ADB:Attems, Ferdinand Graf von

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Artikel „Attems, Ferdinand Maria Graf“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 70–76, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Attems,_Ferdinand_Graf_von&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 20:55 Uhr UTC)
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Attems: Ferdinand Maria Graf A., Freiherr von Heiligenkreuz, Landeshauptmann von Steiermark. Die Burg Attems (Attimis) liegt in Friaul nordöstlich von Udine und mit ihr wurden von dem Patriarchen von Aquileja, Udalrich II. die Brüder Heinrich und Arbeno belehnt; deren Vorfahren sollen aus Schwaben eingewandert sein und von den Markgrafen von Bregenz und Montfort stammen. Heinrich und Arbeno trugen seit dieser Belehnung den Namen Attems; jener ist, da Arbeno kinderlos starb, und beider Eltern nicht nachweisbar sind, als Stammvater des jetzigen weitverzweigten Grafenhauses anzusehen und hinterließ nach seinem 1193 erfolgten Tode seiner Nachkommenschaft einen bereits ansehnlichen Besitz. – Friedrich v. A. verließ 1473 Friaul und ließ sich in der benachbarten Grafschaft Görz nieder. Er wurde Hofkanzler Leonhard’s, des regierenden Grafen von Görz; nachdem dieser, der letzte seines Hauses, 1500 gestorben und König Maximilian I. infolge von Erbverträgen [71] dessen ausgedehnte Gebiete in Besitz genommen, erhob Maximilian den Friedrich v. A. zum Statthalter der jüngst erworbenen Grafschaft. Sein Sohn Hieronymus wurde der Stammvater jener Linie, die sich später „zu Heiligenkreuz“, von einer Herrschaft, östlich von Görz im Wippacherthale, nannte, während sein Enkel Andreas Gründer der Linie A.-Petzenstein wurde. Nachkommen Friedrich’s kamen an den erzherzoglichen Hof zu Graz und an den kaiserlichen Hof zu Wien und Prag. 1605 wurden die A. von Heiligenkreuz zu Freiherren, 1630 von Kaiser Ferdinand II. in den Reichsgrafenstand erhoben. Sodann faßten sie Fuß im Lande Steiermark, vermählten sich mit Töchtern edler Familien des Landes und der Nachbarprovinzen, gelangten zu Reichthum und Grundbesitz, so daß sie bereits im 18. Jahrhundert die größten weltlichen Grundherren im Lande waren und errangen im Ständeleben der Provinz so hohes Ansehen, daß durch die ganze erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zwei dieses Hauses als Landeshauptleute an der Spitze des Landtages standen und eben jetzt wieder von 1893 bis 1896 und neuerdings seit 1897 ein A. (Graf Edmund) diese hohe Würde bekleidet.

