Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1/Neuntes Kapitel

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[522] Neuntes Kapitel.

Die Büchercensur und die Preßverfolgungen.

Historische Einleitung. Das Altertum. – Verhalten der Kirche. Censurrecht der Universitäten. – Erstes Auftreten nach Erfindung der Buchdruckerkunst: Köln. – Vorgehen der Kirche ohne Rücksicht auf den Staat: Mainz. – Die Bullen Sixtus’ IV., Alexanders VI. und Leo’s X. – Das Wormser Edikt. Eintreten des Staats. – Die Reichs-Preßverordnungen. – Der Begriff des Libells und der Famosschrift. – Schwächliches Verhalten der Protestanten. – Censur in Österreich. – In Bayern. Katalog erlaubter Bücher. Verfahren gegen Schwenckfeldianer. – Die protestantischen Reichsstädte. Straßburg. Nürnberg. (Hans Sachs.) Augsburg. Ulm. Frankfurt a. M. – Basel. Zürich. – Die geistlichen Kurfürstentümer. – Böhmen und Schlesien. – Kurpfalz. – Brandenburg. – Sachsen. – Die kleinen Territorien.

Die Büchercensur ist das bequemste Mittel, unbequemen, durch die Schrift sich äußernden Widerspruch oder Tadel zu unterdrücken. Sie wurzelt in der Willkür und Gewalt und ist deshalb fast so alt als die Geschichte der Menschheit selbst. So tritt sie denn auch in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten, höchstens äußerlich in andern Formen, auf. Der Unterschied vor und nach Gutenberg ist nur der, daß in der Handschriftenzeit die Litteratur sich auf kleine und wenige Kreise beschränkt, also kaum in die Öffentlichkeit dringt, während die Buchdruckerkunst jahraus jahrein die Erzeugnisse der Presse zu Tausenden in die Welt sendet und das ganze geistige Leben des Volks zu einem öffentlichen macht. Qualitativ zeigt sich deshalb die Schreibfreiheit bei den Alten und im Mittelalter in demselben, wenn nicht höhern Grade beschränkt wie in der Neuzeit, und nur quantitativ übertrifft die letztere ihre Vorläufer an systematischer Verfolgungssucht.

[523] Beweise für diese Thatsache finden sich fast in jedem klassischen Schriftsteller. So wurde das erste Buch, von dessen gewaltsamer Unterdrückung die Geschichte berichtet, kaum 20 Jahre nach dem Tode des Perikles in Athen dem Scheiterhaufen überliefert. Der Philosoph Protagoras hatte nämlich in einem gelehrten Werke die Existenz der griechischen Götter bezweifelt: Grund genug für die priesterlichen Pächter des Olymp, ihren Zorn ob des zerstörten Besitzstandes durch die Konfiszierung und Verbrennung des Buchs und durch die Bestrafung des Verfassers zu kühlen. Dieser floh, um dem Schirlingbecher zu entgehen, und fand, wie es heißt, auf offenem Boote in den Meeresfluten den Tod: das erste Einschreiten des Staates auf Betrieb der Kirche![1] Bei den Römern enthielten schon die Zwölf Tafeln strenge Bestimmungen über öffentliche Schmähungen und Pasquille. Augustus war nach Tacitus der erste, welcher das geschriebene oder gesprochene Wort strafte. Während das Majestätsgesetz der Republik bisher nur strafbare Thaten gekannt hatte, dehnte der Kaiser die gerichtliche Untersuchung und Strafe auch auf Schmähschriften und Spottgedichte (libelli famosi) aus. So befahl er denn auch, die Schriften des Labienus öffentlich zu verbrennen. Sein Nachfolger Tiberius verfolgte mit noch größerm Haß das geschriebene Wort. „Für Worte werde ich zur Verantwortung gezogen, so wenig fallen Handlungen mir zur Last“, sagte Cremutius Cordus, der ob der bloßen gegen ihn gerichteten Anklage bereits auf sein Leben verzichtet hatte und den freiwilligen Hungertod starb. Und doch hatte er bloß den Gajus Cassius den letzten Römer genannt. Seine Schriften sollten durch die Ädilen verbrannt werden, erhielten sich aber im Publikum unter dem Schutze der Verborgenheit. „Um so mehr möchte man“, sagte Tacitus[2] bei dieser Gelegenheit mit vornehmem Hohn, „über die Beschränktheit derjenigen lachen, welche für den Augenblick im Besitze der Macht, auch das Andenken bei der Nachwelt austilgen zu können wähnen. Im Gegenteil, man verhänge nur Strafen über die Geister und es wächst ihre Geltung; und nichts anderes haben auswärtige Könige und andere, welche die gleiche Tyrannei geübt, erzielt, als ihre eigene Schande und den Ruhm des Verfolgten.“ Als die von Nero verbotenen Schriften des Vejinto nachmals wieder herausgegeben wurden, meinte Tacitus: „So lange ihre Anschaffung mit Gefahr verbunden war, wurden sie eifrig gesucht und gelesen; durch die Erlaubnis, sie zu besitzen, gerieten sie [524] bald in Vergessenheit.“ Domitian ließ den Geschichtschreiber Hermogenes und alle Buchhändler, welche sich mit der Vervielfältigung des dem Kaiser anstößigen Werks befaßt hatten, an das Kreuz schlagen.

Diese Beispiele, aus hundert ähnlichen herausgegriffen, werden genügen, um die Feindseligkeit der ersten Kaiser gegen den freien Gedanken festzustellen. Wenn in den spätern Jahrhunderten der Imperatorenzeit nicht mehr so arg und oft gegen die Schriftsteller gewütet wurde, so unterblieb es bloß deshalb, weil die Litteratur längst unterdrückt oder gar getötet war. So erwiesen sich denn auch spezielle Censurgesetze als überflüssig. Die römische Gesetzgebung, welche so fruchtbar an Bestimmungen über libelli famosi, carmina famosa und epigrammata gewesen ist, hätte sicherlich die Erzeugnisse der Buchdruckerkunst zu unterdrücken verstanden, wenn sich der Staat von ihr für bedroht gehalten hätte.

Justinian setzte mit andern Bischöfen auch den Severus ab, weil dieser, abgesehen von verschiedenen gegen ihn vorgebrachten Beschwerden, das Reich mit verschiedenen Schandschriften und verbotenen Büchern überschwemmt habe, deren Vernichtung zugleich den Besitzern anbefohlen und deren fernere Vervielfältigung bei Strafe des Verlustes der rechten Hand verboten wurde.

Das päpstliche Rom trat die Erbschaft des kaiserlichen auch als oberster Censor der Christenheit an. Es gründet seine Berechtigung zur Überwachung der Geistes- und Denkfreiheit auf die oberste dogmatische Voraussetzung der katholischen Kirchenlehre. Der Papst hat nach ihr nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht, alle diejenigen Einflüsse von den Gläubigen fern zu halten, welche sie in ihrem Glauben beunruhigen oder erschüttern können. Der Laie soll überhaupt nicht selbständig denken und nur das lesen, was ihm zu erlauben der Geistliche für gut befindet. Die Kirche nimmt deshalb auch von jeher die Censur sittlich schlechter und ketzerischer Bücher als negatives Mittel zur Erhaltung des Glaubens in Anspruch und unterdrückt alle ihr feindseligen Äußerungen und Schriften. Diese Aufgabe war bei den kirchlichen Machtmitteln sehr leicht, solange der Gedanke nur durch Wort oder Schrift in die Öffentlichkeit drang und solange die ganze Christenheit den Papst als ihr Oberhaupt verehrte; sie wurde aber sehr schwierig, sobald die Buchdruckerkunst die tausendfache Vervielfältigung der Geisteserzeugnisse ermöglichte und der Abfall von Rom immer größere Kreise ergriff. Daß nun Gutenbergs Erfindung [525] das alte Verhältnis ändern und die kirchliche Autorität auf dem Gebiet der theologischen und profanen Wissenschaft untergraben könne – diese der heutigen Erkenntnis nahe liegende Besorgnis scheint den hohen geistlichen Würdenträgern anfangs gar nicht in den Sinn gekommen zu sein.

Der Papst hatte sein Recht der Überwachung des Schriftenwesens schon im 13. Jahrhundert einzelnen Universitäten übertragen. Letztere beaufsichtigten deshalb nicht allein die Geschäftsführung der unter ihrem Schutze thätigen Stationarii, Schreiber, Buchbinder, Pergamenter, Papierhändler und Illuminatoren, sondern auch den Inhalt der von ihnen angefertigten und an den Markt gebrachten Handschriften und bestraften nötigenfalls den Schuldigen. Die Statuen der Universität Paris beweisen, daß dort schon 1323 eine Präventivcensur bestand. Je nach der Wissenschaft, welcher ein Buch angehörte, mußte der Librarius, der ein solches abschrieb oder abschreiben ließ, es dem von der betreffenden Fakultät eingesetzten Universitätsprofessor vorlegen, der dann als Censor den Verkauft gestattete oder verbot. Der Übertretungen waren übrigens im Mittelalter nur wenige; darum urteilte die Censur auch milde und ermahnte lieber, als daß sie strafte. Große kirchliche Verbrechen aber, wie Ketzerei, konnten mittels der Presse nicht begangen werden, da eine solche überhaupt noch nicht existierte.

Natürlich wurde die Lage der Dinge durch Erfindung der Buchdruckerkunst mit einem Schlage eine andere. Abgesehen von einem vereinzelt dastehenden Fall aus dem Jahre 1475, wo Konrad Fyner in Eßlingen „Petri Nigri Tractatus contra perfidos Judaeos“ mit der ausdrücklichen Genehmigung des Bischofs von Regensburg versehen herausgab, war es in Deutschland Köln, von welchem die ersten Schritte zur Einführung der Censur ausgingen. Die dortige Hochschule übertrug zuerst die kirchlicherseits bisher gegen die Handschriften geübte Überwachung des geistigen Lebens auf die gedruckten Bücher. Dieselbe war am 21. Mai 1388 von Papst Urban IV. „zum Lobe Gottes und zur Verbreitung des wahren Glaubens“ als ein Studium generale nach dem Muster der pariser Universität gegründet worden. Als die Buchdruckerkunst sehr bald nach ihrer Erfindung festen Fuß in Köln faßte, standen hier die scholastische Philosophie und die streng katholische Theologie in vollster Blüte. Die Universität betrachtete es deshalb auch als ein Gebot der Pflicht, [526] durch eine strenge Censur die ihr ketzerisch und unchristlich erscheinenden Bücher dem Markte fernzuhalten.

So erlangten denn auf ihren Antrag Rektor und Dekane der Universität am 17. März 1479 von Papst Sixtus IV. die Befugnis, mit kirchlichen Censuren gegen Drucker, Käufer und Leser häretischer Bücher vorzugehen. Es scheint, daß Werner Rolewinks 1474 zuerst erschienener „Fasciculus temporum“ die Maßregel hervorgerufen hat, weil er freimütig über den Verfall der Kirche und über das anstößige Leben der Päpste und Geistlichen geklagt hatte. Seit dieser Zeit, namentlich bis zur Mitte der achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts, tragen verschiedene Bücher den Vermerk, daß sie von der Universität gebilligt und zugelassen worden seien. Diese Druckerlaubnis ist ausdrücklich in den Worten „Admissum et approbatum ab alma Coloniensi universitate“, oder auch: „Temptatum admissumque et approbatum ab alma universitate studii civitatis Coloniensis, de consensu et voluntate spectabilis et egregii viri pro tempore rectoris ejusdem“, zuweilen noch mit dem Zusatze „examinatum“, enthalten. Kirchhoff und Ennen[3] erwähnen 12 solcher Werke, darunter die Bibel aus dem Verlage von Konrad von Homberg, 5 Drucke von Heinrich Quentel, 2 von Guldenschaff und 1 von Bartholomäus von Unkel. Die kölner Universität geht hier weit über die Ausübung einer blos kirchlichen Censur hinaus und maßt sich Rechte an, welche der Papst gar nicht vergeben konnte. Niders „De contractibus mercatorum“ und Werner Rolewinks „Fasciculus temporum“ haben, wie ihre Titel besagen, nichts mit der Theologie gemein; außerdem aber beweist die Druckerlaubnis für die Bibel und ein Werk von Thomas von Aquino, daß die Censur eine allgemeine war. Das 1480 in Heidelberg erschienene „Jodoci Galli opusculum Nosce te ipsum“ weist sogar vier bischöfliche Approbationen auf. Es geht hieraus hervor, daß schon damals verschiedene geistliche Würdenträger ihre Censurvorschriften im Verordnungswege erlassen haben mußten; in den Gesetzen und Erlassen jener Zeit findet sich jedoch nichts darüber.

Einen Schritt weiter ging Berthold von Henneberg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz, ein ehrgeiziger Mann von zäher Energie, der seine Macht auf Kosten des Reichs überall zu erweitern wußte; er war der erste deutsche Fürst, welcher die Censur als ein weltliches Hoheitsrecht beanspruchte [527] und sie auch durchführte. Obgleich schon seit Justinian das Verbot und die Unterdrückung von Büchern als unantastbares Recht der kaiserlichen Macht gegolten hatte, so kümmerte sich der mainzer Erzbischof in seinem Censuredikt vom 4. Januar 1486, das er kurzerhand Strafmandat nannte, auch nicht im geringsten um die kaiserlichen Rechte und begegnete auch nicht einmal einem Widerspruch Friedrichs III. Bei der immer bewußter und täglich entschiedener in der Öffentlichkeit auftretenden Opposition gegen die päpstliche Herrschaft mußte der Kirche alles daran gelegen sein, die Verbreitung solcher ketzerischer Lehren zu unterdrücken. In der Erkenntnis dieses ihres Interesses war sie dem mittelalterlichen Staate voraus, der zunächst unberührt vom Streite der kirchlichen Parteien blieb, somit auch vorläufig keine Veranlassung zum Einschreiten fand. Dennoch gelang es dem Kurfürsten, das benachbarte Frankfurt auf seine Seite zu ziehen und allem Anschein nach gemeinschaftlich mit ihm gegen die Presse vorzugehen. Was den spätern großen europäischen Büchermarkt bewog, dem Erzbischof die hilfreiche Hand zu bieten, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Wenn Frankfurt damals auch kirchlich zur mainzer Erzdiöcese gehörte, so war es als Reichsstadt in allen Beziehungen zum Reiche doch ebenso selbständig, wie dessen Erzkanzler. Es konnten sich daher auch für beide Teile die gegenseitigen Beziehungen nur durch Vertrag regeln lassen. Daß ein solcher abgeschlossen worden ist, dafür spricht einmal die Bestimmung über die von Frankfurt zu ernennenden und zu besoldenden Censoren; dann aber liefert den ausdrücklichen Beweis für diese Thatsache ein Eintrag im Bürgermeisterbuche, in dem es unterm 29. März 1486 heißt, daß in der Beantwortung der Zuschrift „Unsers gnedige Herre von Mencze (was er geschrieben hat der gedruckten Bücher halber“) der Rat zu den vom Kurfürsten ernannten mainzer Kommissarien Pleban Konrad Hensel und Kanzler Georg von Hell, genannt Pfeffer, als die von der Stadt zu ernennenden Censoren die frankfurter Bürger Wycker Frosche, Wigand von Heringen und Johann von Kebel vorschlug.

Der genannte Erlaß nebst Ausführungsverordnung vom 10. Januar 1486 faßt übrigens keine allgemeinen Gesichtspunkte ins Auge, sondern beschränkt sich auf die aus dem Lateinischen und Griechischen ins Deutsche übersetzten Codices und verbietet deren Verkauf, wenn nicht vorher eine Erlaubnis dazu eingeholt sei. Deutsche ketzerische Schriften, wie die Predigten [528] der Mystiker, z. B. Taulers, waren damals noch nicht durch den Druck vervielfältigt, geschweige, daß kirchenfeindliche lateinische Werke ins Deutsche schon übersetzt worden waren. Der Erzbischof kann also nur die Übersetzungen der Bibel ins Deutsche gemeint haben, von denen bis zum Jahre 1485 schon 10 in hochdeutscher und 2 in plattdeutscher Sprache erschienen waren.

