ADB:Barthold, Friedrich Wilhelm

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Artikel „Barthold, Friedrich Wilhelm“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 104–105, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Barthold,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 13:19 Uhr UTC)
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Barthold: Friedrich Wilhelm B., geb. 4. Sept. 1799 zu Berlin, † 14. Jan. 1858. Er hatte sich zuerst für die Theologie bestimmt, entschied sich aber unter dem Einflusse Wilken’s bald für die Geschichte als Lebensberuf. Die Anregungen, die er zu Berlin erhalten hatte, bildete er in Breslau unter Fr. v. Raumer und L. Wachler weiter aus. Bereits im J. 1826 trat er mit einem Erstlingswerke hervor: „Johann v. Werth im nächsten Zusammenhange mit seiner Zeit.“ Er hat sich dann im Verlaufe des nächsten Menschenalters zu einem der fruchtbarsten Schriftsteller auf dem Gebiete der Geschichtsschreibung entfaltet. Sein der Zeit nach zweites Werk: „Der Römerzug König Heinrichs von Lützelburg“ (Königsb. 1830–31) hat ihm eine außerordentliche Professur zu Greifswalde verschafft, die schon im J. 1834 in eine ordentliche umgewandelt wurde. Dieses Werk ist offenbar unter dem Eindrucke der Anregungen entstanden, die Wilken mit seiner „Geschichte der Kreuzzüge“, noch mehr aber Raumer mit seiner „Geschichte der Hohenstaufen“, der deutschen Historiographie unter den Nachwirkungen der Anstöße von Seite der romantischen Schule gegeben haben. Was die Vollständigkeit des betreffenden urkundlichen Stoffes anlangt, hat sich B. mit dem bereit liegenden begnügt, so daß seine Darstellung durch die späteren bekannten Sammlungen von Dönniges und Böhmer wesentlich berichtigt und ergänzt werden konnte. Von verhältnißmäßigem Verdienst ist seine „Geschichte von Pommern und Rügen“, 3 Bde. (1839–1845), wenn sie auch wie alle seine Schriften an einer unläugbaren Breite und Willkür der Darstellung leidet. Seine „Geschichte der deutschen Städte und des deutschen Bürgerthums“ (Leipzig 1850 bis 1854, 4 Bde.) und seine „Geschichte der deutschen Hansa“ (Leipzig 1851, 3 Bde.) haben eine populäre Bestimmung gehabt, deren Erfüllung durch die Schwerfälligkeit der Behandlung und der nicht immer gelungenen Beherrschung und Zusammendrängung des reichen Stoffes nicht immer begünstigt wurde. Mit Vorliebe hat B. auch Gegenstände aus der neueren Geschichte behandelt. Es kann hier nicht unsere Absicht sein, alle bez. Schriften Barthold’s namentlich anzuführen und im Einzelnen zu charakterisiren, aber einige kurze Bemerkungen werden gleichwol am Platze sein. Sein schon im J. 1833 erschienenes Werk: „Georg von Frundsberg und das deutsche Kriegshandwerk zur Zeit der Reformation“ hat das besondere Verdienst eine Seite der Geschichte zu behandeln, die sonst leicht übersehen oder zurückgesetzt wird. Viel Aufsehen hat seine „Geschichte des [105] großen deutschen Krieges von Gustav Adolfs Tode ab“ (2 Bde. Stuttg. 1841–43) gemacht, aber zugleich entschiedenen Widerspruch hervorgerufen. Es war gewiß ein Verdienst, die sonst viel zu sehr vernachlässigte zweite Hälfte des 30jährigen Krieges eingehend und mit Hingebung zu behandeln; nur ließ sich das Bedenken nicht unterdrücken, daß eine zutreffende Darstellung dieser Epoche ohne Zurückgehen auf die Archive kaum denkbar sei, und weiterhin erweckte B. namentlich durch die Art und Weise, wie er die Parteibezeichnungen der Welfen und Ghibellinen in die völlig veränderte Zeit des 17. Jahrhunderts übertrug, gerechten Anstoß. Es war gewiß ein Anachronismus der ärgsten Art und stellt die Dinge auf den Kopf. Wenn auf Grund dieser Sonderbarkeit Zweifel an Barthold’s geschichtlichem Sinne ausgesprochen wurden, so durfte er sich wenigstens darüber nicht beklagen. Eine andere Arbeit „Deutschland und die Hugenotten“ (1 Bd., Bremen 1848) ist nicht vollendet, sie reicht bis 1563. Verdienstlich war seine „Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft“ (Berlin 1844). Seine „Geschichtliche Persönlichkeiten in Jakob Casanova’s Memoiren“ (Berlin 1848) lieferten den Beweis einer ungewöhnlichen Belesenheit, mußten aber den Vorwurf hören, daß ein solcher Fleiß an einem nicht ganz würdigen Gegenstand verschwendet sei. Im J. 1855 trat seine „Geschichte von Soest, der Stadt der Engern“ an das Licht; sie war aber schon mehrere Jahre vorher abgeschlossen worden. Neben diesen größeren Arbeiten hat B. eine Anzahl von Aufsätzen in Raumer’s „Historischem Taschenbuche“ erscheinen lassen. In den letzten Jahren seines Lebens verstummte der sonst so fleißige Mann; eine peinliche Verstimmung hatte sich seiner schon länger bemächtigt, deren Spuren und Wirkungen bei näherem Zusehen auch in seinen Schriften zu entdecken sind und, wenn wir uns nicht täuschen, ihnen nicht gerade zum Vortheil gereicht haben.