Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hertslet, William Lewis“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 254–256, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hertslet,_William_Lewis&oldid=- (Version vom 14. Oktober 2024, 22:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Hertz, Heinrich
Band 50 (1905), S. 254–256 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
William Lewis Hertslet in der Wikipedia
William Lewis Hertslet in Wikidata
GND-Nummer 11675348X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|254|256|Hertslet, William Lewis|Ludwig Julius Fränkel|ADB:Hertslet, William Lewis}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11675348X}}    

Hertslet: William Lewis H., dieser ganz eigenartige und hervorragende Encyklopädist, am 21. November 1839 als Sohn des großbritannischen Berufsconsuls W. J. Hertslet zu Memel geboren, trat jederzeit in seiner bescheidenen, ganz in der Sache aufgehenden Schriftstellerei hinter seines Fleißes Ergebnissen in den Hintergrund, und so ist bei Lebzeiten der Name dieses völlig eingedeutschten Sprossen englischen Blutes gar wenig genannt worden, obwol er seinen litterarischen Veröffentlichungen, die zunächst Zeugnisse eines ungewöhnlichen lexikalischen Genies waren, den Stempel seines Geistes und seiner Klarheit sowie seines Wahrheitsdranges und erstaunlichst umsichtiger Belesenheit aufgedrückt hat. Auch als er nach einem still theils im Eisenbahn- [255] und Bankfache, theils, erst seit 1895, mit alleiniger Pflege vieljähriger Liebhaberstudien und deren litterarischer Verwerthung meistens, seit langer Zeit gänzlich in Berlin zugebrachten Leben am 2. Mai 1898 in Berlins freundlichem Vorort Friedenau einem Gehirnschlag erlegen war, vermochten sogar die zu zählenden üblichen Zeitungsnachrufe in Berlin wenig über ihn zu sagen. Ja, selbst nicht einmal der in Hertslet’s letzter Zeit mit ihm correspondirende Verfasser des litterarischen Porträts, welches Bd. III des Biogr. Jahrbuchs und Dtschn. Nekrologs S. 63–66 ihm 1899 widmete, Alfred Frhr. v. Mensi, hat die äußern Lebensumstände Hertslet’s aufhellen können – diese hat H. fast geflissentlich zeitlebens im Dunkel gehalten – und gab, nothgedrungen mit einigen Vermuthungen darüber hinweggehend, eine liebevolle und des stets im Factenbestande seiner Arbeiten peinlich genauen Mannes würdige Charakteristik der ihm bekannt gewordenen, fast durchweg repertorienartigen Veröffentlichungen. Auf diese Würdigung sei in Hinsicht der litterarischen Leistungen und der daraus erkennbaren persönlichen Originalität dieses Sammlers, Finders und Aufzeichners vorläufig verwiesen, während über die, übrigens sehr einfachen Hauptgeschehnisse seines 58jährigen Erdenwallens – das äußerlich abseits dem öffentlichen Leben verlief und ihm doch mit vollstem Antheile folgte – das „Gedenkblatt“, nach Angaben von Verwandten vor der letzten, (textlich unveränderten, aber leider registerlosen) 5., posthumen Ausgabe seines Lieblingswerks „Der Treppenwitz der Weltgeschichte“ Auskunft geben mag. Eine größere Studie über die schriftstellerische Wirksamkeit Hertslet’s hat der Unterzeichnete fertiggestellt und wird sie sofort nach dem (Herbst 1904) erfolgten Erscheinen der 6., nebst Registern von Hans F. Helmolt „durchaus neu bearbeiteten“ Ausgabe des eben genannten Buches drucken lassen. In einer Menge wärmstens anerkennender Zeitungsstimmen (auszugsweise hinter des letzteren 4., verkürzt hinter der 5. Auflage abgedruckt) kamen Hertslet’s bezügliche bewundernswerthe Umsicht und anziehende Darstellung seiner Resultate zum Ausdrucke.