„Die göttliche Buchdruckerkunst“, so lauten im wesentlichen die Bestimmungen, „macht aller Welt den Gebrauch von Büchern zur Belehrung und Erbauung zugänglich. Viele aber mißbrauchen, wie wir gesehen haben, diese Kunst aus Ruhmessucht und Geldgier, sodaß sie die Menschheit verderben, statt sie aufzuklären. So finden sich zur Herabsetzung der Religion und ihrer Spitzen Schriften in den Händen des Volks, welche aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt sind (libri de divinis officiis et apicibus religionis nostrae). Die heiligen Gesetze und Canones sind aber von weisen und beredten Männern mit so großer Sorgfalt und Geschicklichkeit zusammengestellt und ihr Verständnis ist so schwierig, daß zu ihrer Bewältigung die Dauer des menschlichen Lebens selbst für den Einsichtigsten kaum ausreicht. Gleichwohl haben einige freche und unwissende Leute es gewagt, jene Schriften in so schlechtes gewöhnliches Deutsch zu übersetzen, daß selbst Gelehrte durch ihre Arbeiten zu großen Misverständnissen verführt sind. Sodann erscheinen von Irrtümern wimmelnde Bücher aus andern Gebieten des Wissens unter lügnerischen Titeln, welche mit verdienstvollen Schriftstellern als angeblichen Verfassern prahlen, um dadurch desto mehr Käufer zu finden. Diese Übersetzer nun, ob sie in gutem oder schlechtem Glauben handeln, können nicht behaupten, daß die deutsche Sprache fähig sei, das genau wiederzugeben, was jene ausgezeichneten griechischen und lateinischen Autoren mit der sorgfältigsten Genauigkeit des Ausdrucks und der vollsten Kenntnis des Gegenstandes über die erhabenen Spekulationen des christlichen Glaubens geschrieben haben; sie müssen vielmehr einräumen, daß die Armut unserer Sprache ihre Bemühungen vereitelt und daß sie aus diesem Grunde gezwungen sind, ihr Hirn zur Erfindung neuer Ausdrücke zu martern, oder bei einzelnen alten Schriftstellern den Sinn zu entstellen, was Wir wegen der damit für die heiligen Schriften verbundenen Gefahr noch mehr fürchten, denn Wir besorgen sehr, daß, wenn sie nur die alten gebrauchen, sie den Inhalt der geoffenbarten Wahrheit ändern, woraus eine ungeheuere Gefahr für die heiligen Schriften entsteht. Wer aber gibt den ungebildeten Männern und Frauen, welchen die heiligen Bücher in die Hände fallen, die Fähigkeit, den richtigen Sinn herauszufinden? Wenn man z. B. den Text des Evangeliums oder die Briefe des heiligen Paulus prüft, so wird jeder unterrichtete Mensch sich leicht davon überzeugen, daß viele Stellen durch andere Schriften ergänzt werden müssen.“

[529] „Da aber jene göttliche Kunst – und dieser Titel gebührt ihr – in Unserm goldenen Mainz erfunden ist, wo sie beständige Fortschritte gemacht hat, so haben Wir das volle Recht, ihren Ruhm zu verteidigen und erfüllen nur Unsere Pflicht, wenn Wir die Reinheit der göttlichen Schriften vor jeder Beschmutzung bewahren. Um also auch den bezeichneten Irrtümern vorzubeugen und unbesonnene Unternehmungen schamloser und verderbter Menschen zurückzuschrecken und im Zaume zu halten, verordnen Wir, daß jeder Unsrer Gerichtsbarkeit unterworfene oder innerhalb derselben wohnende Geistliche oder Laie sich unbedingt enthalte, ein Werk über Wissenschaft oder Kunst oder irgendeinen andern Gegenstand aus der griechischen, lateinischen oder einer andern Sprache in gemeines Deutsch zu übersetzen, weder heimlich noch öffentlich; weder direkt noch indirekt eine solche Übersetzung zu kaufen, wenn der Verkauf nicht vorher gestattet worden ist durch die Erlaubnis und zwar Unserer Doktoren und Professoren der Universität Mainz: Johann Bertran aus Naumburg für die Theologie, Alexander Dietrich für die Jurisprudenz, Theodorich (Gresemund) von Meschede für die Medizin und Andreas Eler für die artistische Fakultät, ferner Unserer Universität Erfurt durch die zu diesem Zweck dort ernannten Doktoren und Professoren, in Frankfurt aber müssen die zum Verkauf ausgestellten Bücher vorher eingesehen und gebilligt sein von einem ehrenwerten Theologen und einem oder zwei zu diesem Zweck vom Rat angestellten und besoldeten Doktoren und Licentiaten. Wenn aber jemand diese Unsere Verfügung unbeachtet läßt oder ihr ausdrücklich direkt oder indirekt zuwiderhandelt, so verfällt er ohne weiteres der Exkommunikation und erleidet außerdem nicht allein den Verlust der ausgestellten Bücher, sondern auch eine Strafe von 100 Goldgulden, welche Unserer Kammer einzuzahlen sind. Von dieser Strafe kann ihn außer der besonders bestellten Behörde niemand befreien.“

Die Censur der kölner Universität währte nur bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Auf Grund der Bulle, welche Innocenz VIII. 1486 gegen die Drucker schlechter Bücher erlassen hatte, nahm der Offizial des Erzbischofs in dessen Auftrag die Beaufsichtigung der Preßerzeugnisse in die Hand. Seit 1496 durfte bei Strafe der Exkommunikation kein Buch mehr gedruckt werden, welches nicht vorher die erzbischöfliche Approbation und Druckerlaubnis erhalten hatte. Die letztere Bestimmung stützte sich auf die päpstliche Bulle von 1496, in welcher Alexander VI. zugleich das Lesen und die Verbreitung ketzerischer Schriften verboten hatte; der Offizial Heinrich von Irlen veröffentlichte seinen diese Verbote enthaltenden Erlaß am 12. November 1499. Der Geist der Unzufriedenheit und scharfen Kritik ließ sich aber nicht mehr bannen, und [530] der Papst muß bald darauf von Deutschland aus um neue Strafandrohungen gegen die der Geistlichkeit mißliebige Presse angegangen worden sein, denn in seiner Bulle vom 1. Juni 1501 dehnte Alexander zwar die Censur auf Schriften jedes Inhalts, auf die gesammte Litteratur aus, beschränkte sie aber auf die drei geistlichen Kurfürstentümer und das Erzbistum Magdeburg, in welchem so viele ketzerische Bücher und Abhandlungen gedruckt würden.

Diese Bulle bildet den Anfang einer mehr methodisch durchgeführten Präventivcensur und die Grundlage für alle spätern Bullen, Reichstagsabschiede und landesherrlichen Erlasse gegen die Preßfreiheit. „Da Wir erfahren haben“, so heißt es wörtlich in ihr, „daß durch die Buchdruckerkunst sehr viele Bücher und Abhandlungen in den verschiedenen Teilen der Welt, namentlich im kölnischen, mainzischen, trierschen und magdeburgischen Sprengel gedruckt worden sind, welche verschiedene Irrtümer und verderbliche, ja selbst der christlichen Religion feindliche Lehren enthalten, und daß dergleichen von Tag zu Tag allerwärts gedruckt werden, so verbieten Wir – von dem Streben beseelt, einer derartigen verabscheuungswürdigen Verderbnis ohne weitern Aufschub entgegenzutreten – allen Buchdruckern insgesammt und denen, welche ihnen irgendwie behilflich sind und sich als Drucker in irgendeinem Orte der vorgenannten Sprengel aufhalten, bei Strafe der Exkommunikation und bei einer Geldstrafe, welche durch unsere ehrwürdigen Brüder, die Erzbischöfe zu Köln, Mainz, Trier und Magdeburg oder deren geistliche Generalvikare oder Offizialen und zwar durch einen jeden von ihnen in seinem Sprengel nach eigenem Gutdünken aufzulegen und zu vollziehen ist, ernstlich, daß sie in Zukunft sich irgendwie unterstehen, Bücher, Abhandlungen oder irgendwelche Schriften zu drucken oder drucken zu lassen, ohne zuvor darüber die Erzbischöfe oder obengenannte Stellvertreter und Offizialen um Rat zu fragen und ohne die besondere und ausdrückliche, unentgeltlich zu erteilende Erlaubnis ausgewirkt zu haben. Wir machen es ferner jenen zur Pflicht bevor sie solche Erlaubnis geben, das zu Druckende sorgfältig zu prüfen oder von Sachverständigen und Strenggläubigen prüfen zu lassen und darauf fest ihr Augenmerk zu richten, daß nichts gedruckt werde, was dem strengen Glauben zuwider, gottlos und Ärgernis erregend ist.“ Der Papst verordnet außerdem, damit nicht durch die schon vorhandenen Bücher noch mehr Unheil angerichtet werde, daß alle Bücherverzeichnisse und schon [531] vorhandenen Bücher durchgesehen und die, welche etwas wider die katholische Religion enthielten, verbrannt werden sollten.

Daß sich gegen diese, den Buchhandel im höchsten Grade lähmende Bulle Widerspruch und Vorstellungen erhoben hätten, davon verlautet so gut wie nichts. Nur aus Köln wird etwas derartiges berichtet, denn hier war wohl, in Konsequenz des frühern Verhaltens der Universität, eine faktische Durchführung der Vorschriften der Bulle versucht worden. Das Geschäft der kölner Drucker war schon damals ein blühendes, sie gehörten zu den rührigsten und erfolgreichsten Verlegern im Reich. Natürlich war es also, daß sie alle Mittel aufboten, um derartige, den geschäftlichen Verkehr hindernde Censurvorschriften nicht zur Ausführung kommen zu lassen. Am 3. September 1501 bestellten die Buchhändler Ludwig von Renchen, Johann von Solingen, Heinrich von Neuß, Wilhelm von Belle (der schon 1492 die leipziger Messe besucht hatte), Johann von Dorsten, Johann von Landen, Hermann von Bongart, Cornelius von Zürichsee, Peter Vogel, Wilhelm von Aesten, Christian von Nürnberg, Heinrich Friese, Dietrich von Berse und Gerhard von Amersford den Propst der Peterskirche zu Goslar, Magister Reinarus von Stockede, den römischen Prokurator Desiderius de Angariis und den Dr. jur. Ludolf ten Broick von Steinwich zu ihren Bevollmächtigten und Sachwaltern, um in Rom gegen das Vorgehen des Offizials Heinrich von Irlen und des Fiskalprokurators Urban von Vierssen zu appellieren. Über den Ausgang dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt.

Im übrigen Deutschland beachtete man diese Verfügungen wohl wenig, oder fügte sich äußerlich, leistete aber passiven Widerstand, der bei dem Mangel an Exekutivmitteln und solange der Staat der Kirche nicht hilfreich zur Seite trat in den gewöhnlichen Fällen auch half. Die mittelalterliche Kirche und später der mittelalterliche Staat suchten durch Wiederholung und Verschärfung der papierenen Drohungen zu ersetzen, was ihnen an wirklicher Macht fehlte. Daher rühren auch die stets wiederkehrenden Bullen, die spätern kaiserlichen Erlasse und landesherrlichen Verfügungen. Kirche und Staat schritten nur ein, wenn sie ausdrücklich darum angegangen wurden. Die Ketzerei war aber schon in jener, der Reformation, unmittelbar voraufgehenden Zeit so allgemein verbreitet, der Widerspruch und offene Ungehorsam gegen Rom so groß, der Einfluß der Humanisten, namentlich in den gebildeten deutschen Kreisen so [532] bedeutend, daß Leo X. schon in der sich erst vorbereitenden religiösen Reformbewegung eine Gefahr für die päpstlichen Einnahmen erblickte und ein Einschreiten gegen die humanistische und religiöse Litteratur für ein Gebot der Selbsterhaltung erachtete. Seine desfallsige Bulle vom 4. März 1515 ist das Vorbild für alle spätern. Die väterliche Sorge für den wahren Glauben und die Sittenreinheit der Christenheit stehen natürlich im Vordergrunde, während die päpstliche Herrschaft und namentlich der päpstliche Schatz den eigentlichen Schwerpunkt der Censurverbote desselben heiligen Vaters bilden, dem der sinnliche Genuß der höchste Zweck des Lebens war.

„Weil die Klage Vieler Uns und dem apostolischen Stuhl zu Ohren gekommen ist“, heißt es dort, „daß einige Meister der Druckerkunst in verschiedenen Teilen der Welt sowohl aus dem Griechischen, Hebräischen, Arabischen und Chaldäischen ins Lateinische übertragen, als auch andere in der lateinischen und Umgangssprache herausgegebene Bücher, welche Irrtümer im Glauben und verderbliche, sogar der christlichen Religion feindselige Lehren enthalten, zu drucken und zu verkaufen sich unterstehen, durch deren Lektüre nicht allein die Leser nicht erbaut werden, sondern vielmehr sowohl im Glauben als im Leben und in den Sitten in die größten Irrtümer verfallen, woraus oft Ärgernis verschiedener Art (wie die Erfahrung, die Lehrerin der Dinge, gezeigt hat) entstanden ist und größeres von Tag zu Tag zu entstehen droht, so haben Wir, damit nicht das, was zur Ehre Gottes und zur Vermehrung des Glaubens und zur Verbreitung guter Künste als heilsam erfunden ist, ins Gegenteil verkehrt werde und dem Heile der Getreuen Christi Schaden bereite, über den Druck der Bücher Aufsicht zu führen geglaubt, damit nicht in Zukunft die Dornen mit dem guten Samen erwachsen oder Gift unter die Heilmittel gemischt wird.“

„Wir verordnen demnach und setzen fest, daß fernerhin niemand ein Buch oder irgend eine andere Schrift weder in Unserer Stadt, noch in irgendwelchen andern Staaten oder Diöcesen zu drucken oder drucken zu lassen sich unterfange, bevor es oder sie nicht in der Stadt (Rom) durch Unsern Vikar, Magister Sacri Palatii (Büchercensor), in andern Staaten und Diöcesen aber durch den Bischof oder einen andern im Bücherdruck erfahrenen und vom Bischof bestellten Mann, oder durch den Inquisitor für ketzerische Verderbtheit in dem betreffenden Druckort des Staats oder der Diöcese sorgfältig geprüft und durch ihre eigenhändig, unentgeltlich und ohne Aufschub zu erteilende Unterschrift gebilligt worden ist. Wer aber anders zu handeln sich untersteht, der soll, außer dem Verlust der gedruckten Bücher und ihrer öffentlichen Verbrennung, sowie der Bezahlung von einhundert vollwichtigen [533] Dukaten ohne Hoffnung auf deren Erlaß, mit der Strafe der Exkommunikation belegt und zuletzt, wenn die Halsstarrigkeit zunimmt, durch seinen Bischof, beziehungsweise Unsern Vikar, mit allen Rechtsmaßregeln gestraft werden, damit andere seinem Beispiel nicht zu folgen wagen.“

Mit diesen Bullen wurde der Grund für die päpstliche Präventivcensur und ihre Weiterbildung gelegt. Alle spätern Erläuterungen und Ergänzungen schließen sich an sie an und berühren höchstens den einen oder andern untergeordneten Punkt, sodaß es überflüssig ist, sie sämmtlich in ihrem Wortlaut wiederzugeben. Der Kurfürst Albrecht von Mainz war der erste und, wie es scheint, einzige deutsche Fürst, welcher, in die Fußstapfen seines Vorgängers Berthold von Henneberg tretend, durch sein Mandat vom 17. Mai 1517, also am Vorabend der Reformation, den wesentlichen Inhalt der päpstlichen Bestimmungen auch für seine Diöcese einführte. „Da die Erfahrung, die Lehrerin aller Dinge, lehrt“, sagt Albrecht in der Einleitung, „daß durch die Buchdruckerkunst viele Bücher unter dem Schein des Guten veröffentlicht werden, welche dem katholischen Glauben und den guten Sitten zuwiderlaufen, zugleich aber den Geistern schädlich und selbst manchen durch äußere Stellung hervorragenden Männern verderblich sind, so ernennen wir Euch, Dich Unsern Vikar Bischof Paulus von Ascalon und Dich Kanonikus Dr. Jodocus Trutfetter einzeln und gemeinschaftlich zu Censoren der in der Erzdiöcese Mainz gedruckten und zu druckenden Bücher und zu Inquisitoren aller in derselben entstandenen oder entstehenden ketzerischen Verderbtheit.“ Sie sollen letzterer demnach in allen Ständen fleißig nachforschen, die damit Befleckten, wenn nötig, durch die Tortur ermitteln, strafen, ausrotten und vertilgen. Zugleich sollen sie die zu druckenden Bücher prüfen, die zulässig befundenen zulassen und mit ihren Namen versehen, die zu verwerfenden verbieten und überhaupt alles und jedes thun, was den Inquisitoren nach allgemeinem oder Statutarrecht zu thun obliegt. Wenn sie gedruckte Bücher oder Schriften finden sollten, welche dem Glauben oder den guten Sitten zuwiderlaufen, so sollen sie deren Besitz, Ankauf oder Verkauf verbieten und die Zuwiderhandelnden durch weltliche Censur, Geldbuße und andere Rechtsmaßregeln strafen. Zeugen, welche sich, sei es aus Haß, Liebe, Gunst oder Willfährigkeit ihrer Zeugenpflicht entziehen, sollen durch die kirchliche Censur gezwungen werden, Zeugnis für die Wahrheit abzulegen. Das im achten Kapitel berührte Auftreten des [534] Plebans Peter Meyer gegen Thomas Anshelm im Jahre 1518 beweist, daß wenigstens der Versuch gemacht wurde, diese Verordnung thatsächlich durchzuführen.

Aber alle diese Drohungen halfen in Deutschland nichts, ja, statt die Bewegung der Geister einzuschüchtern, fachten sie dieselbe nur um so mehr an. Als gäbe es gar keinen Papst und keine kirchlichen Würdenträger, entwickelte sich gerade damals eine täglich herausfordernder auftretende Flugschriftenlitteratur, welche das ganze Volk in den Kampf gegen Rom auf die Seite Luthers, des Führers der Opposition, zog. Der Tetzelsche Ablaßskandal machte die Stimmung gegen den Papst nur noch schlimmer. Das deutsche Volk jubelte in seiner großen Mehrzahl dem kühnen Reformator begeistert zu. Die Bannbullen wurden verlacht und hoben nur den Mut seiner Anhänger, statt ihn zu beugen; die zweite, vom 3. Januar 1521, in welcher Luther und seine Anhänger als räudiges Vieh bezeichnet und als Ketzer verflucht wurden, ward sogar öffentlich verspottet und Luther täglich mehr der Held des Volks. Zahllose Flugblätter, aus heimlichen Druckereien hervorgegangen, fanden ungestörte Verbreitung. Keine kirchliche Behörde vermochte gegen die revolutionären Erzeugnisse des in seinem innersten Wesen verletzten und erregten Volksgeistes einzuschreiten, denn die Hilfe der weltlichen Behörden blieb ihr zunächst noch versagt; selbst der kirchlich so treue Herzog Georg von Sachsen verhielt sich passiv und abwartend.

