Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 1 Kapitel 17

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Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung
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TITULUS XVII.
Von Arresten und Kummern.
ARTICULUS 1.

So jemand ein Verbot oder Arrest gegen den andern / oder desselben Haab und Güter allhie begehren würde / das sol mit Erlaubnüß der Worthaltenden Bürgermeister / oder Richteherrn / geschehen und fürgenommen werden.

[53]
2.

Und dieweil die Arreste zu Zeiten mißbrauchet werden / sollen die Worthaltende Bürgermeistere / und Gerichts-Verwaltere zuforderst erwegen / ob der Arrest aus erheblichen Uhrsachen gebeten wird / und nach befindung der Sachen ümbständlichen Beschaffenheit / denselben erlauben oder verweigeren.

3.

In massen dann bey verstattung des Arrests / in gute Auffacht genommen werden sol / das die jenigen / oder derselben Güter / nicht Arrestiret werden / welche / vermüge alter Concordaten, und dero zwischen den Benachbahrten und Uns auffgerichter Verträge / davon entfreyet seyn / und an denen Orten dieser Stadt Bürgere mit Arresten auch nicht beschweret werden.

4.

Da ein Fremmder Wegfertig / und sein Gut alsbald mit sich weg zuführen Fürhabens ist / solch Gut mag unser Bürger / so Anspruch darzu hat / für zween glaubwürdigen Bürgern in dieser Stadt / auch für Bömen und Thoren / ohne Erlaubnüß des Rechten / bekummern / jedoch sol er alsbald und ungesäummt den angelegten [54] Arrest einem der Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter / anmelden / und denselben ferner verfolgen / wie hernacher verordnet.

5.

Wann der jenige / dessen Person oder Gut Arrestiret ist / gnugsame Versicherung thut / oder einen Bürgen / der so viel freyes und unverpfändetes Erbes und Eigens allhie in dieser Stadt / oder derselben Jurisdiction hat / als die Klage sich erstrecket / anbietet / so sol der Kläger solchen Bürgen / bey Peen drey Pfund / anzunehmen schüldig seyn / der Arrest loß gegeben / und die Sache ferner zu Rechte allhie außgeführet werden.

6.

Wurde aber der Kläger von dem angebotenen Bürgen Versicherung forderen / das sein Erbe unverpfändet / und über den Erbzinß so viel werth / daß er seine geklagte Schuld darauß erlangen müge: So ist er ihm dafür gnughaffte Bürgen zustellen schüldig.

7.

Hätte jemand Gut / als geraubet und gestohlen / Arrestiren lassen / so darff er dafür keine Bürgen nehmen / sondern mag es zu Rechte verfolgen.

[55]
8.

Keines Bürgers Gut / der gnüghafftig Erb oder Zinß hat / sol man Arrestiren / würde jemand dagegen handelen / der sol es mit drey Pfund besseren.

9.

Wann zwey oder mehr fremmde Leute / oder unsere Bürgere neben den Frembden / wegen dero allhie angebrachten Wahren und Güter / in Rechtfertigung gerathen / und deren keiner die rechtmässige Possession noch nicht erlanget hätte / sollen die Güter sequestriret, oder im Falle sie verderblich / verkaufft / und die daraus gelösete Gelde / einem jeden zu seinem Rechten / verwahrlich deponirt, oder da die Sache für dem Obern-Gerichte zum schrifftlichen Proces würde veranlasset / mit der Partheyen gutem Willen / auff gebührliche Zins belegt / und vor endlicher erörterung der Sachen / niemand auff angebothene Caution gefolget werden.

10.

