mißtrauen und ihre Erbitterung, indem er trotz den Abmahnungen seiner Minister und des Kurfürsten von Mainz auf Andringen des Nuntius Karl Caraffa und anderer Geistlicher in Böhmen, Mähren und Oesterreich seit dem Herbst des J. 1622 zunächst die lutherischen Prediger und Schullehrer vertrieb und dann den Bürgern und Bauern die Wahl zwischen Katholicismus oder Auswanderung stellte. Zur „Bekehrung“ der bleibenden Unterthanen wurden alle jene empörenden Maßregeln angeordnet, mit welchen die Jesuiten und ihre Schüler seit Jahren die Restauration im Reiche betrieben hatten, und aus eigener Willkür fügten die Beamten, namentlich Fürst Karl von Liechtenstein, der Statthalter Böhmens, mit seinen „Seligmachern“, sowie eifrige Gutsherren vielfach gräuelvolle Gewaltthaten hinzu. Gleichzeitig wurden verschiedene Reichsstände zur Herausgabe von Kirchengut oder zur Zulassung des katholischen Gottesdienstes angehalten, in der Rheinpfalz die reformirten Prediger und Lehrer verjagt, Jesuiten und Capuciner in Schaaren herbeigeführt und die Einwohner durch mannigfachen Druck zur Annahme des Katholicismus gedrängt. All das entfremdete dem Kaiser auch die Gemüther der conservativen Protestanten und erfüllte das Reich mit drohender Gährung. Und schon war ein Bündniß sämmtlicher europäischer Staaten wider das Haus Habsburg im Entstehen. Sie fühlten sich durch den gewaltigen Aufschwung der österreichisch-spanischen Macht bedroht und da war es nun neben anderem namentlich die immer deutlicher zu Tage tretende Absicht der Spanier, den linksrheinischen Theil der Pfalz zu behaupten[WS 1], wodurch England, Holland und nicht am wenigsten Frankreich zum Kampfe gespornt wurden. Ob Philipp IV., als er im J. 1624 auf die ihm zugesagte Abtretung des österreichischen Elsasses verzichtete, sich eine Entschädigung durch jenes Gebiet vorbehielt, ist fraglich. Gewiß ist, daß F. nichts that, um die spanischen Truppen hinauszubringen. Ein gemeinsamer Angriff der auswärtigen Mächte unterblieb indeß. Nur König Christian IV. von Dänemark erhob im Verein mit niedersächsischen Ständen im J. 1625 die Waffen gegen den Kaiser und seine Verbündeten, während Mansfeld und der Halberstädter neue mit englischem und französischem Gelde geworbene Heere nach Norddeutschland führten. Dieser Gefahr fühlte sich die Liga nicht mehr gewachsen, zumal auch Frankreich sich zur Theilnahme am Kriege anzuschicken schien. Sie forderte daher den Kaiser auf, ein eigenes Heer ins Feld zu stellen. Ferdinands Mittel waren jedoch erschöpft. Da erbot sich der Befehlshaber des in Böhmen stehenden Kriegsvolkes, Albrecht v. Wallenstein, auf eigene Kosten ein Heer zu bilden und zu unterhalten. In seiner Noth ging F. darauf ein, obgleich es die schwersten [653] Bedenken erregen mußte, das kaiserliche Schwert der Willkür eines Mannes anheimzugeben, dessen ehrgeizige Unfügsamkeit man bereits hinlänglich kannte, und obwol sich voraussehen ließ, daß die Abneigung der protestantischen Reichsstände wachsen werde, wenn das Reichsoberhaupt sein Heer durch ihnen abgepreßte Steuern erhalten wolle. Ob F. es billigte, daß Wallenstein, statt sich mit Tilly zu verbinden, die Stifter Halberstadt und Magdeburg besetzte, ob er schon damals ernstlich daran dachte, Halberstadt für seinen zweiten, geistlichen Sohn zu gewinnen, steht dahin. Die Protestanten wurden durch das Vorgehen des kaiserlichen Feldherrn in dem Argwohn bestärkt, daß die Zurückforderung der seit 1555 eingezogenen Kirchengüter beabsichtigt werde. Die Lage des Kaisers und der Liga war eine sehr gefährliche, um so mehr, als auch Bethlen Gabor zum Losbruch bereit stand. Ohne Rücksicht darauf setzte jedoch F. die gewaltsame Katholisirung seiner Lande fort. Sie in Oberösterreich in Angriff zu nehmen, widerrieth der bairische Statthalter und auch Kurfürst Maximilian zeigte Bedenken. Gleichwol ging F. vor. Da empörten sich im Mai 1626 die verzweifelnden Bauern und brachten in raschem Ansturme das ganze Land bis auf Linz in ihre Gewalt, während Mansfeld, welchen Wallenstein im April an der Dessauer Brücke geschlagen, aber nicht vernichtet hatte, und Johann Ernst von Weimar in Böhmen, Dänen in Schlesien und Bethlen Gabor in Ungarn einbrachen. Man besorgte, daß sie den Bauern die Hand bieten und in allen kaiserlichen Ländern die Flamme des Aufruhrs entzünden könnten. F. ließ sich dadurch jedoch nicht zur Nachgiebigkeit gegen seine Unterthanen bewegen. Und noch einmal blieb ihm das Glück treu. Am 27. August schlug Tilly Christian IV. bei Lutter am Barenberg aufs Haupt, Mansfeld und Weimar wurden unter schweren Verlusten durch Wallenstein nach Ungarn gedrängt, Bethlen Gabor wich vor diesem zurück und schloß am 28. December Frieden, und die Oberösterreicher wurden durch Pappenheim trotz heldenmühiger Gegenwehr niedergeworfen. Im folgenden Jahre vernichtete dann Wallenstein das dänische Heer in Schlesien und eroberte mit Tilly Holstein, Schleswig und Jütland, während gleichzeitig die Unterwerfung des niedersächsischen Kreises vollendet wurde und die Türken den im J. 1606 mit Rudolf II. geschlossenen Frieden erneuerten.

