Benutzer Diskussion:Fw/Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung
[003] Im Namen der heiligen Dreyfaltigkeit. Wir Bürgermeistere und Rathmanne der Stadt Hamburg / Thun allen und jeden diese Stadt Bürgern / Einwohnern und Unterthanen / die itzo seyn und hernach kommen werden / hiemit zu wissen / Nach dem alle menschliche Satzung / Recht und Berichte / die zu Schutz der Frommen / und Straffe der Bösen seyn verordnet / von GOtt [004] herkommen / und auch Unsere Antecessorn und Vorfahren / zu Erhaltung friedlicher Einigkeit / und Gedeylichen Wolstandes / bey Exequierung dieser Stadt uhralten Statuten, redlichen Gewohnheiten / Herkommen und Gerichts-Ordnungen / solches haben in fleissige Uffacht genommen: Daß Wir auch zu hochnöthiger Handhabung der heiligen Justitien, zu Fortsetzung friedliches Wesens / und Erhaltung ersprießlicher Einigkeit / in Observierung und Verfolgung solcher Statuten und Gerichts-Ordnungen / aus dragendem Ampt / dasselbe Ziel [005] sorgfältig zu respectiren Uns schüldig erkennen / und aber gleichwol bey eingefallener Aenderung der Zeite und Läuffte / zufürderlicher Endscheidung der streitigen Partheyen / und schleuniger Abrichtung der täglich erhobenen und häuffig erwachsenden Sachen / vor rathsam / nütz und nöthig ist erachtet / solche alte Statuta, Satzung und Gerichts-Ordnung / in eine gute vorständliche Richtigkeit zu bringen: So seyn Wir demnach / ümb gemeines Nutz- und Bestes willen / mit einmüthiger Beliebung und Bevollbortung Unserer Erbgesessenen Bürgerschafft / solche Statuta und [006] Gerichts-Ordnung / zu zumänniglichen / der allhie in diesem Nieder- und Ober-Gerichte in seinen Sachen Rechts zu gebrauchen gemeynet / nöthiger und bequemer Anleitung / mit gutem vorbedachtem Rath / publiciren zu lassen / dardurch bewogen und geuhrsachet worden. Befehlen demnach allen und jeden unsern Gerichts-Persohnen / Fiscalen, Procuratorn, Schreibern und Anwalden / und wollen / daß dieselben / und auch sonst männiglich / so wol Bürgere / Einwohnere und Frembde / die allhie ihre Action und Sachen zu Rechte anzustellen und einzuführen / Als auch diejenige / [007] die darauff zu Rechte sich einzulassen und zu antworten schüldig / innerhalb zweyer Monats-Frist / nach beschehener Publication, mit Anstellung des Processes, der hierin abgefasseten Ordnung / bey Vermeydung dero den unterschiedlichen Articuln angehengter Straff / (die Wir / nach Beschaffenheit der Verbrechung / unnachläßlich abzufordern entschlossen ) gehorsamlich und gemäß bezeigen. Jedoch bleibet Uns und Unsern Nachkommen die Enderung und Verbesserung dieser Satzungen und Ordnungen / mit Beliebung Unserer Erbgesessenen Bürgerschaft / in [008] künfftiger Zeit / da es die gemeine Nothdurfft erfordert / billich reserviret und vorbehalten. Publicirt am zehenden Tage des Monats Octobris, als man nach Christi unsers Seligmachers Gebuhrt zählt Eintausend Sechshundert und drey Jahre. [009]Des Hamburgischen Stadt-Rechtens. TITULUS I. Von Bürgermeistern und Rathmannen. ARTICULUS 1.Es sol bey der Uhralten / und noch itzo üblichen Gewohnheit gelassen werden / daß hinführo ein Rathhauß / und anders kein / und auch eine Dingbanck seyn und bleiben sol. Nach altem Herkommen und sittlicher Gewohnheit / sol der Rath vor Petri ad Cathedram[1], zusammen [010] treten / und auff fürgehende Berathschlagung sich mit einander vereinigen / ob der Stadt Nothturfft erfordert / Rathmanne zuerwehlen / da man alsdann einer künftigen Wahle / und ob zwey / vier oder sechs Personen zu erwehlen / sich vergleichen wird / so sol darauff den folgenden Petri Abend (es wäre dann / daß auff eine andere Zeit / solches zuverrichten / die Noth erforderte) die Wahle vorgenommen / und zu Wercke gestellet werden. Wann der Rath auff Petri Abend zu der ordentlichen Wahl der Raths-Personen schreiten wird / so sol auff fürgehende fleißige Anruffung göttliches Namens / daß seine Allmacht mit seinem Geiste und Gnaden / derselben Wahle beywohnen wolle / der ältister Worthaltender Bürgermeister / in gemeiner Rathsversammlung / einen Anfang machen / und einen ehrlichen Mann nahmhafftig proponiren, auch bey seinem Eide außsagen / daß er keinen nützern zu dem Stadt-Rechte / und zu der Stadt Nutze wisse / Wann solches geschehen / sol der Bürgermeister neben der von ihm nahmkündig gemachter Personen Blutsfreunden und Schwägern / die demselben biß ins dritte Glied inclusivè verwandt (damit es eine freye Wahle seyn müge) dem Rathe entweichen / und sollen die andere Raths-Persohnen / die alsdann besitzen bleiben / in dem furchten Gottes / wegen der ernandten Persone / ob dieselbe [011] dem Rathe und der Stadt nützbahrlich seyn müge / sorgfältig berathschlagen. Wann solches geschehen / sollen die abgetretene Bürgermeister und Raths-Persohnen wieder eingefordert werden / und da alsdann / die da besitzen geblieben / still schweigen / so ist die ernandte Persohne nicht gewehlet. Darnach so stehet der ander Worthaltender Bürgermeister auff / und ernennet gleichmässig / wie zuvor geschehen / eine Person / welches auch also ebenmäßig / wie hievor angedeutet / durch die andere zwey Bürgermeistere / und darnach durch die Raths-Verwandten / sol vollbracht werden / biß die Persohnen seyn gekohren. In den Rath sollen Jügentliche und bedarve Männer / sie seyn besessen in der Stadt wor sie wollen / die des Raths würdig seyn / gekohren werden. Jedoch werden die jenigen / die sich in Herren und Fürsten Dienste mit Eiden und Pflichten verwandt gemachet / so lange dieselbige in den Diensten und Eiden stehen / in den Rath nicht erwehlet. Vater und Sohn / so wol auch zwene Brüder / können zugleich nicht zu Rathe seyn / noch gekohren werden / verstirbet aber deren einer / oder verzeihet [012] sich mit Wissen und Willen des Raths / so mag man den andren / wann er des Standes wirdig / wol zu Rathe erwehlen. Es kan niemand / der zu Rath oder Bürgermeister wird gekohren / solcher beschehenen Wahle sich entbrechen oder verweigern / bey verlust der Stadt Wohnung. Kompt jennig Mann auff das Hauß / vor den Rath / der einen Rathsverwandten ümb Geldhafftige Schuld zu beklagen hat / den Rathsverwandten sol der Bürgermeister heissen auffstehen / und dem Manne Rechts pflegen auff dem Hause / und anders nirgends / da dann der Beklagter der Schuld ist geständig / so sol man ihme Tagdingen / wie recht ist / und geldet er in bestimmter Zeit nicht / so sol man ihn nicht in den Rath lassen / biß er dem Manne recht thue. Da auch der Bürgermeister durch Liebe oder Freundschafft / den Rathsverwandten beschonen wolte / und nicht heissen auffstehen / so sol der ander Worthaltender Bürgermeister dem Rathsverwandten gebieten bey seinem Eide / daß er auffstehe / und dem Kläger Antwort gebe / auff seine Klage; Würde der Rathsverwandter des Bürgermeisters [013] Gebot verachten / solches sol stehen zu willkührlicher Straffe des Raths. Were jennig Mann in dem Rathe / oder ausserhalb des Raths / den den Bürgermeister in seinem Stuhle berieffe / oder ungütlich anspräche / der sol das büssen mit drey Pfunden / und das Geld sol man in der Stadt Besten wenden. Wann ein oder mehr Persohnen auff dem Rathhause vor dem Rath erscheinen / und ihre Sachen fürbringen / oder fürbringen lassen / so sol der Rath dieselbe gebührlich hören / und niemand / als der Bürgermeister / dem das Wort ist befohlen / denselben antworten / Jedoch sol der Bürgermeister keinen Bescheidt auff die Sache geben / er habe sich dann zuvor mit den jenigen / die mit ihm in dem Rathstuhl sitzen / berahtet und beredet / Es were dann die Sache an sich selbst geringschätzing / und der Wortführender Bürgermeister solch Antwort unverweißlich geben könte. Da aber sonst jennig Mann im Rath / Antwort zu geben / sich anmassen würde / der sol solches nach Gelegenheit der Sache / auff des Raths willkühr zu büssen schüldig seyn. [014]Wann der Rath nach angehörter Klage und Antwort / Bescheidt geben / oder ein Urtheil fällen wil / so sollen alle Rathsverwandte / welche beyden Theilen mit Blutfreund- und Schwägerschafft / biß ins dritte Glied inclusivè verwandt sey / auffstehen / und dem Rathe entweichen / Die da besitzen bleiben / sollen ohne Ansehen der Personen / darinne erkennen nach dieser Stadt Rechten. Imgleichen sol es in allen andern Fällen / so ausserhalb Gerichts Supplicando, oder Mündlich geklaget / also gehalten werden. Wann der Rath durch Botschafft und Brieffe / oder andere unvermuthliche wichtige Sachen verhindert wird / Gerichtliche Sachen zu hören: So wil der Rath solches vor Neun / oder ein Viertheil nach neun Uhren / Winter und Sommer / absagen lassen. Würde aber vor neun / oder ein Viertheil nach neun Schlägen das Hauß nicht geöffnet / und die Partheyen nach der Zeit weg gingen / so sol ein jeder unbefahret bleiben. Es wil sich auch der Rath befleissigen / daß alle Sachen / darauff zu Rechte geklaget wird / [015] mit dem fürderlichsten Güt- oder Gerichtlich mügen entscheiden werden / Zu dero Behuff sol keine Sache mehr nicht / dann drey mahl zu güttlicher Handlunge verwiesen werden / Und sollen die Rathsverwandte / so zu gütlicher Handlunge verordnet / den Partheyen einen Tag benennen / wann sie der Sachen warten wollen / und alsdann möglichen Fleiß anwenden / daß die Partheyen mügen gütlich entscheiden werden / In Entstehung der Güte / mag der Kläger seine Klage vorthan Gerichtlich fürderen. Was auch also in gütlicher Handlunge wolmeintlich vorgeschlagen und tractiret wird / sol auff den Fall / da nichts beschlossen und abgehandelt wird / einen jeden an seinem Rechte unschädlich und unvorfänglich seyn. Es wil auch der Rath auf gewisse Rechts-Tage / wegen der Verlassunge der Erbe und Eigenthumbs / auch der Rente / so wol der jenigen / so die Bürgerschafft gewinnen / und Vormündere kiesen wollen / nach Mittage Werbe hören / nemlich den Freytag nach Antonii,[2] den Freytag nach Lætare[3], den Freytag nach Quasimodogeniti[4], den Freytag nach Visitationis Mariæ[5], den Freytag nach Nativitatis Mariæ[6], den Freytag nach Francisci[7], und den Freytag nach Andreæ[8], damit ein jeder die Zeiten der Verlassunge wisse / und seine [016] Sachen darnach desto besser zu richten haben müge. Sollte aber auff der benandten Freytage einen / Ferien, oder sonsten verhinderliche Geschäffte einfallen / sol den Freytag hernacher die öffentliche Verlassunge gehalten werden. Der Rath ist mächtig in Peinlichen Sachen / ein Urtheil / das zu schwer ist / zu leichten / und das zu leicht ist / zu schweren.
Von Bürgern und Einwohnern. ARTICULUS 1.Es sol kein Ritter oder Rittermässige Persone in dieser Stadt oder Weichbilde wohnen. [017]Der Rath sol auch davor seyn / daß keine eigene Leute[9] vor Bürger dieser Stadt werden angenommen. Da aber dieser Stadt Bürger von einem andern / als sein eigen Mann angesprochen / und solches beweiset würde / kan da gegen der Bürger wahr machen / daß er über zehen Jahr ohne Ansprüche in dieser guten Stadt sich auffenthalten / seine Wohnung und Wesen allhie gehabt / so sol er seiner ruhesamen Besitzunge geniessen / und ferner Ansprüche ledig und frey bleiben. Wann ein frembder Mann in dieser Stadt Bürger wird / und allbereit eheliche Kinder gezeuget hat / die Kinder / welche noch nicht zwölff Jahr ihres Alters erreichet haben / mügen wegen des Vaters der Bürgerschafft geniessen / seyn sie aber über zwölff Jahr als / so müssen sie die Bürgerschafft / wann sie derselben gebrauchen wollen / als andere Fremmde / gewinnen. So jemand Guth zu borge kaufft / oder Geld auffborget / oder Wechsel-Geld auffnimmt / wird er darnach flüchtig auß dieser Stadt / also / daß er [018] nicht bezahlen kan / den wil der Rath nimmer vor Bürger Schuld / ohne derselben consens, geleiten / oder vehligen / in diese Stadt zu kommen / und ehe der Mann geleidet wird / sol er ernstlich befraget / und ihm auff seinen Eydt aufferleget werden / daß er alle seine Creditores, Nahmkündig machen müsse / verschwiege er dann die Wahrheit / die Creditores so er Nahmkündig gemacht / und ihn geleidet / die sollen ohne Schaden bleiben / wolten aber die verschwiegene Creditores das Geleite nicht stette halten / sol sol der geleiteder Mann des Geleides ferner nicht geniessen / wolte auch ein oder mehr Creditores dem flüchtigen Manne das Geleide stete halten / die sollen den andern Creditorn, so kein Vollbordt zu dem Geleide gegeben / ihre Schuld ohne Einrede bezahlen. Jedoch sol ein jeder Creditor seine Schuld vermüge dieses Stadt-Rechtens / wahr machen. [019]TITULUS. III. Von den Gerichts-Verwaltern und derselbigen Ampte. ARTICULUS 1.Die Gerichts-Verwaltere sollen beyde alle Gerichtstage / nemlich Montags und Mitwochens / so es nicht in der Rechtschliessung oder Ferien ist / ümb acht Uhr auff dem Rathhause seyn / Und so bald der Rath zu gewöhnlicher Stelle sich gesetzt / in das Niedergerichte gehen / und ihres Außbleibens keine Entschüldigung haben / es sey ihnen dann von dem Worthaltenden Bürgermeister Uhrlaub gegeben / und eine andere Rathsperson in des außbleibenden Stette verordnet. Und wann das Rathauß / die Rechthängigen Sachen anzusprechen / wieder zugethan / sollen sie sich wieder in das Gericht verfügen / und daselbst [020] / biß das Rathhauß anderweits eröffnet wird / verharren. Die Gerichts-Verwaltere sollen der Partheyen fürtragende Nothturfft mit Fleiß anhören / und der Sachen ümbständliche Beschaffenheit erkündigen / in ihrem Ampte nicht säumig seyn / sondern einem jeden unpartheylich schleunig Recht wiederfahren lassen / GOtt den Allmächtigen und das gestrenge Gericht für Augen haben / und die Wage gleich hengen / auch ins gemein bewahren und vorsehen / das niemand verschnellet / sondern einem jeden / er sey Arm oder Reich / Freund oder Frembd / die Sachen sein / Bürglich oder Peinlich / gleich Recht mitgetheilet werde. Und als in diesen letzten Zeiten öffenliche Laster und Sünde / leider / zu grosser Aergernüß der lieben Christenheit / sich häuffen und vermehren: So sollen die Gerichts-Verwaltere / auch ausserhalb Gerichts / ihr Ampt ihnen lassen getreulich befohlen sein / damit öffentliche oder heimliche (so sie dessen erinnert) Sünde und Laster / als Unzucht / Hurerey / Ehebruch / Fluchen / Schelten / Stechen / Schlagen / Wucher / und dergleichen ärgerliche verbothene Handlungen / andern zum Abscheu ernstlich mügen gestraffet werden. [021]Und damit die Muthwillige und Frevelere / wegen gewragter Wunden und Schlägen nicht mügen ungestraffet hin passieren / so sollen alle dieser Stadt Balbierer / bey verlust ihres Ampts und dieser Stadt Wohnung / alsbald sie jemand zuverbinden annehmen / solches des Raths und dieser Stadt geschwornem Balbierer anmelden / welcher ungesäumt die Wunde besehen / und den Gerichts-Verwalteren / vermüge seines geleisteten Eydts / die Beschaffenheit der Wunde schrifftlich sol zuerkennen geben. Es sollen auch die Gerichts-Verwaltere gute Auffsicht haben / das die Gerichts-Dienere ihr Ampt getreulich verrichten / und dieser Stadt Bürgere und Einwohnere über die verordnete Gebühr nicht beschweren / besondern dieser Ordnung sich allerseits gemäß verhalten / und da sie dieselbe übertreten würden / sollen die Gerichts-Verwaltere Macht haben / nach Gelegenheit sie an Gelde / oder wann es die Wichtigkeit der Ubertretung erfordert / mit Gefängnüß / oder Entsetzung ihres Ampts / zu straffende. [022]Dieweil dann die Richt-Herren zu obgenandter Stunde in Niedern-Gerichte erscheinen werden: So sollen auch die Citirte und vorgeladene Partheyen unaußbleiblich compariren. Würden sie aber der Gerichts-Verwaltere Verboth versitzen: So sollen sie zum ersten mahl wegen ihres Außbleibens / vier Schilling zur Straffe geben / Und da sie zum andern mahl auff vorgehende Citation auch nicht erscheinen würden / in acht Schilling Straffe verfallen / Und wann sie zum drittenmahl außbleiben / die Marck sonder Gnade durch den Voigt abgefordert / und ferner gegen die Ungehorsamen Procediret werden / wie hernach im 15. und 16. Titulen verordnet. [023]Von dem Voigte und dessen Ampte. ARTICULUS 1.Der Voigt sol neben den Gerichts-Verwaltern im Niedern-Gerichte sitzen / da er in der Stadt und gesund ist / Da er aber auff einen zu klagen hätte / wol einen andern an seine Stelle setzen / biß die Sache geendiget / Wann er aber in der Stadt nicht were / oder mit Leibes-Schwachheit beladen / und keinen Voigt gesetzet hätte / oder das er in der Stadt were und nicht sitzen wolte: So sollen die Gerichts-Verwaltere von Unsernt wegen einen andern Voigt zu setzende Macht haben. Der Voigt sol bescheidentlich der Partheyen Nothturfft anhören / und niemand ungebührlich [024] überfahren / auch niemandes Wort sprechen / die Tagdingung der gesprochenen Urtheil / und die Arrest / fleißig verzeichnen / Und von allem was ihm von den Gerichts-Herren und im Gerichte anbefohlen wird / und Amptshalben zuverrichten gebühret / bey ernstlicher Straff auffrichtig Buch halten / damit / wann es die Northturfft erheischet / und von ihm gefordert wird / Er solches in gebührlicher Form könne vorzeigen. Auch sol er ein nüchtern / ehrbahrlich Leben führen / damit das Gericht durch seine Person nicht verkleinert werde. Und dieweil der Voigt sonderlich zu Execution der außgesprochenen Urtheil von Uns gesetzet und besoldet wird: So sol er nach verflossener Tagdingung / die Partheyen ungesäummt mit der Execution verhelffen / und die Pfande alsbald ohne Verzug den Partheyen einlieferen / und davon nicht mehr dann seine gebührliche Belohnung / vermüge des auffgerichteten Schragens / nehmen / Auch über die in gedachtem Schragen specificirte taxam niemand beschweren / und die Execution weder ümb Gunst / Gifft / Gabe / Freundschafft / oder einiger anderer Uhrsachen halben / verzügern oder auffhalten / Auch durch niemands Befehl sich daran verhindern lassen. Zum Fall aber der Voigt säumig befunden wurde / und solches den Richt-Herren duch Klage [025] der Parte / oder sonsten / würde kundt gethan: So sol er von denselben in ernstliche Straffe genommen / oder nach Gelegenheit seines Dienstes von Uns entsetzet werden. Er sol aber niemand außpfänden / oder jemand in des andern Güter ehe immittiren oder weldigen / es sey dann zuvor durch ordentlich Recht erkandt. Die Sachen aber / welche sich nicht über dreissig Marck Lübisch erstrecken / mügen die Worthaltende Bürgermeistere und Gerichts-Verwaltere in ihren Häusern / wie von alters hero sittlich gewesen / ohne jennigen gerichtlichen Proces entscheiden / und vermittelst der Execution mit Außpfändung / den Partheyen Rechtens verhelffen / damit ein jeder das Seine / ohne Weitläufftigkeit erlangen müge. [026]Von den Gericht-Schreiber und seinem Ampte. ARTICULUS 1.Damit die Gerichts-Händel und Acta getreulich protocollirt und angezeichnet / und männiglich / so daran interessirt, auff Unser Erlaub- und Erkäntnüß / derselbigen glaubwürdige Copey haben und erlangen müge: So wollen Wir in Unserm Niedern-Gerichte einen fleissigen und auffrichtigen Gerichts-Schreiber halten und besolden / welcher ein erfahrner glaubwürdiger Notarius seyn sol / der allezeit zu den Gerichts-Tagen auffwarten / und was im Gerichte gehandelt / und so wol wegen des Klägers als Beklagten mündlich vorgetragen / protestirt und bedinget wird / getreulich / verständlich / und unterschiedlich protocolliren, und was endlich von den Dingleuten gefunden und geurtheilt; Auch im fall von solcher Findung / an Uns den [027] Rath appellirt würde / solches getreulich verzeichnen sol. Es sol auch der bestalter Gerichts-Schreiber / so wol in der Bürgerlichen als Peinlichen Sachen / die angestelte Klage / und darauff erfolgte Einrede und Verantwortung / und angezogene Beweisung / und also den gantzen Proces von Anfang biß zum Ende / in einer jeden Sache / neben dero darauff erfolgter Findung / auß gehaltenem Gerichtlichem Protocollo ungesäummt extrahiren, und extendiren, und in das Urtheil-Buch ordentlich nacheinander Wochentlich Verzeichnen / und davon den Partheyen für billige Belohnunge / vermüge diß auffgerichteten Schragens / darüber er niemand beschweren sol / Copey unter seiner eigenen Hand Subscription mittheilen. Wann Zeugen / deren Außsage allhie vor Gericht / oder in der Stadt gebraucht / vorgestellet / und Eydlich abgehöret werden: Sol er derselben Außsage getreulich auffschreiben / mit denen Worten / als die Zeugen reden / und nichts abe oder darzu thun / und vor Gerichtlicher Eröffnung und Publication den Partheyen davon keine Copey mittheilen. [028] Letzlich sol der Gericht-Schreiber die Straffe / wie bißhero gebräuchlich gewesen / fleißig Anzeichnen und zu Buche bringen / damit dieselben / wie sittlich und gewöhnlich / zu bestimmter Zeit mügen außgefordert und eingesammlet werden.
TITULUS VI. Von den Dingleuten. ARTICULUS 1. Die Dingleute welche in die Findung gehen / sollen fromme / ehrliche / und unberüchtigte dieser Stadt Bürgere seyn / und sich von den streitigen Partheyen nicht Unterrichten lassen / viel weiniger einige Giffte oder Gabe von ihnen empfangen / oder mit ihnen verdächtiger weise zu Gaste / oder zur Zeche sitzen / sondern sollen fleissige Auffacht haben / auff Klage / Antwort / und dasjenige / so im Gerichte vorgetragen wird / und darauff nach ihrem
Die Bürgere / wann sie vor oder in dem Gerichte auffwarten / sollen auff Einforderung des Voigts / bey Peen drey Pfund unnachlässig zubezahlen / in die Findung zugehende schüldig seyn. Da aber ein Bürger der streitigen Partheyen mit Blutfreund- oder Schwägerschafft biß in den dritten Grad inclusivè verwand / oder gleichmässige Sache Rechthängig / oder da er in derselben Sachen zuvor gedienet / oder der Procurator gleichmässige Sache zuvertreten hätte / dieselben sollen sich der Erkäntnüß enthalten / bey Straffe drey Pfund dem Fisco zuerlegen. [030]Von den Procuratorn. ARTICULUS 1. Unser Nieder-Gericht wollen Wir allezeit mit acht Personen / die eines guten Namens und Lebens seyn / bestellen / dieselben sollen Anfangs / wann sie zugelassen und bestellet / von denen zur Zeit Gerichts-Verwaltern in einen Eydt genommen werden. Uber dieselbe acht bestellete Procuratorn / sol kein anderer daselbst gehöret werden / sondern wer im Niedern-Gerichte für andere zu reden sich unterstehet / (es were dann / das einer seine selbst eigene Sache vortragen / oder wegen seiner nahen Bluts-Verwandten / oder in seiner Mündlein Sachen Bericht thun wolte) sol derselbe / so offt er sich dessen unterfänget / ein Marck Lübsch zur Straffe geben. [031]DJe Procuratorn sollen alle Gerichts-Tage vor acht Uhr im Gerichte / bey Peen ein Schillings unnachlässig zubezahlen / erscheinen. WAnn der Procurator oder Anwaldt eine Sache vor dem Rathe oder Niedern-Gerichte annimmt / und sich bestellen läst / sol er nothtürfftigen vollnkommenen Bericht von der Parthey einnehmen / und mit fleiß alle Umbständigkeit der Sachen erkündigen / damit er auff alle Gerichts-Tage / in Abwesen derselbigen / könne handelen / und nicht nöthig sey / sich fernern Berichts zuerholen / ümb Frist und Dilation zu bitten. ES sol ein jeder Procurator und Anwalt / seiner Partheyen Sache getreulich / und so viel müglich / auff einmahl / mündlich fürtragen / Frembde und zur Sachen undienstliche Handlung einzumengen unterlassen / alle Weitläufftigkeit und muthwillige Verlängerung vermeiden / und allein was der Sachen Nothturfft erheischet / verständlich / klärlich und kürtzlich einbringen / und darauff allezeit die schließliche Petition anhängen / Auch aller hönischen / schimpfflichen Reden / [032] schmähendes / und beschwerlicher Wörter / sich gäntzlich enthalten / und jeder Zeit dergestalt reden / das solches protocolliret werden könne / und ohne Erlaubnüß des Worthaltenden Bürgermeisters / oder der Richtherrn / aus dem Gericht nicht gehen; Sondern biß zu Ende desselbigen / oder daß die Gerichts-Verwaltere auff das Rathhauß gefordert werden / daselbst verharren / und sich des Redens mit den Umbstehenden (außgenommen / da es die Nothdurfft mit seinem Principalen / so der gegenwärtig / zusprechen erforderte) oder unter sich selbst / enthalten / und auff die Gerichtliche Handlung und Fürträge fleissig Achtung haben / damit ein jeder / wann in seiner Sache gehandelt / oder ein Vortrag geschicht / alsbald / ohne Ermahnung / seiner Partheyen Nothdurfft dagegen fürbringen möge. Und würde jemand diesem zu gegen handelen / der sol / nach Gelegenheit der Uberfahrung / willkürlich mit einer Geldbuß belegt / oder in Anmerckung beharlichen Muthwillens / auff ein zeit / oder auch seines Amptes gar / entsetzet werden / und nicht desto weniger dem / so injuriiret, vorbehalten seyn / gegen den Procuratoren und Anwaldt / und den Gegentheil / der es zu reden befohlen / seine Injurien Klage anzustellen und zuverfolgen. Es sollen auch die Procuratores und Anwalde die Partheyen mit übermässigen Besoldungen [033] nicht beschweren / sondern sich an dem Salario, welches ein Ehrbar Rath / vermöge der Taxa und auffgerichten Schragens / ihnen verordnet / begnügen lassen / Und über das mit den Partheyen keine Obligationes oder Verschreibung auffrichten / oder andere verbothene Gedinge / wie die Namen haben mügen / machen / dann / da solches geschehen würde / sollen dieselbe Pacta hiemit cassiret und vernichtiget sein / und der oder die solches thun würden / ihres Dienstes entsetzet werden. Da sich auch arme Partheyen bey den Worthaltenden Bürgermeistern oder Gerichts-Verwaltern angeben / und sich ihres Armuths beklagen / einen Procuratorn bitten / und solche Armuth entweder bekandt / oder sie den Eydt der Armuth schweren würden / denselbigen sollen die Gerichts-Verwaltere von Amptswegen einen Procuratorn geben / und von dem Aeltesten anfangen / und biß auff den Jüngsten / und also folgends continuiren, welchem Procuratorn nun die Richt-Herren / vermüge angedeuteter Ordnunge / solche Sache befehlen werden / derselbe sol bey Peen der Entsetzung seines Ampts / die ohne wiederrede anzunehmen / und nicht mit weinigerm Fleiß als anderer seiner Partheyen Sachen / zu handlen und für zubringen pflichtig sein. Inmassen dann auch der Voigt / Gerichts-Schreiber / und die Diener des Gerichts / [034] denselben vergebens zu dienen schüldig sein sollen. Da aber der Arme zu besserer Vermüglichkeit queme / oder die Sache gewünne / sol er sich mit gedachten Personen abfinden und vertragen. Und damit gute Ordnung in Vortragung der Sachen gehalten werden möge: So sollen die Gerichts-Verwaltere darauff gute Acht haben / das zuforderst die Civil-Sachen / und welche Kirchen / Hospitalien / und frembde Leute / welche allhie nicht Wohnhafftig / betreffen / im gleichen dieselben Sachen / in welchen / vermöge außgangener schrifftlichen Citation ein gewisser Terminus angesetzt worden / vorgebracht und gehört / und darnach von dem Aeltesten Procuratore eine Privat-Sache vorgetragen / und also folgends biß auff den Jüngsten verfahren / und dann wieder von dem Aeltesten angefangen werde. Bey dem aber die Ordnung in der Gerichtlichen Audientz sich endigen wird / derselbe sol den negstfolgenden Gerichtstag (wann zu forderst / wie gemeldet / die Fiscalische und andere Privilegirte Sachen proponirt sein) wiederümb den Anfang machen / und also die andern nachfolgen / zu dero Nothdurfft dann eine Rolle / darauff der Procuratorn Namen verzeichnet / im Gerichte auffgehänget / und bey dessen Namen / der in der negstkünfftiger Audientz zu agiren anfangen [035] sol / ein Sticken sol gesteckt werden. Es sollen auch die Procuratorn die jüngsten Sachen den Aeltesten nicht vorziehen / sondern nach dem dieselben Anhängig gemacht / Vortragen / dann da sie dagegen handelen würden / sollen sie darümb ernstlich gestraffet / und in befindung ihres vorsetzlichen Ungehorsams / ihres Dienstes entsetzet werden. Gleicher gestalt sol es auch vor dem Obern-Gericht gehalten werden / jedoch das der Anwalde / so vor dem Rath agiren, Namen / vorher auff die Rolle gesetzt / und da sonsten ein Bürger oder Einwohner einen frembden Anwald oder Rechtsgelahrten / seine Sache vor dem Rathe fürzutragen / anhero erforderen würde / (welches ihm frey stehen sol) den Anfang machen / und darnach die Anwalde und Procuratorn / ordentlich / vermöge der auff dem Rathhause hangender Rolle / und nach Inhalt des vorgehenden Articuls / bey vermeydung dero daselbst gesetzter Peen / ihrer Partheyen Sachen proponiren sollen. Es sollen auch die Procuratorn in denen Sachen / darin sie einmahl Gevollmächtiget seyn / und deren sie sich so wol in- als ausserhalb dieser Stadt / in deroselben Gerichten unterfangen / biß zu endlicher erörterung [036] außwarten / darein Handelen und procediren, und da das Urtheil wider ihre Principalen in den Unter-Gerichten gesprochen würde / nicht allein davon an Uns den Rath Appelliren, sondern auch die Appellationes prosequiren, und vor dem Obern-Gericht darein Handelen / es were dann / das ihre Principalen ihre gegebene Vollmacht aus Rechtmässigen Uhrsachen / in Schrifften / oder vor einer Person des Raths / gebührlich revocirt hätten. Versäumet jemand seiner Partheyen gerechte Sachen / und desselben überwunnen würde / sol er nicht allein dem verletzten Theil des zugefügten Schadens Erstatung thun / sondern auch / nach gestalt der Verhandlung von Uns gestraffet werden. [037]Ein jeder dieser Stadt Bürger oder Einwohner / der seine achtzehen Jahr vollenkömmlich erreichet hat / mag in Bürgerlichen Sachen Persöhnlich im Gericht selbst Erscheinen / und seine Nothdurfft fürtragen / welcher aber seine Nothdurfft in der Person nicht handelen wolte / oder nicht vertreten könte noch möchte / derselbe / er sey Kläger oder Beklagter / mag in Bürgerlichen Sachen einen Procuratorn oder Anwald setzen / und demselben seine Vollmacht übertragen / dergestalt / das solche Gewalt sampt allen nothdürfftigen Clausulen, zu einer rechtmässigen Vollmacht gehörig / vor der Worthaltenden Bürgermeister oder Gerichts-Verwalter einem / oder für Gericht geschehe / und der Constituent mit Handgegebener [038] Treu anlobe / aller was vermöge der gegebenen Gewalt von seinem Anwalde gehandelt wird / stet und fest zuhalten / und zuvollenziehen / bey verpfändung seiner Haab und Güter / und das folgends durch den Gericht-Schreiber oder Protonotarium zu den Acten geschrieben werde / wer / vor wem / wann / und in was Sachen / wieder wen / und wie solche Gewalt gegeben sey worden. Welcher aber ausserhalb dieses Gerichts Zwang von andern Oertern eine Gewalt fürbringt / solche sol mit einer ordentlichen Obrigkeit / Raths / Commun / oder des Principaln selbst eigener bekandlichen Hand und Siegel befestigt / und mit allen nothdürfftigen Clausulen / versehen seyn / Dann / da an den wesentlichen Stücken und Clausulen mangel erscheinen würde / sol dem Gegentheil / seine gebührende Exceptiones da gegen einzuwenden / vorbehalten seyn. Und ob dieselbige Gewalt angefochten und für ungnugsam erkandt würde / so mag der Anwald mit Handgegebener Treu caviren, daß er in einer von dem Gericht ihm angesetzter Frist / eine gnugsame Vollmacht / mit ratification voriger Handlung / einbringen [039] wil / darauff der Gegentheil in der Sache biß zum Urtheil zu procediren schüldig sein sol. Da aber ein Procurator sich ohne habenden Befehlig einlassen würde / der sol in zwey Marck Lübisch Straffe unnachlässig zubezahlen / verfallen seyn. Es sey dann / daß er caviren wil / den nechsten Gerichts-Tag gnugsame Vollmacht fürzulegen.
Knaben unter achtzehen Jahren / und alle Frauen und Jungfrauen / werden nach Unserm Stadt-Recht Unmündig gehalten / derwegen sie dann weder Klägers noch Beklagten Stelle im Gerichte vertretten / auch vor dem Rathe nichts aufflassen [040] können / sondern muß solches durch ihre Vormünde oder Curatores geschehen / oder das jennige so sie Handelen / ist von Rechtswegen Krafftloß und Nichtig. Ob nun wol / vermöge gemeiner beschriebener Rechten / die Vormünder vor der Kriegs-Befestigung allein Actores, und nicht Procuratores ordnen mögen: So wollen Wir doch solchen Unterscheid auffgehoben / und ihnen / nach ihres tragenden Ampts Nothdurfft / einen Procuratorn zu setzen / Macht gegeben haben. Trägt sichs aber zu / das der Vormund mit dem Mündlein selbst Rechtfertigung hätte / sol er solches Uns anzeigen / und einen Kriegischen Vormund darzu zu ordnen bitten / der ihm dann sol gegeben werden / welches Ampt mit endigung der Rechtfertigung auffhöret. Hätte nun der Unmündige mehr Vormündere / welche mit der Rechtfertigung nichts zuschaffen hätten: So mögen die andern der Sachen sich annehmen / und die zu Recht außführen. [041]Der Frauen Vormund ist ihr Ehemann so lange er lebet / der sie dann im Rechte / als ihr Ehe-Voigt und rechter Vormundt / zuvertreten schüldig. Wann er aber Todts verfahren ist / und die Frau im Gerichte zu klagen hätte / oder beklagt würde: So sol sie ihr einen Kriegischen Vormund zugeben bitten. Wurde sie aber als Beklagtinne einen Curatorn ad litem nicht bitten: So sol / auff des Klägers Ansuchen / ihr bey einer namhafften Peen / in acht Tagen einen Kriegischen Vormund zu nominiren und zu bitten /aufferlegt / und in verweigerung dessen mit exequirung der Peen gegen sie verfahren / und nichts desto weiniger ihr ex Officio einer von den Procuratorn zum Kriegischen Vormund verordnet werden. Sinnlose / und denen die verwaltung ihrer Güter verbohten / und andere dergleichen Personen / so die beklagt werden / sollen / auff des Klägers Ansuchung / von Uns mit Curatorn ad litem versehen werden. [042]Personen die ein ander im dritten Grad der Bluthfreundschafft inclusivè verwandt seyn / deßgleichen der Tochter-Mann wegen seines Schwieger-Vaters / und hinwieder der Schwieger-Vater von wegen seines Tochter-Manns / mügen / ohne auffgetragene Gewalt / im Rechte erscheinen / und was sich gebühret / handelen. Jedoch müssen sie de rato caviren, das ist / Versicherung thun / das ihre Handlungen von den jeningen / welche sie vertreten / stet und fest gehalten werden sollen. Da aber der Verwandter oder Principal einen Anwald bestellet hätte / oder auch unter den Verwandten ein Unmündiger were / und seinen Vormund hätte / in denselben Fällen wird die verwandte Person nicht zugelassen. [043]
Wer einmahl zur Sachen bestellet / sol dieselbe zur Endschafft fordern / und in keine Wege sich derselben entschlagen / sonderlich wann er den Krieg Rechtens befestiget hat. Hätte aber der Procurator billige und erhebliche Uhrsachen / sich des Gewalts zu exoneriren, sol er dieselben anzeigen / und darüber Bescheids erwarten / und auff den Fall der Anwaldschafft erlassen wird / sol er dem Gegentheil in derselben Sache nicht dienen noch rathen / auch nicht eröffnen / was ihm vertrauet. [044] Würde auch der Constituent erhebliche und billige Uhrsache haben / seine gegebene Vollmacht zu revociren: So sol er sich mit dem Procuratorn oder Anwald / wegen gehabter Mühe / abzufinden schüldig seyn / und alsdann gute Fuge haben / einen andern zubestellen.
Alle Peinliche Sachen / die Leib und Lebens Straffe / Verweisung und Verfestung auff sich tragen / Injurien, Schelt- und Schmachwort / Schlagen und Verwundung / auch Geld-Busse / wann peinlich geklaget wird / dann [045] auch Civil-Sachen / belangende die Rente / Haure[11] / Erb und Eigen / derselben Verfolgung / Dabelspiel [12]/ Kummer und Arrest / so auff Güter in der Stadt / oder derselbigen Gebiete / erlangt / Irrungen die sich wegen der Gebäue in und vor der Stadt zutragen / und ins gemein alle Sachen / davon die Hauptklage sich nicht über hundert Marck Lübisch erstrecket / sollen vors erste im Niedern-Gerichte angefangen / und daselbst außgeübet werden / und so offt jemand hiegegen handelen wird / sol er in eine Marck Lübisch Straffe / dem Fisco unnachlässig zuerlegen / verfallen seyn. Es sollen auch alle und jede dieser Stadt Bürgere / Bürgerinne / Unterthanen und Einwohnere / ihre Sachen / Zuspruch und Fürderung / die sie gegen den Rath / oder singular Raths-Personen / oder auch dieser Stadt Bürgere / Bürgerinnen / Unterthanen und Einwohnere zuhaben vermeinen / vor dem Niedern- oder Obern-Gerichte / oder an dem Orte / dahin eine jede Sache / ihrer Art nach / gehöret / Rechtlich anstellen / und keiner den andern in frembde Gerichte ausserhalb dieser Stadt / ziehen / laden / oder beklagen / in kost / schaden und mühe führen / imgleichen seine Action und Förderungen keinen frembden Außländischen Mächtigern / oder sonst besorglichen Personen / cediren, verkauffen und aufftragen [046] / durch sich selbst oder jemand anders von seinent wegen: Im fall jemand dagegen handelen würde / der sol seinem Gegentheil allen Unkosten und Schaden / darin er ihn geführet / erstatten / der verkaufften und übergebenen action, und dieser Stadt Wohnung und Bürger Rechtens / verlustig seyn / und darzu nicht wieder gelassen werden / er habe sich dann mit dem Rathe ausgesöhnet / und mit seinem Gegehtheil vertragen. Wann aber dieser Stadt Bürger / Unterthan oder Einwohner / Schulde halben / von hinnen flüchtig würde / und seine Güter / den Creditorn zu vorfange / wegschaffete / oder sich in frembde Jurisdiction mit seiner Häußlichen Wohnung niederliesse / oder die Bezahlung des Gelds / oder die Liefferung der Güter und Wahren / an einem andern Orte zuthun bedingt und verschrieben were: in solchen Fällen mag der Creditor seinen Debitorn, allhie / oder an demselben Orte / so er ihn daselbst / oder die versprochene und weggeführte Wahren antrifft / unverwirckt vorgesetzter Peen / mit Recht besprechen und verfolgen. Wie dann auch hiemit nicht verbohten / daß in Kauffhandlungen der eine des andern Handschrifften ümbsetzen / in bezahlung cediren und übertragen möge. Es sol aber bey solcher Cession und Ubertragung / der Debitor allewege / von dem jenigen / welcher die Handschrifft annimpt / gefraget [047] werden / ob er auch einige Einrede gegen die Handschrifft habe. In Verbleibung dessen / werden dem Debitori alle seine Rechtmässige Exceptiones, zur zeit der Bezahlunge vorbehalten.
Damit zwischen dieser Stadt Bürgern und Einwohnern desto beständiger Fried / Lieb und Einigkeit möge erhalten und Fortgepflantzet werden: So sol ein jeder / er sey Bürger / Unterthan / Einwohner oder Frembder / der den andern allhie beklagen wil / den Debitorn, entweder vor der Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter einen / citiren lassen und beklagen / welche zwischen den Partheyen gütliche Handlunge versuchen [048] / und müglichen Fleiß anwenden sollen / dieselben zu entscheiden. In entstehung der Güte / sol durch den Worthaltenden Bürgermeister / so die Sache vor dem Obern-Gerichte / oder durch den Gerichts-Verwalter / da die Sache vor dem Niedern-Gericht sol Vorgetragen werden / dem Kläger / auff sein Begehr / wider den Beklagten die citation erläubet werden / und solche citatio vor das Ober-Gerichte durch des Raths Schencken / dafür ihm zwey Schilling / oder da er Ehehaffte Entschuldigung hätte / durch seinen Diener; Vor das Nieder-Gericht aber durch einen Hauß-Diener / dafür ihm ein Schilling gegeben werder sol / bey Sonnenschein / einem Bürger oder Einwohner in seiner Behausunge unter Augen geschehen / und in desselben Abwesen seiner Haußfrauen / oder verständigen Kindern / oder dem Hauß-Gesinde / angekündiget werden / mit benennung der Zeit / wann er erscheinen sol / und der Partheyen / deßwegen die citatio geschicht und sol solche citatio bey dem Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter anfänglich / wann die Sache zu Rechte anhängig gemacht wird / gesucht und gebeten / hernach aber mag / ohne Erlaubnüß derselben / das Gegentheil vorbescheiden werden. [049]Hat der jenige so citiret wird / allhie keine gewisse Behausung / oder aber sonst nicht wol anzutreffen were / der mag / an was Ort man an denselben in dieser Stadt ankömpt / unter Augen geladen werden.
Wann der Beklagter einen Anwald gestellet / und dessen Vollmacht zu Buche gezeichnet ist / sol als dann nicht der Principal / sondern der Procurator oder Anwald / biß zu Außtrag der Sachen / citiret werden.
Des Raths Schencke / oder sein Diener / sol vor dem Rath allewege / in offener Audientz / wann es begehret wird / imgleichen die Hauß-Diener im Niedern-Gerichte / alle Gerichts-Tage / ehe und zuvor die Gerichts-Verwaltere sich setzen / ungefordert / dem Gerichts-Schreiber / in Gegenwärtigkeit des Voigts / ihrer Verrichtung / und wem sie die Citation angemeldet / bey ihren Eyden getreue Relation thun / und dieselbe alsbald vom Gerichts-Schreiber zu Buche gezeichnet werden / und solcher Aussage wird vollnkommener Glaube [050] gegeben / es were dann das Gegenspiel gnugsam zubeweisen. So aber jemand einen Bürgen oder Einwohner / der wissentlich Abwesent were / beklagen wolte / und der Kläger das Ort / da derselbe sich vermuthlich auffenthält / anzeigen würde: Sol derselbige auff des Klägers kosten / in des Raths Namen / und unter dieser Stadt Signet / da die Sache vor dem Obern-Gerichte sol tractirt werden / oder in der Gerichts-Verwaltere Namen / und unter ihren Pitschafften / da die Sache an das Nieder-Gericht gehörig / schrifftlich citirt, und solche Citation demselben durch einen darzu abgefertigten Boten / oder Notarium, insinuiret[13] werden / und sol der Bote / oder Notarius zu seiner Wiederkunfft / im Gericht / wegen seiner Verrichtung / Relation thun / welche auch alsbald / entweder durch den Protonotarium, oder Gerichts-Schreiber / fleissig sol ad Acta gezeichnet werden. Dieweil auch bey diesen Gerichten eine geraume Zeit hero / nur eine einige schrifftliche peremptorialis Citatio zu ordentlichem Rechte / von nöthen und gnugsamm gewesen / also / daß man nicht desto weiniger / als wann drey Citationes ergangen weren / auff den Ungehorsamm [051] des nicht Erscheinenden / hat procediren können und mögen: So bleibet es billig dabey / doch bescheidentlich / daß der Beklagter peremptoriè, bey verlust der Sachen zuerscheinen gefordert / und der Terminus zu erscheinende dergestalt angesetzet werden sol / das dem Abwesenden nach Gelegenheit / und ferne des Weges / zu compariren müglich seyn möge.
Sol ein Außländischer / der dieser Stadt Jurisdiction nicht Unterworffen / und gleichwol an der Sache interessirt, citirt werden: So wil der Rath / oder die Gerichtsverwaltere / an den frembden Richter / in subsidium juris, ümb Hülff des Rechtens schreiben / und denselben bittlich ersuchen / den Beklagten / das derselbe auff einen genandten Tag allhie erscheine / zu citiren. [052]Wurde der Abwesender in anzeigter und vermuthlicher Stelle nicht angetroffen / oder gantz ungewiß were / wo er seyn solte: So sol / auff des Klägers Bitte / eine öffentliche Citation an das Rath-Hauß Angeschlagen / und die Uhrsache der Ladung kürtzlich erzehlet / und ein geraumer Termin dem Abwesenden zuerscheinende / oder wer ihn vertreten wil / angesetzt werden. Hätte aber der Abwesender / den man nicht an einem gewissem Orte anzutreffen wüste / in dieser Stadt Jurisdiction Erb und Eigen / oder Land-Güter / und jemand darauff durch ein eigenthümliche Klage [053] sprechn wolte: So ist gnug / das die Ladung durch den Schencken / oder Diener / in dasselbige Guth / oder Hauß (wo Leute darinnen wohneten) verkündet werde. Da aber kein Einwohner daselbst / muß eine öffentliche Ladung geschehen. Ebener massen sollen alle entwichene Ubelthäter / Außgetretene oder Vagabundi, durch eine öffentliche Citation peremptoriè geladen / und in termino gegen sie procediret werden. Gleicher gestalt seyn alle des flüchtigen Schuldeners Gläubigere per publicum Proclama, weches an die Benachbahrte Städte / da vermuthlich des Debitoris Gläubigere seyn / muß geschicket werden / zu citiren, wie dann auch solches in andern dergleichen Fällen / wie bißhero gebräuchlich gewesen / zu halten. [054]TITULUS. XV.
Von Ungehorsam des außbleibenden Klägers.
ARTICULUS 1.
So der Kläger auff außgangene Citation im Gericht zu bestimmter Zeit / in eigener Person / oder durch seinen Anwald / nicht erscheinet / mag der Beklagte den Ungehorsamm des Klägers beschüldigen / sich von der Ladung / mit erstattung der auffgewandten Gerichtskosten und Schaden / zu entledigen bitten / und sol der außbleibender Kläger dem Fisco in acht Schillinge Straffe verfallen / und der Beklagte / auff anderweits außgangene Citation, zu Antworten nicht schüldig seyn / der Kläger habe ihm dann zuvor die auffgewandte Expens, Gerichtskosten und Schaden / vorbehältlich Richterlicher moderation, erlegt und bezahlet. Da dann der Kläger zum andernmahl / auff beschehene Ladung / nicht erscheinen würde / sol er Beklagter sich vom Gerichtsstand / mit erstattung [055] aller Unkosten / zu absolviren bitten / solches auch erkandt werden. Würde dann der Kläger / nach erlegten Unkosten / den Beklagten zum drittenmahl citiren lassen / und abermahl Ungehorsammlich außbleiben: So sol der Beklagter / auff beschüldigung des Klägers Ungehorsamm / und sein ferner Anruffen / von der Klage / mit Abtrag aller auffgewandten Unkosten / endlich loß getheilet werden. 2.
So aber der Kläger / nach dem die Klage und Antwort fürgebracht / und der Krieg Rechtens befestiget worden / vor Rechtlicher Erörterung der Sachen / Ungehorsammlich außbleiben würde: Sol nicht desto weiniger im Gericht verfahren / und auff des Beklagten Begehren / nach eingekommener Klage / Antwort und Beweiß erkandt werden / was Recht ist. 3.
Und da gleich der Beklagter fällig ertheilet würde / sol er doch in diesem Fall seinem Gegentheil die Gerichtskosten zuerlegen nicht schüldig seyn. [056]TITULUS XVI.
Von Ungehorsam des Beklagten:
ARTICULUS 1.
Der Beklagte sol schüldig seyn / auff die ihm angekündigte Citation zu bestimmter Zeit / im Gerichte Persöhnlich / oder durch seinen Gevollmächtigten / zuerscheinen / würde aber jemand / der ümb Schuld beklaget wird / und Einheimisch ist / drey Gerichts-Tage ungehorsammlich außbleiben / oder aber der Außheimischer / auff ergangene schifftliche peremptorialische Citation, nicht compariren, oder einen Anwald stellen: So sol der Schenck / in Sachen so vor dem Rath tractirt werden / zwey Marck Lübisch / und in Sachen vor dem Niedern-Gericht anhängig / der Voigt / aus des Beklagten Hause eine Marck sonder Gnade abforderen / oder ein Pfandt dafür abholen / und daneben ihn bey verlust der Sachen wiederümb Citiren, und do als dann der Beklagter / in den negstfolgenden [057] vier Gerichts-Tagen / und also in viertzehen Tagen / keine hülffliche Wiederrede oder Ehehafft / dadurch er im Gericht zuerscheinen verhindert were / vorbringen / und dieselbe beweisen / oder mit seinem Cörperlichen Eyde betheuren würde: So mag der Kläger seine Klage fürtragen / und seinen Beweiß / da er einigen hat / produciren, des Beklagten Ungehorsam beschüldigen / und seinen Klage / nach verlesener Relation des Hauß-Dieners / oder abgeschickten Boten / der die Citation insinuirt, oder des Schencken Außsage / auff des Beklagten gespürten Ungehorsamm / vorbekandt anzunehmen / und ihm die Execution zuertheilen bitten. Darauff nach angehörter des Klägers Nothdurfft / gleich als wann durch des Beklagten Antwort der Krieg Rechtens befestiget were / der Beklagter der Sachen verlustig sol erkandt / und gegen den Ungehorsamen mit der Execution, inmassen sub Titulo 41. von Execution etc. ferner verordnet / verfahren werden. 2.
Klagte aber jemand auff unbeweglich Guth / und der Beklagte / so er Einheimisch / mündlich drey mahl / oder Außheimisch einmahl peremptoriè durch eine schrifftliche Citation were vorbescheiden / und zu Rechte nicht comparirte: So mag der Kläger seine Klage im Gericht fürtragen / und so er einigen Beweiß hat / denselbigen Gerichtlich fürbringen / darauff wird der Kläger [058] billig in das Guth immittiret und geweiset / welches er Jahr und Tag halten sol. 3.
Da nun der Beklagter innerhalb Jahrs erscheinet / und zu antworten sich anerbieten thut: sol er zuforderst dem Kläger / alle derselbigen Sachen halben auffgewandte Gerichtskosten und Expens erstaten / und einen gnugsamen Vorstandt thun / daß er zur Klage ohne Verzügerung antworten wolle. Würde auch der Beklagter innerhalb Jahres Frist / hülffliche Wiederrede / und Ehehafft / dadurch er zuerscheinen were verhindert / im Gerichte fürwenden / dieselbige beweisen / oder mit seinem Eyde / auff des Klägers Begehren / erhalten / und vorgemeldten Vorstandt leisten: Sol er in den vorigen Besitz des Guts gestattet werden. 4.
Da aber der Beklagter innerhalb Jahrs und Tags zu Rechte nicht erscheinen / Ehehafft seiner Verhinderung vorbringen und beweisen / oder sich sonst nicht entreden würde / so ist der Kläger näher das Guth zubehalten / als jennig Mann ihm dasselbe abzuwinnen. [059]5.
Wurde ümb verfallene Rente oder Erbzinß geklagt / so sol der Kläger den Beklagten / so ferne er einheimisch ist / zu dreyen Rechts-Tagen durch den Diener mündlich vorbescheiden / oder da er außheimisch ist / durch eine schrifftliche Citation, auff eine darinne benandte Zeit peremptoriè citiren lassen / und einen Extract auß dem Stadt-Buch / unter eines Secretarii Hand und Subscription, oder auch Siegel und Brieffe / oder andere glaubwürdige Uhrkunde in Originali, zu verificirung seiner Fürderung / im Gericht produciren, und damit des Beklagten Erbe oder Hauß affterfolgen / und im Fall der Beklagter in den dreyen Rechts-Tagen / oder peremptoriè angesetzter Zeit / nicht erscheinet / und sein Erbe oder Hauß entsetzet: Sol im Gerichte dem Kläger unter des Voigts und Gericht-Schreibers Hand / ein verfolgungs Zettel mit getheilet werden / damit der Kläger vor den Rath treten / und vermüge desselben ihm das Hauß oder Erbe im Stadt-Buche zugeschrieben werden / und folgends der Voigt / auff erforderung des Klägers / auff die Mahlstete / da das Hauß belegen / sich verfügen / den Rinck des Hauses mit seiner Hand angreiffen / und in Gegenwärtigkeit zweyer glaubwürdiger Erbgesessener Bürger / dem Kläger den Rinck des Erbes lieffern sol / und dasselbige Hauß sol nimand ander oder mehren zugeschrieben werden / es sey dann derselbige / dem es also mit dem Gerichts-Zettel [060] erst zugeschrieben worden / zuforderst gnugsam contentiret und befriediget. Gleicher Gestalt sol es mit andern / so hernacher dasselbe Erbe auch verfolgen wollen / gehalten werden. 6.[14]
Wann nun vorgedachter massen die verfolgung des Erbes geschehen / sol damit ferner verfahren / und gehalten werden / als hernacher sub Titulo 42. Von Feilbieten und subhastation, etc. verordnet ist.
TITULUS XVII.
Von Arresten und Kummern.
ARTICULUS 1.
So jemand ein Verbot oder Arrest gegen den andern / oder desselben Haab und Güter allhie begehren würde / das sol mit Erlaubnüß der Worthaltenden Bürgermeister / oder Richteherrn / geschehen und fürgenommen werden. [061]2.
Und dieweil die Arreste zu Zeiten mißbrauchet werden / sollen die Worthaltende Bürgermeistere / und Gerichts-Verwaltere zuforderst erwegen / ob der Arrest aus erheblichen Uhrsachen gebeten wird / und nach befindung der Sachen ümbständlichen Beschaffenheit / denselben erlauben oder verweigeren. 3.
In massen dann bey verstattung des Arrests / in gute Auffacht genommen werden sol / das die jenigen / oder derselben Güter / nicht Arrestiret werden / welche / vermüge alter Concordaten, und dero zwischen den Benachbahrten und Uns auffgerichter Verträge / davon entfreyet seyn / und an denen Orten dieser Stadt Bürgere mit Arresten auch nicht beschweret werden. 4.
Da ein Fremmder Wegfertig / und sein Gut alsbald mit sich weg zuführen Fürhabens ist / solch Gut mag unser Bürger / so Anspruch darzu hat / für zween glaubwürdigen Bürgern in dieser Stadt / auch für Bömen und Thoren / ohne Erlaubnüß des Rechten / bekummern / jedoch sol er alsbald und ungesäummt den angelegten [062] Arrest einem der Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter / anmelden / und denselben ferner verfolgen / wie hernacher verordnet. 5.