Wann einer / in Schulden vertiefft / verstorben / und nach desselben tödtlichen Abgange die Creditorn ümb Arrest anhalten werden / sol derselbe vergönnet / und die Güter / oder das daraus gelösete Geld / Jahr [56] und Tag / den sämptlichen Creditorn zum besten / im Arrest bleiben / die Schulde nach todter Hand / durch den Gericht-Schreiber innerhalb Jahres eingezeichnet / und nach außgang des Jahres / auff der Creditorn Ansuchen / ein offen Proclama an das Rath-Hauß angeschlagen / und darin Sächsische Frist[1] pro termino peremptoriali zuerscheinen / und ihre Schülde im Gerichte zubeweisen den Creditoren ernennet und angesetzet werden. Da aber die jenigen / welche von dem verstorbenen Debitore Obligation und Verschreibung haben / innerhalb Jahres ihre Schülde nicht hätten Einzeichnen lassen / ist ihnen / wann sie hernacher in dero in dem Proclamate bestimmter Zeit / ihre Schülde mit habenden Obligationen und Handschriften verificiren, solches unschädlich / und sol sonsten in diesem Fall mit Inventirung der nachgelassenen Güter verfahren werden / wie hernacher unter dem 43. Titul von Bancorotirern / im 2.3.4. und 5. Articuln verordnet ist.

11.

Alle die jeningen / welche in gebührender Zeit auff des verstorbenen oder in Schülden vertiefften Debitoris Güter Arrest gethan / und denselben zu Recht verfolget / die seyn alle gleich / so wol die letzten als die ersten / jedoch das Unterscheid zwischen denen die Verpfandung / und keine Verpfandung haben / und die Privilegiirt und nicht Privilegiirt, gehalten werde.

[57]
12.

Die Worthaltende Bürgermeistere / oder Gerichts-Verwaltere / sollen alsbald nach angelegtem Arrest / Klägern und Beklagten auff eine benandte Stunde vor sich bescheiden lassen / und müglichen Fleiß anwenden / die Partheyen ohne Weitläufftigkeit zu entscheiden. Erscheinet der Kläger nicht / so haben sie Macht / nach befindung der Sachen Beschaffenheit / den erläubten Arrest loß zugeben.

13.

In Entstehung der Güte / sol der Arrestandt zum nechsten Gerichts-Tage den Beklagten ins Nieder-Gerichte citiren lassen / zum ersten mahl / und kürtzlich fürtragen / daß er den Arrest erlanget / und darauff bitten / das derselbe durch den Voigt möge eingezeichent werden: also auch folgenden Gerichts-Tag / und dann zum dritten mahl auff vorgehende citation, den Arrest nicht allein / wie gebräuchlich / belegen / sondern auch seine Klage fürtragen / und dieselbe zu gleich beweisen / und wann des Beklagten Nothdurfft und defension dagegen angehöret / sol darauff / was billig und recht ist / erkandt werden.

14.

Im fall der Arrestandt die Verfolgung / in massen wie vor gedacht / nicht thun würde / so sol der [58] erlangte Kummer auff das Arrestirten Ansuchen / Krafftloß erkandt / und relaxirt, auch der Arrestant daneben in drey Marck Lübisch Straff condemniret werden.

15.

Da aber jemands Güter in seinem Abwesen allhie Arrestieret würden: So sol an desselben Obrigkeit geschrieben / und durch dero Hülff / derselbe / mit Ernennung eines gewissen Tages / anhero / zu gerichtlicher Außübung des angelegten Kummers / citiert werden.

16.

In den freyen Jahrmärckten / Viti[2] und Feliciani[3], sol kein Arrest verstattet / auch / Bürgerlicher Sachen und Obligationen wegen / niemandes angehalten werden. Hätte aber jemand an einem andern Orte Contrahirt, und sich verpflichtet / allhie in wehrendem Marckte zu bezahlen / oder auch zur zeit des Marckts allhie Contrahirt, und zubezahlen sich versprochen: So mag der / oder diesselben / oder ihre Güter / so lange biß sie gewisse Versicherung gethan / alhie Arrestirt werden.

17.

Wann einer den andern / oder sein Haab und Güter / hätte bekümmern lassen / und der Arrestirte [59] sich beklagte / daß er / aber seine Güter / mit Unfuge angehalten / und er dardurch in Schaden und Schmach gebracht were / und der Arrestant keine erhebliche Uhrsachen seines fürgenommen Arrestes beweisen könte: So sol er dem Arrestirten / des zugefügten Unglimpffs halben / im Rechte allhie zu antworten / und was deßwegen erkandt wird / neben allen auffgelauffenen Kosten und Schaden / zuerlegen schüldig seyn.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eine Frist von sechs Wochen und drei Tagen
  2. 15. Juni
  3. 20. Oktober