« Kreuzeslehre Edith Stein
Kreuzeswissenschaft
Nachwort der Herausgeber »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
[243]
III. KREUZESNACHFOLGE
(fragment)


Die Kreuzeslehre des hl. Johannes wäre nicht als Kreuzeswissenschaft in unserm Sinn anzusprechen, wenn sie auf bloßer Verstandeseinsicht beruhte. Aber sie trägt den echten Stempel des Kreuzes. Sie ist das weitverzweigte Geäst eines Baumes, der seine Wurzeln in die tiefste Seele gesenkt hat und sich vom Herzblut nährt. Seine Früchte sehen wir im Leben des Heiligen.

Daß er die Liebe zum Gekreuzigten im Herzen trägt, zeigt seine Liebe zum Kreuzbild. Es gab dem kleinen Häuschen in Durvelo sein Gepräge. Es ist bekannt, welchen Eindruck die hl. Mutter davon empfing: „Beim Eintritt in die Kapelle mußte ich staunen über den Geist, den der Herr dort wehen ließ. Allein nicht bloß ich hatte dieses Gefühl, auch die zwei Kaufleute, die meine Freunde waren und mich von Medina bis nach Durvelo begleitet hatten, konnten nichts als weinen. Es waren dort so viele Kreuze und Totenköpfe. Nie habe ich ein kleines Kreuz aus Holz vergessen, das über dem Weihwasserkesselchen hing und an das ein Christusbild von Papier geklebt war. Dieses schien mehr zur Andacht zu stimmen als selbst das schönste Kunstwerk“[1]. Es ist anzunehmen, daß der erste Unbeschuhte Karmelit, der frühere Bildschnitzer- und Malerlehrling, selbst diese Kreuze zur Ausschmückung seines Klösterchens verfertigte. Sie entsprachen durchaus dem, was er später über Bilderverehrung niedergeschrieben hat: daß kostbares Material und kunstvolle Ausführung eine Gefahr sein können, weil man sich dadurch leicht vom Wesentlichen ablenken läßt – vom Geist des Gebetes und dem Weg zur Vereinigung mit Gott[2]. Er aber wollte sich selbst und andere durch das Kreuzbild wie durch alle andern Mittel zur [244] Vereinigung führen. Darum hat er auch später so gern Kreuze geschnitzt und verschenkt. Auch seinem freundlichen Kerkermeister in Toledo, P. Johannes von der hl. Maria, wußte er zum Dank für seine heimlichen Liebesdienste nichts Besseres zu geben als ein Kreuz. Dies Geschenk mußte dem Geber wie dem Empfänger durch einen besonderen Umstand auch menschlich teuer sein: Johannes hatte es in Durvelo von der hl. Mutter erhalten. Für ihn war das wohl nur ein Grund mehr, sich davon zu trennen.

Wie wohlgefällig dem Herrn diese Liebe zum Kreuzbild war und der Eifer, für dessen gebührende Verehrung zu sorgen, davon zeugen die Kreuzvisionen, von denen früher gesprochen wurde[3]. Sie haben jedenfalls dazu beigetragen, dem Herzen das heilige Zeichen noch tiefer einzuprägen. Er hielt sein Kreuz in der Hand während der letzten Nacht seines Lebens. Kurz vor Mitternacht, als der vorausgesagte Augenblick des Todes nahte, gab er es einem der Anwesenden zum halten, um mit beiden Händen seinen ganzen Körper in die rechte Ordnung zu bringen. Aber dann nahm er den heiligen Christus wieder, gab ihm zärtliche Worte und küßte ihn zum letztenmal, ehe er leicht und unmerklich aushauchte[4].

Gut ist es, den Gekreuzigten im Bild zu verehren und Bilder zu verfertigen, die zu seiner Verehrung anspornen. Aber besser als Bilder aus Holz oder Stein sind lebendige Bilder. Seelen nach dem Bilde Christi zu formen, das Kreuz ihnen ins Herz zu pflanzen, das war die große Lebensaufgabe des Ordensreformators und Seelenführers. Im Dienst dieser Aufgabe standen alle seine Schriften. Von ihr sprechen in noch persönlicher Form seine Briefe und die Zeugenaussagen über seine Wirksamkeit.

Im Karmel zu Granada gab er seiner geistlichen Tochter Maria Machuca das heilige Kleid und den Namen Maria vom Kreuz. Man brachte sie ihm danach ins Sprechzimmer mit der Bemerkung, sie werde ihm wohl besonders lieb sein, weil sie vom Kreuz heiße; er antwortete: gewiß werde sie ihm sehr lieb sein, wenn sie das Kreuz liebte[5]. Eindringlich pflegte er den Menschen, mit denen er verkehrte, ans Herz zu legen, sie sollten „große Vorliebe für das Leiden, ganz allein um Christi willen, haben, ohne irdischen Trost zu verlangen; öfters sagte er....: ,Meine Tochter, verlange nichts anderes als das Kreuz, und zwar ohne Trost; denn das ist vollkommen‘“[6].

[245] An sein Beichtkind Juana de Pedraza in Granada schrieb er als Antwort auf Klage über ihre Leiden: „Alle diese Schrecknisse und Schläge .... vermehren die Liebe und bewirken, daß man eifriger betet und den Geist flehend zu Gott erhebt.... O mein Herr, Du großer Gott der Liebe, mit welchen Reichtümern beschenkst Du den, der nichts liebt und in nichts sein Genügen sucht als nur in Dir! Dich selbst gibst Du ihm und vereinigst Dich mit ihm durch die Liebe. Und so läßt Du die Seele das in Liebe kosten, was sie an Dir am innigsten ersehnt und was ihr am meisten nützt. Aus diesem Grunde darf uns ebensowenig wie unserm Geliebten das Kreuz fehlen bis zum Tode der Liebe. Er verhängt Leiden über uns nach dem Maße unserer Liebe, damit wir größere Opfer bringen und mehr Verdienste uns sammeln. Aber dies alles ist von kurzer Dauer, da es nur währt, bis das Messer erhoben ist; dann bleibt Isaak lebendig und erhält die Verheißung seiner Verdienste“[7].

Besonders nahe stand er den Karmelitinnen in Beas. Als Oberer auf dem Calvario (bald nach seiner Flucht aus dem Kerker) und als Rektor des Kollegs von Baëza war er in ihrer Nähe und konnte oft persönlich bei ihnen sein, durch Predigten, geistliche Gespräche und Ermahnungen im Beichtstuhl auf sie einwirken. Auch später war er noch manchmal ihr Gast. Brieflicher Verkehr ergänzte die mündliche Unterweisung. In einem Brief vom 18. November 1586 heißt es: „Wer .... Gefallen sucht an irgendeiner Sache, der ist kein leeres Gefäß, das Gott mit Seiner unaussprechlichen Wonne erfüllen kann. Auf diese Weise wendet man sich von Gott ab, statt Ihm entgegenzugehen, und Ihre Hände vermögen nicht im Empfang zu nehmen, was Gott geben will.... Dienen Sie Gott, meine geliebten Töchter in Christo, treten Sie durch Selbstverleugnung in aller Geduld, durch Stillschweigen und wahre Leidensliebe in Seine Fußstapfen, gehen Sie unbarmherzig gegen jede Selbstgenügsamkeit vor und ertöten Sie alles, was in Ihnen sterben soll und die innere Auferstehung des Geistes hindert! ....“[8] An Mutter Eleonora Baptista, Priorin von Beas, schreibt Johannes am 8. Februar 1588: „.... Wenn ich bedenke, daß Gott Sie zu einem apostolischen Leben, d.h. zu einem Leben der Verachtung, berufen hat und Sie auf diesem Wege führt, so ist mir das ein Trost. Denn nach Gottes Willen muß die Gesinnung wahrer Ordensleute so beschaffen sein, daß sie mit allem abgeschlossen haben und alles für sie seine Bedeutung verloren hat; Gott allein will ihr Reichtum, ihr Trost und ihre wonnevolle Herrlichkeit sein. Gott hat [246] Euer Ehrwürden eine große Gnade erwiesen, daß Sie jetzt, von allen vergessen, an Ihm allein Ihre Freude finden können. Seien Sie ganz unbesorgt, wenn an Ihnen geschieht, was man um der Liebe Gottes willen Ihnen zufügen will. Sie gehören nicht mehr sich selbst, sondern Gott an....“[9]

Einer Postulantin gibt er den Rat: „.... Was das Leiden unseres Herrn angeht: Behandeln Sie Ihren Leib mit weiser Strenge, durch Haß gegen sich selbst und Selbstverleugnung, und suchen Sie nie dem eigenen Willen und Geschmack zu folgen. Denn dieser Eigenwille war die Ursache Seines Leidens und Todes....“[10]

Der Priorin des neubegründeten Klosters zu Cordova schreibt er: „Daß Sie unter sengender Hitze so ärmliche Häuser beziehen mußten, hat Gott so gefügt; Sie sollen ein gutes Beispiel geben und zeigen, daß Sie sich durch Ihre Profeß zur Armut Christi bekennen. Die sich zur Aufnahme melden, werden daraus ersehen, welcher Geist sie bei ihrem Eintritt beseelen muß.... Bewahren Sie aufs gewissenhafteste den Geist der Armut und der Verachtung alles Irdischen und beschäftigen Sie sich mit Gott allein, sonst erwachsen Ihnen, wie Sie wissen, tausenderlei geistige und zeitliche Bedürfnisse, während Sie nur jene Bedürfnisse haben und empfinden sollen, die Sie in Ihrem Herzen aufkommen lassen wollen. Denn der Arme im Geist ist zufriedener und fröhlicher im Mangel, weil er sein Alles auf das völlige Nichts gesetzt hat, und so bewahrt er in allem die Freiheit des Herzens. Glückseliges Nichts und glückselige Vereinsamung des Herzens, die solche Kraft besitzen, daß sie sich alles unterwerfen, sich selbst aber keinem Ding unterwerfen und sich aller Sorgen entledigen, um mehr in Liebe entbrennen zu können“. Die Schwestern „sollen sich die Erstlinge des Geistes zunutze machen, die Gott bei solchen Neugründungen verleiht, um so mit ganz erneutem Geist den Weg der Vollkommenheit in aller Demut und Losschälung, innerlich und äußerlich, zu betreten, nicht mit kindischem Sinn, sondern mit kraftvollem Willen. Sie sollen Abtötung und Buße auf sich nehmen, in dem Bestreben, sich Christus etwas kosten zu lassen, und nicht jenen gleich sein, die ihre eigene Bequemlichkeit und ihren Trost suchen, in Gott oder außer Ihm, sondern das Leiden für Gott, in Gott und außer Ihm, in Stillschweigen und Hoffnung und liebendem Gedenken....“[11]

Der dunkelste Weg ist der sicherste. Diese Lehre der Dunklen Nacht wird auch in der Seelenführung mit allem Nachdruck betont: [247] „Da Ihre Seele sich in dieser Finsternis und Leere der geistigen Armut befindet, so glauben Sie, es fehle Ihnen alles und alle Menschen hätten Sie verlassen. Doch das ist kein Wunder, da Sie sogar meinen, Gott hätte Sie verlassen; doch es fehlt nichts.... Wer nichts anderes sucht als Gott, wandelt nicht in der Finsternis, mag er auch noch so viel Dunkel und Armut in sich sehen. Wer nicht in Selbstüberhebung wandelt und nicht seinem Geschmack folgt, weder was Gott noch was die Geschöpfe angeht, und in nichts auf seinem eigenen Willen besteht, weder innerlich noch äußerlich, der wird nichts straucheln.... Sie waren niemals in besserer Verfassung als jetzt, denn nie waren Sie so demütig und unterwürfig und hielten niemals so wenig von sich selbst und von allen Dingen der Welt. Nie erkannten Sie sich selbst als so schlecht und Gott als so gut, nie dienten Sie Gott so rein und uneigennützig wie jetzt.... Was wollen Sie mehr? .... Was denken Sie – ist der Dienst Gottes etwas anderes als das Böse fliehen, Seine Gebote beobachten und unsere Sachen besorgen, so gut wir können? Wenn Sie das tun, was haben Sie dann noch andere Wahrnehmungen, Erleuchtungen und Genüsse nötig, da die Seele darin gewöhnlich so manchen Täuschungen und Gefahren begegnet? .... Darum ist es eine große Gnade, wenn Gott die Seele in Dunkelheit und Entblößung führt, so daß sie durch ihre Vermögen nicht mehr irregeführt werden kann.... Leben wir hier auf Erden als Pilger und Arme, als Verbannte und Waisen, in Trockenheit, ohne Weg und ohne irgend etwas, aber alles erhoffend....“[12]

Der Heilige schreibt voller Liebe an seine geistlichen Töchter: aber in einer Liebe, die nichts anderes ist als das herzliche Verlangen nach ihrem ewigen Heil. „Solange uns Gott dies nicht im Himmel verleiht, harren Sie aus in .... Selbstverleugnung und Geduld, mit dem Wunsche, diesem großen Gott durch Ihr Leiden in Seiner Demut und Kreuzesliebe in etwas ähnlich zu werden. Besteht unser Leben nicht in der Nachahmung (des Gekreuzigten), so hat es keinen Wert....“[13]

Darum konnte er nicht an die Echtheit angeblicher höherer Gebetsgnaden in einer Seele glauben, der es an Demut mangelte. Als er vom Generalvikar der Unbeschuhten Karmeliten, P. Nikolaus Doria, beauftragt wurde, den Geist einer Nonne zu prüfen, die für hochbegnadigt galt, gab er dieser Überzeugung in seinem Gutachten [248] Ausdruck: „Der Hauptfehler .... liegt darin, daß sich in ihrem Verhalten keine Demut kundzugeben scheint; denn die Gunstbezeugungen, von denen sie hier spricht, wenn es überhaupt welche sind, werden der Seele gewöhnlich nur verliehen, nachdem sie sich zuerst in vollkommener innerer Verdemütigung ihrer selbst entäußert und gleichsam vernichtet hat“. Wenn sich die Wirkungen der Demut „auch nicht bei allen göttlichen Wahrnehmungen in so hohem Maß bemerkbar machen, so bringen doch jene Gunstbezeugungen, mit denen man im Stande der Vereinigung begnadigt wird – und von diesen spricht sie –, demütige Gesinnung hervor.... Man soll sie in der Übung von Tugenden prüfen, die keinen Genuß verschaffen, besonders in Geringschätzung, Demut und Gehorsam. Im Widerhall dieses Schlages wird sich die Lauterkeit der Seele offenbaren, der solch erhabene Gunstbezeugungen zuteilgeworden sein sollen. Aber diese Prüfungen müssen tiefgehend sein, denn es gibt keinen Teufel, der nicht um seiner Ehre willen etwas leiden würde“[14].