Wann der jenige / dessen Person oder Gut Arrestiret ist / gnugsame Versicherung thut / oder einen Bürgen / der so viel freyes und unverpfändetes Erbes und Eigens allhie in dieser Stadt / oder derselben Jurisdiction hat / als die Klage sich erstrecket / anbietet / so sol der Kläger solchen Bürgen / bey Peen drey Pfund / anzunehmen schüldig seyn / der Arrest loß gegeben / und die Sache ferner zu Rechte allhie außgeführet werden. 6.
Wurde aber der Kläger von dem angebotenen Bürgen Versicherung forderen / das sein Erbe unverpfändet / und über den Erbzinß so viel werth / daß er seine geklagte Schuld darauß erlangen müge: So ist er ihm dafür gnughaffte Bürgen zustellen schüldig. 7.
Hätte jemand Gut / als geraubet und gestohlen / Arrestiren lassen / so darff er dafür keine Bürgen nehmen / sondern mag es zu Rechte verfolgen. [063]8.
Keines Bürgers Gut / der gnüghafftig Erb oder Zinß hat / sol man Arrestiren / würde jemand dagegen handelen / der sol es mit drey Pfund besseren. 9.
Wann zwey oder mehr fremmde Leute / oder unsere Bürgere neben den Frembden / wegen dero allhie angebrachten Wahren und Güter / in Rechtfertigung gerathen / und deren keiner die rechtmässige Possession noch nicht erlanget hätte / sollen die Güter sequestriret, oder im Falle sie verderblich / verkaufft / und die daraus gelösete Gelde / einem jeden zu seinem Rechten / verwahrlich deponirt, oder da die Sache für dem Obern-Gerichte zum schrifftlichen Proces würde veranlasset / mit der Partheyen gutem Willen / auff gebührliche Zins belegt / und vor endlicher erörterung der Sachen / niemand auff angebothene Caution gefolget werden. 10.
Wann einer / in Schulden vertiefft / verstorben / und nach desselben tödtlichen Abgange die Creditorn ümb Arrest anhalten werden / sol derselbe vergönnet / und die Güter / oder das daraus gelösete Geld / Jahr [064] und Tag / den sämptlichen Creditorn zum besten / im Arrest bleiben / die Schulde nach todter Hand / durch den Gericht-Schreiber innerhalb Jahres eingezeichnet / und nach außgang des Jahres / auff der Creditorn Ansuchen / ein offen Proclama an das Rath-Hauß angeschlagen / und darin Sächsische Frist[15] pro termino peremptoriali zuerscheinen / und ihre Schülde im Gerichte zubeweisen den Creditoren ernennet und angesetzet werden. Da aber die jenigen / welche von dem verstorbenen Debitore Obligation und Verschreibung haben / innerhalb Jahres ihre Schülde nicht hätten Einzeichnen lassen / ist ihnen / wann sie hernacher in dero in dem Proclamate bestimmter Zeit / ihre Schülde mit habenden Obligationen und Handschriften verificiren, solches unschädlich / und sol sonsten in diesem Fall mit Inventirung der nachgelassenen Güter verfahren werden / wie hernacher unter dem 43. Titul von Bancorotirern / im 2.3.4. und 5. Articuln verordnet ist. 11.
Alle die jeningen / welche in gebührender Zeit auff des verstorbenen oder in Schülden vertiefften Debitoris Güter Arrest gethan / und denselben zu Recht verfolget / die seyn alle gleich / so wol die letzten als die ersten / jedoch das Unterscheid zwischen denen die Verpfandung / und keine Verpfandung haben / und die Privilegiirt und nicht Privilegiirt, gehalten werde. [065]12.
Die Worthaltende Bürgermeistere / oder Gerichts-Verwaltere / sollen alsbald nach angelegtem Arrest / Klägern und Beklagten auff eine benandte Stunde vor sich bescheiden lassen / und müglichen Fleiß anwenden / die Partheyen ohne Weitläufftigkeit zu entscheiden. Erscheinet der Kläger nicht / so haben sie Macht / nach befindung der Sachen Beschaffenheit / den erläubten Arrest loß zugeben. 13.
In Entstehung der Güte / sol der Arrestandt zum nechsten Gerichts-Tage den Beklagten ins Nieder-Gerichte citiren lassen / zum ersten mahl / und kürtzlich fürtragen / daß er den Arrest erlanget / und darauff bitten / das derselbe durch den Voigt möge eingezeichent werden: also auch folgenden Gerichts-Tag / und dann zum dritten mahl auff vorgehende citation, den Arrest nicht allein / wie gebräuchlich / belegen / sondern auch seine Klage fürtragen / und dieselbe zu gleich beweisen / und wann des Beklagten Nothdurfft und defension dagegen angehöret / sol darauff / was billig und recht ist / erkandt werden. 14.
Im fall der Arrestandt die Verfolgung / in massen wie vor gedacht / nicht thun würde / so sol der [066] erlangte Kummer auff das Arrestirten Ansuchen / Krafftloß erkandt / und relaxirt, auch der Arrestant daneben in drey Marck Lübisch Straff condemniret werden. 15.
Da aber jemands Güter in seinem Abwesen allhie Arrestieret würden: So sol an desselben Obrigkeit geschrieben / und durch dero Hülff / derselbe / mit Ernennung eines gewissen Tages / anhero / zu gerichtlicher Außübung des angelegten Kummers / citiert werden. 16.
In den freyen Jahrmärckten / Viti[16] und Feliciani[17], sol kein Arrest verstattet / auch / Bürgerlicher Sachen und Obligationen wegen / niemandes angehalten werden. Hätte aber jemand an einem andern Orte Contrahirt, und sich verpflichtet / allhie in wehrendem Marckte zu bezahlen / oder auch zur zeit des Marckts allhie Contrahirt, und zubezahlen sich versprochen: So mag der / oder diesselben / oder ihre Güter / so lange biß sie gewisse Versicherung gethan / alhie Arrestirt werden. 17.
Wann einer den andern / oder sein Haab und Güter / hätte bekümmern lassen / und der Arrestirte [067] sich beklagte / daß er / aber seine Güter / mit Unfuge angehalten / und er dardurch in Schaden und Schmach gebracht were / und der Arrestant keine erhebliche Uhrsachen seines fürgenommen Arrestes beweisen könte: So sol er dem Arrestirten / des zugefügten Unglimpffs halben / im Rechte allhie zu antworten / und was deßwegen erkandt wird / neben allen auffgelauffenen Kosten und Schaden / zuerlegen schüldig seyn.
TITULUS. XVIII.
Von der Ehehafft[18] / und der außbleibenden Partheyen entschüldigung.
ARTICULUS 1.
Wird jemand durch Ehehaffte Noth / auff die dritte außgangene / und ihm mündlich angezeigte / oder eine schrifftliche peremptorialische insinuirte citation, im Gerichte zu erscheinen verhindert: So sol er durch sich selbst / oder seinen Gevollmächtigten / die Uhrsachen
2.
Nach Verkündigung der Ehehafft / sol dem Beklagten Zeit / zu Erweisung derselben / biß zum negsten Gerichts-Tage / gegeben / oder do er dieselbe nicht beweisen könte / mit seinem Eyde als dann zuerhalten ihm zugelassen werden. 3.
Wurden dann die angezeigte Uhrsachen seiner Verhinderung für erheblich und gnugsam erkand: Sol er / jedoch das er zuforderst alle auffgewandte Unkosten und Expens erlege / zu seiner defension zugelassen werden.
4.
Erfünde sich aber / das der Beklagter keine rechtmässige Entschüldigung seines Außbleibens beweisen und erhalten könte: So sol ohne jenigen weitern Proces, der Beklagter / mit Erstattung aller auffgewandter Unkosten / verlustig erkand / und mit der Execution gegen ihn / wie vorgedacht / verfahren werden. [069]5.
Wurde auch der Abwesender / welcher durch eine schrifftliche citation peremptorie ist vorgeladen / Uhrsachen seiner Verhinderung schrifftlich übersenden / und dieselbe also bewandt / das / wann dieselben / in mangel der Beweisung / mit des Beklagten Eyde erhalten würden / für gnugsamm zu achten: So stehet es bey des Gerichts Erkäntnüß / ob nicht biß zu seiner Wiederkunfft / damit er den Eydt selbst leisten müge / so gewartet werden. 6.
Es seyn aber Rechtmässige und erhebliche Uhrsachen der Verhinderung / Leibes Schwachheit / gefängliche Verhafftung / Abwesenheit in gemeinen Stadt-Sachen / und wegen des Vater-Landes / Unsicherheit wegen Kriegesläuffte / oder grassirender Peste / an dem Orte da das Gerichte gehalten wird / Ergiessung der Wasser / und grosse Sturmwinde / vielheit des Schnees / und andere dergleichen impedimenta, die in gemeinen Rechten den Beklagten von dem Ungehorsam entschüldigen. 7.
Und dieweil von Alters hero zugelassen / das ein Bürger dieser Stadt / auf den geklagt wird / [070] einmahl / ohne schaden seiner redlichen Nahrung und Handthierung halben / verreisen mag / so bleibet es billig bey solchem sittlichem Gebrauch. Damit aber hierunter keine Gefährlichkeit müge gebraucht / und der Kläger muthwillig auffgehalten werden / sol hinfüro dem Beklagten / auff erstatten Eydt /daß er durch seine vorhabende Reise keinen gefährlichen Verzug der Sachen suche / auch seinem Anwald von der Sache keinen ümbständlichen Bericht gethan / oder thun können / zu solcher vorhabenden Reise / ein Monatsfrist / oder längere Zeit / nach ferne des Weges / gegönnet seyn. Da er aber länger außzubleiben vermeynet / sol er für seinem Verreisen einen gnugsamen Anwald stellen / der seinent wegen im Rechten antworte / und der Sachen außwarte / und im fall hie gegen gehandelt würde / sol gegen den Beklagten / als einen Ungehorsamen / verfahren und erkandt werden. [071]TITULUS XIX.
Von der Gerichtlichen Klage:
ARTICULUS 1.
Auff die ergangene Citation, und erscheinung der Partheyen / sol zu angesetztem Gerichts-Tage der Kläger seine Klage mündlich / jedoch verständlich und langsam / vorbringen / damit sie von dem Gericht-Schreiber oder Protonotario müge protocollirt werden / und die Geschicht / warümb und aus was Uhrsachen er klage / wahrhafftiglich erzehlen / und endlich seine petition und Bitte thun / war er vermeyne / das der Beklagter ihm auff seine angestelte Forderung zu geben oder zu thun schüldig sey. 2.
Würde aber der Kläger durch einen Anwald handelen / sol derselbe seine Vollmacht aus dem Gerichts-Buch / oder habenden Original Gewalt / [072] verlesen lassen / und damit seine Person zu der Sache legitimiren. 3.
Gleicher gestalt / da der Beklagter durch einen Anwald antworten wolte / sol desselben Vollmacht aus dem Gerichts-Buch / oder habenden schrifftlichen Gewalt / verlesen werden / und mag darauff der Anwald / biß zum nechsten / dilation[19] bitten.
TITULUS XX.
Von des Beklagten Exceptionen und Einreden.
ARTICULUS 1.
Hätte der Beklagter verzügliche Exceptiones oder Einrede / welche die Häupt-Sache nicht gäntzlich abstellen / sondern eine Zeitlang auffhalten / als da seyn Exceptio Judicis, daß der Beklagter sich nicht schüldig [073] erachtet / vor dem Richter zu rechten / Item litis pendentiæ, das sie Sache vor einem andern Gericht anhängig gemacht / Item wieder des Klägers Person / das derselbe im Rechten zu stehen nicht tauglich / und andere dergleichen / dieselben sol er zum nechsten Gerichts-Tage vor der Kriegsbefestigung[20] alle auffeinmahl fürbringen / und von dem Gerichts Zwang sich zu absolviren bitten / darüber Kläger gehört / und was billig und recht ist / hierauff erkandt werden sol. 2.
In Schuldfürderung / die mit öffentlichen unlaugbahren und unverfälscheten Brieff und Seigelen können bewiesen werden / und die keine unehrliche Zusage in sich halten / ungeachtet ob die Uhrsache der Schuld in der Obligation specificirt und außgedrückt oder nicht: Sol der Kläger / mit Fürlegung der Original Schuld-Brieffs / summariter darauff klagen / und vermüge desselben zum Urtheil schliessen / und wo fern der Beklagter demselben vorsetzlich und ohne Uhrsach nicht nachkommen / sondern dawieder vortheilhafftige Außzüge und Einrede suchen / und erst darüber erkennen lassen wolte: Solches sol ihm keines weges gestattet / sonder wider ihn / vermüge producirter Brieff und Siegel / schleunig erkandt und verholffen / und keine andere Exceptiones oder Außflucht dawieder zugelassen werden / dann wo er beweisen wolte / das [074] seinen Brieffen zuvor allbereit ein gnügen geschehen / oder das die Sache / darümb er beklagt wird / durch Urtheil und Recht hiebevor erörtert / oder die Sache verglichen und vertragen / oder eine novation auffgerichtet / oder die Forderung / nach Inhalt des nechstfolgenden Tituls / vorjähret / oder aber / das von einem hundert Marck Lübisch Jährlich über sechs Marck zu Zinse verschrieben / oder genommen / dann auff solchen Fall der vierdte Theil an der Häuptsumma / inmassen dann auch hiebevor in des Reichs Policey Ordnung versehen / verwirckt seyn / dem gemeinen Gut allhie zugeeignet / und allein auff das übrige die Execution verstattet und vorgenommen werden sol. 3.
Solche Verweisung aber sol alsbald / und zum nechsten Gerichts-Tage und innerhalb der Zeit / da dem Debitori die Bezahlung zuthunde ist auferlegt / mit ergangenen Urtheilen / briefflichen Uhrkunden / und glaubwürdigen Documenten geschehen / und gnugsam bescheiniget werden / das es ferner Zeugnüß nicht bedörffte / da es aber auff ferner Ausführung stehen wil / sol mit der Execution verfahren / und dem Beklagten diese und andere Exceptiones, nach ergangener Hülff / und beschehener wircklicher Bezahlung / gegen den Kläger vorbehalten werden. [075]4.
Wann die Schuld / darümb geklagt wird / bekändtlich ist / oder mit der producirten Obligation, oder Vertrage / beweiset werden kan / die gefordeten Zinsen aber nicht verschrieben / sondern darüber gestritten wird: Sol die Executio auff die unstreitige Haupt-Summa erkandt / und der Punct wegen der Rente / biß zu fernerer Beweisung und Erkäntnüß / außgestellet werden. 5.
Wie dann auch / ausserhalb vorgedachter Schuldsachen / alle andere peremptorische und zerstörliche Exceptiones, welche die Hauptsache gäntzlich auffheben / als da syen / mali, quod metus causa, jusjurandi, und dergleichen / allererst nach der Kriegsbefestigung / damit die Sache nicht zulange auffgehalten werde / können und mügen fürgebracht und zu Erkäntnüß gestellet werden. 6.
Es sollen aber solche endliche peremptorische Außzüge / auff einmahl und zugleich / alle vorgetragen werden / es were dann das der Excipient mit seinem Eyde erhalten könte / das er allererst in Erfahrung und Wissenschafft einer Exception kommen were / so wird [076] er damit / (jedoch vor Beschluß der Sachen) gehöret und zugelassen.
TITULVS. XXI.
Von der Exception præscriptionis, oder Verjährungen:
ARTICULUS 1.
Würde Beklagter Exceptionem præscriptionis dem Klägern vorschützen / so dieselbe / nach gestalt der Klage / statt haben / und attendirt werden: Als da die Fürderung auff ein beweglich Gut / es sey geistlich oder weltlich / gerichtet were / und Beklagter solch Gut drey Jahre mit gutem Titul und Gewissen bestehen hätte: So sol / wo fern es ein solches Gut ist / das nach allgemeinen Rechten præscribiret werden kan / die Verjährunge statt haben / und Beklagter von angestalter Klage entbunden werden. [077]2.
Da aber die Fürderung wegen unbeweglicher Güter / jährlicher Gülte[21] oder Zinß / wie imgleichen wegen persöhnlicher Verpflichtung oder Schülden / angestellet / und Beklagter zuvor ümb berührte Güter / Zinse oder Schulden / von den Anwesenden in zehen / und den Abwesenden in zwantzig / oder von dem gemeinen Gut / oder Vorstehern der geistlichen Güter / in dreissig Jahren nicht besprochen / oder sonsten deßhalben für die Worthaltende Bürgermeistere / oder die Gerichts-Verwaltere nicht citirt / oder auff andere Wege die obgesetzte Zeit über in mala fide constituirt, und ein böß Gewissen erlangt: So sol auff solchen Fall / Kläger / vermöge Uhralten Stadt-Rechtens / und üblicher Gewohnheit / damit ein jeglicher auff das seine desto fleissiger Acht habe / und die rerum Dominia oder Eigenthum so viel ehe in Gewißheit gesetzt werden mögen / mit solcher seiner Forderung abgewiesen / und Niederfällig erkandt werden / jedoch sollen hierunter die jenige Personal Forderungen / so ihrer Art und Eigenschafft nach / vermüge der gemeinen beschriebenen Rechte / innerhalb zween Jahren / oder geringer Zeit præscribirt werden / als actio injuriarum verbalium, de dolo, und andere / nicht verstanden / sondern es dißfals bey Verordnung der angezogenen gemeinen Rechten gelassen werden. [078]3.
Ebener massen sol es auch mit verjährung der servitut oder Dienstbahrkeit / und sonsten allen andern Frey / Recht / und Gerechtigkeiten / wie die Namen haben mügen / auch ohne einigen Unterscheid / ob die causam continuam, vel discontinuam, einen stets wehrenden / oder zu zeiten ruhenden Gebrauch haben / gehalten werden / das wann nemblich jemand dieselbe bey einem andern / oder in eines andern Erb und Eigenthumm / mit dessen Vorbewust und Zulassung / die Zeit über / so nechst hievor von unbeweglichen Gütern gesetzt / nach einer jeden servitut, libertet, oder Juris Art und Gelegenheit ohn verhindert hergebracht / alsdann dabey ruhiglich gelassen / und nicht alleine von deßwegen angestalter Klage sol loß erkandt werden / besondern auch solche præscribirte servitut, Frey oder Gerechtigkeit klagend zu fürderen und zu vindiciren macht haben / wo fern anders kein mala fides und böß Gewissen des præscribenten von dem Gegentheil gebührlich beygebracht und erwiesen würde: Und hingegen / do jemand in obgesetzter Zeit / sich deroselben servitut, Frey oder Gerechtigkeiten / zu begebener Gelegenheit nicht gebrauchet hätte / sol er alsdann / nach Verfliessung solcher Zeit / deroselben servitut, Frey- oder Gerechtigkeit verlustig seyn / es were dann das die Partheyen sich eines andern vergleichen / und solches mit briefflichen Uhrkunden / oder sonsten glaubwürdig zubescheinigen. [079]TITULUS XXII.
Von der Wieder-klage.
ARTICULUS 1.
Dieweil gespüret wird / das von etlichen zu Zeiten allein zu dem Ende unbefugte Klagen erhoben werden / damit sie ihren Gegentheil an seiner Rechtmässigen Fürderung / unter dem Schein / das vermüge unsers Stadt-Buchs und alter Gewohnheit / die Wieder-klage vor Erörterung der Convention nicht zugelassen werde / auffhalten mügen: So sol das Gerichte macht haben / wann dasselbe aus der Sachen ümbständlicher Beschaffenheit befindet / das diese Exceptio zu gefährlicher Auffenthaltung der Sachen fürgewendet wird / auff des Beklagten Begehr / dem Klägern den Eydt malitiæ genant / als daß er nicht gefährlich / und zu Verzögerung der Sachen / diese Exception fürwende / zu deferiren / welchen Eydt auch der Kläger / bey verlust der Sachen / zu leisten schüldig seyn sol. [080]2.
Nach erstattetem Eyd ist der Kläger auff die Wieder-klage zu antworten nicht schuldig / es sey dann die Klage der Convention gäntzlich geendet / und die Execution darauff erfolget. 3.
Wann aber der Beklagter dero wieder ihn ergangener Urtheil ein Gnügen gethan / sol er mit der Wiederklage gehöret / und der vorige Kläger dem Reconvenienten zu antworten / auch für die Wiederklage Caution, (wie in folgendem Titul. Von Cautionen, etc. verordnet) zuleisten schüldig seyn. 4.
Es sol aber der Wiederkläger seine Reconvention Klage / in Monats Frist nach geendigter convention, anzustellen / und vermöge dieses Gerichts Processes damit zuverfahren pflichtig seyn. 5.
Als auch vermerckt wird / das etliche ihren Gegentheil vor die Bürgermeistere / oder Gerichts-Verwaltere bescheiden lassen / in meynung / damit [081] in Rechten den Vortheil der ersten Klage zu erlangen: So Ordnen und wollen Wir / das durch ergangene Citation die Erstigkeit der Klage nicht sol erlanget seyn / so ferne der Kläger seine Klage in viertzehen Tagen / nach geforderter und erlangter Citation, nicht verfolget.
TITULUS XXIII.
Von der Exception Compensationis.
Nach dem / wegen der Compensation, Zweiffel fürgefallen / ob dieselbe so wenig / als die Reconvention, statt hat: So sol es doch hinfüro in Unsern Gerichten also gehalten werden / das die Compensatio in Krafft einer Solution und Bezahlung / sol zugelassen werden / jedoch dergestalt / so fern der Kläger der Schuld / welche der Beklagter zu compensiren begehret / geständig ist / oder dieselbe mit des Klägers briefflichen Uhrkunden / oder andern glaubwürdigen documenten, alsbald kan bescheinet werden / und bedürffe. [082]TITULUS. XXIV.
Von der Exception non numeratæ pecuniæ.
Als dann auch in Zweiffel gezogen / ob wieder unläugbahre Verschreibung / Exceptio non numeratæ pecuniæ, das ist / wann einer / in Hoffnung der Zahlung / seine Obligation und Schuld Verschreibung außgibt / die Bezahlung aber nicht erfolget / statt habe. / Damit nu alle Außzüge aber Weitläufftigkeit in Schuld-Sachen / zu Befürderung der Handthierung und Kauffmanschafft / mügen abgeschaffet / und einem jeden desto schleuniger zu dem Seinen verholffen werden: So wollen Wir / das solcher Einrede ungeachtet / der Debitor seiner außgegebenen und recognoscirten Obligation ein Gnügen thun sol / und hernacher den Creditorn wiederümb besprechen müge / welcher / da er alsdann innerhalb zween Jahren / von dato der außgegebenen Verschreibung anzurechnen / nicht beweisen kan / daß er die Gelder dem Schüldener / ober einem andern / seinent wegen / außgezahlet: So sol er dieselbe [083] Schuld / sampt allem auffgelauffenem Interesse, Schaden und Kosten / zuerlegen schüldig seyn. Da aber / nach Außgang der zwey Jahren / der Debitor beweisen kan / daß er die Gelder nicht empfangen / sol nicht desto weniger der Creditor solche Pfennige dem Schüldener zuentrichten verpflichtet seyn.
TITULUS XXV.
Von Cautionen und Vorstanden zum Rechte:
ARTICULUS 1.
Ein jeder Kläger der in dieser Stadt oder derselben Jurisdiction nicht besessen / oder kein Erbzinß hat / ist auff des Beklagten Begehren schüldig / mit Erbgesessenen Bürgern dieser Stadt / oder gnugsamen Pfanden / einen Vorstand zubestellen / daß er durch sich / oder seinen Anwald / sein Recht oder angestelte Klage allhie verfolgen / auff die Reconvention, wofern einige wider ihn erhoben würde / sich zu Rechte allhie einlassen / und ob er in der Sache fällig [084] würde / alles darzu er verurtheilt / thun und halten / auch Kosten und Schaden / auff vorgehende Rechtliche Ermessigung / entrichten wolle. 2.
Konte der Kläger zur Wieder-klage die Caution weder mit Bürgen nocht Pfanden bestellen / auch des Geld / so ihm zuerkandt / nicht verbürgen / sol dasselbige bey dem Gericht allhie / biß zu Erörterung der Reconvention Klage / in deposito bleiben. 3.
Ausserhalb der Widerklage / da der Kläger weder Bürgen noch Pfande auffbringen könte / und schweren würde / daß er über angewandten müglichen Fleiß / Bürgen oder Pfande nicht haben könte / so sol er alsdann mit der eydliche Caution zugelassen werden. 4.
Die Vormünde / wann sie Klägers Stelle halten / bestellen Caution bey Verpfändung ihrer Mündlein Güter. 5.
Der Beklagte so er in eigener Person im Gericht erscheinet / und allhie nicht begütert / oder [085] Erbzinß hat / ist / auff des Klägers Begehren / sich in Recht zustellen / und der Sachen Rechtlich außzuwarten / mit Erbgesessenen Bürgern dieser Stadt / oder Pfanden / Caution und Vorstand zubestellen schüldig. 6.
Da aber der Beklagte sein Rechten durch einen andern Anwaldt außführen wolte / ist derselbe / sofern sein Principal ihn nicht in der Vollmacht der Satisdation entfreyet / mit gnughafftigen Bürgen / oder Pfanden / auff des Klägers Begehren / de judicato solvendo zu caviren pflichtig / nemblich / daß er den Beklagten vertheidigen / und in Rechten verantworten / sich keiner Gefährligkeit gebrauchen / und was erkandt / gehorsamlich vollnstrecken wolle. 7.
Hätte der Beklagte in dieser Stadt / oder deroselben Gerichten / Erb und eigen / oder Erbzinß / oder auff des Klägers Anforderung verbürgen könte / daß sein Erb und Güter so hoch frey und unbeschweret / als die geklagte Schuldt sich erstrecken thut: So ist er nicht schüldig dem Kläger einige Caution zu leisten. [086]8.
Da aber der Beklagter allhie unbegütert / und kein gnughafftig Erbzinß hat / auch keine gnugsame Bürgen / oder Pfande / für die Schuld stellen kan / der Schuld aber geständig ist / oder mit seiner außgegebenen Handschrifft und Schuld-Verschreibung überwunden und überzeuget werden kan: So mag der Gerichtsverwalter / auff Begehren des Klägers / und von ihm geleistete Caution, das Gerichte schadloß zuhalten / den Beklagten in gefängliche Hafft nehmen / und so lange enthalten lassen / biß die Sache im Gerichte außgeübet ist. 9.
Wer Bürge wird eines Mannes / ihn für Gericht vorzubringen / und kompt dann der Mann selbst für / ohn seinen Bürgen / und beut sich für Gerichte zu Recht / ohn seinen Bürgen / zum ersten / zum andern / und zum dritten Gerichtstage / und mag der Bürge solches hernach bezeugen und beweisen: So ist er von der Bürgeschafft entledigt.
10.
Wer gelobet hat / einen andern vor Gericht zustellen / was Sache es belangen thut / der sol denselben zum negsten Rechtstage für Gericht stellen / thut [087] er daß nicht / so sol er es mit acht Schilling bessern. Bringet er ihn zum andern Gerichtstage abermahl nicht vor / sol er anderweit in acht Schilling Straffe verfallen seyn. Stellet er ihn zum dritten Reichstage nicht vor Gerichte: so sol er nicht allein abermahl in acht Schilling Straffe verfallen seyn / sondern sol auch für den jenigen / welchen er verbürget hat / dem Klägern zu Rechte antworten / gleich als wann der verbürgte zur Stelle wäre / und was erkandt wird /gelten und bezahlen. 11.
Wer gelobet einen vor Gericht zustellen / und nicht länger in der Bürgschafft wil stehen und hafften / sol den / dafür er gelobet hat / auff vorgehende Citation des Gegentheils / damit er mit seiner Nothturfft auch gehöret werde / für Gericht stellen / und so fern das Gegentheil nicht rechtmässige Einsage hätte / sich also der Bürgschafft entledigen. 12.
Verbürget ein Mann den andern / zu einer bescheidenen Zeit im Gericht vorzubringen. Stirbet der verbürgte vor dem Tage der Stellung / und der Bürge seinen Todt zeugen kan / so ist er der Bürgschafft ledig und loß / und des Todten Erben sollen die Schuld bezahlen / so ferne sie das Erbgut empfangen. [088]13.
Stirbet ein Pferdt / oder ein ander Viehe / daß man vor Gerichte bringen sol / der Bürge bringe die Haut vor / so sol er damit ledig seyn. 14.
Wer für Eyde zu leisten Bürge wird / und derselbe / der den Eyd thun sol / vor der Zeit stirbet / seine Erben / oder der Bürge / sol den Eyd zu gelobter Zeit leisten / so ferne ihm umb die Sache bewust ist: Aber der Erbe und der Bürge / dürffen nicht anders schweren / dann daß sie gäntzlich gläuben / der Verstorbene sey dem Kläger nichts schüldig gewesen / und daß ihnen davon nichts wissentlich sey. Verweigern sie sich dessen zu schweren / so ist die Schuld / dafür der Eyd gelobt war / auff den Bürgen gewonnen. Es seyn aber des Verstorbenen Erben den Bürgen schadloß zu halten schüldig. 15.
Die Cautiones die durch Güter bestalt seyn / können / auff den Nothfall / durch gleichgültige Güter außgewechselt werden. [089]TITULVS. XXVI.
Von dilation / Berath / Vacantz und Ferien:
ARTICULUS 1.
Wann Beklagter keine Exception hat / oder dieselbe ihm aberkandt seyn / und auff vorgehende Citation zu Recht erscheinet / oder seinen Vollmächtigen stellet: so mag er auff angestelte Klage / biß zum nechsten / seinen Berath bitten und haben. Und sol der Kläger auff die ander außgangene Ladung / des Beklagten genommenes Berath einfordern. Würde alsdann der Beklagter nicht erscheinen / sol der Kläger den Beklagten zum dritten mahl citiren lassen / und auff angesetzte Zeit desselben Berath abermahl einfordern. Da alsdann der Beklagte nicht compariren, sondern ungehorsahmlich außbleiben würde / sol der Kläger den Ungehorsahm des Beklagten beschüldigen / und seine Klage für bekandt anzunehmen bitten; darauff dem Beklagten / bey Verlust der Sachen / zu antworten [090] sol auferlegt werden. Da dann der Beklagte zum nechsten Gerichtstage keine Ehehaffte oder Verhinderung fürbringen würde / welche für erheblich und gnugsam erkandt werden könte: so sol er auff des Klägers fernere Anforderung und Bitte / der Sachen fällig / und das jeninge was geklagt ist / zu bezahlen und zu leisten schüldig ertheilet werden. 2.
Djeweil dann auch etliche Tage und Zeit zu der Ehre und Lob Gottes / sein heiliges Wort daran zu hören / und seinen Diensten obzuliegen / angesetzt / darzu auch von Alters hero / gewisse Zeit / redliche Geschäffte und Handthierung zuverrichten / verordnet: So wollen wir / das nachfolgende Ferien sollen gehalten / und in denselbigen die Rechts-Ubung und Handlung eingestellet werden / und in Ruhe stehen. Von dem nechsten Rechtstage vor Marien Lichtmessen[22] / biß auff Matthiæ,[23]inclusivè. Item zu Faßnacht von dem Sonntag Esto mihi[24], biß auff den Freytag darnach / inclusivè. Von dem Freytage oder Rechtstage vor Palmarum[25], biß auff den Montag nach Quasimodogeniti[26], beyde exclusivè. Von dem Freytage für Pfingsten / biß auff den Montag nach Trinitatis[27], exclusivè. [091] Von Viti Tag / als den 15. Junij, biß auff den 28. Tag desselben Monaths / beyde inclusivè. Von dem 8. Julij biß auf den 14. Augusti, inclusivè. Von dem nechsten Rechtstage vor Feliciani,[28] biß den nechsten Rechtstag nach omnium Sanctorum,[29] exclusivè. Von dem nechsten Rechtstage vor Luciae,[30] biß zu der heiligen drey Könige Tag / inclusivè.
3.
Ebenmässig sollen an allen Sonn-heiligen und Feyrtagen / so zu der Ehre Gottes / und Heiligung seines göttlichen Namens eingesetzet / und in dieser Stadt-Kirchen gehalten und gefeyret werden. Imgleichen an den Evangelisten- und Apostel-Tagen / durch das gantze Jahr / alle Rechtliche Processe und Gerichte eingestellet seyn / und an denselbigen gerichtlich nicht gehandelt noch procediret werden: Dagegen sol an allen andern der Heiligen Tagen / gerichtlich gehandelt werden. Es mag aber an den Sonntagen / bey Sonnenschein / den Partheyen die Ladung (wie von undencklichen Jahren hero allhie üblich hergebracht) gegen den Montag zuerscheinen / angekündiget werden. [092]
Wann die fürgewandte dilatorische / und unverzügliche / oder andere Exceptiones, mit Urtheil aberkandt / oder nach der Kriegs-Befestigung fürzubringen vorbehalten seyn / sol der Beklagte / oder sein Anwaldt / den negstfolgenden Gerichtstag alsbald / ohne fernere Dilation und Verzug / auff die Klage zu antworten / und den Krieg Rechtens mit kurtzen Worten zuverfangen schüldig seyn. Da er nun derselben geständig seyn würde / so ist keines fernern Beweißthumms von nöthen / sondern sol darauff condemnirt und verurtheilt / und Klägern zur Execution verholffen werden. Würde aber der Beklagter litem negativè contestiren, und der Klage gar oder zum Theil nicht geständig seyn / so ist der Kläger alles / was Beklagter verneinet / zu beweisen schüldig. [093]TITULVS XXVIII.
Von Beweisung mit lebendigen Kundtschafften oder Zeugen:
ARTICULUS 1.
Der Kläger / oder Beklagte / welcher Zeugen führen wil / sol dergestalt seine Beweisung thun / als er sich vor Gericht berühmet hat / thut er das nicht / er ist seiner Sache niederfällig. 2.
Mit zween oder mehr glaubwürdigen Zeugen / welche in gemeinen Käyserlichen Rechten / als unzulässig / nicht verworffen seyn / kan einer seine Klage und Forderung vollenkömmlich beweisen. 3.
Es werden aber / als untaugliche Zeugen / nachfolgende Personen im Recht außgesetzt und [094] verworffen / die ihres Alters viertzehen Jahre nicht vollenkömmlich erreichet haben / die an ihrer Vernunfft gebrechlich seyn / Meineydige / und die ihres Ampts / wegen ihrer Mißhandlung / entsetzt seyn / die des Landes verwiesen / oder / auff ergangene Urtheil / von dem Scharffrichter an ihren Gliedern gestraffet seyn. 4.
So sollen auch die Eltern für / und wider ihre leibliche Kinder / und hin wieder die Kinder für / und wider die Eltern zu zeugen nicht zugelassen / noch Zeugnüß zugeben gezwungen werden / welches auch in den Eheleuten Statt hat. 5.
Andere Bluts-freunde / die ein ander in dem dritten Gradt verwandt seyn / können sich der Zeugnüß entschüldigen / und darzu nicht gezwungen werden / es wäre dann / daß andere bey den Sachen nicht gewesen / und die Wahrheit nicht anders könte erkündiget werden. Wann sie aber gutwillig Zeugnüß geben wollen / können sie zugelassen werden. 6.
Bittet ein Mann den andern an seine Acht oder Berathschlagung / und offenbahret ihm seine [095] Heimligkeit; wolte man hernacher ihn mit demselben Manne überzeugen / das mag nicht seyn. 7.
Alle und jede Personen / die an der angestelten Rechtfertigung Theil oder Gemeinschafft / Nutz / Gewinn / oder Verlust haben / oder dessen etwas daraus gewertig seyn / mügen in derselben Sache keine Zeugen seyn. Gleicher gestalt mag auch der jenige / welcher mit an der Verwundung gewesen / den andern nicht überzeugen. 8.
So mag niemand höher zeugen / als sein Erb oder Zinß werth ist / und als sein Gebeude über den Erbzinß sich an dem Werth erstrecket. 9.
Hätte aber jemand glaubwürdige ehrliche Leute zu Zeugen vorzustellen / die so hoch nicht besessen wären / als die Sache sich erstrecket / und der Zeugenführer Caution leisten würde / den Schaden / welcher aus falscher Zeugnüß sich verursachen möchte / zu erstatten: So mügen solche Leute in der Sache wol Zeugen seyn / gleich als wann sie selbst hoch gnug gesessen wären. [096]10.
Wann der Zeuge / zur Zeit des getroffenen Contracts oder Handels / darzu er beruffen wird / Erbgesessen ist / und hernacher sein Erb oder Zinß verkauft / so sol sein Zeugnüß nicht weniger gültig seyn / als da er Erbgesessen gewesen. Wäre aber der Zeuge / zur Zeit des Contracts oder Handels / unbesessen / und hernacher Erb und eigen / oder Zinß erlangte / der kan kein Zeuge seyn / dieweil er zur Zeit des Handels / davon er zeugen sol / unbesessen gewesen ist. 11.
Ein Frembder kan einen Frembden umb Schuld / die ausserhalb dieser Stadt contrahirt ist / mit frembden guten Leuten überzeugen / wofern der Zeuge an andern Oertern so hoch gesessen / als die Schuld sich erstrecket / und solches sol er mit des Herrn / der Stadt oder des Vogts / darunter des Zeuge gesessen ist / Brieffen beweisen. 12.
Von Verwundungen und Schlägen / die in oder vor dieser Stadt Mühlen geschehen / mügen unbesessene Bürgere / und deroselbigen Knechte / die gute Leute seyn / wol zeugen. Da es aber an anderen Oertern [097] geschehen / mügen sie nicht höher als auff drey Pfundt Brüche Zeugnüsse geben. Ist es aber bey Nachtzeiten geschehen / mügen sie wol von Todtschlag und Verwundungen zeugen / so sie die handthafftige That zeugen. 13.
Welche an eines Mannes Brodt seyn / die können in desselben Sache / sich sich bey Tage zugetragen hat / und andere gute Leute dabey gewesen seyn / nicht zeugen. Wäre es aber bey Nacht geschehen / so werden sie zu Zeugen zugelassen; seyn sie aber zur Zeit / wann sie zu Zeugen fürgestellet werden / nicht mehr in seinem Brodt / so können sie auch zeugen / das jenige was in ihrem wehrendem Dienste geschehen ist. 14.
Ein jeder / dem Zeugen zu führen im Recht zuerkandt werden / oder dieselben / zu Beweisung seiner Klage / abhören lassen wil / ist schüldig / diselben / so sie in dieser Stadt oder dero Jurisdiction seyn / in viertzehen Tagen für zustellen / thut er das nicht / er ist der Zeugnüß verlustig: Es wäre dann / daß er durch Ehehafft und Noth daran wäre behindert; die Ehehafft sol er benennen und beweisen / oder mit seinem Eyde betheuren / und sol alsdann zum nechsten die Zeugen fürstellen. Sein aber [098] die Zeugen ausserhalb unser Bothmäßigkeit / so hat er zu Producirung derselben sechs Wochen: Seyn sie aber in einem frembden Königreiche / so sol er dieselben innerhalb Jahrs und Tages / bey Verlust seiner Gezeugnüß / vorzubringen schüldig seyn. Da aber der Zeugenführer in beyden letzten Fällen längere Zeit bedürffte / sol er dieselbige Gerichtlich bitten / welche ihm alsdann / nach angehörter seines Gegentheils Einrede / und gestalten Sachen / zu- oder aberkandt werden sol. 15.
Gleichmäßige Dilation wird dem jenigen gegönnet / der sich auff einen Warendt oder Bürgen / der für die Eviction gelobet hat / ziehen thut / und da der Beklagter den Warendt in bestimbter Zeit nicht producirt, wird er niederfällig erkandt. 16.
Da ein oder mehr Zeugen frembder Bottmäßigkeit unterworffen / sollen dem Zeugenführer auff sein Anruffen von uns dem Rath / oder den Richte-Herren / Compaß-Brieffe mitgetheilet / und die Beweisungs-Articul / sampt der Zeugen Namen / eingeschlossen / dem Richter / darunter die Zeugen wohnen / überschicket / und nach Verhörung der Zeugen / ihre Aussage wiederumm [099] unter der Obrigkeit Siegel verschlossen / anhero ins Gericht gesandt werden. 17.
Wo aber der Gegentheil Uhrsache fürbrächte / daß die geforderte Gezeugnüß durch den andern gefährlicher Weise begehret würde: so mag das Gericht demselben den Eyd aufflegen / daß er solches allein seiner erheischenden Nothdurfft nach / und zu keinem gefährlichen Verzug der Sachen / gethan / und auff geleisteten Eyd sollen ihm Compaß-Brieffe mitgetheilet werden. 18.
Wann die Zeugen allhie zur Stete erscheinen / oder allhie wohnen / sollen sie / wie imgleichen auch der Gegentheil / durch den geschwornen Gerichts-Diener / auff den / von den Gerichts-verwaltern bestimmten Tag und Mahlstette / citirt und erfordert werden / auch zuerscheinen schüldig seyn. 19.
Wo aber ein oder mehr ungehorsam seyn / und Zeugnüß zugeben / ohne erhebliche Uhrsache / sich verweigern würden: So sollen die Richte-Herren denselben von Gerichtswegen / bey Straffe dreißig Marck [100] Lübisch / solches nochmahlen aufferlegen. Und da sie in ihrem Ungehorsahm verharren würden / die Pöen unverzüglich exequiren, und sie die Zeugen nicht destoweniger durch grössere Pöen, Pfandung oder Straffe / Zeugnüß zu geben angehalten werden. 20.
Wann das Gegentheil zu dem vorhabenden Examine, auff einen gewissen Tag und Stunde citiret ist / und nicht erscheinet / sollen die Gerichtsverwaltere nicht destoweniger die Zeugen im Eyd nehmen / und mit dem Examine verfahren / wie hernacher folget. 21.
Wann die Zeugen erscheinen / sollen sie von Zeugenführern / oder seinem Anwalde / fürgestellet / und auff vorgehende Vermahnung und Verwarnung / wegen Straffe des Meineydts / den Zeugen Eyd in der Form als in nechstem Titul folget / persöhnlich leisten / wofern sie dessen von dem Gegentheil nicht erlassen werden. 22.
Und da die Sache hochwichtig / Leib und Lebens Straff auff sich trägt / oder schwere Injurien, und ansehnliche Erbschafft belangen thut / sollen die [101] Gerichtsverwaltere die gedrückte Vermahnung und explicationem des Eyds / den Zeugen vorlesen / und darauff den Eyd leisten lassen. 23.
Wann für Bürgermeistern / Gerichtsverwaltern / oder deputirten Commissarien, gütliche Handlung gepflogen / und nichts verabscheidet / sondern die Sachen durch vorgedachte Raths-Personen für Gericht gewiesen werden / und die Partheyen hernach die Bürgermeister / Gerichtsverwalter / oder verordnete Commissarien / ihrer vor ihnen beschehener Vorträge und verlauffener Händel halben / für Zeugen benennen und fürstellen wolten: so sollten sie in den Fällen / da sie in der Häuptsachen nichts verglichen oder verabschiedet haben / wegen der Sachen die vor ihnen gehandelt / Kundschafft zu geben nicht schüldig seyn / auch von Gerichtswegen darzu nicht gedrungen werden. 24.
Da sie aber Amptshalben / oder aus Befehl und Verordnung des Raths / die Partheyen vertragen / und solches verzeichnet hätten / wird demselben vollenkommener Glaube beygemessen. Hätten sie es aber in Schrifften nicht verfasset: sollen sie / auff der Partheyen Begehren / der getroffenen Vergleichung und [102] Abscheids halben / ihres Wissens Kundschafft zu geben schüldig seyn / jedoch / daß sie mit neuer Beeyedung nicht beladen / sondern bey ihrem geleisteten Raths Eyde gelassen werden / und was sie also / vermittelst ihres Rathes Eyds / zeugen und aussagen werden / darauff / sol im Gericht erkandt werden. 25.
Wann zweene Raths-Personen zu einer Sachen vom Rath deputirt seyn / und dieselbe gütlich vertragen wird / stürbe darnach einer von denselben / so mag der Lebendige wol allein Kundschafft geben / in massen obgedacht / und solches sol stett gehalten werden.
26.
Nach Bereydung der Zeugen / sollen die Gerichts-Verwaltere die Partheyen abweisen / unn einem jeden Zeugen insonderheit die gemeine Fragstücke (wofern der Zeugenführer keine übergeben hätte) vorhalten / und da der Gegentheil besondere Interrogatoria überreicht hätte / einem jeden Zeugen darauff mit Fleiß befragen / und seine Aussage durch den Protonotarium, im fall die Zeugnüß vor dem Rath erkandt / oder der Gezeugen Aussage / an frembde Gericht sollen verschicket werden. Da aber die Attestationes vor den Unter-Gerichten [103] allhie gebraucht werden sollen / durch den geschworenen Gerichts-Schreiber verzeichnen und auffschreiben lassen. Folgends einem jeden die Beweiß-Articul deutlich / unterschiedlich und verständlich fürlesen / und darauff ordentlich befragen; und wann der Zeuge den Articul wahr sagt / umb Uhrsache seiner Wissenschafft fragen / und dieselben dem Examini fleissig einverleiben lassen: Sagt aber der Zeuge zu dem Articul nein: sol es dabey gelassen / und umb weitere Umbstände nicht gefraget werden. 27.
Wann der Zeuge auff die Fragstücke und Beweiß-Articul abgehöret ist / sol demselben die Aussage von Anfang biß zu End / ehe er weg gelassen wird / fürgelesen / damit aller Mißverstandt / so leichtlich im Schreiben fürfallen möchte / gäntzlich auffgehoben werde / und ihm alsdann ein Stillschweigen aufferlegt werden / niemand das jenige / was er gezeuget / zu offenbahren. 28.
Und dieweil ohne Eydsleistung / der Gezeugen Aussage / zu Rechte nicht gültig seyn / so sollen hinführo der Zeugen Aussage / welche vor den Notarien auffgenommen / in unserm Gericht nicht attendirt, sondern gäntzlich verworffen werden. [104] Der Gezeugen Aussage sollen in geheim bey dem Gerichte bleiben / biß der Beklagte seinen Gegenbeweiß / so er einigen zu führen bedacht / verführet hat / und sol es mit des Beklagten Gegenbeweiß durch aus und in allem gehalten werden / wie zuvor gemeldet.
TITULUS. XXIX.
Von der fürgestelten Zeugen Beeydigung:
Ein jeder Zeuge / sol zu GOtt dem Allmächtigen schweren / daß er in der Sache / darin er zu Zeugen fürgestellet und befraget wird / auff einen jeden Articul / und Fragstück / die reine lautere Wahrheit sagen wolle / so viel ihm kundt und wissend ist / und darinne nichts verhalten oder verschweigen / weder umb jenige Geschenck / Gabe / oder auch Freundschafft oder Feindschafft / Haß / Furcht / Liebe und Leid / noch sonsten einigerley Uhrsachen halben / wie die von [105] Menschen Sinnen erdacht werden möchten / ohne Gefährde. Darauff der Zeuge mit außgestrecktem Arm / und auffgerichten Fingern / nachsprechen sol: Was mir itzo vorgehalten und vorgelesen ist / dem wil ich also nachkommen / so war helff mir GOtt und sein heiliges Wort.
TITULVS. XXX.
Von Beweisung mit schrifftlichen Uhrkunden:
ARTICULUS 1.
Hätte jemand Siegel und Brieffe / Handschrifften / Willkühr / Verträge / oder andere glaubwürdige Uhrkunde / und dieselbe im Gerichte / zu Beweisung seiner Klage oder Exception producirte, so sol der Gegentheil / im Gerichte / oder bey Abhörung der Zeugen / vor den Gerichts-Verwaltern / ohne Außflucht / seine außgegebene Siegel / Brieffe und Handzeichen recognosciren und erkennen / oder da er seine Hand und Siegel verleugnen würde / vermittelst Eyds betheuren / daß es seine Hand und Siegel nicht sey. [106]2.
Würde aber der Kläger oder Beklagte / auff bestimbten Tag / Hand und Siegel nicht recognosciren, sondern ungehorsamlich außbleiben / es wäre dann / daß ihm solches die Noth benehme / so sol das Siegel und Unterschrifft der fürgebrachten Verschreibung / in contumaciam[31] für bekandt / und die Sache für beschlossen angenommen / und mit Gerichtlicher condemnation und execution, oder absolution, wie Recht ist / verfahren werden. 3.
Was für dem Rathe in offener Audientz / an Erb und Eigen / Hauptstuel und Rente verlassen / und in dieser Stadt Erb- oder Rentebuch geschrieben / und in Jahr und Tag nicht angefochten / und davon unter des Secretarii Hand ein Extract im Gericht fürgelegt wird / dagegen kan niemenad einige Einrede thun / es were dann der jenige welcher daran interessirt, ausserhalb Landes gewesen / der wird von der Zeit an / das er solches erfahren / innerhalb Jahrs und Tages billig zugelassen. Die Zeit aber seiner erlangten Wissenschaft / sol er / auff des Gegentheils Begehren / mit seinem Eyde erhalten. [107]4.
Wann die Original-Verschreibung / oder andere von den Parten vollenzogene Verträge / gerichtlich producirt und recognoscirt werden: So sol der Gericht-Schreiber / oder Protonotarius des Obern-Gerichts / die recognition, und was sich dabey zuträgt / ad Acta registriren, und die Originalia gedoppelt Abcopiiren lassen / dieselben collationiren, und mit seiner subscription[32] bezeugen / das sie dem Original gleichlautende / und davon eine apud Acta behalten / die andere dem Gegentheil zustellen / und sol solche subscribirte Copia dem Original gleich gelten. 5.
Würde jemand zu seiner Beweisung ein Vidimus oder Transsumpt[33] unter einer Obrigkeit Insiegel gerichtlich produciren, und der Gegentheil zu solcher Vidimirung nicht erfordert were / und derselbe dawieder excipirte: So stehet zu des Gerichts Erkäntnüß / wofern dem Transsumpt Glauben beyzumessen sey. 6.
Wann Kauffleute / und die jenigen so offene Kramm und Laden halten / auch Brauere / ihre Schuld- und andere Handels-Büchere / zu Beweisung ihrer [108] daselbst eingeschriebenen Schülde und Handlung / Gerechtlich produciren, und dieselben Kauf- und Handelsleute in ihren Gewerben auffrichtig befunden / und eines guten Namens und Leumuths seyn / auch ihre Handelsbücher ordentlich und richtig / ehrbahrer Kauffleute Gebrauch gemäß / gehalten / und darin nicht allein creditum, sondern auch debitum, mit Benennung Jahrs / Monats und Tags / geschrieben / die Uhrsache der Schuld gemeldet / und dieselbe Schuld nicht übermässig / und der Gegentheil solche Bücher durch keine Gegenbeweisung / oder rechtmässige Vermuthung / kan ablehnen: so wird ihnen / in Sachen ihr Gewerb und Handthierung belangend / so viel Glaubens gegeben / daß dem Producenten der Eyd / zu völliger Beweisung / zuerkandt werden mag. 7.
Da aber der Kauff- und Handelsmann / der eines guten Nahmens gewesen / todts verfahren wäre / und seine Handels-Bücher / in massen wie vorgedacht / gehalten hätte / sol denselben Büchern nach seinem Todt vollkommener Glaube gegeben / und darauff erkandt werden. 8.
Missiff- und Send-Brieffe / welche der eine Kauffmann dem andern abwesend zuschreibet und [109] zuschicket / sollen im Gericht / wann sie recognoscirt werden / vollenkommenen Glauben haben / und denselben der sie geschrieben hat / gnugsam überweisen. 9.
Wann Verträge / Brieffe oder andere schrifftliche Uhrkunde bey einem Theil in Verwahrung seyn / und der ander Theil daran interessirt, und ihnen beyden gemein seyn / oder sonst auff ihrer beyder Unkosten gefertigt / so sol der Einhaber dieselben / nach Erkändnüß des Gerichts / zu ediren und heraus zugeben schuldig seyn.
TITULVS. XXXI.
Von Kundschafft oder Verhör der Zeugen zu ewiger Gedächtnüß:
ARTICULUS 1.
Wiewol Zeugen oder Kundschafften zu Recht / vor Befestigung des Kriegs nicht zugelassen noch auffgenomen werden sollen / [110] Jedoch / weil die Rechte etliche Fälle / als da die Zeugen mit sorglicher Leibes-Schwachheit / oder hohem Alter / beladen weren / und sonst ferne Reisen / sonderlich zur See / für hätten / das man ihrer Wiederkunfft sich nicht so bald zu vermuthen / oder auch gefährliche Sterbens-Läuffte / insonderheit die Pest / vorhanden / und dergleichen außnehmen: So sollen und mögen in solchen Fällen / auch Vorbefestigung des Kriegs / die Zeugen ad perpetuam rei memoriam,[34] jedoch auff vorgehende Citation des Gegentheils / wider welchen sie geführet werden sollen / fürgestellet und verhöret / oder an fremmde Gericht derhalben Compaß-Brieffe mitgetheilet werden. 2.
Da aber der Gegentheil / auff bestimmten Tag nicht erscheinen würde / sollen nicht desto weiniger die Zeugen verhöret / und derselbigen Aussage bey dem Gericht / biß sich dieselbe zueröffnen gebühret / in geheim behalten werden. 3.
Wo aber der Kläger innerhalb Jahres Zeit nach auffgenommenem Beweiß / seine Klage gerichtlich nicht fürbringen würde / sol die geführte Zeugnüß erloschen und Unkräfftig seyn / er were dann das der Kläger / wegen Abwesenheit des Beklagten / oder sonsten [111] aus Rechtmässigen Uhrsachen / seine Action anzustellen verhindert würde. 4.
Der Beklagte aber mag sich solcher Zeugnüß in Rechten allezeit zu seiner Nothdurfft gebrauchen.
TITULUS. XXXII.
Von Publication und Eröffnung geführter Beweisung / und Einreden wider die geführte Kundschafft:
ARTICULUS 1.
Nach geführter Beweisung / sol Kläger den Beklagten Citiren lassen / und die Eröffnung der geführten Beweisung mündlich bitten / und so fern die Gegenbeweisung vollnführet / sol so wol des Klägers als Beklagten Zeugnüß eröffnet / und auff des einen oder andern Theils [112] Begehren / offenes Gerichts alsbald verlesen / oder auch ihnen Copey mitgetheilet werden. 2.
Würde aber der Gegentheil mit Einbringung seiner Zeungnüß säumig befunden / oder hätte in gebührender Zeit seine Zeugen nicht abhören lassen / auch keine Ehehaffte Entschüldigung angezeigt / sol des gehorsamen Theils Zeugnüß in contumaciam[35] eröffnet / und des ungehorsamen Theils Zeugnüß hinführo nicht zugelassen werden. 3.
Es stehet aber zu des Klägers Gefallen / ob er nach beschehener Verlesung der allerseits geführten Beweisung / alsbald handelen / oder Dilation biß zum nechsten bitten wil. 4.
Gleichergestalt mag der Beklagte / auff den Fall da der Kläger alsbald handeln würde / in continenti[36] antworten / oder Dilation biß ad proximam bitten / und alsdann ist er schüldig / seine Exceptiones wider der Zeugen Person und Aussage / so er einige zu haben vermeinet / Gerichtlich vorzubringen; Darauff der Kläger [113] repliciren und Antworten / und zum Urtheil schliessen / der Beklagter gleicher gestalt dupliciren und zum Urtheil submittiren sol. 5.
Wo das Part / wider welches die Zeugen geführt / sich nicht protestando für Verhörung vorbehält / contra personas testium zu excipiren, sol es nach Eröffnung damit nicht zugelassen werden. 6.
Da auch der jenige / gegen welchen die Beweisung geführt / auff außgegangene Citation im Gericht nicht erscheinen würde: So sol nicht desto weiniger auff die verlesene Zeugnüß erkandt werden was Recht ist. 7.
Nach Eröffnung der Beweisung sollen die Partheyen zu einiger fernern Zeugnüß auff dieselben Articul / oder die denselben gestracks wiederwärtig / nicht zugelassen werden. Wo sie aber neue Articul / oder aber den vorigen nicht gestracks entgegegen / hätten / mügen die vorigen Zeugen auffs neue / da es die Nothdurfft erfordert / auff vorgehende Erkäntnüß des Rechten / verhöret werden. [114] TITULUS XXXIII.
Von Beweisung durch Augenschein:
ARTICULUS.
Wann die Irrung also geschaffen / das dieselbige ohne den Augenschein nicht wol könte eingenommen oder erörtert werden: So sollen zwo / oder nach Gelegenheit der Sachen / mehr Raths-Personen des Kirchspiels / in dem das streitige Gebäute oder Ort belegen / die Irrung / neben geschwornen Zimmer- und Mauerleuten in Augenschein nehmen / und auff ihren Eydt / wie sie die Sache befunden / im Gerichte relation thun / darauff als dann erkandt werden sol / was Recht ist. [115]TITULVS XXXIIII.
Von Beweisung durch der Partheyen Eydt:
ARTICULUS 1.
Wann der Kläger zu Anfange seiner Klage vor der Kriegsbefestigung / sich keines Beweises berühmet / sondern dem Beklagten das jenige darümb er ihn beschüldiget / in sein Gewissen schiebet: So ist der Beklagter den Eydt zum nechsten Gerichts-Tage zu leisten schüldig / thut er das nicht in bestimmter Zeit / so ist er der Klage überwunden / und sol gegen ihm mit der Execution verfahren werden / es were dann / daß er durch Ehehaffte Noth in bestimbter Zeit zu erscheinen verhindert were / die Ehehafft sol er benennen / und dieselbe mit dem Eyde betheuren / und sol nichts desto weiniger den nechsten Rechtstag den deferirten Eydt leisten. [116] 2.
