ADB:Johann Georg (Markgraf von Brandenburg)

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Artikel „Johann Georg, Markgraf von Brandenburg“ von Theodor Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 175–176, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Georg_(Markgraf_von_Brandenburg)&oldid=- (Version vom 5. Oktober 2024, 13:45 Uhr UTC)
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Johann Georg, Markgraf von Brandenburg, Bischof von Straßburg, später Herzog von Jägerndorf, Sohn des Kurfürsten Joachim Friedrich und der Markgräfin Katharina von Brandenburg-Küstrin, geb. zu Wolmirstadt am 16. Decbr. 1577, † am 2. März 1624 zu Leutschau bei Kaschau. Mit seinem ältern Bruder Johann Sigismund 1588 auf die Universität Straßburg geschickt, wandte er sich gleich seinem Bruder der hier im Gegensatze zu dem starren Lutherthum seiner Heimat herrschenden freieren religiösen Richtung zu, wie er denn auch später am 2. Septbr. 1613 offen zur reformirten Lehre übertrat, und wurde von der evangelischen Mehrzahl der Straßburger Domherren 1592 zum Administrator des dort erledigten Bisthums ernannt. Da die katholische Minderzahl den Cardinal Herzog Karl von Lothringen wählte, welcher von dem Kaiser und den katholischen Reichsständen anerkannt und unterstützt wurde, so bemächtigten sich beide Prätendenten einzelner Gebiete ihrer Diöcese, von wo aus sie ihr Recht gegen einander anfangs mit dem Schwerte, später vor einem Fürstengerichte verfochten, bis nach 12 Jahren Kurfürst Joachim Friedrich den Streit, durch den er die politischen Interessen seines Hauses gefährdet sah, durch den Vertrag von Hagenau (22. Novbr. 1604) beendigte, in welchem J. dem Bisthum entsagte, dafür aber sowohl selbst als auch die evangelischen Domherren eine reiche Geldentschädigung empfingen, bis zu deren vollständiger Auszahlung ein Theil der Straßburger Stiftsgüter in den Händen des Herzogs Friedrich von Württemberg und der Stadt Straßburg als Bürgschaft verblieben. Eine weitere Entschädigung wurde dem Markgrafen zu Theil, indem der Vater ihm das vom Markgrafen Georg Friedrich nebst einigen in Schlesien gelegenen Pfandschaften 1603 ererbte Herzogthum Jägerndorf 1607 übertrug. [176] Zwar verweigerte Kaiser Rudolf II., als König von Böhmen, zur Wahrung einer von den Habsburgern über dieses Verhältniß neu aufgestellten Rechtsansicht (vgl. oben Bd. VIII. S. 612) die formelle Belehnung mit Jägerndorf und forderte die Pfandschaften von Beuthen und Oderberg zurück. Da er aber gegen die Besitzergreifung von Jägerndorf keinen Einspruch erhob, vielmehr seine beiden Nachfolger, Matthias (1611) und Ferdinand II. (1617) den Vasalleneid des Markgrafen entgegennahmen und den Streit über die Pfandschaften dem Schiedsspruche des schlesischen „Oberrechts“ übertrugen, welcher erst am 17. Mai 1618 erfolgte, so schien des Markgrafen Recht auf den Besitz seines Landes über allen Zweifel gesichert. Als evangelischer Fürst trat J. gleich den übrigen schlesischen Ständen, von denen nur etwa fünf sich anschlossen, der mit den Böhmen zur Wahrung ihrer religiösen Freiheiten am 25. Juni 1609 geschlossenen Union bei und übernahm auf diesem Wege den ihre religiösen Rechte sichernden Majestätsbrief (20. August 1609). Als nun auf Grund dieser Verbindung die schlesischen Stände sich berechtigt und verpflichtet glaubten, 1618 der Erhebung der Böhmen gegen die habsburgische Herrschaft sich anzuschließen und an dem böhmischen Kriege 1619 und 1620 theilzunehmen, wurde zwar J. von den schlesischen Ständen zum General-Feldobersten der zur Vertheidigung ihrer Rechte aufgestellten Armee ernannt, doch nahm diese Armee an dem Kampfe einen nur untergeordneten Antheil, und noch weniger spielte der Markgraf darin eine irgnd hervorragende Rolle, indem er im Wesentlichen sich darauf beschränkte, die von den Ständen und dem Ober-Landeshauptmann gegebenen Aufträge zu vollziehen. Um so mehr mußte es überraschen, daß König Ferdinand II. bald nach dem Siege auf dem Weißen Berge in feierlichster Weise am 29. Januar 1621 neben seinem Gegner Friedrich von der Pfalz ihn allein unter allen Schlesiern ächtete und seines Landes verlustig erklärte, während er am 28. Febr. in dem durch den Kurfürsten von Sachsen in seinem Nahmen abgeschlossenen Vertrage sämmtlichen schlesischen Ständen mit Einschluß des Landeshauptmanns vollständige Amnestie gewährte. Kaum war für ein so parteiisches Verfahren ein anderer Grund auffindbar, als daß der Kaiser die Gelegenheit wahrnahm, um dem brandenburgischen Hause Jägerndorf zu entreißen. J. war nicht gewillt, sich dem Spruche zu unterwerfen. Noch an der Spitze des schlesischen Söldnerheeres, dessen Offiziere (31. März 1621) schwere Klagen über das ihrem Führer widerfahrene Unrecht an die schlesischen Stände richteten, setzte er sich in Neiße und im Glatzer Gebiete fest, vom flüchtigen Böhmenkönige als Generalcommissar mit der Wahrnehmung seiner Rechte in Schlesien und Mähren beauftrat, bekämpfte er die in Schlesien eingedrungene kursächsische Armee. Nach einigen Monaten bestimmten ihn günstige Anerbietungen des Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen, der an der Spitze der aufständischen Ungarn gegen Oesterreich vordrang, mit einem Theile seines Heeres sich jenem anzuschließen. Obgleich diese Hülfe des Markgrafen zu den Siegen und Vortheilen, welche Bethlen im Laufe des Jahres 1621 über die Kaiserlichen errang, wesentlich beitrug, ließ sich der wetterwendische Fürst dennoch durch die scheinbar sehr günstigen Bedingungen, die man ihm anbot, dazu bestimmen, im Januar 1622 mit dem Kaiser zu Nikolsburg einen Frieden zu schließen, welcher auf die Interessen des Markgrafen in keiner Weise Rücksicht nahm. Letzterer war aber so fest überzeugt, daß der Friede von keiner Dauer sein werde, daß er, zumal da in Schlesien wenig zu hoffen war, im Geleite Bethlens verblieb. Hier ist er, ehe der Kampf aufs neue ausbrach, gestorben.

Gindely, Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Die Schlesischen Acta publica.