ADB:Hauenschild, Georg von (2. Artikel)

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Artikel „Hauenschild, Georg von“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 62–64, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hauenschild,_Georg_von_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 00:25 Uhr UTC)
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Hauenschild *): Richard Georg von H. lautet der wirkliche bürgerliche Name des unter dem litterarischen Pseudonym „Max Waldau“ bekannt gewordenen vortrefflichen, in seinen Anschauungen immer mehr als hervorragend selbständig erkannten Dichters, den ich in der A. D. B. XXXV, 190–196 unter dem Stichworte „Spiller von Hauenschild“ behandelt habe. Man vgl. z. B. Ad. Bartels, Gesch. d. dtsch. Lit. II, 404 f., welcher sich für das angebliche Nichterscheinen des Romans „Aimiry der Jongleur“ auf Adolf Stern (wo? weder Lex. d. dtsch. Nat.-Lit. S. 151 s. v. Hauenschild, noch Vilmar-Stern S. 526) beruft und das Fehlen einer Sammlung der Lyrik Waldau’s vermerkt, und R. M. Meyer, Die dtsch. Lit. d. 19. Jhs. S. 516: Bartels und Meyer finden bei ihm Jean Paul’sche Art, Jungdeutschthum und modernen Realismus und lassen das Geburtsjahr zwischen 1822 und 1825 zweifelhaft. Nach neuerer Angabe des eigenen Sohnes, kgl. preuß. Landraths Max von Hauenschild, hat „Max Waldau“ den führenden Namen „Spiller“ unrechtmäßig, doch natürlich in gutem Glauben der Adelspartikel vorgesetzt, so daß er jetzt in fast sämmtlichen Nachschlagewerken und litterargeschichtlichen Handbüchern unter unrichtiger Marke eingereiht ist. Ich verdanke diese Feststellung Prof. Ludwig Geiger in Berlin, dem es gelungen ist, den ausgedehnten handschriftlichen Nachlaß des Poeten aufzuspüren und dem der genannte Sohn die litterarische Hinterlassenschaft an Manuscripten, Briefen (56 meist sehr lange mit wiederholten Nachtragszetteln – „Riesenschlangen“ nennt F. Lewald die Briefe – im breiten Abhandlungsstile der Mitte des 19. Jahrhunderts) usw. zur Verfügung gestellt. Geiger macht dazu Mittheilungen im litterargeschichtlich reichhaltigen Anmerkungen-Apparat seines wichtigen Buchs „Aus Adolf Stahrs Nachlaß. Briefe von Stahr nebst Briefen an ihn von Bettina v. Arnim, Therese v. Bacheracht, Th. Döring, Gust. Freytag, K. Gutzkow, M. Hartmann, Johanna Kinkel[WS 1], Th. B. Macaulay, Jul. Mosen, Rob. Prutz, Heinr. Simon, Fr. Spielhagen, Fr. Chr. Vischer, Richard Wagner u. A. ausgewählt und mit Einleitung und Anmerkungen herausgegeben“ (1903). In diesem Buche findet man S. 165 f. den Plan einer von Stahr mit Franz Liszt, H. Hettner, Hauenschild beabsichtigten Zeitschrift, S. 182–86 eine ausführliche bedeutsame [63] Schilderung des letzteren durch A. Stahr und Fanny Lewald mit in Form einer beweglichen Todtenklage um den soeben (20. Januar 1855; der Brief datirt vom 22. aus Berlin) rasch an Nervenfieber dahingegangenen jungen Herzensfreund, die auch sachlich sehr Wesentliches über Max Waldau’s menschlich wie dichterisch überaus sympathisches Wesen enthält. In der Anmerkung dazu auf S. 336 schreibt Geiger: „Die schöne Charakteristik, die von diesem höchst talentvollen, zu seiner Zeit auch vielfach gewürdigten Schriftsteller gegeben wird, läßt sehr bedauern, daß die an ihn gerichteten Briefe unzugänglich sind. Diese, die sich in dem Stahr’schen Nachlasse nicht vorgefunden haben, befinden sich, da sie von Fanny Lewald’s Briefen begleitet waren, in deren Nachlaß. Waldau’s Briefe kamen vor einigen Jahren in die Hände seines Sohnes zurück und sind mir von diesem zur Benutzung übergeben worden. Da sie jedoch für Waldau charakteristischer sind als für Stahr, übrigens mir so spät zukamen, daß ihre Benutzung das Erscheinen des Bandes aufgehalten und den ohnehin schon großen Umfang stark angeschwellt hätte, so schien es mir räthlicher, dieses köstliche und in sich einheitliche Material im ganzen zu belassen und später, etwa zu Waldau’s 50. Todestage, in einer besondern Publikation zu verwerthen“.[1] Ludwig Geiger weist dabei noch „auf den trefflichen Artikel in der A. D. B.“ (mit dem Versehen 25. Bd. statt 35.) hin und gibt daneben die Lebenszeit Hauenschild’s mit 1825–1855 an, während er im Eingange des hier ausgehobenen Passus, übereinstimmend mit unserer Angabe, 1822–1855 notirt; er bemerkt mir jedoch brieflich: „Der Geburtstag ist (laut Urkunde) 24. März 1825“, so daß also der vielversprechende Dichter nicht einmal das dritte Jahrzehnt vollendet hätte und nicht, wie auch Stahr a. a. O. annimmt, 33 Jahre alt geworden wäre. – Daß der Taufname des einzigen Kindes, des obengenannten Max, auf den Dichternamen zurückgeht, darf man wol vermuthen. Die Schriften sind übrigens ganz außerordentlich selten geworden und so auf öffentlichen Bibliotheken nur recht vereinzelt vorhanden, wie auch Geiger bei Nachforschungen beobachtet hat. Ich selbst besitze mehrere Bände aus dem Nachlasse meines Vaters Max Fränkel (s. A. D. B. XLVIII, 702), der als junger Mann die völlig eigenartigen und theilweise ganz modernen Erzeugnisse des weltfernen oberschlesischen Aristokraten als in der nach48er Reactionszeit auffällige Erscheinungen begierig unter seine zeitgenössischen Typen stellte und ein bischen Waldau-Enthusiast ward. Der Aufsehen erregende Roman „Aus der Junkerwelt“ ist inzwischen in „Meyers Volksbüchern“ neu gedruckt worden. Ein intimer Bekannter Waldau’s unter seinen Alters- und Dichtgenossen ist übrigens Rudolf v. Gottschall, der schon einmal, von mir 1892 bereits angezogene Erinnerungen veröffentlicht hat. Vgl. Petzet, Blüthezeit S. 392 f.

