ADB:Georg III. Stobaeus von Palmburg

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Artikel „Georg III. Stobaeus von Palmburg“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 677–679, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georg_III._Stobaeus_von_Palmburg&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 21:00 Uhr UTC)
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Georg III. Stobaeus v. Palmburg, Fürstbischof von Lavant (1584–1618), wurde 1532 geboren. Ueber seinen Geburtsort sind die Ansichten getheilt. Die Vorrede zu seinen Briefen bezeichnet Neisse in Oberschlesien als solchen; allein das zeitgenössische Zeugniß des Fabianus Quadrantinus macht es wahrscheinlicher, daß G. vielmehr zu Braunsberg im ehemaligen polnischen Antheile des Herzogthums Preußen geboren wurde. Seine Bildung erhielt er im deutschen Collegium zu Rom, wo Cardinal Bellac nun sein Lehrer war. G. war Pfarrer zu Graz und Domdechant zu Brixen, als ihn der Erzbischof von Salzburg am 19. October 1584 zum Bischof von Lavant ernannte. Seine Diöcese fand er sehr zerrüttet vor; denn Luther’s Lehre hatte auch im stillen Lavantthale Eingang gefunden und fast der ganze Adel des Landes, vor allem die Freiherrn v. Ungnad, hingen derselben an. Das Bisthum selbst war fast 12 Jahre hindurch unbesetzt gewesen und von dem Seckauer Fürstbischofe Georg Agricola als Administrator verwaltet worden. Auch die wirthschaftliche Lage des an sich nicht reich dotirten Bisthums’s war nicht günstig. G. widmete seine Aufmerksamkeit zuerst der Reform seines eigenen Clerus. Die Stelle eines Probstes an dem Chorherrenstifte St. Andreä, welches zugleich das bischöfliche Capitel bildete, wurde fortan statt durch Wahl von ihm selbst besetzt. Wiederholt wurden kirchliche Visitationen im Lavanter Sprengel angeordnet. Einen wichtigen Wendepunkt im Leben des Fürstbischofs bildete seine Ernennung zum Statthalter von Innerösterreich durch Erzherzog Ferdinand (den späteren Kaiser [678] Ferdinand II.), welche im J. 1597 erfolgte. In dieser Stellung, von der er erst 1608 auf sein eigenes, dringendes Ansuchen enthoben wurde, übte er auf die von dem Erzherzoge betriebene Gegenreformation den größten Einfluß aus. Von letzterem aufgefordert, sprach er sich in einem längeren Schreiben (St. Andreä, 20. August 1598) über die Zeit, zu der und über die Art, wie man das Werk in Angriff nehmen solle, aus. Man müsse, erklärte er, sogleich beginnen und dürfe sich nicht durch die vorgebrachten Einwendungen des Türkenkrieges, einer wahrscheinlichen Empörung oder gar einer Herbeirufung der Türken einschüchtern lassen. Aufschub werde das Uebel nur größer und dessen Vertilgung schwerer machen. Von öffentlichen Unterredungen räth er ab; denn solche seien nur schädlich. Das beste Mittel sei die strenge Ausführung eines allgemeinen Edictes, durch das anbefohlen werde, entweder katholisch zu werden oder auszuwandern. Zugleich müsse man aber das Volk durch gerechte Justizpflege und gute Verwaltung zu gewinnen suchen. Staatsklug, wie er war, rieth G., nicht sofort gegen alle Protestanten einzuschreiten, sondern vor allem die Prädicanten abzuschaffen und auch diese nicht auf einmal, sondern zuerst in Graz, nachher die übrigen, durch das Beispiel geschreckt, von selbst sich entfernen würden. Gegen die am Hofe geplante Errichtung einer Glaubensinquisition sprach sich G. aus. Man müsse das absichtliche Märtyrerthum der Sectirer vermeiden. Zur größeren Sicherheit könne man übrigens eine stärkere Besatzung nach Graz verlegen. Ferdinand befolgte im Großen und Ganzen diesen Rath. G. erhielt zunächst den Auftrag, die lutherischen Stadträthe von Graz, doch ohne Aufsehen zu erregen, zu entfernen und durch katholische zu ersetzen. G. lud die bisherigen Stadträthe zu einem freundschaftlichen Mahle ein, welches ohne verstimmende Reibung heiter verlief. Nach dem Mahle nahm er jeden bei Seite und theilte ihm den Willen des Landesherrn mit, der ihnen die Wahl ließe, dem Protestantismus oder ihrem Posten zu entsagen. Nach einem Tage Bedenkzeit erklärten sie sich für das zweite. Den Bürgern wurden unbefugte Versammlungen fortan untersagt. Durch ein Decret vom 13. September 1598 wurden die lutherischen Prädicanten aus Graz und allen landesfürstlichen Orten verbannt. Hierauf folgte der Befehl, daß die Bürger der landesfürstlichen Städte katholisch werden oder nach Verkauf ihrer unbeweglichen Güter und Abgabe eines Zehnten auswandern müßten. Die dagegen erhobenen ständischen Beschwerden wurden abgewiesen. Bewaffnete Glaubenscommissionen zogen von Ort zu Ort, um allenthalben das Werk der Gegenreformation durchzuführen. Bei dem innerösterreichischen Regentenhause stand G. in hoher Gunst. Es gibt in demselben während jener Jahre fast kein Familienereigniß von Bedeutung, zu welchem nicht auch der Bischof