Ferdinands Macht stand auf einer Höhe, wie sie seit vier Jahrhunderten kein Kaiser eingenommen hatte. Er schien sich die kühnsten Ziele setzen zu dürfen. Vor allem gedachte man an seinem Hofe jetzt, die Herrschaft über die Ost- und Nordsee und ihren Handel, wie sie einst die Hanse besessen hatte, wieder zu erwerben; Wallenstein wurde zum General der beiden nordischen Meere ernannt und mit den Hansestädten Verhandlung über die Ausführung der großen Entwürfe angeknüpft. Diese forderten jedoch Dänemark und Schweden zum Kampfe ums Dasein heraus. Schon im October 1627 hatte Gustav Adolf von Schweden, durch die kaiserlichen Siege erschreckt, Christian IV. seine Hülfe angeboten. Jetzt unterstützten beide Stralsund, welches sich weigerte, eine Besatzung Wallenstein’s einzunehmen. Nach drei Monaten mußte der kaiserliche Feldherr die Belagerung, durch welche er die Stadt zum Gehorsam zu zwingen suchte, ohne Erfolg aufheben. Er machte diese Niederlage durch den glänzenden Sieg wett, welchen er am 22. August 1628 bei Wolgast über Christian erfocht. Indeß sah man doch, daß ohne eine Flotte die gewaltsame Beendigung des Krieges unmöglich sei, und so wurde denn am 12. Mai 1629 der Lübecker Friede geschlossen, wodurch Dänemark gegen den Verzicht auf die niedersächsischen Stifter, die es an sich zu bringen getrachtet, und auf jede Einmischung in die deutschen Angelegenheiten den cimbrischen Chersones zurückerhielt. Gustav Adolf war von den Verhandlungen ausgeschlossen worden. Um ihn von der Einmischung in die deutschen Kämpfe abzuhalten, und durch Glaubenseifer und Familiengefühl getrieben, [654] willigte F. jetzt darein, daß seinem Schwager, dem Könige von Polen, der mit dem Schweden im Kriege lag, von Wallenstein ein Heer zu Hülfe gesandt wurde. Der Erfolg war das gerade Gegentheil von dem, was er wünschte. Gustav Adolf schloß, um gegen den Kaiser zu rüsten, mit Polen Frieden. Den Vermittler machte hierbei Frankreich, welchem der Kaiser in Italien entgegentrat. Dort hatte Herzog Karl von Nevers, ohne des Kaisers Belehnung zu erwerben, von den erledigten Reichslehen Mantua und Montserrat Besitz ergriffen. Spanien sah in ihm ein Werkzeug Frankreichs und forderte, um seine Herrschaft in Italien besorgt, daß der Kaiser ihn ausschließe. Ferdinands Gemahlin, der Nuntius des Papstes Urban VIII., welcher das Ueberwuchern der spanischen Macht fürchtete, der Beichtvater Lamormaini und andere sonst höchst einflußreiche Geistliche boten alles auf, um die Gewährung des spanischen Begehrens zu verhüten. Das Erbrecht der Nevers war zweifellos und einer ihrer Vorfahren hatte dem kaiserlichen Hause im Türkenkriege trefflich gedient. Dennoch versagte F. die Belehnung und als Frankreich, welches gern die Gelegenheit zur Einmischung ergriff, dem Herzoge bewaffnete Hülfe leistete, schickte auch er ein Heer über die Alpen. Dadurch zog er sich die unversöhnliche Feindschaft des Papstes zu und brach mit Frankreich zu eben der Zeit, wo es durch die Eroberung La Rochelle’s in den Stand gesetzt wurde, seine Kraft der auswärtigen Politik zuzuwenden. Seit Richelieu die Leitung der Geschäfte übernommen hatte, war Frankreich die Seele der dem Hause Habsburg feindseligen Bestrebungen geworden. Daß es jetzt seine Intriguen im Reich und im übrigen Europa verdoppelte, wurde zum Theil wol auch dadurch veranlaßt, daß F., um Oberösterreich wieder zu erlangen, Maximilian von Baiern die Kur, die Oberpfalz und den rechtsrheinischen Theil der Rheinpfalz erblich übertrug. Es verstärkte sich dadurch der Argwohn, daß die linksrheinische Pfalz dauernd in den Besitz Spaniens übergehen solle. Diese Aussicht mehrte zugleich die Besorgnisse der Holländer; sie sandten ein Heer an den Niederrhein, ein zweites von Ostfriesland aus gegen die Weser hin. Nicht minder steigerte Ferdinands Verfügung über den pfälzischen Besitz, welche den Ausgleich mit Friedrich V. unmöglich machte, die Feindseligkeit Englands. Aufs neue bereitete sich ein europäisches Bündniß wider den Kaiser vor. Inzwischen nahmen im Reiche selbst die Verhältnisse eine nicht minder verhängnißvolle Entwicklung. Seit 1627 katholisirte F. auch Schlesien gewaltsam, soweit nicht der Majestätsbrief in unzweideutigem Wortlaut ein unbezwingliches Hinderniß entgegenstellte, und seine Statthalter, Dohna und Oppersdorf, ahmten mit ihren Soldaten die Gräuel der böhmischen Seligmacher nach. Gleichzeitig wurden die protestantischen Adlichen in allen kaiserlichen Landen mit Ausnahme von Oesterreich unter der Ens, wo ihnen nur die Prediger genommen wurden, zur Bekehrung oder zur Auswanderung gezwungen. Die so Vertriebenen – ihre und der vor ihnen hinweggezogenen Unterthanen Zahl wurde noch 1647 auf 30000 geschätzt – kämpften nachmals unter den feindlichen Fahnen mit dem ganzen Ingrimm des Hasses und der Verzweiflung und schon jetzt verbreiteten sie durch ganz Deutschland hin bei ihren Glaubensgenossen Erbitterung und die Besorgniß, daß vom Kaiser und der Liga die völlige Vernichtung des Protestantismus geplant werde. Die Restaurationsmaßregeln rheinischer Bischöfe und die gewaltsame Katholisirung der pfälzischen Lande durch Baiern und Spanien bestärkten in dieser Auffassung, und daß der Kaiser das Erzstift Magdeburg, wo ein sächsischer Prinz zum Administrator erwählt worden war, kraft päpstlicher Provision für seinen Sohn Leopold Wilhelm in Anspruch nahm, entfremdete ihm nicht nur den treuen Kurfürsten von Sachsen, sondern erfüllte alle norddeutschen Protestanten mit Sorge um ihre politische Unabhängigkeit und den Besitz der Kirchengüter. Aber F. ging unbekümmert weiter. Am 6. März 1629 erließ er das Restitutionsedict, [655] welches bestimmte, daß die Katholiken alle dem Reiche nicht unmittelbar unterworfenen Kirchengüter, welche von den Territorialgewalten seit 1552 eingezogen seien, zurückfordern dürften, daß den Protestanten kein Recht auf den Besitz der reichsständischen Stifter zustehe, daß auch die geistlichen Stände befugt seien, ihre Unterthanen zu ihrem Bekenntniß zu zwingen, und daß neben den Katholiken nur die Lutheraner auf den Schutz des Religionsfriedens Anspruch hätten. Zum Erlaß dieses Gesetzes war F. nach der bestehenden Reichsverfassung allerdings befugt und die wichtigsten seiner Bestimmungen entsprachen dem Wortlaute des Religionsfriedens. Nur die Zuerkennung des Reformationsrechtes an die Geistlichen war eine frivole Gewaltthat, da sie der von Ferdinand I. im J. 1555 gegebenen Erläuterung des Augsburger Vertrags zuwiderlief. Aber gegen die sämmtlichen Satzungen mußte sich nicht nur das Gewissen der Reformirten, welche zur Aufgabe ihres Bekenntnisses gezwungen werden sollten, sondern ebenso das der Lutheraner, welche so viele tausend Seelen der „papistischen Abgötterei“ überlassen sollten, mit voller Energie empören. Nicht minder heftig lehnten sich politische Interessen dagegen auf. Wenn die Reichsstifter nur Katholiken zugänglich waren, so verschoben sich die Machtverhältnisse Norddeutschlands zum äußersten Nachtheil der Protestanten und diese verloren die Aussicht auf Erweiterung ihrer Hausmacht und Versorgung ihrer nachgeborenen Kinder. Mußten die seit 1552 eingezogenen Kirchengüter und ihre seitdem genossenen Einkünfte zurückgegeben werden, so wurden die meisten