Dann kam im April 1521 der Reichstag von Worms. So wenig waren die Freunde Luthers eingeschüchtert, daß sie unter den Augen des Kaisers und der Reichsstände selbst eine Druckerei errichteten, deren Flugblätter den Gegner nicht schonten. Spanische Soldaten übten in Worms auf ihre Art die Censur aus. Hier nahm einer die von Hutten mit Anmerkungen versehene päpstliche Bulle einem Buchführer weg, zerriß sie und trat sie mit Füßen; dort bemächtigte sich ein Haufen spanischer Trabanten eines ganzen Ballens von Luthers Schrift über die babylonische Gefangenschaft, bis das Volk zusammenlief und die Spanier in die Flucht jagte.[4] Die Verhandlungen führten, wie bekannt, namentlich in den kirchlichen Fragen zu keinem Ergebnis. Karl V. blieb der alten Ordnung treu und hielt zum Papst, Luther widerrief nicht und ward daher in des Reiches Acht und Aberacht erklärt. Das Wormser Edikt (angeblich vom 8., in Wirklichkeit vom 26. Mai 1521) war vom päpstlichen [535] Legaten Aleander verfaßt und verkündigte in den rohesten, das kaiserlichen Ansehen schädigenden Ausdrücken der Welt die Verurteilung Luthers. Es ist dadurch für Deutschland so verhängnisvoll geworden, weil es die Verbindung der weltlichen mit der geistlichen Macht zur Aufrechterhaltung der bisherigen Verfassung der Kirche, somit auch zur Unterdrückung der Reformation begründet. Ergänzt wurde dieser Bund durch den wirklich am 8. Mai 1521 zwischen Kaiser und Papst abgeschlossenen Vertrag, worin sie einander versprachen, dieselben Freunde und dieselben Feinde, dasselbe Wollen und Nichtwollen zum Angriff und zur Verteidigung zu haben.[5] Also politisch gemeinschaftliche Sache gegen die Franzosen in Italien und kirchlich gegen die Reformbestrebungen in Deutschland! In diesem Edikt feierte die römische Politik einen ihrer bedeutendsten und dauerndsten Triumphe. Bis dahin hatten weder Friedrich III. noch Maximilian I. sich für das Reich zum Erlaß von Censurmaßregeln verstanden, Karl dagegen ließ sich jetzt von Papst bestimmen, die päpstlichen Bullen gegen die Presse nicht allein in seine Politik mit aufzunehmen, sondern jene auch in beschränkendem Sinne zu erweitern. Während noch Leo X. dem Bischof allein die Censur aller theologischen Schriften übertragen hatte, bestimmte das Wormser Edikt, daß dem Bischof noch die theologische Fakultät der nächstgelegenen Universität beigeordnet werden müsse. Rom hatte jetzt erlangt oder glaubte erlangt zu haben, was es so lange schmerzlich entbehrt hatte, den weltlichen starken Arm nämlich, welcher seine bisher nur auf dem Papier stehenden Strafen gegen die von der Kirche Abgefallenen vollziehen sollte. Das gelang in der Folge freilich nicht, dagegen war fortan das deutsche Kaiserthum unauflöslich mit dem Papsttum im Kampfe gegen den freien Geist des deutschen Volks verbunden.

„Der Römischen Kaiserlichen Maiestat Edict wider Martin Luther Bücher vnd lere seyne anhenger Enthalter vnd nachuolger vnnd Etlich annder schmeliche schrifften. Auch Gesetz der Druckerey.“ zerfällt, wie schon sein Titel andeutet, in zwei Teile. Der erste und größere wendet sich von Seite 1 bis zur Mitte von Seite 16 gegen Luther sowie seine Anhänger und thut sie mit den damals üblichen, auf Einschüchterung berechneten Drohungen und Schmähungen in des Reiches Acht und Aberacht; der zweite und letzte Teil dagegen enthält auf Seite 16 bis 21, an Luther und seine Verbrechen anknüpfend, zugleich die Censurbestimmungen [536] Karls. Auffallenderweise ist diese wichtige Urkunde bisher noch von keinem Geschichtsschreiber noch Staatsrechtslehrer als der Anfang der deutschen Büchercensur erwähnt worden, es gilt ihnen vielmehr als solcher erst der nürnberger Reichstagsabschied vom 18. April 1524. Wegen dieser Unterlassung ist es doppelt geboten, die den Zweck dieser Arbeit betreffenden Stellen wörtlich wiederzugeben. Sie lauten nach dem Originaldruck, der die faksimilierte Unterschrift des Kaisers trägt – ein gleichzeitiger Nachdruck weicht in einigen Lesarten und in der Orthographie etwas ab – wie folgt:

„Ferrer gebieten wir Eüch allen vnd Eür yedem In sonders: bey den vorgeschriben peenen. Das Ewr kainer des obgenannten Martin Luthers schriftten von vnserm hayligen Vater Babst: wie obstet, verdambt: vnd all annder schrifften. die in latein vnnd Deütsch: oder in ander Sprach bißher durch jne gemacht sein: oder hynfür gemacht werden. Als Böß: Argwenig vnd verdechtlich. Vnd von eynem offenbarn hartneggickhen Ketzer außgegangen: Kauff: verkauff, lese, Behalt: Abschreyb, Druck: oder abschreyben, oder Drucken lasse, noch seiner Opinion zufall, die auch nit halt, Predig noch beschirme, noch das in ainich ander weg, wie Menschen Synn das bedencken kan vnderstee. Vnangesehen ob darinn etwas guts den Ainfeltigen Menschen, damit zu betriegen, eingefürt were. Dann wie die aller peste Speys, so mit ainem clainen tropfen giffts vermischet: von allen Menschen gescheühet, souil mer, sollen soliche schrifften vnd Bücher, in den: so manig der Seelen gifft vnd verdambnus: eingefürt sein, von vns allen nit allein vermitten sonder auch die: von aller Menschen gedechtnus: abgethan vnd verdilgt werden. Damit Sy nyemands schaden, oder Ewiglich tödten. Dieweyl doch sonst vormals alles das, so gut in seinen Büchern geschriben, von den heyligen Vätern, die von der hayligen Christenlichen Kirchen angenommen vnd Approbiert seyn, zumermalen angezaigt ist, vnd on alle sorg vnd Arckwenigkait eynichs vbels, mag gelesen vnd gehalten werden. Dartzu sollet Ir all vnd Ewr yeder, in was wirden stats oder wesens der sey, vnd sonderlich die, so Oberkeyt vnnd gerichtßzwang haben vnd gebrauchen, bey vermeydunng vorberürter Peen. Allennthalben Im hayligen Römischen Reiche. Auch vnser Erblichen Fürstenthumben vnnd Landen, mit der That, Ernstlich ordnen, Straffen. Gepieten: vnd bestellen, all vnd yegklich solich Obbestimpt des Luthers vergifft schrifften vnd Bücher als die so dienen zu ainem grossen auflauff. Schaden. Zertrennung vnd Ketzereyen, In gotes Kirchen, mit dem Feür zuuerbrennen, vnd in den, vnd ander weg, genntzlichen abzethun, zuuernichten: vnd zuuerdilgen. Deßgleychen söllet Ir der Bäbstlichen hayligkeit Botschafften, oder Iren verordenten Commissarien, in söllichem auff ir anlangen [537] vnd Ersuchen mit allem vleys vnd Trewen beysteen. Vnd nichtdestminder, in derselben abwesen, diss alles vnd yedes, also zugeschehen: zu Exequiern, vnd zuuolbringen aus vnserm geheyss vnd beuelich: thut vnd handelt. Daneben gebietet wir allen andern, vnserm vnnd des Reichs: Auch vnnser Erblichen Fürstenthumb vnd Lande, vnderthanen vnd Getrewen. Ernstlich mit disem brief. Das Ir den obgemelten Stenden, vnd Oberkayten, gleich vns selbs, in solichem hilfflich beystendig, gehorsam vnd gewertig seyt, bey vermeydung der angezaygten Penen. Straffen vnd Pussen. Und nach dem die merklich notturfft Erfordert, fürzekumen vnd zuuerhuten. Das des Luthers Bücher, oder Böß Ausszug derselben, so in annderer Namen darjnn seyn, als des Dichters namen nit gemeldet wirdet, außgeen, noch sunst vil annder Bücher, die, als wir mit beschwerung vnsers gemüts, bericht, den Merern tayl, in Deütsch Landen gemacht, vnd Gedruckt, vnd böser leren vnnd Exempel vol seyn, hinfür nit mer geschriben, noch gedruckt werden, damit die Christglaubigen weyter, aus verlesung derselben, nit in grössern Irrfall des Glaubenns, lebenns, vnnd Güeter sytten, fallen vnnd Ergerung. Neyd vnd hass, in Gotes Kirchen, daraus entspringe, wie sich bisher Augenscheinlich erzaygt hat. Daraus täglichs ye lennger ye mer. In Künigreichen, Fürstenthümben, vnd Landen: Aufflauff: Zertrennung, vnd Vngehorsam zubesorgen ist. Demnach soliche schedliche, verderliche sucht außzudilgen. Gepieten wir abermals, mit Rat vnd willen, vnser vnnd des Reichs Churfürsten: Fürsten, vnd Stennde, bey vorgedachten Sweren Penen: Straffen vnd Pussen: Eüch, den selben vnsern vnd des Reychs, vnnd vnnser Erblichen Fürstenthumb vnd Lande, vnderthanen allen vnd Ewer yeden, als Römischer Kayser vnd Erblicher Herr, das hynfür: Ewr kainer, soliche Smach vnd vergiffte Bücher, noch ander zedl oder abschrifften, als die, so vnserm hailigen Glauben Irrsal gepern. Vnd dem, das die heyligen Christenlich kirch bißher gehalten hat, widerwertig sein. Dartzu auch vheinds vnd schmachschrifften: wider vnsern hailigen vater Babst. Prelaten. Fürsten. hohe schulen: vnd derselben Faculteten vnd ander Ersam personen, vnd was jnhaltet: das: so sich von den guten syten, vnd der heiligen Römischen kirchen abwendet: nit mer dichte: schreib: druck: Male: verkauff: kauff: noch heimlich oder offenlich behaltet: noch auch nit drucken, abschreiben oder malen lasse, noch das in kein ander weyse: wie ymmer erdacht werden mag, nit gestat: verhenge noch verschaffe. Deßgleichen gepieten wir ernstlich, bey angezaigten peenen: allen den: so zu der Justicy: verordnet vnd gesetzt sein: das sy alle yetzgemelte schrifften Bücher: zedl: vnd malerey, so bißher gemacht sein: vnd hynfür geschriben: gedrückt: vnd gemalet werden. Sy seyen: wes sy wöllen. Wo man sie findt, durch das gantz heilig Reiche vnd vnser Erblande: jn krafft, ditz vnsers gebots: von vnsern wegen annemen: zerreissen vnd mit offenlichem Feür verprennen. Auch der Dichter: Schreiber: drucker, vnd Maler [538] auch verkauffer vnd kauffer solicher schentlichen, schrifften, Bücher: zedeln, vnd Malereyen die darjnn nach verkündung vnsers gegenwürtigen Keiserlichen gebots verharren: oder deßhalben jchts fürzenemen vndersteen, wo das offenbar ist: leib: güter: vnd gerechtigkeyten, wo jr die bekumen mügt. Annemet. Fahet. vnd behaltet. Vnd damit nach Eürm geffallen handelt, des sollet jr gut fueg vnd recht, vnd damit wider nyemands gethan, noch gehandelt haben, noch yemands darumb weder jnner: noch ausserhalb Rechtens zeantworten nit schuldig sein. Damit auch solichs alles, vnd ander vrsachen künfftiger jrrsal, abgesniten, vnd die gifft, der, so soliche schrifften dichten vnd machen: ferrer nit außgeprait: vnd die hochberümbte kunst der Druckerey, allein in guten und löblichen sachen gepraucht vnd geübt werde. So haben wir weiter: aus Kaiserlicher vnd Künigklicher oberkeit vnd Rechtem wissen: auch mit ainhelligem Rat: vnnser vnd des Reichs Churfürsten. Fürsten: vnnd Stennde, bey vnnser vnnd des Reychs Acht vnd Aberacht, vnd andern vorberürten Peenen, Geboten. Gebieten auch solichs wyssentlich in Crafft ditz vnnsers Edicts. Das wir hiemit für ayn vnzerbrochenlich gesetze Zehalten. Erkennen. Das hynfüro keyn Buchtrucker, oder yemands annder. Er sey wer, oder wo Er wölle: in dem Hayligen Römischen Reyche. Auch in vnsern ErbKhünigreychen. Fürstenthumben vnd Lannden: kayn Bücher noch ander schryfften, in den Etwas begriffen wirdet, das den Christenlichen Glauben wenig oder vil Anrüret. Zum Ersten druck: nit Drucke: on wyssen vnd willen des Ordinarien desselben Orts: oder seins Substituten, vnnd verordenten, mit zulassung der Facultet: in der hayligen Geschrifft eyner der negstgelegnen Vniversitet. Aber ander Bücher. Sy seyen in welicher Facultet vnnd begreyffen was sy wöllen, sie sollen mit wyssen vnnd willen des Ordinarien, vnd ausserhalb desselben kains wegs, Gedruckt. Verkaufft: noch zedrucken oder zuuerkauffen vnnderstanden: Verschaffet noch Gestatet werden, in kayn weyse. Ob aber yemands: in was Wyrden: Stats oder Wesenns der were. Wider dise vnnser Christennliche vnd Kayserliche Maynunng: Decret: Statut: Gesetz: Ordination, vnnd Gebot, die auch ganntz vnnd vnzerstörlich sollen gehalten werden, In ainem oder mer vorgeschriben Artickeln, so die Materj des Luthers oder der Druckerey betreffen In Einichen weg, wie Menschen Synn das erdencken möcht, Freuentlich hanndelt, vnd thete, Vber das, wir, solichs vernichten, vnnd Krafftlos machen. Wider die selben wellen wir, das, mit den vorgeschryben. Auch den Penen, In den Rechten eingeleibt: Vnnd nach Formm vnnd gestalt des Panns. Vnnd Kayserlichen Acht vnnd Aberacht. Gehandelt: Procediert: vnnd fürgefaren werden solle. Darnach wysse sich Menigklich zurichten.“

Dieses kaiserliche Edikt ergänzt die ihm voraufgehende päpstliche Bulle von 1515 und erweitert sie in ihren auf einheitliche Durchführung der [539] Censur gerichteten Zielen. Bisher hatte sich der Papst allein die Oberaufsicht über die Presse angemaßt, fortan, aber reichten sich die weltliche und geistliche Gewalt brüderlich die Hand, um im größten Teil der damaligen civilisierten Welt Denken und Glauben in ihrem Ausdruck durch die Litteratur ihrem Machtgebote zu unterwerfen. Was dem Papst nicht gefiel, das war einfach Ketzerei, und was dem Kaiser mißliebig war, das ließ er als Schmähschrift oder Famoslibell verfolgen.

Die bisher rein kirchlichen Censurvorschriften würden für die Protestanten bedeutungslos geblieben sein, nur auf dem Papier gestanden haben, wenn der Kaiser nicht dem Papst jetzt seinen mächtigen Arm geliehen hätte. Wie Rom die Wiege der Büchercensur für die ganze Welt, so ist Worms ihre Geburtsstätte für Deutschland. Spätere Regenten haben höchstens mehr Methode in deren Ausübung, mehr System in die Verfolgung der Preßvergehen gebracht; neue Gesichtspunkte aber konnte selbst der Absolutismus des 18. und 19. Jahrhunderts beim besten Willen auf diesem Gebiete cäsaro-papistischer Politik nicht mehr aufstellen. Namentlich aber bildete sich fortan statt des bisherigen gelegentlichen Einschreitens mehr und mehr eine allgemeine, wenn auch immer noch willkürliche Praxis aus, welche mit ganz besonderer Härte auf die Protestanten drückte, denn während diese sich von der katholischen Kirche losgesagt hatten, beanspruchte letztere sie immer noch als ihre, wenn auch ungehorsamen, Kinder und behandelte sie dementsprechend. Unter solchen Umständen war es ein großes Glück, daß die Reichsstände in ihrer innern Politik so gut wie unabhängig vom Kaiser waren, und daß namentlich die lutherischen Freien Städte seinen Censurerlassen, soweit diese sich auf theologische Gegensätze und Streitigkeiten erstreckten, jahrzehntelang eine meisterhafte Unthätigkeit, einen zähen passiven Widerstand entgegensetzten.

Es dauerte übrigens bis zum Jahre 1577, ehe die Reichspreßgesetzgebung in der revidierten Reichspolizeiordnung vom 9. November 1577 ihren Abschluß fand. Die einzelnen Akte und Beschlüsse finden sich in ihrem Wortlaute im Anhang unter X abgedruckt; es reicht also hin, ihre Hauptbestimmungen hier kurz zusammenzufassen.