Denselben Geist atmen die Verhaltungsmaßregeln für Ordensleute, die der Heilige bei verschiedenen Gelegenheiten niederschrieb. Unter den Anweisungen, die wahrscheinlich für die Karmelitinnen von Beas geschrieben wurden, finden sich die folgenden drei gegen das Fleisch:

„1. In erster Linie sollst du bedenken, daß du nur dazu ins Kloster gekommen bist, damit alle an dir arbeiten und dich abrichten. Um frei zu sein von allen Unvollkommenheiten und aller Verwirrung, die dir aus dem Charakter und der Handlungsweise der Ordensleute erwachsen können, und um Nutzen zu ziehen aus allem, was geschieht, mußt du denken, alle seien Werkzeuge (das sind sie auch wirklich), die im Kloster sind, um dich zu bearbeiten. Der eine hat dich zu bearbeiten durch Worte, der andere durch Werke, der dritte durch Gedanken, die gegen dich gerichtet sind; unterwirf dich allem wie ein Bild, das von dem einen geschnitzt, von dem andern gemalt und vom dritten vergoldet wird. Wenn du das nicht beachtest, kannst du weder deine Sinnlichkeit und Empfindlichkeit besiegen noch mit den Ordensleuten im Kloster gut auskommen; du wirst auch nicht den heiligen Frieden genießen und dich nicht von vielen Fehltritten freihalten können.

2. .... Unterlasse nie ein Werk, weil es dir nicht zusagt und du keinen Geschmack daran findest, wenn es sich um den Dienst Gottes handelt; tu auch nichts allein um des Geschmackes und der Befriedigung willen, die es dir gewährt...., sondern als wenn es dir [249] Widerwillen einflößte; sonst kannst du niemals Standhaftigkeit erlangen und deine Schwäche besiegen.

3. .... Eine geistliche Seele soll sich niemals bei ihren Übungen von dem einnehmen lassen, was an ihnen angenehm ist, und sie nur darum verrichten; erst recht nicht dagegen sträuben, weil sie ihr unangenehm vorkommen; vielmehr muß sie das Beschwerliche vorziehen.... Damit legt man der Sinnlichkeit Zügel an. Auf andere Weise wirst du die Eigenliebe nicht ablegen und nicht zur Gottesliebe gelangen“[15].

Gott ruft die Seelen ins Kloster, „um sie zu prüfen und zu reinigen, wie das Gold durch Feuer und Hammer; darum müssen auch Prüfungen und Versuchungen durch Menschen und böse Geister über sie kommen und das Feuer der Beängstigung und Trostlosigkeit. Solche Dinge muß der Ordensmann in Geduld und Gleichförmigkeit mit dem Willen Gottes auf sich zu nehmen suchen, und nicht so, daß Gott gezwungen würde, ihn zu verwerfen, weil er das Kreuz Christi nicht mit Geduld tragen wollte....“[16] „Suche dir nicht das Kreuz auszuwählen, das dir leichter vorkommt, denn .... je schwerer die Bürde ist, desto leichter ist sie, wenn man sie aus Liebe zu Gott trägt“[17]. „Bist du beladen, so lebst du in Vereinigung mit Gott, der deine Stärke ist; denn Gott hält die Betrübten aufrecht; bist du der Last enthoben, so findest du deine Stütze nur in dir, der du die Schwachheit selber bist. Denn die Kraft und Stärke der Seele wächst und festigt sich in dem geduldigen Ertragen von Beschwerden“[18]. „Höher schätzt Gott an dir die Neigung zur Trockenheit und zum Leiden aus Liebe zu Ihm als alle Tröstungen und geistigen Visionen und alle Betrachtungen, die du anstellen kannst“[19]. „Zur Vollkommenheit kann man nicht gelangen, wenn man es nicht dahin bringt, mit dem Nichts zufrieden zu sein, so daß das natürliche und das geistige Begehrungsvermögen im Leeren befriedigt sind; denn das ist erforderlich, um zur höchsten Ruhe und zum Frieden des Geistes zu gelangen; und auf diese Weise ist die Liebe Gottes in der reinen und einfältigen Seele dauernd wirksam“[20].

Eine ganze Gruppe von Denksprüchen hat unmittelbar die Nachfolge Christi zum Gegenstand: „Der Fortschritt im geistlichen Leben [250] ist nicht möglich ohne Nachfolge Christi. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben und die Pforte, durch die eintreten muß, wer gerettet werden will....“[21] „Deine erste Sorge sei, eine glühende Sehnsucht .... zu erlangen, Christus in allen deinen Werken nachzuahmen; bemühe dich, ein jedes so zu verrichten, wie der Herr selbst es täte“[22]. „Bietet sich deinen Sinnen ein Genuß, der nicht rein zur Ehre und Verherrlichung Gottes dient, so verzichte darauf und halte dich frei davon aus Liebe zu Jesus Christus, der in diesem Leben keinen andern Genuß .... suchte als den Willen Seines Vaters zu erfüllen: das nannte Er Seine Nahrung und Speise“[23]. „Laß dich innerlich und äußerlich mit Christus kreuzigen, und du wirst in diesem Leben in der Ruhe und dem Frieden Seiner Seele leben und dich in Seiner Geduld bewahren“[24]. „Es genüge dir Christus der Gekreuzigte, mit Ihm leide und ruhe; ohne Ihn leide weder noch ruhe; dafür mach dich frei von allen äußeren Dingen und inneren Eigenheiten“[25]. „Verlangst du danach, Christus zu besitzen, so such Ihn nie ohne das Kreuz“[26]. „Wer das Kreuz Christi nicht sucht, sucht auch nicht die Herrlichkeit Christi“[27]. „Was weiß der, der nicht um Christi willen zu leiden weiß? Je größer und schwerer die Lasten sind, desto besser ist das Los dessen, der sie trägt“[28]. „Erfreue dich beständig in Gott, deinem Heil, und bedenke, wie süß es ist, auf jegliche Weise zu leiden für den, der wahrhaft gut ist“[29]. „Willst du vollkommen sein, so verkaufe deinen Willen, gib ihn den Armen im Geist, komm zu Christus in Sanftmut und Demut und folge Ihm bis zum Kalvarienberg und zum Grab“[30].

„Die Mühseligkeiten und Leiden, die man aus Liebe zu Gott erträgt, sind wie kostbare Perlen: je größer sie sind, desto wertvoller sind sie und rufen in dem, der sie empfängt, eine größere Liebe für den Geber hervor; so sind auch die Leiden, die ein Geschöpf verursacht, wenn man sie um Gottes willen annimmt, um so wertvoller, je größer sie sind, und rufen eine größere Gottesliebe hervor. Und für ein Ertragen von Leiden um Gottes willen auf Erden, das nur einen Augenblick währt, gibt Seine Majestät im Himmel [251] unendliche und ewige Güter: sich selbst, Seine Schönheit und Herrlichkeit....“[31]

Eines Tages sprach eine Schwester in Gegenwart des Heiligen abfällig über einen Laien, der dem Kloster feindlich gesinnt was. Sie erhielt die Mahnung: „,Dann sollten Sie und die übrigen ihm um so freundlicher entgegenkommen; so würden Sie Schülerinnen Christi sein‘. Er fügte hinzu: ,Viel leichter ist es, die kleine Bitterkeit einer solchen Gelegenheit zu ertragen, wenn man diese Menschen Gott empfiehlt, als die doppelte Bitterkeit, mit solchen Empfindungen gegen den Nächsten unserm Willen nachzugeben‘“[32].

Im Gespräch mit einem Ordensmann sagte er die eindringlichen Worte: „.... Wenn Sie jemals ein Mensch, und sei es auch ein Oberer, zu einer Lehre überreden wollte, die Milderung anrät, und sollte er sie auch durch Wunder bekräftigen, so glauben Sie ihm nicht und nehmen Sie sie nicht an, sondern umfassen Sie die Buße und Losschälung von allen Dingen und suchen Sie Christus nicht ohne das Kreuz; Ihm mit dem Kreuz zu folgen durch Verzicht auf alles, auch auf uns selbst, dazu sind wir als Unbeschuhte der Allerseligsten Jungfrau berufen und nicht, unserer Bequemlichkeit und Weichlichkeit nachzugeben. Achten Sie darauf, daß Sie nicht vergessen, dies zu predigen, sooft sich Ihnen Gelegenheit dazu bietet, denn es ist für uns von so großer Bedeutung“[33].

Aus dieser Mahnung spricht so recht die Liebe Christi, die den Kreuzesjünger drängt, andere auf den Weg zu führen, den er selbst gefunden hat. „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist?“ (Luc. 2,49), dies erste Wort des Heilands, das uns überliefert ist, hat Johannes auf die große Lebensaufgabe des Herrn uns Seiner Getreuen bezogen: „Unter dem, was des ewigen Vaters ist, kann nichts anderes verstanden werden als die Erlösung der Welt, vor allem das Heil der Seelen, da Christus, unser Herr, die vom Ewigen Vater vorausbestimmten Mittel anwandte. Und der hl. Dionysius Areopagita hat zur Bekräftigung dieser Wahrheit den wunderbaren Satz geschrieben: Aller göttlichen Werke göttlichstes ist es, mitzuwirken mit Gott zum Heil der Seelen[34]. Das heißt: die höchste Vollkommenheit eines jeden Wesens in seinem Rang und auf [252] seiner Stufe ist es, nach seiner Befähigung und seinem Vermögen sich zu erheben und zu wachsen zum Bilde Gottes; das Wunderbarste und Göttlichste aber ist es, Mitarbeiter zu sein an der Bekehrung und Heimführung der Seelen; denn in ihr strahlt Gottes eigenes Wirken wieder, und dessen Nachahmung ist die größte Herrlichkeit. Darum nannte es Christus, unser Herr, das Werk Seines Vaters, das Anliegen Seines Vaters. Es ist auch eine offenkundige Wahrheit, daß das Mitgefühl mit dem Nächsten um so mehr wächst, je mehr die Seele durch die Liebe mit Gott verbunden ist. Denn je mehr sie Gott liebt, desto mehr verlangt sie, daß Er von allen geliebt und verehrt werde. Und je mehr sie danach verlangt, desto mehr bemüht sie sich darum, sowohl durch Gebet als durch alle andern Übungen, die dazu notwendig und tauglich sind. Und so groß ist die Glut und Stärke ihrer Liebe, daß jene, die im Besitz Gottes sind, sich nicht mit ihrem eigenen Gewinn begnügen und zufrieden geben können; es scheint ihnen zu wenig, allein in den Himmel zu gehen, sie bemühen sich mit großem Verlangen und himmlischen Begierden und außerordentlicher Sorgfalt, viele mit sich zum Himmel hinaufzuführen. Das kommt wohl von ihrer großen Liebe zu Gott, es ist die eigene Frucht und die Neigung, die dem vollkommenen Gebet und der Beschauung entspringen“[35].

Ist der Seeleneifer hier als Frucht der Vereinigung gefaßt, so ist andererseits die Liebe zum Nächsten ein wichtiges Mittel auf dem Weg zur Vereinigung: „Zwei Dinge .... dienen der Seele als Flügel, um sich zur Vereinigung mit Gott zu erheben: das aufrichtige Mitleid mit dem Tode Jesu und mit dem Nächsten. Und ist die Seele von Mitleid ergriffen mit dem Leiden und Kreuz des Herrn, dann beherzigt sie auch, daß Er all dies auf sich nahm zu unserer Erlösung“[36]. D.h. wer in liebender Versenkung eingeht in die Gesinnung des Heilands am Kreuz, in die Liebe bis zur äußersten Hingabe seiner selbst, der wird eben damit geeint mit dem göttlichen Willen, denn es ist der Erlösungswille des Vaters, der sich in der Erlöserliebe und -hingabe Jesu erfüllt; und man wird eins mit dem göttlichen Sein, das sich selbst hingebende Liebe ist: in der wechselseitigen Hingabe der göttlichen Personen im innertrinitarischen Leben wie im Wirken nach außen. So gehören eigene Seinsvollendung, Vereinigung mit Gott und Wirken für die Vereinigung anderer mit Gott und ihre Seinsvollendung unlöslich zusammen. Der Zugang zu all dem aber ist das Kreuz. Und die Predigt vom Kreuz wäre eitel, wenn [253] sie nicht Ausdruck eines Lebens in Vereinigung mit dem Gekreuzigten wäre.

„Mein Geliebter, alles für Dich und nichts für mich; nichts für Dich und alles für mich. Alles Harte und Schwere verlange ich für mich und nichts für Dich.

O wie süß ist für mich Deine Gegenwart, der Du das höchste Gut bist. Ich will mich Dir in Schweigen nahen und Deine Fußspuren zu entdecken suchen, damit es Dir gefalle, mich mit Dir in der Vermählung zu vereinen; und ich werde nicht zur Ruhe kommen, bis ich mich in Deinen Armen erfreue; und nun bitte ich Dich, Herr, laß mich niemals mich zurücknehmen, sondern meine ganze Seele hingeben“[37].