evangelischen Stände finanziell zu Grunde gerichtet und ihre Territorien in einer Weise durchbrochen, welche bei der Schroffheit der kirchlichen Gegensätze doppelt empfindlich und nachtheilig war. An den Landständen der Prälaten verloren ferner die glaubensverwandten Fürsten natürliche Bundesgenossen, die unter Umständen von Werth sein konnten. Endlich fühlten sich die Stände durch das Edict überhaupt in allen ihren kirchlichen und politischen Freiheiten gefährdet, weil F. es aus kaiserlicher Vollmacht erließ und so jene oberstrichterliche Gewalt und jene Befugniß zur Auslegung des Religionsfriedens und der Reichsverfassung, welche die ständische Opposition dem Kaiserthum stets bestritten hatte, im weitesten Umfange für sich in Anspruch nahm. Das Edict forderte mithin Calvinisten und Lutheraner, deren Zwiespalt bis dahin dem Katholicismus und dem Kaiserthum so oft den größten Vortheil bereitet hatte, geeint zum verzweifelten Kampfe heraus und gab diesem Kampfe im Bewußtsein der Zeitgenossen das Gepräge eines Religionskrieges. Im Hinblick auf die Folgen des Erlasses wußten später sogar Katholiken ihn sich nicht anders zu erklären, als daß Richelieu ihn angestiftet habe, um Habsburg zu verderben. Von wem die erste Anregung wirklich ausging, ob vom Papste, vom Kaiser oder von den katholischen Ständen, läßt sich noch nicht feststellen. Der Schritt selbst war das nothwendige Ergebniß der von Rom und von den Jesuiten verbreiteten Theorien und der Kaiser und die Stände waren gleich eifrig dazu. Ein Siegesrausch hatte sie ergriffen. Sie glaubten, wie F. im Herbst 1629 sagte, „daß er durch die ihm von Gott verliehenen, wunderbaren Siege nunmehr gerettet und in einer Lage sei, worin er hoffen könne, hinfort gedeihliche Wohlfahrt ersprießlich zu genießen“. Sie glaubten die Macht zu haben, das durchzusetzen, was sie für Recht und Pflicht hielten. Und sie hätten sie in der That gehabt, wenn nicht den deutschen Protestanten der schwedische König zu Hülfe gekommen wäre, dessen gewaltige Persönlichkeit alle Berechnungen zu Schanden machte und die Verhältnisse völlig umgestaltete.

Ohne Widerstand wurde zunächst die Restitution in vielen Gebieten durchgeführt. Die wiedererworbenen Güter wollte die Liga bis zum Ersatz der Kriegskosten in Händen behalten. F. war jedoch zu fromm, um einem solchem Vorschlage zuzustimmen, und hoffte, seinem Hause im Nordosten Deutschlands eine [656] ebenso mächtige Secundogenitur, wie Baiern im Nordwesten besaß, schaffen und unmittelbaren Einfluß auf jene der kaiserlichen Gewalt fast entzogenen Gebiete gewinnen zu können. Wie Magdeburg, so suchte er auch Halberstadt und Verden für Leopold Wilhelm zu gewinnen.

Während aber so die Protestanten durch die vereinte Macht des Kaisers und der Katholiken zum Aeußersten gedrängt wurden, traten in anderer Hinsicht die Katholiken selbst neben ihnen in immer schrofferen Gegensatz zum Kaiser. Wallenstein hatte vom Beginn seiner Feldherrnschaft an die Gebiete der neutralen und namentlich der geistlichen Reichsstände mit Kriegsvolk überschwemmt, welches, müssig in den Quartieren liegend, Herren und Unterthanen aussog und aufs schwerste bedrückte. Bald hatten die Fürsten den Argwohn geschöpft, daß es auf ihre Vernichtung abgesehen sei, und Aeußerungen Wallenstein’s und seiner Obersten hatten sie darin bestärkt. Die Warnungen, die Bitten, die Drohungen, welche sie an den Kaiser richteten, blieben fruchtlos. F. war dem General dankbar, glaubte ihn nicht entbehren zu können, vermochte nicht dessen Rechnungen zu bezahlen, vertraute ihm und sah in ihm den Vertreter der kaiserlichen Autorität, welcher er größere Befugnisse beimaß, als auch im Sinne der katholischen Stände lag. Nach den Siegen des J. 1627 ernannte er Wallenstein zum Generaloberstfeldhauptmann mit unbeschränkter Vollmacht: dadurch fühlten sich die Stände der Willkür desselben vollends preisgegeben und seine Gewaltthaten ausdrücklich durch die kaiserliche Autorität gebilligt. Dann wurde Wallenstein mit den Herzogthümern Mecklenburg und mit der Reichsstandschaft belehnt. Die Gleichstellung des böhmischen Edelmanns mit ihnen empörte das Standesgefühl der Erbfürsten und die ohne ordentlichen Proceß und ohne Zustimmung der Kurfürsten erfolgte Absetzung der Herzoge, die doch keineswegs gleiche Schuld wie Friedrich V. auf sich geladen hatten, wurde als Bruch der Reichsverfassung betrachtet. Diese Gewaltthat, die gleichzeitige Einleitung eines Hochverrathsprocesses gegen den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, die Besetzung Pommerns durch Wallenstein’s Schaaren, sowie in gewissem Maße die Belagerungen Stralsunds, welches Wallenstein gegen Ende des J. 1629 nochmals erfolglos zu bezwingen suchte, und sein Angriff auf die Stadt Magdeburg erschienen als Schritte auf dem Wege zur Beseitigung der alten Territorialgewalten und in den zahlreichen Confiscationen, welche der Kaiser im Reiche verhängte, und in anderen eigenmächtigen Verfügungen desselben sah man die Beweise, daß er mit seinem Generale die Absicht hege, die ständischen Rechte niederzubrechen und eine unbeschränkte Herrschaft aufzurichten. Solchen Bestrebungen entgegenzutreten, trieb das Gebot der Selbsterhaltung auch die katholischen Stände. Sie mißbilligten überdies die auswärtige Politik des Kaisers. Es schien ihnen nothwendig, die kaiserlich-katholische Macht zur Durchführung des Restitutionsedicts und zur Abwehr Gustav Adolfs und der Holländer gesammelt zu halten, und sie zürnten, daß Frankreich wegen der Interessen Spaniens, dessen Uebermacht sie selbst fürchteten, gegen das Reich herausgefordert werde. Richelieu’s Ränke und friedliche Versprechungen bestärkten sie in dieser Stimmung. Als nun F. im Juni 1630 die Kurfürsten in Regensburg um sich versammelte, damit sie seinen ältesten Sohn zum römischen Könige wählten, erhoben sich die katholischen wider ihn und verlangten, daß er die Rechte ihres Collegiums und der Stände überhaupt in Zukunft achten und vor allem Wallenstein entlassen solle. Diese letzte Forderung mochte vom Nuntius und von dem kaiserlichen Beichtvater eifrig unterstützt werden, da der Papst das Erscheinen des Feldherrn in Italien fürchtete. F. konnte ohnehin nicht daran denken, mit den Katholiken zu brechen. Seine Räthe wollten jedoch die Beseitigung Wallenstein’s durch erhöhte Leistungen erkaufen lassen. Als aber die Kurfürsten persönlich bei F. erschienen, willigte dieser bedingungslos in die Absetzung seines Feldherrn. Zu dessen Nachfolger mußte er [657] Tilly, den General der Liga, bestellen; er mußte sein Heer vermindern und die übrigen Forderungen der Kurfürsten bewilligen, ja er mußte sich zum Frieden mit Frankreich und zur Belehnung des Herzogs von Nevers, welchen sein Heer so eben erst aus Mantua verjagt hatte, bequemen und so seine Politik von der des spanischen Vetters scheiden. Mit all dieser Nachgiebigkeit vermochte er jedoch nicht, die Wahl seines Sohnes zu bewirken, denn auch die Katholiken glaubten jetzt verhüten zu müssen, daß das Reich zum Erbe des übermächtigen Hauses Habsburg werde. Das Ständethum, soweit es durch die Liga vertreten war, beugte die so hoch erhobene kaiserliche Gewalt tiefer als vordem unter seine Hand und trat ihrer Hauspolitik schroff entgegen.