Kaiser Karl hatte im Mai 1522 Deutschland verlassen und sich nach Spanien zurückbegeben, wo er nunmehr sieben Jahre blieb. Während seiner Abwesenheit ließ er sich von dem in Nürnberg residierenden Reichsregiment vertreten. Abgesehen davon, daß eine solche Körperschaft bei der [540] Schwerfälligkeit ihres Vorgehens weniger ausrichten kann als ein einzelner Mann, so hatte auch die Bewegung der deutschen Geister nach dem wormser Reichstag einen immer größern Aufschwung genommen, namentlich aber war die Thätigkeit der Presse eine so aufreizende und ihre Sprache eine so wilde geworden, wie sie nur in innerlich erregten, einer Revolution veraufgehenden Zeiten sich zu äußern pflegt. Unter diesen Umständen mußte selbstredend die Verfügung des nürnberger Reichstagsabschieds vom 8. April 1524 ungehört im Winde verhallen, wonach jede Obrigkeit dafür sorgen sollte, daß „Schmachschriften und -Gemählde hinfürder gändzlich abgethan werd und nicht weiter ausgebreitet“. Diese Worte lauten äußerst harmlos und unverfänglich; indessen enthalten sie ein ganzes Nest von juristischen Schlingen, in welchen sich die Lutheraner nur zu bald zu ihrem Schaden fangen sollten. Im Gegensatz zum Wormser Edikt kündigt sich hier nämlich völlig unvermittelt eine ganz neue Bezeichnung für die zu bestrafenden Bücher und Schriften an. Sprach jenes, an den bestimmten Fall anknüpfend, nur von Lutherschen „Schmach- und vergifteten Büchern“, welche unterdrückt werden sollten, weil sie den christlichen Glauben und den heiligen Vater beleidigten, so war das ein faßbarer juristischer Begriff. Nun aber verlangt der nürnberger Reichsabschied von 1524 in ganz allgemeinen Ausdrücken, daß „Schmachschriften und -Gemälde gänzlich abgethan“ werden sollen.

Man muß, um sich über den Sinn dieser Worte klar zu werden, zunächst den Rechtsbegriff feststellen, der die Auffassung jener Zeit beherrschte. Das gemeine deutsche Strafrecht bezeichnet (Berner, „Strafrecht“, 9. Aufl., S. 444. 445) zunächst als Pasquill jede Ehrverletzung, die durch bleibende Zeichen (Schrift, Druck, Schnitz-, Bild- oder Gußwerk) veröffentlicht wird, und als Schmach- oder Schmähschrift, oder Famoslibell: die anonyme oder pseudonyme Anschuldigung eines peinlichen Verbrechens, zu dessen Thatbestand natürlich auch das Bewußtsein des beleidigenden Charakters der Handlung gehört. Die vielfach vorkommenden Ausdrücke späterer Erlasse und Gesetze, wie „teufflich Pasquill, Laster- und Schandschrift, Famos-Gedicht und Lasterbüchlein, ehrverletzendes Gemälde und Schmachkarten“, sind nur andere Bezeichnungen für denselben Begriff.

Es ist allerdings eine bekannte Thatsache, daß im Deutschen Reich zu keiner Zeit die Spott- und Schmähschriften mehr geblüht und einander [541] überboten haben, als in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und zwar im öffentlichen Leben noch mehr, als im privaten. Die Menschen waren damals naturwüchsiger, derber und roher als heutzutage. Unmut, Haß und Verachtung machten sich darum auch viel eher in Schimpfen und Schmähen Luft. Würdige, ernste Männer vom höchsten persönlichen Ansehen und sittlichen Gehalt, wie z. B. Reuchlin und Luther, hatten in dem Stil der päpstlichen Kurie ein so gutes Vorbild gehabt, daß sie, nach dem heutigen litterarischen Geschmack gemessen, oft geradezu pöbelhaft schrieben. Wie sehr das Schimpfen – und hier zunächst die private Seite der Frage zu beleuchten – dem deutschen Volke eine Herzenserleichterung und ein Bedürfnis war, beweist die aus dem Mittelalter stammende und bis in die neueste Zeit noch in einigen Schweizerkantonen rechtskräftige Bestimmung, wonach es dem in einem Prozeß Unterliegenden gesetzlich gestattet war, volle 24 Stunden lang nach Verkündigung des Urteils nach Herzenslust auf das Gericht zu schimpfen. Der Gläubiger zwang häufig seine Schuldner dazu, daß sie sich in Falle der Nichterfüllung ihrer Verbindlichkeit gefallen ließen, von ihm durch Verbreitung von Schmähschriften und Spottbildern angegriffen und verfolgt zu werden. Der schlimme Brauch war so fest gewurzelt, daß sich selbst die Behörden dagegen wenden mußten. So verfügt der §. 7 des 35. Titels der reformierten Reichs-Polizeiordnung von 1577: „Wenn Wir auch berichtet worden sind, daß in etlichen Landen dieser Brauch oder vielmehr Mißbrauch eingerissen, da dem Gläubiger auf sein Angesinnen von seinem Schuldner oder Bürgen nicht bezahlt wird, daß er derentwegen dieselbigen mit schändlichen Gemählds und Brieffen öffentlich anschlagen, schelten, beschreien und berufen lässet. Dieweil aber gantz ärgerlich, auch viel Zankes und Böses verursacht, darumb es ja in keinem Gebiet, darinnen Recht und Billigkeit administriert werden kann, zu verstatten; so wollen Wir dasselbig anschlagen, auch solcher Gedung und Pacta den Verschreibungen einzuverleiben, hiermit gäntzlich verbotten und aufgehoben, auch allen und jeden Obrigkeiten in ihrem Gebiet mit ernstlicher Straff gegen denjenigen, so noch des Anschlagens sich gebrauchen würde, zu verfahren befohlen haben.“ Selbst der Kirchenbann, wie er z. B. noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Straßburg von der Kanzel herab gegen die Übertreter des Verbots verkündigt wurde, vermochte dem allgemein verbreiteten Übel nur in vereinzelten Fällen zu [542] steuern. Die Missethäter wurden wohl in den Thurm gesetzt, in den Bock gespannt oder an den Pranger gestellt; allein selbst diese harten Strafen konnten den rohen Hang im Volke nicht ausrotten, der erst allmählich unter besser erzogenen und gebildeten Geschlechtern in Vergessenheit geriet.

Nicht anders war es im öffentlichen Leben. Der gewaltige, durch die Reformation hervorgerufene Kampf hatte die Leidenschaften in Kirche und Staat entfesselt und mußte austoben. Seine Niederlage durch die Waffen feuerte ihn zu verdoppelten Anstrengungen auf geistigem Gebiete an. Haß, Zorn und Verachtung erzeugten Schmähung, Spott und Hohn, die sich, dem Charakter der Zeit entsprechend, meist in rohen Kraftausdrücken Luft machen. „In erster Linie wurden der Papst, der römische Hof und die höhere Geistlichkeit in Pasquillen, Spottliedern und Schmähschriften, bald mit Witz und satirischer Laune, bald mit bitterstem Zorn und tiefstem Ingrimm oder mit einer Verachtung, welche dem Innersten der Seele entquoll, in ihrer sittlichen Entartung ihrer Geldgier, Herrschsucht, Unzucht, Unmäßigkeit und überhaupt in ihrer ganzen Unsauberkeit im Denken und Handeln, Wollen und Streben dem Volke zur Schau gestellt. Auf sie entlud sich in solchen Schriften im vollsten Maße alles, was nur irgendeine Seele, glühend von Haß und Erbitterung, unversöhnlicher Feindschaft und tiefster Verachtung irgendwie auszusprechen vermag, gleich als hätte sich dies alles jahrhundertelang durch Bann und Interdikt, durch Scheiterhaufen und Kerker niedergehalten und zurückgedrängt, im vollsten Maße sammeln sollen, um mit einem mal sich über Rom und seine Priesterschaft wie im wildesten Strome zu ergießen“. Nächst Rom war der Kaiser Karl V. selbst, von seinem ersten Auftreten im Reiche an, den steten Angriffen der Spott- und Schmachschriften ausgesetzt. Jede seiner Maßregeln wurde von seinen Gegnern der rücksichtslosesten Kritik und häufig auch ungerechter Verdächtigung unterzogen. Das Wormser Edikt, seine Versuche zur Beilegung der religiösen Streitigkeiten, namentlich das Interim und seine unwürdige Behandlung der gefangenen protestantischen Fürsten, vor allem aber seine Begünstigung der Spanier und fremden Völker bildeten den Gegenstand zahlloser überall und zu jeder Zeit wiederkehrender Anklagen und Schmähungen. Der Kaiser nahm offenbar einen sehr bedeutenden Einfluß dieser Schmähschriften auf die Meinung und Stimmung des Volks wahr und suchte sie deshalb auch mit Nachdruck und Strenge zu unterdrücken.

[543] Natürlich muß jede Regierung schon im Interesse der Selbsterhaltung derartigen Überschreitungen des Gesetzes energisch entgegentreten; allein Karl und seine Nachfolger gingen viel zu weit, indem sie jede von den Gegnern Roms ausgegangene Schrift, ja selbst wissenschaftliche Werke als Schmähschriften verfolgten. Indem also der nürnberger Reichsabschied die privatrechtliche Definition der Schmachschrift auf das öffentliche Recht übertrug, schuf er ein ganz neues Verbrechen, welches die Presse der Lutheraner und sämtlicher Akatholiken von vornherein vogelfrei machte. Mit jedem Fortschritt der sogenannten Gegenreformation wurde durch diese absichtliche Begriffsverwirrung die Lage der protestantischen Litteratur mißlicher und immer mehr dem Belieben kaiserlicher Censoren und Bücherkommissare überantwortet. Gelehrte Werke hervorragender lutherischer Theologen, wie z. B. selbst Luthers und Melanchthons oder später die des berühmten tübinger Professors Bengel, oder anerkannte Geschichtswerke, wie des Sleidanus’ „De Statu religionis et reipublicae Carolo V. imperatore Commentarii“, wurden trotzdem daß sie mit Privilegien gedruckt und jahrzehntelang mit dem Namen des Verfassers im Handel waren, von den frankfurter Bücherkommissaren auf Befehl der Jesuiten der Hofburg als Schmachschriften mit Beschlag belegt und verfolgt. Zunächst also ließen die Lutheraner ohne jeden Widerstand ein Strafgesetz willkürlich auf sich anwenden, das ganz andere Vergehen und Verbrechen zu ahnden hatte, dann aber ließen sie dieses auf sie übertragene Gesetz wieder willkürlich auslegen und ändern, statt es energisch zurückzuweisen. Fürsten und Freie Städte beruhigten sich offenbar mit dem Troste, daß die kaiserliche Politik nicht bis zu ihnen reiche, und halfen ihr schon 1529 selbst die Ketten schmieden, welche sie später um ihren Hals warf, jedenfalls aber gingen sie dem Kampfe aus dem Wege, welcher zwischen der neuen und alten Weltanschauung unvermeidlich geworden war. So ließen sie sich denn zu schmähenden Querulanten, zu boshaften Prozeßkrämern herabdrücken, ihre Presse aber, welche die beste Verteidigerin ihrer Sache war, als unnützen Pasquillanten verfolgen und unterdrücken. Allenfalls gewährte es ihnen eine Art von Genugthuung, daß die Unbestimmtheit der Ausdrucksweise der Reichsverordnungen letztere zu einer zweischneidigen Waffe machte, welche für jeden politischen oder kirchlichen Standpunkt, also auch dem Angreifer gegenüber, verwendbar war.

Ein Jahr nach dem nürnberger Reichsabschied zog der Bauernkrieg [544] mit seinen Schrecken und Greueln durch das südliche und mittlere Deutschland; eine furchtbare Reaktion, ein grausamer Rachekrieg war die natürliche Folge. Allein die Bewegung der Geister konnte durch Blut und Folter nicht erstickt werden. Der speyersche Reichstagsabschied vom 22. April 1529 suchte die Flut zu stauen; er brachte ein vorläufiges Censurgesetz, das bis zum nächsten Konzil in Kraft bleiben sollte. Es waren aber nur einige allgemeine Bestimmungen, ohne eine einzige Ausführungsanweisung; sie hatten als selbstverständliche Voraussetzung die Anstellung verständiger Männer zu Censoren. War hier die Censur zugleich von den Fürsten und Ständen des Reichs im Prinzip anerkannt, so lieferte der augsburger Reichstagsabschied vom 19. November 1530 die nähern Ausführungen zu ihrer Handhabung. Er bezeichnete seine Verordnungen zwar auch wieder nur als zeitweise, d. h. bis zum nächsten Konzil, erlassen; indessen ließ dies den durch die Reichsgesetze geschaffenen Zustand des Preßrechts unverändert fortbestehen. Der augsburger Abschied schritt logischer und energischer ein als seine Vorgänger. Die politische und soziale Revolution war fast im ganzen Lande in Blut erstickt, kleinere Bewegungen konnten den vereinigten Fürsten auf die Dauer nicht mehr gefährlich sein, und die Sicherung dessen, was die religiöse Reform ihr an Vorteilen gebracht hatte, lag der damaligen Mehrheit der Reichsstände am nächsten. Um so eher gab sie auch das freie Wort preis, das auch ihr schaden konnte, und sah es sogar nicht ungern, wenn der freien Kritik ein kaiserlicher Kappzaum angelegt wurde. So wird denn mit der niedergehenden Volksbewegung ganz Deutschland von einem theoretisch vollständig ausgebildeten Censursystem heimgesucht, dessen faktische Handhabung glücklicherweise zunächst nur noch wenig entwickelt war. Zuvörderst verbietet der Kaiser dem Kurfürsten von Sachsen und seinen Mitverwandten, den sächsischen Fürsten, irgendeine neue, den Glauben betreffende Schrift in ihren Gebieten drucken, feilhalten oder verkaufen zu lassen; dann befiehlt er den Kurfürsten, Fürsten und geistlichen und weltlichen Ständen des Reichs, nichts Neues ohne Censur drucken zu lassen, den Druckern aber ihren vollen Vornamen, Zunamen und Wohnort auf dem Druckwerk anzugeben. Schmähschriften und dergleichen Bücher werden natürlich verboten. Der Zuwiderhandelnde soll von seiner Obrigkeit an Leib und Gut gestraft werden. Sollte aber eine solche lässig befunden werden, so soll sie der kaiserliche Fiskal zur Beobachtung der [545] Censurvorschriften anhalten und beim Kammergericht verklagen. Die Strafbestimmung gegen Schmachschriften wurde denn auch in Kaiser Karls V. Peinlicher Halsgerichtsordnung von 1532 unter Artikel 110 aufgenommen.

Mit der fortschreitenden Niederwerfung der Revolution und der Erstarkung der fürstlichen Landeshoheit werden natürlich die Verbote der Schmähschriften verschärft. So sagt der regensburger Reichstagsabschied vom 29. Juli 1541, daß der Kaiser sich mit Kurfürsten, Fürsten und gemeinen Ständen dahin verglichen habe, „daß hinfüro keine Schmäh-Schrifften gedruckt, feyl gehabt, kaufft noch verkaufft, sonder wo der Tichter, Drucker, Kauffer oder Verkauffer betretten, darauf eine jede Oberkeit fleißig Aufsehens haben solle, daß dieselben nach Gelegenheit der Schmäh-Schrifften, so bei ihnen erfunden, ernstlich und härtiglich gestraft werden sollen.“ Indessen erwiesen sich diese Bestimmungen zuletzt doch wieder nur als Schläge ins Wasser. Die alte Gesellschaft wankte in ihren Grundfesten und strenge Gesetze konnten ihren Zusammenbruch nicht abwenden. Wenn der bewaffnete Widerstand der schmalkaldener Bundesgenossen auch durch ihre Niederlage bei Mühlberg 1547 und durch die Gefangennahme ihrer Führer gebrochen war, so suchte und fand die geschlagene Partei doch andere Waffen in dem erbitterten Kampfe gegen den Sieger. Nie griff sie kecker, rücksichtsloser und leidenschaftlicher mit gelehrten Büchern, wissenschaftlichen Werken, Flugschriften und Spottgedichten an, und noch nie zuvor hatte die volkstümliche Litteratur einen solchen Grad der Erbitterung, eine solche Bedeutung im Leben der ganzen Nation erlangt. Stand die Schmähschriftenlitteratur auch schon vor der Niederlage der Protestanten in großer Blüte, so erreichte sie ihren höchsten Punkt doch erst in den Jahren 1546 bis 1549. Überall im Lande tauchten diese Flugschriften namenlos oder mit Namen erdichteter Druckorte oder Verfasser auf. Im Jahre 1544 erschienen sogar gleich zwei Bände Schmähschriften, deren erster die poetischen und deren zweiter die in Prosa geschriebenen Pasquille enthielt. Der Kaiser stand auf dem Gipfel seiner Macht, als er auf dem Reichstag zu Augsburg in seiner Reichspolizeiordnung vom 30. Juni 1548 der Presse neue Beschränkungen auferlegte. Er begründete sein Vorgehen in §. 1 des Titel 34 mit der Erwägung, daß „ob derselben Unser Satzung (vom Jahre 1541) gar nichts gehalten, sondern daß solche schmählichen Bücher, Schrifften, Gemählds und Gemächts [546] je länger je mehr geticht, gedruckt, gemacht, feyl gehalten und ausgebreitet werden.“ Demnach verfügt Karl am Schluß dieses ersten Paragraphen die strengste Censur (Vorlegung der zu druckenden Schrift, Nennung des Verfassers, Druckers und Druckorts) und erläutert im zweiten Paragraphen „die Pflanzung und Erhaltung christlicher Lieb und Einigkeit und Verhütung von Unruhe und Weiterung“ dahin, „daß nichts so der catholischen allgemeinen Lehr, der heiligen christlichen Kirchen ungemäß und widerwärtig oder zu Unruhe und Weiterung Ursach geben, desgleichen auch nichts schmählichs pasquillisches oder anderer Weiß, diesem jetzo allhie aufgerichteten Abschied und anderen Abschieden, so demselben nicht entgegen seynd, ungemäß in was Schein das geschehen möchte, gedicht, geschrieben, in Druck gebracht, gemahlt, geschnitzt, gegossen und gemacht werde.“ Die Drucker, Verkäufer, Käufer und selbst Besitzer solcher ohne Censur veröffentlichten Schriften und Gemälde sollen gefänglich eingezogen und peinlich, oder im Notfalle sogar unter Anwendung der Folter gefragt und der Schwere des Verbrechens entsprechend gestraft, die Verabsäumung der vorgeschriebenen Formen aber mit Unterdrückung der verbotenen Schriften, harten Strafen und Untersagung des Gewerbebetriebs geahndet werden. Also der unschuldige Besitzer eines mißliebigen Buchs konnte sogar der Folter verfallen, mochte er dessen Inhalt kennen oder nicht! Dem Kaiser scheint nach seinen Siegen die Klugheit der Mäßigung abhanden gekommen zu sein. Selbst in Österreich und Bayern strafte man höchstens Verfasser, Drucker und Verbreiter verbotener Bücher mit der Folter! Wenn die betreffende Obrigkeit gegen die Übertreter dieser Bestimmungen nicht energisch einschritt, so sollte der Reichsfiskal gegen die säumige Obrigkeit sowohl, als gegen die Übelthäter beim Kammergericht klagend vorgehen. In einem Edikt vom gleichen Datum befiehlt der Kaiser endlich den Kurfürsten, Fürsten und Ständen die sofortige Veröffentlichung und strenge Ausführung der vorstehenden Polizeiordnung und setzt als schwere Pön gegen die ungehorsamen Buchdrucker außer Niederlegung ihres Gewerbebetriebs eine Strafe von 500 Goldgulden fest, welche sie ihrer ordentlichen Obrigkeit „unabläßlich“ zu bezahlen haben.