In diesem Aufseufzen des liebenden Herzens spiegelt sich der Lebensweg, den Johannes vom Kreuz gegangen ist. Er ist den Fußspuren des geliebten Meisters auf dem Kreuzweg nachgefolgt. Darum hat schon das Kind ein rauhes Lager gewählt. Darum hat der Knabe in unermüdlicher Hingabe seinen Krankendienst verrichtet – als lebendiges Bild des Heilands, der sich keine Schonung gönnte, wenn die Leidenden und Hilfesuchenden Ihn umdrängten. Diese Liebe zu den Kranken, den leidenden Gliedern Jesu Christi, ist ihm sein Leben lang geblieben: Wenn er später als Oberer und Visitator in ein Kloster kam, galt nach der Begrüßung seine erste Sorge den Kranken: er bereitete ihnen eigenhändig die Speisen, leerte ihr Geschirr, duldete nicht, daß man sie aus Geldmangel ins Hospital brachte, tadelte streng jede Nachlässigkeit[38].

Aus Liebe zum Kreuz hatte der junge Ordensmann im Kloster St. Anna zu Medina del Campo und im Kolleg St. Andreas zu Salamanca in solcher Bußstrenge gelebt, daß die heilige Mutter beim Beginn der Reform von ihm sagte, bei ihm sei (im Gegensatz zu seinem viel älteren Gefährten P. Antonius von Heredia) „keine Prüfung notwendig; denn obwohl er unter den Beschuhten lebte, führte er doch immer ein Leben hoher Vollkommenheit und strenger Ordenszucht“[39]. Er hatte sich in Salamanca jeden Abend blutig gegeißelt, einen großen Teil der Nacht im Gebet verbracht und in der kurzen Ruhezeit eine Art Trog als Bett benützt. Das armselige Häuschen in Durvelo, von dem die Begleiterin der hl. Mutter bei der Besichtigung sagte: „.... Einen solchen Geist hat keiner, daß er es hier auszuhalten [254] vermag, mag er auch noch so fromm sein....“[40], war für die beiden Patres ein Paradies. Es wurde schon erzählt, wie es mit Kreuzen und Totenköpfen geschmückt war. „Als Chor diente der Speicher, der in der Mitte etwas erhöht war, so daß sie die Tagzeiten dort beten konnten; aber man mußte sich sehr bücken, um eintreten und der Messe beiwohnen zu können. In zwei Winkeln nächst der Kapelle hatten sie zwei Eremitenzellen, in denen sie sich nur sitzend oder liegend aufhalten konnten; sie waren angefüllt mit Heu, da die Gegend sehr kalt ist. Das Dach berührte fast ihr Haupt, zwei Fensterchen waren dem Altar zugekehrt, und zwei Steine dienten als Kopfkissen....“ Nach der mitternächtlichen Matutin blieben sie im Chor bis zur Prim, „.... so ins Gebet versunken, daß manchmal ihr Habit, wenn sie die Prim beten wollten, ganz mit Schnee bedeckt war, ohne daß sie es gemerkt hatten“[41]. Um das arme, unwissende Volk der Umgegend zu belehren, gingen sie „trotz des vielen Schnees und der großen Kälte barfuß zum Predigen....; nachdem sie gepredigt und im Beichtstuhl gewirkt hatten, kehrten sie erst in später Stunde in ihr Kloster zurück, erfüllt von innerer Freude, die ihnen alles leicht machte“[42]. Solange Johannes Mutter und Bruder in Durvelo bei sich hatte, war Francisco manchmal sein Begleiter auf den Seelsorgsgängen. Nach der Predigt zogen sie sich schnell zurück und nahmen keine Einladung zum Mittagessen in den Pfarrhäusern an. Am Wegrand stärkten sie sich mit Brot und Käse, die ihnen Mutter Catalina mitgegeben hatte[43]. So lebte der Heilige getreu den Grundsätzen, die er später für andere niederschrieb: „Suche einzig aus Liebe zu Jesus Christus zur Entblößung, Entäußerung und Armut an allen Dingen dieser Welt zu gelangen“[44]. „.... Der Arme im Geist ist ganz zufrieden und munter im Mangel; und wer sein Herz auf nichts gestellt hat, findet in allem Frieden“[45].

Die Bußstrenge der beiden ersten Unbeschuhten Karmeliten war so groß, daß die heilige Mutter sie bat, sich etwas zu mäßigen. Es hatte sie „soviel Tränen und Gebete“ gekostet, geeignete Ordensleute für den Beginn der Reform zu finden, und nun fürchtete sie, der Teufel treibe die beiden zu übertriebenem Eifer an, um sie frühzeitig aufzureiben und das Werk im Beginn zu vernichten. Aber die Patres gaben wenig auf ihre Worte und setzten ihr strenges Leben fort.

[255] „Etwas später, als sich um die beiden schon eine kleine klösterliche Familie gesammelt hatte, war P. Johannes eines Tages durch Übermüdung und Unwohlsein so geschwächt, daß er seinen Prior, P. Antonius, um Erlaubnis bat, seine Kollation etwas vor der festgesetzten Zeit einzunehmen. Aber kaum hatte er die kleine Stärkung genossen, da packte ihn bittere Reue. Er eilte zu P. Antonius und bat ihn um Erlaubnis, sich vor der Kommunität anklagen zu dürfen. Dann trug er im Refektorium Steine und Scherben zusammen. Darauf kniete er während der Abendmahlzeit nieder und geißelte seine entblößten Schultern bis aufs Blut. Er unterbrach die scharfe Disziplin nur, um mit lauter Stimme und in rührenden Worten seine Anklage vorzubringen. Dann fuhr er fort mit den grausamen Streichen, bis er zusammenbrach. Die Brüder wohnten dem Schauspiel mit Schrecken und Bewunderung bei. Schließlich befahl P. Antonius dem unschuldigen Büßer, sich zurückzuziehen und zu beten, daß Gott ihnen allen ihre Armseligkeit verzeihen möge“[46].

Johannes hat auch später keine Schonung für sich gekannt. Seine Zelle war, auch wenn er Oberer war, die ärmste im Haus. Krank und schwach zog er im Auftrag seines Provinzials im Sommer 1586 bei glühender Hitze kreuz und quer durch Spanien, 400 Meilen Weg, im schweren Habit und wollenen Tunik, wie er sie Sommer und Winter hindurch trug. Als Prior in Segovia begann er den Neubau eines Klosters. Aber er war nicht nur Bauführer, sondern half mit eigenen Händen bei der Arbeit, holte Steine von den Felsen herbei – das ganze Jahr hindurch die bloßen Füße nur mit Alpargaten[47] bekleidet.

In dem großen Konflikt innerhalb des Ordens steht er zwischen den feindlichen Brüdern Nicolas Doria und Hieronymus Gratian. Er sieht das Gute und die Fehler auf beiden Seiten und sucht zu vermitteln, aber seine Worte vermögen nichts. Da greift er wieder zur scharfen Disziplin. Bruder Martin, sein Reisegefährte, kann die grausamen Schläge nicht mehr anhören und kommt mit einer brennenden Kerze herbei. Der Heilige erklärt ihm, er sei selbst alt genug, um für sich zu sorgen. Derselbe Bruder Martin pflegt ihn während einer schweren Krankheit und nimmt ihm eine Kette ab, die er sieben Jahre lang getragen hat, um sie ihm nicht mehr zurückzugeben. Beim Ablösen fließt Blut. Dagegen versucht P. Johannes Evangelista, auf einer gemeinsamen Reise vergeblich, ihn zum Ablegen eines Bußkleides zu überreden. Er entdeckt, daß der Heilige, unter dem [256] Habit verborgen, ein Beinkleid mit vielen Knoten trägt, und sagt, das sei eine Grausamkeit, da er so krank sei. „Schweig, mein Sohn“, ist die Antwort; „es ist schon genug Erleichterung zu reiten. Wir dürfen nicht ganz in Ruhe sein“[48].

Während der letzten Krankheit war der gute Bruder Petrus vom hl. Joseph auf den Gedanken verfallen, ihm durch Musik in seinen furchtbaren Schmerzen etwas Ablenkung zu verschaffen. Er bestellte die drei besten Musikanten von Ubeda zu ihm. Sein Biograph Hieronymus vom hl. Joseph berichtet, nach ein paar Augenblicken hätte Johannes sie freundlich entlassen wollen: er meine, es gezieme sich nicht, irdischen Genuß mit himmlischem zu vermischen. Um aber seine Mitbrüder nicht zu betrüben, hätte er die Künstler weiterspielen lassen. Als man ihn jedoch um sein Urteil fragte, mußte er sagen: „Ich habe die Musik nicht gehört; eine andere, tausendmal schönere, hat mich die ganze Zeit in Verzückung gebracht“[49]. Wir können Baruzi wohl verstehen, wenn er der Zeugenaussage mehr Glauben schenkt, die den Heiligen zu seinem Pfleger sagen läßt: „Mein Sohn, gebt ihnen eine Erfrischung und dankt ihnen für den Liebesdienst, den sie mir erwiesen haben, und laßt sie gehen. Es ist nicht vernünftig, wenn ich mit Musik die Zeit der Schmerzen verkürze, die Gott mir gab“[50]. Das entspricht durchaus dem Geist des hl. Vaters Johannes: sein Kreuz ohne Erleichterung bis ans Ende tragen zu wollen. Andererseits hat auch die zweite Hälfte des ersten Berichtes manches für sich: die Rücksicht auf die Mitbrüder paßt gut zu dem Zartsinn des Heiligen; und die himmlische Musik ist nicht von der Hand zu weisen, weil der große Kreuzliebhaber ja offenbar sein ganzes Leben hindurch von der Freigebigkeit Gottes mit Tröstungen aller Art überschüttet wurde. Er bekam wohl gerade darum soviel Süßigkeit zu kosten, weil er nichts als Bitterkeit gesucht hat.

So sehr Johannes körperliche Bußstrenge geübt hat – niemals hat er darin das Ziel gesehen; sie war ihm ein freilich unentbehrliches Mittel: einmal, um den Leib und die Sinnlichkeit völlig in die Gewalt zu bekommen und dadurch nicht gehindert zu werden in der viel wichtigeren inneren Abtötung; sodann um durch das Leiden an [257] körperlichen Schmerzen einzugehen in die Vereinigung mit dem leidenden Erlöser. Daß er viel größeres Gewicht auf die innere Abtötung legte, geht schon daraus hervor, daß die Mahnung dazu in seinen Schriften und Denksprüchen einen viel breiteren Raum einnimmt, wie ja überhaupt das Leibliche im Verhältnis zum Seelischen bei ihm auffallend zurücktritt. Es ist wohl manchmal von den wechselseitigen Einflüssen die Rede, besonders von dem Anteil des Leibes am Gnaden- und Glorienleben, aber in erster Linie ist doch für den Heiligen der Mensch Seele: es ist kennzeichnend, daß er kaum von Menschen spricht, manchmal von Personen, meist aber von Seelen. Er hat selbst auch in deutlichen Worten gesagt, wie er über das Verhältnis der äußeren und der inneren Abtötung denkt: „Die Unterwerfung und der Gehorsam sind eine Buße des Verstandes und des Urteils, und darum sind sie vor Gott ein angenehmeres und wohlgefälligeres Opfer als alle übrigen, körperlichen Bußwerke“[51]. „Körperliche Buße ohne Gehorsam ist höchst unvollkommen, weil die Anfänger dazu nur durch ihr Verlangen angetrieben werden und durch den Geschmack, den sie daran finden: und da sie nur nach ihrem eigenen Willen handeln, werden sie eher an Fehlern als an Tugenden zunehmen“[52]. Erst recht hat er verworfen, wenn Obere den Untergebenen eine übermäßige Bußstrenge auferlegten; er selbst ist darin immer mit weiser Mäßigung vorgegangen und hat wiederholt gutmachen müssen, was andere durch Übereifer verdorben hatten: so wurde er 1572 auf Veranlassung der heiligen Mutter in das Noviziat von Pastrana geschickt, um den Übertreibungen des Novizenmeisters P. Angelus ein Ende zu machen. Als er im Herbst 1578, einige Monate nach der Flucht aus dem Kerker, als Prior in die Einsiedelei auf dem Calvario geschickt wurde, fand er auch dort eine unvernünftige übersteigerte Aszese und sorgte für Milderung. Mit scharfem Blick erkannte er, daß hinter solcher Gewaltsamkeit eine innere Unsicherheit stand. Er sagte Petrus von den Engeln, der sich hier nicht genug tun konnte an Bußstrenge, vor seiner Romreise voraus, daß er als Unbeschuhter hingehe und als Beschuhter zurückkehren werde. Tatsächlich konnte der übereifrige Aszet an dem weichlichen neapolitanischen Hof nicht fest bleiben, während Johannes niemals wankend geworden ist.

Das letztlich Entscheidende ist natürlich auch für das Verhältnis von äußerer und innerer Abtötung nicht die Lehre, sondern das Leben. Wenn wir an die lebenslang geübten Bußwerke des Heiligen [258] denken, so mag es scheinen, als könnten sie durch das reine geistige Kreuz kaum noch überboten werden. Ein eigentlicher Vergleich ist freilich in solchem Fall nicht möglich. Für innere Abtötung, wie für alles rein Geistige, gibt es ja kein zahlenmäßig festlegbares Maß, erst recht kein gemeinsames Maß mit äußeren Werken. Immerhin – wenn wir an die Grundsätze des Heiligen denken, wie er sie im Aufstieg entwickelt hat[53]: nichts genießen, nichts wissen, nichts besitzen, nichts sein! –, dann dürfen wir wohl sagen: das ist das non plus ultra der Entblößung, und auch das Höchstmaß äußerer Werke kann niemals daran reichen. Denn die äußeren Werke allein werden das Selbstbewußtsein eher steigern und keineswegs zum Nichts, zum Tod des Ich führen.

Wie können wir aber beweisen, daß Johannes wirklich selbst zu der vollkommenen geistigen Entblößung gelangt ist, die er forderte? Ist uns nicht das Innere dieses verschwiegenen Heiligen verschlossen? Gewiß, wir können nicht darin lesen wie im Herzen der heiligen Mutter und so vieler anderer, die genötigt waren, die Geschichte ihrer Seele aufzuzeichnen. Indessen verrät sich doch das Herz wider Willen in den Schriften und besonders in den Gedichten. Dazu kommen eine große Anzahl von Zeugenaussagen Mitlebender, die ein starkes und einheitliches Bild der Persönlichkeit ergeben, darunter auch einige, die auf eigenen vertraulichen Mitteilungen des hl. Johannes beruhen; es gab doch einige Menschen, die ihm so nahe standen und so in Gott mit ihm verbunden waren, daß er ihnen etwas von den Geheimnissen seines Inneren erschloß: vor allem sein Bruder Francisco und einige Karmelitinnen[54].

