ADB:Wanckel, Johannes
Varnhagen’s Denkwürdigkeiten bezeugen. Johannes war der Lieblingssohn Matthias Wanckel’s (s. u.), jedoch kein Enkel Bernhardi’s, da er aus der zweiten Ehe seines Vaters stammte. Geboren wurde er 1554 zu Bromberg.[1] Johannes war [134] das eigentliche schriftstellerische Talent der ganzen Familie W. Wenn auch Matthias durch seine Verbindung mit Luther und Bernhardi eine größere Bedeutung erlangt hatte, so daß er fast selbst mit in der Reihe der Reformatoren steht, so hat doch auch Johannes mit seinem Oheim Andreas (s. Matthias und Leberecht W.) schon als Student und angehender sächsischer Magister wenigstens die Torgauer Artikel, gedruckt zu Wittenberg bei Hans Lufft 1574, an mehreren Stellen mit unterzeichnen dürfen. Seine Geistesgaben machten ihn alsbald bei großen Herren und Potentaten berühmt. Der Administrator Herzog Friedrich Wilhelm zu Sachsen berief ihn 1595 an seinen Hof. Hier übersetzte er Luther’s Hauspostille oder doch deren zweiten Theil in das Lateinische. Daneben „profitirte er dermaßen in hispanischer, welscher und französischer Sprache“, daß er auch die Litteraturproducte anderer als der deutschen Sprache durch Uebersetzungen ins Lateinische der damaligen Weltlitteratur einzuverleiben versuchen konnte. Sein horologium principum war eine Uebersetzung aus dem Spanischen „mit schönen Noten für die studirende Jugend illustrirt“. In seinen lateinischen Gelegenheitsgedichten, die ihn für den sächsischen Hof einigermaßen als Vorläufer von Finkelthauß (s. Salchmann) erscheinen lassen, bewegte er sich zuweilen in den kunstvollsten Formen. 1602 machte man ihn zum Professor historiarum in Wittenberg. 1605 veröffentlichte er, zunächst zu Ehren seines hohen Gönners, die „Precationes piae Friederici Wilhelmi collectae, christliche Gebete so Friedrich Wilhelm Herzog zu Sachsen selbst colligirt und gebraucht.“ 1609 wurde er Decan der philosophischen Facultät und 1614 Rector der Universität Wittenberg. Er starb daselbst 62 Jahre alt am 16. Juni 1616.
Wanckel: Johannes W., poëta coronatus und Herausgeber der precationes piae, deren Gebrauch bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein- Handschriftliches Verzeichniß der in der K. Bibliothek im Japanischen Palais zu Dresden befindlichen Wanckelschen Drucksachen. Von Hrn. Oberbibliothekar Prof. Dr. Schnorr von Carolsfeld angefertigt und dem Oberbaurath Otto Wanckel zu Dresden im März 1891 übergeben. In diesem Verzeichnisse befinden sich 16 Arbeiten von Johannes, darunter zum Theil jedoch nur Gelegenheitsgedichte und Aehnliches von ihm in anderweitigen Druckwerken aufgefundenes. Unter diesen 16 Arbeiten nehmen die precationes die 11. Stelle ein.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 133. Z. 1 v. u.: Johannes Wanckel ist am 1. Februar 1554 in Kamberg (nicht Bromberg) geboren. [Bd. 55, S. 894]