Der erfurter allgemeine Kreistagsabschied vom 27. September 1567 dehnt in mehr jammerndem und bittendem, als befehlendem Tone die Bestimmungen der augsburger Reichspolizeiordnung von 1548 auf die [547] Neuen Zeitungen, die also damals eine größere Bedeutung erlangt haben müssen, aus und beklagt, daß durch zu langmütiges Zusehen der Obrigkeiten es den falschen, üppigen Dichtern gelungen sei, „ein solch Mißvertrauen und Verhetzung zwischen allerseits hohen und niedern Ständen zu erwecken, welches wohl unversehenliche Empörung und viel Unheyls verursachen möchte.“ Höhere Strafen konnten selbst von der üppigsten Phantasie nicht mehr erdacht werden; man war also gezwungen, den Ton wieder herabzuschrauben.

Es halfen indessen weder gütliche Zureden noch schroffe Drohungen. Die Presse mit den in ihr wurzelnden Interessen nahm bereits eine zu mächtige Stellung im Leben des Volks ein, als daß ihre Erzeugnisse erfolgreich hätten unterdrückt werden können. Der Gewinn aus dem Vertrieb verbotener Schriften lockte mächtig zu stets neuen Unternehmungen an; überall entstanden in den kleinern Städten neue Buchdruckereien, deren Überwachung von Tag zu Tag schwieriger wurde. Der speyerer Reichsabschied vom 11. Dezember 1570 suchte dem, wie er sagt, durch sie angestifteten Zank, Aufruhr, Mißtrauen und Zertrennung alles friedlichen Wesens durch neue ohnmächtige Verordnungen abzuhelfen. Deshalb sollten hinfüro im ganzen römischen Buchdruckereien an keinen andern Orten als in fürstlichen Residenzen, in Universitätsstädten oder in ansehnlichen Reichsstädten gestattet sein, alle Winkeldruckereien stracks abgeschafft werden. Natürlich konnte man dort die obrigkeitliche Aufsicht bequemer durchführen, wogegen diese in den kleinen Orten, wo Druckereien bestanden, schwer, ja unmöglich zu handhaben war. Beachtung fand diese gesetzliche Bestimmung aber wohl wenig; nur Kurfürst August von Sachsen ging ihr entsprechend vor. Sodann wurde die Zulassung eines Buchdruckers von einer vorherigen Prüfung seiner Ehrbarkeit und Zuverlässigkeit durch die Obrigkeit abhängig gemacht, worauf er sich eidlich an die Beobachtung der gesetzlichen, in dem Reichsabschied vorgeschriebenen Bestimmungen binden mußte. Im übrigen wurden die alten Verordnungen neu eingeschärft. Den Zuwiderhandelnden traf außer Gefängnis und eventueller Folter auch Konfiskation der Bücher und den Drucker außerdem noch Verlust seiner Druckerei. Endlich aber wurde unter Androhung kaiserlicher Ungnade und willkürlicher Strafe den Ständen und Obrigkeiten befohlen, ihre Druckereien „unerwarteter Ding“ zu visitieren und gebührenden Ernst und Strafe gegen die Übertreter vorzunehmen.

[548] Kaiser Maximilian II. war ein milder Herr, welcher den Dingen ihren Lauf ließ und an kleinlichen Verfolgungen keinen Gefallen fand. Nur einmal, und zwar drei Jahre nach dem speyerer Reichsabschied, verfolgte er mit einer ihm sonst nicht eigenen Erbitterung eine Schmähschrift, die „Nachtigall“, welche durch die Grumbachschen Händel und die Belagerung Gothas hervorgerufen, 1567 in Frankfurt a. M. gedruckt und gegen den Kaiser gerichtet war. Je günstiger die Stimmung im Volke dem kleinen Häuflein der Belagerten, desto größer war der Absatz des unbedeutenden Gedichts und das Aufsehen, welches dasselbe erregte. Vierzehnhundert Exemplare wurden in vier Stunden verkauft und in wenigen Tagen vier Nachdrucke davon veranstaltet. Doch machte es auf niemand größern Eindruck, als auf den Kaiser selbst, der sogleich an den frankfurter Rat schrieb, er habe die „Nachtigall“ durchgelesen, die in den Messen öffentlich feilgetragen und von dort aus in alle Lande verschickt worden sei. Solche Beleidigung seiner Person und geheiligten Macht könne er, ohne sich selbst zu entehren, nicht hingehen lassen. Deswegen gedenke er die Gunstbriefe, namentlich und besonders die, welche die Freiheit der Messen beträfen, zurückzunehmen und sich dann erst die Strafe vorzubehalten. Indessen solle der Rat, bei unausbleiblicher Strafe der Acht, den Drucker angesichts dieses in Eisen schmieden, sein Hab und Gut versiegeln, ihn selbst aber unter starker Bedeckung dem Stadtrichter in Wien überliefern lassen. Die Ratsherren, welche die Aufsicht über die Bücher hätten, sollten in den Turm gelegt, ihre Güter eingezogen werden. Der Rat solle nach dem Verfasser forschen, aber den Drucker deswegen nicht erst auf die Folter legen, um unnützen Zeitverlust zu vermeiden. Der flüchtige Verfasser gab sich alsbald freiwillig an, um den Drucker zu retten. Es war ein armer Gelehrter, Wilhelm Clebitius, der zu Frankfurt, als dem Sitz des Buchhandels, gleich andern seinesgleichen von Korrigieren, Vorredenschreiben und Nativitätenstellen ein kärgliches Brot fand und diese „Nachtigall“ unter den Bäumen des Feldes an einem Bächlein bei einem Zweipfennigbrot geschrieben hatte, um sich, wie er versicherte, durch das Unglück eines so großen und standhaften Fürsten, wie der Herzog von Sachsen sei, über den eigenen Kummer zu erheben. Dem Drucker Hans Schmidt, einem ebenso armen, ledigen Gesellen, hatte er Ehre und Reichtum versprochen, wenn Johann Friedrich durch diese Schrift, die nicht ermangeln könne, Deutschland in [549] Flammen zu setzen, Hilfe gewinnen sollte. Heimlich war das Büchlein auf einer Kammer mit geborgten Schriften gedruckt worden.

Nachdem der Rat den Drucker mit Ketten beladen und von fünf Reisigen begleitet nach Wien gesandt, bot er alles auf, den Kaiser zu versöhnen. Dieser ließ jedoch, obgleich die Strafe unterblieb, seine Ungnade nicht fallen. Umsonst stellte der Rat vor, wie der Druck ohne sein Wissen erfolgt sei; wie der Bürgermeister den Verkauf unterbrochen, sobald er die erste Kunde davon erhalten; wie er seine eigenen Boten in alle Städte des Reichs, bis nach Gengenbach und Isny in Schwaben, geschickt habe, die vorrätigen Exemplare anzuhalten; wie er einen seiner Bürger, den Buchdrucker Martin Lechler, dem Clebitius nachgesandt, der sich aber Jahr und Tag zu verbergen gewußt, bis endlich die Nachricht von seinem Tode aus Paris eingelangt sei. Umsonst erwarb die Stadt die Fürsprache des Landgrafen Wilhelm von Hessen, des Pfalzgrafen Kasimir und des kaiserlichen Vicekanzlers Zasius. Maximilian wollte sich nicht besänftigen lassen, besonders weil Clebitius kurz vor seinem Tode eine neue Flugschrift: „Grabschrift der ehrlichen ritterlichen Leut die in Gotha geblieben“, in die Welt gesandt hatte, von welcher wieder einige Exemplare auf den Messen verkauft worden waren. Dieser Zufall fachte den Zorn des Kaisers von neuem an. Sie hätten, schrieb er dem Rat, großen Ernst gezeigt, als ein geringes Büchlein gegen die Juden ausgegangen; wenn aber Schmähschriften gegen ihn und das Reich feilgehalten würden, blieben Bürgermeister und Rat kaltblütige Zuschauer. Endlich gelang es dem frankfurter Gesandten in Wien, Karl von Glauburg, das Mittel zu entdecken, durch welches der Zorn des Kaisers zu besänftigen war. Der Rat borgte 30000 Goldgulden von Juden und Christen, von Fremden und Bürgern und lieh – auf deutsch schenkte – sie dem Kaiser unter Rückbürgschaft der Stifter. Nach einem zweijährigen harten Gefängnis wurde auch der Drucker Hans Schmidt in Freiheit gesetzt, ja, der Kaiser selbst verwandte sich bei dem Rat für seine Aufnahme in das Bürgerrecht. O rara temporum felicitas!

Daß übrigens der letztere, wie er Maximilian meldete, wirklich alles gethan hatte, was in seinen Kräften stand, um die diesem mißliebige Schrift zu unterdrücken, ergibt sich unter anderm auch aus den kölner Ratsprotokollen aus den Jahren 1566 bis 1568, fol. 115 und 116, wo es am 7. Mai 1567 heißt: „Das kaiserlich als auch deren von Frankfurt [550] Schreiben, den Tractat des Nachtigals betreffend, ist verlesen und befohlen die Herren Jakob von Siburg und Casparen Geilenkirchen die Buchdrucker zu beschicken, bei denen und sonst fleißige Nachforschung zu thun, damit solliche Traktatlein hinder einem erbaren Rat zu bringen. Sollichs soll auch den von Frankfurt geschrieben werden.“ Die Genannten referierten dann am 9. Mai: „Nachtigall, libellus famosus betreffend, wie sie alle Boichfeilhaber, Häuser und Gadombe besucht, uff das Kaiserlich Schreiben das Schandgedicht die Nachtigall intitulirt, gesucht und doch keins finden mögen; ein Jeder auch mit dem Eide sich purgiret, daß Keiner einichs hinter ihnen habe; sondern es sey vergangene Gotsdracht der Wilhelmus Clebitius, so zu Frankfurt sitzt, hie gewesen und bey etlichen Boichdruckern begerte, der Exemplaren etliche von ihnen zu kaufen. Ist vur rathsamb angesehen, solliche dem Rath zu Frankfurt anzuzeigen.“

Indessen teilte auch der Reichsabschied von 1570 das Schicksal seiner Vorgänger und blieb ein toter Buchstabe. „Die reformirte und gebesserte Polizeiordnung vom 9. November 1577“ erkannte diese Thatsache und die der Nichtbefolgung sämtlicher bisher von Kaiser und Reich getroffenen Bestimmungen offen an, indem sie in ihrem §. 1 (Titel 35) unter anderm erklärte: – – „so befinden Wir doch, daß ob denselben Satzungen gar nichts gehalten, sondern daß solche schmähliche Bücher, Schrifften, Gemälds und Gemächts je länger je mehr gedicht, gedruckt, gemacht, feyl gehabt und ausgebreitet werden.“ Im übrigen wiederholt die reformierte Polizeiordnung meist wörtlich den wesentlichen Inhalt der Reichspolizeiordnung von 1548 und des speyerschen Reichsabschieds von 1570, soweit es sich um die Beschränkung der Buchdruckereien auf Fürstensitze, Universitäten und ansehnliche Reichsstädte, sowie um Zulassung der Drucker selbst handelt.

Bei dieser verbesserten Polizeiordnung behielt es lange Zeit, über das 16. Jahrhundert hinaus, sein Bewenden. Der Erlaß neuer Gesetze war auch um so weniger erforderlich, als die vorhandenen vollauf hingereicht hätten, die mißliebige Presse mit Stumpf und Stiel auszurotten. Kaiser Rudolf II. legte als praktischer Mann das Hauptgewicht nicht auf Vereinbarung neuer Maßregeln mit den Fürsten, sondern auf eine rücksichtslose Durchführung der in Kraft befindlichen Bestimmungen und fand in den Jesuiten, welche ihm mit Feuer und Schwert die Gegenreformation [551] in seinen Erblanden durchsetzen halfen, vortreffliche Werkzeuge in seinem Feldzuge gegen die Schmähschriften und Famoslibelle, aus welchen in ihren Augen die ganze protestantische Litteratur bestand. Das nächste Kapitel wird den Beweis dafür liefern, wie klug berechnend die kaiserliche Politik durch Einsetzung von Bücherkommissarien die Axt an die Wurzeln des Buchhandels zu legen wußte. Als Sohn einer eifrig katholischen Mutter und später am Hofe seines Vetters Philipp II. von Spanien erzogen, beschränkt und kleinlich, kannte Rudolf nur ein Ziel, die gründliche Ausrottung des Protestantismus und zugleich der ständischen Freiheiten, deren Träger sein lutherisch gewordener Adel war, kurz, die unbedingte Unschädlichmachung und Unterwerfung aller Widersacher der katholischen Kirche. Rom und Madrid bestimmten sein politisches Denken, die Jesuiten und ihre Schüler sein politisches Handeln. Die ersten Jahre seiner Regierung waren vollständig von seinen Arbeiten für die Gegenreformation in Österreich in Anspruch genommen. Im Jahre 1579 ließ er 12000 deutsche und 2000 windische Bücher, meist Bibeln oder solche, die den Grundsätzen des katholischen Glaubens widerstrebten, in Graz durch den Henker verbrennen. Die Versuche zur Herstellung der Kircheneinheit begleitete überall eine grausame Verfolgung der Presse. In Wien wurden den protestantischen Buchdruckern und Buchführern der Aufenthalt verboten und eine „Bücher-Inquisitionskommission“ eingesetzt.

Die Reichsgesetzgebung gegen die Presse hatte also ein volles Jahrhundert gebraucht, um sich in ihren äußern Umrissen auszubilden, und wurde selbstverständlich zugleich das Vorbild für die Gesetzgebung der einzelnen Fürsten, Stände und Städte. Es ist überflüssig, die von den Territorialregierungen erlassenen Bestimmungen, selbst die der bedeutendsten, hier wörtlich oder auch nur auszugsweise mitzuteilen, da sie in ihrem Wesen so ziemlich übereinstimmen und der Reichhaltigkeit des in den Reichsabschieden gebotenen Materials gegenüber sich höchstens durch Anordnung nutzloser Grausamkeiten, oder auch umgekehrt durch größere Milde, also mit einem Worte, nur durch die Stellung voneinander unterscheiden, welche die betreffenden Gebiete zu den geistigen Strömungen der Zeit einnahmen. Dementsprechend trat die Censur hier nur schüchtern und zögernd, leise ihren Weg tastend, dort herausfordernd und brutal auf, aber nirgends blieb sie aus und überall setzte sie sich endgültig fest. Wenn in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die [552] Behandlung der Presse eine in den einzelnen Teilen Deutschlands verschiedene war, so wurde sie mit dem Eintritt in dessen zweite Hälfte von Tag zu Tag gleichmäßiger, weil die Jesuiten in dieser Zeit ihren unheilvollen Einzug in Deutschland hielten und, mit kluger Vorsicht Schritt vor Schritt vorgehend, ihre sogenannte Gegenreformation, wo sie eben konnten, durchsetzten. Der Sieg wurde ihnen im allgemeinen nur zu leicht gemacht. Statt wie ein Mann dem gemeinschaftlichen Feinde gegenüberzutreten, zerfleischten die Protestanten einander selbst in ihrem Unfrieden und Zank, in ihrer Wortklauberei und Mißgunst – und das in einem Augenblick, wo sie der Wolf bereits an der Kehle packte! Schon die Reformatoren verfolgten ihre frühern, weiter gehenden und die Erneuerung des sittlichen Lebens stürmischer anstrebenden Anhänger. So suchte Luther ein Verbot der Karlstadtschen Schriften in Sachsen zu erlangen: derselbe Luther, welcher das Papsttum für noch lange nicht genug zerscholten, zerschrieben, zersungen, zerdichtet und zermalet hielt, rief schon 1525 die Censur für seinen nunmehrigen Standpunkt zur Hilfe. Die Lutheraner haßten die Zwinglianer ärger als die Katholiken, beide aber wüteten gegen die Wiedertäufer und sogenannten Schwarmgeister. Die protestantischen Fürsten ihrerseits liebten und förderten die Censur, weil sie mit ihrer Hilfe die wohlverdienten Anklagen wegen ihres Raubes von Kirchengut und Beispiel sonstiger Sonderzwecke oder gar Missethaten unterdrücken konnten. Die Patricier der Städte endlich fanden in der Censur eine mächtige Waffe zur Behauptung ihrer Herrschaft, kurz, die Protestanten hatten auch auf diesem Gebiete gar keine Ahnung von der Wirkung einer geschlossenen Opposition gegen den Kaiser, ja nicht einmal von den Folgen eines methodisch durchgeführten passiven Widerstandes.