Wann der Kläger dem Beklagten die Sache in das Gewissen gestellet / und derselbe den Eydt noch nicht geschworen hat / mag der Kläger sich der Beweisung / welche er nach dem deferirten[37] Eydt erlangt und gefunden / gebrauchen. 3.
Es mag aber der Beklagter den deferirten Eydt / dem Kläger wieder anheim schieben / und muß alsdann der Kläger schweren / und seine Klage mit seinem Eyde beweisen und bestercken. Würde aber der Kläger sich dessen verweigeren / und zum nechsten Rechtstage den Eydt nicht leisten: So wird der Beklagte / mit Erstattung der Gerichtskosten / von angestalter Klage loß getheilt / und mag in diesem fall der Kläger / zu Vertrettung seines Gewissens / oder zu Ergründung seiner Klage / keine Beweisung führen / sondern ist den deferirten Eyd zu leisten schüldig. 4.
Da auch der Beklagte sein Gewissen mit Beweisung vertreten wolte / und könte / ist er den Eyd zu leisten nicht schüldig / sondern mag sich der Beweisung gebrauchen / und da er keine gnugsame Beweisung [117] führen könte / mag er gleichwol den deferirten Eyde nochmahls schweren. 5.
Hätte aber der Beklagte keine Beweisung / und wolte auch den deferirten Eyd dem Kläger nicht wieder anheim schieben: So mag er von dem Kläger den Eyd für Gefährde forderen / das er ihn auff sein Gewissen in der Klage gefährlich nicht beschüldiget habe / solchen Eyd ist der Kläger / ehe und zuvor der Beklagte den zugeschobenen Eyd thut / auff vorgehende Citation zu leisten schüldig. Würde er aber Ungehorsamlich nicht erscheinen / oder thäte sich des Eyds vor Gefährde weigeren: So sol der deferirte Eyd für geschworen geachtet / und der Beklagte von der Klage entbunden werden. 6.
Würde der Beklagte in bestimmter Zeit nicht schweren / oder sein Gewissen mit Beweisung vertreten / oder auch den Eydt nicht wieder anheim schieben: So wird er billig der Sachen verlustig ertheilet. 7.
Were auch der Beklagte den Eyd zu bestimbtem Rechtstage zu leisten erböthig / und sein [118] Gegentheil auf vorgehende Citation, nicht erscheinete: So mag er er gleichwol seinen vorgestalten Eyd leisten / und damit ledig sein. 8.
Hat auch der Kläger den Beklagten des deferirten Eyds erlassen / und er das bezeugen können / so ist er ledig / gleich als wann er den Eyd wircklich hätte praestiret. 9.
Wann ein unberüchtigter Mann einer Mißhandlung halben / die in dieser Stadt oder deroselben Gebiete geschehen / beschüldiget wird / und derselbige mit handhafftiger That nicht ist betreten / oder der Bezüchtigung / wie Recht / nicht überzeuget werden kan / der ist näher sein Ehre und Unschuld mit seinem Eyde zuverbitten / als jemand ihm dieselbe abzuwinnen hat / Aber leichtfertigen berüchtigten Personen / oder Verfesteten / oder die ihrer Unthat halben angezeichnet seyn / sol es zum Eyde nicht gelassen werden. 10.
Ein jeder dem der Eyd deferiret und aufferlegt wird / ist schüldig / den Eyd in der Person zuleisten / und da eine Frau vor Gericht oder Rath beklaget [119] wird / und ihr der Eyd zugeschoben oder zu erkant wird / denselben sol die Frau selber thun / und nicht ihr Mann oder Vormund. 11.
Beklaget jemand seines verstorbenen Schüldeners Erben und Schuld / und sich keines Beweises berühmet / so sol er zuvor auff des Beklagten Begehren / den Eyd vor Gefährde leisten / und alsdann seyn die Erben zu schweren schüldig / daß sie gäntzlich gläuben / der Verstorbene sey dem Kläger nichts schüldig gewest / und daß ihnen davon nichts wissentlich sey. Wollen sie aber schweren / daß der Verstorbene Klägern mit der geklagten Schuld nicht sey verhafftet blieben / das mügen sie wol thun / so fern sie dessen Wissenschafft haben / und Uhrsache derselben anzeigen können. Wolten Sie aber nicht schweren / sondern dem Kläger den Eyd referiren, so ist derselbe die Schuld mit seinem Eyde zuerhalten pflichtig / oder da er sich dessen weigerte / sollen die Erben von der Klage entbunden werden. Verweigerten sich aber die Erben zu schweren / und auch den Eyd dem Kläger heim zu schieben / so sol das Gerichte / Klägern den Eyd deferiren, und nach geleistem Eyde / die Beklagte fällig ertheilen. [120] 12.
Würden die Kinder / wegen ihrer Eltern Schülde / beklaget / und der Kläger sich mit dem Beweißthum / das die Kinder ihre Eltern geerbet / nicht beladen / sondern die Sache auff der Beklagten Gewissen und Eyd stellen wolte / und aber sie nicht beweisen könten / das sie sich der Erbschafft verzeihet / oder dieselbe cum beneficio Inventarii addiirt: So seyn sie schüldig / mit ihrem leiblichen Eyde zu betheuren / das sie sich ihrer Eltern Erbschafft nicht angemasset. 13.
Wann der jenige / dem der Eyd deferiret, oder durch Urtheil zu schweren aufferlegt / den terminum bey seinem Leben und Wolmacht nicht verfliessen lassen / sondern sich darzu anerbothen / aber bey wehrender Rechtfertigung verstorben were: So sol dasselbe sein Anerbieten dafür gehalten werden / als hätte er den Eyd wircklich erstattet / und dürffen die Erben nicht schweren. 14.
Knechte und Mägde / welche beweisen können / das sie gedienet haben / können von ihrem Wirthe oder Wirthinnen / oder nach deroselben Todt / ihr Lohn bey ihren Eyden erhalten. Gleicher gestalt mag der Eigenthümer / [121] oder der ein Hauß / Garten / oder ander Gut verheuret hat / wo der Häurling die Haure ihm verleugnet / eines Jahres Haure / welche der Häurling ihm zu geben versprochen / mit seinem Eyde erlangen / es were dann das der Häurling beweisen könte / das er die Haure bezahlet hätte. 15.
Beschüldiget ein unberüchtigter Wirth seinen Gast / ümb Kost und Bier / kan der Wirth bezeugen / das er an seiner Kost gewesen / so mag der Wirth schweren / wie viel der Gast ihm vor Kost und Bier schüldig sey / und das sol er ihm bezahlen / doch mag er nicht mehr als eines Jahres Kost bey seinem Eyde erhalten / und diese Forderung sol der Wirth innerhalb zween Jahren / nach der Zeit das der Gast von ihm gescheiden ist / anstellen / so fern sie beyde hie zur Stette seyn / thut er das nicht / so ist der Gast von der Klage ledig / es were dann das es mit Liebe und Freundschafft were bestehen blieben / und solches mit besessenen Leuten könte bezeuget werden / oder der Wirth mit seinem Eyde erhalten würde. 16.
Hätte der Kläger durch einen glaubhafften Zeugen / oder sonst bey nahe semiplenè den Grund seiner Klage erwiesen / mag er sich zum Eyde zu vollnkommener [122] Beweisung / erbiethen / und da gleich solch Erbiethen nicht geschicht / sol doch zu Rechtlichem ermessen stehen / nach fleissiger Betrachtung aller Umbstände der Personen und des Handels / dem Kläger oder dem Beklagten / vermüge gemeiner Rechten / solchen Eyd auffzulegen. 17.
Beschüldiget jemand den andern ümb Schaden / und der Beklagte dessen geständig: So ist er denselben zu besseren schüldig / verleugnet er aber / und der Kläger beweiset / das er den Schaden gelitten / so mag er den erlittenen Schaden schätzen / und der Richter sol denselben mässigen. Wann aber der Richter die taxation[38] gemässiget / ist der Kläger mit seinem Eyde zu erhalten schüldig / dz sein angegebener Schade nicht weiniger gewest sey. 18.
Wann der Kläger oder Beklagter den deferirten oder wieder heimgeschobenen Eydt geschworen / so sol darauff alsbald / was Recht ist erkandt werden. [123]
Wann in einer Sachen Kläger und Beklagter zu bey- oder End-Urtheilen geschlossen / sollen die Partheyen / und die denselbigen Verwandt / abtreten / und Bürgere und Dingleute / auff angehörte Klag / Antwort / und geführte Beweisung / erkennen / was billig und recht ist / und in dem dieses Stadt Recht und Recesse in guter Auffacht haben. Was alsdann gefunden und eingebracht wird / sol der Gericht-Schreiber getreulich und fleissig protocolliren, und zur verhütung aller Mißverständnüß / den Bürger und Dingleuten / wie er die Findung eingenommen und verstanden / vorbehalten und anzeigen. [124]TITULVS. XXXVI.
Von Expensen und Gerichtskosten:
ARTICULUS 1.
Nach dem die tägliche Erfahrenheit / leider / bezeuget / das viel hadersüchtige Leute aus lauterm Frevel und Muthwillen / unbefugte Rechtfertigung erheben / auch nicht weiniger befunden werden / die viel lieber mit Recht wollen besprochen werden / als gutwillig leisten / was sie von Rechtswegen zu thun schüldig seyn / und solches dahero verursacht worden / das die freventliche muthwillige Litigantes und Pleiters / in die Gerichtskosten nicht sein condemnirt, viel weiniger gegen dieselben mit Straffe verfahren: So sol hinfüro das Gericht / bey Einbringung der Findung / und Verfassung der Urtheile / vermöge beschriebener Rechte / nicht allein der Expensen, Schaden / Früchte / Abnützungen / auch Zinsen und Rente / wo fern sie gebeten / außdrücklich gedencken / dieselb ab- oder oder zusprechen / [125] und stilschweigend nicht übergehen / sondern Wir wollen auch / da die Sache an Uns gelangen solte / den verlustigen Theil / nach befindung desselben Muthwilligkeit / in eine benante Straffe dem Fisco zuerlegen / condemniren. 2.
Die Condemnatio und Ertheilung in die Expens, sol allezeit geschehen / wo fern nicht klärlich zu spüren / das der verlustige Theil zu litigiren erhebliche gute Uhrsachen gehabt / auff welchen fall dieselben compensirt und auffgehoben werden. 3.
Und sollen hinfüro die Procuratorn / zu Anfang der angestelten Rechtfertigung / nicht allein von den Gerichtskosten protestiren, sondern dieselben / wie sich vermüge der Rechte gebühret / ihren Principalen zu adjudiciren bitten / oder hernacher damit nicht gehöret werden. 4.
Wann von der Findung nicht appelirt wird / oder gestalten Sachen nach nicht appellirt werden mag / sol der gewinnende Theil eine glaubliche unterschiedliche Verzeichnuß der auffgewandten Gerichtskosten [126] / im Gerichte gedoppelt übergeben / dawider mag der verlierende Theil seine Exceptiones einwenden / und sol das Gericht nicht allein Macht haben / solche Expensen zu moderiren, sondern auch / nach geschehener taxation und Mässigung / und darauff erfolgter Eyde (das der obsigender Theil in der Sachen / die taxirte Gerichtskosten darob / und nicht darunter / außgegeben und erlitten habe) dem gewinnenden Theil / so wol zu dem / was durch das Urtheil in der Häutpsache erkandt / als auch zu den moderirten Expensen, Schäden und Renten / vermittelst der Execution, verhelffen.
TITULUS. XXXVII.
Von der Appellation an den Rath / und in welchen Fällen die nicht gestattet wird:
ARTICULUS 1.
Wer von gesprochener Urthel des Unter-Gerichts an den Rath Appelliren wil / der sol solches / nach alter Gewohnheit / mit Darlegung sechs [127] Schilling Lübisch / auff stehendem Fusse / und alsbald thun / oder innerhalb zehen Tagen / bey dem Worthaltenden Bürgermeister suchen / thut er das nicht / so sol mit der Execution verfahren werden. 2.
Es mag aber in nachgesetzten Fällen / an das Ober-Gericht nicht appelliret werden: Ersttlich / wann die erhobene Klage sich über dreissig Marck Lübisch nicht erstreckt. Zum andern / wann die Sache Verfolgung der Erbe / wegen auffgeschlagener Rente / und seines selbst Eigenthums / betrifft / jedoch / da in diesen letzten Fällen / ein ander / seines kundbahren Interesse halben / sich beschwert befünde / mag ihm die Appellation nicht verweigert werden. Zum dritten / wann die für den Worthaltenden Bürgermeistern und Gerichts-Verwaltern / von den Beklagten beschehene Wilkühr / im Niedern-Gerichte affterfolgt und belegt werden / sondern sol dem verlustigen Theil / denen in vorgedachten Fällen ergangenen Urtheln in viertzehen Tagen zu pariren, und Folge zu leisten aufferlegt / und Gedagdingt werden / und da hierin einige säumnüß befunden / und der gewinnender Theil sich darüber beklagen würde / sol gegen den verlustigen Theil mit der Execution unnachlässig verfahren werden. [128]3.
In allen andern Sachen / da die Appellation zugelassen / sol der Appellant oder sein Anwald / den Worthaltenden Bürgermeister ümb citation wider den Appellaten, ersuchen / und die interponirte Appellation den andern Urtheils-Tag / nach gesprochener Findung / für dem Obern-Gericht / so fern der Rath Audientz halten wird / fürbringen / oder da daran säumig seyn würde / seiner Appellation fällig seyn / es were dann / das er daran durch Ehehafft verhindert würde / welche er mit seinem Eyde erhalten sol / oder das der Rath alle Appellationes nicht hören könte / auff welchen fall sol der Appellant, oder sein Anwald / von seinem Fleiß protestiren, und die protestation durch den Gerichts-Protonotarium, und Secretarium verzeichnen lassen / und die protestation, so offt er nicht gehöret werden kan / wiederholen. 4.
Die Procuratores und Anwalde sollen die Jüngsten Appellationes den Eltesten nicht vorziehen / sondern sich hierinne der Rollen / auff gestalt und weise / als hie oben sub Titulo. Von Procuratorn, etc. Articulo Octavo verordnet / durchaus gemäß verhalten. [129]5.
Wir stellen auch den Appellanten und Appellaten frey / ob sie mit gerichtlicher producirung und Verlesung dero im Niedern-Gericht ergangener Findung / und geübten Acten, ohne einig neu Einbringen / zum Urtheil schliessen / und Unsere gerichtliche Erkäntnüß darüber erwarten / oder aber sich des beneficii Appellationis, non deducta deducam, etc. gebrauchen wollen. 6.
Da dann der ein oder ander Theil für Uns die Sache von neuen fürbringen / und deroselben Nothdurfft ferner ausführen wolte / sol solches von den Appellanten, wann er seine Appellation fürbringen wird / Mündlich / oder durch eine Supplication geschehen / und der Gegentheil entweder alsbald / oder zum nechsten / darauff zu Antworten schüldig seyn. Und auff den fall / wann der Sachen Nothdurfft in eine Supplication verfasset: Sol der Procurator oder Anwald / bey Peen zwo Marck Lübisch / des mündlichen Fürbringens sich enthalten / und nach Verlesung dersoselben / zuerkennen bitten / wie darin gebeten. 7.
Bedürfft aber der Appellant oder Appellat noch ferner Beweisung / sol ihm dieselbe durch Zeugen [130] über die vorige oder andere Articul zuführen zugelassen seyn / und damit verfahren werden / wie hieroben sub Titulo 28. von Beweisung mit lebendigen Kundschafften gesetzt / und fürder die termini, wie in erster Instantz geordnet / gehalten / und darauff geurtheilt werden.
TITULVS. XXXVIII.
Vom Obern-Gericht / und Sachen / die daselbst in erster Instantz anhängig gemacht werden:
ARTICULUS 1.
In allen Sachen die nicht peinlich seyn / oder die sonst ihrer Art und Eigenschafft nach / in erster Instantz an das Nieder-Gericht nicht gehören / als dieselben in dieser Gerichts-Ordnung sub Titulo 12. Was Sachen vor das Nieder-Gericht in erster Instantz gehören / etc. specificirt seyn / ist ein jeder / er sey Bürger / Einwohner oder Frembder / in Fällen da er allhie Dingpflichtig / vor dem Rath dem Klägern in Recht zu antworten schüldig.
2.
Wann der Kläger seine Klage Mündlich fürbringet / und der Beklagter gleicher gestalt seine Exception und Verantwortung Mündlich einwendet: Sol es damit auch ferner mit Vollmachten / Wiederklagen / Vorstande / Beweisungen / und allen andern Puncten durchaus gehalten werden / wie vorgehende Gerichts-Ordnung ausweiset / in massen dann die Procuratorn und Anwalde / dersoselben auch in dem Obern-Gericht nachleben sollen. Alsdann in der Sachen zum Urtheil geschlossen / wollen Wir / allem beschehenem Vorbringen nach / erkennen was Recht ist. 3.
Würde sich jenig Theil / Kläger oder Beklagter / des mündlichen schleunigen Processes beschweren / und einen schrifftlichen Proces bitten und begehren: So wollen Wir denselben erkennen und zulassen / und sol darin procedirt und verfahren werden / wie im nechstfolgenden 39 Titul verordnet ist. 4.
Es sol aber in nachfolgenden Fällen kein schrifftlicher Proces verstattet werden: Erstlich in[39] allen Sachen / da die anfängliche Klage / Hauptsache [132] und Handlung sich nicht über sechshundert Goldgülden erstrecket / zum andern / in allen Schuldforderungen / ungeachtet wie hoch die Klage angestellet wird / wann dieselben mit unlaugbahren / unverfälschten Brieffen und Siegeln / Handschrifften / Verträgen / Heuraths-Verschreibungen / Wilkühren / Wechselbrieffen / und von den Beklagten Unterschriebenen Contracten, welche keine Unehrliche Zusage in sich halten / können beweiset werden / zum dritten / in Bausachen / dann in diesen sol summariè und mündlich procedirt, oder der Sachen Nothdurfft in eine Supplication verfast / Ubergeben werden / und wollen Wir nach angehörter Klage / Antwort / und geführter Beweisung / erkennen was Recht ist / damit sich niemand wegen Verzugs / und weitläufftigen Processes mit Fuge zu beklagen haben müge. 5.
Wann das Urtheil durch den Secretarium in Gerichte abgelesen ist / sol beyden Theilen auff ihre Anforderung davon Abschrifft / vor die Gebühr mitgetheilet werden. [133]TITULVS. XXXIX.
Von Processen in Schrifften:
ARTICULUS 1.
Dieweil bißhero gespüret / das unter dem Behelff des schrifftlichen Processes / allerhand Gefährlichkeit von den Partheyen / insonderheit dem Beklagten Theil / gesucht worden / so sol es hinfüro / vermöge gemeiner Käyserlichen Rechte gehalten werden / also / das Anfänglich der Kläger seyn schriftlich Klag-Libel gedoppelt eines Lauts Gerichtlich einbringe / und das Gegentheil / auff vorhergehende Erlaubnüß des Worthaltenden Bürgermeisters / darzu Citiren lasse / davon sol das eine Libel dem Beklagten zugestellt / und ihm / nach wichtigkeit der Sachen / ein oder zwo Monats-Frist / durch ein gerichtlich Interlocut gegeben werden / seine Einrede und Exceptiones dagegen gedoppelt schrifftlich vorzubringen / und sollen in sodaner Schrifft / alle Dilatorien und Declinatorien, so er Rechtswegen [134] wegen einige zu haben vermeynete / auff einmahl vorgebracht / und auff den eventum, da solche Exceptiones Unerheblich erkandt werden solten / allezeit der Kriegs Rechtens bestettigt werden. Solcher gedoppelter Exception-Schrifft / sol die eine dem Kläger wiederümb werden behändigt / dawider in angesetzter Zeit zu repliciren, und sol er in sodaner Replic zum Urtheil beschliessen. Gleicher gestalt sol auch der Beklagte auff die Replica, die ihm / wie oben von den Producten vermeldet / zu zustellen ist / in benandter Frist keine Duplicam einlegen / und damit Urtheil beschliessen. Und sollen über diese Zahl keine weitere producta, ohne vorgehende Gerichtliche Erkäntnüß / angenommen werden. Würde es sich auch begeben / das jenig Theil seine Schrifft in angesetzter Zeit nicht würde einbringen / darauff mag das gehorsame Part desselbigen Ungehorsam beschüldigen / und sol damit gehalten werden / wie in der Gerichts-Ordnung sub Titulis 15. & 16. Von Ungehorsam des Klägers und Beklagten / etc. verordnet / es were dann / das derselbe / welcher des Ungehorsams beschüldiget / dilation erlangt / welche ihm der Rath / aus erheblichen billichen Uhrsachen zuertheilen wil vorbehalten haben / jedoch das sodane dilation aus billichen Bewegnüssen offenbahr vor dem Rathe / in Gegenwärtigkeit seines Gegentheils / welchem seine Einrede wider die gesuchte dilation vorzuwenden sollen unbenommen seyn / gebeten und erlangt werde. Und da vielleicht / wegen ohnvermuthlicher Verhinderung [135] / solche dilationes in den Ferien extrajudicialiter, oder bey den Worthaltenden Bürgermeistern / gebeten werden müsten / sol nicht desto weiniger alsdann auff nechstfolgenden Gerichts-Tag / solch Suchen Gerichtlich wiederholt werden / und nach angehörter des Gegentheils Einrede / so er einige fürzuwenden / darauff ergehen was Recht ist. Da dann nach beschlossener Sache / die vorgewandte dilatorien oder declinatorien Erheblich befunden / und Beweises nöthig sein würde / den sol das Part / dem der Rath den Beweiß aufferlegt / vor des Raths darzu verordneten Commissarien führen / also / das der Zeugenführer erstlich übergebe seine Beweiß-Articul / sampt den Namen der Zeugen / und dann die verordneten Commissarien beyden Theilen einen Tag benennen / darzu die Zeugen laden / und in Gegenwärtigkeit beyder Parten schweren lassen / so des Zeugenführers Gegentheil Fragstücke übergeben wolte / dieselben annehmen / und ferner darauff mit dem Examine und Verhörung der Zeugen verfahren und handelen / als in der Gerichts-Ordnung sub Titulo 28. Von Beweisung mit lebendigen Kundschafften / etc. bestimmet. Sodane Zeugnüß / wann sie von den Commissarien unter ihren Insiegeln überantwortet / sol in acht Tagen nechstfolgende (wofern keine Ferien einfallen) eröffnet / und den Partheyen davon beyderseits Copeyen zugestellet werden / und sol des Zeugenführers Gegentheil alle seine [136] Exceptiones dagegen in benandter Zeit / in gedoppelter Schrifft Gerichtlich einbringen / und zum Urtheil beschliessen / davon die eine Schrifft dem Zeugenführer zugestellet werden sol / der in angesetzter Frist seine geführte Zeugnüß / so viel er des zu Rechte befugt / justificiren, und damit gleichergestalt zum Urtheil replicando beschliessen sol. Wann aber die eingekommene dilatorien und declinatorien Unerheblich erkandt werden / sollen beyde Theil innerhalb acht Tagen vor den Rath kommen / und daselbst den Eyd vor Gefährde / Juramentum Calumniae genandt / leisten / würde sich desselben jenig Theil weigeren / so es der Kläger ist: Sol der Beklagte von angestalter Klage loß gezehlet werden / were es aber der Beklagte: So wird er der Klage überwunnen und überweiset billig gehalten / und darauff condemnirt, wie in der Klage gebeten. Nach geleistem Eyde vor Gefährde / sol der Kläger seine Positional Articul innerhalb angesetzter Zeit / Gerichtlich in gedoppelter Schrifft übergeben / deren eine der Beklagte zu empfangen / und darauff in praesigirter Zeit seine Responsiones, vermittelst gethanen Eyds / durch das Wort / Glaub war oder nicht war / und dann zugleich seine Defensionales gedoppelt einzubringen schüldig seyn / davon dem Kläger eine Schrifft verreichet und aufferlegt werden sol / in benandter Zeit darauff gleichermassen / mittelst des geschwornen Eyds vor Gefährde / durch das Wort / Glaub war oder nicht war / zu antworten. [137] Welche Articul der Beklagter in seinen Responsionibus verneinet / die ist der Kläger schüldig zubeweisen / in Zeit als in der Gerichts-Ordnung / sub Titulo 28. Von Beweisung mit lebendigen Kundschafften / Articulo 14. bestimmet / gleicher massen / was der Kläger in des Beklagten Defensional-Articuln verneinet / das ist der Beklagter schüldig in derselben Frist zubeweisen / und ausfündig zu machen / und sol in Volführung sothanes Beweises procediret werden / wie zuvor von Beweisung der dilatorien und declinatorien verordnet / und in der Gerichts-Ordnung weiter versehen. Und wann die Zeugnüß / als vorberührt / geführet / sollen die Commissarien / vor denen es geschehen / dieselbe unter ihrem Siegel dem Rathe überantworten / und es wil der Rath dieselben in acht Tagen (wo fern keine Ferien einfallen) eröffnen / und beyden Parten Abschrifft davon folgen lassen. Hätte dann der Beklagter gegen des Klägers Zeugnüß zu excipiren, oder auch der Kläger gegen des Beklagten Gegenbeweiß / im fall einiger geführt were / excipiendo vorzuwenden / das sol in praefigirter Zeit Gerichtlich beyderseits in gedoppelter Schrifft übergeben werden / wie dann auch der Kläger wider des Beklagten Exceptiones, und der Beklagte wider des Klägers Exceptiones, so gegen seinen des Beklagten Gegenbeweiß eingebracht / beyderseits Zeugnüß und Beweiß zu salviren, ihre Replicken innerhalb angesetzter Zeit Gerichtlich einbringen / und damit [138] zum Urtheil beschliessen sollen / und keinem Theil verstattet werden / über angerührte zwo Producten /ohne Gerichtliche Erkäntnüß etwas mehr einzubringen. Da auch die Partheyen mit sothanen Producten zum Urtheil nicht beschliessen würden / wil doch ein Rath die Sache für beschlossen halten / und darauff mit Rechtlicher Erkäntnüß verfahren. Da aber etwas neues in der Sache / vor oder nach beschehenem Beschluß / vorfallen / und solches der eine Theil mit seinem Eyde betheuren möchte / sol ihm solches in Schrifften fürzubringen / und in fall da beschlossen / rescissionem conclusionis zubitten ohn benommen / sonder vorbehalten seyn / auch darauff erkandt werden was Recht ist. Wann nun in der Sachen / wie ob erzehlt / beyderseits beschlossen / wil ein Rath in vier / oder da die Acten Weitläufftig in sechs Wochen / nach dem in der Sachen beschlossen / alle eingekommene Acten durch zween darzu deputirte Commissarien in Gegenwärtigkeit der Partheyen / durch den Protonotarium revidiren, rotuliren, und auff eine Unpartheysche Juristen Facultät ümb Rechts Belehrung / auff der Partheyen gleichmässigen Kosten / verschicken / und so bald die Acten neben der Urtheil / wieder anhero werden gebracht (es were dann in Zeit der Rechtschliessung) das Urtheil publiciren; damit sich niemand unbilligen Verzugs zubeklagen haben müge. [139]TITULVS XL.
In welchen Fällen / an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht[40] nicht appellirt werden mag:
ARTICULUS 1.
Welche Parthey durch gesprochene Urtheil sich beschweret zu seyn vermeynet / die mag / so fern die Appellation dem Käyserlichen Privilegio de non Appellando[41], nicht zu wieder ist / nach abgelesenem Urtheil / mit lebendiger Stimm / im Fußstapffen / für sitzendem Gericht / oder innerhalb zehen Tagen den nähesten nach eröffnetem Urtheil / in Schrifften appelliren. 2.
Es sol aber von keinem Bey- oder End-Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, so an Unserm Obern-Gericht ausgesprochen / in Sachen bekandtliche Schülden / die mit unlaugbahren / unverfälscheten Brieffen [140] und Siegeln / Obligationen, Handschrifften / Wilkühren / Verträgen / Heuraths-Verschreibungen / Wechselbrieffen / und andern glaubwürdigen Contracten können beweiset werden / ungeachtet / wie hoch die Klage und Förderung angestellet ist / Injurien oder Scheltwort / und die Gebäude in der Stadt belangend / und sonst gemeinlich in allen Sachen / da die anfängliche Klage oder Häuptsache sechshundert Gülden Reinisch in Gold nicht übertrifft / an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht nicht Appellirt werden / und da jemand freventlicher / muthwilliger Weise dagegen appelliren und handelen würde / sol das Urtheil nicht desto minder exequirt, und gegen den vermeynten Appellanten auff die Peen der sechzig Marck Löthigs Golds / dem Käyserlichen Privilegio einverleibt / procedirt werden. Und damit sich männiglich von Ein- und Außländischen / der Unwissenheit nicht zu entschüldigen: So haben Wir dasselbe allhie kürtzlich wiederholen / auch zu mehrer Wissenschafft und Nachrichtung / obgedachtes Käyserliches Privilegium de non Appellando, imgleichen formulam Juramenti calumniae und cautionis, zu Ende dieses Stadt-Rechtens drucken lassen wollen. 3.
In andern Fällen / da die Appellation / vermüge gemeiner Rechte / zugelassen / sol ein jeder / der an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht zu [141] appelliren, zu suppliciren oder zu reduciren sich unterfangen wird / in zehen Tagen nach abgesprochenem Urtheil / Uns dem Rath einen Hambürger Gülden / neben der Appellation, darzulegen / das Juramentum Calumniae in eigener Person / so fern er Unser Jurisdiction unterworffen / oder allhie sich auffenthält / zu leisten / und caution, vermüge des Käyserlichen Privilegii, zu praestiren schüldig seyn. 4.
Wofern aber der Appellant den Eyd und die Caution nicht leistete / oder leisten wolte: So sol seine angemaste Appellation nicht angenommen / sondern nach Inhalt vorangezogenen Käyserlichen Privilegii Krafftloß seyn / und die außgesprochene Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, vorgenommener Appellation unvorhindert / wie sich gebühret / vollnstrecket und Exequiret werden. [142]TITULVS. XLI.
Von Execution und Vollnziehung der ausgesprochenen Urtheil:
ARTICULUS 1.
Dieweil ein jedes Urtheil / so das nicht gebührlich exequirt und vollnstrecket wird / weinig Frucht bringet / und die Executio das fürnehmste Stück der Justicien ist: So wollen Wir hinfüro in Schuldsachen / die sich nicht über ein tausend Reichsthaler an Häuptstuel erstrecken / entweder in dem Urtheil / oder auff Anruffung des gewinnenden Theils / der verlustigen Parthey auferlegen und Tagdingen / innerhalb viertzehen Tagen: In Sachen aber ein tausend Reichsthaler übertreffent / und wie hoch dieselbe sich belauffen / in vier Wochen dem gesprochenen Urtheil / in aller massen wie dasselbe mit sich bringet / zu pariren und folge zu leisten. [143]2.
Da dann von solchem Urtheil / wie sich gebührt / nicht appellirt wird / oder auch / vermöge des obangezogenen Käyserlichen Privilegii de non appellando, nicht appellirt werden mag: So sol das außgesprochene Urtheil / nach verfliessung des angesetzten termini, als hernach folgt exequirt und vollnzogen werden. 3.
Und ob wol hiebevor zweiffelhafftig gewesen / ob die Tagdingung / das ist / die in dem Urtheil zu der parition angesetzte Zeit / vor der wircklichen Execution, im Niedern-Gericht zu dreyen Gerichts-Tagen sol affterfolget und belegt werden: Dieweil Wir aber spüren / das solches kein Nutz hat / sondern vielmehr zu gefährlichem Verzug der Execution gereicht / bevorab wann die Rechtschliessung einfallen: So sol hinfüro solche affterfolgung der Tagdingung in den gesprochenen Urtheiln / abgeschaffet seyn (sonsten aber in den Wilkühren / verfolgung der Erbe / und der Arresten / gehalten werden) und nach verfliessung dero in dem Urtheil angesetzter / oder auff Anruffung der Parthey benandter Zeit / mit der Execution und Vollnziehung der Urtheil / inmassen wie folget / verfahren werden. [144]4.
Wann der Kläger auff ein Hauß / Garten / Acker / oder andere liegende Gründe / die noch verhanden / geklagt / und das Eigenthum mit Urtheil erhalten hat / in solchem fall kan der verlustige Theil sich mit Gelde / Bürgen oder Pfanden nicht entsetzen / sondern ist schüldig / nach verlauff dero in dem Urtheil benandter Zeit / dieselben abzutreten / oder Wir wollen den Kläger in das geklagte Gut durch den Voigt immittiren lassen. 5.
Ist aber auff Schuldtstandt geklagt / und in dem Urtheil angesetzte Zeit verflossen / sol aus Unserm / oder der Gerichts-Verwaltere Befehl / der Voigt den verlustigen Theil ermahnen / das er mit Erlegung der erkandten Geld-Summen / dem Urtheil ein Gnügen thue / dann da derselbe säumig seyn würde / und kein baar Geld verhanden / sol die Hülffe und Execution in den beweglichen Gütern des verlustigen Theils geschehen / und hierin fürnemlich in Acht genommen werden / welches Gut zum füglichsten kan verkaufft / und der Kläger zum schleunigsten zur Bezahlung verholffen werden. Und was also gepfändet / sol durch den Gerichts-Voigt getreulich verzeichnet / und dem Kläger alsbald / neben der Verzeichnuß / eingelieffert werden. [145]6.
Könte aber der Kläger aus den beweglichen Gütern nicht vergnüget werden / und der Beklagte auff des Klägers Anforderung / mit seinem leiblichen Eyde erhalten würde / das er weder baar Geld / noch Kistenpfand / oder ander bewegliche Gut hätte: So sol zu den liegenden Gütern geschritten werden / derogestalt und also / da der Rath / nach erlangter glaubwürdiger Kundschafft befinden würde / das des Beklagten Erbe / über die im Stadt-Buch auffgesuchte Beschwerung / mehr als die zuerkandte Schuld / werth were: So sol der Beklagte Klägern die Schuld im Stad-Buch versichern lassen / und jedes hundert ein Jahr mit sechsen Verzinsen / solche Schuld aber ist der Kläger länger dann ein Jahr unabgelöset stehende zulassen nicht schüldig / sondern Beklagter ist nach Außgang des Jahrs dieselbe abzulösen verpflichtet / und in Verbleibung der Bezahlung / mag der Kläger mit Verfolgung des Erbes verfahren / wie in nechstfolgendem 42 Titul im andern Articul / ferner disponirt ist. Da aber der Beklagte die Verlassung in sein Erbe zuthunde säumig seyn würde / oder auch das Erbe so hoch mit Hauptstuel im Stadt-Buch beschweret were / das es die zuerkandte Schuld nicht ertragen könte: So sol aus Unserm Befehl der Voigt mit dem Kläger auff die Mahlstette / das des Beklagten Erbe allhie in der Stadt belegen / sich verfügen / den Rinck des Erbes angreiffen / und in gegenwärtigkeit [146] zweyer glaubwürdigen Erbgesessenen Bürger / dem Kläger den Rinck des Erbes liefferen / solches auch alsbald zu Buche verzeichnen / und dem Kläger unter seiner Hand der beschehenen Uberliefferung / einen Schein mittheilen / und mag der Kläger ferner verfahren / wie in nechstfolgendem 42. Titul im andern und dritten Articul / verordnet ist. 7.
Da auch die bewegliche und unbewegliche / in dieser Stadt verhandene und gelegene Güter / zu Vollnstreckung der Urtheil nicht zureichen könten / sol die Execution in denen / in dieser Stadt Jurisdiction belegenen Landgütern und Höfften / vorgenommen / und der Kläger / wie Landsittlich / in dieselbe immittirt und gewäldiget werden. 8.
Hätte auch der Beklagte Güter unter frembder Jurisdiction belegen / wollen Wir durch Bitte-Brieffe / oder literas mutui compassus, bey der frembden Obrigkeit die Execution Unser ausgesprochenen Urtheil zu beschaffen / bitten und anhalten. 9.
Wann bewegliche und unbewegliche Güter mangelen / so wird die Executio verstattet zu gewissen [147] außstehenden Schülden und andern Gerechtigkeiten. Und wo Debitorn vorhanden / die der Schuld geständig / werden die an den Kläger / für seine erlangte Schuld-Summa / mit der Bezahlung geweiset. 10.
Da dann dieser vorangezogenen Güter keine / oder nicht so viel / das der Kläger daraus bezahlt werden mag / vorhanden: So wird endlich der Debitorn Harnisch / Büchsen / oder andere Kriegswehren / damit sie zu Walle erscheinen und stehen sollen / dann auch der Handwercks- und Arbeitsleute Werckzeug und Instrumenta, damit sie ihre Nahrung täglich gewinnen müssen / imgleichen auff dem Lande der Bauren oder Haußleute Ochsen / Pferde / und was sie sonst zum Ackerbau benöthigt / angegriffen und gepfändet. 11.
Könte der Kläger aus vorangedeuteten Gütern nicht bezahlt noch vergnüget werden / der Beklagte auch keine Bürgen stellen kan: So mag der Kläger wegen der restirenden und nachstehenden Schuld / den Debitorn verfolgen / welcher / wann er in dieser Stadt oder derselben Jurisdiction betreten wird / auff des Klägers Begehr in Verhafftung genommen / und auff dem Winserbaum[42] verwahrlich enthalten werden sol / und ist der Kläger [148] zu desselbigen Unterhaltung nicht mehr dann täglich einen Schilling Lübisch zu geben schüldig. 12.
Und so die Schuld nicht ein tausend Marck Lübisch übertrifft / sol er ein Jahr lang / da sich aber die Schuld höher erstrecket / sol er so viel Jahr auff dem Winserbaum sitzen / so viel tausend Marck er schüldig bleibt / und nach Außgang solcher Jahre der Verhafftung erlassen / und der Schulden halben gefreyet seyn. 13.
Würde aber der Gläubiger den Schüldiger in Verhafftung zunehmen nicht begehren / noch / wie vorgesetzt / Unterhalten wollen / sondern andere Mittel gegen ihn vorzunehmen bitten: So sol / auff des Klägers Anforderung / der Beklagte den Eyd der Armuth in dem Niedern-Gericht zu schweren / und sich dieser Stadt und Gebiethe so lange zu enthalten schüldig seyn / biß er den Kläger befriedigt / oder sich mit ihm verglichen / und sol ihn davon die cessio bonorum[43], oder Abtrettung seiner Güter / nicht entledigen oder befreyen. [149]TITULVS XLII.
Von Feilbieten / Subhastation und Verkauffung der außgepfändeten und verholffenen Güter:
ARTICULUS 1.
Wann die Execution, wie in vorhergehendem Titul gemeldet / ergangen / und die bewegliche Güter dem Gläubiger geliefert seyn. So sol der Kläger den verlustigen Theil zum nechsten Gerichts-Tage citiren, und / derselbe erscheine oder comparire nicht / die Pfande im Niedern-Gericht auffbieten / und durch den Voigt zu Buche verzeichnen lassen / darauff sol dem Kläger die Pfande zu behalten viertzehen Tage angesetzt werden / nach viertzehen Tagen sol der Kläger / auff abermahlige vorgehende Citation, die Pfande anderweit auffbieten / und Klägern / dieselbe acht Tage zubehalten / aufferlegt werden / alsdann zum dritten mahl / auff vorgehende Citation, die Pfande [150] auffgebothen werden / sol das Gericht dem Kläger über quernacht die Pfande zu behalten ansetzen / und dem verlustigen Theil durch den Voigt anmelden lassen / das er die Pfande löse / thut er das über quernacht nicht / so mag der Kläger die Pfande / da sie Kauffmans Wahren seyn / dem auff die Zeit gemeinem Werth nach / ümb baar Geld verkauffen / und das Geld empfangen. Da aber die verholffene Güter / gemachtes Gold oder Silber / Haußgerath / Kleidere / oder sonst köstliche Kleinodien und Wahren seyn / sollen dieselben durch den bestalten Außminder[44] öffentlich zu dreyen unterschiedlichen Tagen feil gebothen / und dem / so am meisten dafür geben wil / gelassen werden. Findet sich aber nach beschehener Feilbietung / kein Kauffman: So sol das ausgepfandete Gut / durch zween geschworne Werckmeistere / die dessen gut Verständtnüß haben / auff ihren geleisten Eyd (dessen sie zuvor durch die Gerichts-Verwaltere sollen erinnert werden) geschätzt / und alsdann abermahls dem Beklagten durch den Voigt oder Gerichts-Diener angekündiget werden / ob er die Pfande / gleich als sie geschätzt / lösen kan oder wil. Da er dann binnen acht Tagen / nach dieser beschehenen letzten Anzeigung / das außgepfändete Gut nicht einlöset / stehet dem Kläger frey / dasselbe in dem Werth wie taxirt, anzunehmen / oder da es ihm dafür zubehalten bedencklich / mag er etwas minder darauff bieten / und anderweit durch den Außminder zu zween unterschiedlichen Tagen / mit Anmeldung des darauff gesetzten Kauff-Gelds / außruffen lassen / da [151] dann nichts mehr gebohten wird / sol es dem Gläubiger / ümb das von ihm gesetztes Kauffgeld / zugeschlagen werden. Solte dann das Kauffgeld sich höher / als des Gläubigers Schuld / erstrecken / sol er dem Schüldener die Ubermasse heraus geben. 2.
Ist aber der Kläger in des Schüldeners Erbe oder Hauß immittiret, und ihm der Rinck gelieffert: So sol er / so bald Verlassung gehalten wird / in offener Audientz vor den Rath treten / und vermüge des ausgesprochnen Urtheils / und des von dem Gerichts-Voigte ihm mitgetheilten Scheins / ihm das Erbe zu assigniren bitten / darauff ihm das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch zugeschrieben / und alsbald nach überliefferung des Rings / sol die Auffkunfft / Haur und Frucht aus dem Erbe / dem Kläger / und nicht dem Beklagten / zukommen und gefolgt werden. Und sol der Kläger solch Erbe / nach beschehener tradition des Rings / Jahr und Tag dem Beklagten zu gute / ob vielleicht derselbe solch Erbe entsetzen / oder auff andere wege ihn befriedigen könte / zuhalten und Beklagter / da er in dem Erbe selbst wohnet / vor die Haure desselben Jahres Bürgen zustellen schüldig seyn. [152]3.
Würde aber nach verlauff Jahrs und Tags die Entsetzung / oder sonst die contentation und Bezahlung nicht geschehen: So sol auff Anforderung des Klägers / dem Beklagten / aus Befehl des Raths / durch den Voigt angemeldet werden / aus dem Erbe zufahren / und bleibt er darüber / und dem Gebot zu wider / viertzehen Nacht in dem Erbe sitzen / sol er solches bessern mit drey Pfund / und man sol ihm anderweits in acht Tagen aus dem Erbe zufahren gebieten / thut er das nicht / er sol es abermahl mit drey Pfund besseren / alsdann sol man ihm gebieten zum dritten mahl / über Quernacht daraus zufahren / bleibet er darüber ungehorsamlich im Erbe besitzen / so sol ihn der Brogk-Voigt / welchem dafür sechs Schilling Lübisch sollen gegeben werden / bey der Hand daraus leiten / und von der Zeit an / sol die Verwaltung des Erbes bey dem Kläger seyn / welcher auch / zuerlangung dero ihm zu erkandter Schuld / oder eigenthümmlichen Gerechtigkeit des verfolgeten Erbes / ein Proclama im Niedern-Gerichte bitten / und öffentlich am Rathhauß anschlagen lassen sol / darin einem jeden / so auff dasselbe Erbe / wegen des Beklagten / Zuspruch zu haben vermeynet / Sächsische Frist[45] pro termino peremptoriali sol angesetztt werden / da dann in angesetzter Zeit niemand erscheinet / der besser Recht fürbringet / oder auch das Erbe entsetzen würde: So sol der Kläger von der Zeit an das Erbe oder Hauß / dem Beklagten zu [153] gute / noch ein Jahr lang halten / und keine andere Unkosten / als zu des Erbes nothdürfftigem baulichem Wesen und Unterhaltung / anwenden. Da dann in benandter Jahres Frist der Beklagter das Erbe selbst entsetzen / oder einem andern verschaffen kan / der dem Kläger die zuerkandte Schuld / neben auffgewachsenen gebührlichen Zinsen / und den angewandten nothdürftigen Baukosten / auff vorgehende Ermässigung / entrichten wird / ist der Kläger / gegen erlangte Bezahlung / das Erbe wieder abzutreten schüldig. Würde sich aber der Beklagter in obbenandter Zeit nicht entreden: So hat der Kläger macht / das Erbe zuverkauffen / und da dasselbe höher / als seine Schuld sich erstrecket / verkaufft würde / das sol er dem Beklagten wiedergeben. Da auch der Kläger aus der Kauffsummen nicht könte befriediget werden / den Mangel sol der Beklagte erstatten / ist aber der Kläger solch verfolgtes Erbe für seine Schuld anzunehmen erböthig: So sol der Debitor, oder seine Erben schüldig seyn / das Erbe dem Kläger für seine Schuld in offener Audientz für Uns zu Verlassen / oder in Verweigerung dessen / sol dem Kläger / vermöge ergangener Urtheil / und darauff erfolgter prosecution, das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch eigenthümlich zugeschrieben werden. [154]TITULUS XLIII.
Von Bancorothierern und flüchtigen Schüldenern / und wie gegen ihre Personen und Güter gehandelt und procedirt werden sol:
ARTICULUS 1.
Nach dem eine zeithero sich / leider / vielmahls begeben / das etliche unter den Kauff- und Handels-Leuten gefährlicher und betrieglicher Weiß / im Schein Trauen und Glaubens / Geld und Wahren bey andern / weit über ihr Vermögen / wissentlich auffgeborget / entlehnet und gekaufft / auch durch ihren übermässigen Pracht / übel und fahrlässig Haußhalten / unordentlich verschwenden / und grosse unnöthige Gebäu / in merckliche Schulde-Last gerathen / und dadurch ihren Nechsten / wider die Christliche Liebe / Recht und Billigkeit / betrogen / und zu Schaden gebracht / und hernacher auffgestanden /außgetretten / und sich in andere Gebiethe begeben haben und [155] Begleiten lassen / und aber solche betriegliche und schädliche Handlungen / die sich einem Diebstal wol vergleichen / dem gemeinen Nutz / Handthierung und Kauffmanschafft / zu unträglichen Schaden und Nachtheil gereichen / und derowegen gegen solche muthwillige Bancorothierer / als dem Gemeinen- und Privat-Nutzen / schädliche / nachtheilige Personen / andern zum abscheulichen Exempel / billich mit ernst zuverfahren ist: So wollen und ordnen Wir / das obgedachte Falliten[46] / in dieser Stadt und Gebiethe nicht sollen geleitet / sondern wann sie betreten / in gefängliche Hafft genommen / und auff den Winserbaum verwahrlich enthalten werden. Und da sie / nach beschehener Vergleichung mit ihren Creditorn, wieder zu Häußlichen Wohnungen kommen / alsdann zu keinen Dignitäten gezogen werden sollen. 2.
Wann auch die Creditorn, nach beschehener Außtrettung / oder gefänglicher Verhafftung obgedachter / oder auch nach tödtlichem Abgang dero in Schülden vertiefften Debitorn, bey den Worthaltenden Bürgermeistern oder Gerichts-Verwaltern ümb fernere Hülff anlangen werden / sol ihnen auff des Flüchtigen / eingezogenen / oder verstorbenen Haab und Güter ein Arrest vergönnet und gelegt / auch dieselben alsbald durch den Gericht-Schreiber Inventiret werden. Und damit sich niemand / seiner Unwissenheit halben zuentschüldigen habe / [156] sol alsbald unter dieser Stadt Signet ein öffentlich Mandat an das Rathhauß angeschlagen / und einem jeden dieser Stadt Bürgern / Bürgerinnen / Unterthanen und Einwohnern / bey einer Namhafften und ansehenlichen Peen aufferlegt und gebothen werden / das ein jeder alle das jenige / was dem Flüchtigen oder in Schulden verstorbenen Debitorn zugehöret / und er bey sich hat / wie das Namen haben mag / nichts ausbescheiden / imgleichen was ein jeder demselben Falliten oder verstorbenen an Geld / oder Wahren zu bezahlen und zu liefferen schüldig / in viertzehen Tagen den nechsten nach beschehenen Anschlagen / bey dem Gericht-Schreiber unterschiedlich mit seiner eigenen Hand verzeichnet / übergeben / und da er nicht schreiben kan / mündlich vermelden sol / und da hernacher befunden würde / das jemand diesem Gebot in bestimmter Zeit nicht nachgelebet / sondern wissentlich etwas verschwiegen hätte / gegen denselbe sol mit der in dem Mandato benandter Peen unnachlässig verfahren werden / und er nicht desto weiniger / was er nicht angesagt / von sich zu geben und zu bezahlen / oder da er die bey sich habende Güter alienirt hätte / den rechten Werth zuerstatten schüldig seyn. 3.
Da auch jemand der Creditorn von des Flüchtigen oder verstorbenen Debitorn Gütern / [157] nach desselben Falliment oder tödtlichen Abgang etwas zu sich genommen hätte / derselbe sol nicht allein solche Güter oder Wahren zu restituiren schüldig / besondern auch seiner habenden Action und Forderung verlustig seyn. 4.
Es sollen auch des Außgetretenen oder verstorbenen Schuldeners Diener und Buchhalter / oder auch so sonst jemand dessen verdacht / und Uns angegeben würde / durch die Gerichts-Verwaltere erfordert / und mit leiblichen Eyden beladen und befragt werden / des entwichenen oder verstorbenen Haab und Güter / Rechnungen / Handelsbücher / und anderer seiner Anschläg und Vorhabens halben / gründliche Anzeigung ihres wissens zu thun / dawieder sie kein Pflicht oder Verwandtnüß / damit sie dem Flüchtigen oder Verstorbenen zugethan seyn möchten / nicht schützen oder entfreyen / ihnen auch solche Anzeigung in keine Wege nachtheilig oder verweißlich seyn sol. 5.
Da auch die Creditorn aus ihrem Mittel etliche zu Curatorn werden erwehlen / und Uns Namkündig machen / wollen Wir dieselbige confirmiren, und ferner Befehl thun / das denselben auff gnugsame Versicherung [158] oder Verpflichtung / das sie die gelösete Geldere / alsbald in das Gerichte lieferen wollen / alle des Flüchtigen oder Verstorbenen Debitorn allhie in dieser Stadt und derselben Gebiethe verhandene Güter / und ausstehende Schülde / sollen eingeantwortet werden / welche dieselben / vermittelst des von dem Gerichts-Schreiber gehaltenen Inventarii, empfangen / einmahnen / die Wahren verkauffen / die Gelder dafür erheben / und biß zu ordentlichem Außtrag des Rechtens getreulich verwalten sollen. 6.
Würde dann der Flüchtige Debitor in viertzehen Tagen oder drey Wochen / den nechsten nach beschehenem Anschlage / mit Benennung aller seiner Creditorn, ümb ein Gleidt / sich mit denselben zu vertragen / anhalten / und seine Creditorn, die dieser Stadt Bürgere seyn / alle sämptlich darein willigten: So sol er herein in die Stadt auff viertzehen Tage / oder nach gestalt der Sachen auff eine längere Zeit / zum Vertrage von Uns geleitet werden. 7.
So dann der Vertrag / von den Gläubigern und Schüldenern gäntzlich geschlossen / und [159] sich befinden würde / das der Debitor ohne Betrug und seine Verschüldung / allein aus kündlichen und unversehenen zugestandenen Unfällen / als wegen erlittenen Brandt / oder See Schadens / oder durch ander Unglück / in Schuld und äusserstes Verderben gerathen / und derwegen den flüchtigen Fuß setzen müssen: So sol er auff getroffenen und beliebten Vertrag / wieder auffgenommen / in die Stad gelassen / und ihm das Unglück hinfüro an seinen Ehren unverletzlich seyn. 8.
Würde aber der Flüchtiger in obgesetzter Zeit der drey Wochen / bey Uns ümb Gleit nicht anhalten / oder in eingewilligter Zeit sich mit seinen Creditorn nicht vergleichen / sondern wiederümb entweichen: So sol er für einen muthwilligen und boßhafftigen Falliten gehalten / und gegen seine Haab und Güter den Creditorn, wie hernach geordnet / verholffen werden / auch den Creditoren frey stehen / das sie den Außgetretenen / an was Ort sie denselben in dieser Stadt Jurisdiction antreffen werden / angreiffen / und anhero in Verhafftung bringen lassen mügen. [160]9.
Es sol gleichwol keiner von den Creditorn wieder seinen guten Willen / den vorhabenden Vertrag / ungeachtet wie viel der andern Gläubigern darein consentiren, oder wie hoch sich ihre Schülde erstrecken / zu belieben schüldig seyn / sondern im frey stehen / wider den Dbitorn sein Recht außzuüben / und dessen Person zu verfolgen / es were dann / das die andern Creditorn alle / oder der mehrertheil derselben / dem Debitorn eine dilation etlicher Jahr eingewilliget hätten / auff den Fall sol der weiniger Theil / jedoch ohne einige Abkürtzung ihrer bey dem Debitorn außstehenden Schülde / die verstattete dilation biß auff fünff Jahr gegen gnugsame Versicherung / genehm zu halten schüldig seyn. 10.
Und wird der Mehrertheil der Gläubiger nicht nach Anzahl der Personen / sondern nach grösse der Schülden / verstanden / da aber die Gläubiger der Schulden halben gleich weren: So sol der Mehrertheil der Personen fürgezogen werden. [161]11.
Wann die Güte entstanden / sol auff der Creditorn Begehren ein offen Proclama erkandt / und an das Rath-Hauß angeschlagen werden / und ein jeder in dero darein benandter Zeit erscheinen / und seine Schuld im Gericht beweisen / auch da jeniges bösen Argwohns oder Verdachts / erhebliche Anzeige gegen jemand der Creditorn vorgebracht würden / sol derselb bey seinem leiblichen Eyde erhalten / das seine habende Schuld-Verschreibung / und producirte Uhrkunden auffrichtig / das datum nicht versetzt / und dabey keine Gefährligkeit den andern Creditorn zu Nachtheil / oder dem Flüchtigen zu Vortheil / gebraucht sey. 12.
Folgends sollen die data der producirten Verschreibungen / und anderer Beweise / im Gericht verzeichnet / und ob in derselben des Schüldeners Güter verpfändet / und was sonst ein jeder dero ihm zustehenden Gerechtigkeit / und prioritet halben fürtragen wird / wol erwogen / und was Recht ist / erkandt werden. [162]13.