Inzwischen war Gustav Adolf auf deutschem Boden gelandet; rasch drang er in Pommern und Mecklenburg vor; schon schlossen sich norddeutsche Fürsten und Städte ihm an und durch das ganze Reich hin gab sich drohende Erregung kund. Die Mehrheit der protestantischen Stände zögerte jedoch, sich gegen den Kaiser zu erheben, denn noch war das nationale Bewußtsein im Verein mit der Furcht vor dem Kaiser und vor der Eroberungssucht des fremden Königs stark genug, um sie von einem Bündnisse mit diesem abzuhalten. Konnte nun schon der Wunsch, ein Gegengewicht zur Liga zu gewinnen, den Kaiser zur Verständigung mit den gemäßigten Protestanten anregen, so mußte die neue Kriegsgefahr eine solche gebieten. F. aber wies die Forderung der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, daß das Restitutionsedict widerrufen werden möge, ebenso entschieden wie die Ligisten zurück und die ihm von diesen beschränkte Vollgewalt gedachte er gegen die Protestanten nach wie vor geltend zu machen. Er plante neue, umfassende Confiscationen im Reich und legte Hand an die Freiheit der Reichsstädte, indem er das Recht beanspruchte, sie für seine Schulden zu verpfänden. Zugleich vereitelte er von vornherein den ihm von Friedrich V. und England angetragenen Ausgleich durch das Verlangen, daß jener sich zunächst bedingungslos unterwerfen solle. Mit Gustav Adolf glaubte F. gleich den Katholiken leicht fertig werden zu können. Rasch warf dieser jedoch die elenden und schlecht geführten Schaaren, die Wallenstein in Norddeutschland gesammelt hatte, und Tilly wurde durch Mangel an Geld und Lebensmitteln und den dadurch verursachten Zustand seines Heeres an energischem Vorgehen gehindert. Noch gelang es ihm, am 20. Mai 1631 Magdeburg zu nehmen, aber indem eine verzweifelte Partei unter den Bürgern, von dem schwedischen Befehlshaber angefeuert, die Stadt in Asche legte, schwand ihm der beste Theil des Erfolges unter den Händen dahin. Brandenburg und Sachsen schlossen sich, jenes gezwungen, dieses durch des Kaisers Unnachgiebigkeit gereizt und durch Tilly bedrängt, dem Schweden an, welchem Frankreich schon im Januar seine Geldhülfen zugesichert hatte. Am 17. September erlag dann das kaiserlich ligistische Heer bei Breitenfeld der überlegenen Taktik und Bewaffnung des Gegners. Um dieselbe Zeit tagte ein Kurfürstentag zu Frankfurt a. M. Wieder verlangten Sachsen und Brandenburg Aufhebung des Restitutionsedictes. Baiern war geneigt, es zu suspendiren und den zwei evangelischen Kurfürsten den Besitz ihrer Stifter zu sichern; die Kaiserlichen und die Geistlichen dagegen bestanden nochmals auf der Durchführung und so zerschlug sich die Verhandlung. Nach dem Siege bei Breitenfeld drang Sachsen in Böhmen ein und besetzte Prag. Gustav Adolf zog, von den Protestanten als Retter ihres Glaubens und der deutschen Libertät begrüßt, an den Mittelrhein und nahm dort und in Franken in raschem Ansturm die Festungen und Gebiete der Katholiken ein. Das Heer des Kaisers und der Liga mußte gegen die Donau hin weichen und löste sich beinahe völlig auf.

Da ernannte F. am 15. December 1631 Wallenstein aufs neue zum Befehlshaber seiner Truppen und bevollmächtigte ihn zur Werbung eines Heeres. Im [658] April 1632 übertrug er ihm dann unumschränkte Gewalt in militärischer und politischer Hinsicht. Was ihn bestimmte, die wiederholte Bitte seines ältesten Sohnes, König Ferdinands III., ihm den Oberbefehl zu übertragen, abzulehnen, und welche Stellung er zu den Verhandlungen mit Wallenstein einnahm, ist noch nicht aufgeklärt. Es scheint, daß er blindlings den Rathschlägen Eggenberg’s nachkam. In Folge seiner Wallenstein gemachten Zugeständnisse war F. den Ereignissen der nächsten anderthalb Jahre gegenüber nicht viel mehr als Zuschauer. Er wünschte den Frieden sehnlich und war jetzt, durch die Noth gebeugt, bereit, denselben durch die Aufhebung des Restitutionsedictes und durch Rückgabe der Kur und der rheinischen Gebiete an die Pfälzer zu erkaufen. Ein im J. 1633 selbständig unternommener, nicht aussichtsloser Versuch, auf dieser Grundlage durch Dänemarks Vermittlung sein Ziel zu erreichen, wurde jedoch vereitelt, indem Wallenstein den Kampf erneuerte. Das scheint bereits Mißtrauen gegen den Feldherrn erweckt zu haben, doch gelang es erst im Januar 1634 den dringendsten Vorstellungen Baierns und des spanischen Gesandten Oñate, Eggenberg’s Einfluß zu brechen und Ferdinands dankbarblindes Vertrauen zu überwinden. Wallenstein wurde entsetzt und seiner Güter verlustig erklärt. Daß er am 25. Februar mit seinen Vertrauten zu Eger ermordet wurde, geschah ohne des Kaisers Vorwissen, doch säumte dieser nicht, die nach den Anschauungen der Zeit berechtigte That anzuerkennen und die Getreuen, welche ihn und sein Haus vom Untergange gerettet hatten, zu belohnen. Wallenstein’s Fall zog den Sturz Eggenberg’s nach sich, „der keine Zeit zu verlieren hatte, um sich ohne Schimpf vom Hofe nach Steiermark zurückzuziehen, nachdem ihm König Ferdinand III. unter Weglassung der Anrede E. Ld. Lebewohl gesagt hatte“. Der Verlauf und Zusammenhang dieses Ereignisses ist noch in Dunkel gehüllt. Man darf ihm vielleicht beinahe die Bedeutung eines Thronwechsels beimessen. Maximilian v. Trautmannsdorf, der Vertraute Ferdinands III., wurde nun der leitende Minister und der König selbst erhielt am 2. Mai unter Beiordnung von Gallas den Oberbefehl über das Heer und Vollmacht zum Abschlusse der mit Sachsen angeknüpften Friedensverhandlungen. Die politisch-militärische Lage, in welcher der Kaiser sich nach Wallenstein’s Tode befand, war eine überaus ungünstige. Die Treue eines Theils der Wallensteiner war zweifelhaft und der Zusammenhalt des Heeres