Während nun im größten Teil von Deutschland der Übergang vom Katholizismus zum Luthertum sich leicht vollzogen hatte, stießen in denjenigen Landesteilen, in welchen die Fürsten dem alten Bekenntnis treu geblieben, die Einwohner aber zur Reformation übergetreten waren, die Gegensätze mit größter Erbitterung und selbst mit Grausamkeit aufeinander. Am schroffsten gestaltete sich dies Verhältnis in Österreich und in Bayern, deren Regenten alle Mittel in Bewegung setzten, um ihre abgefallenen Unterthanen zur alleinseligmachenden Kirche zurückzuführen. In den habsburgischen Erblanden hatte Luther, sofort nach seinem Auftreten in Worms, begeisterte Anhänger gefunden; noch bis zum Jahre [553] 1551 gehörte dort der größte Teil der Bevölkerung dem Protestantismus an. Kein Verbot und keine Verfolgung des Erzherzogs (spätern Kaisers) Ferdinand[6], der hier seit 1521 regierte, vermochte die tiefgehende Volksbewegung zu unterdrücken, welcher sich außer den Bürgern größerer Städte auch vielfach der Adel angeschlossen hatte. Ferdinand betrachtete die Büchercensur von Anfang an als einen Ausflug landesherrlicher Macht, die Bischöfe und Geistlichen aber nur als seine Delegierten, denen er die Censur geistlicher und weltlicher Schriften lediglich im Staatsinteresse übertrug. Schon 1521 sah er sich veranlaßt, die Lutherschen Schriften zu verbieten und die etwa betroffenen dem Feuer zu übergeben. Das von ihm erlassene Mandat vom 12. März 1523 suchte rücksichtslos die Strafen des Wormser Edikts zu erzwingen, und verbot, wie schon im siebenten Kapitel berührt, von neuem sowohl die bereits erschienenen als auch die künftig erscheinenden Schriften Luthers. Jedermann wurde verpflichtet, zur Ausrottung der ketzerischen Schriften mitzuwirken. Den Buchdruckern, Buchführern und Krämern sollten sie mit Gewalt weggenommen, bei versuchter Einfuhr an der Grenze angehalten und vernichtet werden. In den fünf Herzogtümern wurden der Großkanzler und Hofrat an die Spitze der Bücherpolizei gesetzt, ihnen mußte Bericht erstattet werden über die ob Verletzung dieser Vorschriften verhängten Strafen. In Tirol wurden die Mandate gegen Luther und seine, sowie seiner Anhänger Schriften 1524 öffentlich von der Kanzel verkündet und an den Kirchenthüren angeschlagen. Aber hier so wenig, wie anderwärts, trugen derartige Maßregeln die erwünschten Früchte.

Um dieselbe Zeit brach auch in Oberösterreich ein bedeutender Bauernaufstand aus, der nur mit Mühe bewältigt werden konnte. Gegen die Druckschriften der Aufrührer wagte Ferdinand aber, um das Feuer nicht zu schüren, nicht öffentlich einzuschreiten; er befahl deshalb, sie „im Stillen mit gutem Fug und Glimpf einzuziehen“. Die Nachforschung und Überwachung richtete sich demnach „mit aller Vorsicht gegen solche Artikel und Bibeln“; sie sollten weder gedruckt noch handschriftlich verbreitet werden. Die religiöse Bewegung aber erstarkte immer mehr. Bald fanden auch die Schriften der sogenannten Sakramentierer und Wiedertäufer und mit ihnen deren Verfasser Eingang ins Land, so namentlich in Tirol und Mähren. Diese Männer, welche sich apostolische Brüder nannten, waren erfüllt von den höchsten sittlichen Idealen und stellten die strengsten [554] Anforderungen an sich und andere. In eine Welt voll Sinnlichkeit und Trägheit brachten sie eine Lehre, welche die Entsagung und Selbstverleugnung nicht allein als obersten Grundsatz aufstellte, sondern ihre Vertreter auch Leiden standhaft ertragen ließ und in den Tod trieb.

Ihr Hauptrepräsentant ist Balthasar Hubmaier. Sein tragisches Ende ist bereits im siebenten Kapitel geschildert worden; seine Gattin und zwei seiner Gesinnungsgenossen hatten sein Los geteilt. Aber ungeachtet dieses grausamen Vorgehens ließen sich „die verdammten sektischen Lehren und Opinionen“ nicht so leicht vertilgen. Am 24. März 1528, nur 14 Tage nach der Verbrennung Hubmaiers, äußerte Ferdinand in einem neuen Mandat seinen Unwillen darüber, „daß die Lehre Luthers, Zwingli’s, Karlstadts und Ökolampads noch nicht abgestellt sei, sondern wie augenscheinlich am Tage, je länger je mehr einreiße, wachse und sich mehre“. Auch die Berichte „der ambulanten Visitatores und Inquisitores“ ließen keinen Zweifel darüber bestehen, daß trotz aller Bemühungen die ketzerischen Schriften nicht abgeliefert, sondern eifriger als vorher gelesen wurden. So verordnete Ferdinand denn noch in demselben Jahre, am 24. Juli, daß man Buchdrucker, welche sektirerische Schriften druckten, und Buchführer, die sie verkauften, als Hauptverführer und Vergifter aller Länder bei ihrer Betretung in den Erblanden unnachsichtlich ertränken, ihre verbotenen Bücher aber verbrennen sollte. Zugleich befahl er – sogar 42 Jahre früher als die Reichspolizeiordnung –, daß Buchdruckereien nur in den Hauptstädten der Provinzen geduldet werden sollten und berief in Niederösterreich den Statthalter und Regenten, in den andern Provinzen die Landeshauptleute zu Vollstreckern der angeordneten Maßregeln. Keine Schrift sollte ohne vorläufige Genehmigung von seiten dieser Beamten in Druck gelegt werden. Nicht zufrieden mit dieser Schutzmaßregel, setzte Ferdinand wieder einige Monate später, am 5. November 1528, eine Censurbehörde ein, zu welcher als erstes Mitglied der Bischof und als zweites der Bürgermeister von Wien gehörten. Sie sollte alle zu druckenden und zu verkaufenden Bücher vorher erst einsehen und eventuell zulassen und konnte Übertreter sogar am Leben strafen, auch die Bücher verbrennen lassen. Indessen scheint die neue Behörde gar nicht in Thätigkeit getreten zu sein, wenigstens läßt sich kein Beleg dafür nachweisen.

Im folgenden Jahre, 1529, machte die Gefahr, welche von den bis [555] Wien vordringenden Türken drohte, dem Kampfe gegen die Presse eine Zeit lang ein Ende. Die verbotenen Schriften mehrten sich trotz der angedrohten schweren Strafen, ja, die Stände verlangten 1532 sogar Religionsfreiheit und wiederholten dieses Gesuch 1541 und 1547. Mit dem Einzug der Jesuiten in Wien begann aber eine neue Preßverfolgung. In dem Mandat vom 1. August 1551 wurden die alten Erlasse neu eingeschärft; es galt, den Protestantismus völlig auszurotten. Unterm 18. Februar 1559 und 30. August 1560 wurde zuerst die Abfassung und Verbreitung von Pasquillen und Schmachschriften verboten und dem Angeber eine Prämie von 300 Gulden aus dem Vermögen des Verbrechers oder, im Fall der Zahlungsunfähigkeit desselben, aus der königlichen Kammer ausgesetzt. Von ketzerischen Schriften, welche in den österreichischen Landen die Hauptveranlassung zur Bücherpolizei geboten hatten, ist hier gar nicht mehr die Rede. Offenbar sind sie unter jenen zugleich mit verstanden, wenn auch dem Charakter der Periode entsprechend manches wirkliche Pasquill mit untergelaufen sein mag.

Natürlich wurden die verschiedenen Reichsabschiede und kaiserlichen Polizeiordnungen auch in Österreich zur Nachachtung eingeschärft, sodaß nur einzelne Ausführungsbestimmungen für die Handhabung der Censur erlassen zu werden brauchten. Ferdinand, der anfangs mit den schärfsten Strafen gegen die Presse vorgegangen war, wurde mit jedem Jahre milder, während sein Bruder Karl anfangs milde Bestimmungen traf und in der letzten Hälfte seiner Regierung mit wahrer Grausamkeit gegen die Übertreter seiner Preßgesetze vorging. Ihr Nachfolger Maximilian II. begnügte sich mit dem methodischen und konsequenten Ausbau ihrer Mandate, unterwarf jede in den Erblanden zu druckende Schrift einer sorgfältigen, in ihren verschiedenen Stadien peinlich durchgeführten Censur und behielt sich in allen Fällen selbst die schließliche Entscheidung vor. Maximilian war allerdings, wenn gereizt, doch nicht so gutmütig und milde, wie er gewöhnlich geschildert wird, dennoch aber toleranter und namentlich gerechter gegen Andersdenkende, als sein Vorgänger Ferdinand und sein Nachfolger Rudolf II. Wenn für jene Thatsache die bereits erwähnte erbitterte Verfolgung des Gedichts „Nachtigall“ spricht, so liefert für diese das Dekret des Kaisers vom 2. Oktober 1573 an den Hofrat Georg Eder den erschöpfenden Beweis. Besagter Eder hatte in der Jesuitenkolonie Dillenburg in Nassau eine Schmachschrift gegen [556] die evangelischen Stände, besonders aber die augsburger Religionsverwandten, veröffentlicht und auf dem Titel sogar fälschlich angegeben, daß das Buch mit kaiserlichem Privilegium und mit Genehmigung der wiener theologischen Fakultät erscheine. Der Kaiser führte dem Eder darauf hin zu Gemüte, daß er es nie und nimmer dulden werde, wenn einer seiner Unterthanen einen andern an Ehren, Würden, Stand und Gewissen angreife, beleidige oder verschimpfe. Eine solche Vermessenheit und Unbescheidenheit, fuhr der Erlaß fort, zieme am allerwenigsten einem seiner Räte. Zudem hätte Eder das Buch nicht außer Landes drucken lassen dürfen. Dieser wisse recht wohl, daß „der Kaiser seinen niederösterreichischen Regierungen, der Universität, denen von Wien, allen Buchdruckern und sonsten menniglich mehr denn einmal bei höchster Straff befohlen, in diesem Lande weder in Religion noch in anderen Sachen, vom wenigsten zum meysten, nichts drucken oder gedruckt ausgehen zu lassen, es sei denn zuvor gen Hof übergeben, durch die Regierung und Universität übersehen und von der Kaiserlichen May. bewilligt“. Allem diesem habe Eder wissentlich zuwidergehandelt, weshalb ihm denn auch aufgegeben werde, sich zu rechtfertigen und in Zukunft nichts mehr in Religionssachen drucken zu lassen.[7]

Leider dauerte diese mildere Praxis nicht lange, denn unter Rudolf und seinen Nachfolgern gewannen die Jesuiten täglich mehr die Oberhand und engten von Jahr zu Jahr die Presse immer mehr ein. Die kaiserliche Politik unter Rudolf, Mathias, den Ferdinanden und Leopold und die österreichische Landespolizei deckten einander in Preßangelegenheiten vollständig. Die letztere schritt nur viel schärfer und energischer ein, weil die Jesuiten als treibende und hetzende Kraft hinter den kaiserlichen Erlassen standen und diese in den Erblanden rücksichtslos ausführten. Eine besondere Darstellung der österreichischen Censur würde also nur eine ermüdende Wiederholung der im Reiche auf diesem Gebiete sich abspielenden Vorgänge sein.

Nur eines Punktes sei hier noch gedacht. Die Reichsgewalt hatte die praktische Handhabung der Preßpolizei den Territorialobrigkeiten zugewiesen, sich eigentlich nur ein subsidiäres Eingreifen des kaiserlichen Fiskals gewahrt. Ganz ähnlich überließen auch die Territorialobrigkeiten diese Handhabung vielfach mehr oder weniger autonomen Korporationen innerhalb ihres Staatsgebiets. Je nach dem Maße der Selbständigkeit [557] und der kirchenpolitischen Stellung dieser letztern vollzog sich dann jene Handhabung im Einklang mit der Staatsgewalt und unter ihrer thatsächlichen Direktive, oder im direkten Gegensatz zu ihr, ja im förmlichen Kampfe mit derselben. So zum Teil sogar in Österreich. Nicht ohne einen solchen energischen Widerstand vermochte die Jesuitenpartei die Oberhand zu gewinnen und die Preßpolizei an sich zu reißen. Die steirische Landschaft z. B., überwiegend dem protestantischen Glauben zugethan, hatte schon seit 1571 das Recht der Ausübung der Censur für sich in Anspruch genommen, auf dem Landtage zu Bruck 1578 auch formale Bestimmungen darüber getroffen. In den darüber mit der Staatsgewalt entstehenden Differenzen suchte sie nach Möglichkeit ihre Rechte gegenüber der Regierung, welche die Beaufsichtigung der Presse und des Druckergewerbes erklärlicherweise als ein überall anerkanntes landesfürstliches Regal bezeichnete, zu wahren. Nach hüben und drüben wurde mit Verboten vorgegangen, und die Nachwehen dieses Antagonismus zeigen sich noch bei Gelegenheit der Einführung des Gregorianischen Kalenders. Erst die definitive Austreibung der Protestanten aus Steiermark machte diesen eigentümlichen Verhältnissen ein Ende.[8] In Breslau bewahrte sich der protestantische Magistrat sogar bis weit in das 17. Jahrhundert hinein das Censurrecht. Noch im Jahre 1666 bethätigte er sein Selbständigkeitsgefühl, indem er eine als Pasquill charakterisierte Schrift Johann Schefflers (Angelus Silesius) gegen den leipziger Professor der Theologie Johann Adam Scherzer unterdrückte, und zwar, wie Scherzer rühmend betonte, „ohnerachtet er einen Päpstlichen Herren recognosciret“.[9]

Ähnlich wie in Österreich lagen die Dinge in Bayern. Hier wie dort herrschten der Kirche blind ergebene Fürsten, deren Politik Religion, und deren Religion wieder Politik war. Bayern unterschied sich höchstens dadurch von Österreich, daß seine Herzöge, außer eigensüchtigen Hausinteressen, kaum einen politischen Gedanken hatten und bei dem beschränkten Umfang ihres Gebiets auch nicht zu haben brauchten, während Österreich als Großstaat eine selbständige Politik verfolgte, auch ab und zu mit Rom zerfiel und auf die Dauer nicht hermetisch verschlossen werden konnte. Österreich benutzte vielfach die römische Kirche für seine Zwecke, Bayern aber ließ sich von der römischen Priesterschaft gehorsam für deren Interessen ausbeuten. Letzteres war deshalb jahrhundertelang [558] nichts als eine römische Provinz in Deutschland und rottete den Protestantismus mit Stumpf und Stiel aus, Österreich dagegen duldete wenigstens zum Teil die Andersgläubigen, wenn es ihnen auch das Leben sauer genug machte. Im 16. Jahrhundert, ja bis nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs waren es darum auch keine politischen Gesichtspunkte, sondern war es lediglich die Verteidigung des katholischen Glaubens und die Abwehr jeder religiösen Neuerung, welche die bayrische Censur bestimmten.[10] Schon 1523 erließen die bayrischen Herzöge, um die Ausbreitung der Lehre Luthers zu verhindern, ein strenges Verbot gegen die Einschleppung der deutschen Bibelübersetzung. Am 6. Januar 1540 folgte ein ähnliches „gegen Verbreitung von mannicherlay ergerlich und verfüerisch büecher, gedicht und schmachschrifften darauß dann ergernuß, verfüerung und ander übel ervolgt“; allein die angedrohte Strafe der Wegnahme schüchterte damals niemand ein. Im Religionsmandat vom 15. Juli 1548 wurde wiederholt eingeschärft, Bücher und Schriften, so „von bäbstlicher Hailigkeit und dem Stuel zu Rom als verfüerisch erkhendt oder sonst unsers christlichen glauben, hailsamen leeren und satzungen der heiligen Concilii zugegen sein möchten“, nicht zu verkaufen, noch in den Häusern zu dulden. Wer dawider handelt, soll „als Verachter der christlichen Kirchen, der Kayserlichen Majestät und des Landesfürsten“ an Leib und Gut gestraft werden. Als 1564 der erste römische Index librorum prohibitorum herauskam, ließ Herzog Albrecht V. sofort das päpstliche Verbot sowie das Verzeichnis der von Rom verworfenen Bücher in seinem Lande nachdrucken und verbreiten, ja er belegte die wegen verbotener Lektüre mit dem Interdikt Bedrohten auch mit weltlicher Strafe. Dessenungeachtet, erzählt Karl Theodor Heigel in seiner „Censur in Altbayern“, mußte ein Mandat des Herzogs vom 1. März 1565 konstatieren, daß die bisher ergriffenen Maßregeln nichts gefruchtet, da nach wie vor „die sectischen unser wahren alten Catholischen Religion widerwertige bicher, tractätl, famose schrifften und ergerlich schändliche gemäll“ ins Land eingeschmuggelt würden. Da sich die Buchführer, bei denen verbotene Ware gefunden wurde, „mit ihrem Unverstandt entschuldigen und durchbringen wollen, als ob sie, was gutt oder bös, oder wo das Catholisch oder widerwertig herzunemen, nit wissen, noch verstehen“, so greift die Regierung zu einem drastischen Mittel, indem gewissermaßen eine geistige Demarkationslinie gezogen wird: es dürfen nur theologische [559] Schriften fernerhin verkauft werden, die in München oder Ingolstadt, ferner in Dillingen, Mainz, Köln, Freiburg im Breisgau, Wien, Innsbruck, Paris, Löwen, Venedig, Rom, Florenz, Bologna oder in Spanien gedruckt sind. Wer andere Tractätl, Gebet- oder Gesangbücher ins Land bringt, soll von der bürgerlichen Obrigkeit in Haft gesetzt werden, seine Büchervorräte sind wegzunehmen, eventuell kann auch, „da die Verbrecher so gar freventlich“, Landesverweisung „mit oder ohne öffentliche Schandt“ verhängt werden. Noch genauer wurde durch einen „Catalogus der Büecher und Schrifften, unser Heilige Religion und Geistliche sachen belangendt, welche im Landt zu Bayrn, offentlich feyl zu haben und zu verkauffen, erlaubt seindt“ festgestellt, welche Bücher und Schriften fürderhin in Bayern als verbotene Ware anzusehen. Dabei wird auch angeordnet, daß sich die Buchhändler zum Druck erlaubter Bücher nur der katholischen Druckereien in Bayern bedienen sollten. Die Sorge und das Verbot der Regierung erstreckten sich aber nicht bloß auf geistliche Schriften: „damit aber auch die Buchhandler iren vortl, der weltlichen, als insonderhait Historischer Bücher nit zu weit ziehen, als in deme sie vermainen wolten, sie möchten dergleichen Weltliche Ding, es were getruckht, wo es wölle, ohne scheuch oder sorg ainiger straff, in Bairn herein und undter die Leuth schlaichen“, so werden die Chronik des Sleidanus, die Türkischen Historien des Heinrich Müller, die Werke von Johann Fox, Sebastian Franck, Flacius Illyricus u. a. verboten, desgleichen auch die neuen Tractätl, die in Teufels Namen intituliert sind, als Hosenteufel, Spielteufel u. a., „danne ob und wohl alle die das ansehen haben, als ob sie allerding politisch und allain gueter zucht halben geschriben seyen, so seindt sie doch der ergerlichen Exempel und anzug halben nit zu leiden und fast also geschaffen, das sie deme, dessen Titl sie tragen, zu seinem Reich am maisten dienen“.