Welche alsdann / aus denen allhie verhandenen Gütern nicht können bezahlet werden / denen sol frey seyn / des flüchtigen Person / an was Orten und Ende sie dieselbige antreffen werden / zu verfolgen / in Verhafftung zu nehmen / und ihre Bezahlung zu suchen / darzu Wir ihnen Unsere Bitbrieffe und Executorial, auff ihr Begehren und Kosten / mittheilen wollen. [163]Der ander Theil /
TITULUS. I. Von Leihen und Entlehnen / mutuum genandt. ARTICULUS I.Wiewol das Leihen und Entlehnen in den Dingen bestehet / die gewogen / gezehlet und gemessen werden / als Geld / Metall / Wachs / Korn / Wein / Gewand oder dergleichen / welche des Entlehers eigen werden / und sich im Gebrauch und Niessung verendern / oder gar verzehren / und darumb nicht eben das geliehen Ding / sondern ein anders in gleicher Gestalt / Werth und Güte / auch Gewicht / Zahl und Masse / als es der Entleher [164] empfangen / wieder zu bezahlen anfänglich bedinget wird: So kan dennoch der Entleher nicht desto weiniger als bald dem Leiher oder Gläubiger / eben dasselbe Ding / so er empfangen / auch wider desselben Willen / wieder geben / und sich damit allerdings entledigen / es were dann / das der Leiher ein besonders Interesse deßwegen einzuwenden und zu beweisen hätte. Entgegen aber / und ob schon bey beschehener Entlehnung keiner gewissen Zeit gedacht: So kan dennoch der Leiher oder Gläubiger / das ausgeliehenes Ding nicht alsbald wieder forderen / sondern muß dem Entleher dasselbige erstlich gebrauchen lassen / und im Fall / da wegen der Zeit / mann solch außgeliehen Ding wieder zu geben / beyde Theil sich hernach nicht vereinigen können / ist dieselbige dem Richter zu ernennen und anzusetzen billig heimzustellen. Was dann also obgesetzter massen außgeliehen ist / das es nicht eben in specie, sondern in gleicher Gestalt / Werth und Güte sey zu restituiren, deßwegen mag dem Gläubiger gegen den dritten / dabey solch ausgeliehenes Ding befunden / kein An- oder Zuspruch gebühren / sondern er muß sich an denselben / so es von ihme Entlehnet / halten. [165]Der jenige so Geld außleihet / mag von jeder hundert Jährlich biß auff Sechs / und nicht darüber / an Zinß und Rente bedingen / ihm versprechen und verschreiben lassen / were aber solches nicht geschehen / und der Schüldiger in bestimmter Zeit keine Bezahlung thäte: So mag dennoch von dero Zeit an / das er säumig worden / an statt Interesse biß auff Sechs von hundert / vor ein jedes Jahr gerechnet / und zu Rechte gefordert werden. Und stehet ferners zu des Gläubigers wilkühr und gefallen / solch Interesse anzunehmen / oder auch diß falls auff ein mehrers sonderlichen Beweiß zuführen / und Ordnung der Rechte zu verfahren. Ebenmässig mag einer Erb-Zinß / zu Latein annues reditus genandt / in Häusern / liegenden Gründen / und sonsten / mit grobem Gelde und Marckstücken / wie von Alters ist herkommen / und dann / jetzigem gewöhnlichem Gebrauche nach / mit Müntze-Gelde / vor jede hundert Marck-Müntze Jährlich fünffe / biß auff / sechs Marck Geldes / und nicht höher oder mehr kauffen / dann was über fünff oder sechs von jedem hundert an Rente bedinget oder gekauffet wird / solches ist Wucher zu achten. [166]Dem Erbe und Häuser / oder Erb-Zinß und Rente in dieser Stadt-Buche zugeschrieben stehen / der sol dieselbe niemand verlassen / noch verkauffen / oder sonst verenderen / es geschehe dann vor dem Rath dieser Stadt / und geschehe das anders / so sol es machtloß und von keinen Wehrden seyn. Were jemand einem andern Geld schüldig / und demselben solche Schuld würcklich bezahlte / also das er darmit wol friedig / und daran ein gutes begnügen hätte / und gleichwohl hernach von demselben Gläubiger / als wann er ihm zu wenig in der Bezahlung hätte entrichtet / würde mit Rechte besprochen / und derselbe / der solche Schuld hätte bezahlet / bey seinem Eyde / das er die völlige Bezahlung gethan / erhalten würde: So ist er damit von des Gläubigers Anspruch entfreyet. Weil auch der Debitor, so bald er das geliehenes Ding empfangen / und in seine Gewehr bracht / desselbigen ein Herr wird: So ist er allen Schaden / der sich hernacher mit dem Angeliehenen begibt / oder auch / do dasselbige verlohren oder verdorben würde / allein [167] zutragen / und nicht desto weiniger den Gläubiger oder Leiher zu befriedigen schüldig Wer Goldgülden / Reichsthaler / und andere grobe Müntze Entlehnet / der sol dieselbe in specie, ob er sich schon außdrücklich nicht dahin verpflichtet / wieder zuerlegen schüldig seyn. Were aber berührte Müntze im Werth / oder äusserliche Gütigkeit gesteigert oder gefallen / oder in der innerlichen Gütigkeit an Schrot und Korn würdiger / oder geringgültiger geworden: So sol zwar vom Schüldener die Zahlung in derselben Müntze geschehen / hierunter aber die Zeit des Contracts angesehen / und wofern domahls die außgezehlte Müntze von den Contrahenten nicht selbst gewardiert / dieselbe nach dem Werth / welchen sie in Zeit des Contracts gehabt / geschätzet werden. Da nun der Valor oder Werth gesteigert / sol der Debitor, der nicht in mora solvendi[47] gewesen / macht haben / das Incrementum oder den Zuwachs bey der Zahlung abzuziehen / ist auch die Müntze am Werth gefallen / der Gläubiger das decrementum oder den Abgang zuforderen / befugt seyn. Ebenmässig sol es gehalten werden / wann die Müntze in innerlicher Gütigkeit / oder [168] Schrot und Korn verbessert oder geringert worden. Würden Goldgülden / Reichsthaler und andere grobe Müntze in specie Entlehnet / und die Zahlung in gleichmässiger Müntze außdrücklich versprochen: So sol / wo ferne die Müntze noch vorhanden / berührte Vergleichung angesehen / die empfangene Müntze in specie bezahlet / und hierunter / ob die Müntze an äusser- oder innerlicher Gütigkeit geendert / nicht in acht genommen werden. Was nun von den entlehnten Geldern in vorigen Articuln disponiret, das sol auch statt haben / wann einer vor erkauffte Güter oder Wahren / so wol wiederkäufflicher als unwiederkäufflicher Gülte oder Zinß / wie auch eines schlechten wiederkauff Contracts wegen / grobe Müntze zu zahlen schüldig. In retractu aber / zu Teutsch die Nähergeltung genandt / sol der Retrahent, welcher sich der Nähergeltung gebrauchen wil / eben in specie solche Gelder bezahlen / so von dem Käuffer / vor welchem er die Nähergeltung [169] zu haben vermeynet / außgezehlet worden / und da der Valor berührter Gelder gestiegen / das augmentum oder den Zuwachs abzuziehen nicht befugt / wo fern aber derselbe gefallen / das decrementum oder den Abgang zuergäntzen schüldig seyn. Würden solche Gelder / wie oben erwehnet / von jemand dahero gefordert / das der Schüldener dem Gläubiger einen Brautschatz oder Mitgabe zugeben / oder soluto matrimonio nach gelöseter Ehe / ein solches zu restituiren verpflichtet / und es were die Müntze vor dem Zahl Termin verendert: So sol der / welcher den Braut-Schatz zugeben schüldig / denselben in versprochener Müntze zu zahlen verhafftet seyn / und hierunter / ob dieselbe am Werth mehr- oder geringgültiger worden / nicht angesehen werden. Würde aber nach geenderter Ehe die restitutio oder wieder herausgebung des Brautschatzes oder Mitgabe / gefordert / und ehe dieselbe Forderung angestellet / Enderung der Müntze geschehen: So sol der Zuwachs von dem Debitore, wofern die Enderung nicht schleunig nach der empfahung des Brautschatzes oder der [170] Mitgabe / und ehe er die eingenommene Gelder in dem alten Werth gebrauchen können / geschehen / suppliret werden. Wann auch aus einem Testament / Codicil, seiner Ubergabe auff den Todes Fall gerichtet / oder dergleichen letzten Willen / Goldgülden / Thaler / oder andere grobe Müntze bezahlet werden müssen / und der Debitor nicht in mora solvendi gewesen ist: So sol die Zeit des gemachten letzten Willens angesehen / und die Müntze nach dem Werth / welchen sie zur selben Zeit gehabt / bezahlet werden / es were dann / das etwas an statt der legitimiæ verlassen / und vor dem Zahl Termin Enderung der Müntze erfolget / auff den Fall sol von dem Debitore, wo ferne die Müntze gestiegen / das augmentum oder Zuwachs nicht abgezogen / da sie aber gefallen / das decrementum oder Abgang / erfüllet werden. Hätten auch einer oder mehr Unserer Bürgert und Unterthanen eine Societet oder Gesellschaft gemacht / etliche Gelder unter einer oder vielerley Sorten zusammen gelegt / und sich daneben verglichen / das einem jeden seine eingelegte Quota in gleichmässiger Müntze wieder heraus gegeben werden solte: So sol nach geendigter [171] Gesellschaft / die Zeit / in welcher die Contrahenten berührte Gelder zusammen gelegt / angesehen / einem jeden / nach dem Werth / den die Gelder damahls gehabt / seine Quota gefolget / und ob die Müntze würdiger oder geringgültiger worden / nicht erwogen werden. Were aber in vorgesetzten Fällen die Entlehnte oder verschriebene Müntze im Abgang kommen: Sol in anderer Gangbahrer grobe Müntze / die bezahlung nach dem Werth geschehen / welchen sie in Zeit des Contracts, oder oberwehnte disposition gehabt / es were dann / das von den Contrahenten oder Disponenten, bey dem Contract, oder in der Verordnung / die Müntze selbst æstimiret worden / auff den Fall sol die von denselben gemachte Taxa angesehen werden / und nach derselben die Zahlung geschehen. Wann nun wegen Mangel berührter Müntze / besagte des achtzehenden Articuls / die Zahlung in anderer gangbahrer grober Müntze geschehen muß / auff den Fall sol solche Müntze gegeben werden / die zur Zeit des Contracts Gänge und Gebe gewesen / dem äusser- und innerlichen Werth nach / so die Müntze in Zeit auffgerichter Verschreibung oder gemachter Ordnunge gehalten. [172]Were aber deren keine mehr verhanden / alsdann sol die Zahlung in Gülden oder Silbern Müntze geschehen / so in Zeit der Zahlung gangbahr / jedoch der alten Müntze Werth nach / dergestalt / wo ferne die Müntze an Valor oder Schrot und Korn gewachsen: So sol / wie beym neunden und zehenden Articul gesetzet / der Debitor den Zuwachs abzuziehen / in wiederigem Fall / da die Müntze verringert / der Creditor die erstattung des Abgang befugt seyn. Würde aber der innerlichen Gütigkeit wegen auff gesetzten Fall / einiger Streit zwischen dem Gläubiger und Schüldener entstehen: So wollen Wir der Gwardinen[48] und anderer Müntzverständiger Bedencken erforderen / und nach Befindung alsdann solche Irrigkeit entscheiden. [173]Wann jemand dem andern ein liegend oder fahrend Gut / Pferd / Kleinodt / Silbergeschir / Kleider / Haußgerath / und anders dergleichen / zu einem sonderlichen Gebrauch / aus gutem Willen / und ohne jenigen verdingten Lohn / leihet / also das der Entleiher nach vollendetem Gebrauch eben dasselbige dem Hinleiher wiederümb zustellen sollen: So ist der / welchem es geliehen worden / dasselbe mit bestem und genauestem Fleiß / den ein jeglicher fleissiger Haußvater bey dem Seinen anzuwenpflegt / zuverwahren / und in gute Auffacht zu haben verpflichtet. Welcher Fleiß dann ebenmässig auch in allem / so dem Commodato anhängig / muß geleistet [174] werden / als / da einem verliehenen Mutterpferde ein Fülle folget / sol der Commodatarius auch zuverwarung des Füllen gehalten seyn. Derowegen / so durch den geringsten vermerckten Unfleiß oder Säumnüß / dasselb außgeliehenes Gut schaden genommen / verlohren oder ümbkommen / ist solches der jenige / welchem es geliehen / nach seinem billigen Werth zu erstatten und zu bezahlen schüldig. Darümb so ein Pferdt / mit demselben an einen gewissen Ort zu Reiten / oder auch vor dem Wagen zugebrauchen / würde entlehnet / und dasselbe auff der Reise / ohne einige Schuld und Versäumnüß / Schaden nehmen würde: So darff der Entleiher darzu nicht antworten / sondern ist bey dem Eigenthümer der Mangel / der sein Pferdt / so die Arbeit nicht ertragen können / zu solcher Reise verliehen hat. Würde aber nun über solchen angewandten gebührlichen Fleiß / und in dem Gebrauche darzu es ihm geliehen worden / aus unversehenem unglücklichem [175] Zufall / jenig Schade beschehen / ist der Entlehner zu Erstattung desselben nicht verbunden / es were dann / das er solchen Schaden und Gefahr außdrücklich auff sich genommen / oder das geliehen Gut an andere Ort / oder anderer Gestalt / oder weitere und längere Zeit dann es ihm geliehen / ohne des Hinleihers Wissen und Willen gebraucht hätte. Wird jemand vom Eigenthumms Herrn außgesand / jenig Gut / welches er einem andern außgeliehen / wieder abzuforderen / und ihm wieder zu zubringen / und aber derselbe / wann er es empfangen / damit entläufft: So ist solch Gut dem Eigenthumms Herrn verlohren / wäre er aber allein vom Eigenthumms Herrn außgesand / zu erinnern / das solch außgeliehenes Gut möchte restituirt und wieder geliefert werden: So muß derselbe / dem es geliefert worden / vor den Schaden hafften. Welcher Mann dem andern leihet seyn Pferd / Kleid / oder was es für Gut sey / und auff wasserley Weise er das aus seinen Wehren lässet / mit seinem Willen / und verkaufft es der jenige / der es in seinen Wehren hat / oder versetzt er dasselbige / oder wird es ihm abgeraubt oder abgestohlen: So mag der jenige der es [176] erstlich verliehen oder versetzt hat / darauff / wieder den Einhaber desselben / wo fern der jenige solches mit guten Titul an sich gebracht / keine Forderung haben / sondern muß sich deßwegen an denselben / welchem er es geliehen oder versetzt hat / oder so derselbige verstorben / an dessen Erben halten. Hingegen auch da der Commodatarius oder Entlehner / wegen Untüglichkeit oder Gebrechen des entliehenen Guts / so ihm von dem Verleiher wissentlich verschwiegen / oder das ihm dasselbe / ehe er es zu seinem Nutzen gebrauchen müge / wieder abgefordert würde / einigen beweißlichen Schaden genommen: So ist er deßhalben / wie nicht weiniger auch wegen auffgewandten Kosten / doch zimlichen Unterhalt und Futter davon abgezogen / wieder den Verleiher Spruch und Forderung anzustellen billig befugt. [177]Wann jemande von einem andern Geld / Kleinodt / Brieffe / oder anders / Liegend oder Fahrend / zu getreuen Händen befohlen und eingegeben worden: So sol derselbe solches getreulich / als sein eigen Gut / bewahren / und da er das nicht thäte / sondern aus seiner Verwahrlosung und grosser Versäumnüß dasselb / so ihm verwahrlich zu behalten zugestellet / beschädiget / geärgert oder verlohren würde / ist er solchen Schaden zuerstatten und zubezaheln schüldig. Da aber solches zu jemands treuen Händen / eingeantwortetes Gut / von andern gestohlen [178] oder geraubt würde / oder durch Brand ümbkäme / und er solchen unversehnlichen Fall / wie Recht beweisen / und dann ferner bey seinem Eyde erhalten könte / das solches ohne seine Schuld geschehen: So ist er von ferner Anspruch gefreyet. Wie es auch in dem Fall / wann einem von andern Viehe oder Quick[49] vertrauet / und dasselbe stirbet / auff eydliche Betheurung / ebenmässig sol gehalten werden. Würde jemand dem Wirth in der Herberge / oder im Kruge / oder Badstuben / seinen Wetzschger[50] / Kleider / oder was es sonst seyn möchte / fleissig auffzuheben befehlen / und solch Gut abhändig gemacht / oder verlohren / so seyn die Wirthe / wo ferne sie keine Belohnung dafür begehret / oder empfangen / auch weiters nicht / sondern wo fern sie jenige Gefährlichkeit darbey gebraucht / darzu zu antworten verbunden. Da sie aber ümb eine Belohung sich zu solcher Verwahrung verpflichtig gemacht: So müssen sie auch / als die sich darzu vermietet / dasselbe verantworten. Hätte einer deponirtes Gut verkaufft / und solches darnach wieder gelöset / in meynung / es ferner als ein depositum in getreuer Verwahrung zubehalten / [179] folgends aber dasselb / wiewol wieder seine Schuld / ümbkäme oder verlohren würde: So sol er nicht desto weiniger dasselbe zubezahlen schüldig seyn / weil er einmahl seiner Treu und Pflicht nicht gnug gethan. Würde auch baar Geld im Säckel versigelt deponirt, und einer von den Erben desselbigen der es deponirt hätte / käme und forderte sothane Geld: So sol der Säckel vor dem Richter / oder auff gnugsame Bürg-Zucht / eröffnet / und sein erblich Antheil ihm allein gefolgt werden. Würde jemand bey einem etwas also deponiren, das nach seinem / der es empfangen / Tode solches solte wieder gegeben werden: So mag doch der es deponirt hat / wie auch desselbigen Erben / sothane Gut / bey Leben dessen so es bekommen / wol wieder forderen. Und da auch der deponent dergestalt was hätte deponirt, das es nach seinem des deponenten Tode solte wieder gegeben werden / das mag gleicher gestalt der deponent oder seine Erben / auch von deme darbey es verhanden / bey Leben[51] wieder forderen. [180]Wann in Hispania / oder andern Königreichen oder Provincien etwas were also deponiret worden / das solches allhie in Hamburg / oder andern Oertern / wieder gegeben werden solte: So sol dasselbige nicht auff dessen / darbey es in deposito gelegt / sondern des deponenten Unkostung / geschehen. Wo einer von jemande etliche Gelder bey sich versiegelt in Verwahrung hätte / mit dem Beding / das er so viel wieder heraus geben solte / und folgends solche Gelder in seinen Nutz wendete / der ist post moram[52] Zinse davon zugeben schüldig. Wie imgleichen auch / so er solch deponirt Gut / ohne Vorwissen des deponenten oder Eigenthümers / zu eigenem Vortheil brauchen würde. Da eine eine Frau von hie / in abgelegene Königreiche oder Lande / zu ihrem Manne verreisen / und einen verschlossenen Kasten mit ihren Kleidern und Briefen einem guten Freunde anbetrauen würde / mit Verordnung / wo fern sie tods verführe / solches ihrem Sohn zu behändigen / solches sol alsdann dem Sohn / und nicht dem Manne / gefolget und gelassen werden. [181]Hätte einer bey sich in deposito ein Pferd oder Viehe: So sol er dasselbe nicht gebrauchen / und ist auch nicht schüldig / dasselbe von dem seinem zu unterhalten / was er aber zu Unterhaltung desselbigen würde nothwendig auffwenden / dasselbe mag er wieder fordern. Und sol in deroselben Action allen andern Creditorn fürgezogen werden. Der Depositarius so am bestimmten Orte das deponirtes Gut auslieferen / und wo fern mehr dann ein Ort zur wieder einantwortung bestimmet: So hat der Depositarius darein die Wahle / und da kein Ort benennet ist / gibt der Richter den Ausschlag. Es sol aber ein jeglicher / welcher Geld oder Gut zu treuen Handen empfangen / dasselb dem jenigen / welcher es ihm zu treuen Händen zugestellet / auff sein Erfordern ungesäumet wieder einantworten / und sich dagegen keiner Compensation und Vergleichung / noch einiger anderer dergleichen verzüglichen Einreden zubehlfen haben. [182]So aber einer / Schwerdt / Messer / Büchsen / oder andere dergleichen Waffen / zu getreuer Hand einem andern verwahrlich übergeben hätte / und derselb in seiner Unsinnigkeit / oder in grimmigen Sinn und Zorn solches wieder forderte / also das dahero Schade zubesorgen: So ist man solche Waffen zur selbigen Zeit zugeben und folgen zu lassen nicht schüldig. Im gleichen / da ihrer zween oder mehr / einig Gut hinderlegten / und ihr einer / ohne des andern Beyseyn oder Befehlig dasselbig wieder forderte: So ist der Depositarius oder Einhalter dasselbe heraus zugeben nicht schüldig / er würde dann gnugsam versichert / ihn deßwegen gegen den andern Schadloß zu halten / oder das Anfänglich beding were / das solch Gut jedem auff sein Erforden solte zugestellet werden: Ebener massen auch / da das hinterlegte Gut mit Recht und Gericht verboten und arrestirt würde / ist man dasselbige vor Erledigung des Arrests hinaus zugeben nicht verpflichtet. [183]Wann der Schüldiger seinem Gläubiger die schüldige Gelder in zweer Zeugen Gegenwart offerirt, derselbe aber solche Gelder anzunehmen sich verweigert / und der Debitor dieselbe consigniret, und loco publica deponiret; So sol der Schüldiger damit von ferner Zinse / und zustehender Gefahr / befreyet seyn. Wann jemand etwas / ümb feindlichen Einfals / Feuers und Wassers-Noth / und andern derogleichen Gefährlichkeiten willen / bey einem andern deponiret, und derselbe der es empfangen / solches verleugnen und zu restituiren sich verweigeren würde / derselbe / wann er dessen überweiset / sol solches zur Strafe gedoppelt bezahlen. [184]Ein jeglicher so nach diesem Unserm Stadt-Recht / seine Güter selbst zuverwalten hat / ist mächtig / dieselbe seine Güter / nach seiner Gelegenheit / Schulden / und anderer Sachen halben / zu verpfänden. Wann ein Gläubiger in seines Schuldners beweglichem Gut / Verpfändung hat / und ihm doch dasselbe in seinen Gewehren gelassen / der Schüldener aber immittelst / ehe dann der Zahlungs Termin kommen / solche verpfändete fahrende Haab verhandelt / oder in andere Hände gebracht / so wollen Wir / das auff den Fall / zu befürderung gemeiner Handthierung / und Vermeidung beschwerlicher disputation, der Gläubiger die verpfändete [185] bewegliche Güter / von denen Personen / die sie mit gutem Glauben und richtiger Ankunfft erlangt / wiederümb abzufordern nicht befugt seyn sol. In unbeweglichen Gütern aber sol dem Gläubiger / sich an die ihm verpfändete Güter / unangesehen das sie in andere Hände transferirt (wo fern die rechtliche Gewehr der præscription darüber nicht verflossen) zuhalten unbenommen seyn. Ob wol auch derselbige / welcher Güter nießlich zugebrauchen hat / solche Gerechtigkeit des Niessens nicht versetzten oder verpfänden kan: So ist ihm doch solches von den Nutzbahrkeiten und nießlichen Hebungen und Fruchten zu thun erlaubet. Wann ein Mann bey schlaffender Zeit aus der Stadt fähret / der mag seine fahrende Haab oder Kistenpfandt[53] nicht versetzen / dann für zween ehrlichen Leuten / aber unbewegliche Erbe und Zinse sollen für sitzendem Rath in offener Audientz verlassen und auffgetragen werden / und was also für dem Rath verlassen / und in dem Stadt-Buch geschrieben wird / dar gehet kein Zeuge über / wann aber der Schuldener solches bezahlet / so sol er sich für dem Rathe loß schelten / und im Stadt-Buch tilgen lassen. [186]Auch da jemand einem andern für eine Schuld sein Hauß oder unbeweglich Erb / obgesetzer massen / vorm Rathe verpfändlich versetztet und aufflässet / derselbe mag die Ubermaß / und so viel das Erb besser ist dann vorige Schuld / einem andern auch Verpfänden / doch das solches / wie gemeld / vorm Rathe beschehe / darmit ein jeder / so darwider zu sprechen hat / solches darselbst öffentlich thun / und darauff ferner wie Recht verfahren müge. So jemand einem andern Geld zu Zahlen schüldig / und ihm dafür sein Erbe zuverpfänden anderbietete / dasselb ist der Gläubiger anzunehmen nicht schüldig / es schwere ihm dann der Schüldiger / das er weder Pfenninge / Kistenpfandt / oder bewegliche Güter habe / und als dann mag er ihm sein frey Erbe / da er eins hat / versetzen und verpfänden. Es sol aber ein jeglicher Pfandt-Herr oder Gläubiger / so lange er das Pfandt in seiner Gewarsam hat / dasselbig / wie ein jeder fleissiger Hauß-Vater sein selbst eigen Gut / versorgen / und so fern er das nicht thäte / [187] sondern duch seine Fahrlässigkeit und Versäumniß dasselbig Pfand schaden nehme / ist er dem Verpfänder deßwegen / nach Erkäntnüß / Abtrag- und Erstattung zu thun schüldig. Würde dann über seinen gebührlichen Fleiß / ausserhalb seiner Versäumiß und Hinlässigkeit / das eingesetzte Pfand geendert / beschädiget oder verlohren / daß sol er dem Gläubiger nicht gelten / sonder ihm nichts weniger bevorstehen / seine völlige Schuld an dem Schüldiger / oder dessen Erben / zufordern. Wann einer dem andern Güter / so jährliche Nützung tragen / versetzt / und zu seinen Händen stellet / was dann der Gläubiger von solchen Nützungen auffhebet und einnimpt / das ist er auff Abzug des auffgewandten Kostens / dem Verpfänder an der Schuldsummen abgehen zulassen schuldig / Es wäre dann zwischen ihnen ein anders bedingt worden / welch Vorbeding und Abrede dann billig in Acht zu haben / und bey Würden zulassen. Es mag aber keine Verpfändung derogestalt / und mit dem Beding geschehen / daß / wann [188] das Pfand innerhalb gewisser vorbestimbter Zeit nicht wieder eingelöset / und die Schuld bezahlet wird / alsdann dasselbig Pfand des Gläubigers eigen seyn solle / und fürder nicht mehr eingelöset werden möge / sondern ist solch Geding / als wucherlich / wann es gleich mit einem Eyde betheuret wäre / für nichtig und krafftloß zu halten. Dann / wann und zu welcher Zeit die Schuld / oder anders / darumb ein Pfand eingesetzt / vollenkömmlich bezahlet / und derohalben eine Vergnügung beschehen / so ist der Einhaber schüldig / das Pfand wieder zu geben. Wann jemand ein Hauß / Schiff / Keller / Gemach oder dergleichen / umb eine gewisse Häure oder Zinse mietet: So ist das jenige / was von Haußgerath oder anderer fahrender Haab ihm zugehörig darein gebracht / dem Hauß- und Eigenthummsherren umb die versprochene Zinß und alle Beschadung so dem verheureten Hause und Gemach durch des Einwohners Unfleiß zustehet / stillschweigend und ohne einig Vorgeding verpfändet / und hat derselbige Haußherr Macht / desselben Haußgerath und andere eingebrachte Wahren und Güter / so viel die verfallene Haußzinß und Schaden sich [189] ungefährlich belauffen / mit Erlaubung des Gerichts-Verwalters / durch einen Diener versperren und anhalten zulassen / Auch darauff mit ferner Gerichtshülff / wie gewöhnlich / biß zu völliger Bezahlung zuverfahren. Hat aber jemand Land-gut oder Garten / umb gewisse Zinß verliehen: So seyn die Früchte so darauff wachsen / dem Eigenthumbsherren oder Verleiher umb denselben Zinß stillschweigend verpfändet / und sol es mit solchen Früchten / wie nechst zuvor von fahrender Haab verordnet / gehalten werden. Im gleichen / wann jemand zu Erbauung oder zu Besserung und Unterhaltung seines Hauses / Schiffes / und anderer Güter / Geld oder anders darleihet: So seyn ihm solch Hauß / Schiff / oder Güter / dafür stillschweigend verpfändet. Ebenmässig auch / wann ein Vormundt oder Versorger / seiner Pflegkinder Güter in Verwaltung hat: So seyn desselben Haab und Güter den [190] Pflegkindern zu alle dem jenigen / was er ihnen obbesagter Verwaltungen wegen zu thun verpflichtet / ob er gleich dieselbe anfangs außdrücklich nicht verpfändet hätte / jedoch / vermöge nach gesetzter unserer Ordnung / im 3. Theil / Tit. 6. von Vormund- und Pflegschafften / Art. 13 . so hinfüro beschehen sol / stillschweigend verbunden. Da jemand in Außzahlung oder Abrichtung einiger Schülde / zu dessen Versicherung er sein Hauß / oder anders / Pfandtsweise verschrieben / säumig seyn würde / also daß deßwegen das Pfand Gerichtlich zu achter folgen nothwendig seyn wolte: So sol darmit / wie hieroben in der Gerichts-Ordnung unter dem Titul: Von Ungehorsam des Beklagten / im 5. Articul zu finden / procedirt und verfahren werden. [191]Wann wegen Vorzugs der Gläubiger Streit vorfällt / so sol zu forderst / was vor dem Rathe verlassen / und in das Stadt-Buch verzeichnet worden / allen andern Verpfändungen / so nicht vor dem Rathe beschehen und eingeschrieben / vorgezogen werden / Und unter diesen sollen allewege die Aeltere den Fürgang haben / oder aber / da mehr Verpfändung zugleich auff einen Tag vor dem Rath beschehen / und eingeschrieben worden / alsdann die Gläubiger zugleich / doch nach Anzahl ihrer jeden Schulden / zugelassen werden / Es wäre dann Sache / daß die Partheyen sich anders verglichen. [192]Nach diesen sol aus des Verstorbenen Gütern / was auff desselben Begräbnüß / wie imgleichen an Artzeney und Artzten-Lohn auffgangen / abgetragen und bezahlet werden. Da auch jemand unwissendlich / einem / so in Schulden vertieffet / und alsbald nach ein Tag drey oder vier außzutreten / und zu Bancorotieren fürhabens ist / und also gefährlicher Weise handelt / auff guten Glauben / Wahren verkaufft und überlieffert / wollen Wir / daß derselbe in solchen Wahren / wie viel derselben bey dem flüchtigen Debitorn noch verhanden / allen andern Gläubigern billig vorzuziehen. Darnach ist der jenige / welcher kein Hauß / Schiff / Keller / oder anders dergleichen / umb eine gewisse Häure vermietet / in der eingebrachten fahrenden Haab / Wahren und Gütern / wegen seiner außständigen Pension und Häure / allen ander Creditorn, ob die gleich ältere bedingte / oder auch stillschweigende / in allen oder etlichen des Schüldeners Gütern Verpfändung hätten / billig vorzuziehen [193]Ferner / ob wol die Haußdienste ihres verdienten Lohns halben / ohne besondere Beding / keine Pfandgerechtigkeit haben: So sollen doch dieselben / nach uhraltem Rechte und Gewohnheit dieser Stadt / in demselben ihrem Dienstgeld / oder Lohn / allen andern Creditorn mit Bezahlung fürgehen. Nechst diesem sol auch ein Wirth wegen seines Gastes / vor ein Jahr Kost und Bier / so er ihm / nach Standes Gelegenheit / zu seiner nothdürfftigen Unterhaltung gereichet / und vertrauet / in dessen Gütern vor allen andern Creditorn den Vorzug zu haben. Wann einer dem andern zu Erkauffung eines Hauses / Schiffs / oder andern Guts / Geld darleihet / mit dem Beding / das ihm solch erkaufftes Gut für ein dargeliehen Geld zu Unterpfand stehen sol / derselbe Darleiher hat auff demselben Gut vor allen andern Gläubigern den Vorgang / ob gleich demselben zuvor einige Verpfändung geschehen were / jedoch das die Verpfändung / welche in dem Stadt-Buch verzeichnet / wie obgedacht [194] allewege / so wol in diesem als andern Fällen / den Vorgang habe. Im gleichen / so einer dem andern zu Erbauung / Besserung / oder Unterhaltung eines Hauses / Schiffs / oder andern Guts / Fürstreckung gethan hätte / und beweisen würde / das es eine Nothdurfft gewest / und sein dargeliehen Geld oder anders dahin gewendet worden were: So sol ihm deßwegen für allen andern Gläubigern / ob gleich dieselbe zuvor einige Verpfändung hätten / zur Bezahlung verholffen werden. Da auch der Handwercker Arbeit / zu nothwendiger Erbauung oder reparirung des Schüldeners Hauses / Schiffs / oder dergleichen angewandt. So sol auff solchen Fall in dem erbessertem Hauß / Schiff / oder dergleichen / ihnen für allen andern / wie obgemeld / der Vorzug billig gegönnet werden. Wiewohl nach gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / die Ehefrau / ihres eingebrachten Brautschatzes wegen / und daher rührenden stillschweigenden [195] Verpfändung / in ihres Mannes Gütern vor allen andern Creditorn, ob die gleich ältere stillschweigende Verpfändungen hätten / vorgezogen werden: So wollen Wir doch / zu Handhabung gemeines Nutzens / Trauens und Glaubens / und zu Beforderung der Handthierung / auch weil es hiebevor in dieser Stadt üblich also gehalten worden / hiemit geordnet haben / das die Frauen ihres eingebrachten Brautschatzes halben / in ihres Mannes Schulden / so in stehender Ehe gemacht / nicht allein keinen Vorzug haben / sondern das auch derselbe Brautschatz / wie dann imgleichen alle andere / ihre in stehender Ehe angeerbte Gütere / vor ihres Mannes Schülden gäntzlich hafften und gehalten seyn sollen. Was ihr aber nach ihres Mannes Tode / oder auch / nach dem derselbe entwichen / anstirbet / dessen hat sie billig sampt ihren Kindern zugeniessen / und haben ihres Mannes Creditorn keine Forderung oder Zuspruch daran / es sey dann / das sie sich anders verschrieben. Da auch jemand binnen dieser Stadt / ihm eine Witwe oder Jungfrau vertrauen liesse / und bey der Velöbnüß sich seiner Güter höher / als dieselben werth seyn / berühmete / oder aber auch keinen Brautschatz Nahmkündig gemacht hätte / und er darnach dergestalt in Schülden vertieffet befunden würde / das er nach Ablegung [196] derselbigen nichts Eigenes gehabt / oder auch seinen berühmten Brautschatz frey einbringen könte: So sollen der Jungfrauen oder Witwen Güter / vor die Schuld so vorhin gemacht / sie haben in wehrender Ehe Kinder mit einander erzeuget oder nicht / keines weges gehalten oder verpflichtet seyn / und sol derselbig seiner Haußfrauen Hauptstul / ohne der Freunde Willen zu beschweren nicht mächtig seyn. Nach diesen sollen alle andere Gläubigere / deren Schülde im Stadt Buche nicht vergewisset / und doch entweder außdrücklich bedingte / oder stillschweigende Verpfändunge haben / nach eines jeden dato so sol an der Hauptsummen / als hinterstelligen verfallenen Zinsen / bezahlt werden. Was aber Hauptsummen / so im Stadt-Buche geschrieben stehen / belangen thut / sol der jüngste Gläubiger / der das Erbe zu entsetzen sich im Gerichte erkläret hat / den jenigen / so vor ihm ältere Verpfändung im Stadt-Buch haben / mehr nicht dann eines Jahrs betagte / und des angefangenen Jahrs fällige Rente / neben dem Hauptstuel / zu bezahlen verpflichten seyn / jedoch ist gedachten ältern Creditorn ihre action wegen dero von etlichen Jahren auffgewachsenen Renten / gegen den Debitorn hiermit nicht benommen / sondern es haben auch gemeldte Gläubigere in Concursu Creditorum, gedachter [197] Rente halben / in andern des Schüldners Gütern / nach ihrem dato, des Vorzugs zugeniessen. Auch wann einem in gemein alle Haab und Güter / und folgends dem andern ein besonder Stücke von denselben Gütern / außdrücklich verpfändet worden: So hat der erste auch den Vorgang / in dem hernacher einem andern besonderlich verpfändetem Gute. Da aber dem Gläubiger auff ein sonderbahr Gut Verpfändung geschehen / und zugleich alle andere Güter zu Unterpfandt gesetzt weren: Sol der Gläubiger zuforderst aus dem special gesetztem Pfande die Bezahlunge suchen / und da er dieselbe daraus erlangen kan / den anderen Creditorn, welche jüngere Verpfändung haben / ihre Schuld aus den übrigen zu suchen nicht hinderlich seyn. Stehen aber in auffgerichteten Pfandt-Verschreibungen die data gleich: So sollen die Gläubiger auch zugleich / doch nach Anzahl ihres jeden Schulden / wie ob stehet / zugelassen werden. Da auch jemand Geld ausgeliehen / damit einen andern Gläubiger / dem ein Gut Verpfändet [198] ist / zu bezahlen / so trit derselbig / auff den Fall er solches bedinget / an dessen stet / der mit solchem Gelde außgelöset und bezahlt worden. Wann jemande ein Gut zu treuen Händen verwahrlich zugestellet / und von demselben / unwissent des deponenten, verendert und verthan were: Sol solches vor allen andern Schülden / so keine außdrückliche oder stillschweigende Verpfändung haben / aus des Depositarii Gütern bezahlet werden / ist es aber noch verhanden: So wird solches dem deponenten oder seinen Erben / für allen andern Creditorn billig gefolget. Nach diesem / wann die Gläubigere / so entweder außdrückliche bedingte oder stillschweigende Verpfändung haben / allesampt bezahlet seyn: Sollen die jenige / so keine Verpfändung haben / nach advenant oder Anzahl eines jeden Schulde / ohne einig unterscheid des datums, so weit sich des Schuldeners Güter erstrecken / zugleich ihre Bezahlung empfangen. [199]In allen Obligationen und Handlungen / es sey dann dasselbe außdrücklich in den Rechten verbothen / können Bürgen genommen werden / welche nicht allein sich / sondern auch ihre Erben / verbinden / ob gleich derer in der Verschreibung nicht gedacht wird / es were dann / das in der Verschreibung außdrücklich bescheiden / das an stat des Bürgen / so versterben möchte / der Schüldiger dem Gläubiger einen andern Bürgen setzen solte / dann auff sothanen Fall haben die Erben des verstorbenen Bürgen sich excipiendo zu schützen: Aber in malefitz Sachen / als Diebstal / Raub / Morgen / und dergleichen / so jemand auff handhaffter That begriffen / hat derselbe keiner Bürgen zu geniessen. Weren aber in Verbrechungen also beschaffen / das sie nicht an Leib und Leben giengen / können dafür [200] Bürgen genommen werden / welche sich zu einer gewissen Peen müssen obligieren, und da die Sache ihrem Principal zu wiedern liesse / werden sie mit erlegung der Peen entfreyet. Alle dieselben / so vor sich beständiglich contrahiren, können sich auch für andere bürglich verpflichten / dahero Weiber / so nach diesem Unserm Stadt Recht Unmündig / und Knaben unter achtzehen Jahren / ohne ihre Curatorn und Vormündere sich nicht können als Bürgen beständiglich verpflichten. Die Bürgen können nicht also verbunden werden / das sie mehr solten bezahlen dann der Principal Schüldener / wiewol sie gestrenger obligirt und verknüpfft werden können / das jenige / darzu sich der Principal obligirt, zubezahlen. Dahero wann einer zehen schüldig / und setzet einen Bürgen auff funfftzehen / geldet die Bürgschafft höher nicht / dann auff zehen / darzu sich der Principal verbunden. [201]Die Bürgschafft kan weiter nicht / dann die Wort deroselben lauten / außgestrecket werden / darümb / wann einer zum Bürgen gesetzet vor Schuld: So muß er zwar / auff den Fall der Nicht-Haltung / die Schuld bezahlen / aber für den Schaden darff er nicht antworten / sondern der Principal muß denn gelten und richtig machen / es were dann ein anders außdrücklich paciscirt und bedingt. Dann so ein Bürge / so wol vor die Rente / Interesse und Schaden / als vor die Hauptsumma sich verpflichtet / ist er auch solches / dafür er sich verpflichtet / auff den Fall der Nicht-Haltung des Principalis / wann er darümb besprochen wird / abzutragen schüldig. Die Bürgen haben dreyer Wolthaten sich im Rechten zugebrauchen / als nemlich vors erst / das ehe und zuvor der Principalis excutiirt, und Unzahlbahr befunden / die Bürgen nicht mügen / zur Zahlung angehalten werden / es were dann Sache / das sie sich solcher Exception Excussionis Principalis außdrücklich begeben; also auch / wann ein oder mehr Bürgen sich / als selbstschüldige [202] verpflichten / hat der / oder dieselbige / die sich also verpflichtet haben / sich hinförter der Exception Excusionis Principalis nicht zugebrauchen / sondern müssen wir die Sachwaltere selbsten halten. Das andere beneficium oder Begnadung Rechtens ist diese / wann sich etliche Bürgen für eine Schuld eingelassen / und verpflichtet / das ein jeder mit Bezahlung seines Antheils / so ferne die Bürgen alle zu bezahlen haben / von der Bürgschafft sich erledigen könne / es were dann gleichfals Sache / das die Bürgen sich solcher Gutthat gemeines Rechtens außdrücklich begeben / oder sich einer vor alle / und alle vor einen / verpflichtet hätten / dann auff solchen Fall der Gläubiger alle Bürgen / oder aber einen unter ihnen / welchen er will / umb die Bezahlung anzulangen / und so er von einem nicht kan vollnkömlich bezahlet werden / hat er macht / die Schuld von den andern Mitlobern / oder so etliche davon verstorben / von derselben Erben biß zu seiner gantzen Bezahlung / zuforderen. Weren aber die Mitlober etliche verarmet / müssen die Vermügene der Umvermügenen portion pro rata auff sich nehmen / und dieselbige abtragen und bezahlen. [203]Die dritte Wohlthat Rechtens / deren sich die Bürgen zubehelffen / ist / daß / wann aus etlichen Bürgen / so sich zusammen für eine Schuld verhafftet / einer besprochen wird / derselbe seiner Mitbürgen wegen ehe nicht zahlen dörffe / es sey ihm dann von dem Creditore seine Fürderung / so wol wider den Principal, als den Mitbürgen / cedirt und auffgetragen. Und mag der Bürge nach auffgetragener solcher Forderung / einen jeglichen der Mitbürgen umb seine Quotam und gebührenden Antheil / nicht aber ümb die gantze Summ und in solidum, besprechen / es sey dann / daß sich die Bürgen / wie obgemeld / ein vor alle / und alle vor ein obligirt, und also des beneficii divisionis verzeihet hätten / dann auff solchen Fall auch der Bürg / nach beschehener cession, eben so wol wie der Principal, von einem seinen Mitbürgen alles das jenige / so er über seinen Antheil bezahlet / wieder zu fordern befugt ist. Da aber jemand der Bürgschafft verleugnet / und dessen zu Rechte überwiesen were / machet [204] er sich aller vorgesetzter dreyer Wohlthaten und Begnadung Rechtens / so den Bürgen vergönnet / allerdings unfähig und verlustig. Wann einer etwas kaufft von einem / auff gewisse Zeit zu bezahlen / und der Verkäuffer trauet dem Käuffer / also das er der Käuffer es in seine Gewehr bringet / wil der Verkäuffer alsdann Bürgen für die Bezahlung haben: So darff er ihm alsdann keine Bürgen dafür stellen / es were dann offenbahr / kund und notorium, das er flüchtig oder weichhafftig[54] seyn würde. Wann jemand ein Erbe verlassen wird / der sol immer zu Bürgen nehmen / auff das er verwahret werde Jahr und Tag / und entbricht ihm etwas an der Gewehrde / das sol der Bürge entrichten. Und wann die Gewehr Jahr und Tag geschehen ist / so ist der Bürge frey / und der / deme das Erbe verlassen und zugeschrieben / dasselb näher zubehalten / dann es ihm jenig Mann abzuwinnen. Es were dann / das der jenige / welcher es anzufechten Vorhabens / durch Rechtmässige Uhrsache außheimisch gewesen / so hat er billig von Zeit der erlangten Wissenschafft noch Jahr und Tag zugeniessen. [205]Hat ein Bürge für einen Contract / der allein auff eine gewisse und benandte Zeit geschehen / gelobet: So ist alsdann / nach verlauff der Zeit / da der Gläubiger / auff Unterhaltung / oder aus gutem Willen / dem Schüldener weitere Frist / ohne des Bürgen Vorwissen / gegeben / der Bürge ledig / wie imgleichen / da der Bürge außdrücklich in seiner Verpflichtung bedingt / das nach Außgange einer gewissen Zeit / er ferner nicht hafften / noch Bürge seyn wolle / und der Gläubiger gibt dem Principal fernere dilation, darin der Bürge nicht gewilliget: So ist er der Bürgschafft ledig. Sonsten ins gemein wird der Bürge / welcher der Bezahlung halben gelobet / nicht entfreyet / ob gleich nach verlauff der Zeit / da die Bezahlung fallen sollen / der Gläubiger ohne des Bürgen Vorwissen / weitere Frist gegeben hätte. Es sol aber in allewege dem Bürgen erlaubet seyn / so er vermercken würde / das der Selbgelter seine Güter verschwendete / oder sonsten in Abgang seiner Nahrung käme / gegen den Principaln und Selbgelter / ümb Enthebung und Erledigung seiner Bürgschafft / zu klagen. [206]Welcher gestalt aber der Bürge demselben / gegen welchen er sich verpflichtet / verhafftet ist / solcher gestalt hat er auch ihm hinwieder denselben / vor dem er gelobet und bezahlet hat / verpflichtet / ihn schadeloß zuhalten.
Wer einen Wechsel-Brieff acceptiret, der wird Debitor oder Selbschüldiger / so wol als der das Geld selber auffgenommen und empfangen hat. Wann ein Wechsel-Brieff von fremden Oerten kömpt / und auff einen zu acceptiren assignirt [207] ist / und derselbe zu acceptiren sich verweigert / So mag der Einhaber des Wechsel-Brieffes alsbald protestiren; wil er aber demselben / so acceptiren sol / zu Gefallen drey Tage warten / sol ihm solches / wofern kein Bote in mittelst nach dem Orte / da das Geld außgezählet ist / gehen würde / ohn præjudicirlich und ohn schädlich seyn. Wil in den dreyen Tagen der / an welchem der Wechsel-Brieff consignirt, nicht acceptiren / so gebühret dem Einhaber des Wechsel-Brieffes zu protestire; das protestiren zu rücke zu senden / den Wechsel-Brieff aber bey sich zubehalten biß der betaget; wil alsdann derselb / an welchem der Wechsel-Brieff geschrieben / noch bezahlen / so muß der Einhaber empfangen / jedoch daß die wegen des Protests auffgewandte Unkosten zugleich mit erlegt werden. Wil er aber nicht bezahlen / so muß der Einhaber protestiren vom Hauptstul / Schaden und Interesse, das Protest neben dem Wechsel-Brieffe zu rücke senden / und die Bezahlung des Hauptstuls / Interesse und Schadens nach Wechsels-lauff / wie die zurücke gehet / von dem principal Auffnehmer wieder forderen. Wann ein Wechsel-Brieff betaget und verfallen / sol der Einhaber desselben an möglichem [208] Fleisse das Geld zu forderen nichts lassen erwinden. Da aber der acceptator in der Bezahlung säumig befunden würde / sol der Einhaber des Wechselbrieffes innerhalb zwölff Tagen zu protestiren schüldig seyn / und sol ihm dieselbe Zeit / wo fern er fleissig gefordert / und inmittelst keine novation, pacta und andere Gedinge mit dem acceptatorn gemacht hat / unnachtheilig seyn. Würde er aber nach Verlauff der zwölff Tagen erst protestiren; So hat er damit seine Anspruch an dem Principal Auffnehmer verlohren / und muß sich an den acceptatorn halten / es werde dann das Sonntage oder heilige Tage einfielen / darauff kein protest mag gemacht werden. Wann einer einen Wechselbrieff zu sich nimmt / und gelobet zu acceptiren, der sol zubezahlen schüldig seyn. Wird jemande ein Wechselbrieff zu acceptiren gegeben / und derselbige solchen drey Börsezeit sich behält / und der vorige Einhaber des Wechselbrieffes ihn wieder abfordert / aber nicht wieder bekommen kan / so sol derselbe vor vollnkömmlich acceptiret gehalten / und wann derselbe verfallen / von dem / der den [209] Wechselbrieff über vorbenandte Zeit bey sich behalten / und auff beschehene Abforderung nicht von sich gegeben / bezahlet werden. 7.
Wann einer Geld auffgenommen / und an bestimbtem Orte / der darauff gegebener Wechsel-Brieff nicht acceptirt wird / und davon protest wieder zu rücke kömpt: So ist der Auffnehmer in continenti ohne Verzug Bürgen zu stellen / oder gute Wahren und Pfande zu überliefferen verpflichtet / damit der Creditor wegen Hauptstuels / Unkosten und Schadens müge gesichert seyn. 8.
Wann ein Diener / ohne schriftliche Vollmacht und Instruction einen Wechselbrieff / der an seinen Herrn consignirt, acceptirt; So ist der Herr denselben / wann er verfallen / zu bezahlen nicht verbunden / hat aber der Diener schrifftliche Vollmacht von seinem Herrn: So muß der Herr auff verfallene Zeit billig bezahlen. 9.
Wann einem ein Wechselbrieff præsentiret, und von demselben nicht acceptiret ist / mag der [210] dritte / zun Ehren dessen der den Wechsel-Brieff außgegeben / acceptiren; und wann derselbige die Bezahlung gethan / und durch transport den Wechsel-Brieff empfangen / hat er die Action gegen den Debitorn, von demselben die Bezahlung wieder zu suchen / oder er lasse protestiren / acceptire den Wechsel-Brieff / und bezahle / und nehme zu sich den Wechsel-Brieff mit dem Protest, damit er das Seine könne wiederforderen / und dieselbe dritte Persone ist in Krafft der Acceptation schüldig / den Wechsel-Brieff zubezahlen. 10.
Es sol niemand einigen Wechsel-brieff bezahlen / ehe und zuvor daß derselbige betagt und verfallen / dann da es sich begebe / daß derselbe / an den die Bezahlung vor der Zeit geschehen / inmittelst fallirte; auff solchen Fall ist sodane Bezahlung zu Nachtheil und Gefahr desselben / der den Wechsel-Brieff vor der Zeit bezahlet hat. 11.
Es mag auch der jenige / der die Summa oder Pfenninge / in dem Wechsel-brieffe gemeldet / außgezählet / als Herr des Wechsels / die Commission darinne begriffen / widerruffen / oder widerruffen lassen / durch denselben der den Wechsel-brieff re integra geschrieben / ehe und zuvor der Acceptant denselben bezahlet / Es wäre dann / daß der jenige / an den der Wechsel-brieff zubezahlen gelanget / [211] kein schlechter Mandatarius oder Befehlighaber des Senders des Wechselbrieffes / besondern daß dieselbe Pfenninge ihm gehörig / und bey dem Wechsel-Brieffe avito und Befehl bekommen / in rem suam und zu seinem selbst eigenen Nutze / die darinne begriffene Summa zu empfangen. 12.
Wann Wechsele auff Franckfurt / Leiptzig / Naumburg / und dergleichen Messen und Jahrmarckte übergeschrieben / daselbsten acceptirt und nicht bezahlet werden / sollen den Einhaber des Wechsel-brieffes ohne præjudicio und Nachtheil drey Tage / nach dem das Geleide / weggezogen / an den Oerten da das Geleide gebräuchlich / und an andern Oerten drey Tage nach der Zahl-Woche das Protest zuthun gegönnet werden. Würde er aber gar nicht / oder nach verlauff dreyen Tagen / protestiren / hat er seine action gegen den Principal Auffnehmer damit verlohren / und muß sich an den Acceptatorn halten. [212]TITULVS. VIII.
Von Kauffen und Verkauffen:
ARTICULUS 1.
Eine Frau die Kauffmanschafft gebraucht / offene Laden und Fenster hält / mit Gewicht aus- oder einwieget und mist / sol pflichtig seyn / das jenige so sie kaufft oder verkaufft / zu zahlen und liefferen. Die aber / so der Kauffmanschafft nicht zugethan / kan ohne ihres Mannes oder ihrer Vormünder Wissen und Vollbort / ausserhalb Linnewandt und Flachs / zu des Hauses Nothdurfft gehörig / nichts beständiglich contrahiren. Hätte sie aber / ohne Consens ihres Vormundts etwas auffgeborget / oder gekaufft / sol dem Gläubiger verstattet werden / ihr das oberste Kleidt abzunehmen / biß daß er bezahlet ist. 2.
Dieser Stadt Güter sol niemand verkauffen / [213] ohne öffentlich Anschlag / Consens und Bewilligung eines Erbahrn Raths. Wer sein Erbe / es sey Brau- oder Wohnhauß / so er geerbet / befreyet / oder auch mit seinem wol gewonnenem Gelde an sich gebracht / verkauffen wil / der sol es zu forderst zween Erbgesessene Bürgere / den beyden seiner nechsten Freunde / dar sein Gut auff fallen mag / an praesentiren / und wann die es nicht begehren / denen verkauffen / so das meiste dafür geben wollen. Wann jemand in dieser guten Stadt / des Juris retractus oder Vorkauffs geniessen / und in den Kauff treten wil / der sol / wann er gebührlich ersucht / alsbald / oder je auff das höchste innerhalb zween Monaten / sich erklären / und dasselbige Geld erlegen / so ohne Betrug und heimliche Untersetzung zum höchsten dafür geboten wird; und da des Argwohns oder bösen Verdachts / gnughafftige und erhebliche Anzeige wären / sol der Verkäuffer das rechte ware Kauffgeld / vermittelst seines leiblichen Eyds / nahmkündig zu machen / und der in den Kauff treten wil / gleichergestalt bey seinem Cörperlichen Eyde zu erhalten schüldig seyn / daß er solch Gut vor sich / und nicht einem andern zum besten kauffe. [214]Wann in dieser Stadt und derselben Jurisdiction Güter auff Leute / die allhie keine Bürger oder Unterthanen seyn / versterben / und derselben Erben einer vor der Theilung den Erbfall verkauffte: So ist derselbe der die Theilung thun / und das Gut von sich geben sol / der nechste zu dem Kauff / wann er die Pfenninge / darumb der Erbfall verkaufft ist / erlegen wil. Und da wegen des Kauffgelds Zweiffel oder böser Argwohn entstehen würde / sol der Verkäuffer das Kauff-Geld bey seinem leibliche Eyde nahmkündig zumachen schüldig seyn. Wann liegende Gründe / stehende Erbe / oder Zinse / verkaufft seyn / sollen dieselbigen vor dem sitzendem Rathe in öffentlicher Audientz verlassen / und folgends in dieser Stadt Erb- oder Rent-Buch geschrieben werden / und der Verkäuffer des Hauses / die Gewehre mit einem gnugsamen Bürgen auff Jahr und Tag / dem Käuffer zubestellen schüldig und verbunden seyn. Nach Außgang Jahrs und Tags kan niemand verkauffte / verlassene / und in der Stadt-Buch [215] zugeschriebene Erbe anfechten / Es sey dann / daß er durch rechtmässige Uhrsache außheimisch gewesen: So hat er billig von Zeit der Wissenschafft noch Jahr und Tag zugeniessen. Welcher Mann etwas kaufft / der sol sich vorsehen / und eigentlich wahr nehmen / was und von weme er kaufft / dann / wann ein Gut gestohlen / geraubet und abgetrogen ist / und der rechte Herr desselbigen kömpt / und glaubwürdige Anzeig thut / das solches Gut sein gewesen und noch sey: So mag er dasselbe mit Vorwissen des Richters / ohne alle Entgeltnüß und Bezahlung des außgegebenen Kauff-geldes / wiederumb an sich nehmen / und sol der Käuffer / wofern er umb den Diebstal und Betriegung gewust / mit gebührender Straffe belegt werden. Wann Käuffer und Verkäuffer sich dessen vereinbahren / daß ihre Abrede in Schrifften sol verfertiget werden / und alsdann erst bündig seyn: So ist der Kauff von keinen Würden / biß daß dieselbige Schrifft in allen ihren Puncten beliebet und vollzogen ist. [216]Ein Kauff und Verkauff / kan in dieser guten Stadt auch wol ohne Gottespfenning / beständiglich getroffen werden; wann aber derselbige ergangen / ist der Kauff dadurch desto mehr bekräfftiget. Welcher Mann sein Gut verkaufft / mit dem Bedinge / so fern der Käuffer innerhalb sechs Monath das Kauff-Geld nicht erlegen wird / so sol der Kauf von keinem Würden seyn / der hat gnugsame Macht / und stehet allein in desselbigen / und nicht in des Käuffers Gefallen / wann die sechs Monath verflossen / und das Geld noch nicht bezahlet ist / entweder das Kauff-Geld zu fordern / oder gantz und gar von dem Kauf abzustehen / und seine Wahre wiederumb zu sich zu nehmen. Doch wann er den einen Weg erwehlet hat / kan er zu dem andern nicht schreiten. Wann jemand sein Gut verkaufft / mit dieser Condition, so fern innerhalb zwey Monaten einander kömpt / der mehr darumb geben wil / so sol der Kauff von unwürden seyn / und nicht gelten: Oder so fern innerhalb zwey Monathen niemand kömpt der mehr [217] darumb geben wil / so sol das Gut vor hundert Gülden dein seyn / etc. In diesen und dergleichen Fällen ist zwar der Käuffer allezeit verbunden / daß er den Kauff halten muß / aber darentgegen kan auch der Verkäuffer das Gut / dem so mehr dafür bieten thut / nicht alsbald zuschlagen / sondern muß es zu forderst dem ersten Käuffer an praesentiren / als der in das jenige was geboten / einzutreten wolbefuget ist. So bald der Kauff in allen seinen Puncten / über fahrende Haab / vollenzogen: So ist insgemein der Schade und Vortheil / so dem Gute begegnet oder zuwächst / des Käuffers / wann schon die Wahren in des Verkäuffers Packraum und Verwahrung verblieben: In liegenden Gütern aber kan kein Schade oder Vortheil dem Käuffer zugerechnet werden / es sey ihm dann zuforderst vor sitzendem Rath verlassen / oder er habe sich der Possession unterfangen / oder auch einen andern Abscheid mit dem Verkäuffer genommen. Wann ein verkaufftes Gut zu Rechte angefochten wird / so sol der Käuffer solches dem Verkäuffer / als der ihn in Rechten zuvertreten / noth- und [218] schadeloß zu halten schüldig ist / anmelden. Wird aber der Käuffer sothane denunciation zurücke setzen / und sich mit einem andern ohne Vorwissen des Verkäuffers / in Rechtfertigung einlassen / und derhalben Unkostung thun / oder Schaden leiden / so mag er solches sich selbst beymessen / und kan an den Verkäuffer keinen Regress haben. Wann jemand hat verkaufft unbeweglich Gut / und die Evictionem oder Gewehr nicht außdrücklich versprochen / sol er gleichwol / ausserhalb der Fälle / in welchen der Verkäuffer / besage gemeiner Käyser Rechte / von der Gewehr entfreyet / zu derselben verbunden / und da das verkauffte Gut gantz / oder zum Theil mit Rechte würde gewonnen / der Verkäuffer das außgezählte Kauff-Geld / neben beweißlichem Interesse, zuerstatten schüldig seyn. Welches dann auch in dem Fall statt haben sol / wann die Gewehr in gemein versprochen ist. Ist aber die Gewehre vor Freunde und Fremde von dem Verkäuffer angelobet / so sol er seiner Zusage nachkommen / oder da das verkauffte Gut beygesprochen / und mit Rechte gewonnen würde / dem Käuffer das Kauff-Geld / so viel er dessen empfangen / völlig [219] restituiren / und ihm darüber noch den zehenden Pfenning von der gantzen Kauff-Summen geben / und weiter zu nichts verbunden seyn. Wann ein Mann Korn / Holtz / Ochsen / Schweine / Schaaffe / Pferde / und dergleichen fahrende Haab auff dem freyen Marckte / oder auch in den Schiffen / besehen und gekaufft hat / auch darauff an seine Behausung und Gewehr bracht / daß muß er ohne alle Exception gelten und bezahlen / es wären dann ihre Vorworte anders. So einer sein Gut zweyen Personen zu unterschiedlicher Zeit absonderlich verkaufft / und folgends Streit fürfällt / daß sie es beyde haben wollen: so sol das Gut bey dem bleiben / so desselbigen Possesion und Besitz ohne Betrug erlanget. Da aber ihrer keiner in der Possesion, sol der vorgezogen werden / damit der erste Kauf geschlossen / und der Verkäuffer des andern / so abtreten muß / Willen zu machen schüldig seyn. Wird jemand in Kauffen und Verkauffen / über den halben Theil des rechten Werts übernommen [220] und verkürtzet / derselbige ist den getroffenen Kauff zu halten nicht schüldig.