Ignaz Maria Graf A. (geb. 1649) war es, der sich dauernd in Graz niederließ und von der Erbschaft nach seiner Mutter, einer Marchesa Strozzi, und von dem Heirathsgute seiner Frau, einer Gräfin Wurmbrand, große Güter in Steiermark (1686–1717) erwarb: die Herrschaften Windisch-Landsberg, Hartenstein, Peilenstein, Rann, Aigen, Gösting, Reichenburg, Burg-Feistritz (Windisch-Feistritz) und Häuser in Graz. Er gründete zwei Fideicommisse für seine Söhne Franz Dismas und Thaddäus. Des ersteren Enkel war Ferdinand Maria. Er erblickte am 22. Januar 1746 zu Graz das Licht der Welt. Von dem Augenblicke seines Eintrittes in die Großjährigkeit hatte er Sitz und Stimme auf der Herrenbank des steiermärkischen Landtages und machte auch von 1771 an hiervon Gebrauch. Schon 1778 wurde er von seinen Standesgenossen zum ständischen Ausschußrathe und 1782 zum Verordneten gewählt. Der Ausschußrath war eine Art kleinerer stehender Landtag, handelte im Namen des vollen Landtages und bekleidete[1] alle Verhandlungsgegenstände desselben ein; das Verordnetencollegium aus sechs Mitgliedern, vom Landtage gewählt, bestehend, war die eigentliche ständische Regierung, hatte die Beschlüsse des Landtages durchzuführen und das ansehnliche ständische Vermögen zu verwalten. Graf Ferdinand war also frühzeitig ein einflußreiches Mitglied in der Körperschaft der steirischen Stände und damit in der Verwaltung des Herzogthums geworden; das Ständehaus war die Stätte, in der er fortan bis zum Ende seines Lebens in Wirksamkeit stand, von der aus er in den folgenden tief erregten und schwer bewegten Jahrzehnten in das politische Leben tief eingriff, wo er viele Anhänger, Freunde und Verehrer fand, aber auch andererseits strenge Beurtheilung erlitt – der aber, wie gerechtfertigt sie in manchen Punkten sein mag, immer entgegenzuhalten ist, daß er stets von den besten Absichten für das Wohl seines Standes, aber auch seines Landes durchdrungen war; daß er, wie in allem, so auch in politischen Dingen nur seiner Ueberzeugung und seinem Gewissen folgte und daß die Mittel, welche er zur Erreichung seiner Ziele anwandte, immer die loyalsten waren. Die politischen Anfänge des Grafen Ferdinand A. fallen in die letzten Jahre Maria Theresia’s und in die Regierungszeit Joseph’s II. – Maria Theresia’s Regierungsprincip war vornehmlich auf die Vermehrung der Kraft des Gesammtstaates gerichtet, was nur durch Aufstellung einer ansehnlichen Kriegsmacht und durch die Einführung eines neuen Systems erreicht werden konnte, durch welches in die völlig zerrütteten Finanzen Ordnung gebracht werden konnte. Die von ihr und ihren Staatsmännern ausgehenden Reformen bezweckten die Centralisirung der Regierungsgewalt und [72] hatten wenn nicht die Vernichtung, so doch die Herabdrückung des Ständewesenz zum Schattenbilde zur Folge. Die Steuerfreiheit des Adels und der Geistlichkeit wurde vollständig beseitigt, die Bewilligung der Grundsteuer zur bloßen Formalität. Durch diese „Theresianische Grundsteuer-Rectification“ wurde das Recht des Staates auf die Grundsteuer als einer regelmäßigen Leistung der Grundbesitzer an den Staat endgültig zur Anerkennung gebracht und die Grundsteuer des bisher von den Ständen für dieselbe vindicirten Charakters als einer dem Landesfürsten bisher freiwillig geleisteten Beihülfe für immer entkleidet. Ohne Anfrage bei den Landtagen wurden neue Steuern eingeführt, schon bestehende incamerirt, d. h. der ständischen Bewilligung und Verwaltung entzogen, wichtige Gesetze wurden ohne Zustimmung der Landtage, ja trotz ihres Widerspruches erlassen und durch die 1748 errichteten Kreisämter wurde die Wirksamkeit der ständischen Verordnetenstelle immer mehr beschränkt.

Wurde unter Maria Theresia noch in manchem die Form gewahrt, so war dies unter Joseph II. auch nicht mehr der Fall. Die Landtage werden zwar alljährlich einberufen, aber fast ausschließlich auf die Bewilligung der Postulate beschränkt. Ihre Verhandlungen spielten sich in höchst einförmiger, gehaltloser Weise ab. Sie boten den Reformen Joseph’s gegenüber kein materielles, höchstens ein formelles Hinderniß; denn die Stände besaßen noch immer einen Verwaltungsorganismus, welcher sich den kaiserlichen Behörden gegenüber einer gewissen Selbständigkeit erfreute. Daher wurden auf Befehl des Kaisers die ständischen Aemter und Cassen mit den gleichartigen Staatsämtern verschmolzen, die Verfügung über die Landesfonde den Ständen ganz entzogen, endlich die Stelle des Landeshauptmanns aufgehoben und das Verordnetencollegium aufgelöst. –