Den reinsten und ungetrübtesten Eindruck geben wohl die Gedichte. In ihnen spricht das Herz selbst. Und es spricht in einigen von ihnen in so lauteren Klängen, als haftete ihm nichts Irdisches mehr an. In einigen – nicht in allen. Das Lied von der Dunklen Nacht ist voll tiefen Friedens. In der seligen Stille dieser Nacht ist von Lärm und Hasten des Tages nichts mehr zu spüren. In der Lebendigen Liebesflamme brennt das Herz im reinsten himmlischen Feuer. Die Welt ist völlig verschwunden. Die Seele umfaßt mit allen Kräften Gott allein. Nur die Wunde zeugt noch von dem Riß zwischen Himmel und Erde.

[259] Die vollkommene Befriedigung der Seele, aus der diese Gesänge aufsteigen, offenbart sich nicht nur im Gedankengehalt, sondern auch in der dichterischen Form. Ihre Stille und Einfalt ist der Naturlaut eines Herzens, das sich in diesen reinen Klängen völlig zwanglos und ohne jedes willkürliche Bemühen öffnet, wie die Nachtigall singt, wie eine Blüte sich erschließt. Sie sind vollendete Kunstwerke, weil nichts von Kunst an ihnen zu spüren ist[55].

Das Gleiche läßt sich wohl nur noch von zwei andern Gedichten sagen: dem Lied vom Hirten (pastorcico) und dem Gesang vom drei faltigen Quell[56]. Doch sind sie in Gehalt und Form von den beiden andern Gesängen und auch von einander verschieden. Im Hirtenlied kommt nicht unmittelbar die Bewegung der Seele zum Ausdruck. Der Dichter hat ein Bild geschaut und in eine künstlerische Form gefaßt. Er sieht Christus den Gekreuzigten, er hört Seine Klage um die Seelen, die „Seine Liebe stolz gemieden“. Er formt daraus ein Hirtenlied, wie seine Zeit es liebt, wie er es im großen Stil auch in seinem Cantico geschaffen hat. Wenn dort das Hohenlied die Anregung gab – hat hier nicht der Gedanke an den Guten Hirten mitgewirkt, der Sein Leben läßt für Seine Schafe? (Joan. 10) Und ist die Klage des Hirten über die spröde Hirtin nicht ein Widerhall jenes schmerzlichen Rufes, als der Heiland um Jerusalem weinte? (Matth. 23,37) Die immer wiederkehrenden Worte El pecho del amor muy lastimado („Das Herz belastet von der Liebe Plagen“) geben die Grundstimmung. Sie kommen aus einem Herzen, das sich selbst vergessen hat und eingegangen ist in das Herz des Erlösers. Es ist das reine Leiden einer von sich selbst befreiten und mit dem Gekreuzigten vereinten Seele, das daraus spricht. (Damit stimmt der Bericht überein, daß er in Segovia während einer Karwoche unfähig war, das Haus zu verlassen, weil er so sehr vom Mitleiden der Passion ergriffen war[57].)

Im Lied vom Urquell singt die Seele wieder von etwas, was sie selbst im Innersten bewegt, wie in der Dunklen Nacht und in der Liebesflamme. Aber was sie bewegt, ist nicht wie dort ihr eigenes Geschick, sondern das innerste Leben der Gottheit, wie es ihr der Glaube offenbart: der ewige flutende Quell, dem alle Wesen entstammen, der ihnen allen Licht und Leben spendet; der aus sich [260] seinen ihm gleichen Strom gebiert und mit dem zweiten gemeinsam einen dritten von gleicher Fülle hervorbringt. Das Lied, das von diesen Wahrheiten singt, ist durchaus keine Gedankendichtung. Es singt wirklich, in reinsten musikalischen Klängen. Die Glaubenslehre ist darin fließendes Leben geworden: das ewige Meer wogt in ruhigem Wellenschlag in der Seele und singt sein Lied darin. Und jedesmal, wenn es an das Ufer schlägt, gibt es einen dunklen Widerhall: Aunque es de noche („Obgleich’s bei Nacht ist“). Die Seele ist begrenzt – sie kann das unendliche Meer nicht fassen. Ihr Geistesauge ist dem himmlischen Licht nicht angepaßt – es erscheint ihr als Dunkel. Und so lebt sie mitten in der Vereinigung mit dem Dreieinigen, selbst im Genuß des Lebensbrotes, worin Er sich ihr mitteilt, ein Leben der Sehnsucht: Porque es de noche („Weil es bei Nacht ist“). Das Wesen der dunklen Beschauung ist in diesen Versen ausgesprochen.

Das Gedicht Vivo sin vivir en mí[58] („Ohn’ in mir zu leben, leb’ ich“) bringt in seinem Leitmotiv fast denselben Gedanken zum Ausdruck: Que muero porque no muero („Und ich sterb’ darum, weil ich nicht sterbe“). Das Leitmotiv ist aber hier nicht wie im Urquell und im Hirten eine Melodie, die unwillkürlich immer wieder aus der Tiefe des Herzens aufsteigt. Es ist ein Thema, das in Variationen behandelt wird. Der diese kunstvollen Strophen baut, ist sich seiner Kunst bewußt. Er spielt mit seinem Thema: die Todespein dieses Lebens, das nicht das wahre Leben ist, sie ist nicht die lebendige, die sich selbst im Lied ausspricht – es ist ihr Widerschein im rückschauenden Denken, in der Reflexion, den der Dichter auffängt. Seine Kräfte sind noch in Tätigkeit. Und weil seine Seele noch nicht geeint ist in völlig rückhaltloser Hingabe, darum herrscht in ihr noch die Furcht, Gott zu verlieren, darum klagt sie noch über ihre Sünden und empfindet sie als starke Bande, die sie an dieses Leben fesseln.

Formal ähnlich scheint es noch bei mehreren anderen Gedichten zu liegen, die ein Leitmotiv behandeln und als Kehrreim wiederholen. Es ist nicht möglich, hier auf alle einzugehen. Nur auf den Geistlichen Gesang müssen wir in diesem Zusammenhang noch einmal zurückkommen. P. Silverio[59] nennt es die erste und zugleich die schönste unter den Dichtungen, und wirklich sind manche Strophen von unvergleichlichem Zauber. Wir haben uns auch klar gemacht, daß die Fülle der Bilder durch das beherrschende Brautsymbol [261] zur Einheit verbunden ist[60]. Aber es kann doch nicht behauptet werden, daß diese ganze Bilderpracht ohne willkürlich gestaltendes Eingreifen aus der Tiefe der Seele emporsteige. Vieles ist hier gedanklich und künstlich geformt, mancher Vergleich von weither beigeholt. Und diese Mannigfaltigkeit der Bilder und Gedanken entspricht dem Gehalt: der Unruhe eines bewegten inneren Entwicklungsgangs. Stellen wir diesen Gesang nach Inhalt und Form den vier zuerst besprochenen gegenüber, so geben alle zusammen uns eine Antwort auf die Frage, wie der Heilige die innere Abtötung geübt haben mag: seine Seele ist zur völligen Lösung von sich selbst, zur Einfalt und Stille in der Vereinigung mit Gott gelangt. Aber das war die Frucht einer inneren Läuterung, in der eine reich begabte Natur sich selbst mit dem Kreuz belud und sich Gottes Hand zur Kreuzigung auslieferte; ein Geist von höchster Kraft und Lebendigkeit hat sich gefangen gegeben, ein Herz voll leidenschaftlicher Glut ist in radikalem Verzicht zur Ruhe gekommen. Die Zeugenberichte bestätigen dieses Ergebnis.

Alles tat Johannes „mit wunderbarer Gemütsruhe und Würde“, schreibt P. Elisäus von den Martyrern[61]. „In seinem Umgang und seiner Unterhaltung war er entgegenkommend, sehr geistvoll und fördernd für die Menschen, die ihn hörten und sich mit ihm besprachen. Er war darin so einzigartig und fruchtbar anregend, daß die, die mit ihm verkehrten, ihn, geistig bereichert, voll Andacht und begeistert für die Tugend, verließen. Er hatte eine hohe Auffassung vom Gebet und dem Umgang mit Gott, und auf alle Zweifel, die man ihm über diese Gegenstände vorlegte, antwortete er mit so hoher Weisheit, daß er alle, die ihn um Rat fragten, sehr befriedigt und gefördert entließ. Er war ein Freund der Sammlung und der Wortkargkeit; er lachte selten und sehr gemäßigt“. „Er verharrte beständig im Gebet und in der Gegenwart Gottes, in Gemütserhebungen und Stoßgebeten“[62]. Niemals erhob er seine Stimme, er kannte keine groben und flachen Scherze, gab niemals jemandem einen Spitznahmen. Alle Menschen behandelte er mit gleicher Ehrfurcht. In seiner Gegenwart durfte niemand über andere sprechen außer zum Lob. Selbst in der Rekreation sprach er nur von geistlichen Dingen, und solange er redete, fiel es niemandem andern ein, etwas zu sagen. Auch am Ende der Mahlzeit knüpfte er ein geistliches Gespräch an und hielt alle festgebannt in der Haltung, in der sie gerade waren. Überhaupt war sein Einfluß auf andere erstaunlich. [262] Schon bei den Beschuhten war sein Erscheinen eine Mahnung zum Stillschweigen. Mit einem kurzen Satz konnte er Beängstigungen und Versuchungen für immer zum Schweigen bringen[63]. Er war auch groß in der Unterscheidung der Geister: Postulanten, die um Aufnahme in den Orden baten, schickte er manchmal weg, wenn sie den andern durchaus geeignet schienen, oder nahm sie auf, wenn andere Bedenken hatten, weil vor ihm offen lag, was für das gewöhnliche menschliche Urteil verborgen war[64]. Eine Karmelitin machte er in der Beichte auf einen lange zurückliegenden schweren Fehler aufmerksam, den sie niemals durchschaut und darum auch nicht bekannt hatte[65]. Hierher gehört auch die bekannte Erzählung der hl. Mutter, daß er ihr bei der Austeilung der hl. Kommunion im Kloster der Menschwerdung eine halbe Hostie reichte, offenbar um sie abzutöten, weil er ihre Vorliebe für große Hostien kannte[66]. Noch strenger zeigte er sich gegenüber M. Katharina vom hl. Albert in Beas. Sie hatte erklärt, daß sie sicher sei, an einem bestimmten Tage zu kommunizieren, an dem es üblich war, die hl. Kommunion zu empfangen. Als dieser Tag kam, überging sie Johannes bei der Austeilung, auch als sie ein zweites und drittes Mal wiederkehrte; und als man ihn nach dem Grund fragte, erklärte er: „Die Schwester hielt dies für sicher; und ich handelte so, damit sie begreifen lernt, daß das, was wir uns einbilden, keineswegs gesichert ist“[67]. In beiden Fällen beruht das Vorgehen des Heiligen offenbar auf Erkenntnis dessen, was den Seelen notwendig war, um von Unvollkommenheiten freizuwerden. Dieser übernatürlich geschärfte Blick ist gepaart mit einer unbeugsamen Entschiedenheit, die auch nicht als bloß natürliche Eigenschaft anzusehen ist. Wir wissen, mit welcher Ehrfurcht und Lebe er zu unserer heiligen Mutter aufschaute – wie hätte der demütige junge Ordensmann es gewagt, der bejahrten Stifterin so zu begegnen, wenn nicht die Kraft des Heiligen Geistes ihm die Stärke dazu verliehen hätte? Wie hätte der gütige und sanftmütige Heilige aus sich auf so empfindliche und demütige Weise belehren können wie in jenem Fall in Beas? Freilich: auch diese Güte und Sanftmut sind nicht als reine Naturgaben anzusehen. Wir wissen aus den scharfen Äußerungen über unerfahrene und [263] gewalttätige Seelenführer, wie sie aus der Lebendigen Liebesflamme angeführt werden und auch noch an anderen Stellen zu finden sind, daß Johannes von Natur aus keine Taube ohne Galle war. Seine Schilderungen gewisser Frömmigkeitstypen in den letzten Kapiteln des Aufstiegs sind von einer Ironie, die im persönlichen Verkehr sehr verletzend hätte sein können. Wenn er weder als Oberer in Umgang mit den Untergebenen noch in den Stunden der Rekreation davon Gebrauch machte, so beweist dies, daß er über seine Natur völlig Herr geworden war. Er hat getreu seiner Lehre gelebt. Wenn wir seine Aussprüche über die Tugenden und Gaben mit den Aussagen über sein Verhalten vergleichen, so finden wir die vollkommenste Übereinstimmung.

Er verlangte einen Glauben, der sich rein an die Lehre Christi und Seiner Kirche hält und keine Stütze in außerordentlichen Offenbarungen sucht. Während des Kapitels von Lissabon gingen viele, auch ernsthafte Patres eine Nonne besuchen, von deren Wundmalen viel Aufsehens gemacht wurde. Sie bewahrten kleine Stückchen Tuch mit Blut aus diesen Wunden wie Reliquien. Johannes gab nichts auf diese Dinge und ging auch nicht hin. Als er später in Granada während der Rekreation gefragt wurde, ob er die Stigmatisierte gesehen habe, antwortete er: „Ich habe sie nicht gesehen und wollte sie nicht sehen, denn ich würde mich sehr betrüben über meinen Glauben, wenn er durch das Sehen solcher Dinge auch nur ein wenig wachsen sollte....“[68] Sein Glaube gewann „aus den Wundmalen Jesu Christi mehr als aus allen geschaffenen Dingen“ und bedurfte keiner anderen Wundmale[69].