Welcher Knecht auff Petri[55] / Ostern oder Michaelis[56] / sich vermiehtet / der muß in die vierdte Woche darnach zu Dienste treten / doch Ampts-Knechte sollen jedes Ammts üblichem Gebrauche und Rullen nach / in diesem Fall sich gemäß verhalten Wann ein gemiehteter Knecht nicht zu Dienste gehen wil / so muß er seinem Herrn das halbe Lohn / darumb er gedinget war / bezahlen: wie imgleichen der Herr / wann er den Knecht nicht annehmen wil / hierzu verpflichtet ist. Anmerkungen (Wikisource)Bearbeiten
Wo einer seinen Knecht für rechter Zeit / ohne gnugsame Uhrsachen von sich weiset / der sol ihm desselbigen Jahres angedingtes Lohn entrichten: Entgehet aber der Knecht muthwillig seinem Herrn für rechter Zeit / so sol er zu forderst wiederumb von sich geben / was er desselbigen Jahres auff das Lohn empfangen / und darüber noch eines Jahrs Lohn gelten: oder aber / da er solches zu thun nicht vermag / mit gefänglicher Verhafftung / nach des Richters Ermessigung gestraffet werden. Ein Knecht der sich zu dem Ehestande begeben wil / mag wol vor der Zeit aus seines Herrn Dienste gehen / und so viel Lohn haben / als er biß auff den Tag / da er abtrit / verdienet hat; wann er aber mehr emfpangen / sol er solches wiederumb einbringen und von sich geben. Stirbet ein gemiehteter Knecht / so ist der Herr nicht schüldig / seinen Erben mehr zu geben / als der Knecht zur Zeit seines Absterbens verdienet hat; da derselbige aber etwas mehr über seinen Verdienst empfangen / [222] das seyn seine Erben heraus zugeben nicht pflichtig. Stirbet aber der Herr / so sol man dem Knechte so viel geben / als er zu der Zeit verdienet hat / da der Herr stirbet / benebenst eines Monats Essen und Trincken / damit er sich umb einen andern Dienst bewerben mag. Wil auch des Herrn Erbe / so sol der Knecht volln außdienen / und sein Lohn darumb empfangen. Wer ohne bescheiden Lohn auff Gnade dienet / dem mag man aus Gnaden zukehren so viel man wil. Da aber kundbahr und jederman bewust / daß solcher Knecht gantz fleissig und treu gedienet / sol ihm auch sein gebührliches Lohn zwischen minsten und meisten / nach des Rechten Erkändtnüß / nicht vorenthalten werden. Es kan der Knecht seines Herrn Gut nicht verspielen / versetzen / verkauffen / oder verwircken / ohne desselben Vorwissen und Befehlig / und da es geschehe / kan der Herr solch Gut mit Rechte ohne Entgeltnüß wieder fordern. Da auch der Diener ohne seines Herrn Bewilligung und Befehlig / Gut gekaufft hätte / und solches in des Herrn Nutzen nicht gewendet wäre / welches [223] dann der Herr bey seinem Eyde zuerhalten schüldig / das ist sein Herr zu bezahlen nicht verbunden. Wiederfähret ohne des Herrn Schuld einem Knechte in seinem Dienste ein Unglück / an seinem Leibe und Gesundheit / des bleibet der Herr ohne Schaden / doch muß er ihm das volle Lohn geben / und was also in diesen vorgehenden Articuln von den Knechten geordnet / sol auch von den Dienst-Mägden verstanden werden. Welcher Mann in dieser guten Stadt sein Hauß / Boden / oder Keller auff Ostern oder Michaelis verheuret / der sol dieselbige in der vierdten Woche darnach räumen und frey schaffen / Imgleichen sol auch der Häurer auff dieselbige Zeit seine Häure zu erlegen schüldig seyn. So jemand ein Hauß / auf ein halb oder gantz Jahr geheuret hat / und dasselbige nicht befahren wil / der sol eines halben oder gantzen Jahres Häure bezahlen / Ist aber die Verhäurung auff zwey / drey / oder mehr Jahr geschlossen: So muß er gleichfalls eines [224] Jahres Häure erlegen / und darneben von den übrigen Jahren das Interesse, wann der Eigenthümer das Hauß ringer verhäuren muß / abtragen. Doch sol ihm allewege zum besten kommen / wann es mittlerweile / mit Vorwissen des Eigenthümers / einem andern verhäuret / und davon etwas empfangen wird. Ebenmässig sol auch der Verhäurer so den Contract nicht halten wil / verbunden seyn. Wann einer ein Hauß / Boden oder Keller / ein zeitlang in der Häure gehabt / so kan er nicht daraus getrieben werden / es sey ihm dann zuförderst ein halb Jahr / wann es ein Hauß / und ein Viertheil Jahr / wann es eine Boden oder Keller ist / vorher die Loßkündigung geschehen / wie auch gleicher gestalt / wann der Häurling je länger in dem Hause / Boden oder Keller zu wohnen nicht bedacht ist / mit der Auffsage sol gehalten werden. Hat jemand ein Hauß auf zwey oder drey Jahr gehäuret / und bleibet nach Außgange derselbigen / ohne alle Vorwort darinnen bewohnen / der sol von dem Jahre gleich so viel Häure geben / als er von einem der vorigen Jahre gegeben hat / doch darff sein Bürge / [225] so irgends vor die vorigen Jahre ist verobligiret gewesen / hierzu nicht antworten. Wann einer sein Hauß auff ein oder mehr Jahr verhäuret hat / und mitler weile dasselbige verpfändet / verkaufft / oder sonst alienirt, so sol solcher Contract allezeit dem Häurer an seinem habenden Rechte und noch restierender Zeit / unvorfänglich seyn. Stirbet aber der / so ein Hauß gemiethet oder vermiethet hat / die Erben seyn beyderseits den getroffenen Contract zu halten / oder den Gegentheil zu befriedigen schüldig. Der Verhäurer sol allezeit das Hauß mit nothwendigen Gebäuden unterhalten / und sofern er hierinnen nachlässig / sol ihm solches / nach Erkäntnüß des Rechten / in der Häure abgekürtzt werden. Ein Häurer sol das gehäurte Hauß in guter Acht haben / als wann es sein eigen wäre / und da durch seinen oder seines beyhabenden Gesindes Unfleiß [226] und Verwahrlosung / demselbigen Hause einiger Schade zugfüget würde / den sol er zuerstatten schüldig seyn. Wann ein Hauß auff eine genandte Zeit verhäuret ist / und der Häurer dasselbe zu Nachtheil und Verderbung mißbrauchet / oder ärgerlich in Schande und Laster darinne hausieret / oder auch ein halb Jahr in Erlegung der verfallenen Häure säumig befunden wird / so kan er mit fuge auch vor der bestimmten Zeit / durch das Gerichte daraus gewiesen werden. Wird ein Handwercks-Mann das jenige / so ihm zu arbeiten anbetrauet / verkauffen oder versetzen / so ist der jenige / dem das Zeug zu kömpt / näher dabey zu bleiben / dann der / welchem das Zeug verkauft oder versetzt ist / und darff demselbigen / bey welchem er sein Zeug findet / nicht mehr als das Macherlohn / so daran verdienet ist / bezahlen. [227]Wann nach Absterben der Eltern / zwey oder mehr Kinder / so zu ihren Jahren gekommen / und in den angeerbten Gütern ohne alle Vorwort besitzen bleiben / mit denselbigen Handel und Wandel treiben / so sollen sie mit gesammender Hand den Gewinn und Verlust tragen / biß daß sie rechtmässig getheilet haben. Mascopey kan in dieser guten Stadt nicht allein auff eine genandte Parthey / gewisse und specificirte / besondern auch wol auff alle gegenwertige und künftige Güter / gemacht werden. [228] Was Mascopey-Brüder im Anfang ihrer Gesellschaft mit einander abreden und bedingen / solches sol zu jeder Zeit / wann es der natürlichen Billigkeit gemäß / stätt und fest gehalten werden. Wann zween oder mehr in einer Mascopey zusammen treten ohn alle Vorworte / wie es mit dem Gewinn und Verlust sol gehalten werden / und folgends Streit zwischen ihnen vorfällt / so sol ein jeder des Glücks und Unglücks / nach dem er Geld / Wahre oder Arbeit zu der Gemeinschafft angewandt / pro portione Geometrica[2], zugeniessen haben. Hat einer zu der Mascopey eine genandte Summ Gelds / als fünffhundert Marck Lübisch / eingelegt / und der ander den Unlust / Mühe und Arbeit / dem Gelde gleich / ein oder mehr Jahre allein getragen / und nach zugelegter Rechnung befindlich / daß aller angewandter Fleiß und Arbeit vergeblich / und genau der eingelegte Häuptstul verhanden / so sol derselbige Häuptstul bey dem so ihn eingelegt / verbleiben: Würde aber ein ehrliches damit gewonnen seyn / so sol der erste sein eingelegtes [229] Geld voraus nehmen / und den übrigen Gewinn mit seinem Mascopey-Bruder zugleich theilen. Wann Mascopey-Brüder sich eines gewissen vereiniget haben / welcher Gestalt der Gewinn von ihrem eingebrachten Gelde oder Wahren sol getheilet werden; auch hernacher über Zuversicht kein Gewinn / besondern Schade befunden wird / so sol das jenige / was von dem Gewinn verabscheidet / auch in dem Verlust gehalten werden. Werden sich etliche Personen vereinbahren / daß sie alle das jenige / so sie mit ihren Gütern / Mühe und Arbeit bestes Fleisses gewinnen und verdienen können / in einen Kasten legen / und gemein haben wollen / und sich zu trägt / daß dem einen etwas von seinem Verwandten und gutem Freunde / in einem Testament / oder sonsten / verehret wird / solches darff er nicht einbringen / viel weniger mit seinen Gesellen theilen. Was die Mascopey belanget / so einer von den Mascopey-Gesellen contrahirt, dafür müssen [230] auch die andern / so weit sich ihre Mascopey erstrecket / gehalten seyn. Was aber ausserhalb der Mascopey / oder wann die ihre Endschaft gewonnen hat / von dem einen gehandelt wird / darzu darff der ander nicht antworten / und mag ein jeder der hiedurch Schaden empfindet / sich selbst beymessen / daß er der Personen Gelegenheit und Zustandt / damit er den Contract geschlossen / nicht besser nachgefraget hat. Stirbet einer von den Mascopey-Brüdern / so ist die Gemeinschafft dadurch auffgehoben / und ist der Erbe in der Mascopey zu bleiben unverbunden / doch so von seinem Vorfahren ein gewisser Handel angefangen / und Unkostung darauff gewandt / ist der Erbe schüldig / denselben Handel auff Gewinn und Verlust zu vollenbringen. Niemand ist schüldig / in einer / ohne gewisse bestimmte Zeit / gehaltenen Companey / wider seinen Willen zuverharren / besondern mag derselbigen nach seinem Gefallen / doch ohne Betrug und Hinderlistigkeit / renunciiren. [231]Machet einer / so in der Mascopey sitzet / Pancorot / und verlaufft seine Güter / so ist die Mascopey dadurch getrennet und auffgehoben. Nach geendigter Mascopey sol der eine Geselle dem andern eine beständige auffrichtige Rechnung / vermittelst eines rechtmässigen auffrichtigen Kauffmanns-Buch und Inventarij, oder auch / da es die Gelegeneheit und Umbstände der Sachen erfordern wird / seines leiblichen Eydes / zuthun schüldig seyn. Wiewol aus erheblichen fürfallenden Uhrsachen / auch in wehrender Mascopey solche Rechnung kan gefordert werden. Wann ein Mascopey-Geselle / bey ihrem gemeinen Gute so fleissig und treulich / als bey seinem eigenen handelt / so kan er nicht beschüldiget werden. Da er aber unachtsam und leichtsinnig damit umbgehet / etwas davon verspielet / oder sonst unnöthig / und in Sachen der Mascopey nicht zugehörich / außgeben wird / solches sol er allein zahlen / und kan ihm in der Rechnung keines weges vor gut geachtet werden. [232]Wird jemand durch eines Erbahrn Raths Urtheil und Recht überwunden / daß er in gehabter Mascopey sich betrieglich und hinderlistig verhalten hat / der sol für keinen ehrlichen Mann hinführo geachtet werden.
Wann zwo unmündige Personen / aus freyem Willen / mit Bevollbortung ihrer Eltern / in unverbottenem Grad sich mit einander ehelich einlassen und verbinden / solches wird für eine rechte Ehe geachtet. [233]Weil vermüge göttlicher / natürlicher und weltlicher Rechte / der Eltern Beliebung und Vollbort zu der Kinder Ehe nöhtig / so seyn auch die Kinder der Eltern Consent aus schüldigem Gehorsam zu erfordern pflichtig und verbunden. Da nun der Sohn und Tochter unter 25. Jahren / ohne der Eltern Bevollbortung / eigenes Willens / sich an eine unberüchtige Person befreyen würden / auff den Fall sol den Vater frey stehen / den Brautschatz ihnen zu weigern / auch im Testament über die legitimam nichts zuverordnen. Da aber der Vater in dem Testament dieses Ungehorsams nicht würde gedencken / sondern stillschweigende vorbey gehen / auff den Fall wird solcher Sohn oder Tochter / seinen andern Schwestern und Brüdern gleich / zu den nachgelassenen Gütern admittirt und zugelassen. Wann jemand ohne der Eltern Vorwissen und Willen / mit einer Person heimlich sich würde verloben / und die Eltern / so bald sie es erfahren / solche Ehe widersprechen / und derselbe Sohn oder Tochter folgends [234] mit der Eltern Wissen und Willen / mit einer andern Person Verlöbnüß halten / so wird in diesem Falle die letzte Verlöbnüß der ersten / darinn die Eltern nicht gewilliget / billig vorgezogen. Würde einer zweyen Jungfrauen oder Witwen die Ehe versprechen / und ordentlicher Weise zusagen / auff den Fall ist die erste Zusage bündig / und die letzte von keinem Würden; es wäre dann / daß er die andere hätte fleischlich erkandt / so wird dieselbige Verlöbnüß in diesem Fall der ersten / wofern die Person von der ersten Verlöbnüß keine Wissenschaft gehabt / vorgezogen. Jedoch wird dem Gerichte die ernstliche Straffe / wegen des groben Excesses, gegen den Verbrecher billig vorbehalten. Wann eine Jungfrau vor der Ehe / darein sie mit ihrem Ehe-Mann getreten / von einem andern ist geschwängert / davon der neue Ehe-Mann keine Wissenschaft gehabt / sondern alsobald er solches nach gehaltener Hochzeit beständig erfahren / sich ihrer ehelichen Gemeinschafft hat enthalten / und auff die Entscheidung beharlich drenget / auch aus gefassetem Eyffer sich zu der Außsöhnung wil bewegen lassen / so kan ihm auch solche Entscheidung nicht verweigert werden. [235]Wann aber einer mit einer Jungfrauen oder Wittwen sich ehelich eingelassen / die er vermeynet reich zu seyn / und daran Mangel erspühret / so kan in diesem Falle / nach gehaltener Hochzeit die Trennung keine statt haben / sondern er muß dieselbe / die er hat genommen / behalten. Aber vor der ehelichen Copulation und Beylager / kan die Verlöbnüß getrennet werden. Trennung oder Scheidung der Ehe wird nicht zugelassen / es sey dann daß der eine an dem andern Ehebrüchig worden / oder daß der eine unter ihnen zum Ehestande untüchtig befunden / oder daß der eine an dem andern Treuloß würde / und denselben verlassen hätte. Auff beschehene gerichtliche Erkändtnüß des begangenen Ehebruchs / wird dem unschüldigen Theil wiederumg zu der Ehe zu schreiten vergönnet und zugelassen. [236]Würde einer oder mehr vor den Brautschatz / oder des Bräutigams Patrimonium, sich Bürglich einstellen / und dafür sich zu hafften verbinden / wofern derselbe vor Außgang zweyer Jahre nach gehaltener Hochzeit / solcher geleisteten Caution und Bürgschafft nicht wird Gerichtlich besprochen / so wird derselbe / nach den verlauffenen zweyen Jahren / von solcher Forderung frey und entbunden / es sey dann daß es aus Liebe und Freundschafft / auff des Bürgen Begehren / nicht ist gefordert / und solches mit glaubwürdigen Zeugen kan bescheiniget / oder mit des Ehe-Mannes cörperlichen Eyde erhalten werden. Würden aber die Bürgen in der wehrenden zweyen Jahres Frist gerichtlich belanget / und einer oder mehr deroselben Bürgen / nach beschehener gerichtlichen Klage / tods verfahren / so bleiben desselben verstorbenen Erben nicht destoweniger zu der geleisteten Caution obligirt und verbunden. Wann Ehezärter zwischen Eheleuten seyn auffgerichtet / und von denen die zur Verpflichtung darzu erfordet / seyn vollenzogen / untergeschrieben und versiegelt / so wird auch billig nach des einen oder andern Absterben / so wol zwischen dem nachgelassenen Ehemanne [237] / oder seiner Wittwen / und den Kindern / die so wol aus der ersten / andern und dritten Ehe gebohren / die Theilung nach den auffgerichten Ehezärtern billig gehalten; und seyn so wol der eine als der ander darnach sich zu richten schüldig / und ist damit der Wittwen die Wahl zu dem Stadt-Rechte / oder zu den Ehezärtern sich zu ziehen / hiemit benommen / sondern muß dieselbe die Ehezarter folgen. Ob schon nach den auffgerichteten und vollnzogenen Ehezärtern / ein der Eheleut hernacher ein Testament oder Disposition seines letzten Willens / wie es mit seinen nachgelassenen Gütern zu halten / verfassen lassen würde / so mag doch solch Testamet den vollenzogenen Ehezärtern in den Puncten / die denselben wörtlich seyn einverleibet / nichts praejudiciren. Werden nach des Ehe-Mannes Absterben / die nachgelassene Güter mit Schulden-Last beschweret befunden / so bleibet der nachgelassenen Wittwen eingebrachter Brautschatz vor die Schülde / die in stehender Ehe gemacht seyn / verbunden. [238]Wofern aber die Wittwe / wann sie die Güter ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, abgetreten / von ihren Eltern oder nechst-verwandten Freunden / nach des Mannes todt / oder falliment, etwas ererben würde / dessen hat sie und ihre Kinder / vor ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn An- und Zuspruch / frey und ungehindert billich zu geniessen. Würde die Wittwe / nach Absterben ihres Ehe-Mannes / wegen der auff dem Sterb-Hauß befindlichen beschwerlichen Schülde / des Sterb-Hauses und der nachgelassenen Güter sich nicht anmassen / sondern den Creditorn des verstorbenen Ehe-Mannes / die nachgelassene und am Sterbetage verhandene Güter / würcklich und auffrichtig abtreten und aufftragen / so kan dieselbe Wittwe / durch solche beständige Cession, von ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn sich loß würcken und entfreyen. Würden der Wittwen (welche nach ihres Ehe-Mannes tödlichem Abgange / alle am Sterb- [239] Tage im Sterb-Hause und sonst verhandene / und ihrem verstorbenen Ehe-Manne / und ihr zugehörige beschwerte Güter / ihren Creditorn hat abgetreten) Eltern oder verwandte Freunde dieselbe aus ihren eigenen Gütern wiederumb außsteuren / so können des verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, so wenig die Wittwe / als auch ihren andern Ehe-Mann / ferner nicht besprechen. Da aber die Wittwe und ihr ander Ehe-Mann / sich des ersten Ehe-Mannes Güter / es sey viel oder wenig / beweißlich angemasset hätten / so seyn sie auch auff den Fall / zu den nachstehenden Schulden des ersten verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, zu antworten verbunden.
Ein jeder sol seinem empfangenem Befehl fleissig folgen / und denselben nicht überschreiten; auch da er einmahl den Befehl angenommen / ist er demselben nachzusetzen [240] und zu vollenziehen verbunden / und derselbige / welcher die Vollmacht angenommen / aber übertreten hat / kan nicht den Befehlgeber / sondern der Befehlgeber diesen / der wider den Befehl gehandelt / besprechen. Würde jemand einen guten Freund / dem andern bittlich commendiren / so sol er dardurch nicht verpflichtet werden; und hinwiederumb / da einer nicht aus Vorsatze / wie ein Anwald / sondern aus Freundschafft / zu dienen sich anerbeut / wird damit zur Anwaldschafft nicht verpflichtet. Ein jeglicher so einen Befehl außzurichten über sich genommen / ist dabey allen müglichen Fleiß anzuwenden schüldig; und derowegen / so durch seine Schuld / Fahrlässigkeit oder Versäumnüß / einiger Schade beschicht / ist er denselben zuerstatten / aber gar nicht / was durch einen unvorsehnlichen Fall sich zuträgt / darzu zu antworten verpflichtet / es wäre dann Sache / daß er solches auff seine Gefahr angenommen / dabey es billich bleibet. [241]Welcher von jemande eine Vollmacht / oder Geld annimpt / umb Wahren oder Güter einzukauffen / und demselben nicht nachkömpt / der ist dem Befehlgeber / allen dahero erwachsenden Schaden und Interesse abzutragen verpflichtet. Gebe auch jemand Vollmacht etwas zu verkauffen / oder zu vermiehten / so wird zugleich dardurch verstanden / das derselbige Befehlhaber auch das Kauff- und Mieht-Geld einzufordern und zu empfangen / Macht haben sol. Welcher Mann von jemande Vollmacht hat / umb Geld zu empfangen / derselbe kan sich keine Gewalt nehmen / längere Zeit zu der Bezahlung zuverstatten. Würde einer auff empfangenen Befehl auff Zeit und Termin / jemande Güter verkauffen / und die Käuffer darnach in discredit gerahten / so sol [242] dadurch der Befehlhaber nicht gefähret werden / wofern zu dero Zeit / als der Kauff beschehen / die Käuffer also bewandt gewesen / daß ihnen auch andere fleissige Händler getrauet hätten. Gibt einer jemande dermassen Befehl / als ihm zum besten gedeuchte / zuhandeln / solches sol hernacher auff gutem Glauben / und sonder Gefahr / verstanden werden. Wann einer etwas befohlen hätte zu kauffen / und daß hernacher wieder würde verboten / wofern das Gut gekaufft ist / ehe dann das geschehnes Verboth der Befehlhaber erfahren / dieses falls bleibet gleichwol der / so es befohlen zu kauffen / verpflichtet. Durch tödtlichen Abgang / so wol desselbigen / der da befehlet / als dessen dem befohlen ist / wofern alles noch in vorigem Stande beruhet / wird das Mandat erloschen / und sollen alle Kosten / so auff Verfolg des Mandats unter gutem Glauben auffgewendet / in allewege entrichtet werden. Um im falle der Befehlhaber [243] die Sache auch noch nicht endigen können / so seyn doch nothwendige Unkosten zu bezahlen.
Haben etliche Redere ein Schiff zusammen / und wil einer von dem andern / der von dem andern sich scheiden wil / der sol das Schiff setzen / beyde Geld und Tag / und der ander sol kiesen innerhalb viertzehen Tagen / und also sollen sie gescheiden seyn. Wann etliche Leute ein Schiff zusammen halten / oder ein Mann den mehrern Theil im Schiffe hat / so sollen alle / welche den wenigsten Theil haben / den andern am meisten Theil folgen / es wäre dann / daß der den mehrern Theil hat / das Schiff wolte liegen lassen / und es [244] dem andern müde machen / das sol nicht seyn / besondern man sol das Schiff zu Wasser weisen. So ein Mann sein Schiff selbst / oder vor jemand anders ladet / inmittelst daß man ein- und außschiffet / sol er das Schiffs-Volck beköstigen. Dieweil auch grosser Eigennutz bey den Redern selbst zu Zeiten gespühret wird / daß einer Holtz / der ander Victualien, und anders / über die Billigkeit mit anschlägt / zu grossem Vorfange der Redere / welche bahr Geld legen müssen / so sol hinführo ein jeder Schiffs-Reder sich solcher eigennützigen Handlung gäntzlich enthalten / und nichts an jenigen Wahren mit zulegen / ohne Consent eins oder zwey der Freunde / von den gemeinen Redern dazu geordnet / und des Schiffers / welche solches alles umb einen billigen Preiß anzunehmen / und sonsten des Schiffes bestes zu wissen schüldig seyn sollen; was dann also durch den Schiffern und zugeordnete Schiffs-Redere eingekaufft wird / solches sol alles / von weme / und wie theur es gekaufft / mit Fleiß zur Rechnung gebracht werden. [245]Von den Schiffern und Schiffs-Volcke: ARTICULUS 1.Ein jeglicher unser Bürger sol führen ein rothen Flüger / und wer das nicht thut / der sol es bessern mit drey Marck Silbers zu der Stadt Nutze / es sey dann / daß er ihn ablege von Angstes wegen / und so einig Gast einen rothen Flüger führet / der sol dieselbe Straff erlegen / wird er an unserm Recht darumb beklaget. Liegen Schiffe bey einander in einen engen Haven / und der jenige / welcher sein Ancker am ersten geworffen / oder gesetzt hat / zu dem andern so letzt gesetzt / spricht / er möge sein Ancker leichten / und ferner absetzen / dann er liege ihm zu nahe / weigerte sich derselbe das [246] zu thun / so mag der ander das Ancker leichten mit seinem Volcke / und fürter von sich legen / hindert oder verbietet der ander solches zu thun / kömpt Schade davon / den sol der bessern der das hinderte. Liegt auch einig Ancker ohne Boye oder Abzeichen / und daher Schade entstünde / denselben bessert derjenige / der seinen Boyen nicht gelegt / es wäre dann / daß der mit zween glaubwürdigen Leuten bezeugen könte / daß vor zwölf Stunden bey Sommerszeiten / oder wann der Tag kurz ist / vor viertzehn Stunden zum längsten / noch ein wachender Boye auff dem Ancker gewesen / so sol er damit entfreyet seyn. So jemands Schiff breche / oder durchgesiegelt würde / bedüncket den Kaufleuten / dem Steurmanne / und dem meisten theil des Volckes / daß man es allda machen möchte / so sol der Schiffer das Schiff allda repariren und bessern lassen / und bringen den Kaufleuten ihr Gut / dahin er ihnen das gelobet hat zu führen / so fern ihn GOtt für Unglück behütet. Wäre es aber / daß man das Schiff nicht wieder machen möchte / sol der Schiffer dem Kauffmann sein Gut ferner bey andern Schiffern an das bescheidenes Ort / auff seine Unkost / und auff des Kauffmanns Zollen und Ebentheur / verschaffen / und dagegen seine volle Fracht haben / kan aber der Schiffer keines andern Schiffes mächtig seyn / oder daß sonsten ehehaffte Verhinderung / Wetters oder Windes [247] halben / einfiele / alsdann sol der Schiffer das Gut in sichere Verwahrung / auff des Kauffmanns Unkost und Gefahr / aufflegen / und allda pro rata des wegen die Fracht haben. Setzet ein Schiffer jenige eingenommene Güter in ein ander Schiff / ohne Vollbort der jenigen / die sie ihm eingeladen haben / und solch Schiff auff der Reise zu nichte käme / so sol der Schiffer den Schaden bezahlen / es wäre dann / das solches Schiff / darinn die Güter zuvor geschifft gewesen / auff derselben Reise auch zu Schaden und Verlust käme / so sol auff den Fall der Schiffer davon entfreyet seyn. Ist ein Schiffer befrachtet / und bleibet so lange liegen das ihm Gelds entbricht / der mag wol an Land senden umb Geld / aber er mag keinen guten Wind verliegen; thäte er das / er ist schüldig dem Kauffmann den Schaden zuerlegen / er mag auch wol ausserhalb Landes nehmen von der Kaufleute Gut seine Nothdurfft / und bezahlen das wann er lösset / als das ander Gut geldet / zwischen dem minsten und meisten. [248]Wann die Schiff-Leute uneins seyn / wegen des Windes / daß etliche sagen / Wetter und Wind sey gut / und die andern sagen / daß der Wind nicht fällig sey / so ist der Schiffer schüldig mit dem meisten theil über einzutragen / thäte er anders / er wäre schüldig dafür zu antworten nach des Richters Erkäntnüsse. Wird ein Schiffer genöhtiget / auff der Reise Gut zuverkauffen / auff den Boden / so ist der Schiffer schüldig / in dem der Bodem so viel zu Lande bringet / das zu bezahlen an dem Marckte da er kömpt / innerhalb viertzehen Tagen / und sol das bezahlen zwischen den minsten und den meisten / und so fern der Schiffer dem Kauffmann nicht gnug thäte / und das Schiff verkauffte / oder einen andern Schiffer darauff setzte / so mag der Kaufmann sprechen binnen Jahr und Tag / umb sein Geld davon zu haben / gleicher weiß ob er gegenwärtig wäre / und sollen das zeugen mit des Kauffmanns Siegel / oder mit andern glaubwürdigen Documenten und Gezeugnüssen / so mag der Schiffer da nicht gegen sprechen / sondern muß / wo fern es zu des Schiffes Besten gekommen / entweder von dem Schiffe / oder aus des Schiffers Gütern bezahlet werden. [249]Kein Schiffer mag auff der Reise ein Schiff sellen oder verkauffen / das sein nicht ist / ohne Uhrlaub derjenigen / denen das Schiff gehöret / hat er aber Gebrech an Victualien / oder sonsten einiger anderer Nothdurfft des Schiffs / so mag er wol von dem Taue und Takel zu Pfande setzen / nach Rath der Schiff-Männer so bey ihm seyn. Wird ein Schiffer / Schülde / oder anderer Uhrsachen halben / mit Rechte bekümmert / oder durch Kranckheit / oder Gebrech seines Schiffes gehindert / daß er seine Reise nicht vollenbringen kan / der mag sich der Fracht verziehen / und wiedergeben / was er zur Häur empfangen hat / und bleiben ferner ohne Schaden / es wäre dann / daß der Kauffmann begehrte / daß er einen andern Schiffer darauff setzte / daß sol er sich nicht weigern / und thun dasselbe mit Wissen und Willen der Redere / oder in deren Abwesen auff des Kauffmanns Gutachten / oder sol den Redern unt Kaufleuten gönnen einen erfahrnen Schiffer zu miehten / auff des Schiffes Kosten. Wann ein Schiff ist zugeladen und gefüllet / so mag der Schiffer kein Gut mehr einnehmen / [250] ohne der Kaufleute Vollbort / thut jemand darwider / er hat verbrochen so viel als das Gut werth ist / daß er ohne Uhrlaub hat eingenommen. Es wäre dann daß der Schiffer solches hätte vorher bedinget. Wann ein Schiffer Güter eingenommen und zugeladen hat / und alsdann unvermuthliche Arrestirung der Obrigkeit des Landes oder Stadt / auch Kriegs-Empörung / Seeräuberey / oder auch Eyses Noth einfiele / und also nicht könte oder möchte siegeln / so mag der Schiffer die Güter mit des Kauffmanns willen / auff sein des Kauffmanns Unkost / wol lossen und aufflegen / und hernacher bey guter Zeit wieder einnehmen / und seine Reise vollenden. Wäre aber jemand unter den Kaufleuten / der seine Güter nicht wiederumb wolte einschiffen / der sol dem Schiffer die halbe Fracht zu geben schüldig seyn. Welcher Schiff-Mann in ein Marckt oder zu begehrter Haven kömpt mit seinem Schiffe / der ist schüldig / in dem Schiffe zu bleiben / biß daß das Schiff gelösset / und wieder belastiget ist / daß es liegen müge. [251]Es sol kein Schiffer seinen Knaben / er sey in oder ausserhalb Landes / Uhrlaub geben / oder lassen auff einem Eylande / er habe sich dann so grob versündiget; also auch sol kein Knabe seinen Herrn verlassen / wofern aber jenig Knabe dem Schiffer ohen Paßbort und redliche Uhrsachen entginge / und darüber geklagt würde / der sol ferner in dieser Stadt nicht geduldet noch gelitten werden. Wann ein Schiff verkaufft wird auff der Reise / so seyn ledig der Steurmann und die Schifmänner / der Schiffer aber sol dem Schiffs-Volck häuren ein gut Schiff / so sie das begehren / darin sie ihr Gut mit sich zu Hauß führen mögen / oder zu des Schiffers gefallen stehen / ihnen Zehrgeld / wie im nechstfolgendem Articul gemeldet / zu geben. Wird ein Schiff ausserhalb Landes verkauft / so sol das Schiffs-Volck ihre volle bedingte Häure aus und zu Hauß haben / aber keine Führung weiter / dann zur Stäte da es verkaufft wird / und fürther zur Zehrung vor funfftzig teutsche Meil weges drey [252] Reichsthaler / und so ferne nach advenant weniger oder mehr. So ein Schifs-Knabe des Nachts ausserhalb des Schiffs liegt und schläft / ohne Erlaubnüß des Schiffers / der sol es bessern mit acht Schilling Lübisch; wann aber jemand von des Schiffsvolcke die Schütte oder das Both / ohn Erlaubnüß des Schiffers / Steurmanns oder Hauptboßmans / von dem Schif nehmen oder führen würde / sol dem Volck in zwey Marck Lübisch Straffen verfallen seyn; da aber das Both beschädiget würde / oder durch solche Abführung oder anders / mercklich Schade geschehe / sol er dem zu Rechte stehen der darauf klaget. Wird ein Schiffs-Knecht in Trunckenheit / Hader oder Zanck verwundet / so ist sein Schiffer nicht schüldig denselbigen heilen zu lassen / besondern er mag ihn aus dem Schiffe weg schaffen / und häuren einen andern in seine Stätte / da auch das Artzt-Lohn sich höher erstreckte als sein verdientes Lohn / das sol der Schif-Knecht selbst bezahlen. Wird aber jemand gewundet in des Schiffers-Dienste / den sol der Schiffer heilen lassen auf des Schiffes Kosten. Ein Schiffer ist auch schüldig / seine [253] Schifleute in Friede und Einigkeit zuhalten / und Mittler zuseyn / wann sie untereinander uneins werden / so lange er ihnen Essen und Trincken gibt / und da gleich der Schiffer einigen Schiffmann schlägt / mit der Hand oder Faust / ist er schüldig einen Handschlag zu vertragen / und nicht mehr / jedoch ohne Wehre: Schlüge aber ein Schifmann den Schiffer / der sol zwantzig Reichsthaler zur Straffe geben / und hat er die nicht zubezahlen / sol gegen ihm nach Stadt-Recht / wie im 64. Articul des vierdten Theils verordnet / procedirt und verfahren werden. Häuret der Schiffer einen Steurmann oder Boßmann / dieselben seyn schüldig / ihm die volle Reise zu halten / als sie ihm gelobet haben; da aber einer nicht halten wolte / der sol dem Schiffer das gantze Lohn wieder geben / das er empfangen hat / und darzu von seinem eigenen Gelde halb so viel / als der Schiffer ihm gelobet hatte. Es sol kein Schiffer eines andern Steurmann / Piloten oder Schifmann untermiehten oder abspannen / thut jemand das / der sol ihn dem jenigen / der ihn ersten gemiehtet / wieder überlassen / oder der gedingte [254] sol es mit seinem Eyde erhalten / daß er von dem erstlich sey angenommen / bey dem er ist befunden worden / und der Gehäurete sol seinem Schiffer die Reise folgen / und stehet bey dem Schiffer / was er ihm nach geendigter Reise aus gutem Willen geben wil / dann er dardurch / daß er sich zu zween Herrn vermiehtet hat / des Lohns / Rechts wegen / gäntzlich verlustig gemacht. So jemand / er sey Steurmann / Pilote oder Schifmann / sich verhäuret / und seinem Ampte nicht recht fürstehen kan / und solches zwey oder drey / die mit ihm in dem Schiffe seyn / bezeugen / der sol dem Schiffer sein Geld wiedergeben / und darzu halb soviel / als er ihm zu Lohne oder Häure gelobet hatte. Würde jenig Boßmann oder Officierer / wann er etwas auf das Lohn empfangen / dem Schiffer entlauffen / sol derselbe / wann er betreten / und solches mit zween Schifmännern / denen solches bewust und wissentlich wäre / überzeuget würde / dem Schiffer das Lohn / so er empfangen wiedergeben / und viertzehen Tage mit Wasser und Brodt in der Fronerey gezüchtiget / und darnach dieser Stadt / und deroselben Gebiete verweiset werden. [255]Befindet ein Schiffer seinen Steurmann oder Schifmann mit böser That / und er die möchte zeugen mit zween Schifmännern / dem mag er Uhrlaub geben in dem ersten Lande dahin er kömpt / und darff ihm kein Lohn entrichten. Wann ein Steurmann oder Schifsmann / ein Schiff kaufte / daß er selbst führen wolte / so mag er seines Dienstes sich wol verziehen / und geben wieder was er empfangen hat / da auch jemand sich in den Ehestandt begeben / und auff dem Lande bleiben wolte / der mag auch wieder erlegen was er aufgehoben hat / und seyn damit ledig. Wann ein Schiff beladen ist / und hinweg siegelt / unbeschüldiget von den Fracht-Leuten / kömpt dem Gute etwas zu von werffende / dar sol der Schiffer kein Noth umb leiden: Da aber jemand der Kaufleute den Schiffer beweißlich beschüldiget / daß sein Schif zu tieff geladen wäre / und er siegelte dessen ungeachtet davon / würde hernacher des Guts etwas geworffen / daß sol der Schiffer allein gelten. Ist auch ein Schif zu tieff [256] beladen / daß man außschiffen muß / der letzt eingeschiffet hat / der muß erst wieder außschiffen / thäte sich dessen jemand der Kaufleute verweigern / die Gefahr beruhet auff demselbigen. Kein Schiffer sol nach diesem Tage Schifs-Volck häuren / wie sie Nahmen haben mügen / sie haben dann gnugsame Paßbort ihres redlichen Verhaltens von ihren Schiffern / mit welchen sie gefahren haben / bey Pœn dreißig Thaler vor jede Person / welche der Schiffer ohne Paßbort mit nehmen würde / davon der halbe Theil an den Rath / und der ander halbe Theil an die Seefahrende Armen sol verfallen seyn / jedoch sollen sich auch die Schiffere gegen ihre Schifskindere / so sich gebührlich verhalten / mit Mittheilung der Paßborten unweigerlich bezeigen. Weil aber die frembde weit abgesessene Schiffere nicht allewege bekandt / eins theils auch nicht schreiben / und also keine Paßbort mit geben können / dahero viel Unrichtigkeit und Unterschleiff entstehen köndte / so sol den Alterleuten der Schiffer Gesellschaft allhie / solche Pässe den Schifs-Kindern frey / ohne Entgeltnüß / mit zutheilen auferlegt seyn / darunter doch in Noth-Sachen / ausserhalb Landes / einen frembden Boßmann ohne Paßbort nach Gelegenheit anzunehmen / nicht sol gemeinet seyn. Da auch der Schiffer und Schifsknecht nicht einig / ob er [257] eines Paßborts würdig sey oder nicht / sol solches zu Erkändtnüß der Alter-Leute der Schiffer Gesellschaft / oder da es von denselben nicht könte geschlichtet werden / zu Erkäntnüß der Obrigkeit gestellet seyn. Wann ein Schiffer sein Volck gehäuret hat auff Franckreich / oder an andere Oertere / und der Schiffer erlangte von seinen Freunden / oder sonsten von andern Zeitung / daß am andern Orte bessern Profith zu thun Vermuthung ist / so sollen sie dem Schiffer folgen / dagegen sol ihnen der Schiffer Verbesserung zusagen: Könten sie sich umb Verbesserung der Häur nicht vergleichen / so sol die Verbesserung stehen an guter unpartheyischer Seeerfahrner / oder Alter-Leute Erkäntnüß / wann die Reise geendiget ist / würde hiegegen jemand handeln / oder Meuterey anrichten / der sol wie ein Meutmacher gestrafft werden. Würde sich ein oder mehr gegen den Schiffer muthwillig stellen / und untreu befunden / und solches mit zween Schifs-Kindern beweiset werden könte / denselben mag der Schiffer zu gelegener Zeit am Land setzen / doch daß Leute darauff wohnen / dagegen sollen [258] sich die andern nicht setzen / besondern dem Schiffer die Reise vollenden helffen / bey Verlust ihrer Häure / und ernstlicher willkührlicher Straffe des Raths. Keiner sol schiessen ohne Befehl des Schiffers / würde jemand dagegen handelen / der sol das Kraut und Loth doppelt bezahlen / und nach Gelegenheit der Verwirckung gestraffet werden. Begebe sich mercklicher grosser Schade wegen jeniges Boßmannes gefährlicher und muthwilliger Abwesenheit aus dem Schiffe / hat er den Schaden nicht zuerstatten / sol er nach Willkühr des Raths im Gefängnüß mit Wasser und Brodt gezüchtiget werden. Würde auch durch solche seine Abwesenheit aus dem Schiff / das Schif untergehen / und jemand im Schif todt bleiben / so sol er am Leben gestraffet werden. Würde jemand kranck auff dem Schiffe / der Schiffer ist schüldig / denselben aus dem Schif bringen zu lassen / in eine Herberge zu legen / und ihm Liecht zu leihen / dar er des Nachts bey sehen mag / auch [259] ihn durch einen Schifs-Mann / oder andern lassen warten / auch mit Speise und Tranck zuversehen / wie er es im Schiffe hat / und der Krancke genossen / wie er gesund war / mehr ist ihm der Schiffer zugeben nicht schüldig / des darff der Schiffer auff ihn nicht warten / sondern mag wol zu siegel gehen / stirbet er auff der Reise / seine Erben empfangen die halbe Häure und Führung; stirbet er aber auff der Zurückreise / so gebühret ihnen die gantze Häure und Führung / dagegen müssen seine neheste Erben und Freunde die Unkosten der Begräbnüß entrichten. Nach dem sich auch offtmahls zuträgt / daß ein Schiffer / zu Trotz und Verdrieß der Redere / seinen Antheil Schifs über den Werth verkauft / daß den Redern darauff in den Kauff zu treten / wie ihnen sonst gebühret / ungelegen / so sol solches zu Erkäntnüß guter Leute gestellet seyn / dann sie nicht mehr als den billigen Werth dafür zu geben schüldig seyn. Würde ein Schiffer / ohne Noth / muthwillig das Schiff verbodemen / oder ohne Noth in eine Hafe siegelen / da er nicht hin befrachtet / so sol der Schiffer den Schaden / den die Redere darauff rechnen [260] können / aus seinem Beutel zu erstatten schüldig seyn. Würde er aber allda die Kaufmanns-Güter / oder das Schif / verkauffen / und weichhaftig werden / und also den Freunden Schif und Gut entweden / der sol in dieser Stadt und Gebiet nicht geduldet / sondern wann er betreten wird / nach Befindung der Sachen Beschaffenheit / gestraffet werden. Es sol hinfüro kein Schiffer / dieweil er noch bey seinen Schifs-Redern ist / und derselben mächtig seyn kan / sich unterstehen / an einen andern Ort zu siegeln / als dahin der mehrer theil der Reder geschlossen / und vor gut angsehen hat. Es sol ein jeder Schiffer / auff die Garnehring / Stauung der Güter / und was demselben anhängig / fleissig Auffacht haben / damit des Kaufmanns Gütere keinen Schaden leiden mügen. Entstünde daraus Schade / oder die Güter von dem Schiffer / oder seinem Schif-Volcke verringert würden / so sol der Schiffer den Schaden / dem Kaufmann / der denselben erlitten / von dem Seinigen zuerstatten schüldig seyn. Da dann bescheiniget würde / daß die Güter verringert wären / so sollen durch die Gerichts-Verwaltere / von Amptswegen / [261] des Schifs Hauptboßmann / Schimmann / Zimmerman und Büchsenschütze / bey ihren leiblichen Eyden umb ihre Wissenschafft befragt / und nach deroselben Aussage / gegen die Verbrecher mit gebührender ernstlicher Straffe verfahren werden. Da aber solch Gut verleckte oder verdürbe / ohne des Schiffers / oder seines Volckes Versäumnüß / und dann das Schiff kömpt dar es lössen sol / und der Kauffmann klopffet drey mahl an das Faß / dar Wein / Oel / und andere leckende Wahre inne ist / und befehlet daß außzuziehen / so muß er dem Schiffer seine volle Fracht geben / oder dem Schiffer das Faß für die Fracht behalten lassen. Wann die Kohbrügge und Uberlauff / und das Schiff / oben Wassers nicht wol gedichtet / und dahero sich Schade veruhrsachet / so kömpt der Schade auff den Schiffer. Zerbricht aber solches durch Gewalt grosses Ungewitters / wird der Schade vor Haverey gerechnet / wie dann auch / wann sich Schade unter Wassers veruhrsachet. Und dieweil auch offtmahl bey dem Saltze Lackasie ist / davon vor diesem keine Haverey gerechnet worden / und dann gleich wol nicht unbillig / wann mercklich groß Schade daran befunden / und solches durch Veruhrsachung / daß es umb ein Vörland zu vermeiden / oder sonsten aus Noth / Schif und Gut zuerhalten / beygelegt / [262] oder über seine Maß gesiegelt würde / und solches durch drey oder vier der besten im Schiffe eydlich gezeuget / sol der Schade zur Billigkeit / nach Erkändtnüß erfahrner Leute / vor Haverey gerechnet werden. Es ist ein jeder Schiffer schüldig / gute starcke Kardele und Windetackel in dem Schiffe zu halten / dar man des Kaufmanns Güter mit ein und außsetzen kan; zerbricht aber das Windetackel / also daß Schade an dem Gute geschicht / und daß die Boßleute den Schiffer gefragt haben / ob die Takel starck gnug seyn / und er ja darzu gesaget / so sol der Schiffer zu dem Schaden alleine antworten / wird er aber nicht gefraget / oder auch das Gut aus dem Takel fällt / so sollen die Boßleute den Schaden bezahlen. Es sollen auch allewege / wann Schiffe / mit Wahren geladen / allhie Anckern / Wächtere in die Schiffe bestellet / und des Schiffers und Schiffs-Volcks Kisten / Soltreume anders / eröffnet / besichtiget / und was nöhtig / registriret und verzeichnet werden. [263]Verschweiget vorsetzlichen ein Schiffer ein geladen Gut / oder aber veruntreuet er / oder sein Schiffs-Volck / des Kauffmanns Gut / der solches überwunnen / sol einem Diebe gleich gerechnet / und nach Gelegenheit der Mißhandlung / gestraffet werden. Auch sol ein Schiffer nach gethaner Reise / den Schifs-Freunden / auff ihr Begehren / beständige Rechnung an Eydes statt / Parcels weise einzubringen schüldig und pflichtig seyn / und da hernacher befunden würde / daß die Rechnung nicht richtig / sondern betrieglicher / fälschlicher Weise wäre gefertiget worden / sol derselbige vor einen unehrlichen Mann gehalten / und in dieser Stadt und derselben Gebiete / nicht gedüldet werden. Alle Schiffer so hinführo in dieser Stadt werden angenommen / wie dann auch die jenigen / so allbereits angenommen / und zum nechsten abzusiegeln gemeinet / sollen auff der Schifs-Freunde oder des Kaufmanns Begehren (welches aber derselbe vor Einschiffung der Güter thun / oder nach Einladung damit nicht gehöret [264] werden sol) vor den verordneten Zollenherrn / einen leiblichen Eyd zu GOtt dem Allmächtigen schweren / daß sie bey den eingeladenen Kauffmanns Wahren ehrlich / auffrichtig und getreulich handelen / und nach ihrer wieder anheimkunft den Schiffs-Freunden / innerhalb drey Wochen nach der Lössung / richtige beständige Rechnung Parcels weise / von allem Empfang und Außgabe wollen einbringen / wie dann auch die Schiffs-Redere gemächtiget seyn sollen / dieselbigen angekommene Schiffer bey Ubergebung der Rechnung zu befragen / ob die eingeliefferte Rechnung ihrem geleisten Eyde allerding gemäß sey. Dieweil viel Admiralschafft gemacht werden / und doch wenig gehalten / wer nun die Admiralschafft bricht / und darüber jemand genommen würde / so sol der Schiffer / so die Admiralschaft gebrochen hat / schüldig seyn / den Schaden von dem Seinigen zubezahlen / hat er das an Gelde nicht / so sol er nach Ermässigung willkührlich gestrafft werden. Wann eine Admiralschafft gemacht ist / oder es sich begebe / daß einem ein Freybeuter an Bort käme / so ist das Volck schüldig sich zu wehren / bey [265] Verlust ihrer Häure; da nu jemand darüber / oder sonsten auff der Reise / oder wann das Schiff vor Ancker liegt / zu Schaden käme / oder gelehmet würde / der sol geheilet / und gleich Haverey über Schiff und Gut gerechnet werden / und da er zu solcher Unvermügenheit gerathen würde / daß er die Kost nicht mehr zu gewinnen wüste / sol ihm vom Schiff und Gut / oder auch / nach Gelegenheit / von dem Seefahrenden Armen-Hause / frey Brodt sein Lebenlang verschafft werden. Solte auch beweiset werden können / daß jemand unter den Schiffs-Kindern / dem Schiffer in solcher grossen Noth nicht hätte helffen noch entsetzen wollen / und das Schiff darüber genommen würde / sol derselbige auff vorgehende Erkündigung / nach Gelegenheit der Sachen / aus dieser Stadt und Gebiete verweiset / oder sonsten an seinem Leibe gestraffet werden. Da auch beweiset würde / daß die Schiffs-Kinder in solchem das ihre gethan / und willig gewesen / der Schiffer aber solches versäumet / und nicht fechten wollen; sol dem Schiffer nach der Zeit kein Schiff mehr vertrauet werden / besondern sol seiner Ehren [266] entsetzet seyn / und dieser Stadt und Gebiete verweiset werden.
Was ein jeder schiffet / da sol er die Fracht von geben / da gleich die Güter ohne Schuld des Schiffers verdorben oder vernichtiget wären / ehe sie überkämen / ihre Vorwort seyn dann anders / jedoch / da der Kauffmann sein sämptlich Gut / oder auch unterschiedliche Stücke davon / als Wein / Bier / und andere Stück Güter / vor die Fracht wil liegen lassen / das stehet zu des Kauffmanns Kühr und Willen. Wann ein Schiff lösset / so mag der Schiffer das Gut an seiner Bordt behalten / vor seine Fracht und Ungelt / daß man davon schüldig ist / wil er es den Frachtleuten nicht zutrauen. [267]Häuret jemand ein Schiff von gantzer Last / und das nicht vollkommen beladet / der ist doch schüldig die volle Fracht zu bezahlen: Bescheidet er aber die benandte Fracht von den geschifften Gütern zu geben / so ist er nicht mehr pflichtig / als seine eingeschiffte Güter belauffen / nach Anzahl der Fracht / vorhin versprochen und gemacht. Welcher Mann mit einem Schiffer über einkömpt / daß er ihn in einer bescheidenen Zeit wil beladen; thut er das nicht / und das Schiff mit dem Volck durch seine Schuld verzügert wird / den Schaden ist er schüldig zu bessern / davon die Schifleute den vierdten / und der Schiffer der dem Volck die Kost gibt / drey viertheil haben sol. Verspricht auch ein Kauffmann einen Schiffer Gut / auff eine bestimbte Zeit einzuschiffen / und damit zügert / zeiget dann der Schiffer / wann er siegeln wil / dem Kauffmann oder andern guten Leuten / binnen Schiffsbordt das ledige Raum / und sie dasselbe gnugsam bezeugen; so sol der Kauffmann schüldig seyn / [268] die volle Fracht zugeben / es wäre dann / daß der Schiffer / ohne seine Verhinderung / ander Gut in die Stäte erlangen könte / daß sol dem Kauffmann zu gute kommen; Imgleichen auch / wann ein Kaufmann sein Gut binnen Landes aus dem Schiff begehrte zulössen / und man ohne Behinderung der Reise / darbey kommen könte / sol er dem Schiffer die volle Fracht geben / es wäre dann / daß der Schiffer / ohne seine Verhinderung / ander Gut in die Stätte bekommen könte / das sol der Kauffmann haben zu geniessen: wann aber die Kaufleute dessen einig / daß sie ihre Güter sämptlich alle lössen wollen / sollen sie mit halber Fracht frey seyn.
Ist ein Schiff in Wassersnoth / und der Schiffer begehrte zu werffen / so sol man die Frachtleute fragen / ob es ihr Wille sey / [269] wäre es dann ihr Wille nicht / und dem Schiffer / sampt zweyen oder dreyen von den Schiffmännern deuchte / daß es wäre besser gethan / als gelassen / so mügen sie werffen / und wann der Kauffmann überkömpt / so mügen zwey oder drey / die mit in dem Schiffe gewesen / und gute Leute seyn / schweren / daß es die Noth gewesen sey. Wäre auch kein Kauffmann in dem Schiffe / was dann dem Schiffer / sampt dem meisten theil im Schiffe gut bedeuchte / daß sol man thun. 2.
Wann ein Schiffer in vorstehender Wassersnoth / zu Errettung Schiffs und Guts / einige Güter werffet / den Schaden sol man rechnen über Schiff und Gut / geworffen und ungeworffen / und der Schiffer muß die Güter an sich halten biß zu der Zeit / daß der Schade nach Antheil eines jeden Guts belegt ist. Da aber der Frachtleute jemand unvermügen würde / den Schaden mit zu belegen / da darff der Schiffer nicht vor stehen. Würde auch die Mast / umb Schiff und Gut zu retten / gehauen / oder Takel / Ancker oder Tau gekervet / der Schade gehet über Schif und Gut / wie vorher gemeldet; jedoch ist der Schiffer schüldig den Kaufmann zu fragen / und gebe er nicht Vollbordt darzu / darumb darff der Schiffer das nicht lassen / mag er schweren selb dritte / als er zu Lande kömpt / daß es die hohe Noth erfordert [270] hat; Alle Güter seyn pflichtig den Schaden mit zutragen / außbenommen freye Leute und Proviant / der zu Unterhaltung und Zehrung wird mit geführet / der Güter Werthe sol man rechnen / als das ander geldet in dem Marckte / und das Schiff nach seiner Werthe / als der Schiffer es gesetzet / beneben der Fracht / und haben die Kaufleute die Wahl / ob sie es dafür annehmen oder dem Schiffer lassen wollen; da aber die Mast / Ancker / Takel und Taue / von der Macht des Sturms oder Ungewitters zerbrechen / oder verlohren würden / den Schaden kan man nicht über alle rechnen. Hat jemand bahr Geld / Perlen / oder Edelgestein bey sich in dem Schiff / und man aus Noth werffen muß; er sage dasselbe von sich oder nicht / so sol er gleichwohl nicht desto weniger / andern / die Güter in dem Schiffe haben / gleich / Haverey geben und bezahlen. Wären etliche Güter / über der Werffung / verärgert / oder gantz vernichtiget / den Schaden sol man rechnen über Schif / Gut / und die Fracht: wären aber Güter vor oder nach / und nicht in der Werffunge verdorben / den Schaden rechnet man nicht auff Haverey / [271] Es müssen gleichwol dieselben Güter mit gelden / den Schaden der geworffenen Güter / nach dem Taxt als sie zu der Zeit werth seyn / und nicht nach der Werthe / den sie hatten / ehe dann sie verdorben seyn. Wäre es auch daß man Ungewitters halben Gut würffe / aus einem Schiffe in die See / und die See / in der Werffung in das Schif käme / und nehme dar Gut von der Bord / in der Zeit als man würffe / vor oder nach / und das Gut geräumet wäre von dem andern Gute / dar es mit belegt war / daß die See also außgeworffen hätte / und man daß beweisen möchte mit dem Schiffer / und den jenigen die in dem Schiffe wären: so sol man das Gut / das die See also außgeworffen hat / zu Rechte gelten / gleich andern geworffenen Gütern. Wann jemand geworffene Güter wieder erlangt / so darf man dieselben nicht gelten / seyn sie aber vergolten / so sol er das Geld erstatten / oder er sol die Güter lassen folgen / denen / die sie haben müssen gelten. [272]So jemand von dem Schiffs-Volcke etwas mehr / dann seine bescheidene Führung / darinnen er von Haverey gefreyet ist / eingeschiffet hat / davon gibt er Haverey andern gleich. Wann ein Schiff an Grund siegelt / und es ist zu befahren / das Schif und Gut möchte Schaden leiden / könte man daselbst haben kleine Schiffe / was das kostet / sollen bezahlen Schif / Gut und Fracht / gleich Werfgelde; und wäre dar kein Kaufmann in dem Schiffe / als es an Grund siegelte / so mag der Schiffer mit zween Schifmännern schweren / wil man es ihnen nicht zugläuben / daß Schif und Gut in Noth gewesen ist. Erfordet es die Noth / daß man ein Schif muß leichten / damit es über Grund kommen / und desto besser in die Hafe müge gebracht werden / da dann ein Theil der Güter in das Both oder Nachen / gelosset / und damit versüncken und umbkämen / den Schaden muß man rechnen über das Schif / Gut und Fracht; bliebe aber hernach das Schif mit den Gütern / den [273] Schaden darff man von den Gütern / die in dem Bothe enthalten / nicht mit gelten. Wann ein Schiff / vorstehender Noth halben / vor ein Land käme / dar es Haven müste / und daselbst unbekandt wäre / so daß es einen Piloten bedürfte / was das kostet / sol gelten Schif / Gut und Fracht / als in geworffenem Gute verordnet ist.