tief erschüttert. Außer den kaiserlichen Landen und Baiern war fast das ganze Reich in der Gewalt der Schweden oder im Bündniß mit ihnen. Eben ging auch die Mehrheit der niedersächsischen Stände ein solches ein. Das schwedische Heer eroberte den Sundgau und den Breisgau, nur Breisach hielt sich noch am Oberrhein. Frankreich, welches sich ohne Kriegserklärung in den Kampf gemischt hatte, annectirte Lothringen und besetzte die wichtigsten Plätze im österreichischen Elsaß und im Bisthum Straßburg. In Hessen und Westfalen wogte der Kampf ohne Entscheidung hin und her. Die Sachsen drangen in Schlesien ein und siegten am 13. Mai bei Liegnitz. Bernhard von Weimar hatte Regensburg, den Schlüssel zu Böhmen, Oesterreich und Baiern, und den bairischeu Waffenplatz Straubing nebst anderen Städten an der Donau genommen. Es gelang jedoch das Heer wieder feldtüchtig zu machen und, sich mit ihm nach Westen wendend, eroberte Ferdinand III. am 28. Juli Regensburg und schlug, durch ein spanisches Heer unter dem Cardinalinfanten und ein bairisches unter dem Kurfürsten Maximilian verstärkt, am 6. September Weimar und die Schweden unter Horn bei Nördlingen aufs Haupt. Mit panischem Schrecken erfüllte dieser glänzende Sieg die Gegner. Beinahe ganz Franken, Schwaben, Würtemberg und Baden wurden ohne Widerstand besetzt. Eine weitere Frucht des Erfolges war es, daß Sachsen trotz der Gegenbemühungen Frankreichs und Schwedens am 30. Mai 1635 zu Prag mit dem Kaiser Frieden und ein [659] Bündniß schloß. Nach eingeholtem Gutachten kirchlicher Würdenträger und anderer Theologen verzichtete der Kaiser so gut wie endgültig auf die Herausgabe der am 12. November 1627 im Besitz der Protestanten gewesenen Kirchen, Klöster, Pfründen, Kirchengüter und Reichsstifter und versprach die paritätische Besetzung der Reichsgerichte. Magdeburg gab er an Sachsen heraus, wogegen dieses Halberstadt dem Erzherzog Leopold Wilhelm überließ. Die einst verpfändeten Lausitzen wurden gegen das Versprechen, den Katholicismus dort fortbestehen zu lassen, dem Kurfürsten erblich übertragen. Die Wiederaufnahme der Protestanten in seinem Lande hatte F. entschieden verweigert und Sachsen hatte darauf ebensowenig bestanden, wie auf dem Austrage der kurpfälzer Sache. Das war für den Kaiser von großem Werth. Ueberhaupt aber war der Vortheil des Vertrags, wie große Zugeständnisse auch den Protestanten gemacht wurden, überwiegend auf seiner und der Katholiken Seite, denn der Normaltag für den kirchlichen Besitzstand fiel in die Zeit ihrer größten Macht, die Reichshofrathsgerichtsbarkeit wurde anerkannt und die Mehrheit war den Katholiken im Reichsfürstenrathe durch den Ausschluß der Administratoren, welchen Sitz und Stimme ausdrücklich vorenthalten wurde, für immer, im Kurcolleg durch Nichteinsetzung der Pfälzer wenigstens vorläufig zugesichert.

Der Kaiser und Sachsen hofften, daß sich ganz Deutschland dem Vertrage anschließen werde und in der That traten ihm Kurbrandenburg, die meisten Fürsten und viele Reichesstädte, des Krieges und der Fremden müde, bei. Der völligen Herstellung des Friedens stand jedoch nicht nur die Pfälzer Sache entgegen, sondern unmittelbarer noch, daß die Reformirten nicht als des Religionsfriedens theilhaftig anerkannt worden waren und daß F. einige Fürsten, die sich besonders schwer gegen die kaiserliche Hoheit vergangen zu haben schienen, von der Begnadigung ausschloß. Indeß wurde der Krieg von jetzt ab doch wesentlich ein Kampf gegen die Ausländer, welchen sich die dem Frieden abgeneigten Fürsten als Söldner anschlossen. Diese traten nach der Nördlinger Schlacht, alles nationale Gefühl verleugnend, das Elsaß bis auf Straßburg, sowie Constanz, Breisach und Philippsburg an Frankreich ab, um dessen Hülfe zu erkaufen, und räumten ihm Sitz und Stimme in ihrem Bunde ein. Umsonst suchte sich Schweden der Nebenbuhlerschaft zu erwehren; es mußte sich schließlich diese sammt jenen Abtretungen gefallen lassen. Frankreich griff jetzt das kaiserlich-bairische Heer an, ohne jedoch noch den Krieg zu erklären. Erst im September 1636 geschah dies durch den Kaiser. Seine Hauptthätigkeit richtete Richelieu auch jetzt darauf, Schweden und die Reichsstände, welche sich ihm verkauften, zur Fortsetzung des Krieges zu treiben und andere Gegner gegen das Haus Habsburg aufzubieten. Im Felde blieb der Erfolg auf Seite Ferdinands, Baierns und Spaniens, welchem Frankreich den Krieg erklärte, weil es Trier besetzte, dessen Kurfürst die Stadt an Frankreich verrathen wollte. Erst am 4. October 1636 gelang es den Schweden, den Kaiserlichen und den Sachsen bei Wittstock eine furchtbare Niederlage beizubringen, welche das Ansehen ihrer Waffen herstellte, Thüringen, Hessen und Erfurt in ihre Hände lieferte und ihnen ermöglichte, Brandenburg niederzuhalten und im Februar 1637 nach Sachsen vorzudringen. Das Bündniß der beiden protestantischen Kurfürsten mit dem Kaiser vermochten jedoch weder Richelieu’s Intriguen, noch die schwedischen Erfolge zu zerstören. Eine seiner wichtigsten Früchte war es, daß auf dem Kurfürstentage zu Regensburg am 22. December 1636 trotz dem Widerstreben Papst Urbans VIII. und trotz den Umtrieben Frankreichs des Kaisers Sohn zum römischen Könige erwählt wurde. „Nun, o Herr, läßst du deinen Diener in Frieden fahren“, rief F. aus. Durch den schroffsten Wechsel des Glücks hindurch sah er die Krone des Reiches seinem Hause gerettet und wenn auch noch ringsum schwere Gefahren drohten, er durfte [660] hoffen, daß sein Nachfolger behaupten werde, was ihm an Landen und Rechten geblieben. Kaum nach Wien zurückgekehrt, erlag er der Wassersucht, an der er schon seit einigen Jahren krankte, am 15. Februar 1637.