Verzeichnet seien darum nur seine selbständig hervorgetretenen Schriften, da man bis dato deren Titel nirgends vollständig zusammengestellt finden kann: eine ihrer Zeit sehr nothwendig gewesene „Alphabetische Zusammenstellung technischer Ausdrücke, welche besonders bei Eisenbahn-Bauten häufig gebraucht werden. Glossary of technical terms etc. Deutsch-Englisch und Englisch-Deutsch“ (185 S., 1865), in sinngemäßer Uebersetzung, angelegt um den Verkehr englischer Ingenieure – zunächst der Ostpreußischen Südbahn Bray’s, wo H. amtirte – mit Behörden und Publicum zu erleichtern; „Die norddeutschen Werthpapiere auf dem Gebiete des Korporations-Kredites. Mittheilungen über alle norddeutschen Kreis-, Stadt-, Provinzial- und Deich-Obligationen u. s. w., sowie der von Kaufmannschaften und religiösen Korporationen emittirten Wertpapiere. Nach officiellen Quellen und Mittheilungen zusammengestellt“ (1870), wol der Beginn seiner überaus erfolgreichen Bank- und Börsenschriftstellerei; aus den 1870er kleinen Anfängen des Börsenlitteraten Saling (vgl. G. Dahms, Das literarische Berlin, 1895, S. 154) wurden „Saling’s Börsen-Papiere. 2. (finanzieller) Theil. Saling’s Börsen-Jahrbuch. Ein Handbuch für Bankiers und Kapitalisten. Bearbeitet von W. L. Hertslet“, von 1872–98 von H. alljährlich frisch redigirt und zu einem Compendium von größter Nutzbarkeit, Weltruf und fast officiellem Range emporgehoben; „Hertslet’s Coupon-Warner für Nord- und Süddeutschland und Oesterreich“ („13., sorgfältig ergänzte“ Auflage f. 1897/98); „(Der) Treppenwitz der Weltgeschichte“ (zuerst 60 Seiten stark 1882; 4. Aufl. 1895, u. 5. o. J. [1898/99] 454, 6.Aufl. [1905] 509 Seiten Text), ein erstaunlich fleißig [256] angelegtes und anmuthendes Reservoir für die unter den – nach ‚esprit d’escalier‘ selbstgeprägten – Titelbegriff fallenden historischen „fables convenues“, ein, jedoch ganz selbständiges, Supplement zu Georg Büchmann’s (s. A. D. B. XLVII, 322) berühmten „Geflügelten Worten“; „Schopenhauer-Register. Ein Hülfsbuch zur schnellen Auffindung aller Stellen, betreffend Gegenstände, Personen und Begriffe sowie der Citate, Vergleiche und Unterscheidungen, welche in Arthur Schopenhauer’s Werken, ferner in seinem Nachlasse und in seinen Briefen enthalten sind“ (1890; für S. 256 f. ergänzt durch Hertslet’s Artikel „Ueber einige Citate in Arthur Schopenhauer’s Werken“, Frkf. Zeitung Nr. 359 vom 24. Dec. 1892, 1. Mrgnbl. S. 2 f.), eine Sinn- und Stellenconcordanz solch sorgfältigster Durchführung, wie wir sie beispielsweise für Goethe noch entbehren; „Spiegelungen zwischen Arithmetik und Geometrie“, eine nicht lange vor dem Tode gedruckte Broschüre (4 Seiten) rein mathematischen Stoffs mit Ausblicken auf Kant’s „Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft“, Schopenhauer’s „Tafel der Praedicabilia der Zeit, des Raumes und der Materie“ und Friedrich Zöllner’s „Natur der Kometen“ (nicht im Buchhandel und hier nach Baron Mensi’s Angaben notirt; Druck von Trowitzsch & Sohn in Berlin).

Man vgl. noch: Kürschner’s Literaturkaldr. XX, 535 (ungenügend aus Zurückhaltung Hertslet’s); Liter. Centralbl. 1898, Sp. 791; Illustr. Ztg., 110. Bd. Sp. 594 (nicht 592, wie Biogr. Jahrb. u. Dtsch. Nekrol. Bd. V Todtenliste *28 zu lesen), wo falsch die Taufnamen-Initialen „W. H.“ und das Geburtsjahr 1811 heißen. Sogar A. v. Mensi’s Artikel konnte die Vornamen noch nicht ausschreiben. Zur Weiterführung des „Saling“ siehe Hinrichs’ Fünfjahrs-Katalog II, 1896–1900, v. H. Weise, 1901, S. 1075 b. Die Schopenhauer-Bildnisse, die H. besaß, gingen aus dem Nachlasse in das Eigenthum Eduard Grisebach’s und dann in die 2. Auflage von dessen Buch „Schopenhauer’s Gespräche“ (1902) über (s. Vorwort dazu). Einen Beleg für die allgemeine Aufnahme des Hertslet’schen Gattungsnamens „Treppenwitz der Weltgeschichte“ in den publicistischen Jargon s. Münchn. Nst. Nachr. März 1904.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 256. Z. 22 v. u. l.: Nr. 130 vom 18. März 1904. [Bd. 55, S. 895]