von Lavant zugezogen worden wäre. 1594 reiste er aus Anlaß der Vermählung der Schwester Ferdinands Anna mit Sigismund III. von Polen als Begleiter der Erzherzogin-Wittwe Maria nach Krakau, 1595 begleitete er diese an den Hof des Fürsten von Siebenbürgen Sigmund Bathori, des Bräutigams ihrer jüngeren Tochter Maria Christina. Am 24. Sept. 1598 schlossen G. und der spanische Gesandte zu Graz als Bevollmächtigte die Ehepacten zwischen Ferdinands Schwester Margaretha und König Philipp III. von Spanien ab. Hierauf begleitete er die Braut und deren Mutter bis nach Mailand. Bei der Vermählung Ferdinands mit der bairischen Prinzessin Maria Anna, die am 23. April 1600 zu Graz stattfand, hielt G. die Trauungsrede. Der Erzherzogin Maria Magdalena, Schwester Ferdinands, war er Firmpathe. Als König Sigmund von Polen, nach dem Tode Anna’s, sich um deren Schwester Constantia bewarb, hielt (22. October 1605) G. zu Graz an die Abgeordneten desselben eine Anrede, worin er die Freude der Erzherzogin-Wittwe über die abermals auf ihre Tochter gefallene Wahl des Königs ausdrückte. Auch diesmal begleitete [679] er die Braut und deren Mutter, erwiederte an der Weichsel Namens derselben die Begrüßung der polnischen Gesandten und hielt am 12. December auf dem Felde vor Krakau an den König selbst eine feierliche Anrede. Auch zu Ferdinands Brüdern, den Erzherzögen Leopold und Karl, welche beide für den geistlichen Stand bestimmt waren, besonders zu dem letzteren stand G. in nahen Beziehungen. Er ertheilte (29. August 1595) dem Erzherzog Karl im Oratorium der verwittweten Erzherzogin zu Graz in Gegenwart aller Prinzen und Prinzessinnen die niederen Weihen. Am 1. Mai 1604 richtete er von Palmburg aus ein ausführliches und lehrreiches Schreiben an den Erzherzog, in welchem er einen Rückblick auf den bisherigen Verlauf der Gegenreformation warf. Als der junge Prinz zum Bischof von Breslau postulirt wurde, begleitete ihn G. nach seinem vorläufigen Sitze Neisse und stand demselben in der Eigenschaft eines Verwalters und Obersthofmeisters (1609–1611) berathend zur Seite. Obgleich dem Protestantismus aus ganzer Seele abgeneigt, unter dessen Gegnern ihm neben Klesel, Dietrichstein u. a. eine der ersten Stellen gebührt, wußte er doch im gewöhnlichen Lebensverkehr auch den Protestanten rücksichtsvoll zu begegnen. Unerbittlich strenge gegen öffentliche Ruhestörer, zeigte er sich zuweilen mild bei Bestrafung der Schuldigen. Er übte gerne Gastfreundschaft. In Augenblicken der Muße eilte er auf irgend eine Besitzung, sah den Schnittern zu oder beschnitt selbst die Reben. Die Sucht nach Ehrenstellen war ihm fremd. Nie verrieth er den Wunsch, den Hirtenstab seines kleinen Bisthums mit einem besseren zu vertauschen. Als ihm Erzherzog Ferdinand den Cardinalshut verschaffen wollte, lehnte er dies bescheiden ab. Seine Briefe bekunden ihn als einen wissenschaftlich gebildeten Mann. Diese Briefe – die Hauptquelle für die Geschichte seines Wirkens – sind u. d. T.: „Georgii Stobaei de Palmburg epistolae ad diversos“ zu Venedig, 1749, 4°, sodann (als Nachdruck) zu Wien, 1758, 4°, veröffentlicht worden. Drei der wichtigsten – eigentlich Denkschriften an Erzherzog Ferdinand und an Erzherzog Karl – wurden u. d. T.: „Historica religionis reformatio penna theologica ill. et rev. d. d. G. Stobaei de Palmaburg“ von L. Tapolcsani zu Tyrnau 1714 edirt. Dieselben und einige andere Briefe auch bei Hansiz, Germania sacra II, 676. 713. 736. Ein kleines Schriftchen: „De clericorum meorum institutione“, das G. (1614) Erzherzog Ferdinands ältestem Sohne Johann Karl widmete, scheint verloren gegangen zu sein. Kurz vor seinem Tode fühlte G. sich gedrängt, in einem selbstverfaßten „Promemoria“ die Summe seines Lebens zu ziehen. Indem er dies that, konnte er nicht ohne Genugthuung auf eine 45jährige Amtsthätigkeit zurückblicken. Denn wenn er auch nicht mehr den vollständigen Sieg seiner Sache erleben sollte, so war doch derselbe bereits angebahnt und eine durchgreifende Aenderung der Sachlage zu Gunsten des Katholicismus bereits eingetreten. G. starb bald nach der Abfassung dieser Schrift im Schlosse Dellerberg bei Völkermarkt am Schlagflusse (23. October 1618). Seinem Wunsche gemäß wurde er in der Domkirche zu St. Andreä nahe dem Hochaltar bestattet. Abbildung seines Grabmales mit dem Wahlspruche: „Noli vinci a malo, sed vince in bono malum“ in den beiden Ausgaben seiner Briefe. Ebenda sein Bildniß nach einem im Refectorium zu St. Andreä befindlichen Gemälde. Das Prädicat „v. Palmburg“ führte derselbe nach einer Herrschaft dieses Namens in Unterkärnthen.

K. Tangl, Reihe der Bischöfe von Lavant, Klagenfurt 1841, S. 230 ff. – Fr. Hurter, Gesch. Kais. Ferdinands II., IV. S. 17 ff. – J. Stepischneg, Georg III. Stobäus v. Palmburg, Fürstbischof von Lavant (Arch. f. K. ö. G.-Q., XV. Bd.).