ADB:Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau)

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Artikel „Leopold Wilhelm, Erzherzog von Oesterreich“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 402–404, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leopold_Wilhelm_(Bischof_von_Stra%C3%9Fburg_und_Passau)&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 22:29 Uhr UTC)
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Leopold Wilhelm, Erzherzog von Oesterreich, zweiter Sohn Kaiser Ferdinands II., geb. am 6. Januar 1614 in Graz, war für den geistlichen Stand bestimmt und erwarb nach der Weltlichwerdung seines Oheims Erzherzog Leopold V. (s. den vorherg. Art.) die Bisthümer Passau und Straßburg (1625), später (1637) das Olmützer und schließlich (1655) das Breslauer Bisthum; auch führte er den Titel eines Bischofs von Halberstadt (seit 1626) und bekleidete außerdem die Würde eines Hoch- und Deutschmeisters. Mehr durch die Sachlage, das übliche Heeressystem und die Hofraison als durch inneren Beruf zum Generalissimus erkoren, trat der Erzherzog 1639 als solcher auf den böhmischen Kriegsschauplatz, um im Alter von 25 Jahren eigentlich erst im Heereswesen geschult zu werden. Hier gab man ihm den kriegserfahrenen G. L. Piccolomini, vor Kurzem erst vom Niederrheine an die Elbe abberufen, als Adlatus bei. 1640 im Frühjahre entbrannte um Kolin und Königgrätz der Kampf der Kaiserlichen und der Schweden (unter Banér) und schloß mit der Hinausdrängung des Feindes, dem man dann in das Thüringische und später in die Weserlande folgte. Die kaiserliche Armee rückte dann gegen Hessen-Kassel vor, ohne daß sonst ein entscheidender Erfolg erstritten worden wäre. 1641 im Frühjahre standen der Erzherzog und die bairischen Ligisten bei Ingolstadt zur Abwehr der Schweden, und dem Erzherzoge gelang die Entsetzung des von Banér und Guébriant bedrohten Regensburg. Kaiserliche und Ligisten zogen dann nach dem Siege bei Neuenburg nach Niedersachsen. Im Sommer kam es bei Wolfenbüttel zur Entscheidung. Die vereinigten Schweden und Franzosen unter Königsmark und Guébriant warfen (19. Juni) das kaiserliche und bairische Heer unter Erzherzog L., Piccolomini und General Wahl. Letzterer betrachtete den welschen Adlatus [403] als Schuldtragenden bei dieser Schlappe und schrieb an seinen Kriegsherrn, Kurfürsten Max von Baiern, nachstehende Zeilen, die von dem guten Willen und persönlichen Muthe des Erzherzogs Zeugniß geben: „Mit reinem Gewissen kann ich sagen, daß, wenn seine erzherzogliche Durchlaucht noch ein wenig den Krieg practicirn, dieselben ein solcher Kriegsheld werden, als in langer Zeit nit gewesen; dann Sie die Stuckkugeln ebensowenig achten als wann eine Mucken vorüberfliegen thät. Ich vermein, wann wir deutsche Häupter hätten, es sollt’ alles wohl abgehen.“ Der Erzherzog nahm dann Stellung im Wesergebiete und operirte in den welfischen Landen, von Piccolomini wie immer und überall berathen. – Im Kriegsjahre 1642 erstand den Kaiserlichen in Torstensohn der furchtbarste Gegner. Wol gelang es, ihn nach seinem Erfolge bei Schweidnitz (Mai), als er durch Schlesien gegen Mähren vorbrach und die verrätherische Feigheit des Obersten Miniati ihm die wohlverwahrte Festung Olmütz in die Hände spielte (5. Juni), – wieder nach Niederschlesien zurückzuwerfen, – als er aber dann gegen Sachsen sich wandte und Erzherzog Leopold Wilhelm mit Piccolomini