Gegen diese Maßregeln des Kaisers entstand allerdings in den Kreisen der privilegirten Stände großes Mißvergnügen, aber so lange Joseph lebte, konnte diese Erregung nicht zur Geltung kommen. Erst nach dessen Tode (20. Februar 1790) und nachdem sein Bruder Leopold II. den Thron bestiegen hatte, erschollen laute Klagen und Beschwerden der Stände über Beeinträchtigung ihrer historischen Rechte und Ferdinand A. war es, der im Mittelpunkte der ständischen Opposition gegen Maria Theresia’s und Joseph’s Reformen stand und die Seele jener Bestrebungen war, welche den Intentionen dieser centralisirenden und reformirenden Monarchen entgegen die provinzielle Sonderstellung der Steiermark und ihres Landtages wieder zu erringen sich bemühten. Und in der That wurden auf Bitte von Seiten der Stände schon am 28. Mai 1790 die josephinischen Grundsteuer- und Urbarialgesetze aufgehoben und das theresianische Steuersystem und das Robotpatent von 1775 wiederhergestellt. Der steirische Herzogshut, der auf Kaiser Joseph’s Befehl nach Wien gesendet worden, wurde wieder nach Graz zurückgebracht und dort mit großem Jubel empfangen. Die Stände wurden vom Hofkanzler Grafen Kolowrat aufgefordert, sich über die Wiederherstellung der durch die vorigen Regierungen geschmälerten Landesverfassung zu äußern. Da entwarf A. eine umfangreiche Staatsschrift (sie zählt in dem im Landesarchive der Steiermark befindlichen Manuscripte 225 Blätter in Folio), welche die Darstellung der ständischen Verfassung und Verwaltung der Steiermark vor den durch Maria Theresia und Joseph durchgeführten Reformen enthält, sodann ausführlich über diese selbst berichtet und die Bitten der Stände um Abstellung der meisten derselben und um Wiederherstellung der alten Verhältnisse enthält. Diese Denkschrift wurde im Landtage angenommen und der Regierung überreicht. Wären vom Kaiser alle diese Forderungen, welche sich auf die Verfassung des Landes, auf das Gerichtswesen, auf die Stellung der Herrschaften den Unterthanen gegenüber und auf das Steuerwesen bezogen, bewilligt [73] worden, so würde allerdings der Stand der Dinge, wie er sich in Steiermark durch die tiefeingreifenden Gesetze gestaltet hatte, welche unter Maria Theresia und Joseph erflossen waren, gut um ein halbes Jahrhundert zurückgeschraubt worden sein. Eine große Zahl der Forderungen jedoch, wie die Wiederherstellung der Würde des Landeshauptmanns, des ständischen Ausschusses, der Verordnetenstelle, der ständischen Aemter und Cassen, die Wiedergewährung der den Ständen entzogenen Domesticalgefälle, die Herstellung des Eigenthumsrechtes an dem Landhause und an anderen ständischen Gebäuden, die Wiederherstellung der Universität Graz u. a. erschien gerechtfertigt zum Wohle des Landes und konnte ohne Beeinträchtigung einer kräftigen Staatsverwaltung gewährt werden; und mehrere dieser Forderungen wurden auch schon von Leopold II. bewilligt, andere in den folgenden Zeiten und die dadurch wiederhergestellten Institutionen bestehen auch heute noch in der durch die Landesordnung vom 26. Februar 1861 zu einem organischen Bestandtheile des constitutionellen Kaiserstaates erklärten Provinz Steiermark.

Man mag über die von A. in seiner umfangreichen Denkschrift aufgestellten Begehren wie immer denken, eines kann nicht geleugnet werden, ihr Verfasser besaß eine eingehende gründliche Kenntniß der gesammten Gesetzgebung, der geschichtlichen Entwicklung der Verfassung und Verwaltung des Landes, des Ständewesens, sowie aller Verhältnisse der Steiermark zu seiner Zeit, der politischen, der wirthschaftlichen und der culturellen.

Ueber die Forderungen der Stände fanden in der kaiserlichen Hofkanzlei mit Beiziehung einer Deputation der steirischen Stände, darunter auch A., Berathungen statt, welche länger als ein halbes Jahr währten, denn nun war auch der Bürgerstand mit Begehren hervorgetreten: er forderte mit Recht, daß die Bürger der Städte und Märkte nicht wie bisher bloß durch den einen Städtemarschall, sondern durch Ortschaftsdeputirte im Landtage vertreten sein sollten; die privilegirten Stände remonstrirten zwar dagegen, jedoch vergeblich, indem der Kaiser (17. Mai 1791) den Städten und Märkten eine Vertretung durch zehn Abgeordnete gewährte. Das größte und wichtigste jedoch, was A. durch persönliche Intervention beim Kaiser erreichte, war, daß die Würde des Landeshauptmanns wiederhergestellt und den Ständen das Recht zugesprochen wurde, dem Kaiser jedes Mal zwölf Candidaten hiefür in Vorschlag zu bringen.