Wann ein Schiff zerbricht / sol der Schiffer zuförderst retten und bergen das Volck / darnechst das gerede Gut / darnach mag er wol bergen seine Taue / und was er sonsten mehr kan / und alsdann sol er den Frachtleuten das [274] Both gönnen / da sie es begehren / ihr Gut zu retten / und sol das Schifs-Volck schüldig seyn / des Kaufmanns Gut und Schiffs Gereitschaft helffen zu retten / umb ein billig Berglohn / und da sie sich dessen verweigerten / sol der Schiffer ihnen keine Häure und etwas anders zu geben schüldig seyn. Zerbricht ein Schiff / und Güter geborgen werden / davon sol der Schiffer Fracht haben / pro rata des weges / oder es sol in des Kaufmanns Gefallen stehen / das Gut vor die Fracht liegen zu lassen; was aber nicht wird geborgen / davon ist der Kaufman Fracht zu geben nicht schüldig. Wann Schiffbrüchige Güter geberget werden / so darff man von solchen geretteten Gütern / wegen verlohrenen Schiffs und Güter / keinen Schaden erstatten. Geworffene / Schifbrüchige / und Seedrifftige Güter / mag sich niemand anders zu eigenen / dann der jenige / dem sie zuvor gehöret haben / [275] dagegen keine Sitte / Gesetze / oder Gewohnheit mügen helffen / die sonst in Schiff oder Handlung / die zu Wasser gebraucht werden / bestehen mügen vor Recht. So jemand schiffbrüchig Gut berget / und holet es über Reff / oder in der See / der sol haben den dritten Theil / es wäre dann / daß er es ohne sonderliche Gefahr bey gutem Wetter bergte / so sol er davon / nach Gelegenheit / und Erkäntnüß guter Leute / was die Billigkeit erfordert / zu geniessen haben: wofern es aber jemande zufällig / an des Schiffsbort getrieben käme / entweder er liege vor Ancker / oder siegelte / oder wäre in seiner Fahrt / sol ihm der zwantzigste Pfennig allein davon bezahlet werden. Wann jemand den andern ansiegelt / oder auff ihn treibet ohn Gefähr / und einiger Schade daher entstehet / den sollen beyde Schiffe zur Helffte gleich tragen / und die Ansieglung oder Drifft / sol man zeugen / und der dem andern Schaden thut / sol schweren / daß es ohne seinen Willen geschehen / und der ander sol schweren / wie groß sein Schade sey / und was sein Schiff zu repariren gekostet habe. [276]Da etwan zwey Schiffe zusammen kommen / in der See / oder in der Hafe / bey Tage oder bey Nacht / klein oder groß / und das eine an das ander läufft / also daß eins das ander zerbricht und unterdrücket / das Schif das oben bleibet / sol dem andern das untergehet / seinen vollen Schaden wieder erlegen / es wäre dann / daß der Schiffer / der oben blieben ist / schweren wolte mit seinem Steurmann und Schiffmännern / daß es ohne seinen Willen geschehen / so darff er nur den halben Schaden bessern. Wäre aber der Schade des gesunckenen Schifs und Güter grösser / als das Schif / so oben bleibet / mit seiner Zubehörunge und Fracht werth ist / zu der Zeit als es den Schaden gethan / so darff der Schiffer und sein Gut ferner kein Schaden darumb leiden / auch darff des Kaufmanns Gut / das mit in dem Schiffe ist / welches den Schaden gethan hat / den Schaden nicht mit gelten. Wan aber vorgedachter massen / ein Schif das ander zerbricht / und gleichwol das zerbrochen Schiff nicht untergehet / sondern zu Errettung des zerbrochenen Schifs / Güter geworffen werden / so sol das Schif / welches den Schaden gethan / denselben bessern. Kan [277] aber der Schiffer mit seinem Steurmann und Schiffmännern schweren / daß der Schade ohne seinen Willen geschehen / so darff sein Schif sampt seiner Zubehörung / mehr nicht / dann den halben Theil des Schadens erstatten; Auch ist der Schiffer und sein Gut / imgleichen des Kaufmanns Gut / so in dem Schiffe ist / zu dem Schaden zu antworten nicht schüldig. Ist aber der Schade des zerbrochenen Schifs / und geworffenen Guts grösser / dann das ander Schiff mit seiner Zubehörung / und der Fracht werth ist / zu der Zeit als es den Schaden gethan hat / so sol der Schade über das zerbrochene Schiff / Fracht / und die darinn salvirte Güter / gerechnet / und wie in andern geworffenen Gütern gebräuchlich / nach Antheil eines jeden Guts bezahlet werden. [278]Es sol kein Schiffer an dem Orte / da die Redere und Schiffs-Freunde gesessen / und gegenwärtig seyn / mehr Geld auff Böddemerey nehmen / als auff sein eigen Part / so er im Schiffe hat; wer aber in diesem Fall / dem Schiffer mehr auff Böddemerey außthut / als sein Part sich erstrecket / der mag sich an des Schiffers Person und Gütern alleine erholen / und seyn die andern Schiffs-Redere darzu zu antworten nicht schüldig. Nimpt ein Schiffer bey den Redern und Schiffs-Freunden / nach Inhalt des vorgesetzten Articuls / oder auch sonsten ausserhalb Landes / Geld auff Böddemerey / so sol allewege der jenige / welcher die älteste Verschreibung beweißlich ein zuwenden hat / praeferirt und vorgezogen werden. [279]Im fall aber ein Schiffer ausserhalb Landes / sein Schiff höher mit Böddemerey beschweren würde / als das Schiff / die Fracht / und Schiffs Geredtschafft sich erstrecket / und werth wäre; seyn die Schiffs-Frende dazu zu antworten nicht schüldig / sondern es mügen die jenigen / so das Geld auff Böddemerey außgethan / bey dem Schiffer und dessen Gütern / nach Inhalt der Verschreibung / sich ihres Rechtens ferner erholen. Würde einiger Schiffer vorsetzlich / ohne vorhergehende Noth / in frembden Landen / das Schiff mit unzimlichen Böddemereyen beschweren / derselbige sol / wann er allhie wieder anlanget / vor einen unehrlichen Mann gehalten / auch in dieser Stadt und derselben Gebiete nicht geduldet werden. Thäte jemand einem Schiffer Geld auff Böddemerey / und das Schiff würde genommen / also daß der Schiffer desselbigen Schiffs / nach angewandtem müglichem Fleiß / nicht könte wiederumb mächtig werden; so sol der Schiffer solchen Part / welchen er [280] verböddemet / es sey das gantze Schiff / oder ein Theil desselbigen / dem jenigen / so das Geld auff Böddemerey außgethan / transportiren und überweisen. Im fall aber beweiset werden könte / daß der Schiffer / ohne dringende Noth / das Schif / oder ein Part / mit Böddemereyen höher beschweret hätte / als das Schiff / oder ein Part / wann es zu bestimbter Hafe glücklich angelangt / nach erfahrner Schifleute umpartheylicher Erkäntnüß / sammt der verdienten Fracht / werth wäre gewesen / so sol gegen den Schiffer / wie in vorhergehendem Articul geordnet / verfahren werden / und der / oder die jenigen / so das Geld außgethan / nicht destoweniger aus seinen Gütern sich ihres Nachstandes zuerholen befugt seyn. Von Böddemerey-Geld / ist man nicht schüldig einige Haverey zubezahlen. Es mag ein Schiffer / so geboddemet hat / seine Reise wol kürtzen / aber ohne Consent und Vorwissen des jenigen / so ihm Geld auff Böddemerey gethan / nicht verlängern. [281]TITULUS XIX.
Vom See-Raube.
ARTICULUS I.
Würde mit etlichen See-Räubern Composition, oder ein Vertrag gemachet / und mit genandtem übergegebenem Gute / das Schif und andere Güter von den See-Räubern entfreyet / den Schaden sol man theilen / zu bezahlen vom Schif und Gute / wie oben von geworffenen Gütern gemeldet. Da aber etliche Güter von den See-Räbuern gewaltiglich / ohne vorhergehenden Vertrag / entfrembdet würden / den Schaden dürffen die behaltene Güter / wie auch der Schiffer / wegen des Schifs / nicht mit tragen noch erstatten. 2.
Bringet jemand Gut über See und Sand / und dasselbige als gestohlen oder geraubet Gut angesprochen wird / so ist der jenige / welcher das Gut gebracht / [282] näher dasselbe zubehalten / als jemand ihm das abzuwinnen. Jedoch so er beweisen kan / mit zween ehrlichen Leuten / oder mit seinem Wirthe / oder auch durch schriftliche Uhrkunde der Stadt / darinn er das Gut gekauft / daß er dasselbe redlich an sich gebracht hat. 3.
Alles Gut / welches über See und Sand anhero gekommen / und allhie Jahr und Tag ohne Anspruch gewesen / und solches mit zween glaubwürdigen Zeugen bewiesen werden kan / ist ein jeder / ungeachtet / ob es vor gestohlen oder geraubet / angesprochen wird / näher zubehalten / als ihm das jemand abzuwinnen / jedoch so fern der jenige binnen Landes gewesen / welcher die Anspruch thut. [283]TITULVS XX.
Von Gebäuen und derselben Ordnung:
ARTICULUS I.
Es sol nach diesem Tage kein Zimmer- oder Maur-Meister / Tischer noch Steinmetzer / ein Gebäu zuverfertigen sich unterstehen / es seyn dann zuvor die Caspelherrn[4] / sampt des Raths Zimmer- und Maurleuten darbey gewesen / und haben ihnen die gewöhnliche Speermasse gegeben; thut jemand von den Zimmer- und Maurmeistern / Tischern und Steinmetzen dagegen / der sol dieser Stadt Wohnung verlustig seyn. 2.
Darumb sol ein jeder / der bauen wil / ehe dann er sein altes Gebäude niederbricht / oder das neue anfahet zu bauen / sich bey einem der Worthaltenden Bürgermeister angeben / und begehren / daß die Caspelherrn / [284] neben des Raths geschwornen Zimmer- und Maurleuten bey sein Gebäude gehen mügen / und ihm eine rechtmäßige Speermasse geben / darnach er sich in seinem bauen zu richten habe. 3.
Da aber jemand von den Caspelherrn / und den geschwornen Zimmer- und Maurleuten eine Speermasse gegeben wäre / und derselbige sich deroselben im bauende nicht würde gleichmässig verhalten / und darüber geklagt würde / sol demselben / der solch Gebäude verfertiget / sein Arbeit verbotten / und nach Gelegenheit der Verbrechung / andern zum Abscheu / von dem Rathe ernstlichen gestraffet / und das Gebäude in den rechtmässigen Standt wieder gebracht werden. 4.
Wer eine Außlucht[5] gegen die Strassen bauen lassen wil / dem sol eine Elle außzufahren gegönnet werden / und nicht mehr; nach dem Wasser aber sollen zwo Ellen / mit den Löven außzufahren nachgegeben werden / so fern es das Ort / da gebauet werden sol / bequemlich erleiden wil. Rücket und fahret jemand ferner heraus / der Zimmermann / Tischer / oder Steinmetzer / der die Außlucht gebauet / sol in Poen zehen Reichsthaler verfallen seyn / und [285] hätte er dieselbe nicht zubezahlen / sol ihm sein Ampt so lange gelegt werden / biß er die bezahlet / oder er sol in der Fronerey viertzehen Tage mit Wasser und Brodt gestraffet werden. Also sol es auch gehalten werden mit den alten Außluchten / wann die nieder gebrochen / und von neuen wieder gebauet werden sollen. 5.
Wann einer sich über seines Nachbahrn Gebäude beschweret / sol derselbe bey dem praesidirendem Bürgermeister anhalten / daß den beyden ältesten Caspelherrn müge befohlen werden / neben des Raths geschwornen Zimmer- und Maurleuten sich dahin zuverfügen / und das Gebäude in den Augenschein zu nehmen / und da sich die Sache also befindet / daß dem Manne der da bauen wil / solch Gebäude nicht kan zugelassen werden / so sol es ihm von gedachten Caspelherrn verbotten werden. Bauet er aber über Verbott / das sol er wetten mit zwantzig Thalern / und das jenige / was er über Verbott gebauet hat / sol er wieder abbrechen / und wann solches geschehen / so sollen die beyde für Gericht kommen / und allda nach abgehörter / ihrer beyderseits Nothdurfft / mit Urtheil und Recht / so fern die Güte nicht zulangen wil / unverlängt gebührlich entscheiden werden. [286]6.
Hat ein Mann ein Hauß in dieser Stadt / das nicht Keller tief gemauret ist / wil er das Keller tief mauren lassen / dar sol ihm sein Nachbahr / der bey ihm gelegen ist / zu helffen / und halb bezahlen was das kostet / es wäre dann / daß derselbe bereits eine Maure besonders hätte / die Keller tief wäre. Da auch jemand bauen wil auff seine Stätte / und wil dar eine Maure legen / dar vorzeiten keine Maur gewest ist / dar sein Nachbahr eine Wort bey hat / oder ein Hauß das nicht Keller tieff ist / dem sol sein Nachbahr auch helffen / wie vorgeschrieben stehet. Wil auch einer ein Steinhaupt bey das Wasser legen / dar sol ihm sein Nachbahr den Ortpfeiler mit zuhalten schüldig seyn / so fern er den selbigen mit gebrauchet / wäre es aber / daß derjenige / der also mit dem andern bauen müste / es nicht vermöchte / so sol derjenige / so bauen wil / das alleine mauren / und der ander sol ihm so viel Rente in sein Erbe schreiben lassen / nach unserm Stadt-Rechte / als das halb gekostet. 7.
Wor einer seine Pfäle gehabt / dar mag er sie wieder setzen / wann er was neues zu bauen fürhabens ist; wil er aber für die Pfäle ein Steinhaupt setzen / sol ihm eine Elle außzufahren gegönnet werden / so [287] fern das Wasser so breit / daß es dasselbe erleiden kan; ist aber das Wasser nicht so breit / sol eine halbe Elle außzufahren gestattet werden. 8.
Hat jemand auffschlagende Fenster an der Gassen / oder an dem Wasser / die vor seines Nachbahrn Hauß oder Giebel schlügen / oder auch stehende Fenster in Höfen oder dergleichen Plätzen / die mag sein Nachbahr ihm wol zubauen / es wäre dann / daß jenig ander Schein und Beweiß dagegen verhanden. Es mügen aber die stehende Fenster / dem Nachbahr zu Verdrieß / mit Brettern alleine nicht zu gekleidet werden. Da auch jemand auffschlagende Fenster in Hofräumen / oder andern Plätzen / in ruhigem Besitz hätte / mügen dieselben ohne dessen Willen / der sie hat / ihm nicht zugebauet / noch die Luft verbauet werden. An dem Ort aber / da keine Fenster zuvor gewesen / mögen ohne Bewilligung des Nachbahrn keine gemacht werden. 9.
Auch sol hinfürder niemand zur Gassenwerts von untern aufbauen / und weiter außfahren / dann der Giebel forne stehet / so sol auch keiner einige Keller / Boden / und andere Klevelappen[6] mit Thüren / [288] Riegeln und Schlössern unter den Außluchten und Giebeln bewehren und vorzubauen lassen / sondern alleine so weit / als die rechten Haußlegeden und Giebeln mit den Nachbahrn überein kommen / die Anweisung thun. Es sollen auch alle Klevelappen / so itzo verhanden / abgeschaffet werden. Wie dann auch alle Außluchte sechs Füsse von der Erde erhoben werden sollen. 10.
Wann einer einen Trüpffenfall[7] / Abzug oder Gerechtigkeit hat in eines andern Hofe oder Platze / ist er billig / dabey zuschützen / und wil der Nachbahr da beneben bauen / so sol er so fern davon bleiben / als das Lot von der Trüpffenfall mit sich bringet / darmit der Nachbahr an seiner Gerechtigkeit unverkürzet bleibe. 11.
Plancken zwischen Höfen / Platzen und Löven / halten beyde Nachbahrn gleich / als ihnen solches zum besten gelegen / und die Billigkeit erfordert zu einer guten Befriedigung. 12.
Wann Nachbahrn keine Brandt-Maure zusammen halten / hat billig ein jeder seine eigene Wandt zu seinem Hause. [289]13.
So sollen auch keine Privet auff den Löven / besondern zwischen eines jedes Pfälen und Steinhäupten künftig gesetzt werden. Heimliche Gemächer in Höfen und Plätzen / sol ein Nachbahr dem andern hernacher näher nicht / dann auff eine Elle bey seine Brandt-Mauren / Wandt / oder Raume / legen und bauen / bwie dann auch ausserhalb Thores die Schweinekaven / eine Elle in dessen Hofe / dar sie gebraucht / sollen gelegt werden. 14.
Es sol auch niemand nach diesem Tage verstattet werden / vor seinem Hause / dar ein Steinern Giebel gestanden hat / einen Höltzern Giebel zu bauen. Auch sol niemand hinter noch vor seinem Gebäude / Steinerne Giebel / auff Höltzerne Pfeiler setzen / umb Gefahr willen / so fromme Leute / die in Feuersnöhten jederman zu helffen gutwillig / daraus besorgen müssen / bey Poeen drey Marck Silbers. Würde auch jemand hinter oder vor sein Hauß einen Steinern Giebel bauen / da vorhin ein Höltzern Giebel gestanden / dem sollen aus dem gemeinen Gute zwey tausend Maurstein / und ein Wißpel Kalck gegeben / und ohne Beschwernüß gelieffert werden / dar auch eine Steinerne Maure stehet / sol man kein Stenderwerck in die Stette setzen / bey gleicher Poen, wie oben außgedruckt / [290] auch sollen alle Brauhäuser / so bißhero Höltzern Giebele gehabt / wann jemand dieselbe abbrechen muß / hinführo mit Steinern Giebeln versehen werden / bey ebenmässiger Peen / dreyer Marck Silbers. 15.
Wann einer zu bauen geneigt / oder auch sonsten befindet / daß ihm seines Nachbahrn Erbe zu nahe ist / oder auff seinem Erbe lieget / sol er mit zweyen Erbgesessenen Bürgern / seinem Nachbahrn lassen anmelden / daß er ihm wolle weichen / und sol darauff der Nachbahr schüldig seyn / sich mit Kalck und Stein zu versorgen / und nach Verlauff Jahrs und Tags zu weichen. Rönnen mügen Nachbahrn zusammen halten / so lange es ihnen beyderseits beliebet / wann es aber einem / von beyden / länger nicht gelieben wird / sol ein jeder seine eigene Rönne halten. [291]Der dritte Theil
Von Testamenten / letzten Willen / und Erbschafften ohn Testament.
TITULVS. 1.
Von Testamenten / und letzten Willen:
ARTICULUS 1.
Demnach von vielen undencklichen Jahren / durch unsere Vorfahren / zu Vermeydung / allerhand Nachtheil / und weitläufigen Disputierens / so aus dem mannichfältigen Solennitäten und Zierlichkeiten / welche die gemeine beschriebene Rechte / in Verordnung der Testamenten / [292] unterschiedlich erforderen / zu viel mahlen entstehen / eine einfältige / richtige Maß und Ordnung gesetzt / die bißhero zu jeder Zeit in Auffrichtung der Testamenten / von Bürgern und Einwohnern dieser Stadt / steiff und unverendert observiret und gehalten worden: So ordnen und wollen Wir / daß es bey solcher uhralten üblichen Form und heilsahmer Verordnung hinfüro gelassen werde / also und dergestalt / daß / wann jemand in dieser Stadt sein Testament oder letzten Willen aufzurichten und zu verordnen begehret / derselbe für zwo Raths-Personen / welche neben einem des Raths Secretarien / auff sein Ersuchen und Begehren / der worthaltender Bürgermeister zu ihm schicken wird / denselben seinen letzten Willen / entweder in Schriften verfasset / oder aber mündlich / bey gesundem Verstande anzeigen und vermelden müge / welches dann / da es mündlich beschicht / von dem beywesenden Secretario fleissig aufgezeichnet / oder da es in Schrifften verfasset / für dem Testatore und beyden Raths-Personen alsbald öffentlich verlesen / und darauff er der Testator befragt werden sol / ob solches / wie verlesen / sein eigentlicher Will und Meynung sey / sagt er dann darauff bey guter Vernunft (dessen dann die Raths-Personen insonderheit fleissig Acht haben soll) verständlich Ja / so sol sein Testament fürderlichst vor Rath gebracht / und wann es daselbst durch die gewesene beyde Raths-Personen bezeuget / alsdann / vorbehältlich der Erben Interesse, confirmiret und bestättiget werden. Stürbe auch inmittelst / ehe [293] dasselbe Testament zu Rath confirmiret / einer aus den beyden Raths-Personen / so bey Auffrichtung solches Testaments gewesen / so sol der überlebende Rathmann / bey seinem geleisteten Raths-Eyde schweren / daß er mit demselben an und über solchem Testament gewesen. Und also sol es auch in allen andern Fällen und Sachen / darzu zwo Raths-Personen / von des Raths wegen geschickt / gehalten werden. 2.
Wofern aber man der Rathsherrn / zu Auffrichtung eines Testaments / nicht mächtig werden könte / als nemlichen in gefährlichen Sterbensläufften / oder anderer Uhrsach und Verhinderung wegen / so mag dasselbig in Gegenwertigkeit zweyer Erbgesessener Bürger / und des Secretarii, oder an statt desselben / wo man den auch nicht haben möchte / eines beglaubten offenbahren Notarij, an Erlaubnüß des worthaltenden Bürgermeisters beschehen / auff Maß und Form / wie nechst zuvor von Raths-Personen geordnet. 3.
Wolte auch jemand aus sonderbahren bewegenden Uhrsachen / lieber nach Ordnung und Zierlichkeit der gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / sein Testament aufrichten / dann obgesetzter heilsahmer [294] Form sich gebrauchen / so sol ihm solches auff seine Gefahr hinfüro zugelassen / jedoch die Notarien dabey gewarnet seyn / allen müglichen Fleiß anzuwenden / daß sie in Ansehung des Nachtheils / welcher vielen Personen daraus entstehet / die Testamenta und letzten Willen ordentlich / getreulich / und ohne Gefährde begreiffen / und insonderheit sich der heilsamen Reichs-Constitution, von Notarien auffgerichtet / gemäß verhalten / dann wo in solchen einiger Mangel / Gefährde oder Unfleiß ihrenthalben befunden werden solte / würden sie sich der Peen des Rechtens / so dißfalls verordnet / nicht entbrechen können. 4.
Ferner mag ein jglicher / er sey gesundt oder kranck / doch bey guter ungeschwächter Vernunfft / in seinem Testament / welches er obgesetzter massen verordnet / seine wolgewonnene Güter / nach Abziehung der Schulden / hingeben oder wenden / wie und welchem er wil / ohne einige Einspruch oder Hinderung / aber von Erbgut ist niemand / vermüge dieser Stadt Recht / ohne seiner nechsten Erben Erlaubnüß oder Bewilligung / zu testiren bemächtigt / sondern dasselbe seinen rechten Erben ungeschmälert zu lassen schüldig. 5.
Hätte auch jemand Erbgut empfangen / [295] und darzu Gut gewonnen / so sol und mag er seinen rechten Erben zukehren / so viel er zu Erb empfangen / oder mehr / ob er wil / und das übrige hinwenden und geben / wohin es ihm beliebet und gefällig ist. 6.
Und damit das Erbgut bey den rechten Erben bleibe / so sol ein jeglicher auff seine letzte Stunde des Tods nehmen / was und wie viel er von Erbgut empfangen hat / es wäre dann / daß man anders könte beweisen mit Gerichte und Rath der Stadt / dar solch Erbgut mit Rechte wäre gefordert / und erworben. 7.
Und wird dißfalls für Erbgut gehalten und genennet / nicht allein was jemand von seinen Eltern oder nechsten Freunden durch tödtliche Fälle angeerbet / sondern auch / mit was Gute die Eltern ihre Kinder / oder die Freunde ihre nechste Erben / bey deroselben Vollmacht berathen und außgesteuret haben. Aber was sonsten aus sonderlicher Gunst und Zuneigung gegeben wird / oder durch Vernunft und sorgfältige Arbeit von jemand erworben / das darff man für kein Erbgut rechnen oder halten. [296]8.
Imgleichen was von dem jenigen / so einem Manne von wegen der Frauen / und der Frauen wegen des Mannes / von Erbgut mit gegeben / oder bey ihrer beyder Leben mit angeerbet wird / nach Absterben des einen Ehegatten / bey dem Uberlebenden verbleibet / wird billich für Erbgut gerechnet und gehalten. 9.
Würde aber jemand bey seinem Leben / von Abnützung solcher Erbgüter / durch fleissiges sparsames Haußhalten / etwas eröbern / ist solches billig für kein Erbgut / sondern wol gewonnen Gut / zu achten und zu halten. 10.
Wo fern nun jemand von Erbgut restiren, oder dasselb auff seinen Todsfalls vergeben wolte / und der nechste Erbe / darauff solch Gut von Rechts wegen fallen möchte / dasselb vor dem Rath / oder zwo Personen / so von des Raths wegen darzu gesandt / bewilligen und vollbordten würde / sol solche Testamentalische Verordnunge oder Gabe stett bleiben / so aber der jenige / der das bevollbordet / vor dem Testatore verstürbe / ist [297] alsdann dieselbe Gabe von keinen Würden. Jedoch mag solch eine Gabe kein unmündig Mensch geben / oder bevolbordten / ohne Vormundt. 11.
Wann auch ein Mann / er sey gesundt oder kranck / bey seinem Leben eine Theilung seines Guts unter seine nechste Erben anstellen würde / und dieselbe nechste Erben / darauff solch Gut von Rechts wegen fallen möchte / und zu ihren Jahren kommen und mündig seyn / darzu fordern liesse / und in Gegenwart befragte / ob ihrer jemand solche Theilung widersprechen wolte / daß sie solches da zur Hand thun solten / schwiegen dieselben Erben alsdann / mit nicht widersprechen stille darzu / und solches mit Raths-Personen zu bezeugen / so bleibet solche Theilung stett und kräftig / jedoch mag solch eine Theilung keine Frau ohne Vormundt / noch Kinder unter ihren achtzehen Jahren / widersprechen oder vollbordten. 12.
Da auch ein Mann unrecht gewonnen Gut hätte / und dasselbe bey seinem Leben widerkehren wolte / solches mag er wolthun von seinen Erbgütern / ohne Widerspruch der Erben / wofern er sonsten keine Güter hat. [298]13.
Ferner mügen auch von wolgewonnenem Gut / kein Knabe unter achtzehen Jahren / noch eine Frauns-Persone / sie sey ledig / oder verheyrahtet / ohne Vormundt / in ihrem Testament oder letzten Willen etwas vergeben. 14.
Was dann eine Frau gibt von ihrem gewonnenem Gut / durch ihren Mann / als ihren rechten Vormundt / ohne Erlaubnüß der Erben / daß sol man entrichten aus dem sammenden Gut vor allem Theile. Beschehe es auch mit der Erben Erlaubnüß / so mag man solche Gabe außrichten von Antheile der Erben / die ihr auch nicht mügen weigern / zimliche Gaben / doch nicht über den dritten Theil / ihrem Manne zu thun / von solchen / wolgewonnenen Gütern; wolte sie aber ihr gantze Antheil der erworbnen Güter / ihrem Manne die Zeit seines Lebens zugebrauchen geben / sol es gnugsane Versicherung thun / solche Güter nach seinem Todt den rechten Erben unverringert wieder zu stellen zu lassen. 15.
Imgleichen können auch die / so an ihrer Vernunfft gebrechlich und sinnloß seyn / so lang [299] solche Gebrechligkeit wäret / item / die Verschwender / denen die Verwaltung ihrer Güter von Uns / Obrigkeit wegen / genommen / Item / die von Natur stumm und taub seyn / auch mit Erlaubnüß ihres Vormünden oder Curatorn, so wenig von gewonnenen / als Erbgütern / einiger massen nicht testiren. 16.
Und wiewol die gemeine Rechte in eines blinden Testament eine sondere Zierlichkeit erfordern; so sol doch desselben Ordnung und Geschäft nicht weniger vor kräfftig / als anderer Personen / gehalten werden / wann das Testament und letzter Wille für zweyen Raths-Personen / wie obstehet / auffgerichtet und erzeugt wird. 17.
Da auch eine Frau / mit sampt ihrem Manne / ein Testament machet / das sol sie thun / nach dieser Stadt-Recht / durch ihren gebührlichen Vormundt / und würde ihrer jemands letzter Wille mit Recht geschwächet / geendert / oder wiederruffen / durch Uhrsachen / so dem andern Theil nicht belangen / das mag des andern letzten Willen nicht hindern / es wäre dann unmüglich / daß das eine oder das ander könte außgerichtet und vollen zogen werden. [300]18.
Item / wo eine Frau und Mann seyn / die ihr Gut zusammen geben / und keine Kinder haben / widerspricht dieselbe Gabe niemand binnen Jahr und Tag; so sol dieselbe stätt und kräfftig seyn: wer aber dieselbe Gabe beyspricht / der sol innerhalb Jahres unstete machen / mit vollkommener angestelter Klage / darauff der Rath hernacher zu gelegener Zeit mag erkennen / und Recht sprechen. 19.
Es sol auch auff obgesetzten Fall / wann zwey Ehe-Leute zusammen ein Testament machen / und hernacher deroselben einer verstirbet / alsdann dem überlebenden Ehegatten vergönnet und zugelassen seyn / von seinem Antheil Güter / ein ander Testament auffzurichten / und das vorige so weit zu endern. 20.
Wann aber Eheleute gesampt / oder ein jeder absonderlich / ein Testament gemacht / und darinn dem gemeinen Gut / den Kirchen / oder andern Gottes-Häusern / Hospitalen und Wäysen-Hause allhie / von ihren wolgewonnenen Gütern etwas / titulo institutionis, vel Legati, vermacht / und solches sich nicht über den [301] dritten Theil ihrer nachgelassenen Gütern erstrecken würde / haben sie zwar wol Macht / ihren verordenten letzten Willen zu revociren, oder denselben durch ein ander Testament zu endern / jedoch sollen sie schüldig seyn / woferne das erste Testament durch ein anders geendert wird / demselben berührte Institutionem, oder die pia legata, so weit sich dieselb über den dritten Theil der wolgewonnenen Güter nicht erstreckt / anderweit zu inseriren: in Verbleibung dessen / sol solcher geenderter Wille vor unkräfftig geachtet / und der erste bey Würden erhalten werden. Würde aber von ihnen keine andere Verordnung gemachet / sondern schlechts das erste Testament gebührlich cassiret und auffgehoben; so sol das jenige / was in demselben / berührten Oertern verlassen / biß zum dritten Theil der wolgewonnenen Güter / als ein Legatum ab intestato relictum, gefordert / und von den Erben unweigerlich gereicht werden / jedoch / so nach auffgerichteten Testament / dem Testatori eins oder mehr Kinder gebohren würden / ist er wol befugt / solch Testament zu endern / und die Legata zu revociren. 16.
Ferner sol von einem jeglichen Testament / zum wenigsten ein Marckstücke / zu Wegen und Stegen gegeben werden / und da Frau und Mann ein Testament zusammen machen / ein jeder so viel zu geben [302] schüldig seyn / und solches unverzüglich in die Khemerey gelieffert werden. 22.
Ob wol auch in gemeinen Rechten die Erbsetzung in einem jeden Testament für das Hauptstück gehalten wird; so sollen doch nach diesem unserm Stadt-Recht / zu Handhabung des Testatoris Willens / auch die Geschäfft und Ordnungen / darinn kein Erbe benennet wird / für kräfftig gehalten und vollstrecket werden. 23.
Wofern aber ein Vater oder Mutter / auch andere in auffsteigender Lini / von ihren wolgewonnenen Gütern ein Testament machen wolten / sollen und müssen dieselbe ihren Kindern (welche sie zu enterben keine Uhrsach haben) von solchen wolgewonnenen Gütern / zum wenigsten ihre legitimam oder Kindertheil / in Eigenthumb und Genieß / ohne alle Beschwerung lassen. 24.
Und wird die legitima also gerechnet oder verstanden / daß / wann ein Vater oder Mutter / eins / zwey / drey / oder vier Kinder verläst / so ist die legitima [303] oder Noth Erbschafft / nach Bezahlung der Schuld / ein Drittheil des jenigen / so einem jeglichen Kind / auff den Fall kein Testament gemacht worden / aus den wolgewonnenen Gütern Rechtswegen gebühret hätte: so aber der Kinder fünff oder mehr seyn; so ist die legitima ein halb Theil des jenigen / so dem Kinde / wie obgemeldt / ab intestato gebühret hätte. 25.
Wo dann eins oder mehr Kinder verstorben / und eheliche Kinder nach ihnen verlassen hätten; so sollen des verstorbenen Kinder / deren seyn viel oder wenig / nur für ein Person / und also an statt ihres Vaters und Mutter / gerechnet werden. 26.
So aber ein Vater oder Mutter / auch andere in obsteigender Lini / in ihrem letzten Willen einem oder mehr Kindern die gebührende legitimam nicht verordneten / sondern die außdrücklich enterbten / und rechtmässige beweißliche Uhrsache der Enterbung nicht setzen / oder dieselben Kinder still schweigendt gar umbgingen; so mügen die enterbte und umbgangene Kinder dasselb Testament anfechten und umbstossen / doch sollen die im Testament verordnete Legata kräfftig seyn / und durch die Erben außgerichtet werden / es wäre dann Sache / [304] daß dieselbe legata der Kinder gebührende legitimam übertreffen / so mügen sie ihre legitimam zuvor herab ziehen / und von den übrigen Gütern / so weit sich dieselbe erstrecken / die legata nach Anzahl entrichten. 27.
Wann aber die Kinder nicht gar umbgangen oder enterbet / sondern ihnen etwas verordnet worden / es wäre gleich wenig oder viel; so können sie das Testament nicht hindertreiben / sondern mögen allein umb Ergäntzung und vollkommene Erstattung / oder Erfüllung ihrer legitimae, klagen. 28.
Imgleichen so die Eltern durch übermässige Schenckung / Ubergabe / oder in andere wege / ihr Gut dermassen geschmälert hätten / daß die Kinder / auff den tödlichen Abgang deroselben ihrer Eltern / sich vernachtheiliget befunden; so mügen sie / zu Erlangung ihrer vollkommenen legitimae, auch wol klagen. 29.
Es mügen aber die Eltern / ihre Kinder und Encklin / in nachfolgenden Fällen / von ihren wolgewonnenen Gütern enterben / als nehmlich / da die [305] Kinder oder Encklin sich an ihren Eltern mit Schlägen / und sonsten ungebührlichen groben Schmähungen vergriffen. Item / so dieselbe ihre Eltern umb peinliche Sachen / so nicht entweder gegen die Röm. Käyserl. Mayest. und dieser Stadt Wollfahrt fürgenommen / deferirt oder angeklagt hätten. Item / so dieselbe ihren Eltern mit Gifft / oder in ander wege nach dem Leben gestellet. Item / so der Sohn mit der Stiefmutter / oder die Tochter mit dem Stief-Vater unehrliche Lieb und Werck getrieben. Item / so ein Sohn / Tochter / oder Encklin ihre Eltern / die Schulden / oder anderer Uhrsachen halben / in Gefängnüß kommen / auff deroselben Ansuchen / zu ihrer Erledigung nicht nach ihrem besten Vermügen helffen / noch für sie gut oder Bürgen werden wollen. Item / so die Kinder ihre Eltern / in Aufrichtung ihrer Testament / und letzten Willen / zu verhindern sich unterstanden hätten. Item / so dieselbe ein leichtfertig unehrlich Leben und Wesen führeten / als nemlich / da sie Nachrichter / Schinder / Spitzbuben / Gauckeler / oder derogleichen würden / es wären dann die Eltern in gleichem leichtfertigem Leben und Wandel auch herkommen und gewesen. Item / so ein Tochter oder Enckelin / über daß die Eltern nach ihrem Vermögen / sie mit ehrlichen Heyrathen versehen wollen / denselben nicht gefolget / und sich in ein unzüchtig sündlich Leben begeben hätten. Item / so die Kinder ihren Eltern / welche mit beschwerlicher Kranckheit des Leibes / oder mit Gebrechligkeit der Vernunft beladen / kein Handreichung thun / noch zu derselben [306] Unterhaltung nothdürftige Atzung / oder andere Pflegnüß / nach ihrem Vermögen mittheilen wollen / sollen die Eltern ihre Kinder nicht allein deßwegen zu enterben Fug und Macht haben / sondern auch / da andere Freunde und Verwandte / aus Christlicher Mitleidenheit die Kinder darzu / in Gegenwart zweyer ehrlicher Leute / mit denen solches zu beweisen / getreulich ermahnet hätten / sich ihrer Eltern dißfalls anzunehmen / und sie nicht desto weniger / solcher treuhertzigen Vermahnung ungeacht / dasselbig unterlassen / und darauff bemeldte Freund und Verwandten sich deroselben verlassenen Eltern Pfleg- und Wartung / mit Vorstreckung des ihrigen / biß zu deroselben Ende mitleidentlich angenommen; sollen alsdann solche unartige Kinder an ihrer Eltern verlassenen Gütern / ob sie gleich zu Erben eingesetzt / nichts zu geniessen / sondern dieselbe allein den jenigen / welche ihnen Handreichung gethan / anfallen und gehörig seyn / jedoch die Legata davon entrichtet und bezahlet werden. 30.
Damit nun die Enterbung Krafft haben und bestehen müge / so müssen nicht allein oberzehlter Uhrsachen / eine oder mehr / in der Eltern letzten Willen / außdrücklich angezogen und vermeldet / sondern auch / da die enterbte Person derselben nicht geständig [307] seyn wolte / durch die eingesetzte Erben / oder andere / die solches belangen möchte / gebührlich und wie Recht erwiesen werden. 31.
Imgleichen / wie die Eltern schüldig seyn / ihren Kindern obgesetzter massen ihre Legitimam zu verlassen: also erfordert auch die natürliche Billigkeit / daß die Kinder / und Encklin / so keine Leibes Erben haben / wann dieselbe in Fällen und Gütern / da ihnen solches nach diesem unserm Stadt-Recht gebühren mag / testiren wollen / die Eltern in auffsteigender Lini mit der legitima auch versehen / nemlich also / daß so Vater und Mutter sämptlich / oder deren eins allein im Leben wäre / sie denselben den dritten Theil ihrer Güter / davon sie testiren können / oder auch / da Vater und Mutter nicht mehr / sondern allein Groß-Vater und Groß-Mutter im Leben wären / denselben gleich so viel zuverlassen schüldig. Wann aber die Eltern in ungleichem Gradt verhanden wären / als Vater und Groß-Vater / Mutter und Groß-Mutter / oder etliche deroselben; Ist das testirende Kind allein den nähern im Grad zu bedencken schüldig / und hat der weiter im Grad / der Erb-Gerechtigkeit halben / wider des Testierenden Willen / kein Anspruch oder Fürderung. [308]32.
Es mügen aber die Kinder ihre Eltern / von den Gütern sie zu testiren bemächtiget / in nachfolgenden Fällen gäntzlich enterben / als erstlich / da die Eltern ihre Kinder / wegen Sachen / die Leib und Lebens Straff auff sich tragen / ausserhalb der Laster so Käyserl. Mayest. oder dieser guten Stadt Wolstandt betreffen / beschüldigen und anklagen würden. Item / so die Eltern ihre Kinder durch Zauberey / Gifft / oder in andere wege / vom Leben zu bringen sich unterstanden hätten. Item / so die Eltern mit ihres Sohns oder Tochter Ehegemahl verbotene Unzucht getrieben. Item / so die Eltern ihre Kinder / von den Gütern davon ihnen solches erlaubet / ein Testament zu machen und aufzurichten verhinderten. Item / so der Vater des Kindes leibliche Mutter / oder die Mutter des Kindes leiblichen Vater / mit Gift / oder in andere wege hinzurichten und zu entleiben sich unternommen hätten. Item / so die Eltern ihrer Kinder in Armuth / Kranckheit / oder Beraubung ihrer Vernunfft nicht gepfleget und gewartet / oder auch / da dieselbe in Gefängnüß enthalten / zu ihrer Erledigung nach Vermügen nicht geholffen / mügen sie nicht allein deßwegen enterbet werden / sondern auch / da die Freunde oder andere sich auff solchen Fall / der gebrechlichen Kinder / mit Wartung und Handreichung / angenommen / sol es damit / wie nechst zuvor / von Pflegung der Eltern gegen die Kinder / verordnet / gehalten werden. [309]33.
Und dieser Uhrsachen ein oder mehr sollen nicht allein im Testament außdrücklich gesetzt / sondern auch / auff Verneinung der Enterbten / dargethan und bewiesen werden. 34.
Wann aber der Testator in auff- und absteigender Lini gar keine / sondern alleine in der zwerch Lini / und auff der Seiten verwandte Freunde / Brüder / Schwestern / Vettern und Oheime im Leben hat; ist er dieselben wider seinen guten Willen zu Erben einzusetzen / oder ihnen etwas in dem Testament von seinem wolgewonnenen Gute zuverlassen nicht schüldig / es wäre dann Sache / daß eine unehrliche Person zum Erben eingesetzt / auff welchen Fall die vorübergangene Brüder und Schwestern solch Testament zu impugniren befugt. 35.
Nach dem sich auch offtmahln zuträgt / daß der eingesetzte Erb für dem Testatore verstirbet / oder die Erbschafft nicht annehmen wil oder kan; so ist einer jeglichen testirenden Person erlaubt und zugelassen / seinem eingesetzten Erben ein oder mehr Nach-erben [310] zusetzen und zu verordnen / doch auff gewisse Masse und Fälle / wie solches die allgemeine beschriebene Käyserliche Rechte ferner außweisen und verordnen. 36.
Es mag auch ein jeglicher seinen letzten Willen / auff den Fall des Nicht-haltens / dergestalt verpeenen / daß wofern jemand der Eltern oder Kinder sich dem Testament / oder letzten Willen / ungehorsamlich widersetzen würden / über ihre gebührende Legitimam nichtes gefolget werden / sondern dasselbe dem gehorsamen Theil anerwachsen sol / oder so jemand anders / dem man die Legitimam zulassen nicht verbunden / mit dem so ihm verordnet / sich nicht begnügen ließ / daß demselben überall nichts gefolget werden sol. 37.
Ferner mag ein jeglicher sein Testament und letzten Willen enderen / mindern / mehren / und gantz abthun / so offt er wil / ungeachtet ob er sich eines andern verpflichtet hätte / doch gehöret in solcher Verenderung eben die Zierlichkeit darzu / die in Auffrichtung desselben ist gebraucht worden / es wäre dann Sache / daß einer wissendlich sein Testament zerreissen oder zerschneiden würde / dann alsdann durch solche vorsetzliche Zerschneidung / ohn einige fernere Solennität oder Gezeugnüß / dasselbige [311] Testament gleichsfalls abgethan und getödtet wird. 38.
Da auch jemand ein Testament / oder letzten Willen / auffgerichtet / zu der Zeit da er kein ehelich Kind gehabt / und ihm darnach Kinder gebohren werden / oder so er andere Kinder für seine eheliche Kinder annimpt / so ist das Testament mit allen Legaten / jedoch die geringen außbescheiden / so ad pios usus verordnet / gefallen. TITULUS. II.
Von Legaten und Geschäfften:
ARTICULUS 1.
Die Legata oder Geschäffte mügen allein von den Personen / welche zu testiren zugelassen ist / verordnet werden / doch sol es mit der Maß und Form beschehen / wie oben [312] von Testamenten / und Auffrichtung deroselben / geordnet ist. 2.
Wiewol aber nach dieser Stadt-Recht / niemand von Erbgütern zu testiren bemächtigt; so lassen wir doch zu / daß ein jeglicher den zwantzigsten Pfenning von solchen Erbgütern zu Gottes Ehren / und ad pias causas, legiren müge. 3.
Und nach dem solche Legata oder Geschäffte durch den instituirten Erben / oder durch die im Testamente verordnete Executorn außgerichtet werden müssen / so sol sich keiner deroselben eigenes Gewalts unterziehen / sondern von den Erben oder Executorn ordentlich erfordern / es erscheine dann klärlich aus des Testatoris letztem Willem / daß der Legatarius sich des Legati selbest mächtigen und bezahlet machen müge. 4.
Es mügen auch die Eltern in ihrem Testament und letzten Willen / von ihren wolgewonnenen Gütern / einem Kinde oder Encklin vor den andern einen voraus machen / oder legiren / doch daß der ander [313] gebührende legitima, wie im nechst vorgehendem Titul verordnet / unbeschweret und ungehindert bleibe. 5.
So einem ein frembd Gut / daß des Testatoris nicht gewesen / geschaft wäre / so ist der Erbe schüldig / solch verschaft Gut zu erkauffen / und dem jenigen / welchem es verschaft ist / zu zustellen / oder dafür den billigen Werth zu bezahlen / doch nicht anders / dann so der Testirer gewust hätte / daß dasselbige Gut nicht sein gewest / welches im fall des Zweiffels der jenige / dem es geschaft worden / zu beweisen schüldig ist; so aber der Testirer nicht anders gewust / dann solch Gut hätte ihm zugehöret / ist das Legatum unkräftig / es wäre dann die Person dem Testatori so nahe verwandt / daß er vermuthlich deroselben auch solch frembd Gut würde legirt haben / wann er schon gewust / daß es ihm nicht zuständig sey. 6.
Ebener massen sol es auch gehalten werden / wann jemand ein verpfändet Gut verschaft würde / sintemahl der Erb dasselb verpfändete Gut / so viel des Testatoris daran gewesen / einzulösen / und dem es geschaft / zu zustellen schüldig ist. [314]7.
Do jemand ein Pfandt / so er von seinem Schüldiger in Händen hätte / verschafft oder legirt wurde / ist er nicht schüldig / dasselbige Pfand den Erben folgen zulassen / wann gleich ihm der Erbe die Schult / dafür das Pfand hafftet oder außgesetzet worden / zubezahlen erbötig wäre. 8.
Ferners weden alle Legata / so pure, ohne einige hinzugesetzte Bedingung / verordnet / alßbald nach des Testatoris Absterben / dem Legatario fällig / Also daß wann gleich darauff derselb Legatarius, ehe und zuvor die Erbschafft angetreten / verstorben wäre / nichts desto weniger dasselbe legatum seinen Erben entrichtet werden müste / ausserhalb / da jemand der Besitz und nießlicher Gebrauch eines oder mehr Güter verschafft ist / dann derselbe Besitz ehe nicht / dann die Erbschafft angetreten / fällig wird. 9.
Dahero / wann der Legatarius vor dem Testierer mit Tod abgehet: So ist der Erbe das legatum oder Geschäfft zu bezahlen nicht schüldig / es hätte dann der Testierer solche Vorsehung gethan / daß es auch auff desselben Erben fallen solte. [315]10.
Wann auch jemand / zu Unterhaltung seines Lebens etwas / es sey an Geld / Getreidig / Getränck oder dergleichen / zu Jährlichen oder sonst benandten Fristen zu reichen / geschafft ist / und der / dem also geschafft ist / das Ziel und Frist nicht erlebte: So ist man seinen Erben zu geben nichts schüldig. 11.
Imgleichen / da das Legatum auff ein künfftig Geschicht / so in einer Zeit erfüllet und vollenzogen werden sol / gestellet ist / und der Legatarius dasselb Geschicht nicht erlebte; so ist man seinen Erben nichts außzurichten schüldig. 12.
Wann aber etwas / ohne solche Bedingung / verschafft / und allein die Zahlung auff gewisse Zeit und Ziele bestimmt wäre / also daß die Summa in zwey oder mehr Jahren bezahlet werden solte / desselben Legats seyn die Erben fähig / wann gleich der Legatarius inner der Zeit / aber doch nach Ableben des Testatoris, gestorben wäre. [316]13.
Ferner / da jemand ein gewiß oder nahmhaft Gut verschaft / und dasselbige / ohn Schuld oder Verwahrlosung des Erben / schadhaft oder verringert würde; so sol der jenige / dem es geschaft / den Schaden tragen / wie hingegen auch / da solches besser und gültiger worden / solches ebenmässig demselben Legatario zu gute kommen sol. 14.
Letzlich / so ein Ding zweyen oder mehren geschafft wird / sollen dieselben solches zu gleich theilen. Und wann ihr einer des Testatoris Todt nicht erlebet hätte / oder das Legatum nicht annehmen wolte / oder desselben sonsten unfähig worden wäre; so fället desselbigen Theil dem andern zu / es wäre dann anders im Testament oder letzten Willen versehen worden. [317]TITULVS III.
Von Gefällen und Erbschafften / darüber keine beständige Disposition oder Testament verordnet.
ARTICULUS 1.
So zwey Personen in den Ehestandt zusammen treten / und mit einander Kinder zeugen / Stirbet nach dem unwandelbahren Willen des Allmächtigen / ihrer beyden eins / alle Erb und Güter fallen auff den Längst-Lebenden / und ihre sämptliche Kinder. Da sich aber begebe / daß von den Kindern eins oder mehr / es seyn Söhne oder Töchter / todts verfahren wären / davon Kinder / oder auch Kindes-Kinder verhanden: Sollen die zu ihres respective Groß- oder Elter-Vaters und Mutter haereditet mit gelassen werden / jedoch / daß sie nicht in capita, den Kindern gleich / sondern Stammen und Stelle ihrer Eltern und Groß-Eltern Erben / und allein derselben Theil empfangen. So [318] dann auch die Kinder alle in GOtt entschlaffen / und Enckele / oder auch neben denselben Uhrenckele / oder dieselben allein in ungleicher Zahl übrig / succediren die gleicher gestalt ihrem Groß- und Elter-Vater ider Mutter / nicht in Häupter / sondern Stammen. 2.
Wann Kinder durch ihre Eltern mit gewissem Gute außgesteuret / und sie sampt zweyen ihrer nechsten Freunden damit zur Zeit ihrer Eheligung friedlich; können sie ferner mit andern ihren Brüdern und Geschwistern / in Vater- oder Mütterlichen Gütern nicht erben / es sey dann / daß es anders verabschiedet und beredet worden. 3.
Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und er mit derselben Kinder gezeuget / die noch im Leben seyn; bleibet der Mann Wittwer / und stehet seinen Dingen recht vor / so mag er nicht genöhtiget werden / bey Leben die Güter mit seinen Kindern zu theilen / jedoch sol er schüldig seyn / denselbigen nothwendige Alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erforderen / ein billiges Heyrath-Gut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben. [319]4.
Da aber der Vater anderweit Heyrathen wolte / muß er vor- oder innerhalb vier Wochen / nach dem ehelichen Beylager / mit Vorwissen und Consent zweyer seiner verstorbenen Hauß-Frauen nechsten Freunden / seine Kinder gebührlich abtheilen / dergestalt / daß er denselben entweder ihrer verstorbenen Mutter Brautschatz und angeerbte Güter wieder zukehren / und dieselben nach seinem Todt mit den Kindern anderer Ehe (wann dieselben gleicher gestalt ihrer Mutter Güter voraus genommen) zu seinen Gütern in die Häupter succediren und Erben lassen / oder / vermittelst eines leiblichen Eyds / ein beständig Inventarium aller seiner Güter übergeben / und seinen Kindern erster Ehe den halben Theil / oder da nur ein Kind verhanden / demselben den dritten Theil aller Güter zu gäntzlicher Abtheilung väterlicher und mütterlicher Güter versprechen und geben sol. Jedoch daß der Vater auff den einen oder andern Fall das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / seine Kleider / Linnen und Wüllen / die er getragen oder zu seinem Leibe machen lassen / und was er an Gold und Silber zu seiner Leibes Zierung getragen / dann auch alles / was er seiner verstorbenen Hauß-Frauen / an güldenen Ketten / Ringen / Gürtelen / oder anderer ihres Leibes Zierung / vor und in stehender Ehe gegeben und machen lassen / voraus nehme und behalte. Und was also den Kindern [320] zugetheilet / sol der Vater ihnen / innerhalb Jahres in sein Erb und Eigen / und da er die nicht hat / im Stadt-Rentebuch / oder mit gnugsamen Bürgen versicheren. In Entstehung aber solcher assecuration, sol der Vater auff der nechsten Freunde oder Tutorn Anfürderung / von dem Rath darzu angehalten werden. Und hat der Vater in denen seinen Kindern zugetheileten Gütern die Abnützungs Gerechtigkeit / biß die Kinder achtzehen Jahr vollnkömmlich erreichet / Jedoch ist er dagegen schüldig / die Zeit über seine Kinder nicht allein zu alimentiren und mit Kleidungen zu versorgen: Sondern auch da sie tüchtig zu den studien, Kauffmanschafft oder Handwercken / auff seine Kosten zu halten / Es wäre dann / daß der Vater und der Kinder nechste Freunde sich auff eine kürtzere Zeit / wegen der Abnützung / mit einander vergleichen / oder die Töchter vor Erreichung der achtzehen Jahr verheyratet würde. In denen Gütern aber / welche den Kindern nach Absterben ihrer Mutter / von ihrem Groß-Vater oder Groß-Mutter / oder andern Verwandten anerben / hat der Vater die genießliche Nützung nicht / sondern wird dieselbe den Kindern vorbehalten. 3.
Wann auch der Mann todts verfahren / und seine Ehe-Frau sampt einem oder mehr Kindern / so sie von ihm gedragen / nachlassen würde / so lange [321] dieselbe bleibet unverehliget / und wol Hauß hält / ist sie nicht schüldig mit ihren Kindern zu theilen / jedoch ist sie denselbigen nothwendige alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erfordern / ein billiges Heyrathgut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben verpflichtet. 6.
Da aber die Wittwe sich anderweit vereheliget / sol sie vor dem Beylager mit ihren Kindern alle Güter (jedoch daß sie das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / ihre Kleider / Linnen und Wullen / so sie getragen und eingebracht / dann auch ihre Leibszierung / als güldene Ketten / Ringe / Gürtele / und alles / so sie in stehender Ehe getragen / und entweder zur Außsteur empfangen und eingebracht / oder von ihrem Ehe-Manne ihr vor- und in wehrendem Ehestande gegeben ist / voraus nehme und behalte) theilen / dergestalt / hat sie zwey oder mehr Kinder im Leben / so wird das Gut in drey gleiche Theile gesetzt / wor von die Mutter den einen / und die Kinder die zwey übrige empfangen; wäre aber nur ein Kind verhanden / das Gut fällt halb an die Mutter / und halb an das Kind. Und soll vorgedachte Theilung / vermöge des durch die Vormünder auffgerichteten Inventarij (welches die Wittwe mit ihrem leiblichen Eyde zu bekräfftigen / und daß ihres Wissens alle ihres seligen [322] Ehemannes Verlassenschafft domahls beschrieben / zu betheuren sol schüldig seyn) und der durch die Vormünde folgends gehaltener / und zur Zeit wann die Wittwe sich anderweit zuverehligen vorhabens / geschlossener Rechnung / geschehen und verrichtet werden. 7.
Haben Mann und Fraue eheliche Kinder zusammen / verstirbet ihrer beyder eins / und der Längst-Lebende die Kinder wegen Väter- und Mütterlicher Güter gebührlich abtheilet / und die außgesagte Güter innerhalb Jahrs / wie in vorgehendem vierdten Articul gedacht / vergewissert; verehliget er sich wieder / und zeuget mehr Kinder / alle seine Güter fallen denselben an / und mügen die abgesonderte mit ihnen nicht erben. 8.
Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und sie keine Leibes-Erben / von ihnen beyden gebohren / im Leben verlassen / sollen anfänglich alle Schülde gerechnet / und von dem sammenden Gute abgezogen werden / was dann übrig befunden / davon behält der Mann zwey theile / und gibt den nechsten Freunden seiner gewesenen Frauen den dritten Theil; scheidet auch nach dem Willen Gottes aus diesem Leben der Mann / und keine [323] Kinder / so sie mit einander erzeuget / verläst; die Schülde werden gleicher gestalt von dem vollen gemeinen Gute bezahlet / und was dann mehr in der Erbschafft verhanden / davon empfähet die Frau den halben / und die Freunde ihres verstorbenen Mannes / den andern halben Theil / Es wäre dann in der Eheberedung ein anders beliebet / auff welchen Fall sol / vermöge der auffgerichten Ehezarter die Theilung geschehen / wie droben im andern Theil unter dem XI. Titul / Art. 2. ferner verordnet ist. 9.