bei Leipzig (2. November) die Schlacht aufnehmen mußten, erlitten sie durch ihn eine vollständige Niederlage. Kaiser Ferdinand III. ließ sich nun bald durch Trautmannsdorf für eine Aenderung des Obercommandos bestimmen (1643), demzufolge nun wieder Gallas Generalissimus wurde, ohne jedoch das Mißgeschick Erzherzogs L. W. wett zu machen, der sich auf seinen Passauer Bischofssitz zurückzog, während Piccolomini spanische Dienste nahm. Gallas hatte sich bald wieder unmöglich gemacht, Hatzfeld zum Nachfolger erhalten und dieser gegen Torstensohn die Hauptschlacht bei Jankau (24. Februar 1645) eingebüßt, welche Angesichts der Waffengenossenschaft des bis vor Wien dringenden Schwedengenerals mit Georg Rákóczi I. von Siebenbürgen, Oesterreich vor eine Katastrophe stellte. Bei der von Kaiser Ferdinand III. mit Umsicht aufgebotenen Vertheidigung Niederösterreichs und der neuen Waffenerhebung gegen den doppelten Feind, Schweden und Frankreich – erscheint dem Erzherzog L. W. neuerdings die Rolle des Obercommandanten der Kaiserlichen zugewiesen. Der längst abgenützte Gallas erscheint als sein Adlatus. Im October vereinigen sie sich bei Nördlingen im Schwäbischen mit den Ligisten unter Gheleen. Das Kriegsjahr 1645 schloß mit der Rettung Oesterreichs aus den drängendsten Gefahren, aber der wüste Krieg dauerte fort und nach dem Plane des Hofkriegsrathes sollte 1646 Erzherzog L. W. gegen die Schweden, das Ligistenheer gegen die Franzosen Stellung nehmen. Damals war der aus schwedischer Gefangenschaft losgekaufte General Hatzfeld Adlatus des Erzherzogs. Die kaiserliche Armee, welche unter des Letzteren Obercommando zuerst von Klattau in Böhmen aus operirt hatte und dann an den Main zog, befand sich in der schlimmsten Verfassung, insbesondere hatten Pferdeseuchen einen großen Theil der Reiterei aus dem Sattel gebracht. Der Rückzug der österreichisch-ligistischen Armee an die Donau, wo sich auch der österreichische und bairische Landsturm mit ihr vereinigte (September 1646), erscheint daher um so begreiflicher. Im Spätherbste legt dann Erzherzog L. W. das Obercommando neuerdings nieder und auch Hatzfeld zieht sich zurück. Gallas tritt wieder an ihre Stelle. Dieser Commandowechsel besserte nichts an der Sachlage. 1647 finden wir Erzherzog L. W. als spanischen Statthalter der Niederlande, im Vereine mit dem Herzoge von Lothringen im Kampfe gegen die Franzosen bei Armentières, Landrecy und Dixmuiden; er brach dann in Frankreich ein, zog dann wieder zurück und eroberte (3. und 19. August 1648) Furnes und Estaires. Die Schlacht bei Lens (20. August 1648) war das letzte bedeutende Ereigniß auf diesem Schauplatz. In dem Todesjahre König Ferdinands III. (1657) versuchte die französische Politik die Kaiserwahl Leopolds (I.) durch die Aufstellung anderer Candidaten zu kreuzen. Unter diesen erscheint – [404] jedenfalls ohne sein Zuthun – Erzherzog L. W., der Oheim des österreichischen Thronfolgers. Noch erlebte er die Kaiserwahl Leopolds I. und die vier ersten Jahre der Herrschaft des letztgenannten, selbst vorzugsweise der Kunstliebhaberei ergebenen Herrschers. Er war eine strengreligiöse, stilllebige Natur.

Avancini, Leop. Guglielmi archiducis Austriae, principis bello et pace inclyti virtutes et gesta (Antwerpen 1665, 4°). Die Geschichtswerke über den 30jährigen Krieg, insbesondere v. Barthold; Koch, Gesch. d. dtsch. R. u. K. Ferd. III.; Schreiber, Gesch. des Kurf. Max. I. etc.