Als 1797 die Franzosen zum ersten Male die Steiermark occupirten und infolge dessen die kaiserliche Regierung alle ihre Aemter und Behörden aus dem bedrohten Lande zurückzog, wurde eine provisorische Landescommission aus Ständeherren, Magistratspersonen und Bürgern der Stadt Graz bestehend, zusammengestellt mit der Aufgabe, die Landesadministration zu leiten und für die Aufrechterhaltung der Ordnung Sorge zu tragen. Mitglied dieser Körperschaft, welche in den schweren Kriegszeiten große Aufgaben zu lösen und eine verantwortungsvolle Stellung einzunehmen hatte, war auch A. geworden, der in ihr in hingebender und verdienstvoller Weise wirkte.

Als 1800 die Stelle des Landeshauptmannes durch den Tod des Grafen Karl Thomas Brenner erledigt wurde, befand sich der Name des Ferdinand A. unter den zwölf vom Landtage hiefür Vorgeschlagenen und Kaiser Franz ernannte ihn (28. Januar 1801) zum Landeshauptmann von Steiermark. Auch im zweiten Coalitionskriege (1800–1801) wurden Theile der Steiermark im Oberlande von den Franzosen besetzt; die Regierung setzte wieder eine Landescommission ein, die Stände unter der Leitung des Grafen A. hatten Vorschläge zur Landesdefension entworfen und wirkten auf das kräftigste dahin, den vom Feinde heimgesuchten Landestheilen das Tragen der dadurch erwachsenen Lasten zu erleichtern.

[74] Der dritte Coalitionskrieg brachte die Franzosen abermals (1805) nach Steiermark. Der Gouverneur und ein Theil des Guberniums verließ die Landeshauptstadt; die Leitung der Geschäfte wurde einer Landescommission anvertraut, deren Vorsitz anfänglich Dismas Graf Dietrichstein, später A. führte. Auf den Schultern dieser Commission und ihres Vorsitzenden lastete eine schwere Aufgabe: die Verwahrung und Rettung aller zurückgelassenen ärarischen Gelder, die Bildung einer Administrationscasse, die Vorbereitungen für die Einquartierung und Verpflegung der anrückenden Feinde, die Organisation der Lieferung der Requisitionen, die Errichtung von Magazinen für Getreide, Mehl, Brot, Fleisch, Wein, Hafer, Heu u. s. w., aus welchen die Bürger die bestimmten Rationen für die bei ihnen eingerückten fremden Truppen zu beheben hatten. Am 14. November rückten die Franzosen unter Marmont in Graz ein und schon am 15. forderte er die Leistung einer Contribution von einer Million Gulden in Conventionsmünze, die Stellung von 400 Pferden und die Verpflegung von 8000 Mann mit 12000 Gulden täglich. Nur durch ein Zwangsanlehen konnten diese Summen aufgebracht werden. Es kam aber noch ärger. Durch Decret Napoleon’s (Schönbrunn 25. frimaire an 14 = 15. December 1805) wurde von der Steiermark eine Contribution von 14 Millionen Francs gefordert. Eine Abschlagszahlung von einer Million sollte sogleich erlegt werden und wurde durch ein zweites Zwangsanlehen aufgebracht. Weitere Zahlungen wurden glücklicherweise durch den Frieden von Preßburg sistirt. In dem Kriege von 1805 hatte die kleine arme Steiermark an Contributionen und Requisitionen die enorme Summe von 1 395 943 fl. entrichten müssen.

Die Landescommission und A., ihr Vorsitzender hatten in dieser schweren Zeit trefflich gewirkt; der Dank des Kaisers, der Stände und der Bürgerschaft von Graz, welcher ihm zu Theil wurde, war gerecht und wohlverdient.