So dann auch Leibgeding von Mann und Frauen aus ihren Gütern / auff beyder Leben gekaufft / sollen dieselben nach vorgesetzter Ordnung / andern Gütern gleich / von einander gesetzt und getheilet werden. 10.
Wann der Ehe-Mann / oder die Frau verstirbet / und keine Kinder von ihnen gebohren / im lebende seyn / so hat der Längst-Lebender ein gantz Jahr die Wohmung / auch aus den nachgelassenen Gütern seinen Unterhalt / neben seinem Gesinde / auch nach Gelegenheit und Zustandt der Güter / die Trauer-kleider / es wäre dann anders in den auffgerichteten Ehezärtern beliebet / oder die Erben würden sich mit dem Längstlebenden innerhalb [324] Jahres frist vergleichen / und sollen in vorgedachtem Fall / auff der Erben begehren / oder in Abwesenheit derselben / von Amptswegen / die Güter / nach des einen Absterben / alsbald versiegelt / und gebührlich inventiret werden. 11.
Ein Weib / so ihrem Manne bey seinem Leben untreu geworden / und solcher Unthat gnugsam überzeuget / hat nach Absterben des Mannes aus den Gütern mehr nicht zu fordern / dann was etwann derselbe ihr aus gutem Willen gegeben und verordnet. Da sie aber gäntzlich vorbey gangen / sollen ihr gleichwol zimliche Alimenta gereicht werden. 12.
Wann ein Mensch todts verscheidet / und keine Erben in absteigender Linien verläst / seine Güter fallen Vater und Mutter / da die beyde / oder deren eins im Leben / anheim; so aber keine der Eltern verhanden / seyn Vollbrüder und Geschwistern die nechsten / und theilen ihres Bruders Verlassenschafft in capita oder Häupter / jedoch das Vollschwester und Brüder-kinder mit ihnen in die Stammen erben / und empfangen den Theil / so ihr Vater oder Mutter / da die im Leben geblieben / nehmen sollen. Hat aber der Verstorbene allein Brüder [325] oder Schwester-Kinder / von voller Geburth verlassen; so erben dieselben / auch in gleicher Zahl / gleich mit einander in die Häupter / und nicht in die Stammen. Da auch der Verstorbene einen Ehegenossen verließ / dem sol das jenige / so im 8. Articul dieses Tituls verordnet / gefolgt werden. 13.
Wann Kinder / nach Absterben ihres Vaters / oder Mutter / von Väter- und Mütterlichen Gütern gäntzlich abgetheilet werden / und dann eins von den Kindern stirbet / so fället die Erbschafft nicht auff seinen Vater oder Mutter / sondern seine vollbürtige Brüder und Schwestern; seyn aber die Kinder nur allein von Mütterlichen Gütern abgetheilet / und eins von ihnen stirbet / so erben Vater und vollbürtige Brüder und Schwestern des Verstorbenen Verlassenschafft zu gleichen theilen / jedoch daß vollbürtige Brüder und Schwester-Kinder mit ihnen in die Stammen erben. 14.
Wann keine Eltern / Vollbrüder und Schwestern / oder derselben Kinder / sondern Groß-Vater / oder Groß-Mutter / sampt Halbbrüdern und Schwestern / verhanden / erben die ihres respectivè Enckels oder Geschwistrigen Gut gleich. [326]15.
Wann der Verstorbene / seinen Bruder oder Schwester / von halber Geburt / und darzu seines Vaters vollbürtigen Bruder / oder Schwester / verläst / so erben Brüder und Schwester von halber Geburt / wie imgleichen deroselben Kinder / die Erbschafft allein / und schiessen die andere jetzt gemeldte Freunde aus. 16.
Hat die Verstorbene Person keinen Erben in ab- oder auffsteigender Linien / imgleichen keinen Bruder / oder Schwester / von beyden / oder einem Bande allein / noch derselben Kinder verlassen; so werden die zu Erben zugelassen / die dem Verstorbenen von Vater oder Mutter / rechter Blutverwandnüß nach / zum nechsten befreundet seyn / welche auch die Erbschafft unter sich in die Häupter theilen / und wird alsdann nicht mehr in acht genommen / ob sie von einem oder zweyen Banden einander befreundet seyn; wie dann auch nach Brüdern und Brüder-kindern / die jenigen / so in weiterem Grad stehen / ferner nicht an ihrer Eltern Stette treten. 17.
Wann aber ein Wäysen-Kind / welches allhie im Wäysen-Hause aufferzogen ist / in seinen unmündigen [327] Jahren verstirbet / so fället alle seine Verlassenschafft / ausserhalb was ihm die Zeit über / so es im Wäysen-Hause gewesen / und hernacher / angeerbet seyn möchte / nicht an seine Blutsfreunde / sondern dem Wäysen-Hause anheim. 18.
Fället Erb / auff dieser Stadt Bürgere und Einwohnere / darinn sie mit Rechte gewäldiget und immittiret seyn / und haben solches Jahr und Tag besessen / käme darnach ein ander aus frembden Landen / der sich im nähren oder gleichen Gradt angebe / wird derselbe bey seinem leiblichen Eyde erhalten / daß er sich / als ihm wissend geworden / daß sein Verwandter gestorben / auff den Weg gemacht; so hindert ihm solches nicht an seinem Rechten / sondern sol die Verwandtnüß / wie Recht bezeugen / und mag das Erbe nochmahls binnen Jahr und Tag / nach dem er den tödtlichen Abgang seines Verwandten erfahren / forderen. 19.
Wasserley Erbgut in dieser Stadt von Bürgern oder Einwohnern verstirbt / auff Leute / die allhie keine Bürger seyn / die sollen alles des also verstorbenen Guts / den zehenden Pfenning dieser Stadt entrichten. Wolte aber der frembde Mann / dem Erbgut [328] in dieser Stadt angefallen / innerhalb Jahres nach beschehener Theilung in dieser Stadt seine Häußliche Wohnung anstellen / und die Zeit seines Lebens mit dem angefallenen Erbgut bewohnen bleiben / und solches gnugsam versichern / der sol den zehenden Pfenning von den / ihm angeerbten Gütern / zu geben nicht verpflichtet seyn.
TITULVS IV.
Von Einbringung zur Erbschafft / und was man einzubringen schüldig ist.
ARTICULUS 1.
Wann die Eltern versterben / und eheliche leibliche Kinder / oder andere in absteigender Lini / verlassen / welches alsdann von ihnen Erben wil / und zuvor von seinen Eltern oder Groß-Vatern Heyrath-Gut empfangen / und daneben an Hochzeitlichen Kleidern / Kleinodien / und was sonsten darzu gehöret / außgesteuret ist / so soll dasselbe zuvor alles einbringen / wormit es also außgesteuret /
[329] oder aber zu lassen / daß der andern ein jeder zuvor so viel vorab nehme / als er voraus empfangen / und darnach mit den andern zu gleicher Theilung gehen. 2.
Wolte aber das Kind sich an der empfangenen Mit-Gifft und Auß-Steur begnügen lassen / und ferner nicht erben: So ist es das jenige / was es empfangen / einzubringen nicht schüldig / es wäre dann / daß den andern Kindern oder Kindes-Kindern / mit dem gegebenen Heuraths-Gut und Auß-Steur / an ihrem gebührlichen natürlichen Theil legitima genandt / Abbruch geschehen / alsdann sol solche Ubermaß mit den andern / biß zu Ergentzung ihrer Legitimae, oder Kinder-Theil zugleich getheilet werden. 3.
Hätte der Vater seinem Sohn eine Summ Gelds / damit zu handeln und Nahrung zu suchen / vorgestreckt / und darnach mit Todt abginge: So muß der Sohn dasselbige zuvor einbringen / oder ihm abkürtzen lassen / wo er mit den andern Schwestern und Brüdern erben wil / was er aber damit gewonnen / ist er einzuwerffen nicht schüldig / es were dann zwischen dem Vater und Sohn andere Gedinge auffgerichtet. [330]4.
Was der Vater bey seinem Leben mit Kleidung / und Unterhaltung zu den Studien, Kauffmanschafft und Handwercken / auff ein oder etliche Kinder / oder Kindes-kinder / mehr dann auff die andern gewendet / und in seinem Testament oder letzten Willen dasselb nicht abgezogen / oder in gemeine Erbschafft zu bringen / außdrücklich nicht gesetzt / oder in sein Buch nicht geschrieben hätte / so seyn sie dasselbe zu conferiren und einzuwerffen nicht schüldig. 5.
Da aber ein Kind oder Kindes-Kind / unnöhtige und überflüssige Unkostung / mit Schencken / Spielen / und in andere ungebührliche Wege auffgewandt / und der Vater solches bezahlet hätte / daß wird ihm billig an seinem Erbtheil abgezogen und gekürtzet.
6.
Was ein Kind selber durch seinen Fleiß / Geschickligkeit / Kauffmannschafft / Mühe und Arbeit erworben / das ist es einzubringen nicht schüldig. [331] 7.
Im fall auch gezweiffelt würde / ob der jenige / so einzubringen schüldig / mehr empfangen hätte / als er zu conferiren sich anerbieten thut / so mügen die andern ihn zum Eyd nöhtigen / daß er nicht mehr als von ihm angezeigt / empfangen habe / welchen Eyd er zu leisten schüldig.
TITULUS. V.
Von Theilung der gemeinen und Erbgüter.
ARTICULUS 1.
Konnen gemeine Erben / oder die ein Hauß in Gemeinschafft besitzen / über das Erbe oder liegende Gründe sich nicht vertragen / sondern der eine wil sich von dem andern scheiden / so mag derselbige / welcher scheiden wil / das Erbe oder Gut / auff ein genandtes Geld oder Zeit setzen
2.
Wann sich aber gemeine Erben aus einem Erbe oder Gute nicht scheiden wollen / und sich doch mit einander in Güte nicht vertragen können / so sol das Loß darüber geworffen werden / wer setzen sol / und wann alsdann das Erbe oder Gut / von demselben / dem es das Loß anweiset / gesetzet ist / hat der ander / wann nur zween zur Erbschafft gehörig / die Wahl; seyn aber drey oder mehr Personen / die sich zur Erbschafft ziehen / sol die Theilung durch das Loß geschehen / und derselbe / dem es durch das Loß zugeeignet wird / den Werth darauff es gesetzt / zu Vergleichung der andern / heraus geben.
3.
Da auch der Erben keiner das Hauß oder Gut annehmen wolte / oder könte / alsdann sol [333] solches zum theursten verkaufft / und die erlösete Geldsumma unter die Erben gleich getheilet werden.
TITULVS VI.
Von Vormund- und Pflegschafften.
Nach dem dieser guten Stadt / und gemeinem Besten mercklich und viel daran gelegen / daß die jenige / so in ihrem unverständlichem minderjährigem Alter / duch den zeitlichen Todt ihrer Eltern beraubet werden / mit Vormündern gebührlich versehen / auch von denselben Vormündern ihren untergebenen Pupillen und Pfleg-kindern mit allem getreuem Fleiß und Ernst fürgestanden werde: und aber bey diesem / bißhero nicht wenig Mangel gespüret worden: Als haben Wir so wol aus jetzt erregten Uhrsachen / und Erinnerung unsern Obrigkeit Ampts / als auch in Kraft nähern sieben und siebentzigsten Jahres zu Franckfurt am Mayn / reformirten und verbesserten Policey-Ordnung / diese hernach gesetzte Maß und Ordnung verfasset / welche Wir auch / so viel Uns dieselbe berühren mag hinfüro [334] unverbrüchlich zuvollstrecken / halten und handzuhaben gemeinet seyn. 1.
Und demnach anfänglich / weil in gemeinen Rechten und üblichem Gebrauch / dreyerley Unterschied der Vormünder / so den unmündigen Kindern / biß sie zu ihren Jahren kommen / fürstehen sollen; als nemlich fürs erst: Die Vormünder die in dem Testament oder letzten Willen gesetzt und benennet werden. Die andern / so von Geblüth / die nechste Freunde seyn / und zum dritten / so von der Obrigkeit gegeben werden: So ordnen und wollen wir / daß wo ein Vater seinen hinterlassenen Kindern / durch ein Testament oder letzten Willen / ein oder mehr zu Vormündern verordnen würde / dieselbe für allen andern / zu solcher Vormundschafft gelassen und bestättiget werden sollen. 2.
Da auch die Mutter / oder jemand anders / die Kinder zu ihren Erben einsetzen / und denselben in ihrem Testament Vormünder verordnen würden / sollen dieselben durch uns / Obrigkeit wegen / auff vorgehende Erkündigung / bestättiget werden. [335]3.
Und wofern etwa ein Sinnloser / oder Minderjähriger / im Testament zum Vormunde gesetzt oder benennet worden / sol derselbe ehe nicht / dann er wiederumb zu seinem gefunden Verstandt kommen / oder sein vollkommen Alter erreichet / zu der Vormundschafft verstattet / und inmittelst an dessen statt / dem Pupillen ein ander Vormundt oder Curator verordnet werden. 4.
Ferner / wann in des Verstorbenen Testament kein Vormundt verordnet / oder kein Testament oder letzter Wille auffgerichtet ist; so werden nach den Eltern die nechstgesipte Freunde zur Vormundtschafft zugelassen und beruffen. 5.
Ob nun wol eine Mutter / nach Absterben ihres Ehemannes / sich ihrer Kinder Vormundtschafft zu unterfangen / von Rechts wegen nicht gedrungen werden kan / nicht desto weniger / da sie sich deroselben gutwillig unternehmen wolte / sol sie für allen andern Blutsverwandten darzu gelassen und bestättiget werden / doch / daß sie neben der gewöhnlichen Vormundtschafft [336] Pflicht / so hernach gesetzt / und außdrücklicher Verpfändung ihrer Haab und Güter / sich alsbald der andern Ehe / wie imgleichen des beneficii Senatus consulti Vellejani, und anderer weiblichen Freyheiten verzeihe / auch daß ihr zween Vormünder / von jeder Seit / oder nach Gelegenheit der Güter / von jeder Seit einer / aus der Freundschafft / oder in Mangel deroselben / andere düchtige Personen adjungirt, mit deren Rath und Hülff / die Kinder und ihre Güter beschützt / vertreten / verwaltet und versorget werden / und sie sampt den Adjuncten Jährlichen / oder so offt man es begehret / ihrer Verwaltung halben Anzeig und richtige Rechnung thu. Würde aber die Mutter sich wiederümb verheyrathen: Soll sie die Vormundschafft ihrer Kinder / auff vorgehende Schluß-Rechnung / den andern mit Vormündern abtreten / und denselben die Güter einantworten / und im Fall sie / ehe dann solches geschehen / auch was nach zugelegter Rechnung / sie den Kindern schüldig blieben / völliglich bezahlet / die andere Ehe vollenziehen würde: Sol sie damit ihrern Mütterlichen Erbfall zu deroselben Kinder Gütern verwirckt haben. Auch sollen insonderheit / auff solchen Fall / die zuverordnete Vormünder / fleissig auffmercken / daß die Kinder in der Abtheilung nicht mügen verkürtzt werden / und der Mutter ehe und zuvor sie mit den Kindern allerdings verglichen / die ander Ehe mit dem Kirchgange zu vollenziehen nicht gestatten. [337]6.
Auff den fall aber die Mutter nicht mehr im Leben / oder sich ihrer Kinder Vormundtschafft gutwillig nicht unterpfangen wolte / sol alsdann die Groß-Mutter / auff ihr Begehren / für andern Blutsverwandten darzu verstattet / und es mit deroselben ebenmässig / wie von der Mutter Vormundtschafft verordnet / gebalten werden. 7.
Nach dem auch ein jeder Vater / nach Satzung der Käyserlichen Rechten / seiner ehelichen Kinder Mütterliche / oder andere Haab und Güter / in Verwaltung und administration in- und ausserhalb Rechtens hat / doch dieselbe den Kindern zu Nachtheil nicht zuverendern: so lassen wir es dißfalls bey solcher Disposition gemeiner Rechte bleiben / es wäre dann Sache / daß der Kinder nechste Freundschafft / worümb er dabey nicht zu lassen / oder ihm andere Vormündt zu adjungiren, gründliche und erhebliche Uhrsache fürwenden wollen / welches alsdann zu unser Erkändtnüß stehen / und darauff / was sich nach Gelegenheit und Befindung der Sachen gebühret / verordnet werden sol. Wäre dann kundbahr / oder beweißlich / daß der Vater ein Verschwender / oder sonst eines unordentlichen Haußhaltens berüchtiget / alsdann / wann er sich gleich in die Vormundschafft [338] eingelassen hätte / mag er allewege deroselben entsetzt / und den Kindern andere Vormünder geordnet werden. Ob auch der Vater zur andern Ehe griffe / so bleibet er nicht desto weniger / so er anders sonst zur Vormundtschafft tauglich / der Güter seiner Kinder voriger Ehe Vormundt und Verwalter. 8.
Wiewol sich auch etwan zuträgt / daß Eltern versterben / und Kinder verlassen / die zum Theil ihr vollkömmliches Alter erreicht / zum Theil noch Minderjährig seyn / und also vermöge Rechtens / die erwachsene Brüder / den andern ihren Minderjährigen Geschwistrigt legitimi Tutores oder Curatores seyn solten; so ordnen und wollen Wir doch / daß auff solchen Fall / ehe und zuvor die Erbtheilung fürgenommen / dieselbe zu der Vormundschafft oder Pfleg ihrer Minderjährigen Geschwistrigt nicht zu verstatten / sondern daß ihnen andere Vormünder / biß auff die Erbtheilung / verordnet / nach dero Verrichtung die andern Brüder / so vollnkommenen Alters / und zu Vormündern sonsten qualificirt und düchtig seyn / mit und neben den zuvor verordneten Vormündern / zu der Vormundtschafft ihrer unmündigen oder unterjährigen Geschwistrigt zugelassen / und auff Maß und Weise / wie hernach in gemein / von Vormündern geordnet / darzu bestättiget werden mügen. [339]9.
Der Mann ist in alle wege seiner Frauen rechter Vormundt / und mag die Frau / ohne ihres Mannes Uhrlaub / nichts vergeben / verkauffen oder aufflassen. Wolte aber die Frau ihrem Mann Gut aufflassen oder geben / oder einige Auflassung oder Gab zu seiner Behueff vollbordten oder bestätigen / darzu mag der Mann ihr Vormundt nicht seyn / sondern muß die Frau einem andern Vormundt darzu erbitten / und so alsdann dieser rechter Vormundt sich solcher Aufflassung ungebührlich widersetzen würde / sol solches zu unsers des Raths Erkäntnüß stehen / und darauff ergehen was Recht ist. 10.
Wann keine Vormünder im Testament gesetzt / noch die nechstgesipte Verwandte sich der Vormundtschafft gutwillig zu unterfangen gemeinet / sol alsdann die Mutter / so fern dieselbige noch bey Leben / oder nach beyder Eltern Absterben / die nechste Blutsverwandte schüldig und verpflichtet seyn / bey uns als der Obrigkeit / den Kindern bequeme Vormünder zu verordnen / bittlich anzusuchen / und im fall solches von der Mutter / und den nechsten Blutsverwandten / wie gemeldt / innerhalb drey Monaten nicht beschehe / sollen sie dadurch die Anwartung künfftiger Erbfäll verwirckt / und [340] zu deroselben Kinder Gütern / keinen erblichen Zugang haben. Und wollen Wir auff solchen Fall / für uns und von Ampts wegen / so bald uns solches kundt gethan wird / denselben hinterlassenen Kindern / so viel deren unmündig / oder sonsten der Curatorn bedürfftig wären / aus ihrer Vater und Mutter nechsten Freunden zween ehrbahre Männer von jeder Seit / so darzu tüglich seyn / und wo fern unter der Freundschafft darzu qualificirte Personen nicht wären / oder sonsten bewegliche und gnugsame Uhrsachen verhanden / worumb dieselben zu der Vormundtschafft zu gebrauchen unrathsam / alsdann andere / so den Kindern und der Verlassenschafft gnugsam gesessen / zu Vormündern verordnen / und hierinnen fürnemlich dahin sehen / daß solche Leute darzu gezogen / die mit öffentlicher Verleumbdung und Laster / deßgleichen mit schweren Schulden und Armuth / wissentlich nicht beladen / noch die ihrem eigen Thun und Haußhalten selbst nicht für zustehen wissen / sampt daß sie mit der Pflegkinder Eltern nicht in schwerem Widerwillen oder Rechtfertigung gestanden / noch deroselben Güter halben Spruch oder Fürderung haben / auch daß sie nicht unter achtzehen Jahren / und daß sie / und zum wenigsten deren einer / schreibens und lesens erfahren seyn. 11.
Da auch gebrechhafftige Personen gefunden werden / als Unsinnige oder Sinnlose / Stumme [341] und Taube / deßgleichen die mit langwieriger Kranckheit beladen und lagerhafft seyn / auch die ihre Güter unnützlich verschwenden / die sollen uns gleichsfalls durch die Mutter / oder wo dieselbe nicht mehr im Leben / durch die nechste Blutsverwandte / bey Verlust ihrer erblichen Anwartung / wie obstehet / angezeiget / und ihnen nach Gelegenheit Curatores und Vorsorgers verordnet werden. 12.
Welche nun also im Testament / oder näher Blutverwandtnüß wegen / und sonsten von uns / zu Vormündern oder Vorsorgern gesetzt / erfordert und verordnet werden / sollen sich deroselben Vormundschafft / ohne gnugsame erhebliche rechtmässige Uhrsachen / nicht äussern oder entledigen können / sondern zu Annehmung deroselben von uns bey ernster Straffe angehalten werden. Und ob wol in den gemeinen beschriebenen Rechten / unterschiedliche Uhrsachen verordnet / dardurch sich einer von Bürden der Vormundschafft entfreyen kan: so sollen und wollen Wir doch in allewege / auff Fürwendung einer oder mehr solcher Uhrsachen / die Gelegenheit und Umbstände der Person und Uhrsachen erwegen / und darauff die Billigkeit verfügen / und insonderheit in acht haben / daß die Personen / so zu Rath sitzen / wie im gleichen übermässig alte und unvermögliche / oder die zuvor mit andern dreyen Pflegschafften beladen seyn / [342] mit solchen Pfleg- und Vormundtschafften / auff ihre eingewandte Entschüldigung / mügen verschonet bleiben. 15.
Ferner sol kein Vormundt / Vorsorger / oder Verwalter / er sey gleich in einem Testament / oder sonst vorerzehlter gestalt verordnet / sich einiger administration und Verwaltung unterpfangen / ehe und zuvor ihm dieselbe von Uns als der Obrigkeit decernirt und anbefohlen / auch darauff sein Nahme in das Vormunder Buch verzeichnet worden. Und sol demnach zu forderst derselbe / ehe ihm die Vormundtschafft anbefohlen wird / einen leiblichen Eyd zu GOtt schweren / daß er alles und jedes so seinen Pflegkindern nützlich und gut ist / thun und handeln / was unnütz und schädlich / vermeyden / unterlassen / und verhüten / deren Person und Güter zu ihrem Nutzen und guten Glauben verwaren / vertreten und zum besten vorsehen / von allen und jeden ihren Haab und Gütern / so denselben zuständig seyn / ein Inventarium fürderlichst auffrichten lassen / ihrer Administration und Handlung zu gewöhnlicher und rechter Zeit Rechnung thun / mit vollnkommener Uberliefferung alles des jenigen / so solcher Tutel und Vormundschafft halben / zu seinen Händen kommen / und den unmündigen Kindern zuständig / auch dessen was er denselben schüldig blieben / und sonsten alles thun wolle / daß einem getreuen Vormundt [343] zugehöret / alles bey Verpfändung seiner Haab und Güter. Und wann die Vormünder oder Vorsorger / diese obgesetzte Eydes-Pflicht geleistet / sollen sie ihrer Verwaltung halben ferner Bürgschaft oder Fürstandt zu thun / nach diesem unserm Stadt-Recht / aus bewegenden Uhrsachen nicht schüldig seyn. 14.
Es sollen auch die Vormünder und Vorsorger / alsbald nach anbefohlener Verwaltung / und derwegen geleister Eydes-Pflicht / alle ihrer Pupillen und Pflegkinder Haab und Güter / brieffliche Uhrkunden / und Handschrifften / ordentlich / deutlich und unterschiedlich / durch einen Secretarium, Gerichtsschreiber oder qualificirten Notarium, in beyseyn zweyer unpartheyischer redlicher Personen / inventiren und beschreiben lassen / es wäre dann / daß der Vater in seinem Testament / oder in wehrender Schwachheit vor zweyen oder dreyen ehrlichen Manns-Personen (welche solches bey ihren leiblichen Eyden erhalten werden) das Inventarium von den Vormündern zu verfertigen verboten / oder ihnen solches erlassen hätte / in welchem Fall die Vormünder das Inventarium nach vorgesetzter Form zu verfertigen nicht schüldig; nicht desto weniger aber unter ihnen / und in Gegenwertigkeit der Kinder / so ihre mündige Jahr erreicht / die Güter zu beschreiben verpflichtet seyn sollen / [344] Und da die Vormünder / ausserhalb vorgemeltes Falls / solches unverhindert / rechter Ehehafft nicht thäten / dieselbe den Kindern den Schaden / so ihnen daraus erfolget / ablegen und erstatten. Und da etwann der Vormundt einige Schulden oder Fürderung / zu den Pfleg-kindern oder deren Gütern hat / oder zu haben vermeynet / deßgleichen auch / so er etwas denselben zu gelten oder zubezahlen schüldig wäre / soll er solches in Annehmung der Vormundtschafft / anfangs unterschiedlich anzeigen / daß alles in berührt Inventarium bringen / und so er das wissentlich verschweiget / und sich der Vormundschafft darüber unterwinden würde / sol derselbe seine Schulde zu suchen oder zu fordern nicht Macht haben. 15.
Weiters sollen die Vormünder und Pfleger / zuförderst fleißig Acht haben / daß ihre Pflegkinder und unterjährige zu Gottesfurcht / und ehrbaren Sitten erzogen / darzu in ehrlicher Ubung / zum Studieren / Kauffhändeln / Handwercken / oder andern Geschäfften / nach Gelegenheit und qualification ihrer Person / auch vermögen der Nahrung / angewiesen und gehalten werden. Und da jemand deroselben Pfleg-kinder / etwann auff eine hohe Schule / Cunthor / oder sonsten ausserhalb Landes etwas zu lernen verschickt würde / so sollen ihm die Vormünder / mit Rath der Mutter und nechsten Verwandten [345] / ein gewisses aus den Gütern / nach Gelegenheit deroselben / zu seinem jährlichen Unterhalt verordnen / und ihn dessen verständigen / was er alsdann über solche verordnete Summ auffborgen oder verzehren würde / sol ihm an seinem Antheil abgekürtzet / und aus den sämptlichen Gütern nicht bezahlet werden. 16.
Ebenmässig sollen auch die Vormünder / mit allem müglichen Fleiß / ihrer Pupillen Haab und Güter getreulich versorgen / bewahren / und in keinen Abgang kommen lassen / und was an Bahrschafft verhanden / zum besten an gewisse Zinß anlegen / damit sie einen zimlichen Genieß und Abnützung davon haben mügen / und da etwan die Vormünder von der Pupillen Gelde zu ihrem selbst Nutzen entleihen / oder andern auff gebührliche Zinß außthun würden / sollen sie deßwegen gnugsame Caution zu bestellen / oder von andern zu nehmen schüldig seyn. 17.
Es sollen aber die Vormünder und Versorger / wann es auch gleich der Vater wäre / ohne unsere Erläubnüß / keine liegende Güter den Pupillen zuständig / verkauffen / verpfänden / oder sonsten verendern; [346] Und so ein Decret oder Erkändtnüß / obliegender Schulden / und anderer Uhrsachen halben / begehret würde / sollen allemahl dieselben Uhrsachen fürhabender Alienation, unterschiedlich und lauter angezeigt werden. Was aber an Fahrnüß / Haußgerath / Kleider und derogleichen / so abgänglich / und mit Nutzen nicht zu behalten / mag ein Vormundt oder Verwalter ohne Erläubnüß wol verkauffen. 18.
Auch sol ein jeder Vormundt / der das Jahr über / der Unmündigen Rechnung verwaltet / der Kinder Mutter / wo fern dieselbe im Leben / und den andern Mit-Vormündern / jedes Jahrs gebührliche Rechnunge zu thun schüldig seyn. 19.
Würde nun bey solcher Rechnung ein Vormundt befunden / daß er in den Gütern zu Schaden und Nachtheil gehandelt / derselb sol nicht allein / auff Anklag und Begehren der Mutter / oder anderer Verwandten / als verdächtig / der Vormundschafft entsetzt / und an dessen statt ein ander verordnet werden / sondern darzu auch allen Schaden / so also durch seine Hinlässigkeit oder Versäumnüß beweißlich veruhrsachet worden / zu erstatten und zu bessern schüldig seyn / Auch also daß / so der [347] jenige / welcher mißhandelt / oder etwas versäumet hätte / den Schaden zu wiederkehren nicht vermöchte / alßdann die andere Mit-Vormünde / die ihm dergestalt Verwaltung allein anbetrauet / und nicht zeitlich Auffsehens gehabt / dafür hafften und verpflichtet seyn sollen / es wäre dann / daß sich mit demselben Vormundt ein unvermuthlicher Fall begeben / welchen die Mit-Vormundt zuvor nicht wissen / noch auch abwenden mügen / dann sie zu demselben zu antworten nicht verbunden / sondern die Pupillen solchen unversehnlichen Zufall allein zu tragen schüldig. Würde auch bey solcher Vernachtheiligung einiger Betrug oder gefährlicher Vortheil gespühret / sol derselbe Vormundt / neben Wiederkehrung des zugefügten Schaden / mit Schmälerung seiner Ehren / von der Vormundtschafft abgesetzt werden. 20.
Ob dann wol das Pfleg- und Vormundschafft-Ampt / von gemeines Nutzes wegen / auch umb der armen Wäysen und Minderjährigen Noth und Wolfarth willen / nach den gemeinen beschriebenen Rechten / keinen Gewinn / oder bestimmte Belohnung / sondern viel mehr eine Bürde / Mühe und Arbeit auff sich hat / dennoch / weil dißfalls von unsern Vorfahren / aus vernünfftigen Uhrsachen / und damit ein jeglicher hierzu so viel desto williger erfunden werden möchte / ein anders verordnet [348] / so lassen wir es auch vorthan bey solcher Verordnung bleiben / daß nemlich bey Anhörung der Schluß-Rechnung / ihnen den Vormündern / nach Gelegenheit der Arbeit und gehabter Mühe / auch gestaltsame der Personen / und der Kinder vermügen / eine zimliche Belohnung wiederfahre und gefolget werde. 21.
Alle Vormünder / so unmündigen Kindern gesetzt oder verordnet / die bleiben in Verwaltung solcher Vormundtschafft / biß die Pflegkinder ihr mündig Alter / das ist / die Knaben viertzehen Jahr / und die Mägdlein zwölff Jahr völliglich erlangt haben; und nach Außgang dieser Zeit / sollen die Vormünder deroselben ihrer Pflegkinder Curatores oder Vorsorger seyn / biß die Knaben achtzehen Jahr ihres Alters erfüllet haben / alsdann dieselbe der Curation und Vormundschafft allerdings erledigt / ihre Person und Güter in- und ausserhalb Gerichts selbst regieren und vertreten mügen / aber die Frauen können keine Sachen förderen für Gericht / noch Gut aufflassen oder geben ohne Vormundt / dahero derselben Curation und Vormundtschafft ehe nicht / dann dieselbe in die Ehe bestattet / geendiget wird / alsdann / wie obstehet / der Mann ihr rechter Vormundt ist / und mag der biß dahin gewesener Vormundt und Curator, nach gethaner Schluß-Rechnung / die Vormundschafft und Curation gäntzlich abtreten. [349] 22.
Und sol bemeldte Schluß-Rechnung den jenigen / so aus der Curation und Versorgnüß kommen seyn / fürderlich beschehen ohne Unterscheid / sie wären durch Verordnung der Testament / oder sonst / zu Vormündern und Curatorn gesetzt worden / und was sich im Receß befindet / daß die Vormünder weiters und mehrers in Zeit ihrer Administration eingenommen / dann hinwieder außgeben hätten / daß sollen sie den Pflegkindern / neben Einräumung der liegenden und fahrenden Haab und Güter unverzüglich zu lieffern / zu verweisen und zuzustellen schüldig seyn / und da sie hierinnen säumig und ungehorsam erscheinen würden / auff Ansuchen der Pflegkinder / durch uns ernstlich darzu angehalten werden: Hiegegen / da sie die Vormünder vor ihre Pflegkinder ein mehrers außgelegt / dann eingenommen / und also in Rechnung / Außgabe die Einnahme übertreffe / sol ihnen von den Pflegkindern dasselb gleichsfalls zum fürderlichsten erstattet / und auff den Fall des Verzugs oder ungebührlicher Verweigerung / ihnen darzu von uns schleuniges Rechtens verholffen werden. 23.
Aber die Curatores oder Vorsorger der Verschwender / und anderer gebrechlichen Personen / davon obstehet / sollen ihrer Pfleg- und Verwaltung / so [350] bald der Verschwender sich wiederumb in ein ehrliches gebührliches Wesen geschickt / und die andere gebrechliche Personen / zu Geschickligkeit ihrer Gesundheit und Vernunfft kommen / entledigt seyn / und alsdann denselbigen / ihrer Verwaltung gebührliche Rechnung thun. Wo aber die Ungeschickligkeit deroselben Personen beharrlich bleiben würde / sollen die Curatores alle Jahr / wie hieroben in gemein verordnet / Rechnung zuthun schüldig seyn. 24.
Nach geendiger Vormundtschafft / und gethaner Schluß-Rechnung / sollen die Vormünder oder Curatorn, mit ihren Pfleg-Söhnen für den Rath treten / sich daselbst gebührlich quitiren / und ihre Nahmen in dem Vormünder-Buch tilgen lassen; wann solches beschehen / so mag den Pfleg-Kindern / oder deren Erben / wieder die Vormünder / und deroselben Erben / keine fernere Zuspruch und Forderung gebühren / es würde dann hernacher / eine augenscheinlicher Betrug / oder begangener Irrthumb in den verhanden Rechnungen / oder sonsten aus andern scheinbahren Anzeigen / befunden und gebührlich erwiesen. 25.
Und dieweil sich auch offtmahl zuträgt / daß die Pfleg-Kinder / wann sie aus der Vormundtschafft [351] und Versorgnüß kommen seyn / ihnen Rechnung zu thun nicht begehren / sondern darmit / biß dieselben ihre Vormünder und Curatores absterben / listiglich und gefährlich verziehen / dardurch die Erben der Verstorbenen Vormünder oder Vorsorger ihrenthalben mercklich verletztet und beschweret werden: So sollen demnach die Pfleg-Kinder / nach Endung der Vormundschafft oder Versorgnüß / so fern sie hie zur Stette / von ihren gewesenen Vormündern und Curatorn Rechnung / und ihrer Güter Zustellung / fürderlich begehren und erfordern; Würden sie aber nach Endung der Vormundtschafft oder Pflegnüß / zwey Jahr wissentlich verfliessen lassen / und dar zwischen keine Rechnung begehren / so sollen die Erben der jenigen / so ihre Vormünder oder Vorsorger gewesen / ihnen ferners Rechnung zu thun nicht schüldig seyn. [352]TITULUS VII.
Von Inventarien oder Beschreibung der Güter.
ARTICULUS 1.
Wiewol die Inventierung und Beschreibung der Güter nicht wenig Beschwernüß hat / so ist dennoch ein jeglicher / wer Güter in Händen hat / die er künfftiglich restituiren muß / damit aller Verdacht und Argwohn vermitten bleibe / dieselbe gebührlich / jedoch auff unterschiedene Maß und Form / nach Gelegenheit der Sachen / inventiren zu lassen schüldig. 2.
Insonderheit / nach dem ein jeglicher Erb / so ein mahl sich der Erbschafft unterziehet / ohne einige Außflucht und Behelff / alle des Verstorbenen Schulde / auch was derselbig in seinem Testament oder letzten Willen andern verschaffet / oder außzurichten befohlen [353] hat / zu bezahlen verpflichtet ist / ungeacht daß schon die verlassene Güter sich so weit nicht erstrecken möchten: So ist dagegen den Erben diese Begnadung und Wolthat Rechtens gegeben / daß sie in einem Monath / dem nechsten / nach dem sie des Todtsfalls und angestorbenen Erbschafft berichtet worden / alle und jede des Verstorbenen Haab und Güter / Schulden / Gegenschulden / brieffliche Uhrkunden und anders / in die Erbschafft gehörig / zu inventiren und zu beschreiben anfangen / und in zweyen Monaten darnach vollenden / und also das gantze Inventarium in dreyen Monaten verfertigen mügen / wiewol aus beweglicher Ehehafft / als da der Erbe absens, oder der Erbschafft Güter an verschiedenen Oertern zerstreuet seyn / längere Zeit / und ein gantz Jahr zur Inventation zugelassen werden sol. Und wann also nach auffgerichtetem Inventario, ein Erb sich der Erbschafft unterfanget / und mit den Gütern als ein Erb waltet / ist er den Gläubigern und andern weiter nicht / dann sich die inventirte Güter erstrecken / verpflichtet / noch ein mehrers zubezahlen schüldig. 3.
Es mag auch auff solchen Fall / des auffgerichten Inventarij, der Erbe alle das jenige / so er auff des Verstorbenen Begräbnüß / auch zu Verfertigung des Inventarij, und sonsten einiger Gestalt / der [354] Erbschafft wegen auffgewandt oder bezahlet / von der Erbschafft Gütern vorab ziehen und einbehalten; aber was andere Spruch und Fürderung / so er zu dem Verstorbenen bey dessen Lebzeit gehabt / anbelangen thut / darinnen andern Creditorn gleich gehalten werden. 4.
Damit aber der Erb solcher Wolthaten würcklich zugeniessen haben müge / so wird bey solcher Inventirung erstlich erfordert / daß er auff Erlaubnüß des Raths / alle des Verstorbenen Gläubiger / und die jenigen / welchen im Testament etwas vermacht / so viel derselben in dieser Stadt und Gebiete / durch des Gerichts-Diener einen / oder da dieselbe nicht alle bekandt / durch einen öffentlichen Anschlag und Proclama, bey Aufrichtung des Inventarij, auff gewisse darzu bestimbte Zeit und Stelle / so ihnen dabey angezeiget werden sol / zu erscheinen eins für alle heischen und laden lasse / und darauff alsdann durch den Gerichtschreiber / in Beywesen zweyer glaubwürdiger Zeugen / welche den Verstorbenen gekandt / zusampt den citirten und erscheinenden Gläubigern und Legatarien / auch so noch andere Gläubiger ausser dieser Stadt Gebiete / so nicht citirt wären / an deroselben statt dreyer darzu insonderheit erbetener erbgesessenen Bürger / alle und jedes des Verstorbenen Haab und Güter / Schulden / Gegenschulden / brieffliche [355] Uhrkunden / und alles anders / was in des Verstorbenen Verlassenschafft bey seinem Ableben befunden / ordentlich und unterschiedlich / mit eines jeden eigendlicher Beschaffenheit / Aestimation und Werth / inventirt und beschrieben / folgends auch dasselb Inventarium zu End / nicht allein durch den Gerichtschreiber / welcher dasselb / verfertiget / sondern auch durch den Erben selbst / mit eigener Hand / oder wofern derselb nicht schreiben könte / durch einen andern deßwegen requiriten Notarium, daß solch Inventarium von ihm dem Erben getreulich / und ohn alle Arglist und Gefährde auffgerichtet sey worden / unterschrieben werden. 5.
Würde aber der Erb diese obgesetzte Form zu inventiren / in ein oder mehr nothwendigen Puncten überschreiten / oder etwas gefährlicher Weiß im inventiren verschweigen / verhalten oder verbergen / und dessen überwiesen werden / so soll er die Schulde und alle Legata, ungeachtet daß er ein Inventarium auffgerichtet / und die Erbschafft so viel nicht vermöchte / zubezahlen verpflichtet seyn. 6.
Jedoch mügen die Erben / innerhalb der Zeit / welche ihnen / wie obstehet / zu Außfertigung [356] des Inventarij von Rechtswegen zugelassen und bestimmt / von den Gläubigern oder Legatarien, ihrer Schulden oder Geschäfft halben / nicht angefochten oder besprochen werden. 7.
Ferners / da jemande auff sein Lebezeit der Besitz oder genießlicher Brauch / aller oder etlicher Güter / vermacht / sol derselbe gleichsfalls von allen solchen Gütern / auff vorgehende gebührliche Citation des Eigenthümers Erben / ein Inventarium durch den Gerichtschreiber / in Gegenwart zweyer glaubwürdiger Zeugen / auffrichten / und darinnen alles und jedes nach seiner Qualität / und mit hinzugesetzter Aestimation und Werth desselben / eigentlich beschreiben lassen / und dann zu End / neben dem Notario, dasselbig mit seiner Hand unterzeichnet / auch ferners die Caution, welche er solches Besitzes und Geniesses wegen / dem Eigenthumbs Erben zu thun schüldig / demselben Inventario auch einverleiben. Im Fall aber er dasselbe gäntzlich unterlassen / oder auch im Inventiren etwas gefährlicher Weise verschweigen / oder unterschlagen / und dessen / wie Recht / überzeuget würde / sol er damit denselben Besitz und Genieß allerdings verwirckt und verlohren haben: Hingegen aber auch / da er etwas aus Irrthumb in das Inventarium gebracht / so [357] darinn nicht gehöret / ihm auff gebührende Andung unschädlich und unpraejudicirlich seyn. 8.
Imgleichen ist auch ein jeglicher Vormund und Vorsorger / von allen des Pupillen Gütern / inmassen im nechst vorgehendem Titul von Vormund- und Pflegschafften verordnet / ein richtig Inventarium verfertigen zu lassen schüldig. [358]Der vierdte Theil /
Von Peinlichen Sachen / Injurien / und andern zugefügten Schäden / auch Straffe und Busse.
ARTICULUS 1.
Straffe der Gotteslästerer.
Dieweil die Gotteslästerung eine schreckliche abscheuliche Sünde ist / die des Allmächtigen gerechten Zorn / auch zeitliche und ewige Straffe veruhrsachet / und gleichwol verwegene Ertzbuben und gottlose Leute werden gefunden / die aus teuflischer Boßheit / und vermessenem leichtfertigem Gemüthe / sich solcher gottslästerlichen Schmähungen fürsätzlich unterfangen / so werden dieselben [359] auch nach befindlicher Gelegenheit / wegen solcher Gotteslästerung / entweder am Leib / oder sonst mit Gefängnüß / oder Verweisung / gestrafft.
Artic 2.
Straffe der Zauberer und Zauberinnen
Die Zauberer und Zauberinnen / die mit verbotenen Mitteln / dem Menschen oder dem Viehe / an Leib und Leben Schaden zufügen / oder auch / die aus bösem Vorsatz von GOtt und seinem heiligen Wort vergessentlich abtreten / und mit dem bösen Feinde sonderbahre hochärgerliche Verbündtnüsse machen / werden / nach Gelegenheit ihrer beweißlichen Verwirckung / mit Feur / oder mit dem Schwerdt / am Leben gestrafft.
Artic 3.
Straffe der Verräther.
Ein Verrähter / der aus verrätherschem boßhafftigem Gemüthe / sein Vaterland / seinen [360] Herrn oder Obrigkeit / auch seinen Nechsten verrathet / und dadurch kundbahr Unglück / und hochschädlich Unheil wissendlich verhänget / und würcklich veruhrsachet / sol geviertheilt / oder so die Verbrechunge nicht gar groß / mit dem Schwerdt hingerichtet werden.
ARTIC. 4.
Straffe der falschen Müntzern.
Ein falscher Müntzer / der falsche Müntz machet / oder aus eigenem Vorsatz / falsch Müntz-Werck anrichtet / wie auch / der Rath und That zu solchem falschen Müntzwerck gibt / oder auch sonst fürsätzlich und wissentlich / solche falsche Müntze zu verwechseln / und unter die Leute zu bringen / oder Fürschub darzu zu thun / sich kundtbahrlich anmasset / sol mit dem Feuer am Leben gestraffet werden. Die aber gute / und im heiligen Römischen Reiche gangbahre Gülden oder Silbern Müntze / aus vortheilhafftigem Gemüthe beschneiden / und dieselbe betrieglicher Weise an der Wicht dardurch zu verringern sich unterstehen würden / sollen nach Gelegenheit der Verwirckung / und auch auff vorhergehende Æstimirung[8] des geuhrsachten Schadens / der damit dem gemeinen Gute / und einem jeden / insonderheit aber den armen unvermügenen [361] und einfältigen Leuten ist angefüget / an ihren Ehren / oder auch an ihren Gütern / nach ermässigung unnachlässig gestraffet werden.
Artic. 5.
Straffe des Meineydes / und falschen Zeugnissen.
Der einen offenbahren Meineydt oder falschen Zeugen Eyd vor Gerichte schweret / und solches falschen[9] Meineyds ist mit Rechte überzeuget / derselbe / wo fern es zeitlich Gut belanget / ist solch fälschlich abgeschwornes Gut / da es in seinem vermügen / wiederümb zu erstatten schüldig / und wird daneben seines Standes und Ehren dadurch anrüchtig / er sol auch hernachmahls vor einen Zeugen nicht zugelassen / sondern verworffen werden. In peinlichen Sachen aber sol der Meineydiger Mensch mit ebenmässiger und gleicher Straffe / darinn er den andern mit seinem falschen Eyde hat geführet / wiederümb belegt werden.
Artic. 6.
Straffe der jenigen / die ihre beschworne Urphede brechen.
[362] Wird jemand / seiner straffbahren Verwirckung halben / durch Urthel und Recht / ohne Specificirung oder Ernennung einer gewissen Zeit / aus dieser Stadt und Gebiete religirt und verwiesen / auff den Fall sol solche Relegatio oder Verweisung auff zehen Jahr verstanden werden / Da auch einer / wegen seiner Mißhandlung und Verwirckung auff zwey / drey / oder vier Jahr / und also auff gewisse Zeit / jedoch weniger dann auff zehen Jahr / aus dieser Stadt und Gebiete wird relegiret / und aber mit Hindansetzung seiner beschwornen Urphede / vor Außgange solcher specificirten Jahre wiederümb in dieser Stadt und Gebiete wird betreten und behardet: So sol derselbe / von der Zeit seiner Wiederkunfft anzurechnen / dadurch nochmahls die nechstfolgende zehen Jahr lang dieser Stadt und Gebiete sich verlustig machen. Wäre aber jemand auff zehen Jahr verwiesen / und derselbe in den noch wehrenden zehen Jahren in dieser Stadt und Gebiete wiederümb finden lassen würde: Sol er dieser Stadt und Gebiete zu ewigen Tagen verfestet / Auch darüber nach Befindung seines Frevels / und muthwillig gebrochene Urphede / am Pranger mit Ruthen gezüchtiget werden. So nun ferner derselbe / der aus dieser Stadt also ist mit angehaffter Bedrauung verfestet und verleutet / hernach vergessentlich wieder auff dem friedlosen Lande wird betreten / und in gefänckliche Hafft gebracht / sol derselbe an seinem frey höchsten gestraffet werden. [363] Artic. 7
Straffe der jenigen / die Schmähe-Schrifft und Paßquillos[10] sprengen / oder falsche Instrumenta[11] machen
Der einen Schmähe-Brieff ohne seinen Nahmen und Zunahmen außsprenget / und damit andere in ihrer Unschuld / an ihren Ehren und Nahmen bößlich verleumbdet / derselbe sol die Peen und Straffe / dero er den andern gefährlicher Weise schüldig zu machen vermeynet / an sich selbst haben zu gewarten. Gleicher gestalt sol auch derselbe / der falsche Instrument / oder falsche Brieffe aus bösem Vorsatz machet / und andere damit gefährlich zu betriegen / und zu benachtheilen Fürhabens / nach Gelegenheit der Verwirckung / mit Gefäncknüß / oder Verweisung / oder Verfestung belegt werden. ARTIC. 8
Straffe der jenigen / die falsche Maß / Ellen und Gewichte gebrauchen
[364] Der sich unterstehen wird / falsche Masse / Ellen und Gewichte / vorsetztlicher Meynunge zu gebrauchen / und andere damit betrieglich zu benachtheiligen / der sol nicht allein dessen / was also gemessen oder gewogen / verlustig / sondern auch / nach Geschaffenheit der Verbrechung willkürlich gestraffet werden.
Artic. 9.
Straffe der Kirchenräuber und Mordtbrenner
Ein Kirchenräuber oder Kirchenbrecher sol mit dem Rade / oder ein Mordtbrenner mit Feuer am Leben gestrafft werden.
Artic. 10.
Straffe der Seeräuber
Ein Seeräuber / der mit eigenthätlicher Zunöthigung / anderer Seefahrenden Schiffe / oder auch Kauff-Leute auff der freyen See / oder auf freyen Haven und Strömen / gewaltsamer Weise anfällt / dieselben oder ihre Güter beraubet / und entweder sonst an Leib oder an Gut beschädiget und beleidiget / und solches Angriffs [365] oder Beleidigung / wie recht wird überweiset / sol mit dem Schwerdt gerichtet werden.
Artic. 11.
Straffe der Schiffs-Knechte / die in den beygelegenen Haven / frevel und muthwillen treiben / oder auch Ballast in die Elbe werffen.
Wie dann auch die Schiffs- und Boß-Knechte[12]/ die aus bösem muthwilligen Vorsatz / in den Haven an der Elbe / und an andern Oerten / den Leuten die daselbst gesessen / ihre Schaffe / Ochsen / Gense / und andere Victualien mit eigenthätlicher Gewalt wegnehmen / wann darüber wird geklaget / und sie solcher Verwirckung werden beweißlich überwunden / nach Ermässigung sollen gestraffet werden. Der sich auch unter Schiffern und Schiffsknechten unterstehen würde / einigen Ballast / es sey von Sand / Steinen oder anders / aus dem Schiffe heimlich oder offenbahr in die Elbe zu werffen / sol solches mit zwantzig Goldgülden zu büssen schüldig seyn. [366] Artic. 12
Es sol auch niemandt sich unterfangen / die jungen Hestern vor den Thoren / oder vor dem Eich-Holtz / oder die Wieden auff oder bey den Wällen / bey ernstlicher willkührlicher Straffe behauen / oder zu vernichtigen.
Artic. 13
Straffe der Schiffs-Knechte / die gegen ihre Schiffere frevelen.
Da auch ein oder mehr der Schiffs- und Boß-Knechte / ihre Schiffere auff der See / oder in frembder Have / mit verbotener trotzigen Anmuthung nöthigen / daß sie ihnen mehr und grösser Lohn oder Häure / als im Anfange zwischen ihnen beliebet / müssen versprechen / oder auch wol dieselbe in andere Haven oder Plätze wider ihren Willen zu siegeln dringlich zwingen würden: Sol sollen dieselben muthwilligen Schiff-Knechte [367] / wann / sie dessen überzeuget / ernstlich gestraffet / und in dieser Stadt und Gebiete nicht geduldet werden.
Artic. 14.
Der sich verdriftet / Feide-Breiffe / mit feindlicher Bedrauung des Mordtbrennens / an eine Obrigkeit / oder Gemeine außzuschreiben / oder auch solche Feide-Brieffe oder Brandt-Zeichen an gemeine Plätze öffentlich oder heimlich selbst anzuschlagen / oder durch ander anschlagen zu lassen / derselbe sol wegen seines boßhafften gefährlichen Vorsatzes / am Leben gestraffet werden.
Artic. 15.
Straffe dero / die aus Unachtsamkeit / Brandt oder Feuer veruhrsachen.
Da auch einer aus leichtfertiger Unachtsamkeit / da kein boßhafftiger Vorsatz bey zu finden / oder auch aus Verwarlosung / ein Feuer / und dadurch [368] durch Schade veruhrsachet wird / derselbe sol / neben billiger Erstattung des geuhrsachten Schadens / nach Ermässigung gestrafft werden / welches auch den jenigen / die sich unbedachtsamer Weise anmassen / Büchsenpulver in ihre Keller / Gewelbe / oder Packhäuser in der Stadt verwahrlich nieder zu legen / sol ebenmässig begegenen und wiederfahren.
Artic. 16
Straffe der Mörder und Strassen-Räuber.
Ein Mörder / Strassen-Räuber oder Landzwinger / der aus gefastem boßhafftigen Vorsatz / einen oder mehr / entweder hinterlistig ermordet / oder auff freyer Land-Strassen bößlich anfällt und erwürget / sol mit dem Rade getödtet / und dessen Gliedmassen mit dem Rade zerstossen / und der todte Körper darauff gelegt werden.
Artic. 17
Straffe der Todtschläger.
Der aber sonst / aus unbesonnem hitzigem Gemüthe / einen andern mit mördtlicher Wehre / [369] es sey mit Büchsen / Schwerdten / Dolchen / Messern / Steinen / oder wie solches / damit einer an Leib und Leben kan beschädiget werden / Nahmen haben mag / würde entleiben / derselbe sol das jenige / was er an einem andern begangen / mit seinem Leibe wieder büssen / und mit dem Schwerdte gerichtet werden.
Artic. 18
Wie mit den jenigen / die Nothwere beweisen / zuverfahren.
Es wäre dann / daß einer bey beschehenem Niederschlage / eine rechte Nothwehre könte erweisen / als daß er aus augenscheinlicher und unumbgänglicher Noth / zu Rettung seines Leibes und Lebens / von dem Zunötigern sich nicht anders entfreyen oder loßwircken mögen / sondern daß er entweder selbst sein Leben lassen / oder sich des Zunötigers erwehren / und denselben niederlegen müssen / derselbe wird auff solchen Fall von der ordentlichen Straffe des Todtschlages entfreyet.
Artic. 19
Wie gegen den Flüchtigen nach begangenem Todtschlage zu verfahren.
[370] Würde jemand nach gethanem fürsätzlichem Todtschlage / aus dieser Stadt und Gebiete flüchtig werden / der sol durch öffentlich Proclama, in benanter Zeit zuerscheinen / peremptoriè citieret werden / erscheinet derselbe alßdann nicht / so sol gegen denselben / nach angehörter Klage und geführtem Beweißthumb / mit der Verfestung verfahren werden.
Artic. 20
Wie gegen den / der einen Bürger / Einwohner / oder deroselben Diener / ausserhalb dieser Stadt entleibet / zu verfahren.
Würde jemand / er wäre ein Bürger / oder eines Bürgers / zu Verrichtung seiner Sachen / bestelter Diener / in- oder ausserhalb dieser Stadt Gebiete / es sey an was Ort es wolle / von einem andern entleibet oder todt geschlagen / auff den Fall sol der Thäter / er sey Bürger oder frembder / in dieser Stadt sich keines Geleits oder Sicherheit zu erfreuen haben / sondern sol derselbe / wo fern er in dieser Stadt oder dero Gebiete wird betreten / des Rechts Außtrag erwarten. [371] Artic. 21
Straffe der jenigen / die mit der Entleibung an der rechten Persone feilen.
Wie dann auch derselbe / der aus Irrung der Person einen andern / den er zu beschädigen nicht gemeinet / vom Leben zum Todt bringet / sich mit solchem vorgewandten Errore oder Unwissenheit / von der ordentlichen Straffe des Todtschlages nicht kan loß wircken / sondern wird / als ein ander Todtschläger / mit dem Schwerdt am Leben gestraffet.
Artic. 22
Straffe der Unsinnigen und Minderjährigen Todtschläger
Würde aber ein Unsinniger / oder auch ein Minderjähriger / der viertzehen Jahr seines Alters noch nicht erreichet / einen Niederschlag thun / und einen andern entleiben / derselbe wird mit der ordentlichen Straffe des Todtschlages / aus bewegenden Uhrsachen / verschonet.
Artic. 23
Straffe derjenigen / die ihre Eltern / Kinder / Schwestern / Brüder / oder nahe verwandte Freunde ermorden.
Wofern die Kinder ihre Eltern / oder die Eltern ihre Kinder / aus bösem teuflischem Vorsatz mördtlich umbbringen / oder sonst durch Gifft / ihres Lebens berauben / so sol solcher Eltern- oder Kinder-Mörder / mit glüenden Zangen angegriffen / und darauff lebendig mit dem Rade getödtet werden. Da auch solcher schrecklicher Mordt an Schwester / oder Gebrüdern / oder andern nahe verwandten Bluts-Freunden würde begangen / auff den Fall sol solcher Mörder / mit dem Rade am Leben gestraffet werden. Imgleichen sollen auch die jenigen / die ihre eigene Kinder umbbringen / oder auch aus teuflischem Gemüthe / die lebendige Frucht ihres Leibes abtreiben / und also des Lebens berauben / an ihrem Leben wieder gestraffet / und mit dem Schwerdt hingerichtet / oder im Wasser ertrencket / oder lebendig begraben werden. [373] Artic. 24.