F. II. war klein und gedrungen, früh wohlbeleibt. Dünnes, röthlich blondes Haar umgab die hohe, schwachgewölbte Stirne; zwischen den runden, hellblauen Augen, die der Hülfe eines Glases bedurften, sprang die stark entwickelte Nase mit fleischiger Spitze über den vollen Mund hervor. Den Schnurr- und Knebelbart trug er nach spanischer Sitte gestutzt. Eine behäbige, freundliche Erscheinung. Ihr entsprach sein Wesen. Er war heiter, offenherzig und gesprächig, voll Wohlwollen und gegen Jedermann, auch die Aermsten und Geringsten, überaus freundlich und herablassend. An seinen beiden Gemahlinnen und seinen Kindern hing er mit zärtlicher Neigung und es war seine Freude, mit ihnen in traulichem Gespräche beisammenzusitzen; Eleonore mußte ihn sogar auf der Jagd begleiten. Seinen Dienern begegnete er stets mit gleicher Freundlichkeit und gern ließ er sich von ihnen die Hof- und Stadtneuigkeiten erzählen; über ihre Versehen ging er scherzend hinweg; nie sah man ihn ungeduldig oder zornig. Den Räthen und Anderen, die ihm nahe traten, schenkte er leicht Vertrauen und schwer ließ er davon ab. Für geleistete Dienste war er ungemein dankbar. Gern verzieh er seinen Feinden und überhäufte die Reuigen mit Gnaden. Er entbehrte dabei nicht der Würde des Benehmens, aber seine Bereitwilligkeit, Nachsicht zu gewähren, verminderte den Eifer zu gehorchen, und in seiner schlaffen Gutmüthigkeit vermochte er nicht, seine Diener, geschweige denn seine Beamten in Zucht zu erhalten. Schleppender Geschäftsgang und Nachlässigkeiten, Unordnungen, Eigenmächtigkeiten und Unterschleife der hohen und niederen Beamten waren die Folgen davon. Noch maßloser als seine Gutmüthigkeit war seine Freigebigkeit. Im. J. 1626 zählte man 400 Personen, welchen er den bis dahin als hohe Auszeichnung betrachteten Kammerherrenschlüssel verliehen hatte; wenige Jahre später betrug die Zahl der von ihm ernannten Truchsessen 60 und bis 1636 waren von ihm mehr als 100 Familien in den Freiherrenstand, mehr als 70 in den Grafenstand erhoben, 15 mit dem Fürsten- oder Markgrafentitel ausgezeichnet, und 7 zum Mißvergnügen der alten Häuser mit der Reichsfürstenwürde beliehen. Gelder und Ehrengeschenke, die heute in seine Hände kamen, waren morgen an seine Räthe und Officiere vertheilt. Schulden, die er zu fordern hatte, wurden leicht nachgelassen, Güter oft verschenkt oder weit unter dem Preise zugeschlagen. Nicht minder reichlich als seinen Getreuen spendete F. den Orden, den Geistlichen, den Kirchen, den Armen und milden Stiftungen. Während die Schulden zu ungeheurer Höhe anschwollen, die Zinsen nicht bezahlt werden konnten, Oesterreich ob der Ens und die Lausitzen verpfändet waren, die armen Gläubiger vergeblich um Bezahlung jammerten, die kaiserlichen Lande unter dem Drucke der Abgaben, die Reichsgebiete unter den Steuern und den Erpressungen der unbezahlten Heere erlagen und die Kriegsunternehmungen durch den Geldmangel aufs schwerste behindert wurden, schenkte und schenkte F. als besitze er unerschöpfliche Schätze. Man versichert, daß die Confiscationen in seinen Landen und im Reiche zur Bezahlung der Kriegskosten genügt haben würden: sie fielen zum größeren Theil durch seine Freigebigkeit oder durch Betrug den Großen und Officieren anheim. Für sich selbst lebte F., obgleich er Pracht und Lustbarkeiten liebte, höchst einfach. Sein Hofstaat war gering, seine Gemächer waren bescheiden geschmückt und Feste selten. Seine Tafel war beinahe dürftig. Auf Auserlesenheit und Zubereitung der Gerichte legte er kein Gewicht. Er aß jedoch nach deutscher Sitte viel und wollte der Ueberfüllung des Magens lieber durch den Arzt abhelfen lassen als durch Auswahl der Speisen und durch Enthaltsamkeit. Im Trinken war er mäßig, doch vermochte er gelegentlich sehr [661] Erhebliches darin zu leisten. Seine Liebhaberei waren Jagd, Pferde und Musik und hiefür verwendete er sehr große Summen. Die Mahnung, sie zu beschränken, nahm er so übel auf, daß ihm Niemand mehr davon zu sprechen wagte, und vergeblich warnten ihn in höherem Alter die Aerzte vor den Anstrengungen der Jagd. Er widmete ihr auch in den bedrängtesten und arbeitsvollsten Zeiten mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage jeden[WS 2] zweiten Tag. Er war ein trefflicher Schütze und mit Behagen erzählte er von den Mühen und Erfolgen der Hetze, die er der Standjagd weit vorzog. Sogar in seinen Briefen mischte er Jagdgeschichten unter die Besprechung der wichtigsten Angelegenheiten. Die Jäger und neben ihnen die Musiker, von welchen er aus allen Landen die tüchtigsten herbeizog, genossen seine besondere Gunst und wurden zuerst von allen Dienern bezahlt. Für Wissenschaften und bildende Künste hatte F. keinen Sinn. Seine Gelehrsamkeit beschränkte sich, abgesehen von jenen geringen Anfängen, die zu Ingolstadt gemacht waren, auf die Kenntniß der lateinischen, italienischen, spanischen und französischen Sprache, von welchen er jedoch neben der deutschen bei Unterredungen nur die ersten beiden anwandte. Nie las er seit seiner Studienzeit ein anderes Buch als Erbauungsschriften und Legenden.

Den Regierungsgeschäften widmete er sich mit unermüdlichem Pflichteifer. Den Berathungen seiner Minister wohnte er regelmäßig bei, alle Eingaben las er selbst, rasch unterschrieb er die Vorlagen, sogar auf der Jagd ließ er sich von Räthen begleiten, um dringende Geschäfte abmachen zu können, und vom anstrengenden Waidwerke heimkehrend, arbeitete er oft noch bis tief in die Nacht, ohne darum am folgenden Morgen sich, seiner Gewohnheit zuwider, später als um fünf Uhr zu erheben. Sein Fleiß und ein ungewöhnliches Gedächtniß setzten F. in den Stand, durch eingehende Kenntniß der Geschäfte ferner Stehenden Bewunderung zu erregen und fließend darüber zu sprechen. Aber es fehlte ihm gänzlich an Einsicht, an Urtheil und an politischem Verständnisse. Seiner Gutmüthigkeit entsprach in gleichem Umfange Mangel an Energie und dem physischen Muthe gesellte sich nicht der moralische, sondern in gefährlichen Lagen überwältigte ihn die Furcht. Die ihm von Natur eigene Unselbständigkeit war durch den Einfluß seiner ebenso herrischen wie beschränkten Mutter und durch die nach ihren Vorschriften geleitete Erziehung gesteigert worden, und zum Ueberflusse hatte ihm sein Beichtvater Villery den Grundsatz eingeprägt, daß er, um sein Gewissen nicht zu beschweren, am besten thue, in allen Dingen seinen Räthen zu folgen. So kam es, daß F. haltlos den Einwirkungen seiner Umgebung sich hingab. In den ersten Jahren leiteten ihn Maximilian Freiherr v. Schrattenbach, dessen katholischer Eifer schon die Aufmerksamkeit der Eltern Ferdinands auf ihn gelenkt hatte, sowie der Hofvicekanzler Leonhard Götz, der nachmals Bischof von Lavant wurde, und der Geheimschreiber Peter Casol. Seit 1615, wenn nicht schon eher, wurde Hans Ulrich v. Eggenberg, welchen die Gunst der Erzherzogin-Mutter emporgebracht hatte, „der unbeschränkte Herr des kaiserlichen Willens, das Herz des Kaisers“. Ihm zur Seite standen sein Schwiegersohn Graf Leonhard v. Harrach und dessen Vater Karl und seine Günstlinge, Johann Werda v. Werdenberg, Hermann v. Questenberg und der Bischof von Wien, Abt Anton Wolfrath von Kremsmünster. Nächst Eggenberg besaß Maximilian v. Trautmannsdorf seit 1619 das Vertrauen des Kaisers. Er und Graf Leonhard Helfried v. Meggau traten später mannigfach in Gegensatz zu Eggenberg, ohne doch dessen Herrschaft brechen zu können. In kirchlichen Dingen übten auch der Cardinal Franz v. Dietrichstein und der Erzbischof von Prag, Ernst Adalbert v. Harrach, großen Einfluß. Eine sehr bedeutende Rolle spielten endlich die Botschafter Spaniens und die Nuntien des Papstes, unter jenen namentlich Oñate, unter diesen Karl Caraffa. In seinen Entschließungen pflegte F., soweit [662] er nicht einfach Eggenberg’s Willen vollzog, dem Gutachten der Mehrheit seiner Räthe zu folgen.