Nochmals wurde die Steiermark von den Franzosen heimgesucht und ausgesogen. Am 30. Mai 1809 rückten sie unter Macdonald’s Befehl in Graz ein und nun erfolgten maßlose Requisitionen; ein Zwangsdarlehen von neun Millionen Gulden in Bankozetteln mußte von der Landescommission ausgeschrieben werden. Und am 1. August wurde ein Decret Napoleon’s veröffentlicht, welches der Steiermark eine Contribution von 44 880 000 Francs auferlegte. Die Landescommission mit A. an der Spitze sollte diese Summe aufbringen und da bis Ende August nur zwei Millionen erlegt werden konnten, so erklärten die französischen Machthaber, gewaltsame Eintreibungen im ganzen Lande vornehmen, alle Theile der Steiermark mit Truppen als Executionsmannschaften überfluthen zu wollen, aller beweglichen Habe, aller Vorräthe und Waaren der Bürger sich zu bemächtigen, Geiseln auszuheben und außer Landes zu führen. – Da griff A. rettend ein; die französischen Machthaber, erkennend, daß aus dem ausgesogenen Lande Baargeld nicht mehr zu erpressen sei, erklärten sich bereit, statt dessen gute Schuldverschreibungen anzunehmen; A. stellte am 27. September zwei Wechsel an „Monsieur Bary, receveur des contributions de la Styrie“ aus, den einen auf 500 000, den anderen auf 200 000 fl. lautend, mit Verpfändung seiner Person, sowie seines ganzen beweglichen und unbeweglichen Vermögens. Infolge dessen wurden die Executionsmaßregeln sistirt und die Bewohner des Landes vor dem äußersten bewahrt. Allerdings wurden diese Wechsel nach dem Abschluß des Friedens aus den eingegangenen Zwangsdarlehensgeldern eingelöst. Denken wir uns aber den Fall, der Schönbrunner Friede wäre nicht zu Stande gekommen, der Krieg hätte wieder begonnen, abermals unglücklich geendet und die Steiermark wäre wie Istrien, Krain und ein Theil von Kärnten unter französische Herrschaft gekommen, wer hätte da die 700 000 fl., für welche A. gutstand, bezahlt? Die Franzosen aus den [75] Zwangsdarlehens- und Steuergeldern, welche dann aus Steiermark in ihre Cassen geflossen wären, gewiß nicht; A. war Wechselschuldner und am Verfallstage wären diese aus seinem beweglichen Vermögen und aus den Gütern der Familie eingelöst worden und die Grafen von A.-Heiligenkreuz hätten, wenn nicht ihr ganzes Vermögen, so doch den größten Theil verloren, umsomehr da die Güter, wenn sie zwangsweise verkauft worden wären, jedenfalls nur mit sehr schlechten Preisen wären an Mann gebracht worden. Nicht nach dem Erfolge, sondern nach dem Stande der Dinge, wie er am Tage der Ausstellung der Wechsel war, muß diese That beurtheilt werden und als eine aufopferungsvolle, dem hingebendsten Patriotismus entsprungene bezeichnet werden.

Am 14. October 1809 wurde der Friede zu Schönbrunn abgeschlossen; während des Krieges, der damit beendigt wurde, hatte die Steiermark allein 8 663 314  fl. durch Zwangsdarlehen aufbringen müssen. Kaiser Franz, Erzherzog Johann und der Landtag der Steiermark richteten an A. Schreiben und Adressen voll des Dankes und der wärmsten Anerkennung für das, was er in diesen schweren Zeiten geleistet. Von den Kriegen der Jahre 1813, 1814 und 1815 wurde die Steiermark nicht unmittelbar berührt, die Stände des Landes und ihr Landeshauptmann konnten sich daher Werken des Friedens zuwenden.

Schon im J. 1801 hatte A. die Aufmerksamkeit der Stände auf die Heilquellen von Rohitsch-Sauerbrunn in der südöstlichen Steiermark gelenkt und den Ankauf derselben 1803 bewirkt. Unter seiner energischen Leitung wurde daselbst eine Curanstalt errichtet, Gebäude wurden aufgeführt, die Quellen in Stein gefaßt, ein Badearzt wurde bestellt, großer Grundbesitz, herrliche Waldungen ringsum angekauft und so der Grund gelegt zu jener prächtigen Schöpfung, die jetzt Rohitsch-Sauerbrunn, das jährlich 3000 Gäste beherbergt und eine Million Flaschen Sauerwasser versendet, ist – ein Born des Heiles für Kranke und Genesende, eine reizende Sommerfrische für Gesunde.

