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Artikel „Oldenbourg, Rudolf“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 703–704, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oldenbourg,_Rudolf&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:12 Uhr UTC)
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Oldenbourg: Rudolf O., in München, geboren am 15. December 1811 zu Leipzig, ist der Sohn eines angesehenen Kaufmanns, der aus Hannover nach Leipzig eingewandert war. Er besuchte das Nicolai-Gymnasium in Leipzig bis zum Eintritt in Tertia und war dann ein halbes Jahr in dem väterlichen Geschäft thätig. Durch vielfachen Umgang mit den Söhnen von Buchhändlern wurde er veranlaßt, sich dem Buchhandel zuzuwenden und kam, zwecks Erlernung desselben, Ostern 1827 zu Friedr. Asschenfeldt in Lübeck, der sich eines sehr guten Rufes als kaufmännisch gebildeter Sortimentsbuchhändler erfreute. Fünf Jahre dauerte diese nach damaliger buchhändlerischer Sitte strenge Lehrzeit, nach deren Ablauf er noch weiter ein halbes Jahr als Gehülfe verblieb, dabei vielfach angeknüpfte gesellige Beziehungen zu Lübecker Familien ausgiebig genießend.

Frommann in Jena, ein Freund seines Vaters, nahm ihn dann Michaelis auf 11/2 Jahr als Gehülfe auf, und dort fand er Gelegenheit, in mehrfache Beziehungen zu der Familie des eben verstorbenen Goethe zu kommen. Von da ging O. 1834 nach London, wo mehrere seiner Geschwister sich niedergelassen hatten. Dort lebte er, nur in losem Zusammenhange mit dem deutschen Buchhandel, im wesentlichen nur seiner geistigen Ausbildung durch Studium der nationalökonomischen Litteratur Englands und gelegentlich auch des englischen Buchhandels. 1835 ging er nach Frankfurt a. M. in die Schmerber’sche Buchhandlung; schon im Herbst 1836 wurde er durch seinen Freund Schmerber der Cotta’schen Buchhandlung, deren Leitung 1832 Freiherr Georg v. Cotta übernommen hatte, als Geschäftsführer der litterar-artistischen Anstalt in München vorgeschlagen. Er nahm an, und in dieser Stellung bot sich ihm Gelegenheit zu mannichfaltiger Thätigkeit, bis er 1843 als Associé der Handlung aufgenommen wurde. Er gründete die Bibelanstalt der Cotta’schen Buchhandlung, in welcher mehrere von den ersten deutschen Künstlern illustrirte Ausgaben der Luther’schen Bibel, des Neuen Testaments und anderes auf die Bibel Bezügliche erschienen. 1845 kaufte er die Vogel’sche Buchhandlung in Landshut, welche das Verlagsrecht der einzigen approbirten katholischen Bibelübersetzung besaß, und gab diese mit dem in der Bibelanstalt angesammelten bildlichen Material heraus, dem sich Aehnliches der biblischen Litteratur anschloß, wodurch der protestantischen Bibelanstalt eine katholische unter der Firma Vogel’sche Buchhandlung zur Seite gestellt wurde. Oldenbourg’s Thätigkeit [704] griff jetzt in alle Zweige des großen Cotta’schen Geschäfts direct oder indirect ein und bot ihm Gelegenheit, eine Menge von Erfahrungen zu erwerben, wie sie selten gefunden wird. In diesem Verhältniß blieb er 32 Jahre, bis zum Jahre 1868, wo das Münchener Zweiggeschäft der J. G. Cotta’schen Buchhandlung durch Uebereinkunft der Betheiligten liquidirt wurde. Die Vogel’sche Buchhandlung in ihrem bedeutendsten Theile hatte O. schon 1866 an Friedr. Pustet in Regensburg, die Bibelanstalt 1868 an Brockhaus in Leipzig verkauft. Die übrigen sehr ansehnlichen Bestände der Anstalt gingen an die Betheiligten über. Die Zeitschriften erwarb mit einigem Anderen O. Der Rest siedelte nach Stuttgart über, während das Sortimentsgeschäft dem bisherigen Buchhalter des Geschäfts, Herrn Riedel, überlassen wurde. Schon 1858 hatte O. das „Journal für Gasbeleuchtung“ für seine alleinige Rechnung und unter seinem Namen gegründet, welches als erstes technisches Fach-Journal mit der Zeit eine ansehnliche Bedeutung bekommen sollte. Ihm schlossen sich einige juristische Journale mit Erfolg an, und so trat O. 1869 mit einem Verlagsgeschäft von beträchtlichem Umfang und Erträgniß in den Markt des Buchhandels ein. 1873 erweiterte er das Geschäft durch Ankauf der Pustet’schen Buchdruckerei und des dazu gehörigen Schulbücherverlags in München. Zwei Söhne, Rudolf August und Hans, waren inzwischen als Theilhaber in das Geschäft mit eingetreten, und mit deren Hülfe entwickelte sich dasselbe zu seinem jetzigen Umfange, in welchem es 16 Schnellpressen, eine Buchbinderei mit 50–60 Arbeitern und ein Comptoirpersonal von einigen 20 Personen beschäftigt. Der Eintritt eines dritten Sohnes, Paul, wurde Veranlassung zur Anfügung einer Abtheilung für Papier und Schreibmaterialien. In den letzten Jahren war es die Publication des großen Baumeister’schen Werkes „Denkmäler des classischen Alterthums“ (in 3 Bänden), dem sich das epochemachende Werk Heinrich v. Sybel’s „Begründung des Deutschen Reiches“ sowie mehrere der großen Publicationen der „Münchener Historischen Commission“, auch der „Deutsche Novellenschatz“ (48 Bde.) und der „Novellenschatz des Auslandes“ (24 Bde.) anschloß, welche eine Hauptaufgabe der Firma bildeten. Nach dem Tode R. Oldenbourg’s[1] ging das umfangreiche Geschäft in den Besitz seiner Söhne über, unter deren rühriger Leitung es sich stetig weiterentwickelte.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 704. Z. 21 v. u. l.: „Nach dem Tode R. Oldenbourg’s († in München am 10. October 1903)“ etc. Dies Datum lehrt, daß der Artikel eigentlich nicht mehr in unser Werk gehört. [Bd. 55, S. 901]