Zur Geschichte der Beachtung, welche die Kritik den für die Zeit ihres Hervortretens bedeutsamen Waldau’schen Werken schenkte, ist als Beispiel bemerkenswerth, daß Wolfgang Menzel i. s. Geschichte der deutschen Dichtung III (1859) S. 422 den Abschnitt „Die Epigonen“ im Capitel „Die jüngste Dichtung“ mit der Notiz abschließt: „(In demselben Stil, d. h. zufolge S. 421 in lyrisch-epischer Form und kurzen Versen, schrieb) Max Waldau (Spiller v. Hauenschild) seine ‚Cordula‘, eine Sage aus Graubünden“, ohne die Romane zu erwähnen, während pädagogisch verwerthet mir Waldau nur in der ausgezeichneten Mustersammlung von Herm. Masius, Dtschs. Lesebuch f. höh. Unterrichtsanstalten, III. Theil, 3. Aufl., 1874, S. 108 mit dem Prosastückchen „Hochgewitter im Schwarzwald“ begegnet ist; Masius bemerkt im litterargeschichtlichen Anhang S. 731 über den Dichter, der, „sich früh verzehrend“, 1822–55 gelebt habe: „Ein geniales Uebermaß charakterisirt seine Composition [64] und seinen Stil. Sein Roman ,Nach der Natur‘, trotz aller Auswüchse, immer eine der bedeutendsten Productionen auf diesem Felde“. Nicht zu verwechseln ist H. mit seinem Zeitgenossen Alfred Waldau (der Jos. Jarosch hieß), Sammler und Verdeutscher czechischer Volksüberlieferungen seiner Heimath Böhmen (Wurzbach 52, 162).


[62] *) s. Spiller von Hauenschild im Hauptwerk (1893).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 63. Z. 18 v. o.: Die hier angekündigten Veröffentlichungen Ludwig Geiger’s sind inzwischen erschienen: „Zeitschrift für Bücherfreunde“ VIII (1905) S. 431–447 und 457–468 „Max Waldau zum Gedächtnis“ (ganz authentisch mit vielen neuen Daten und Porträts), sowie „Breslauer Zeitung“ Nr. 46 vom 19. Januar 1905 (Morg.-Ausg. Feuilleton „Max Waldau (Georg v. Hauenschild)“. [Bd. 55, S. 895]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Johannna