Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 2 Kapitel 8
Eine Frau die Kauffmanschafft gebraucht / offene Laden und Fenster hält / mit Gewicht aus- oder einwieget und mist / sol pflichtig seyn / das jenige so sie kaufft oder verkaufft / zu zahlen und liefferen. Die aber / so der Kauffmanschafft nicht zugethan / kan ohne ihres Mannes oder ihrer Vormünder Wissen und Vollbort / ausserhalb Linnewandt und Flachs / zu des Hauses Nothdurfft gehörig / nichts beständiglich contrahiren. Hätte sie aber / ohne Consens ihres Vormundts etwas auffgeborget / oder gekaufft / sol dem Gläubiger verstattet werden / ihr das oberste Kleidt abzunehmen / biß daß er bezahlet ist.
Dieser Stadt Güter sol niemand verkauffen / [205] ohne öffentlich Anschlag / Consens und Bewilligung eines Erbahrn Raths.
Wer sein Erbe / es sey Brau- oder Wohnhauß / so er geerbet / befreyet / oder auch mit seinem wol gewonnenem Gelde an sich gebracht / verkauffen wil / der sol es zu forderst zween Erbgesessene Bürgere / den beyden seiner nechsten Freunde / dar sein Gut auff fallen mag / an praesentiren / und wann die es nicht begehren / denen verkauffen / so das meiste dafür geben wollen.
Wann jemand in dieser guten Stadt / des Juris retractus oder Vorkauffs geniessen / und in den Kauff treten wil / der sol / wann er gebührlich ersucht / alsbald / oder je auff das höchste innerhalb zween Monaten / sich erklären / und dasselbige Geld erlegen / so ohne Betrug und heimliche Untersetzung zum höchsten dafür geboten wird; und da des Argwohns oder bösen Verdachts / gnughafftige und erhebliche Anzeige wären / sol der Verkäuffer das rechte ware Kauffgeld / vermittelst seines leiblichen Eyds / nahmkündig zu machen / und der in den Kauff treten wil / gleichergestalt bey seinem Cörperlichen Eyde zu erhalten schüldig seyn / daß er solch Gut vor sich / und nicht einem andern zum besten kauffe.
[206]Wann in dieser Stadt und derselben Jurisdiction Güter auff Leute / die allhie keine Bürger oder Unterthanen seyn / versterben / und derselben Erben einer vor der Theilung den Erbfall verkauffte: So ist derselbe der die Theilung thun / und das Gut von sich geben sol / der nechste zu dem Kauff / wann er die Pfenninge / darumb der Erbfall verkaufft ist / erlegen wil. Und da wegen des Kauffgelds Zweiffel oder böser Argwohn entstehen würde / sol der Verkäuffer das Kauff-Geld bey seinem leibliche Eyde nahmkündig zumachen schüldig seyn.
Wann liegende Gründe / stehende Erbe / oder Zinse / verkaufft seyn / sollen dieselbigen vor dem sitzendem Rathe in öffentlicher Audientz verlassen / und folgends in dieser Stadt Erb- oder Rent-Buch geschrieben werden / und der Verkäuffer des Hauses / die Gewehre mit einem gnugsamen Bürgen auff Jahr und Tag / dem Käuffer zubestellen schüldig und verbunden seyn.
Nach Außgang Jahrs und Tags kan niemand verkauffte / verlassene / und in der Stadt-Buch [207] zugeschriebene Erbe anfechten / Es sey dann / daß er durch rechtmässige Uhrsache außheimisch gewesen: So hat er billig von Zeit der Wissenschafft noch Jahr und Tag zugeniessen.
Welcher Mann etwas kaufft / der sol sich vorsehen / und eigentlich wahr nehmen / was und von weme er kaufft / dann / wann ein Gut gestohlen / geraubet und abgetrogen ist / und der rechte Herr desselbigen kömpt / und glaubwürdige Anzeig thut / das solches Gut sein gewesen und noch sey: So mag er dasselbe mit Vorwissen des Richters / ohne alle Entgeltnüß und Bezahlung des außgegebenen Kauff-geldes / wiederumb an sich nehmen / und sol der Käuffer / wofern er umb den Diebstal und Betriegung gewust / mit gebührender Straffe belegt werden.
Wann Käuffer und Verkäuffer sich dessen vereinbahren / daß ihre Abrede in Schrifften sol verfertiget werden / und alsdann erst bündig seyn: So ist der Kauff von keinen Würden / biß daß dieselbige Schrifft in allen ihren Puncten beliebet und vollzogen ist.
[208]Ein Kauff und Verkauff / kan in dieser guten Stadt auch wol ohne Gottespfenning / beständiglich getroffen werden; wann aber derselbige ergangen / ist der Kauff dadurch desto mehr bekräfftiget.