Wie es in dem Falle / da kein gewisser Thäter bey dem beschehenen Todtschlage verhanden / zu halten.
Würde einer von etlichen überfallen / oder sonst bey einem erregten Unwillen / einen gefährlichen Stich / Stoß / oder Schlag bekommen / und darüber todts verfahren / und man den Thäter könte unterscheiden / so ist derselbe auch dadurch der Straff des Todtschlages unterworffen / und müssen die so mit in flocken und führen / und bey der That an- und über gewesen / des begangenen Excesses halben / dem Rechte büssen. Da man aber den Thäter / der den Niederschlag gethan / nicht eigentlich kan wissen und erfahren / so werden dieselbe mit der Leibes-Straffe verschonet / sondern mit Verweisunge / oder sonst / nach befindlicher Beschaffenheit der Sachen / gestraffet / es sey dann / daß außfündig könte gemacht werden / daß in wehrendem Unwillen und Schlägereyen / einer oder mehr / dem Entleibten sehr zugeeilet / und ihre Wehre geblösset / oder auch sonst andere erhebliche Anzeige und Vermuthung gegen dieselbe verhanden / so können dieselben dadurch zu der scharffen Frage und Erkündigung der Wahrheit / wol geführet und gebracht werden. [374] Artic. 25
Straffe der Auffrührer.
Der aus rachgirigem oder unruhigem boßhafftigem Gemüthe / einen Auffruhr des gemeinen Volcks gefährlich anstifftet / und dessen mit Grund der Wahrheit wird überzeuget / kan dadurch / nach Beschaffenheit seiner Verwirckung / seines Lebens / oder seiner Ehren und Leumuths / sich verlustig machen.
Artic. 26
Von der Straffe derer / die anderer Ehefrauen / oder auch Jungfrauen wegführen.
Der einem andern seine Ehe-Frau oder Tochter / freventlicher / fürsetzlicher / oder betrieglicher Weise / wider des Ehemanns oder der Eltern / Willen / heimlich oder öffentlich entführet / wie dann auch die jenigen / die einer Jungfrauen / Ehefrauen oder Wittwen / wider derselbigen Willen / mit Gewalt ihre Ehre nehmen / oder dieselbe Nothzüchtigen / haben damit ihr Leben verwirckt / und wird denselben das Haupt abgeschlagen. [375] Artic. 27.
Straffe der Blutschänder.
Dieselbe / so eine Blutschande mit einander begehen / und in auff- oder absteigender Linien sich verwandt seyn / werden solcher Ubelthat halben mit dem Schwerdt am Leben gestraffet. Die aber mit den nahen Verwandten in linea collaterali, oder nahe beschwegerten Personen / unter welchen die Ehe zu Rechte verboten / solche Schande begehen / werden entweder mit Ruthen am Pranger / oder sonst mit Verbannung oder Verweisung / nach Befindung der nahen Sipschafft / gestraffet.
Artic. 28.
Straffe der jenigen / die Jungfrauen / Wittwen / oder Mägde verunehren / oder beschlaffen.
Wann aber ein Unverehelichter / einer Jungfrauen ihre Jungfräuliche Ehre nimpt / oder eine unberüchtigte Wittwe fleischlich erkent / so ist er dieselbe zu eheligen / oder ihr nach ihrem Stande den Brautschatz zu entrichten / auch da sie ein Kind von ihm gezeuget / demselben die Alimenta und Unterhalt zu [376] schaffen / und wegen der Verbrechung / dem Rechte nach Ermässigung zu wetten schüldig. Gleicher gestalt / wann jemand eine unberüchtigte Magd / fleischlich erkandt / sol derselbe das Kind unterhalten / und ihr / wann sie sich ehelich befreyet / zur Außsteuer verhelffen / und dem Gerichte den Bruch erlegen. Da auch zwischen Knechten und Mägden / oder andern geringes Standes ungeehlichten Personen / solch Beyschlaffen geschehen würde: So sol gleichfalls der Knecht oder Geselle / die Geschwängerte zur Ehe nehmen / oder derselbigen eine billige Außsteuer / wann dieselbe an einen andern vereheliget / zu geben / und sol wol die Geschwängerte in den sechs Wochen / als auch das Kind zu alimentiren, und demselbigen den nothdürfftigen Unterhalt zu schaffen schüldig seyn. Würde aber / die / so einmahl geschwängert / zum andern mahl sich versehen: So sol derselbe / der sie alsdann geschwängert / das Kind zu alimentiren, auch ihr in den Sechs-Wochen die Nothdurfft zu schaffen / aber sonst keinen andern Außgaben / dieser geschwängerten Person halben / weiter verbunden seyn. Da dann dieselbe Weibs-Person / sich zum dritten mahl in den Dreck legen / und geschwängert würde / so sol der Beyschläffer / der Geschwängerten nichts / sondern alleine dem Kinde die alimenta[17] zu reichen schüldig seyn / jedoch dem Rechten / in allen Fällen die Straffe vorbehalten / und sol auff den Fall die Geschwängerte in dieser Stadt / ferner nicht gelitten werden. [377] Artic. 29.
Straffe des Ehebruchs.
Wann einer Ehebrüchig wird an seiner ehelichen Haußfrauen / und sich mit eines andern Mannes ehelichen Haußfrauen unehrbahrlich vermischet: So sol der Ehebrecher zum ersten mahl / mit einer scharffen Geldbuß / zu ein hundert Reichsthalern / belegt; da er aber mit einer ledigen Personen zu schaffen hat / mit funfftzig Reichsthalern gestrafft werden / und so er dieselbe nicht hat zu bezahlen / sol er sich dieser Stadt und Gebiete so lange / biß er die Straffe erlegt hat / enthalten. Da er aber zum andern mahl / solches Ehebruchs / mit einer ehelichen Fraues-Personen / wird schüldig befunden / sol derselbe / mit solcher erwiederten Verwirckung / sich dieser Stadt Wohnung verlustig machen. Wie dann auch ein Eheweib / daß an ihrem Ehemanne Ehr- und Treuloß wird / und der Ehemann sie wieder zu sich zu nehmen beharrlich verweigert / mit gefänglicher Hafft belegt / oder am Pranger mit Ruten gezüchtiget / und dieser Stadt und Gebiete sol verweiset werden. [378] Artic. 30.
Daß den Gerichts-Dienern erlaubt / berüchtigte Personen und Oerter zu besuchen.
Es mügen auch die Gerichts-Diener / auff vorgehenden Befehl des Gerichts-Verwalters / auff verdächtige und berüchtigte Personen fleissige Achtung geben / und zu Erkündigung der Wahrheit / an den verdächtigen Oertern / Thüre und Fenster öffnen / und die jenigen / so bey nächtlicher Weile ohne brennende Licht unbekleidet / an solchen verdächtigen Oertern werden befunden / gefänglich annehmen.
Artic. 31.
Straffe des jenigen / der sich zweyen Ehefrauen zu gleich hat getrauet.
Der auff eine Zeit zwo Ehefrauen wissentlich zu gleich hat / und dessen mit Rechte wird überwunden / sol mit dem Schwerdt am Leben gestraffet werden. Wie es auch mit den Eheweibern / die wissentlich mit zween Ehemännern in den ehelichen Standt sich begeben / [379] ebenmässig sol gehalten / und solche Personen / wegen ihrer hochärgerlichen Mißhandlung / mit dem Schwerdt gerichtet werden.
Artic. 32.[18]
Wie es in dem Fall / da eine Ehefraue / in Abwesenheit ihres Ehemannes / aus Irrung einen andern Ehemann freyet / sol gehalten werden.
Da es aber aus beweißlicher Irrung / sich zutragen möchte / als wann der Ehemann in abgelegenen Oerten sich über vier oder fünff Jahr auffgehalten / und seiner Haußfrauen in mitler Zeit von seinem Zustande nichts zu wissen gethan / viel weniger ihr und seinen Kindern die Nothdurfft und Unterhalt / die Zeit über verschaffet / daß darüber die Ehefrau / auff vorgehende vergebliche Außkündigung ihres abwesenden Ehemannes Gelegenheit / und auff angeruffene Hülff des Gerichts / in beständiger Meynung / daß derselbe todts verfahren / zur andern Ehe sich würde oder hätte begeben: So wäre auff den Fall / auff des ersten Ehemanns Wiederheimkunfft / kein Ehebruch begangen / Jedoch wird auff solchen Fall / der erste Ehemann wiederumb zu seiner Ehefrauen gestattet / und der ander Ehemann davon abgewiesen / und seyn gleichwol die Kinder / die in des ersten Ehemannes [380] Abwesen / von dem andern Ehemanne in wehrender Ehe gebohren / vor ehrlich zu achten.
Artic. 33.
Straffe des Diebstals.
Ein Dieb der auff frischer Handhaffter That wird ergriffen / daß er einen Diebstal mit Einsteigen oder Einbrechen begangen / der sich über fünff Ungarische Gülden oder mehr erstrecket / sol vor Gerichte gestellet / und auff vorgehende Rechtliche Erkäntnüsse mit dem Stricke am Leben gestraffet werden. Da aber der Dieb zuvor niemahl gestohlen / und auch nirgends eingebrochen / oder Thür und Fenster bestiegen / der Diebstal auch nicht übermässig / und sich nicht zu vorgesetzter Geldsumm erstrecket / sondern der Dieb aus jugendtlicher Unwissenheit / und Verleitung böser Gesellschafft / oder auch aus Hungers-Noth etwas entwendet / derselbe sol zum ersten mahl mit Gefängnüß / zum andern mahl mit Ruten am Pranger gezüchtiget / und da er zum dritten mahl beweißlich in dem Diebstal / der sich zu vorangedeuteter Geldsumm / oder ein mehrers erstrecket / wird betreten und überweiset / mit dem Stricke am Leben gestraffet werden. Der einen Dieb auff seinem Garten / oder in seinem Hause / auff handhaffter Unthat oder Diebstall begreifft / [381] hat frey Macht / denselben betretenen Dieb mit Schlägen wol abzuschmieren. Da aber der Dieb mit einem Eggewapen[19] sich erwehren / und den Haußwirth eigenthätliches Frevels zu beleidigen sich anmassen / und darüber entleibet würde / auff den Fall / ist der Haußwirth mit der Straffe des Todtschlages nicht zu belegen; wie dann auch in dem Fall / da der Haußwirth bey Abendzeit / oder bey nächtlicher Weile / einen bewehrten Dieb in seinem Hause oder Garten betreten / und auff des Diebes Gegenwehr / an demselben einen Niederschlag begehen würde / so ist er auch dadurch keiner Leibs-Straffe unterworffen.
ARTIC. 34.
Straffe der jenigen / die den Dieben Fürschub thun / und des Diebstalls mit geniessen.
Wann ein Diebstall mit Einbrechen oder Einsteigen wird begangen / oder sonst viel auff sich hat: So werden auch die jenigen / die zu solchem Diebstall mit Anweisung Fürschub gethan / und geholffen / und heimlichen Unterschleiff halten / oder das gestohlen Gut mit gepartet und gebeutet / auch so viel davon genossen / da sonst ein Dieb sein Leben mit verwircket / der ordentlichen Straffe des Diebstals unterworffen / oder nach Befindung [382] der Verwirckung am Pranger gestrichen / und dieser Stadt und Gebiete verweiset / wie dann auch die jenigen / die in Feuers oder Wassersnoth / unterm Schein Christlicher mitleidentlicher Hülffe und Rettung / aus bösem Vorsatz / solche Güter dieblich entwenden / nach Ermässigung des Diebstalls / mit dem Strange / oder Staubschlägen / oder Verweisung / sollen gestraffet werden.
Artic. 35.
Wie es mit dem gestohlenen Gute zu halten.
Der gestohlen Gut / es sey lebendige Hafe / oder wie es Nahmen haben müge / mit gutem Titul an sich bringet / kan darumb keines Diebstalls beschüldiget werden / wann er gutes Nahmens / und solchen seinen Titul mit seinem Eyde kan bestrecken / wofern aber der rechte Eigenthums-Herr dasselbige Gut für das Seine anspricht / und solchen Anspruch / wie Recht / kan begründen / so wird ihm billig / solch gestohlen Gut ohne Entgeltnüß restituiret und wieder eingehändiget / und muß derselbe / der solch gestohlen Gut gekaufft / wann schon solcher Kauff auff dem offenem Marckte geschehen / sein Geld / das er dafür außgegeben / entrathen. Der gestohlen Gut einem Diebe abnimpt / sol solches den Gerichten anzuzeigen gehalten seyn / und da derselbe [383] / dem es zugehörig / und den Eigenthum gnugsam kan beweisen / solch Gut wieder fordert: so sol es ihm ohne Entgeltnüß wieder geliefert werden / jedoch daß er die darauff gewandte Unkosten gutwillig wieder erstatte; Da aber niemand solch gestohlenes Gut anspricht / so sol dasselbe / wo fern es kein verderblich Gut ist / oder wo es verderblich Gut / das daraus gekaufftes und gelösetes Geld / Jahr und Tag in fleissiger Gewahrsam gehalten / und nach Außgang Jahrs und Tags der gestalt damit verfahren werden / daß dem Gerichte zwey Theil / und demselben / der dem Diebe solch Gut abgenommen / der übrige dritte Theil sol zugeeignet werden.
Artic. 36.
Wie mit denselben / die aus Unwissenheit sich frembdes Guts anmassen / zuverfahren.
Der aus Unwissenheit / anderer Leute Gut oder Gerethe vor das Seine wegnimpt / und solches unverborgen in seine Gewahrsam bringet und behält / derselbe mag es / sonder Straffe und Brüche / dem jenigen / dem es zugehörig / restiturien und wieder zu Handen stellen. [384] Artic. 37.
Straffe der Eximenten / die aus dem Gerichte / oder der Gerichts-Diener Händen / einen Mißthäter entwäldigen
Welcher Mann einen / der an Halß und Leib wird peinlich beklaget / aus dem Gerichte / oder aus der Gerichts-Diener Händen zu eximiren[20] und zu entwäldigen sich würde unterfangen / und also den Gefangenen oder Beklagten / mit Trotz eigenthätlich wegführen / derselbe sol gleicher Straffe unterworffen seyn / die der ander / den er hat weg gebracht / mit seiner Mißhandlung hat verwircket. Da aber der Eximent, der den Gefangenen oder Beschüldigten hat davon gebracht / nicht könte behardet oder ergriffen werden / so sol man denselben / auff vorhergehende gebührliche Ladung / und nicht Erscheinung / dieser Stadt und Gebiete zu ewigen Tagen verfesten / jedoch so verleuret er solcher Verfestung halben seyn Gut nicht / sondern bleibet ihm solches frey und vorbehalten. [385] Artic. 38.
Straffen der Receptatorn[21] / die verfestete Personen beherbergen.
Der einen verfesteten Mann wissentlich beherberget / und es dem Gerichts-Verwalter nicht anmeldet / sol dem Rechte zehen Reichsthaler wetten.
Artic. 39.
Daß des Raths Dienere und Wechtere / in Verrichtung dero ihn anbefohlenen Sachen / gesichert / und nicht zu beleidigen.
Wann die bestalte Diener oder Wechter des Raths / jemand / der solches veruhrsacht / würden angreiffen / und derselbe aus freventlichem Gemüthe sich den Dienern eigenthätlich wiedersetzen / und die Gegenwehr mit Eggewapen gegen des Raths und Stadt-Diener und Wechter gebrauchen / und darüber dermassen würde verletzt und beschädiget / daß er des Todes würde / auff den Fall werden die Wechter und Diener des Raths / mit der ordentlichen Straffe des Todtschlags verschonet. [386] Da sich auch einer sonst vorsätzlicher Meynung / aus trotzigem Gemüthe / der ordentlichen Wacht / oder den Diener des Raths / freventlich widersetzen / und dieselbigen beleidigen würde / der sol keiner Bürgen geniessen.
Artic. 40.
Wann der Verwundte Bettlagerich worden / und darüber stirbet / wie alsdann gegen den Thäter zu verfahren.
Würde einer geschlagen oder verwundet / daß er darüber Bettlägerich wird / und darauff in wehrendem Läger todts verfahret / so kan der Thäter / als ein Todtschläger / peinlich angeklaget / und da er keine Nothwehr hat zu beweisen / am Leben mit dem Schwerdt gestraffet werden / und sol in diesem Fall keiner Bürgen geniessen.
Artic. 41.
Wann der Verwundte Bettlagerich wird / und wiederumb sich auff der Gassen sehen lässet / so ist die Peinlichkeit erloschen.
[387] Da aber die geschlagene und verwundete Person / nach dem dieselbe Bettlägerich gewesen / wiederumg auff der Gassen / Marckte / in der Kirchen / Badtstuben / oder sonst in offenen Plätzen gesehen / und darnach gleichwol mit Todt abgehen würde / so ist auff den Fall / der Thäter / von der peinlichen Anklage des Todtschlages gefreyet / und auch / es sey die Verwundung so schwer und gefährlich gewesen / wie sie wolle / keinen Mordt zu bessern schüldig / sondern wird mit willkührlicher Straffe beleget. Artic. 42.
Wann der Verwundte nicht Bettlagerich worden / und gleichwol von der Wunden stürbe / wie alsdann gegen den Thäter zuverfahren.
Wo ferne aber die geschlagene oder verwundete Persone / nach beschehener Verwundung / niemahlen wäre Bettlägerich worden / sondern nach der Verwundung / auff der Gassen seine Handthierung und Gewerbe / hernach als vorhin verrichtet / und doch unlängst nach solcher Verwundung / durch den zeitlichen Todt abscheiden würde: so sollen in solchem Falle die gelehrte und erfahrne Medici und Chriurgi, nach fleissiger [388] Besichtigung / und befindlicher Gelegenheit der Wunden / bey ihren Eyden ihr rathsames Bedencken eröffnen / und ihre beständige Außsage thun / ob der Verwundete / von gefährlichen Zustandt der Wunden / oder durch andere accidentien und Zufälle / oder auch aus Versäumnüß der Balbierer / oder seine eigene Verwahrlosung / sey gestorben / und solches sol alles fleissig erwogen / und nach Befindung aller umbständlicher Beschaffenheit / mit gebührlicher Straffe gegen den Thäter verfahren werden. Artic. 43.
Straffe der jenigen / die jemand verwunden / dabey keine Gefahr zu befürchten.
Würde sonst einer den andern / mit Messern / oder andern Wehren / aus hitzigem Gemüthe verwunden / oder an seiner Gesundheit verletzen / dabey keine Gefahr des Lebens zu besorgen / welches wol in acht zu nehmen: so sol der Thäter solchen zugefügten Schaden / dem Beleidigten / neben dem Artzlohn zuforderst erstatten / und dann / nach billicher Ermässigung dem Gerichts-Verwalter wetten. [389] Artic. 44.
Die etwas verwircken / daß Peinligkeit auff sich trägt / können keiner Bürgen geniessen.
Der sonst auff handhafftiger That / in Verwirckung böser Mißhandlung / die Gefahr des Lebens auff sich trägt / wird begriffen / derselbe mag keiner Bürgen geniessen / und kan sich auch mit keiner Caution der Verhafftung entbrechen. Artic. 45.
Was für eine handhafftige That zu achten.
Es wird aber / für eine handhafftige That geachtet / wann einer bey einem Todt- oder Niederschlage / mit blosser Wehre oder Eggewapen wird behardet oder befunden / und also auff frischer That beschlagen / oder auch auff den flüchtigen Fuß betreten. Wie dann auch für eine handthafftige That wird gehalten / wann einer fürsetzlich und wissentlich gestohlen Gut an seine Wehre nimpt / oder auch / wann der Schlüssel / der zu solchem gestohlenen Gut gehörig / in der Nachfrage bey [390] einem / der doch bey der Befragung sich dessen beständig entlegt und geweigert / wird befunden. Artic. 46.
Straffe der jenigen / die die Todten ihrer Bekleidung berauben.
Die jenigen / so die Todten-Gräber aus bößlichem Vorsatz eröffnen / und die begrabene Todten ihrer Bekleidung berauben / oder auch den hingerichteten Mißthätern die Kleider abnehmen / sollen mit Ruthen gezüchtiget / oder mit Verweisung gestraffet werden. Artic. 47.
Wie in beschehener Beymässigung / eines Todtschlags zu verfahren.
Würde ein Mann einen andern / wegen eines gethanen Mords oder Todsschlags beschüldigen / und der Beklagte wäre solches Niederschlags geständig / sondern alleine zu seiner Defension einwendete / daß der Entleibte sein öffentlicher abgesagter Feind gewesen: So kan er doch gleichwol mit solchem vorgewandtem [391] Schein / sich von der Straff des Todtsschlags nicht loß wircken / sondern sol darüber die gerichtliche Erkändtnüß gewertig seyn. Da er aber wie Recht / darthun und erweisen könte / daß solcher Niederschlag unter der fliegenden Fahnen / und besteltem Regiment wäre geschehen und verrichtet / so hätte er auch dessen zu geniessen. Artic. 48.
Welchen Personen mässige Züchtigung sey erlaubt.
Sonst wird mässige Züchtigung dem Ehemanne über seine Haußfraue / den Eltern über ihre Kinder / den Praeceptorn über ihre Discipulen, dem Haußwirth und der Haußmutter über Knechte und Gesinde / billich erlaubt und zugelassen; würde aber jemand bey dieser Züchtigung zu weit gehen / und einen der vorgedachten Personen der gestalt beschädigen / daß der Todt darauff erfolgte / auff den Fall müssen solche vorbenante Personen / andern gleich / die einen Todtschlag begangen / zu Rechte stehen / und gerichtlichen Außtrags wegen solcher Mißhandlung gewarten. [392] Artic. 49.
Wie es mit dem Gastgeber / wann ein Gast wird entleibet / und der Thäter davon läufft / sey zu halten.
Würde ein Gast in der Herberge tödtlich verwundet / oder entleibet / und der Thäter davon lieffe / auff den Fall sol der Wirth / wann er an solcher Entleibung unschüldig / und er vermittelst Eydes / oder bey wahren Worten an Eydes statt / erhalten könte / daß er dem Thäter keinen Vorschub gethan / und auch demselben nicht hätte heimlich davon geholffen / ohne Schaden bleiben. Wann aber der Wirth ihn hätte beharden können / und dasselbe nicht gethan / sol er nach Ermässigung gestraffet werden. ARTIC. 50.
Daß die Flucht den Todtschlägern / sol mügliches Fleisses werden gewehret.
Sonst sol ein jeder / wann ein Todtschlag geschicht / sich dessen / so viel müglich / im besten befleissigen / [393] daß in solchem Falle / wann die Stadt- oder Gerichts-Diener nicht verhanden / der Mörder / Todtschläger / Außtreter / Friedbrecher / oder sonst ein Mißthäter / nach begangener Ubelthat nicht so leichtlich davon streichen / sondern so lange behardet und auffgehalten / seiner Flucht auch so viel müglich gewehret werden müge / biß daß die Gerichts- oder Stadt-Diener darzu kommen / und des Ubelthäters mächtig werden / und denselben zu gefänglicher Hafft bringen mügen / welches den jenigen / die mit wircklicher Verhinderung der Mißthäter Flucht / einen löblichen und Christlichem Eyffer / zu Handhabung der Gerechtigkeit / und daß die Ubelthat gestraffet werden müge / hiebey gebrauchen / nicht allein an ihren Ehren unverweißlich / sondern auch zu sonderbahrer rühmlicher Nachrede / so ersprießlich gedeyen. Artic. 51.
Straffe der Freveler.
Der aus bösem Vorsatz und vorbedachtem Gemüthe / einen andern eigenthätlich in einem Gast-Hause / oder Kruge / überfällt und beleidiget / sol in zwey hundert Reichsthaler Straffe den Gerichts-Verwaltern verfallen seyn / und kan er die nicht bezahlen / so sol er dieser Stadt und Gebiete / so lange / biß er solchen Bruch erlegt / sich enthalten. [394] Der aber einen andern / in seinem eigenen / oder in eines Bürgers oder Einwohners Hause / vorsetzlich überfällt / und demselben allda Frevel oder Gewalt thätlich anfüget / der sol / nach Befindung des geübten Frevels / oder Vergewaltung / an Leib und Leben / oder mit ewiger Verfestung gestraffet werden. ARTIC. 52.
Straffe der jenigen / die mit gewehrter Hand auff freyer Strasse einen andern vorsetzlich überfallen.
Würde sich einer zu dem andern / auff freyer Strassen / mit Wehren oder Eggewapen / fürsetzlich nöthigen / und der ander / zu Beschützung seines Lebens / und zu Verhütung sorglichs Unheils / ihm in ein Hauß entweichen / der Zunöthiger aber demselben in solch Hauß folgen / und ihn daselbst / mit Schlägerey oder Verwundung / eigenthätlich beleidigen: So sol derselbe / solche Vergewaltung / mit zwey hundert Reichsthaler Straffe büssen / wann er dessen / wie Recht / ist bezeuget. Es sollen aber dieselben / die solchen Vorsatz / der bey Tage geschicht / und was ferner bey solcher Schlägerey sich habe zu getragen / bezeugen wollen / besessene Leute seyn / die Erb und eigen haben / welches aber bey den thätlichen [395] Zunöthigungen und Schlägereyen / die bey Abend oder Nächtlicher Weile / aus bösem Vorsatz geschehen / nicht so hoch von nöthen / sondern werden in solchen Fällen / auch andere unverdächtige Leute / ob schon dieselbe nicht erbgesessen seyn / zur Zeugnüß admittiret und zugelassen / und derselbigen Eydtlichen Außsage Glaube beygemessen. Artic. 53.
Straffe der jenigen / die ungefährlich in Zanck gerahten / und dem Flüchtigen in ein Hauß nacheilen / und daselbst beleidigen.
Wann aber ihrer zwey ungefährlich / auff freyer Strassen in Hader und Zanck gerathen / und der eine allem Unglück vorzukommen / in ein Hauß entweichen / und der ander ihm in solch Hauß nachfolgen / und ihn daselbst mit Schlägen oder Verwundung beschädigen würde / der sol solches dem Rathe mit vier und zwantzig Reichsthalern wetten. Artic. 54.
Straffe der Backenschneider.
[396] Würde einer dem andern / aus boßhafftigem Fürsatz / hinderlistiger und gefährlicher Weise / ins Angesichte und über die Backen schneiden / und solches freventlichen muthwilligen Vorsatzes / wie Recht überzeuget: so sol der Freveler / nach Befindung der Verletzung und gewragten Schadens / entweder mit Staubschlagen / oder mit der Gefängnüß / oder mit der Verweisung belegt und gestrafft werden. Artic. 55.
Straffe der jenigen / die aus bösem Vorsatz auff einen die Wehre blössen / und gleichwol keinen Schaden damit anfügen.
Wann einer auff den andern / aus hitzigem zornigem und rachgirigem Gemüthe / sein Schwerdt oder Messer blösset / in Willen und Meynung / demselben damit Schaden anzufügen / der sol / unangesehen / daß er dem andern damit nicht hat beschädiget / dem Rechten vier und zwantzig Reichsthaler wetten / und sich mit seinem Gegentheil / auff des Gerichts-Verwalters Befehl / Christlich zu versöhnen schüldig seyn. [397] Artic. 56.
Straffe der jenigen / die einen andern braun oder blau schlagen.
Der einen andern braun und blau schlägt / sol dem Gerichte fünff Pfundt wetten / und der sonst einem andern / aus hitzigem Gemüthe eine Handschlag gibt / sol dem Gerichte ein Pfundt büssen / jedoch ist hiebey des Beleidigten Standt und Gelegenheit / auch der Ort und Stette / da solches geschehen / neben andern Umbständen zu respectiren / und darnach die verwirckte Straffe zu schärffen und zu miltern. Artic. 57.
Von gefährlicher Bedrauung.
Da jemand einen andern / aus bedachtem Gemüthe bedrauet / und dessen wird überzeuget / sol er dafür Bürgen zu stellen schüldig seyn / daß er sich an Recht wolle genügen lassen / wofern er aber zu keinem Bürgen kommen kan / muß er selbst Bürge werden. [398] ARTIC. 56.
Straffe der Injurianten / Calumnianten / Lästermäuler und Ehrenschender.
Wann einer den andern mit bösen Schmähe- und Schelt-worten / hinterrückens unbesonnen beschweret / und wann er darüber zu Rede gesetzt / oder von dem Gerichts-Befehlhaber wird besprochen / solcher gethanen Affterredung[22] keinen Standt thun wird / sondern derselben sich entlegt / und dabey sich freywillig erkläret / daß er von dem andern nichts anders / als was den Ehren gemäß / wisse zu achten und zu halten / auff den Fall stehet es in des Beleidigten Macht und freyen Willen / ob er aus friedliebendem Gemüthe die Injurien-Klage einstellen / oder ferner mit Rechte außführen wolle / worbey allewege / so wol des Injurianten, als des Beleidigten Standt und qualität ist zu respectiren. Es wird aber gleichwol der Injuriant wegens seines ungebührlichen Verhaltens / dem Gerichte Wandel und Abtrag zu thun / billig angehalten. Da aber hochbeschwerliche Schmähunge / die Ehr und Glimpff concerniren, einem würden vorsetzlich angefügt / und der Beleidigte solches als eine atrocem Injuriam[23] sich zu Gemühte ziehen / und mit Rechte eyfern würde: So sol der Injuriante solche außgegossene Injurien und [399] Schmähunge / vor dem Rath offenes Hauses / oder im Niedern-Gerichte / zu revociren und zu wiederrufen / oder auch / da solche enormissimae injuriae[24] einer ansehnlichen Personen / oder ehrbahrn Bürgern / Bürgerinnen / in seiner oder ihrer Unschuldt / von einem Friedhässigen würden wiederfahren: So sol solcher Wiederruff / auff dem ehrlosen Blocke geschehen / und verrichtet werden. Artic. 59.
Straffe der jenigen / die jemand in offenem Gerichte schmähen.
Wann aber einer den andern vor Gerichte / in Gegenwart der Gerichts-Verwalter / oder Dingleute / Lügen straffet / oder aus hitzigem Gemüthe schmähet / derselbe sol solches mit zwölff Reichsthalern dem Gerichte büssen. Artic. 60.
Straffe der jenigen / die jemand auff offenem Marckt und gemeinen Plätzen / oder vor dem Rath schmähen.
[400] Da aber solche Schmähung / aus hitzigem Zorn / auff dem Marckte / oder andern gemeinen Plätzen geschehen: So sol er dem Gerichte in fünff Pfundt Straffe verfallen seyn. Würde aber einer den andern vor Gerichte auff dem Rath-Hause / vor dem Rathe / mit ehrenrührigen Worten angreiffen / und vor einen Dieb / Schelm / Verräther / Huren Sohn schelten / oder mit dergleichen Schmähungen und Injurien verleumbden / derselbe sol umb vier und zwantzig Reichsthaler gestraffet werden. Artic. 61.
Straffe der jenigen / denen durch einen oder zwey Raths-Verwandte Friede geboten / und denselben nicht halten.
Da zwischen guten Leuten in dieser Stadt Hader und Zanck / oder sonst Unwille / daraus thätliche Beleidung zu besorgen / entstehen würde / und ein oder zwey Raths-Verwandten / die ungefehr darzu kommen / beyden Theilen bey einer nahmhaften Peen Friede bieten / oder bey Leib oder bey Gute einzuhalten / und an gleich und Recht sich gnügen zu lassen / den streitigen Partheyen inhibiren und aufflegen würden: So sollen dieselbe / [401] denen der Friede geboten / mit gebührlicher Parition sich darnach zu richten schüldig seyn; wofern aber der eine oder der ander / dem der Friede geboten / dessen ungeachtet gegen den andern thätlich verfahren / und der eine den andern darüber verletzen und beschädigen würde: So sol derselbe / der solche wolgemeinte Anbietung des Friedens verächtlich außgeschlagen / die aufferlegte Straffe erlegen / oder wofern bey beyden Theilen die Schuld befunden / auch ein jeder die angekündigte Straffe zu entrichten verbunden seyn. Da auch dieser angekündigten Friedshandlung ungeachtet / der eine zu dem andern nicht desto weniger sich nöthigen / daß derselbe entlauffen / oder dem andern in eines Bürgers Verhausung entweichen / und der Zunöthiger ihm in solche Behausung nacheilen würde / Auff den Fall / da schon der Vorgewichene nicht ist würcklich verwundet oder verletzet / sol nicht desto weniger der Zunöthiger / wann er dessen mit zween glaubwürdigen Männern ist überzeuget / wegen solcher beschehenen Vergewaltung dem Gerichte mit ein hundert Reichsthalern verfallen seyn / und hat er die nicht zubezahlen / sol er in dieser Stadt und dero Gebiete / biß er dieselbe hat entrichtet / nicht gelitten werden. Da er aber den vorgewichenen verletzt oder verwundet / sol er in die angekündigte Straffe verfallen seyn. [402] Artic. 62.
Straffe der jenigen / die den Friede / welchen Bürgere ausserhalb der Stadt / in wehrendem Unwillen ankündigen/ verächtlich nicht halten wollen.
Wurde sich auch ausserhalb dieser Stadt / zwischen Bürgern Unwille zutragen / und einer oder mehr dieser Stadt Bürger / die darzu kommen möchten / denselben bey einer namhafften Peen / sich aller eigenthätlicher Handlung und Beleidung / biß sie allhie in diese Stadt wieder gelangten / alsdann ihre Irrung vor dem Rathe zu klagen / bequemlich erinnern würden / Auff den Fall sollen dieselbe solchen angekündigten Frieden / bey der dabey benandten Straffe / zu halten schüldig und verbunden seyn. Artic. 63.
Die Verbrecher müssen die Atzungen und Unkosten der Gefängnüß selbst abtragen.
Der seiner beweißlichen Verbrechung haben in Bürgerliche Hafft / oder auch in die gemeine [403] Gefängnüß zu des Fronen Hause wird gebracht / derselbe sol seine Unkost selbst stehen und außrichten. Artic. 64.
Wie es mit denen zu halten / die ihrer Verbrechung halben in Hafft genommen / aber die Atzung und Unkosten nicht zahlen können.
Der auch aus boßhafftigem Gemüthe / Vorsetzlich einen andern thätlich schlägt und beleidiget / und darüber in Gefängliche Verhafftung gerahtet / und aber wegen mangel des Geldes die Unkost / Atzunge und Busse nicht selbst kan abtragen / derselbe sol sechs oder vier Wochen / nach Gelegenheit seiner Verwirckung / in der Fronerey mit Wasser und Brodt / auff des Gerichts Unkost gespeiset und gehalten werden / Jedoch so sol derselbe sich dieser Stadt und Gebiete / so lange zu äussern und zu enthalten schüldig seyn / biß daß er seinen Bruch hat entrichtet und bezahlet. Da auch einer den andern in Hader oder Zanck verwundet / oder sonst auff drey Pfundt Bruch fällig würde / und das Artzlohn und die Straffe zu erlegen nicht vermöcht / derselbe sol viertzehen Tage mit Wasser und Brodt auff des Gerichts Unkosten in der Fronerey gespeiset werden / und dann dieser Stadt und deroselbigen Gebiete sich so lange zu enthalten schüldig seyn / biß er seinen Bruch bezahlet hat. [404] Artic. 65.
Von der jenigen Verhafftung / die bey nächtlicher Weile ihres Muthwillens halben billich einzuziehen seyn.
Wie dann auch die jenigen / die bey Abend und Nachtzeiten / wegen geübten Muthwillens / nach der Glocken Zeit / nach neun Uhr auff der Gassen von der Wach werden betreten / und sich nicht verbürgen können / wann es Bürger Kinder seyn / auff den Winserbaum oder Brogkthurm in Verwahrungen genommen / oder das es andere / im mangel der Bürgschafft / nach befindung der Verbrechung / nach des Fronen Hauß sollen gebracht werden. Artic. 66.
Wie gegen die Eigenthumbs-Herren zu verfahren / die mit ihrem niederfallendem Gebäude andern Schaden zufügen.
Würde jemand wegen eines niederfallenden Gebäudes / an seiner Gesundheit / oder Leib und Leben beschädiget: So sol der Eigenthumbs-Herr / [405] wo fern ihm zuvor / solchen sorglichen Schaden zu bessern / ist denunciirt, darzu zu antworten schüldig seyn.
ARTIC. 67.
Wie die jenigen / die durch anderer Wagen oder Karren werden beschädiget / ihre Ergetzung zugewarten.
Würde jemand durch einen Wagen oder Karren beschädiget: So muß derselbe / der den Wagen oder die Karre treibet / zu dem Schaden antworten / würde aber derselbe flüchtig und entweichen / so wird billig der Wagen / oder der Karren mit den Pferden dafür angehalten / und darauß der Schade erstattet.
ARTIC. 68.
Von erstattung des Schadens / der einem durch eines andern Ochsen oder Pferde wiederfähret.
Wird jemand von eines andern Pferdt / Ochsen / oder dergleichen Thiere / die ihrer Eigenschafft nach nicht Wild seyn / ohne Uhrsach getreten / gestossen / oder sonst beschädiget: So sol die billige Erstattung [406] und Unkost des erlittenen Schadens / dem Beschädigten von dem Besitzer des Ochsen oder Pferdts wiederfahren. Da aber der Besitzer lieber des Pferdts / Ochsen / oder des Thiers / des den Schaden gethan / wil entrathen / als die Erstattung dafür thun: So ist er auch der Anspüch damit gefreyet.
Artic. 69.
Von erstattung des Schadens / der einem durch des andern wilde Thiere zugefüget.
Da aber jemand von eines andern Bären / Hirschen / oder dergleichen wilden Thiere wird verwundet oder beschädiget: So sol derselbe / dem das Thier gehörig / seiner Verwahrlosung halben / nach Gelegenheit und Umbständen des Schadens / denselben zu bessern / und billige Erstattung zuthun schüldig seyn. Würde aber jemand durch solchen empfangenen Schaden Tods verfahren. So sol der Besitzer des Thiers / nach ermäßigung des Gerichts / den Erben Abtrag zu thun verpflichtet seyn / und darzu nach gestalt der Sachen gestraffet werden. [407] Da auch künfftiger Zeit / in dieser guten Stadt sich Fälle zutragen würden / welche in diesem vorgesatztem Stadt Rechte nicht specificirt, oder davon disponirt und Verordnung gethan: So sollen dieselben / nach gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / und denen im Heiligen Römischen Reich publicirten Constitutionen erörtert werden / Jedoch da sich jemand auff eine redliche in dieser Stadt wol hergebrachte Gewohnheit (die durch dieses Stadt Recht und beliebte[25] Recesse[26] nicht auffgehaben / oder deroselben zu wieder Verordnung geschehen were) gründen würde / sol der Parthey solche angezogene Gewohnheit zu beweisen zugelassen seyn / Wie Wir dann Krafft dieses / solche alte redliche Gewohnheiten Confirmiren und bestätigen / und hiemit verordnen / das solche vorgedachte erwiesene Ehrbare Gewohnheiten / diesem Stadt Recht gleich gelten / und in erörterung der streitigen Sachen in acht genommen werden sollen. SOLI DEO GLORIA.[27]
[408] WIr Karl der Fünffte von Gottes Gnaden / Römischer Kayser / zu allen Zeiten Mehrer des Reichs / König in Germanien / zu Castilien / Arragon / Leon / beeder Sicilien / Hierusalem / Hungarn / Dalmatien / Croatien / Navarra / Granaten[28] / Tolleten[29] / Valentz[30] / Gallicien / Majorica / Hispalis / Sardinien / Corduba / Corsica / Murtien[31] / Giennis / Allgarbien[32] / Allgeziere / Gibraltar / der Carnarischen / und Indianischen Insulen / und der terræ firmæ des Oceanischen Meeres / etc. Ertzhertzog zu Osterreich / Hertzog zu Burgundi / und Lottrigk / zu Brabandt / zu Steyer / zu Cärndten / zu Crain / zu Limburg / zu Lützenburg / zu Geldern / zu Calabrien / zu Athen / zu Neopatrien und Würtemberg / etc. Grave zu Habspurg / zu Flandern / zu Tyrol / zu Gortz / zu Barcinoen / zu Artois / zu Burgundi / Pfaltzgraffe zu Hennegau / zu Holland / zu Seeland / zu Pfirdt / zu Kiburg / zu [409] Namur[33] / zu Rossilion / zu Ceritania und Zutphen / Landgraffe in Elsaß / Marggraffe zu Burgau / zu Oristani / zu Gociani / und des Heiligen Römischen Reichs Fürst zu Schwaben / Cathelonia / Asturia / etc. Herr in Frießland / auff der windischen Marck / zu Portenau / Biscaija / zu Molin / zu Salins / zu Tripoli und Mecheln / etc. Bekennen öffentlich mit diesem Brieff / und thun kundt aller männiglichen / daß Uns die Ehrsahmen / Unsere und des Reichs lieben getreuen N. Bürgemeister und Rath der Stadt Hamburg / Unterthäniglich haben fürbracht und zu erkennen geben / Wiewol sie und ihre Vorfahren / vor zwey hundert und mehr Jahren / mit sonderlichen Privilegien, Exemption, Freyheiten / Statuten / und praescribirten Gewohnheiten unter andern dermassen versehen / daß von ihnen / deren von Hamburg Urtheiln nicht weiter / noch anderer gestalt / dann auff ihr Stadt Buch Appellirt oder beruffen werden solle / wie sie denn bey solcher Freyheit / von obberührter Zeit an / biß daher ruhiglich und unverhindert gelassen / und dawieder nicht beschwert worden / Neben dem / daß auch einem jeden / an ihren Gerichten fürderlich und gebührlich Recht wiederführe / erging / und gestattet / auch wissentlich an demselben niemand beschwert / So würde doch je zu zeiten von denselben ihren Gerichten / durch ihre Bürgere und Unterthanen / aus Unnothturfft / und allein zu vermeydung gefährlichen Verzugs / verlängerung und außflucht des Rechten / an Uns und Unser Käyserlich Cammer-Gericht zu Appelliren unterstanden / [410] daraus dann die vollziehung gerechter und wolgesprochener Urtheilen verhindert würden / auch dieselbigen ihre Bürger und Unterthanen sich selbst und ihre Wiederpartheyen in mercklichen Schaden und Verderben führten / welches dann gemeiner Stadt Hamburg / zu Abnehmung ihrer Nahrung / und sonsten in ander mehr Wegen / zu hohen Beschwerden gelangte / und Uns darauff demüthig Angeruffen / und gebeten / sie und ihre Bürger hierinne gnädiglich zu versehen / Des haben Wir / angesehen solche ihre demüthige zimliche Bitt / auch die getreue Dienste / so ihre Vordern weyland Unsern Vorfahren am Reich / Römischen Käysern und Königen löblicher Gedächtnüß / und dem Heiligen Reich offt williglich gethan / und Uns und dem Heiligen Reich / hinfüro wol thun mögen / und sollen / und darümb mit wol betrachtem Muthe / guten Rath und rechtem Wissen / den gemeldten Bürgermeistern und Rath der Stadt Hamburg / diese besondere Gnade gethan / und Freyheit gegeben / Thun und geben ihnen die auch / von Röm. Käyserl. Majest. Vollnkommenheit wissentlich in Krafft dieses / Also daß nun hinfort in ewig Zeit / von Bürgern oder Unterthanen gemeldter Stadt Hamburg / und sonsten männiglich hohen und niedern Stands / niemand außgenommen / von keinem Bey- oder End-Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, so an ihrem Stadt-Gericht / und einem Rath daselbsten ergehen / ausgesprochen / und eröffnet werden / In Sachen bekäntliche Schulden / Injurien oder Scheltwort / und die Gebäu der Stadt belangendt / [411] und sonst gemeiniglich in allen Sachen / da die anfängliche Klage / oder Hauptsache nicht über Sechshundert Gülden Reinisch in Gold / sondern Sechshundert jetzt gemeldter Gülden / oder darunter werth were / weder an Unser noch Unserer Nachkommen am Reiche Käyserl. Cammer-Gericht / noch sonsten keine ander Gericht nicht Appelliren, Suppliciren, noch Reduciren solle noch möge in keine Weise / sondern dieselben Urtheil Erkäntnüß und Decret gantz kräfftig / und mächtig seyn / stet bleiben / vollnstreckt / und vollnzogen werden / und an gemeldter Stadt Hamburg Stadt-Gerichte / oder einem Rath daselbst vollnfahren und procediret werden solle / wie sich gebührt / von aller männiglich unverhindert / Und ob darüber von einem / oder mehr / von einigem Urtheil / das nicht über sechshundert Gülden Reinisch in Gold / wie obstehet / betreffe / welcher gestalt und von weme das geschehe / Appellirt, Supplicirt, oder Reducirt, oder derselben Appellation, Reduction oder Supplication ein oder mehr von Unserm Käyserlichem Hoff- oder Cammer-Gericht / oder andern Gerichten aus Unwissenheit oder Vergessenheit angenommen würde / So setzen ordnen und wollen Wir / daß solches der obgemeldten Unserer Begnadung und Freyheit unnachtheilig und unabbrüchig / auch dieselben Appellation, Reduction oder Supplication, und was darauff gehandelt und fürgenommen wird / gantz Krafftloß / Nichtig / und von Unwürden seyn sol / daß Wir auch alles und jedes / von obberührter Unser Käyserl. Macht Vollnkommenheit jetzt alsdann / und [412] dann als jetzt Untauglich und von Unwürden erkennen / erklären / auffheben / vernichten / und Cassiren, und die obgemeldten Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / und ihre Nachkommen / unangesehen des alles / sich obberührter Unserer Freyheit und Begnadung gebrauchen / und Macht und Gewalt haben sollen und mügen / solche Urtheil / die also sechshundert Gülden Reinisch in Gold / darüber oder darunter betreffen / zu vollnziehen / und ferner / wie sich nach Rechtlicher Ordnung und ihrer Stadt löblichen Gebrauch gebührt / zu handeln / von allermänniglichen unverhindert. Wo aber die Hauptsache und Klage über gemeldte Summ / der sechshundert Gülden Reinisch betreffen / und jemand ausserhalb angezeigter Fälle / in Sachen da Unser und des Reichs gemeine Rechte und Ordnungen im Reich solches zugeben / zu Appelliren, zu Suppliciren, oder zu Reduciren unterstünde / derselbige sol in zehen Tagen / so den Appellirenden zu Recht angesatzt / dem Rath in Hamburg einen Hambürger Gülden / neben der Appellation darzulegen / und diese Gelübt und Eyde zu thun schüldig seyn / Als daß er von ihrem Urtheil / Erkäntnüß / Proces, Endschied / oder Decret nicht Gefährlich / oder der Wieder-Parthey ihre Gerechtigkeit auffzuhalten / oder zuverhindern Appellirt, Supplicirt, oder Reduciret, sondern daß er nicht anders wisse noch verstehe / dann daß er eine gerechte Sache habe / und ihm zu erhalten seine Gerechtigkeit / solche Appellation, Supplication, oder Reduction zu gebrauchen / und weiter Recht zu suchen Noth sey / daß er auch derselben [413] Appellation, oder Reduction, wo er mit seinem Gegentheil nicht würde vetragen / in gesatzter Rechtlicher Zeit / fürderlich nachfolgen und prosequriren wolle / darauff sol er den Partheyen / wieder die er Appellirt, und ihr erlangt Recht / so sie vom Rath zu Hamburg erhalten / auch Kosten und Schaden / so sie deßhalb empfangen / und ihm mit Recht zu erkandt weren / oder worden / wo er derselben seiner Appellation verlustig / oder zu gebührlicher Zeit nicht nachkäme / und prosequirte, gnugthun / und mit gnugsamer Caution, als Bürgen oder Güter / abzulegen / und zu erstatten vergewissen / oder ob er solches dermassen nicht zu thun vermöchte / sich darfür / so fern die Wieder-Parthey des nicht begnügen hätte / mit seinem Eydt / und verhafftung seines Leibs verpflichten / daß alles / wie obstehet / ein jede Parthey / so laut dieser Unser Vorsehung / und Begnadung zu Appelliren, Suppliciren, oder zu Reduciren zulässig / zu thun schüldig und pflichtig seyn solle / und so das beschicht / so sollen alsdann solche Appellationes auffgenommen und zugelassen werden / da aber jemand solches obgeschriebener massen nicht thäte oder thun wolte / alsdann sollen und mögen die obgemeldten Bürgermeister und Rath zu Hamburg ihrer gesprochenen Urtheil Erkäntnüß / oder Decret, solcher Appellation unverhindert / mit ihrer Execution nachfolgen / und zu endlichem Außtrage / wie sich gebührt / mit Recht vollnstrecken und Exequiren, und dadurch Uns und dem Heiligen Reich / noch jemands anders gar nichts mißgethan haben / auch dieselbe Appellation, Supplication, [414] oder Reduction darüber in Unser / oder Unserer Nachkommen am Reich Cammer-Gericht / oder andern Gerichten / wie die zu Zeiten genandt würden / in Recht nicht auffgenommen / zugelassen / noch darauff geurtheilt werden in keiner Weise / dann Wir die jetzt als dann / und dann als jetzt / hiemit gäntzlich Vernichten / Wiederruffen / und Krafftloß erkennen / von obbestimmter Unser Käyserl. Macht Vollnkommenheit / wissentlich in krafft dieses Brieffs / doch Uns / Unsern Nachkommen am Reich / und dem Heiligen Reich in Sachen / so je zu Zeiten in Unser und des Heiligen Reichs Namen gehandelt werden möchten / Unsere Oberkeit und Gerechtigkeit hierinne vorbehalten. Und gebieten darauff allen und jeden Churfürsten / Fürsten / Geistlichen / und Weltlichen / Praelaten / Graffen / Freyen / Herren / Rittern / Knechten / Hauptleuten / Landvögten / Vitzthumben / Vogten / Pflegern / Verwesern / Amptleuten / Schultheissen / Bürgermeistern / Richtern / Räthen / Bürgern / Gemeinen / und sonderlich allen Hoffrichtern / Landrichtern / Freygraffen / Stulherren /Freyschöpffen / Zentrichtern / Westvalichen und andern Richtern / und Urtheilsprechern / und sonsten allen anderen Unsern und des Reichs Unterthanen und Getreuen / in was Würden / Stats / oder Wesens die seyn / ernstlich und festiglich mit diesem Brieffe / und wollen / daß sie die obgemeldten Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / und ihre Nachkommen / bey diesen Unsern Käyserl. Gnaden / und Freyheiten / gäntzlich bleiben / deren geruhiglich gebrauchen und geniessen lassen / und daran [415] nicht irren oder verhindern / noch des jemands anders zu thun gestatten / in kein weiß / also lieb einem jeden sey / Unsere und des Reichs schwere Ungnade und Straffe / und darzu eine Peen / nemlich sechtzig Marck lötthigs Golds zu vermeyden / die ein jeder / so offt er Freventlich hierwieder thäte / Uns halb in Unser und des Reichs Cammer / und den andern halben Theil obgemeldten Bürgermeistern und Rath der Stadt Hamburg / und ihren Nachkommen / unnachläßlich zubezahlen verfallen seyn solle / Mit Uhrkund dieses Brieffs besiegelt mit Unserm Käyserl. anhangenden Insiegel. Geben in Unser Stadt Brüssel in Braband / am 6. Tag des Monats Aprilis / nach Christi unsers lieben HErrn Geburth / Funfftzehenhundert / und im vier und funftzigsten Unsers Käyserthumbs im vier und dreissigsten / und Unsere Reiche im neun und dreissigsten Jahre.
Haller sspt.
[416] FORMULA JURAMENTI APPELLATORII.[34]
Ich lobe und schwere zu GOtt dem Allmächtigen / daß ich von eines Ehrbahrn Raths gesprochener Urtheil oder Decret, nicht Gefährlich / oder meiner Wiederparthey Gerechtigkeit auffzuhalten / oder zu verhindern / Appellirt, Supplicirt, oder Reducirt, sondern daß ich nicht anders wisse noch verstehe / dann daß ich eine gerechte Sache habe / und mir / zu erhaltung meiner Gerechtigkeit / solche Appellation, Supplication oder Reduction zu gebrauchen / und weiter Recht zu suchen Noth sey / daß ich auch derselben Appellation, Supplication oder Reduction, wo ich mit meinem Gegentheil nicht würde vertragen / in gesatzter Rechtlicher Zeit / fürderlich nachfolgen und prosequiren wil. [417]Ich N. N. thue kund und bekenne / hiemit für mich / meine Erben und Erbnehmen / nach dem von einer durch Bürgermeistere und Rath der Stadt Hamburg / wieder mich und für N. N. eröffneter Urhteil ich an die Römische Käyerl. Majest. Unsern allergnädigsten Herrn Appellirt, Supplicirt oder Reducirt, daß ich demnach / vermöge der Stadt Hamburg habenden Käyserlichen Privilegii, mich verpflichtet und verbunden / auch Krafft dieses verpflichte und verbinde / wo ferne ich angeregter meiner Appellation, Suppliciation oder Reduction verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren oder achterfolgen werde / daß alsdann vor alles erlangtes Recht / so ermeldter mein Gegentheil der Appellat für Ehrngedachtem Rath erhalten / sampt Kosten und Schaden / so derselb empfangen / und ihm mit Recht zuerkandt sein oder werden / gnugthun und bezahlen wil / und damit mehr ermeldter Appellat dessen ümb so viel mehr vergewissert und gesichert seyn möge / so habe ich die Ehrbahre N. N. und N. N. dafür als selbst [418] schüldige zahlende Bürgen gesetzt / und sich neben mir dafür zu obligiren und zuverhafften bitlich vermocht / und wir N. N. und N. N. jetzt gedacht / gereden und versprechen hiemit bey unsern Ehren / Treuen und guten Glauben / einer für beyde / und beyde für einen / und in solidum für uns / unsere Erben und Erbnehmen / daß auff den Fall N. N. Appellant seiner interponirten Appellation verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren und achterfolgen würde / wir gedachtem Appellaten N. N. für sein erlangtes Recht / zusampt dem Kosten und Schaden / so derselbe erlitten / und ihm mit Recht zuerkandt seyn oder werden / als selbstschüldige Bürgen hafften / und dasselbig als unsere eigene Schuld gelten und bezahlen wollen / mit Verpfändung unserer Haab und Güter / so viel jederzeit hiezu von nöthen / Dagegen uns und unsern Erben keine Exception oder Begnadung Rechtens / und insonderheit das Beneficium Divisionis und Excussionis, oder sonsten einig ander / wie das Namen haben mag / zu statten kommen sol / besondern thun wir uns deren allen und jeden wissentlich hiemit verzeihen und begeben / alles ohne Arglist und Gefährde. Des zu Uhrkund und steter Festhaltung / habe ich N. N. Principal, und wir N. N. und N. N. als selbschüldige Bürgen / diesen Brieff mit unsern Pittschaften Versiegelt / und mit eigenen Händen Unterschrieben / Gegeben / etc. [419]FORMULA PIGNORATICÆ CAUTIONIS.
Ich N. N. thue kundt und bekenne hiemit für mich meine Erben und Erbnehmen / Nach dem von einer durch Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / wieder mich und fürr N. N. eröffneter Urtheil / ich an die Röm. Käyserl. Majest. unsern allergnädigsten Herrn Appellirt, Supplicirt oder Reducirt, daß ich demnach / vermöge der Stadt Hamburg habenden Käyserlichen Privilegii, mich verpflichtet und verbunden / und Krafft dieses verpflichte und verbinde / Wo ferne ich angeregter meiner Appellation, Supplication oder Reduction verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren oder achterfolgen werde / als dann vor alles erlangtes Recht / so ermeldter mein Gegentheil der Appelat für Ehrngedachtem Rath erhalten / sampt Kosten und Schaden / so derselb empfangen / und ihm mit Recht zuerkandt seyn oder werden / gnug thun und bezahlen wil / Und damit mehr ermeldter Appellat dessen ümb so viel mehr vergewissert und versichert seyn müge / so habe ich ihm dafür alle mein Haab und Güter / und insonderheit [420] mein Hauß und Erb allhie zu Hamburg in der N. Strassen / zwischen N. und N. belegen / zu einem wahren beständigen Unterpfandt eingesetzet / daran gedachter Appellat und seine Erben auff den obgesetzten Fall sich halten und erholen sollen / und mügen / welches Erbe ich auch ohn consent und Vorwissen des Appellaten, bey wehrender Rechtfertigung nicht veräussern noch verpfänden wil. Worentgegen auch mir und meinen Erben überall keine Exception oder Begnadung Rechtens / wie die Namen haben / oder durch MenschenSinne erdacht werden möchte / zu statten kommen sol / besondern thu mich deroselben allen und jeden / hiemit wissentlich verzeihen / und begeben / und hab in Uhrkundt mit eigener Hand / meinen Namen Unterschrieben / und mein Pitschier[35] zu End auffgedruckt. Gegeben / etc. [421]Ordentlicher Index und Register / eines jeden Theils dieses Hamburgischen Stadt-Rechtens /
darin durch die erste Zahl die Titul / und durch die andere die Paginae werden angezeigt:
Register über den ersten Theil.
Register über den andern Theil /
Von Contracten und allerley Handtierungen.
Register über den dritten Theil /
Von Testamenten / letzten Willen / und Erbschafften ohn Testament.
Register über den vierdten und letzten Theil / nach den Articuln
und Paginen Von Peinlichen Sachen / Injurien / und andern zugefügten Schaden / auch Straffe und Busse.
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