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Kreuzesnachfolge

Widerwillen einflößte; sonst kannst du niemals Standhaftigkeit erlangen und deine Schwäche besiegen.

3. .... Eine geistliche Seele soll sich niemals bei ihren Übungen von dem einnehmen lassen, was an ihnen angenehm ist, und sie nur darum verrichten; erst recht nicht dagegen sträuben, weil sie ihr unangenehm vorkommen; vielmehr muß sie das Beschwerliche vorziehen.... Damit legt man der Sinnlichkeit Zügel an. Auf andere Weise wirst du die Eigenliebe nicht ablegen und nicht zur Gottesliebe gelangen“[1].

Gott ruft die Seelen ins Kloster, „um sie zu prüfen und zu reinigen, wie das Gold durch Feuer und Hammer; darum müssen auch Prüfungen und Versuchungen durch Menschen und böse Geister über sie kommen und das Feuer der Beängstigung und Trostlosigkeit. Solche Dinge muß der Ordensmann in Geduld und Gleichförmigkeit mit dem Willen Gottes auf sich zu nehmen suchen, und nicht so, daß Gott gezwungen würde, ihn zu verwerfen, weil er das Kreuz Christi nicht mit Geduld tragen wollte....“[2] „Suche dir nicht das Kreuz auszuwählen, das dir leichter vorkommt, denn .... je schwerer die Bürde ist, desto leichter ist sie, wenn man sie aus Liebe zu Gott trägt“[3]. „Bist du beladen, so lebst du in Vereinigung mit Gott, der deine Stärke ist; denn Gott hält die Betrübten aufrecht; bist du der Last enthoben, so findest du deine Stütze nur in dir, der du die Schwachheit selber bist. Denn die Kraft und Stärke der Seele wächst und festigt sich in dem geduldigen Ertragen von Beschwerden“[4]. „Höher schätzt Gott an dir die Neigung zur Trockenheit und zum Leiden aus Liebe zu Ihm als alle Tröstungen und geistigen Visionen und alle Betrachtungen, die du anstellen kannst“[5]. „Zur Vollkommenheit kann man nicht gelangen, wenn man es nicht dahin bringt, mit dem Nichts zufrieden zu sein, so daß das natürliche und das geistige Begehrungsvermögen im Leeren befriedigt sind; denn das ist erforderlich, um zur höchsten Ruhe und zum Frieden des Geistes zu gelangen; und auf diese Weise ist die Liebe Gottes in der reinen und einfältigen Seele dauernd wirksam“[6].

Eine ganze Gruppe von Denksprüchen hat unmittelbar die Nachfolge Christi zum Gegenstand: „Der Fortschritt im geistlichen Leben


  1. E. Cr. III 6 f.
  2. Vier Winke für einen Ordensmann...., E. Cr. III 11.
  3. a.a.O. E. Cr. III 11.
  4. Leitsätze und Denksprüche aus der Handschrift von Andujar, 4. Spruch, E. Cr. III 17.
  5. a.a.O. 14. Spruch, E. Cr. 17 f.
  6. a.a.O. 50. Spruch, E. Cr. 22.
Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Kreuzeswissenschaft. Editions Nauwelaerts, Louvain 1954, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Kreuzeswissenschaft.pdf/249&oldid=- (Version vom 6.1.2019)