Johannes wollte eine Hoffnung, die „unablässig auf Gott gerichtet ist, ohne ihre Augen einer andern Sache zuzuwenden“, und war überzeugt, daß eine solche Seele „erreicht, soviel sie hofft“[70]. P. Juan Evangelista bezeugt, in den acht oder neun Jahren, die er mit dem Heiligen zusammenlebte, habe er immer gesehen, daß er ganz in der Hoffnung lebte und davon getragen wurde. Besonders konnte er sich als Prokurator in Granada davon überzeugen, während Johannes Prior war. Eines Tages fehlte ihm das Nötige für den Konvent und er bat um Erlaubnis, ausgehen zu dürfen, um es zu beschaffen. Er wurde ermahnt, er solle auf Gott vertrauen, es werde ihnen nichts mangeln. Nach einiger Zeit kehrte er zurück und drängte, es sei schon spät und er habe Kranke, für die er sorgen müsse. Der Heilige schickte ihn in seine Zelle, um von Gott zu erbitten, was er brauchte. [264] Er gehorchte wieder, eilte aber nach einer Weile zum drittenmal ins Priorat und erklärte: „Vater, das heißt Gott versuchen, geben Euer Hochwürden mir Erlaubnis zu gehen...., es ist schon sehr spät“. Diesmal erhielt er die Erlaubnis, aber in der Form: „Geh, und du sollst sehen, wie Gott deinen Mangel an Glauben und Hoffnung beschämen wird“. Tatsächlich wurde das Nötige ins Haus gebracht, als er sich gerade auf den Weg machen wollte. Ähnliches hat er noch in anderen Fällen erfahren[71].

Über die Liebe zu sprechen, ist kaum noch nötig: die ganze Lehre des Heiligen ist ja eine Lehre der Liebe, eine Anweisung, wie die Seele dahin gelangen kann, umgeformt zu werden in Gott, der die Liebe ist. Alles kommt auf die Liebe an, da wir am Ende nach der Liebe gerichtet werden. Und sein ganzes Leben ist ein Leben der Liebe: innigste Verbundenheit mit den nächsten Angehörigen in der Liebe zu Gott; selbstvergessene, hingebende Fürsorge für die Kranken; väterliche Güte gegenüber den Untergebenen; unermüdliche Geduld mit Beichtkindern jeder Art; Ehrfurcht gegenüber den Seelen; brennendes Verlangen, sie freizumachen für Gott; feinstes Unterscheidungsvermögen für die Mannigfaltigkeit der göttlichen Führungen, darum zarteste Anpassung an die verschiedenen Anregungen: er führt die Novizen hinaus ins Freie, läßt jeden nach Belieben einen einsamen Platz aussuchen, um da nach Gottes Eingebung zu weinen, zu singen oder zu beten[72]. Auch für seine Feinde hat er kein scharfes Wort. Was sie ihm antun, ist ihm nur Gottes Wirken. Es wird davon noch die Rede sein. All diese verschiedenen Formen der Nächstenliebe aber haben ihre Wurzel in der Gottesliebe und in der Liebe zum Gekreuzigten. Wir haben es ja immer wieder gesehen, daß ihm Liebe wesentlich „Übung vollkommener Entsagung und Leiden für den Geliebten“ ist[73]; wie er das im Leben betätigt hat, ist schon vielfach gezeigt worden und wird noch im Folgenden deutlich werden.

Die Übereinstimmung von Lehre und Leben soll nur noch an einem bedeutsamen Punkt gezeigt werden: Johannes hat in seinen Schriften immer wieder betont, daß man nicht nur auf alle natürlichen Erkenntnisse und Genüsse verzichten müsse, sondern auch auf alle übernatürlichen Gunstbezeugungen Gottes – Visionen, Offenbarungen, Tröstungen u.dgl. –, um über alles Faßbare hinaus im dunklen Glauben dem unfaßlichen Gott selbst entgegenzugehen. Die Zeugenaussagen aus den verschiedensten Zeiten seines Lebens [265] weisen darauf hin, daß der Heilige mit außerordentlichen Gnadenerweisungen überschüttet worden ist. Sie lassen aber auch erkennen, daß er sich mit aller Kraft dagegen zu wehren suchte. Wenn er in Segovia durchs Haus ging, oft selbst während eines Geprächs, schlug er heimlich mit der Faust gegen die Wand, um sich vor der Ekstase zu schützen und den Faden der Unterhaltung nicht zu verlieren[74].

Mutter Anna vom hl. Albertus vertraute er an: „Meine Tochter, ich halte meine Seele immer im Innern der Allerheiligsten Dreifaltigkeit; mein Herr Jesus Christus will, daß ich sie dort halte“. Aber er empfängt oft so übergroßen Trost, daß er meint, seine schwache Natur müsse darunter erliegen, und es nicht wagt, sich der vollkommenen Sammlung zu überlassen. Es ist schon erwähnt worden, daß er sich tagelang das hl. Meßopfer versagte, aus Furcht, daß ihm dabei etwas Außerordentliches begegnen werde[75]. Immer wieder klagt er über diese „schwache Natur“ – zu schwach, um ein Übermaß der Gnade zu tragen, aber stark genug, um das Kreuz in jeglicher Form zu suchen und zu begehren. Der Herr hat es auch daran nicht fehlen lassen.

Wirksamer als die Abtötung, die man nach eigener Wahl übt, ist das Kreuz, das Gott einem auflegt, äußerlich und innerlich. Wie der Weg des Heilands so ist auch der Seines treuen Dieners vom Anfang bis zum Ende ein Kreuzweg gewesen: drückende Not und Armut in den ersten Kinderjahren, vergebliche Anstrengungen, der Mutter in dem harten Existenzkampf beizustehen, dann eine Berufsarbeit, die körperlich und seelisch den äußersten Einsatz der Kräfte und beständige Überwindung fordert: das sind die Anfänge der Kreuzesschule. Es folgen die Enttäuschungen über den Geist des Ordens, in den Gottes Ruf ihn führte, sicherlich Zweifel und innere Kämpfe vor dem Entschluß, zur Kartause überzugehen, und nach dem glücklichen Beginn der Reform in Durvelo eine Kette schwerster Prüfungen und Leiden im Kampf um sein Ideal.

Im Leben des Herrn waren sicher die glücklichsten Stunden die in stiller Nacht, in einsamer Zwiesprache mit dem Vater. Aber sie waren nur das Atemholen nach einer Wirksamkeit, die ihn mitten ins Gewühl der Menschen stellte und ihm das Gemisch von menschlicher Schwäche, Gemeinheit und Bosheit als Trank von Essig und Galle täglich und stündlich reichte. Auch Johannes kannte die Seligkeit stiller Nachtstunden, die Zwiesprache mit Gott unter freiem Himmel. Als Rektor des Kollegs von Baëza hat er ein Stück Land [266] am Fluß erworben. Tagelang ist er dort mit Johannes von der hl. Anna. Die Nacht verbringt er allein im Gebet, aber manchmal holt er seinen Gefährten, geht mit ihm an den Fluß und spricht mit ihm von der Schönheit des Himmels, des Mondes und der Sterne[76]. Auch als Prior von Segovia hat er eine solche Oase: eine hochgelegene Einsiedelei mit weitem Ausblick. Dorthin zog er sich zurück, sooft die Geschäfte es gestatteten[77]. Still und einsam dem Gebet zu leben, das war seine Sehnsucht von den Jugendjahren bis ans Ende. Aber die meiste Zeit seines Lebens war auch er mit Amtspflichten überladen. Und wie er dem Heiland gefolgt ist in der liebevollen Fürsorge für die Kranken (auch mit dem carisma wunderbarer Heilungen), so geht er ihm nach in der aufopfernden Hirtensorge für die Seelen. Solange er Rektor in Baëza war, wurde nach seinem Beispiel von morgens bis abends Beichte gehört. Er stand jedem zur Verfügung. Einmal bat ihn der Pförtner, Bruder Martin, um einen „friedlichen Beichtvater“ für einen Verwandten, einen leichtsinnigen Hauptmann. Er ging selbst hin und bekehrte diesen Weltmenschen so gründlich, daß er nun „Tag und Nacht“ ins Kloster kam, um an den geistlichen Übungen teilzunehmen[78]. Er hatte eine unerschöpfliche Geduld für Skrupulanten, die niemand anders mehr anhören wollte. Seinem liebenden Herzen war es der größte Schmerz zu sehen, wie Seelen irregeleitet und tyrannisiert werden durch unkundige und gewalttätige Führer. Ihnen gegenüber findet der sanfte und gütige Heilige so schneidend scharfe Worte wie der Heiland gegenüber den Pharisäern. In der Lebendigen Liebesflamme unterbricht er die Darstellung der Salbungen des Geistes, die als nächste Vorbereitung für die Vereinigung mit Gott verliehen werden, durch eine lange Auseinandersetzung über die geistlichen Führer: „.... Das Mitleid und der Jammer meines Herzens beim Anblick so mancher Seelen, die von ihrer Höhe wieder herabsinken, ist so groß, daß ich nicht zur Ruhe komme....“ Der geistliche Führer „muß weise und klug sein, aber auch Erfahrung besitzen...., fehlt ihm die Erfahrung in rein geistigen Dingen, dann wird er in der Leitung der Seele, wenn sie von Gott damit begnadigt wird, nicht zurechtkommen.... Auf diese Weise fügen viele geistliche Führer so manchen Seelen großen Schaden zu.... Da ihr Wissen über die Anfangsgründe nicht hinausgeht – und gebe Gott, daß sie davon eine richtige Kenntnis hätten –, so wollen sie nicht erlauben, daß die Seele, die Gott zu Höherem erheben will, die Betrachtungsweise der Anfänger [267] verlasse....“[79] „Wenn eine rohe und unerfahrene Hand an einem äußerst kunstvollen Gemälde schlechte und unpassende Farben anbrächte, so wäre das ein größerer und bedeutenderer Schaden, als wenn sie viele andere Bilder von mittelmäßiger Kunst verderben würde; und auch der Heilige Geist malte mit zarter Hand, und eine plumpe Hand verdarb sein Werk. Wer wird es vermögen, das Geschehene ungeschehen zu machen? .... Wie oft salbt nicht Gott die beschauliche Seele mit einer überaus zarten Salbung, einer liebenden, ruhigen, friedvollen, ganz einzigen, über alles Sinnen und Denken erhabenen Erkenntnis....: und da kommt ein geistlicher Führer, der wie ein Grobschmied mit den Seelenkräften nur zu hämmern und zu schlagen weiß .... und der Seele sogleich befiehlt: Fort, laß all diese Dinge, sie sind nur Müßiggang und Zeitverlust....“[80] Wenn solchen Führern die nötige Kenntnis mangelt, „dann sollten sie sich auch nicht unterfangen, ihre plumpe Hand an ein Werk zu legen, das sie nicht verstehen, sondern es einem andern überlassen, der die nötige Kenntnis dafür hat. Und es ist keine kleine Verantwortung und kein geringes Unrecht, wenn man die Schuld trägt, daß eine Seele vermessener Ratschläge wegen unschätzbare Güter verliert und manchmal ganz vom Ziel abkommt. Wer darum aus Vermessenheit sich täuscht, .... wird je nach dem Schaden, den er anrichtet, zur Rechenschaft gezogen werden. Denn die Angelegenheiten Gottes muß man mit großer Behutsamkeit und Vorsicht behandeln, besonders solche, die so wichtige Dinge und ein so erhabenes Amt wie die Seelenleitung betreffen, bei der die richtige Behandlung unermeßlichen Gewinn, Fehlgriffe aber unübersehbaren Schaden verursachen“[81]. Völlig unentschuldbar aber ist ein Führer, der „die Leitung einer Seele .... aus eitlen Rücksichten und Absichten .... nicht aus seiner Gewalt läßt“, wenn sie eine höhere Unterweisung als die seine nötig hat. „Nicht jeder, der einen Balken abhobeln kann, hat auch das Verständnis, ein Bild daraus zu fertigen, und wer ein Bild zu schnitzen vermag, weiß es nicht auszuarbeiten und zu polieren. Und nicht jeder, der die Feinarbeit versteht, kann es auch bemalen, sowie nicht jeder, der es zu bemalen weiß, die letzte vollendende Hand daran zu legen vermag.... Wärest du nicht mehr als ein Grobarbeiter, der die Seele nur bis zur Verachtung der Welt, zur Ertötung ihrer Leidenschaften und Neigungen führen kann, oder wärest du ein guter Bildschnitzer, der ihr zu heiligen Betrachtungen Anleitung geben kann, und verständest du [268] nicht mehr – wie wolltest du der Seele die letzte Vollendung .... geben, die .... im Werke Gottes besteht.... Gott führt die Seelen auf verschiedenen Wegen.... Wo findet sich aber der Mann, der wie St. Paulus allen alles wird, um alle zu gewinnen? (1 Cor. 9,22) Auf diese Weise tyrannisierst du die Seelen und beraubst sie der Freiheit....“[82] Ebenso hat Johannes, der selbst als Oberer durch hingebende Güte alle Herzen gewann, der einen notwendigen Tadel nur mit Milde und väterlicher Liebe aussprach, sich entschieden gegen ein brutales Regimentführen gewendet: „Wenn .... in einem Orden die christliche und monastische Höflichkeit .... abhanden gekommen ist und wenn statt dessen die Oberen sich ungehobelt und brutal benehmen...., so soll man den Orden als verloren beweinen“[83].