Die Anschaffung von Büchern wurde überhaupt möglichst erschwert; sogar Prälaten durften nur nach dem vom herzoglichen Inquisitionsgericht, das natürlich fast nur mit Jesuiten besetzt war, gutgeheißenen Verzeichnis die Auswahl treffen. Noch strengere Vorsichtsmaßregeln traf der Jesuitengönner Wilhelm V.; durch Mandat vom 1. August 1580 wurde ausgesprochen, daß jeder, bei dem ein ketzerisches Buch befunden würde, „mit einer solchen Straf belegt werde, darob andere vil Tausendt ein abscheulich Exempel empfachen“. „So wir … aus teglicher erfarung, [560] fleissiger Nachforschung und warer erkundigung im werkh lauter befünden, daz solche schödliche verdambte Irrthumben, Ketzereyen, Zwyspalt, Aufruern und Abfaal von unserer waaren Catholischen Religion auch erbarmlicher, verderblicher undergang und verwüestung viler Königreich, Fürstenthumb und Landt merern thailß und schier allein aus den verbottenen falschen Ketzerischen Püechern, Tractätlen und schrifften, welche Gott und seiner heiligen Kirchen zuwider, allen Christglaubigen zu höchstem schaden und verderben irer Seelen entspringen und heerflüeßen und durch dieselben dem menschen gleichsam durch ein Instrumentum oder Trachter ein süesses gifft und ewiger schaden an Leib und Seel eingeschleicht und eingegossen wierdet, welchem wir bey zeiten mit allem vleis zufürkhommen nit allein genedicklich bedacht, sondern es für die höchste notturfft halten“, wird aufs ernstlichste bei Vermeidung „unlöslicher Straf und Ungnad“ befohlen, alle ketzerischen und verdächtigen Bücher an die weltliche Obrigkeit oder den Pfarrer des Orts abzuliefern, damit sie sofort an die Regierungen und durch diese an den Herzog selbst eingesandt würden. Ausdrücklich wird auch hervorgehoben, daß von solchem Verbot, schädliche Bücher zu lesen, auch der geistliche Stand, Prälaten, Pröpste, Dechanten, Pfarrer und gemeine Priesterschaft nicht ausgenommen sein sollten.

Auch Aventins Chronik gehörte jetzt zu den verbotenen Büchern; da sie aber doch nicht gänzlich dem Gebrauch entzogen werden konnte, griff man zu einem andern Mittel, um die unverfänglichen Partien dem Publikum zugänglich zu machen. „Zu Befürderung der ehrn Gottes, unserer heiligen Catholischen Religion und gemeines Nutz und wolstandts des vatterlandts“ beschloß der Herzog „ein Werckh verfertigen zu laßen, wie vor disem ungeverlich Johannes Aventinus, so aber aus rechtmeßigen ursachen verbotten und hin und wider manglhafft geschriben.“ Der herzogliche Archivar Michael Arrodenius wurde mit dieser Aufgabe, die sich im wesentlichen auf Herstellung einer kastrierten Ausgabe Aventins beschränken sollte, betraut. Arrodenius erhielt zu diesem Zweck vom päpstlichen Inquisitionsgericht durch eine förmliche Urkunde (3. Oktober 1589) Erlaubniß, „den verfluchten Geschichtschreiber Aventin“ frei von Sünde und kanonischer Strafe, wie auch behufs der ihm vom Herzog anbefohlenen Arbeit noch einige andere verpönte Schriftsteller zu lesen, jedoch unter der Bedingung, sich nicht länger als fünf Jahre und ganz allein [561] damit zu beschäftigen und nach Ablauf dieser Frist alle Bücher dem Bischof von Freisingen auszuliefern, damit sie sogleich verbrannt würden. In den Schulen wurde natürlich noch sorgfältiger auf Unverfänglichkeit des Lehrstoffs gesehen, und der kasuistischen Moral der Väter Jesu paßten auch die heidnischen Autoren nicht. Die 1569 von Jesuiten entworfene Schulordnung schreibt vor, daß statt des Virgil: Hieronymus Vida und Baptista Mantuanus, statt des Horaz: Prudentius, Flaminius und Johannes Pedioneus, statt des Ovid: Ambrosius Novidius gelesen werden sollten. Auch unter dem glaubenseifrigen Maximilian I. gab man solche Bevormundung nicht auf. Da noch immer verbotene Bücher durch Schleichhandel im Publikum verbreitet wurden, erging sogleich nach Maximilians Regierungsantritt eine ernste Warnung (13. März 1598), daß demnächst strenge Hausdurchsuchungen bevorständen und alle, bei denen sich verbotene Schriften finden würden, „daraus dann eines jeden ketzerisches, verstocktes und halsstarriges Gemüt unfehlbar abzunehmen“, andern zu abscheulichem Exempel gestraft werden sollten. Die Verbote wurden in der nächsten Zeit mehrfach wiederholt und es blieb auch nicht bei der bloßen Drohung. Es fanden in der That häufig Visitationen statt; namentlich die fremden Bücherballen in den Buchläden wurden eifrig durchsucht und man wandte dabei selbst dem dazu gebrauchten Packpapier Aufmerksamkeit zu. Auch bei Todesfällen wurden die im Nachlaß vorgefundenen Druckschriften untersucht und eventuell die den Besitzern verbotener Bücher angedrohte Strafe über die Erben verhängt. Die Instruktion für den geistlichen Rat vom 20. Dezember 1608 schärfte wiederholt ein, die Buchführerläden namentlich auf Dulten und Jahrmärkten zu visitieren und die vorgefundenen sektischen Bücher zu konfiszieren; alle in Bayern zu druckenden Werke waren vorher der Censur zu unterwerfen und ohne Imprimatur durfte keins in den Buchhandel kommen. Erläuternd wurde in einem Generale vom 24. Januar 1609 hinzugefügt: „Zur Censur der in München gedruckt werdenden Bücher sind zwar jedesmal einige aus den geistlichen Räten zu deputieren; wenn aber solche Tractätl und Sachen, zum Druck bestimmt, vorgelegt werden, die etwas wichtig und disputierlich sind, sollen auch andere Geistliche und gelehrte Personen beigezogen werden. Es soll auch ferners der Dechant bei U. l. Frau alle und jede censierte Traktate und Schriften [562] cum solita attestatione und Beisetzung seines Tauf- und Zunamens, wie es zu Ingolstadt gebräuchlich, unterschreiben, welche Attestation von den Buchdruckern jedesmal entweder zu Anfang oder am Ende der censierten Schrift bei Vermeidung unausbleiblicher Strafe mitgedruckt werden soll.“ Da unter den „Geistlichen und gelehrten Personen“ nur Jesuiten verstanden waren, so bleibt nicht zweifelhaft, in welchem Sinne die Verordnung gehandhabt wurde. In die herzogliche Bibliothek wurden zwar auch ketzerische Bücher aufgenommen, aber nur Festgläubige, welche einen eigenen Dispens vom Papst oder von der römischen Inquisition besaßen, erhielten Zutritt zu dem wie ein Gefängnis sorgfältig bewachten und verschlossenen Schrank der Remota.

Neue Censurkollegien wurden durch ein Mandat vom 6. Juli 1616 eingeführt. In jeder Stadt und in jedem Markt sollen zwei verständige und eifrig katholische Bürger als herzogliche Kommissare nebst dem Pfarrer oder Prediger jährlich zweimal zu Markt- oder anderer Zeit bei allen Buchführern und Briefträgern unvermutet visitieren und über die Verkäufer verführerischer oder ketzerischer Bücher und Lieder exemplarische Strafe verhängen. „Überhaupt ist der Buchhandel in Zukunft ohne Spezialerlaubnis und Erteilung eines offenen Patents niemand mehr zu gestatten und den ausländischen Krämern verboten, vor geschehener Visitation auszulegen.“ Als auch diese Maßregeln nicht den gehofften Erfolg hatten, wurde am 22. Februar 1639 eingeschärft, auf die Einschwärzung unzulässiger Prognostiken, Kalender, Praktiken „und wie man andre derley Scartechen zu nennen pflegt“, ein achtsames Auge zu haben, und diese Mahnung durch Dekret vom 7. April 1644 wiederholt. „Der geistliche Rat soll stets ein eigenes Mitglied des Gremium mit dem Visitationswesen betrauen, insbesondere sollen die Visitatoren nicht nur die Stübchen der Buchführer, sondern auch ihre Felleisen, Packete und Truhen durchsuchen, worin jene gemeiniglich diejenigen Scartechen, deren wegen sie sich zu fürchten haben, verbergen, desgleichen auch das Einschlagpapier wohl beachten, da von Augsburg und Nürnberg viele Ballen solchen Papiers eingeführt würden, welche gemeiniglich nichts anderes als unzulässige und verbotene Druckschriften seien. Eine Verordnung vom 22. März 1645 bedeutete die Buchdrucker, daß sie neben dem kaiserlichen Privilegio, wenn sie solches haben, allzeit auch das kurfürstliche suchen und in frontispicio beider Privilegien Meldung thun sollen, widrigenfalls man die [563] Buchdrucker lehren würde, was sie gegen ihren Kur- und Landesfürsten vor Respekt zu bezeugen haben.“ So weit Heigel.

Seit um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Jesuiten in Bayern Eingang gefunden und in Ingolstadt 1557 ihr erstes Kollegium errichtet hatten, war diese Universität ihre feste Burg geworden, von welcher aus sie einen Kampf auf Leben und Tod gegen die Reformation eröffneten und schließlich siegreich durchführten. Namentlich ging von dort auch die Verfolgung der Presse aus. Hier nur ein Beispiel, welches bis jetzt im Staube des augsburger Stadtarchivs vergraben gelegen hat und einen klaren Einblick in die Censurverhältnisse des von den Vätern Jesu beherrschten Herzogtums Bayern gestattet.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gab es in ganz Deutschland wohl kaum einen gehaßtern und gefürchtetern „Sektierer“ als Kaspar Schwenckfeld (1490 bis 1561), der durch seine Tauf- und Abendmahlslehre, sowie durch die von ihm angestrebte Verinnerlichung der Religion, sowohl den katholischen als den protestantischen Gewalthabern äußerst unbequem war und auch den besondern Zorn Luthers gegen sich heraufbeschworen hatte. Seine Anhänger, wenn auch friedfertige und stille Leute, waren so gut wie vogelfrei; namentlich aber hatten sie in den süddeutschen Reichsstädten, in Straßburg, Augsburg und Ulm, wo Schwenckfeld die letzten Jahre seines Lebens zubrachte, Mißhandlungen und Unbilden aller Art auszustehen. In der Verfolgung dieses „greulichen Irthumbs“ stimmten Katholiken und Protestanten brüderlich überein, ja letztere übertrafen womöglich jene noch in ihrem Glaubenseifer. So ersuchte Herzog Christoph von Würtemberg am 20. August 1563 den Rat von Nürnberg um Beschlagnahme verschiedener Schwenckfeldscher Schriften, die dort gedruckt sein sollten. Der Rat antwortete am 18. November 1563, daß er diese Sektierer und ihre Konventikel unter keiner Bedingung dulde, daß er in allen Druckereien und Buchläden nach solchen Büchlein gefragt und gesucht, aber keine gefunden habe, und daß auch von der letzten frankfurter Messe keine in die Stadt gebracht worden seien. Ebenso beschwerte sich im Jahre 1571 Graf Albrecht von Hohenlohe beim Rat von Frankfurt über die dort gedruckten Schwenckfeldschen „Famoslibelle“. Letzterer ließ die Buchgasse nach ihnen durchstöbern, fand indessen, wie bei solchen Visitationen meist der Fall, keine dergleichen. Daß in Augsburg verschiedene Schriften [564] Schwenckfelds gedruckt waren, vermutete man zwar schon lange, fand aber keinen Beweis dafür. Endlich lieferte ihn Herzog Albrecht von Bayern.

Ein Bürger von Augsburg war als Drucker Schwenckfeldscher Schriften durch einen andern Drucker, Namens Tannecker, angegeben worden. Von einem Freunde, dem bekannten Buchhändler Georg Willer, gewarnt, floh der Unglückliche, um der Untersuchung zu entgehen, gegen Fastnacht 1559 nach Ingolstadt und arbeitete hier bei dem angesehenen Drucker Weißenhorn als Geselle, wurde aber durch den Herzog erwischt und gefangen gesetzt.

Wie der Mann eigentlich hieß, geht aus den Akten nicht hervor; von seinen Aussagen ist keine unterschrieben. In dem ohne Zuziehung eines Schreibers und ohne Angabe eines Datums aufgenommenen Protokoll wird er zuerst Hans Wegler, dann Wegeler, später und zuletzt Gögerer genannt; doch findet sich ein Gögerer oder Wegler nicht in den augsburger Steuerlisten. Aus den Akten erhellt, daß Wegler (möge er nach dem ersten Verhör so heißen) um die Mitte der dreißiger Jahre bei Philipp Ulhart in seiner Vaterstadt Augsburg in der Lehre war, dann nach Ulm ging, wo er mit den Schwenckfeldianern bekannt wurde, und endlich, nach größern Reisen wieder in seine Heimat zurückgekehrt, eine eigene Druckerei in Augsburg errichtete. Es muß im Herbst 1559 gewesen sein, daß Wegler wegen des Druckens Schwenckfeldscher Schriften in Ingolstadt zur Untersuchung gezogen und einem peinlichen Verhör unterworfen wurde, in welchem er unter Drohung „der Gichtigung (Folter) bei der strengen Frag“ auf sieben Punkte zu antworten hatte. Die Drohung gelangte in spätern Verhören auch wirklich zur Ausführung. Zweimal wurde dem Angeschuldigten das Gedächtnis durch die Folter aufgefrischt.

Die sieben Fragen lauteten in ihrem wesentlichen Inhalte: 1) Wie lange er eine eigene Offizin gehabt und welche deutschen und lateinischen Bücher er in solcher Zeit gedruckt habe? 2) Ob und von welchen Skribenten er bestellt worden sei, ihre Schriften zu drucken, und ob Schwenckfeld sich nicht auch unter ihnen befinde? 3) Wenn er bekennen sollte, daß er für den Schwenckfeld gedruckt, wie dessen Bücher hießen, wer sie ihm zugebracht, wer mit ihm über das Druckerlohn paktiert, wer es ihm bezahlt und wohin er, Angeklagter, die Exemplare gethan habe? 4) Ob [565] er nicht den deutschen Dialog gedruckt, „des Titel sei: Warumb nit nützlich gewest, das Herzog Johannes Friedrich Churfürst wider Kaiser Carolum gesiegen möge“, der vor 1 ½ Jahren erschienen; wer ihm dasselbe befohlen oder derowegen mit ihm unterhandelt, wer das Druckerlohn bezahlt, wer der Autor sei, wie viel Exemplare er gedruckt und wem er sie zugestellt habe? Warum er die Jahreszahl postponiert, des Autors und seinen, als des Druckers, Namen nicht dazu gesetzt habe? 5) Ob er nicht auch das Passional vom gefangenen Kurfürsten, in wessen Auftrag und in welches Autors Namen gedruckt habe? 6) Von wem das Spiel von der Zerstörung des Papsttums ausgegangen? 7) Ob er das schandbare und aufrührerische Pasquill, der Jägerteufel genannt, gedruckt oder ob er sonst wisse, wer und welcher Andere der Drucker und wer der Autor sei?