Indeß waren doch drei Elemente seines Wesens von Bedeutung für seine Regierung.

Ein großer, hochstrebender Ehrgeiz und kräftige Herrschbegier erfüllten ihn nicht. Wenn er nach der Schlacht am Weißen Berge die ständischen Freiheiten brach, so entsprach das der Richtung seiner Zeit und war zugleich die naturgemäße Rückwirkung der vorausgegangenen Empörungen. Daß aber auch manche seiner Maßregeln im Reiche ein absolutistisches Gepräge tragen, entsprang einerseits der überlieferten und theoretisch zu Recht bestehenden Auffassung der kaiserlichen Gewalt, anderseits dem Umstande, daß außer in den ersten Jahren seiner kaiserlichen Regierung die Minister sämmtlich, die Reichshofräthe überwiegend Männer waren, die nicht aus politischen Kreisen im Reich stammten und nicht in den Reichsgeschäften ausgebildet waren. Die meisten waren in den kaiserlichen Ländern geboren und in deren Verwaltung oder im Hofdienst emporgekommen. Sie kannten daher die Verhältnisse und die Stimmung im Reiche nicht und behandelten dessen Angelegenheiten nach den Gesichtspunkten der Territorialregierung. An einen Umsturz der Reichsverfassung, wie ihn Wallenstein beabsichtigte, dachte F. selbst wol niemals. Dagegen war das Gefühl seiner Würde in ihm sehr lebhaft und er überaus empfindlich für Kränkungen seiner Autorität. Jene kleinliche Eifersucht auf sein Ansehen, welche ihn schon als zwölfjährigen Knaben in Ingolstadt zu dem Rangstreite mit Maximilian trieb, tritt im späteren Leben bei jeder Gelegenheit hervor. Sie ließ ihn von den „Rebellen“ in seinen Landen und im Reiche stets vor jeder Verhandlung bedingungslose Abbitte fordern, nach deren Leistung er mit Gnaden und Zugeständnissen aller Art nicht kargte, während die Verweigerung ihn unnachgiebig machte; sie war es ohne Zweifel, welche ihn von der Begnadigung der böhmischen „Rädelsführer“ abhielt und bei ihm das Haupthinderniß des Vergleiches mit Kurpfalz bildete, und sie dürfte den Spaniern den wirksamsten Hebel geboten haben, um ihn in den mantuanischen Krieg zu drängen.

Man kann das um so mehr annehmen, als F. seine Würde gleich allen Zeitgenossen als eine von Gott verliehene und sich als Stellvertreter des Höchsten betrachtete, so daß sich dem Zuge des Charakters der Impuls der religiösen Anschauungen verband, welche auf Ferdinands ganzes Leben und Verhalten tiefgreifende Einwirkung ausübten. Die Erziehung, welche F. genossen hatte, die Einflüsse, unter welchen er aufgewachsen war, hatten ihre Frucht im reichsten Maße getragen. In Hülle und Fülle weiß sein Beichtvater Lamormaini jene Züge der Heiligkeit von ihm zu berichten, welche in den Lebensbeschreibungen wohlgerathener Jesuitenzöglinge so stereotyp sind wie die Wunder in den Legenden des Mittelalters. Nur durch Beschränktheit und Aeußerlichkeit der Auffassung zeichnete sich F. einigermaßen aus: wenn er sich Samstags bei der Jagdlust verspätete, kam es ihm nicht darauf an, ein paar Pferde zu Tode zu jagen, um noch rechtzeitig zur Vesper, welche der hl. Maria zu Ehren gesungen wurde, einzutreffen. Ueberhaupt hatte sich F. die jesuitischen Doctrinen nicht zum freien, innerlichen Eigenthum gemacht: als drohendes Gesetz standen sie vor seiner Seele. In seinem Thun und Lassen wurde er durch die Sorge bestimmt, daß er eine Sünde begehen und so der Hölle verfallen könne. Diese Sorge spornte ihn zu so emsiger Arbeit, machte ihn in der Rechtspflege überaus scrupulös und ließ ihn den Angelegenheiten der Armen und Geringen, der Wittwen und Waisen besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie konnte ihm in drangvollen Tagen eine Haltung geben, welche oberflächlicher Betrachtung als heroische Charakterstärke erscheint, denn „er wollte lieber ein verderbter als ein verdammter Herr sein“. [663] Sie trieb ihn auch im Verein mit herzlichem Wohlwollen für das Seelenheil seiner Unterthanen zu seinen Restaurationsmaßregeln und trug wesentlich zu der Entschiedenheit bei, womit er bei jenen alle Gegenvorstellungen und jeden Widerstand zurückwies. Ein weiterer Grund für diese Festigkeit war sein Vertrauen auf Gott. Er war gewiß, daß Gott seine Frömmigkeit belohnen und ihm helfen werde, und deshalb nahm er die Nachricht von Unfällen und Niederlagen mit größtem Gleichmuthe auf. Vor allem war er überzeugt, daß der Sieg ihm sicher sei, wenn er mit Beiseitesetzung aller irdischen Rücksichten die Sache Gottes und der Kirche zu fördern suche. Dieser Zuversicht gab er früh in dem Wahlspruch: „Legitime certantibus corona“ Ausdruck und sie wuchs durch die Erfolge, die ihm gleich anfangs in Innerösterreich und dann nach den schwersten Bedrängnissen immer wieder zu Theil wurden, zu unerschütterlicher Gewißheit. Wenn aber diese religiösen Momente ihn mitunter dem Einflusse seiner weltlichen Umgebung unzugänglich machten, vermehrte doch anderseits wieder die Furcht vor der Sünde seine Unselbständigkeit. Wie sie ihn trieb, sich durch Ueberlassung der Entscheidung an seine Räthe der Verantwortung vor Gott zu entziehen, so bestimmte sie ihn, bei allen wichtigeren Fragen obendrein noch Theologen, kirchliche Würdenträger, Ordensleute und namentlich Jesuiten zu hören und schließlich sogar einen eigenen Gewissensrath zu bilden. Auf ihr beruhte auch der Einfluß seiner Beichtväter. Als solche dienten ihm von 1597–1619 Bartholomäus Villery (Willerius), 1619–1624 Martin Becanus und dann bis ans Lebensende Wilhelm German Lamormaini (nicht Lamormain oder Lämmermann), alle drei Jesuiten nichtdeutscher Abstammung. F. war diesen Männern mit warmer Verehrung zugethan, er verkehrte in der vertraulichsten Weise mit ihnen und besprach mit ihnen in der Regel alle Angelegenheiten seines Privatlebens und der Regierung von den wichtigsten bis zu den geringsten