Welcher Mann sein Gut verkaufft / mit dem Bedinge / so fern der Käuffer innerhalb sechs Monath das Kauff-Geld nicht erlegen wird / so sol der Kauf von keinem Würden seyn / der hat gnugsame Macht / und stehet allein in desselbigen / und nicht in des Käuffers Gefallen / wann die sechs Monath verflossen / und das Geld noch nicht bezahlet ist / entweder das Kauff-Geld zu fordern / oder gantz und gar von dem Kauf abzustehen / und seine Wahre wiederumb zu sich zu nehmen. Doch wann er den einen Weg erwehlet hat / kan er zu dem andern nicht schreiten.
Wann jemand sein Gut verkaufft / mit dieser Condition, so fern innerhalb zwey Monaten einander kömpt / der mehr darumb geben wil / so sol der Kauff von unwürden seyn / und nicht gelten: Oder so fern innerhalb zwey Monathen niemand kömpt der mehr [209] darumb geben wil / so sol das Gut vor hundert Gülden dein seyn / etc. In diesen und dergleichen Fällen ist zwar der Käuffer allezeit verbunden / daß er den Kauff halten muß / aber darentgegen kan auch der Verkäuffer das Gut / dem so mehr dafür bieten thut / nicht alsbald zuschlagen / sondern muß es zu forderst dem ersten Käuffer an praesentiren / als der in das jenige was geboten / einzutreten wolbefuget ist.
So bald der Kauff in allen seinen Puncten / über fahrende Haab / vollenzogen: So ist insgemein der Schade und Vortheil / so dem Gute begegnet oder zuwächst / des Käuffers / wann schon die Wahren in des Verkäuffers Packraum und Verwahrung verblieben: In liegenden Gütern aber kan kein Schade oder Vortheil dem Käuffer zugerechnet werden / es sey ihm dann zuforderst vor sitzendem Rath verlassen / oder er habe sich der Possession unterfangen / oder auch einen andern Abscheid mit dem Verkäuffer genommen.
Wann ein verkaufftes Gut zu Rechte angefochten wird / so sol der Käuffer solches dem Verkäuffer / als der ihn in Rechten zuvertreten / noth- und [210] schadeloß zu halten schüldig ist / anmelden. Wird aber der Käuffer sothane denunciation zurücke setzen / und sich mit einem andern ohne Vorwissen des Verkäuffers / in Rechtfertigung einlassen / und derhalben Unkostung thun / oder Schaden leiden / so mag er solches sich selbst beymessen / und kan an den Verkäuffer keinen Regress haben.
Wann jemand hat verkaufft unbeweglich Gut / und die Evictionem oder Gewehr nicht außdrücklich versprochen / sol er gleichwol / ausserhalb der Fälle / in welchen der Verkäuffer / besage gemeiner Käyser Rechte / von der Gewehr entfreyet / zu derselben verbunden / und da das verkauffte Gut gantz / oder zum Theil mit Rechte würde gewonnen / der Verkäuffer das außgezählte Kauff-Geld / neben beweißlichem Interesse, zuerstatten schüldig seyn. Welches dann auch in dem Fall statt haben sol / wann die Gewehr in gemein versprochen ist.
Ist aber die Gewehre vor Freunde und Fremde von dem Verkäuffer angelobet / so sol er seiner Zusage nachkommen / oder da das verkauffte Gut beygesprochen / und mit Rechte gewonnen würde / dem Käuffer das Kauff-Geld / so viel er dessen empfangen / völlig [211] restituiren / und ihm darüber noch den zehenden Pfenning von der gantzen Kauff-Summen geben / und weiter zu nichts verbunden seyn.
Wann ein Mann Korn / Holtz / Ochsen / Schweine / Schaaffe / Pferde / und dergleichen fahrende Haab auff dem freyen Marckte / oder auch in den Schiffen / besehen und gekaufft hat / auch darauff an seine Behausung und Gewehr bracht / daß muß er ohne alle Exception gelten und bezahlen / es wären dann ihre Vorworte anders.
So einer sein Gut zweyen Personen zu unterschiedlicher Zeit absonderlich verkaufft / und folgends Streit fürfällt / daß sie es beyde haben wollen: so sol das Gut bey dem bleiben / so desselbigen Possesion und Besitz ohne Betrug erlanget. Da aber ihrer keiner in der Possesion, sol der vorgezogen werden / damit der erste Kauf geschlossen / und der Verkäuffer des andern / so abtreten muß / Willen zu machen schüldig seyn.
Wird jemand in Kauffen und Verkauffen / über den halben Theil des rechten Werts übernommen [212] und verkürtzet / derselbige ist den getroffenen Kauff zu halten nicht schüldig.