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Artikel „Wanckel, Matthias“ von Heinrich Pröhle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 137–138, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wanckel,_Matthias&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 10:13 Uhr UTC)
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Wanckel: Matthias W., Schüler und Freund Luther’s. Die Familie W. soll aus Schweden stammen und noch jetzt dort vertreten sein. Doch sollen auch Glieder derselben aus Deutschland wieder nach Scandinavien zurückgekehrt sein. Besonders aber wanderten solche nach Amerika aus. In Deutschland sollen die Wanckels schon Jahrhunderte lang vor der Reformation geblüht und zunächst ihren Wohnsitz zu Hamelburg in Franken genommen haben. Matthias W., Sohn eines Mannes, der zuletzt Kaufmann in Siebenbürgen war, wurde in Hamelburg am 24. Februar 1511 geboren. Er kam mit 2 Brüdern Andreas und Bartholomäus nach Wittenberg zu Luther. Matthias war der älteste und begabteste unter ihnen. Elf Jahre lang hörte der wohlhabende junge Theologe Luther’s und Melanchthon’s Vorlesungen. Die kunstvoll verzierte Handschrift von Luther’s Weltchronik auf der k. Bibliothek zu Dresden rührt nach Götze’s Angabe von ihm her. Von Wittenberg ging Matthias zunächst als letzter Schulcollege und Collaborator nach Magdeburg. Darauf verwaltete er fünf Jahre lang das Rectorat seiner Vaterstadt Hamelburg. Seinen beiden großen Lehrern verdankte er ein hinlängliches Wissen um nunmehr als erster lutherischer Pfarrer zu St. Moriz, in Halle a. Saale angestellt zu werden, wo ihn Justus Jonas am 26. August 1542 einführte. In hohem Grade wichtig wurde jetzt für diesen „gelehrten und wohlversuchten Mann“ sowie für seine beiden jüngeren lutherischen Brüder auch die Bekanntschaft mit Bartholomäus Bernhardi (s. A. D. B. II, 459), dessen älteste Tochter er heirathete. Die zweite ward seines Bruders Andreas, Pastors in Trebitz und später in Schmiedeberg, die dritte des jüngsten Bruders Bartholomäus Frau. Im J. 1545 wurde unser W. von dem Fürsten Georg von Anhalt mit Luther, Melanchthon, Bugenhagen, Justus Jonas und andern Reformatoren zu der Versammlung in der Dompropstei zu Merseburg berufen, damit er diesem heilsamen consilio beiwohnen und den Schaden Joseph’s mit beobachten solle. Unmittelbar nach Luther’s Tode erschien dann 1546 die Schrift, die Matthias dem Fürsten von Anhalt mit den Worten zueignete, er habe des hochwürdigen und hochgelahrten Herrn Doctoris Martini Lutheri zwo Predigten, die eine von dem Reiche Christi, die andere von der christlichen Ehe (dem Herrn Domdechanten Sigismund von Lindenau zum Troste), welche beide Luther „in Gegenwärtigkeit“ des Fürsten in der Stiftskirche gehalten habe, als sonderlich köstliche Brocken ausgelesen, nach seinem Vermögen erfasset und dem Drucke übergeben. Die k. Bibliothek zu Berlin verzeichnet auch noch nach den zwo Predigten einen von Matthias W. herausgegebenen Luther’schen „Sermon über Johannes V, 39, 40, 43.“ Trotz der von W. erzielten Erfolge brachte jedoch die Schlacht bei Mühlberg der Familie große Gefahr. Zu dieser Zeit hatte vermuthlich die Verheirathung aller drei Brüder mit den Töchtern Bernhardi’s bereits stattgefunden und der jüngste Bruder Bartholomäus mag durch seinen Schwiegervater Bernhardi schon das Rectorat in Kemberg erlangt gehabt haben. Durch die Beziehungen seiner Töchter zu den drei geistlichen Brüdern müßte der Propst Bernhardi als der eigentliche Stammvater des aufblühenden evangelischen Pfarrhauses erscheinen. Um so weniger konnte es ihm gänzlich vergessen werden, daß er, lange bevor er als Professor der Physik an die Universität Wittenberg gekommen war, in aller Form die katholische Priesterweihe empfangen hatte. Während nun in jenen Tagen Karl V. sich gegen Lucas Cranach gnädig und gegen Luther’s Gruft schonend erwies, hängten die spanischen Soldaten des Kaisers Bernhardi in Kemberg über seinem Tische auf. Seine Frau löste den Strick, die Spanier aber kamen wieder, schlugen ihn und schleppten ihn bis ins [138] Lager hinter Torgau. Ein deutscher Officier befreite ihn auch hier. Nach seinem Tode 1551 folgte ihm in Kemberg sein Schwiegersohn Matthias W. Er nahm dort an den damaligen Kirchen- und Schulvisitationen lebhaften Antheil. Die alte Kemberger Propstei verwandelte sich unter ihm in eine Superintendentur. Von seinen sechs Töchtern aus der Bernhardi’schen Ehe wurde die zweite, Marie, die Mutter des Mathematikers Rhode, der sich Verdienste um den Festungsbau zu Wittenberg erwarb. Nach dem Tode der ersten Gattin führte Herr Matthias noch Frau Elisabeth Löffler, aus dem benachbarten Schmiedeberg heim. Er starb am 2. Februar 1571 im Alter von 60 Jahren. Im ganzen war er Vater von 13 Kindern. Die Mehrzahl, vier Söhne und drei Töchter, gehörten der zweiten Ehe an. In der Kirche zu Kemberg liegt er am Eingange nach Norden zu begraben.

Dittmann, Nachrichten von einer ehrwürdigen Priesterschaft unter Einem hohen Stiftsconsistorio zu Merseburg, 1759. – Johann Heinrich Feustking, Dompropst und Superintendent zu Kemberg, Leben des ersten (?) verehelichten Predigers Bartholomäi Bernhardi in einer Gedächtnißpredigt die Bartholomaei vorgetragen.