herab. Man darf indeß nicht glauben, daß sie ihm die Bahnen seiner Politik vorzeichneten und seine Handlungen gleichsam dictirten. F. beschränkte sich vielmehr, soviel ersichtlich ist, in der Regel darauf, sie zu befragen, ob die Ausführung oder Unterlassung einer von seinen Räthen empfohlenen oder widerrathenen Maßregel nicht eine Sünde einschließe. Allerdings wurde ihnen schon allein hierdurch die Handhabe zu tiefgreifender Einwirkung geboten, doch war dieselbe mehr eine negative. Wo sie zu positiven Vorschlägen oder zur Aeußerung über die Art, wie ein Beschluß zu vollziehen sei, veranlaßt wurden, ward ihr Gutachten gleich denen anderer Theologen stets wieder der Erwägung und Beschlußfassung der Minister unterstellt. Daneben mochten sie aus eigenem Antriebe F. zu diesem oder jenem Schritte, wie namentlich zur Gegenreformation und zum Restitutionsedict, anfeuern: Lamormaini erzählt selbst, daß er dem Kaiser mit Verweigerung der Absolution gedroht habe, wenn er die Ordnung der Reichsgerichte noch länger „wegen menschlicher Rücksichten“ verschiebe. Dieses äußerste Zwangsmittel wagten die Beichtväter jedoch ohne Zweifel nur selten anzuwenden. So unterließ Lamormaini es zum großen Mißvergnügen der Gegner Spaniens, als F. sich trotz seinen eifrigsten Vorstellungen in den mantuanischen Krieg einließ. Wie bei dieser Frage, so setzte sich ferner der Kaiser auch bei anderen Gelegenheiten über den Rath seiner Seelenführer hinweg. Vergeblich drang z. B. Lamormaini im J. 1625 darauf, daß F. seinen zum Könige von Ungarn gewählten Sohn noch nicht krönen lasse, damit nicht auch dieser die 1618 gemachten kirchlichen Zugeständnisse beschwören müsse; vergeblich widersetzte er sich dem Abschlusse des Prager Friedens. Sehr wichtige Dinge wie der Wiener Vertrag vom J. 1606 wurden den Beichtvätern verheimlicht, weil man ihrer Verschwiegenheit nicht traute oder weil sie im betreffenden Falle zu sehr vom Papste abhängig schienen. Ueber Wallenstein durfte nach dessen Wiedereinsetzung Lamormaini dem Kaiser nicht mehr sprechen. Andere [664] Angelegenheiten vermieden die klugen Väter selbst zu berühren: so die Hoheitsrechte, welche der Kaiser über die Kirche, ihre Güter und ihre Diener ausübte und gegen welche der Nuntius Caraffa vergeblich als gegen „Vergewaltigungen“ eiferte. Sie wußten, daß sie da nicht durchdringen würden. Wie nämlich in Ferdinands Privatleben neben der Furcht vor Gott, so machte sich in seiner Regierung neben den ihm eingeprägten kirchlichen Theorien und dem Einflusse seiner geistlichen Umgebung sehr stark die Rücksicht auf die weltlichen Interessen seiner Macht und seines Hauses geltend. Obgleich er dem Papste eindringlich vorstellte, daß der traurige Zustand der Kirche gutentheils daher rühre, daß so manche Inhaber der vornehmsten Bisthümer nicht Priester wären, ließ er doch seinen eigenen Sohn Leopold Wilhelm, dem er eine ganze Reihe von Bisthümern und anderen Pfründen verschaffte, die höheren Weihen nicht nehmen, da der ältere, für den Kaiserthron bestimmte Bruder schwächlicher Gesundheit war, und trotz den canonischen Satzungen, trotz all seinem Gottvertrauen und trotz dem Widerspruche des Papstes schloß er den Prager Frieden ab und übertrug die Erzbisthümer Bremen und Magdeburg von seinem Sohne an Protestanten. Ein Zug recht irdischer Begehrlichkeit geht überhaupt durch sein Wesen und wenngleich er versicherte, die Güter der Welt für nichts zu achten, so war er doch auf seinen Vortheil so eifrig wie nur irgend einer seiner Zeitgenossen bedacht.

Ferdinands Regierungshandlungen sind das Ergebniß der verschiedensten Einwirkungen. Bei deren Abwägung darf man nicht außer Acht lassen, daß seine Minister und Räthe fast ohne Ausnahme Convertiten waren und sämmtlich mit Eifer jenen Anschauungen anhingen, in welchen F. erzogen worden war und welche seine geistliche Umgebung vertrat. Empfahlen doch die leitenden Minister im J. 1627 die Vollendung der böhmischen Restauration mit der Begründung: „daß, so oft der Kaiser mit Hintansetzung aller politischen Rücksichten die Ehre Gottes und die Fortpflanzung der katholischen Religion allein ins Auge gefaßt habe, Gottes Allmacht ihm Segen verliehen und all seine Feinde mit ihrer spitzfindigen Praktiken zu Schanden gemacht habe“. Man wird daher auch ihnen reichlichen Antheil an der kirchlichen Politik Ferdinands zuschreiben müssen.

Status particularis regiminis S. C. Majestatis Ferdinandi II. 1637. – Guil. Lamormaini. Ferdinandi II. Romanorum Imperatoris virtutes. 1638. – Gal. Gualdo l’riorato, Historia delle guerre di Ferdinando II. et III. et del re Filippo. 1640. – (Eine Anzahl unbedeutender älterer Schriften stellt Oettinger, Bibliographie biographique universielle I. zusammen.) Fr. Chr. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, XII Bde., 2. Aufl. 1716 ff. und Conterfet-Kupferstich, II Bde., 1721. – Fr. Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II., XI Bde., 1850 ff. – B. Dudik, Correspondenz Kaiser Ferdinands II. und seiner erlauchten Familie mit P. Martinus Becanus und P. Wilhelm Lamormaini, kaiserlichen Beichtvätern S. J. im Archiv f. österr. Gesch. 54, 219 ff. – Carlo Caraffa, Relatione dello stato dell’ imperio e della Germania. 1628, herausgegeben von J. G. Müller a. a. O. 23, 101 ff. (schon im Status particularis vielfach benutzt). – Berichte der venetianischen Gesandten herausgeg. von J. Fiedler in d. Fontes rerum Austriacarum, II. 26. (Die übrige Litteratur des Zeitraums s. b. G. Waitz, Dahlmann’s Quellenkunde der deutschen Geschichte, Buch V, Abschnitt III und IV.) Daneben stand mir archivalischer Stoff zu Gebote.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. in der Vorlage: bebehaupten
  2. in der Vorlage: je den