An der für Steiermark so wichtigen Grundsteuerregulirung, welche von der Regierung 1812 begonnen wurde, nahm A. den innigsten Antheil und suchte insbesondere eine zu schwere Belastung des Landes hintanzuhalten.

Als Erzherzog Johann 1811 zur Gründung des Joanneums in Graz schritt und die Stände zur Mitwirkung an dieser großen Culturthat aufforderte, war es A., der hierbei dem kaiserlichen Prinzen zur Seite stand und als Landeshauptmann und erster Curator der Anstalt für diese in den schwierigsten Jahren ihres ersten Decenniums unter der Aegide des Erzherzogs sorgte und sie leitete. Erzherzog Johann hatte seine großartigen Sammlungen aus dem Gebiete des Thier-, des Pflanzen- und Mineralreiches dem Lande Steier zum Geschenke gemacht; die Stände kauften zur Aufstellung derselben ein palastartiges Gebäude in Graz an, so erstanden die rühmlichst bekannten Museen, an welche sich bald ein botanischer Garten, das Archiv, das Münzen- und Antikencabinet, die landwirthschaftliche und Gewerbsproductensammlung, die Bibliothek, eine Leseanstalt und Lehrkanzeln für naturwissenschaftliche und technische Fächer anschlossen. A. war Vorsitzender des Curatoriums des Joanneums und Stellvertreter des Erzherzogs in demselben, als solcher und als Landeshauptmann hatte er für diese Anstalt die größte Arbeitslast zu tragen und insbesondere die Bewilligung der hiefür nöthigen Geldmittel bei dem Landtage zu erwirken.

Auch bei der Gründung der steiermärkischen Landwirthschaftsgesellschaft durch Erzherzog Johann (1819) wirkte er thatkräftig mit und wurde zum Stellvertreter des Präsidenten, des Erzherzogs, erwählt. Aus den reichen Kunstschätzen seines Palais in Graz überließ er zahlreiche (160) Gemälde, als die Stände eine allgemein zugängliche Bildergalerie errichteten. Den großen Grundbesitz, den er von seinem Vater ererbt hatte, vermehrte er namhaft.

[76] Die großen Verdienste, welche er sich um Kaiser und Reich und insbesondere um die Steiermark erworben, fanden auch vielseitig volle und hohe Anerkennung. Schon 1768 war er vom Kaiser zum Kämmerer ernannt worden, 1801 wurde er zum wirklichen geheimen Rath mit dem Titel Excellenz erhoben; 1809 wurde ihm das Commandeurkreuz des kurz vorher gestifteten Leopoldordens, 1810 dessen Großkreuz verliehen; 1812 erhielt er vom Kaiser das Indigenat des Königreiches Ungarn und 1815 das goldene Kreuz des eben gestifteten Civil-Ehrenzeichens. Die kaiserliche Akademie der bildenden Künste in Wien ernannte ihn 1812 zum Ehrenmitgliede, die Landwirthschafts-Gesellschaften in Krain (1815), zu Wien (1817), in Steiermark (1819) zum wirklichen Mitgliede, der Musikverein in Graz (1818) zum Beschützer und Ehrenmitglied.

Er war seit 1772 mit Maria Anna Gall Freiin von Gallenstein vermählt, welcher Ehe 6 Söhne und 2 Töchter entsproßten und starb im 75. Jahre am 23. Mai 1820 im Familienfideicommiß-Palais zu Graz.

Schönleben, Genealogia Illustrissimae familiae D. D. Comitum ab Attimis. Labaci 1681. (Sehr selten.) – G. Girolamo, Storia genealogico-chronologica degli Attems Austriaci. Gorizia 1783. – Ilwof, Die Grafen von Attems, Freiherren von Heiligenkreuz in ihrem Wirken in und für Steiermark. Graz 1897. (A. u. d. T.: Forschungen z. Verfassungs- u. Verwaltungsgesch. d. Steiermark. Hsg. v. d. Hist. Landescommission f. St. II,1.)

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 71. Z. 23 v. u. l.: begleitete (statt bekleidete). [Bd. 55, S. 895]