Es ist die schmerzliche Sorge um die Seelen, die dem Heiligen diese scharfen Worte eingibt. Christus hat die Seelen mit Seinem Leiden und Sterben erkauft, jede einzelne ist Ihm und Seinem treuen Jünger unendlich teuer. Auserwählten Seelen Lebensbedingungen zu verschaffen, in denen Gottes vollendende Hand ungestört ihr Werk an ihnen verrichten konnte, das war das Ziel der Reform. Wir wissen, welche Leiden Johannes freudig auf sich genommen hat, als dieses Werk Gottes von äußeren Feinden bedroht war. Vielleicht hat seine Seele noch mehr gelitten, als innerhalb des reformierten Ordens selbst ein Geist zur Herrschaft kam, der Gottes Wirken in den Seelen bedrohte. Die Gefahr kam von entgegengesetzten Seiten: P. Hieronymus drängte zu äußerer Tätigkeit in den Missionen. Es fehlte Johannes gewiß nicht an Sinn für das Apostolat in den Heidenländern. Es ging ihm sehr zu Herzen, daß „unser wahrer Gott und Herr“ noch in fast allen Teilen der Welt unbekannt war und nur in einem so kleinen Teil bekannt[84]. Aber er wollte keine äußere Tätigkeit auf Kosten der Sammlung. Nicolas Doria vertrat das entgegengesetzte Extrem: er wollte Einsamkeit und Bußstrenge, aber er ging darauf aus, dies Ideal starr festzulegen, eben das widersprach aber dem Geist der hl. Mutter und ihres ersten Gefährten, es widersprach dem Geist Gottes selbst, der weht, wo er will. Teresia hatte selbst soviel unter mangelndem Verständnis unerfahrener Beichtväter gelitten; darum hatte sie in ihren Konstitutionen für ihre Töchter die Freiheit der Aussprache mit Geistesmännern, denen sie Vertrauen schenken konnten, gesichert. Nicolas Doria wollte ihnen die Freiheit nehmen. Seit 1585 Provinzial, mit weitgehenden Vollmachten [269] von Rom ausgestattet, führte er eine zentralistische Verfassung ein: einen Generalrat, der Prioren, Prediger und Beichtväter zu ernennen hatte. Mit Teresias großen Töchtern Anna von Jesus und Maria vom hl. Joseph und mit den alten Freunden der Reform Luis de Leon Dominicus Bañez kämpfte Johannes für das Erbe der hl. Stifterin. Es waren ja auch seine Töchter, um deren inneres Leben es ging. In Avila, in Beas, in Caravaca, Granada und Segovia war unter seiner sorgsamen Pflege, seiner zugleich zarten und festen Hand in so vielen Seelen eine Blütenpracht entsprossen, wie er sie in seinem Brautgesang geschildert hat. Mußte es ihm nicht wie ein Scheitern seines Lebenswerkes vorkommen, wenn jetzt der Hagelschauer der Verfolgung auf diese Paradiesgärten niederfiel?

Er ist auf dem Kapitel zu Madrid dem Provinzial mit aller Bestimmtheit entgegengetreten, getreu seinem Grundsatz: „.... Wagt es niemand, die Oberen aufmerksam zu machen noch Einwendungen vorzubringen, wenn sie fehlen, .... trauen sich jene, die Einfluß haben und durch das Gesetz der Liebe und Gerechtigkeit dazu verpflichtet sind, nicht...., Einsprache zu erheben...., dann halte man den Orden für verloren....“ Dafür wurden ihm alle Ämter genommen und damit jede Macht, durch äußeres Eingreifen zu helfen. Man ging darauf aus, seine persönliche Ehre anzutasten und Handhaben zu bekommen, um ihn aus seinem Orden auszustoßen. Er bewahrte die vollkommenste Seelenruhe. Jetzt zeigt es sich, daß es echt war als er die Bitte aussprach, leiden zu dürfen und für nichts geachtet zu werden um des Herrn willen; daß es keine leeren Worte waren, als er schrieb, Christus habe am meisten gewirkt, da Er am Kreuz hing[85]. Nach dem Zeugnis des P. Elisäus von den Martyrern hat er einst bei der Auslegung der Paulusstelle: „Die Erweise meines Apostelamtes sind doch unter euch erbracht durch alle Geduld, durch Zeichen und Wunder und Kraft“ (2 Cor. 12,12) angemerkt, daß der Apostel die Geduld vor den Wundern anführe. „Damit wollte er sagen, daß die Geduld ein viel sichereres Zeichen des apostolischen Mannes sei als die Erweckung der Toten. Und ich kann versichern, daß Johannes vom Kreuz in dieser Tugend ein apostolischer Mann gewesen ist; denn er hat die Beschwerden, die über ihn kamen, mit unvergleichlicher Geduld und Ergebung getragen; und sie waren doch so empfindlich, daß sie die Zedern des Libanon stürzen konnten“[86].

Einen klaren Einblick in die Seelenverfassung des Heiligen gewähren [270] seine Briefe vom Kapitel zu Madrid, nachdem er bei allen Wahlen übergangen war. An Mutter Anna von Jesus[87] schrieb er am 6. Juli 1591: „Wenn die Angelegenheiten auch nicht den Ausgang genommen haben, den Sie wünschten, so müssen Sie sich doch trösten und Gott von Herzen danken. Denn Seine Majestät hat es so gefügt, und darum ist es für uns alle das Beste; wir müssen Ihr nur unsern Willen unterwerfen, damit es uns so erscheint, wie es in Wirklichkeit ist: die unangenehmen Dinge scheinen uns schlimm und widerwärtig, wenn sie auch noch so gut und vorteilhaft sind; und diese Sache ist es doch offenbar nicht, weder für mich noch für irgend jemand sonst; denn was mich anlangt, ist sie höchst segensreich: befreit von der Sorge für die Seelen kann ich mich, wenn ich will, durch die Gnade Gottes des Friedens erfreuen, der Einsamkeit und der köstlichen Frucht des Vergessens meiner selbst und aller Dinge. Auch für die übrigen ist es gut...., denn sie werden so frei bleiben von den Fehlern, die sie meiner Armseligkeit wegen begangen hätten....“[88]

Zugleich richtete er an Maria von der Menschwerdung, die Tochter der Mutter Anna, die damals Priorin in Segovia war, die Bitte: „Um meinetwillen, meine Tochter, dürfen Sie sich nicht betrüben, da auch ich nicht betrübt bin. Was mich sehr schmerzt, ist, daß man jemandem die Schuld gibt, der keine hat. Denn diese Dinge kommen nicht von den Menschen, sondern von Gott, der weiß, was für uns gut ist, und sie zu unserm Besten lenkt. Denken Sie nichts anderes, als daß Gott alles gefügt hat. Wo keine Liebe ist, da legen Sie Liebe hinein und Sie werden Liebe daraus schöpfen....“[89]

Der so sprechen konnte, war innerlich dem Gekreuzigten gleichförmig geworden. Es war an der Zeit, daß er es auch äußerlich wurde und den Kreuzestod der Liebe sterben durfte. Nun sollten ihm seine letzten Wünsche erfüllt werden:

„Ich begehre nur, daß der Tod mich finde an einem abgelegenen Ort, fern von allem Umgang mit Menschen, ohne Klosterbrüder, die ich leiten müßte, ohne Freude, die mich trösten könnte, heimgesucht von allen Peinen und Schmerzen. Ich wollte, daß Gott mich prüfte als Dienstknecht, nachdem Er die Zähigkeit meines Charakters sooft erprobt hat in meiner Arbeit; ich wollte, daß Er mich heimsuchte in Krankheit, wie Er mich in Versuchung gebracht hat durch Gesundheit und Kraft; ich wollte, daß Er mich in Versuchung kommen [271] ließe durch Schande, wie Er mich der Verführung aussetzte durch den guten Namen, den ich selbst bei meinen Feinden hatte. Herr, geruhe das Haupt Deines unwürdigen Dieners mit dem Martyrium zu krönen....“[90]

Auf dem Kapitel zu Madrid wurde ihm die Einöde von la Peñuela als Aufenthaltsort zugewiesen. Das bedeutete für ihn keine Strafe. Dort hoffte er ja die ersehnte Einsamkeit zu finden. Immerhin darf man nicht denken, daß die Auseinandersetzungen und Beschlüsse von Madrid ihn nicht im Innersten bewegt und getroffen hätten. Auf dem Wege von Madrid nach la Peñuela kam er eines Morgens um 4 Uhr mit P. Elias vom hl. Martin in Toledo an. Beide zelebrierten und schlossen sich dann miteinander ein. Ohne etwas zu genießen, blieben sie zusammen bis tief in die Nacht. Dann erklärte Johannes vor allen, er gehe sehr getröstet fort und sei kraft der Gnade, die Gott ihm an diesem Tage gewährt habe, bereit, jedes beliebige Leiden zu ertragen[91]. War es nicht eine Gethsemani-Nacht, in der ihm der Herr einen Trostengel sandte? Alle harten Bußwerke seines Lebens, alle Verfolgungen, auch die Kerkerhaft in Toledo und die unfreundliche Behandlung durch den Prior von Ubeda, all das – so meint P. Silverio[92] – sind kaum mehr als Schattenbilder von Leid im Vergleich zu dem, das ihm die Einrichtung der berühmten consulta bereitete. Menschlich gesehen lag sein Lebenswerk zertrümmert hinter ihm, als er sich auf den Weg nach la Peñuela begab – so wie beim Heiland, als Er sich binden und vom Ölberg nach Jerusalem führen ließ.

Die Bergeinsamkeit von la Peñuela, das ist noch eine Atempause stillen Gebets vor dem Aufstieg nach Calvaria[93]. Allerdings überläßt man ihn hier nicht ganz sich selbst. Die Mönche sind glücklich, den Vater der Reform bei sich zu haben. Der Prior bittet ihn, die geistliche Leitung aller zu übernehmen. In der Rekreation ist er bei ihnen. Aber man merkt es ihm an, daß er bis zur Stunde der Rekreation beständig im Gebet war. Schon vor Tagesanbruch geht er in den Garten, kniet zwischen den Weiden am Bach nieder und bleibt im Gebet, bis die warme Sonne ihn mahnt, daß es Zeit ist zum hl. Opfer. Nachdem er zelebriert hat, zieht er sich in seine Zelle zurück und widmet dort alle Zeit dem Gebet, wenn nicht Pflichten des gemeinschaftlichen Lebens ihn abrufen. [272] Manchmal begibt er sich auch in eine Einsiedelei und verweilt da wie verzückt in Gott. Der Zeuge erwähnt auch, daß er sich noch bisweilen mit dem Schreiben geistlicher Bücher beschäftigt habe. (Was damit gemeint ist, wissen wir nicht. Die bekannten großen Traktate waren schon früher abgefaßt.) Die Felsen waren ihm eine liebe Gesellschaft. „Wundert euch nicht, wenn ich mit ihnen umgehe“, sagt er, „ich habe dann weniger zu beichten, als wenn ich mit Menschen verkehre“[94]. Was aus der Welt zu ihm drang, war wohl geeignet, Sammlung und Gleichmut zu zerstören. P. Johannes Evangelista berichtete ihm brieflich von den Übergriffen, die sich P. Diego Evangelista in den Karmelitinnenklöstern Andalusiens erlaubte, um von den Schwestern belastende Aussagen über den Heiligen zu erpressen. (Damals mußte Schwester Augustina vom hl. Joseph in Granada eine große Sammlung von Briefen des Heiligen – die Schwestern schätzten sie „wie die Briefe des hl. Paulus“ – und Hefte mit Aufzeichnungen nach seinen geistlichen Vorträgen und Gesprächen verbrennen, um sie nicht in Diegos Hände fallen zu lassen.) Nicolas Doria erklärte auf die Klagen, die bei ihm einliefen, der Visitator habe keinen Auftrag gehabt, so vorzugehen, aber er bestrafte ihn nicht. Er war sein vertrauter Freund und blieb es. Johannes hatte diesen Diego früher scharf zurechtgewiesen, weil er sich monatelang außerhalb seines Klosters aufhielt um zu predigen. Nun wollte er die günstige Zeit ausnützen, um sich zu rächen. Einige Monate später – nach dem Tode des Heiligen – erklärte er: „Wenn er nicht gestorben wäre, hätte man ihm den Habit genommen und ihn aus dem Orden ausgestoßen“. Einige treue Söhne des Vaters der Reform hatten das gefürchtet, Johannes von der hl. Anna hatte es ihm geschrieben. Er erhielt die Antwort: „.... Mein Sohn, machen Sie sich darum keine Sorgen; den Habit kann man jemandem nur nehmen, wenn er es verweigert, sich zu bessern oder zu gehorchen; nun, ich für meinen Teil bin durchaus bereit, alle meine Verfehlungen gut zu machen und zu gehorchen, welche Buße man mir auch auferlegen mag“. Und an Johannes Evangelista schrieb er: „Meine Seele ist weit davon entfernt, unter all dem zu leiden; im Gegenteil, sie entnimmt daraus eine Unterweisung in der Liebe zu Gott und dem Nächsten....“[95]

So bewahrte er sich den Herzensfrieden ungestört „in dieser heiligen Einsamkeit“; und als ihn das Fieber zwang, sie zu verlassen, geschah es „in der Absicht, bald hierher zurückzukommen“[96]. Wie [273] er sich vor der Übersiedlung nach la Peñuela seinen Aufenthaltsort nicht gewählt hatte, sondern sich ihn im heiligen Gehorsam zuweisen ließ, so möchte er sich auch jetzt den Ort bestimmen lassen, wo er Heilung suchen soll. Man läßt ihm die Wahl zwischen Baëza und Ubeda. Baëza ist das Kolleg, das er gegründet hat, dessen erster Rektor er war. Dort ist einer seiner treuen Söhne Prior, P. Angelus a Praesentatione, und erwartet ihn mit aller Liebe. An der Spitze der Neugründung Ubeda aber steht P. Franciscus Chrysostomus, den er sich auf ähnliche Weise wie Diego Evangelista zum Feind gemacht hat. So ist es für ihn selbstverständlich, daß er Ubeda wählt: weil das Kloster noch nicht lange besteht und arm ist, und weil er selbst in jener Stadt unbekannt ist, hofft er dort „mit mehr Nutzen und Verdiensten die Beschwerden der Krankheit zu ertragen“[97]. So besteigt er am 22. September 1591 das kleine Maultier, das ein Freund ihm zur Verfügung stellt, zur letzten Reise seines Lebens. Es ist ein richtiger Leidensweg. Er hat seit mehreren Tagen nichts mehr genießen können und kann sich von Schwäche kaum in Sattel halten. Und sein krankes Bein schmerzt, als würde es ihm abgeschnitten. Dort war ja der Sitz des Übels: es war erst angeschwollen, dann hatten sich nacheinander fünf eiternde Wunden geöffnet. Sie gaben dem Heiligen Anlaß zu dem Gebet: „Vielmals danke ich Dir, mein Herr Jesus Christus, daß Eure Majestät mir an diesem Fuß allein die fünf Wunden verleihen wollte, die Eure Majestät an Füßen, Händen und Seite hatte: wodurch habe ich eine so große Gnade verdient?“ Und er klagte auch bei den denkbar größten Schmerzen nicht, sondern ertrug alles mit der größten Geduld[98]. Nun muß er in diesem Zustand sieben Meilen weit auf Bergwegen reiten. Es geht sehr langsam voran. Er spricht mit dem Bruder, der ihn begleitet, von Gott. Als sie drei Meilen zurückgelegt haben, schlägt der Gefährte eine Rast am Ufer des Guadalimar vor: „Im Schatten dieser Brücke können Hochwürden etwas ruhen; die Freude, das Wasser zu sehen, wird Ihnen Appetit auf einen Bissen machen“. „Gern will ich etwas ruhen, denn ich habe es nötig; aber essen kann ich nicht, denn von allem, was Gott geschaffen hat, habe ich auf nichts Appetit als auf Spargel, und die gibt es jetzt nicht“. Der Bruder hilft ihm absteigen und niedersitzen. Da bemerken sie auf einem Stein ein Bündel Spargel, mit einem Weidenband gebunden wie für den Markt. Der Bruder glaubt an ein Wunder. Aber Johannes will nichts davon hören. Er läßt ihn nach dem Eigentümer [274] suchen, und als nirgends jemand zu entdecken ist, muß er einen cuarto als Entschädigung auf den Stein legen[99]. Noch ein paar Stunden – dann sind sie am Ziel. Der Prior empfängt den Sterbenskranken und weist ihm die ärmste und kleinste Zelle an. Der Arzt, Licenciat Ambrosio de Villareal untersucht die Wunden. Er stellt Wundrose fest und starke Eiteransammlung. Ein schmerzlicher Eingriff wird nötig. Der Chirurg will den Herd des Übels herausfinden und legt Knochen und Nerven von der Ferse bis zur Mitte der Wade bloß. Bei dem furchtbaren Schmerz fragt der Kranke: „Was haben Sie getan, mein Herr?“ Er besieht die Wunde und ruft: „Jesus, das ist es, was Sie gemacht haben!“ Später hat der Arzt dem P. Johannes Evangelista erzählt: „Er hat die schrecklichsten Schmerzen, die jemals erhört wurden, mit unvergleichlicher Geduld ertragen“. Auch andern gegenüber hat er oft seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, daß der Kranke mit solcher Ruhe und Heiterkeit litt; er erklärte, Johannes vom Kreuz müsse ein großer Heiliger sein, denn es schien ihm unmöglich, so große, anhaltende Schmerzen ohne Klagen zu leiden, wenn man nicht sehr heilig wäre und eine große Gottesliebe hätte und sich nicht auf den Beistand des Himmels stützen könnte[100]. Das war auch der Eindruck, den die ganze Umgebung hatte. Die Mönche betrachteten es als eine Gnade, ein solches Vorbild in ihrer Mitte zu haben. Nur der Prior verharrte lange Zeit in seiner Verbitterung. Wenn er den Kranken besuchte, so geschah es, um ihm vorzuhalten, wie er (Johannes) als Provinzialvikar von Andalusien ihn zurechtgewiesen hatte. Er konnte es nicht mitansehen, wie Klosterleute und Außenstehende um die Wette bemüht waren, die Qualen des Dulders zu erleichtern. (In diesem Punkt war die Vorsorge, einen unbekannten Ort zu wählen, um sonst gewesen: Heiligkeit bleibt nirgends so verborgen, daß sich gar keine Verehrer fänden.) Don Fernando Diaz aus Ubeda hatte ihn früher einmal – bei der Stiftung von la Mancha – das Evangelium singen hören; das hatte genügt, um ihm sein Vertrauen zu schenken. Sobald er von der Ankunft des Kranken hörte, suchte er ihn auf und kam seitdem täglich, bisweilen sogar drei- bis viermal am Tage, um nach ihm zu sehen. Einmal begegnete ihm der Prior, als er gerade Wäsche und Binden des Heiligen zum Waschen fortbringen wollte. Einige fromme Frauen schätzten sich glücklich, ihm diesen Liebesdienst leisten zu dürfen; sie wurden dafür belohnt durch einen wunderbaren Duft, der von dieser eitergetränkten Leinwand ausströmte. Nun verbot [275] P. Prior Don Fernando, sich darum zu kümmern, er selbst wolle dafür Sorge tragen. Man hörte ihn oft klagen über die Kosten, die die Verpflegung des Heiligen kostete, und den Verbrauch an Lebensmitteln. P. Diego von der Empfängnis, Prior von la Peñuela, schickte daraufhin sechs Scheffel Weizen für die Kommunität und sechs Hühner für den Kranken nach Ubeda. P. Bernhard von der Jungfrau, der Krankenwärter, bekam täglich Proben von der Abneigung des Priors gegen den Patienten. Er bestimmte, daß ihn niemand mehr ohne besondere Erlaubnis besuchen dürfte und verbot schließlich P. Bernhard sogar, ihm beizustehen, weil er meinte, daß er zuviel täte. Der Infirmar erstattete nun sofort Bericht an den Provinzial von Andalusien, den greisen P. Antonius von Jesus, den alten Gefährten aus den Tagen von Durvelo[101]. Er eilte umgehend herbei, um Abhilfe zu schaffen, und blieb vier bis sechs Tage in Ubeda. Dem Prior gab er einen scharfen Verweis, allen andern gab er Befehl, den Kranken zu besuchen und ihm beizustehen, soviel sie nur könnten. P. Bernhard wurde wieder in sein Amt eingesetzt mit dem Auftrag, es mit der größten Liebe zu versehen; wenn der Prior ihm das Nötige verweigerte, sollte er sich sofort an den Provinzial wenden und inzwischen Geld leihen. Bei all diesen Gelegenheiten hörte man von Johannes nie ein Wort der Klage über den feindseligen Prior: er ertrug alles „mit der Geduld eines Heiligen“[102].

P. Antonius war bei der ersten Operation zugegen. Als er dem Patienten zusprechen wollte, entschuldigte sich Johannes, daß er nicht antworten könne; er werde verzehrt von Schmerzen. Und doch waren die körperlichen Schmerzen noch nicht auf der Höhe. Es bildeten sich neue Abszesse an den Lenden und Schultern. Vor einem zweiten Eingriff entschuldigte sich der Arzt. „Das tut nichts, wenn es am Platz ist“, sagte der neue Job. Er drängte dazu, sofort ans Werk zu gehen. Alle Schmerzen und Leiden waren ihm „wohltätige Gedanken Gottes“. In den Briefen, die er noch vom Krankenbett aus schrieb – sie sind uns nicht erhalten, wir wissen nur durch Zeugenberichte davon –, sprach er von der Freude, für den Herrn leiden zu dürfen. Die körperlichen Qualen hinderten seine Versenkung ins Gebet nicht. Er bat seinen jungen Krankenpfleger Lucas vom hl. Geist manchmal, ihn allein zu lassen – „nicht um zu schlafen“, fügt der Berichterstatter hinzu, „sondern um sich glühender der Beschauung himmlischer Dinge hinzugeben“. Nachdem [276] der Infirmar das begriffen hat, wird er nicht nur selbst zurückhaltend, sondern schickt auch manchmal Besucher fort. Selbst der Arzt hat Verständnis dafür. „Lassen wir den Heiligen beten“, sagt er. „Wenn er .... wieder zu sich kommt, wollen wir ihn pflegen“.

Dieser Arzt war am Bett seines Patienten „ein anderer Mensch geworden“. Der Heilige schenkte ihm ein eigenhändig geschriebenes Exemplar der Lebendigen Liebesflamme. Darin las er später oft zu seinem Trost[103]. Immer durchsichtiger wird der Schleier, der für die Seele noch die Himmelsherrlichkeit verhüllt. Immer mehr Glanz dringt hindurch. Der Arzt kündet dem Kranken den nahen Tod an. Ein Freudenruf ist die Antwort: Laetatus sum in his quae dicta sunt mihi: in domum Domini ibimus (Ps. 122,1). Die Mitbrüder bieten Johannes das viaticum an; doch er antwortet, er werde sagen, wenn es Zeit sei. Seit der Vigil der Unbefleckten Empfängnis weiß er Tag und Stunde seines Todes. Er verrät es mit den Worten: „Gepriesen sei die Dame, die will, daß ich an diesem Samstag aus dem Leben scheide“. Dann kommt die genaue Ankündigung: „Ich weiß, daß Gott unser Herr mir die Barmherzigkeit und Gnade erweisen wird, zum Beten der Mette in den Himmel zu gehen“.

Zwei Tage vor seinem Tode verbrennt er an einer Kerze alle seine Briefe – eine große Zahl –, weil es „eine Sünde sei, sein Freund zu sein“. Am Abend dieses Donnerstags erbat und erhielt er die heilige Wegzehrung. Alle, die ihn um ein Andenken baten, verwies er an seinen Oberen: er sei arm und besitze nichts. Er ließ auch diesen Oberen, den Prior Franciscus Chrysostomus rufen, bat um Verzeihung für alle Fehler und fügte die Bitte hinzu: „Mein Vater, das Ordenskleid der Jungfrau, das ich getragen und benützt habe – ich bin ein armer Bettler und habe nichts zur Beerdigung –, ich bitte Euer Hochwürden um der Liebe Gottes willen, es mir aus Nächstenliebe zu geben“. Der Prior segnete ihn und verließ die Zelle. Es scheint, daß in diesem Augenblick sein innerer Widerstand noch nicht gebrochen war. Aber schließlich hat er doch als reuiger Schacher weinend zu den Füßen des Sterbenden gekniet und sich entschuldigt, daß das „arme Kloster“ ihm nicht mehr Erleichterung in seiner Krankheit bieten konnte. Johannes antwortete: „Pater Prior, ich bin sehr zufrieden, ich habe mehr als ich verdiene. Vertrauen Sie auf unsern Herrn; es wird eine Zeit kommen, wo dieses Haus alles Notwendige haben wird“.

Am 13. Dezember fragt er morgens, was für ein Tag es sei, und [277] da er hört, daß es Freitag sei, erkundigt er sich mehrmals am Tage nach der Stunde: er wartet ja darauf, die Mette im Himmel zu beten. An diesem letzten Tage seines Lebens war er noch schweigsamer und gesammelter als bisher. Meist hielt er die Augen geschlossen. Wenn er sie öffnete, heftete er sie voll Liebe auf ein Kreuz aus Kupfer.

Gegen drei Uhr bittet er, daß man vor seinem Tode P. Sebastian vom hl. Hilarius noch einmal zu ihm führen möchte. Das ist ein junger Pater, dem er in Baëza das Ordenskleid gegeben hat. Nun liegt er fieberkrank einige Zellen von dem Heiligen entfernt. Er wird hereingeholt und bleibt etwa eine halbe Stunde. Johannes hat ihm Bedeutsames mitzuteilen: „P. Sebastian, Euer Hochwürden sollen zum Prior des Ordens gewählt werden. Hören Sie aufmerksam auf das, was ich Ihnen mitteile, und versuchen Sie, es den Oberen zu berichten; erklären Sie ihnen, daß ich Ihnen dies unmittelbar vor meinem Tode gesagt habe“. Es handelte sich um etwas, was für das Wachstum der Provinz von Wichtigkeit war. Um fünf Uhr bricht der Heilige in den Freudenruf aus: „Ich bin glücklich, da ich, ohne es zu verdienen, heute nacht im Himmel sein werde“. Bald danach wendet sich an den Prior und Fernando Diaz: „Vater lassen Euer Paternität das Haus des Señor Fernando benachrichtigen, daß man nicht auf ihn warten soll, er muß heute nacht hier bleiben“. Nun verlangt er nach der hl. Ölung und empfängt sie mit großer Andacht; er antwortet dabei auf die Gebete des Priesters. Auf seine innigen Bitten wird ihm auch das Allerheiligste noch einmal zur Anbetung gebracht. Er spricht zärtlich mit dem verborgenen Gott. Zum Abschied sagt er: „Herr, ich werd Dich nun nicht mehr mit den Augen des Fleisches sehen“.

P. Antonius von Jesus und einige andere ältere Patres wollten bei ihm wachen, aber er gab es nicht zu. Er wollte sie holen lassen, wenn es Zeit sei.

Als es neun Uhr schlug, sprach er sehnsüchtig: „Ich habe noch drei Stunden Zeit; incolatus meus prolongatus est“ (Ps. 119,5). P. Sebastian hörte ihn auch noch sagen, Gott habe ihm zu seinem Trost drei Bitten gewährt: nicht als Oberer zu sterben; an einem Ort, wo er unbekannt sei, und nach vielen Leiden. Dann liegt er so still ins Gebet vertieft und friedlich da, daß man ihn schon für tot hält. Aber er kommt wieder zu sich und küßt die Füße seines Christus. Um zehn Uhr hört man eine Glocke läuten. Er fragt, wozu das sei. Man sagt ihm, das seien Ordensleute, die zur Mette gingen. „Und ich“, erwidert er, „soll durch die Barmherzigkeit Gottes hingehen, um sie mit der Jungfrau, U. L. Frau, im Himmel zu beten“. Um half zwölf Uhr etwa läßt er die Patres rufen. Es kommen ungefähr [278] 14 bis 15 Mönche, die sich für die Mette bereit machen. Sie hängen ihre Lampen an der Wand auf. Man fragt den Heiligen, wie es ihm geht. Er ergreift das Seil, das von der Decke herabhängt, und richtet sich auf. „Patres, wollen wir nicht das de profundis beten? Ich fühle mich sehr gut“. Dabei sah er „sehr ruhig, schön und fröhlich aus“, berichtet der Subprior, Ferdinand von der Mutter Gottes. Er selbst stimmt an, die andern respondieren. Auf diese Weise wurden „ich weiß nicht wieviel Psalmen gebetet“, sagt Francisco Garcia. Es waren die Bußpsalmen, die der recommendatio animae vorausgehen. Ob diese sofort an die Psalmen angeschlossen wurden und an welcher Stelle Johannes das Gebet unterbrach, darüber geben die Berichte keine übereinstimmende Auskunft. Er war nämlich müde geworden und mußte sich zurücklegen. Und er hatte noch einen Wunsch: daß ihm jemand etwas aus dem Hohenlied vorlesen möchte; der Prior tat es. „Welch kostbare Steine!“, ruft der Sterbende[104]. Es war ja das Lied der Liebe, das ihn durchs Leben begleitet hatte.

Aufs neue fragt er nach der Zeit. Es hat noch nicht Mitternacht geschlagen. „Zu dieser Stunde werde ich vor Gott stehen, um die Mette zu rezitieren“. P. Antonius erinnert ihn an das, was er für die Reform getan hat, in den Anfängen und später als Oberer. Der Heilige antwortet: „Gott weiß, was geschehen ist“. Aber nicht darauf will er sich stützen. „Pater Noster[105], dafür ist jetzt nicht der rechte Augenblick; durch die Verdienste des Blutes unseres Herrn Jesu Christus hoffe ich gerettet zu werden“.

Die Mitbrüder bitten um seinen Segen. Auf Befehl des Provinzials gibt er ihn. Er ermahnt sie, wahrhaft gehorsam und vollkommene Ordensleute zu sein.

Kurz vor Mitternacht reichte er seinen heiligen Christus einem der Umstehenden, wahrscheinlich Francisco Diaz. Er wollte beide Hände frei haben, um seinen Körper für den Aufbruch in die rechte Verfassung zu bringen. Aber (bald nahm er ihn wieder zurück, und nun verabschiedete er sich mit zärtlichen Worten von dem Gekreuzigten wie vorher von dem Eucharistischen Heiland.

Zwölf Schläge tönen vom Glockenturm. Der Sterbende sagt: „Bruder Diego, geben Sie ein Zeichen, daß man zur Mette läuten soll, denn es ist schon an der Zeit“. Francisco Garcia, der Glöckner für die Woche, geht hinaus. Johannes hört den Klang der Glocke und spricht, mit dem Kreuz in der Hand: „In manus tuas, Domine, commendo spiritum meum“. Ein Abschiedsblick auf die Anwesenden, [279] ein letzter Kuß dem Gekreuzigten – dann steht er vor dem Throne Gottes, um mit den himmlischen Chören die Mette zu beten.

Ist nun dieses Sterben nicht etwas von der göttlichen Freiheit, mit der Jesus Christus am Kreuz das Haupt neigte? Und wie an jenem ersten Karfreitag Zeichen und Wunder verkündeten, daß er wahrhaft Gottes Sohn war, der am Kreuz starb, so legt auch jetzt der Himmel dafür Zeugnis ab, daß ein guter und getreuer Knecht eingegangen ist in die Freude seines Herrn.

Zwischen neun und zehn Uhr abends, als sich nach dem Wunsch des Heiligen die meisten zur Ruhe begeben hatten, war Bruder Francisco Garcia an das Kopfende des Bettes gekommen und hatte sich zwischen Bett und Wand niedergelassen, um seinen Rosenkranz zu beten. Dabei kam ihm der Gedanke, es könnte ihm vielleicht die Freude zuteilwerden, etwas von dem zu sehen, was der Heilige sehe. Während des Psalmengebetes der Patres sah er plötzlich eine Lichtkugel zwischen der Decke der Zelle und dem Fußende des Bettes erglänzen. Sie leuchtete so hell, daß sie die vierzehn oder fünfzehn Lampen der Mönche und die fünf Kerzen auf dem Altar verdunkelte. Als der Heilige unbemerkt hinüberging, hielt Bruder Diego ihn in den Armen. Und er sah auf einmal einen Lichtglanz um das Bett. „Er glänzte wie die Sonne und der Mond, die Lichter auf dem Altar und die beiden Kerzen, die in der Zelle waren, schienen, wie von einer Wolke umgeben, kein Licht mehr zu geben“. Nun erst bemerkte Diego, daß der Heilige in seinen Armen ohne Leben war. „Unser Vater ist in diesem Licht in den Himmel gegangen“, sagte er zu den Anwesenden. Als er dann zusammen mit P. Francsicus und Fr. Matthaeus den heiligen Leib zurechtlegte, strömte ein süßer Duft davon aus[106].



  1. Teresia von Jesus, Das Buch der Kloster Stiftungen, 14. Hauptstück, Neue deutsche Ausgabe der Schriften Bd. II, München 1935, S. 107.
  2. Vgl. Aufstieg, B. 3 Kap. 35, im Vorausgehenden II §2, 1e.
  3. Vgl. im Vorausgehenden I § 4.
  4. Vgl. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 264.
  5. P. Bruno, Saint Jean, S. 307.
  6. Andere Ausprüche über das geistliche Leben, 10. Ausspruch, E. Cr. III 70.
  7. 10. Brief vom 28. I. 1589, E. Cr. III 89.
  8. 6. Brief, E. Cr. III 84.
  9. 8. Brief, E. Cr. III 86.
  10. 11. Brief, E. Cr. III 90.
  11. 15. Brief, E. Cr. III 161 ff.
  12. 18. Brief (nach neuerer Zählung der 19.), an Juana de Pedraza, E. Cr. III 101 f.
  13. 20. (21.) Brief, an Mutter Anna von Jesus in Segovia, vom 6. VII. 1591, E. Cr. III 105.
  14. E. Cr. III 110 f.
  15. E. Cr. III 6 f.
  16. Vier Winke für einen Ordensmann...., E. Cr. III 11.
  17. a.a.O. E. Cr. III 11.
  18. Leitsätze und Denksprüche aus der Handschrift von Andujar, 4. Spruch, E. Cr. III 17.
  19. a.a.O. 14. Spruch, E. Cr. 17 f.
  20. a.a.O. 50. Spruch, E. Cr. 22.
  21. Andere Leitsätze und Denksprüche, 76. Spruch, E. Cr. III 24 f.
  22. a.a.O. 77. Spruch, E. Cr. III 25.
  23. a.a.O. 78. Spruch, E. Cr. III 25.
  24. a.a.O. 80. Spruch, E. Cr. III 25.
  25. a.a.O. 81. Spruch, E. Cr. III 25.
  26. a.a.O. 83. Spruch, E. Cr. III 25.
  27. a.a.O. 84. Spruch, E. Cr. III 25.
  28. a.a.O. 87. Spruch, E. Cr. III 25.
  29. a.a.O. 293. Spruch, E. Cr. III 49.
  30. Andere Leitsprüche, 7. Spruch, E. Cr. III 58.
  31. Andere Aussprüche über das geistliche Leben, l. Ausspruch, E. Cr. III 67.
  32. a.a.O. 2. Ausspruch, E. Cr. III 68.
  33. a.a.O. 5. Ausspruch, E. Cr. III 69. Fast wörtlich dasselbe ist als Brieffragment 25 (26), E. Cr. III 109, abgedruckt aus der Historia del Venerabile Padre Fray Juan de la Cruz, VI cap. 8.
  34. Himmlische Hierarchie, Kap. III §3, Migne, P. Gr. III 165. Das Zitat ist nicht ganz wörtlich wiedergegeben.
  35. Aussprüche über das geistliche Leben, 10. Ausspruch, E. Cr. III 63 f.
  36. a.a.O. 11. Ausspruch, E. Cr. III 64.
  37. E. Cr. III 57.
  38. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 218.
  39. Klosterstiftungen, 13. Hauptstück, Neue deutsche Ausgabe, Bd. II, München 1935, S. 100.
  40. a.a.O. S. 102.
  41. a.a.O. 14. Hauptstück, S. 107 f.
  42. a.a.O. S. 108.
  43. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 45.
  44. Andere Leitsätze und Denksprüche, 355. Spruch, E. Cr. III 56.
  45. a.a.O. 356. Spruch, E. Cr. III 56.
  46. P. Bruno, Saint Jean, S. 92.
  47. Schuhe von Hanfgeflecht.
  48. P. Bruno, a. a. O. S. 312 ff.; Aussage des P. Juan Evangelista, Obras IV 392.
  49. Hieronymus vom hl. Joseph, Leben und Werke des hl. Johannes vom Kreuz. Französische Ausgabe der Karmelitinnen von Paris, S. 252.
  50. J. Baruzi, Saint Jean, S. 221.
    Es sind über diesen Vorfall eine ganze Reihe von Zeugenberichten erhalten. Den des Bruders Petrus vgl. bei P. Bruno, Saint Jean, S. 358 f.: „.... Wenn Gott mir die großen Schmerzen geschickt hat, .... warum sie mit Musik lindern und abschwächen wollen? .... Ich will die wohltätigen Geschenke, die Gott mir sendet, ohne jede Erleichterung erleiden....“
  51. Andere Leitsätze und Denksprüche, 286. Spruch, E. Cr. III 48.
  52. a.a.O. 287. Spruch.
  53. Im Vorausgehenden II § 1, 3 b und II § 2, 1.
  54. P. Bruno und Baruzi haben aus diesen Quellen geschöpft, P. Bruno vor allem aus den römischen Prozeßakten, Baruzi aus dem Ms. 12738 u. a. der Nationalbibliothek zu Madrid. P. Silverio hat auch einen Teil der Aussagen in die neueste spanische Ausgabe der Werke des hl. Johannes vom Kreuz aufgenommen: Obras IV Anhang 354 ff.
  55. Damit steht nicht im Widerspruch, daß Johannes formal von den Dichtern seiner Zeit beeinflußt ist, gelegentlich auch wörtliche Anlehnungen zeigt. Zur literarischen Bewertung der Gedichte vgl. die Einleitung von P. Silverio im IV. Bd. der Werke S. LXXIX ff. und Baruzi a.a.O. 107 ff.
  56. Obras IV 323 f.
  57. P. Bruno, Saint Jean, S. 329.
  58. Obras IV 320 ff.
  59. Obras IV LXXIX.
  60. Im Vorausgehenden II § 3, 2 c) und d).
  61. Obras IV 348.
  62. a.a.O. 3. Ausspruch, Obras IV 349.
  63. Vgl. Baruzi a.a.O. S. 290 ff., die Zeugenaussage des P. Martin vom hl. Joseph in Obras IV 377.
  64. Vgl. dieselbe Zeugenaussage.
  65. Baruzi a.a.O. S. 292.
  66. Werke der hl. M. Teresia, Ausgabe des P. Silverio, Bd. II, Burgos 1915, S. 63-64.
  67. Baruzi a.a.O. S. 293.
  68. Vgl. die Aussage des P. Martin vom hl. Joseph, Obras IV 377 f.
  69. Aussage des P. Juan Evangelista, a.a.O. S. 390.
  70. 119. Ausspruch, E. Cr. III 29.
  71. Aussage des P. Juan Evangelista, Obras IV 390 f.
  72. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 218 ff.
  73. 123. Denkspruch, E. Cr. III 30.
  74. P. Bruno a.a.O. S. 327.
  75. P. Bruno a.a.O. S. 225 und Aussage der M. Anna vom hl. Albertus, Obras IV 402.
  76. Obras I 105.
  77. P. Bruno a.a.O. S. 325 f.
  78. a.a.O. S. 228.
  79. Lebendige Liebesflamme, Str. 3 V. 3, § 4, E. Cr. II 444 f.
  80. a.a.O. § 8, E. Cr. II 450 f.
  81. a.a.O. § 11, E. Cr. II 458 f.
  82. a.a.O. § 12, E. Cr. II 460 f.
  83. 15. Ausspruch, E. Cr. III 65.
  84. P. Bruno a.a.O. S. 300.
  85. Aufstieg, B. II Kap. 6, E. Cr. I 124.
  86. E. Cr. III 64, 13.
  87. Es ist dies nicht die berühmte Mitarbeiterin der hl. Mutter, sondern die Stifterin des Karmels von Segovia.
  88. 20 (21). Brief, E. Cr. III 104 f.
  89. 21 (22). Brief, E. Cr. III 105 f.
  90. J. Brouwer, De achtergrond der Spaanse mystiek, Zutphen 1935, S. 217.
  91. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 243 f.
  92. Obras I 113 (Preliminares).
  93. Vgl. P. Bruno, Saint Jean, S. 343 ff. und Obras V 112 ff. (Aussage des P. Franciscus vom hl. Hilarion).
  94. P. Bruno, a.a.O. S. 344.
  95. P. Bruno, a.a.O. S. 347 f.
  96. Brief an Dona Ana de Peñalosa vom 21. IX. 1591, Obras IV 288 ff.
  97. Aussage des P. Petrus vom hl. Joseph, Obras V 99.
  98. Aussage des P. Diego a Conceptione, Obras IV 355.
  99. Vgl. P. Bruno a.a.O. S. 352 f.; Aussage des P. Bartholomäus vom hl. Basilius, Obras IV 394, und des P. Francsicus vom hl. Hilarion, Obras V 114.
  100. Aussage des P. Ferdinand von der Mutter Gottes, Obras V 331.
  101. P. Antonius, der sich einst so edelmütig als erster für die Reform zur Verfügung gestellt hatte, wurde die große Gnade zuteil, der hl. Mutter und dem hl. Vater Johannes im Tode beistehen zu dürfen.
  102. P. Bruno a.a.O. S. 353 ff.
  103. P. Bruno a.a.O. S. 359.
  104. P. Bruno, Vie d’Amour, S. 264.
  105. Die Anrede für den Provinzial in unserm Orden.
  106. Der ganze Bericht über den Tod ist im Anschluß an P. Bruno, Saint Jean, S. 361 ff. gegeben. Die Anmerkungen dazu bringen z.T. wörtliche Berichte aus den Zeugenaussagen.
« Kreuzeslehre Edith Stein
Kreuzeswissenschaft
Nachwort der Herausgeber »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).