In dem ersten Verhör beantwortete der Angeschuldigte die obigen Fragen wie folgt: Ad 1. Er besitze seine Werkstatt seit drei Jahren, aber nur deutsche und keine lateinischen Schriften. Er habe meistens deutsche Lieder, aber auch von Schwenckfeld sechserlei gegen Illyricum gerichtete Skripta gedruckt, welche ihm dieser selbst zugeschickt. Der Titel erinnere er sich nicht; die Auflagen seien klein gewesen, etwa 300 bis 400 Exemplare stark. Vor 24 Jahren habe er bei Philipp Ulhart in Augsburg gelernt, vor 18 Jahren in Ulm bei Sebastian Franck gearbeitet und in jener Zeit verschiedene Schriften gedruckt, wie von der Sünde, von Adam und Christo und andere mehr, deren Namen ihm entfallen. Man könne die Büchlein noch bei Ulhart finden. Ein Prädikant, Bonifacius genannt, habe ihm solche Bücher gebracht. Ad 2. Andere Skribenten habe er nicht, die er druckte, oder die ihm Bestellungen gäben. Ad 3. Er wisse, wie ad 1 bemerkt, die Titel nicht mehr, aber die Schriften seien ihm zugebracht worden von einem Kürschnergesellen, Namens Abel Werner, dessen Vater Prädikant in Schleim (Schlesien?) gewesen sei. Dieser habe eine Postille, des Werners Postille genannt, in Pforzheim drucken lassen. Genannter Abel habe sich mit ihm, dem Angeklagten, um das Druckerlohn geeinigt, ihm das Papier zugetragen, ihn für das Werk bezahlt. Das böse Büchlein, so er gedruckt, sei ihm noch wohl wißlich; es heiße „Das christliche Bedenken“. In dieser Zeit sei Schwenckfeld beim Grafen von Pla (im Original nicht ausgeschrieben) gewesen. Derselbe habe ihm öfter, aber ohne Datum geschrieben und nie gemeldet, [566] wo er sei. Die Titel seien mit Schwenckfelds Namen bezeichnet gewesen; genannter Abel Werner habe die Bücher stets gebracht und sie wieder weggetragen. Wo derselbe jetzt sei, wisse er nicht; er haben ihn seit einem halben Jahre nicht mehr gesehen. Ad 4 gestehe er, daß er den Dialogum gedruckt und daß David Pannuke ihn unter dem Versprechen darum gebeten habe, daß er ihn weder zu Augsburg, noch anderswo als in Frankfurt verkaufen wolle. Derselbe habe ihm auch die Losung für die ganze Auflage von etwa 1000 Exemplaren bezahlt. Angeschuldigter kenne den Verfasser nicht. Abraham Schaller, Sohn des Hans Schaller in Augsburg, habe ihm die Druckvorlage zugetragen und gewünscht, daß er die Jahreszahl postponiere und eines Druckers Namen nicht dazu setze. Ad 5. Er habe auch die Passion vom gefangenen Kurfürsten gedruckt, die ihm obgedachter Abraham Schaller zugebracht, während dieser ihm den Namen des Verfassers nicht genannt habe. Ad 6 habe er das Spiel von der Zerstörung des Papsttums für Pannuken selbst gedruckt und die Formen dazu geschnitten, allein nichts davon gewußt, daß er’s feil haben wollte. Pannuke sei deshalb auch bis in die 17 Wochen gefangen gesetzt und ein Schuhmacher, des Namens Gottlieb Wytt, sei auch darob einkommen. Ob aber gedachter Schuhmacher solches gemacht, gebessert oder geändert habe, wisse er nicht. Derselbe sei auch bald aus dem Gefängnis entlassen worden und noch ein Bürger in Augsburg. Ad 7 wisse er von dem Pasquill, „Der Jägerteufel“ genannt, nichts und beteuere seine Unschuld. Wenn man ihn aus dem Gefängnis entlassen wolle, so würde er sein ganzes Leben lang nur als Geselle arbeiten und sich alles verbotenen Druckens enthalten. Er bitte unterthänig um Gnade und Entlassung aus dem Gefängnis.

In dem zweiten (peinlichen) Verhör ergänzte Wegler seine bisherigen Aussagen dahin: Er habe die deutschen Lieder (Volksbücher?) riesweise für Georg Willer in Augsburg gedruckt, aber keine Schriften, noch heimliche Bücher ihm drucken helfen; er erinnere sich unter den für denselben gedruckten des „Rollwagen“, des „Gesellschaftsgarten“ (Gartengesellschaft?), des „Reichsteufel“, der „Zehn Alter“, des „Gehörnten Siegfried“ und dergleichen Fabeln. Er wisse nicht, wer in Augsburg heimliche Bücher drucke und könne auch nicht sagen, ob Philipp Ulhart und Valentin Ottmar es thäten. Es seien ihm andere seltsame Bücher zu drucken auch nicht zugekommen, außer den zweien, welche ihm der Abraham [567] Schaller zugetragen. Es sei auch sonst niemand bei ihm gewesen außer dem Abel Werner, welcher ihm die sechs Schwenckfeldschen Büchlein, gegen Illyricum geschrieben, zugetragen. Er sei zur Zeit im Land Sachsen gewesen, der (da?) Herzog Heinrich von Brandenburg (Braunschweig?) gefangen genommen, habe aber kein Büchlein weder vom Schmalkaldischen Krieg noch von andern Dingen herausbracht. Auch habe er in Sachsen oder Magdeburg keine Gesellen, die ihm solche Büchel herausschickten, dergleichen auch weder in noch außerhalb Augsburg verschickt. In seiner Druckerei helfe ihm sein Knabe Victor Klein und der Jakob Grunderhaus und Gichel Pannaus aus Altenburg, der ihm den Dialogus habe drucken helfen. Er wisse wohl, daß ihm die Obrigkeit verboten, „Schmachteufel“ zu drucken. Er sei aber durch den Abraham Schaller mit guten Worten beredet worden, auch von Pannuke, der samt Vieren zu ihm in sein Haus kommen, so mit Namen Matthias Hofer, der in Briefen aber Erhard Eyller und einer Samuel genannt, so geschrieben. Diese hätten ihn gebeten, solches zu drucken, sie wolltens in der Stille halten und aus dem Lande verführen, er aber sei durch seine große Armut dazu beweget worden. Von Augsburg sei er keiner andern Ursach wegen geflohen oder ausgetreten, allein von der zwei Schmähbüchlein wegen, so er gedruckt. Auch habe ihm niemand Hilfe noch Vorschuß gethan, denn der Georg Willer habe ihn gewarnt und deshalb sei er stracks gen Ingolstadt zum Weißenhorn gezogen.

„Ist letztlich angeredt, was er zu Augsburg für Gesellschaft hab, so dergleichen Schmachbüchel drucke oder denen er dazu geholfen; auch darauf drei Mal mit Gewicht aufgezogen und ziemlich lange hangen lassen (dieser dritte Grad der Folter bestand im Ausrecken des Körpers mit rückwärts ausgerenkten Armen auf einer Leiter, wobei Gewichte an die Füße gehängt wurden), aber er will nichts bekennen, daß er einen heimlichen Gesellen hab, also auch stracks dabei verharrete. Ist auch auf die hierorts geschriebenen Artikel deren drei Mal leer aufgezogen worden (weil er es mit den Gewichten nicht mehr aushalten konnte), aber mereres oder anderes nichts bekennen wollen.“

Hier enden die Verhöre. Sie müssen im Oktober 1559 stattgefunden haben. Am 28. Oktober 1559 wenigstens teilte sie Herzog Albrecht dem augsburger Rate nur deshalb mit, weil er den jungen Schaller noch befragt haben wollte und mehr herauszubringen hoffte. Welchen Anteil [568] der Rat an der ganzen Untersuchung genommen hat, ist nicht ersichtlich; ein Antwortschreiben von ihm findet sich nicht bei den Akten. Doch dürfte die gefängliche Einziehung Georg Willers in Augsburg am 10. Oktober 1559 und die vorläufige Beschlagnahme und darauffolgende Durchsuchung seines Bücherlagers nach Famosschriften mit dieser Angelegenheit im Zusammenhang stehen. Was aus Wegler geworden ist, darüber schweigt die Geschichte. Sein Fall war eben zu jener Zeit kein seltener, weshalb man auch kein Aufhebens davon machte.

Die lutherischen Reichsstädte bieten ein von den bisher geschilderten Zuständen ganz verschiedenes Bild. Statt sich zur Zurückweisung der ihre Interessen schädigenden kaiserlichen Erlasse und Befehle über eine gemeinschaftliche Politik zu verständigen, handelten sie jede für sich und schwächten dadurch ihren Einfluß, der bei ihren reichen Mitteln und ausgedehnten Verbindungen durchaus nicht zu unterschätzen war. Gleichwohl tritt in ihnen allen fast zu derselben Zeit und zwar unmittelbar nach dem Wormser Edikt eine, wenn auch lässig durchgeführte Preßpolizei, aber noch keine Präventivcensur auf. Nur in wenigen Städten reicht diese Aufsicht über die Presse bis ins 15. Jahrhundert zurück, so z. B. In Straßburg, wo schon 1488 ein Einschreiten gegen mißliebige Bücher stattfand. In diesem Jahre nämlich schrieb Friedrich III., wie C. Schmidt erzählt[11], an den Magistrat, er habe in Erfahrung gebracht, es solle zu Straßburg eine Schrift über den Krieg des Königs von Ungarn gegen das Reich gedruckt werden und es sei darin des Kaisers „ettlicher Massen schimpflich gedacht“; er verlange daher, daß sie „abgethan“ werde. Es ist nichts von einer solchen Schrift bekannt; war sie aber dort gedruckt, so wurde sie auf Befehl des Rats vernichtet. Eine Censur im modernen Sinne des Wortes hat weder damals noch später in Straßburg existiert; der Magistrat griff nur ein, wenn irgend jemand durch eine jüngst erschienene Publikation beleidigt zu sein glaubte. Er übertrug dann die Prüfung bald dem Ammeister oder einigen Ratsherren, bald dem seit 1500 als Stadtschreiber und Syndikus angestellten Sebastian Brant. Das erste verbotene Buch war, 1502, Murners „Germania nova“, die Wimphelings Groll erregt hatte und über die ein ungenauer Bericht an Kaiser Maximilian gelangt war. Den 24. Februar 1504 ließ deshalb der Rat durch den Ammeister Peter Arg neun Buchdruckern eröffnen, sie sollten weder etwas gegen den Papst, den Kaiser, den römischen König, die [569] andern Fürsten und Reichsstädte, noch „schändliche und üppige Lieder ausgehn lassen, ohne Wissen und Willen Meister und Rats“. Letztere blieben aber trotzdem bei der frühern Praxis, nicht eher einzuschreiten, als bis man sie deshalb ansprach; so untersagten sie 1514 den Druck von Murners „Geuchmatt“ erst, nachdem die Barfüßer, die einen Angriff auf ihre Lebensweise argwöhnten, sich darüber beschwert hatten; Murner erhielt jedoch sein Manuskript zurück. Um die Verbote zu umgehen, setzten die Drucker bald ihre Namen nicht unter die bedenklichen Traktate, bald verbargen sie sich unter erdichteten. In der hieraus für den Magistrat entstehenden Verlegenheit berief er, wenn eine namenlose Schrift als beleidigend angegeben wurde, sämtliche Drucker und forderte sie auf, bei ihrem Eid den Schuldigen zu nennen. Im Jahre 1515 liefen Klagen ein über „schantliche Sprüche und Lieder“ gegen die Eidgenossen, 1516 über ein „würtembergisch Lied“ gegen die Kaiserlichen. Der Rat erneuerte die alten Verbote und fügte hinzu, man solle nichts neues derart herausgeben, es sei denn zuvor „durch den Ammeister oder den Doktor (Brant) besichtigt und zugelassen“: offenbar eine schwer auszuführende Maßregel. Weder der Ammeister noch der Stadtschreiber hatten die nötige Muße, um selbst kleinere Schriften zu untersuchen, bevor sie unter die Presse kamen. Im Jahre 1520, als die religiöse Polemik begonnen hatte, erließ dann der Rat abermals ein Verbot, nicht um die Besprechung der theologischen Fragen zu verhindern, sondern nur, um groben Beleidigungen Einhalt zu thun. Er strafte nie die Verfasser, er hielt sich an die Buchdrucker und Buchhändler, und diese wurden, summarisch genug, durch Konfiskation und Vernichtung der noch nicht verkauften Exemplare bestraft.

In Nürnberg dagegen zeigen sich schon vor der Reformation vereinzelte Ansätze von Repressivcensur. So wurde im Jahre 1513 der Drucker Wolfgang Huber vom Rate dafür gestraft, daß er gegen dessen Verbot eine Flugschrift über den Auflauf zu Köln gedruckt und verbreitet hatte; man setzte ihn vier Tage auf einen Turm „in eine versperrte Kammer“. Zugleich ward bei dieser Gelegenheit beschlossen, daß in Zukunft die „in eines Raths Verwandtnuß und underthenigkeit stehenden“ Buchdrucker alle Jahre von neuem Pflicht und Gehorsam schwören sollten. Im Jahre 1517 wurde allen Buchdruckern verboten, irgend ein neues Werk, groß oder klein, unangesagt und ohne Erlaubnis des Rats [570] drucken und ausgehen zu lassen. Veranlaßt ward dieser Erlaß durch die kaiserliche Beschwerde, daß die nürnberger Pressen an der Herstellung hussitischer Bücher arbeiteten, weshalb denn auch zu derselben Zeit dem Andreas Kaschauer und Jeremias Hetzel aufgegeben wurde, weder Bibel noch andere Bücher in böhmischer Sprache zu drucken, widrigenfalls sie ausgewiesen und anderweitig bestraft werden sollten.

In dem bald darauf beginnenden Siegeslauf der Reformation durch Deutschland waren die Freien Städte, Nürnberg voran, Luther günstig gestimmt. Schon 1518 hatte der Buchdrucker Friedrich Peypus ohne Wissen und Erlaubnis des Rats, aber auf Begehren der nürnberger Augustinermönche, Luthers deutschen Traktat gegen den Ablaß drucken lassen. Der Rat wagte Peypus nur mit einem leichten Verweis zu strafen. Der ausgedehnte Vertrieb der Reformationslitteratur in Nürnberg ist im übrigen bereits im siebenten Kapitel geschildert worden. Zwar veröffentlichte der Rat nach langen Beratungen das Wormser Edikt, doch erst im Oktober 1521. Er verbot außerdem allen Buchführern das Feilhalten und den Verkauf „der Lutherschen Büchlein und anderer Schmähschriften“, erließ auch 1522 zwei neue Verbote: das eine im März gegen den Verkauf von Luthers Bildnissen mit dem heiligen Geist, sowie des Büchleins vom neuen Glauben und anderer eben erst zu Wittenberg neu erschienenen Schriften, das andere im August gegen Luthers Angriff auf den König von England, welches Büchlein auf Verlangen des Erzherzogs Ferdinand aus allen Buchläden weggenommen werden sollte. Im Januar 1523 wurde den Druckern ausdrücklich gestattet, gegen Luther alles das zu drucken, was ihnen während des dort tagenden Reichstags zum Druck übergeben werden mochte, und im darauffolgenden März mußten die Stadtknechte bei allen Buchführern nach verbotenen Büchern und Bildern suchen. So fügte sich der Rat; aber nur scheinbar. Er schritt eben höchstens in flagranten Übertretungsfällen und nur auf das äußere Andrängen der Reichsregierung hin wirklich ein und ließ im allgemeinen die Anhänger Luthers so ziemlich thun, was sie wollten.

Im siebenten Kapitel sind bereits einige Beispiele für dieses schwankende und hinterhältige Auftreten des Rats beigebracht worden; sie mögen hier noch eine weitere Ergänzung finden. Als Erzherzog Ferdinand und der päpstliche Nuntius Campeggi sich im Frühjahr 1524 darüber beschwerten, daß der Rat die Lutherschen Schriften haufenweise drucken [571] und verkaufen lasse, während er den Papisten für ihre Bücher nicht dieselbe Gunst erweise, behauptete der Rat, daß seit Jahren keine Bücher mehr für Luther gedruckt (!) und daß die gegen diesen gerichteten Schriften zwar nicht verboten, allein in Nürnberg nicht verkäuflich seien. Dagegen verhinderte er dann wieder, um sich das Mißfallen des Kaisers nicht zuzuziehen, im September desselben Jahres den Verkauf der neuen Lutherschen Bücher, in welchen Kaiser und Fürsten Narren genannt wurden.

Konsequenter, immerhin zum Teil in patriarchalischer Weise, schritt der Rat gegen Preßerzeugnisse der Münzerschen Anhänger ein. Ein fremder, zu den „Schwärmern“ gehörender Buchhändler, Heinrich von Mellerstadt, wurde verhaftet[12], weil er bei Johann Herrgott heimlich eine Münzersche Schrift in 500 Exemplaren hatte drucken lassen. Ein Teil davon war nach Augsburg geschickt worden, 400 wurden jedoch noch bei ihm mit Beschlag belegt, wofür er aber am 2. November 1524 die Druckkosten unter dem Namen eines Almosens bezahlt erhielt. Die vier „Knechte“ (Gehilfen) Herrgotts aber, welche in dessen Abwesenheit den Druck heimlich besorgt hatten, mußten dafür zwei Tage und zwei Nächte im Turm büßen und „die Atzungskosten“ bezahlen. Um dieselbe Zeit wurden Heinrich Pfeiffer, auch Schwertfeger genannt, und Martin Reinhard, zwei begeisterte Anhänger Münzers, ausgewiesen und ihre Bücher als unchristlich und verführerisch verdammt, ferner auch die bei dem Buchdrucker Hieronymus Hitzel erschienenen Schriften Münzers und Karlstadts weggenommen.

Erst im Frühjahr 1525 erklärte sich der nürnberger Rat offen für den Übergang zur neuen Lehre, sodaß fortan ganz Nürnberg lutherisch war. Trotz dieses Wechsels blieb aber in der innern Verwaltung und der äußern Politik der Stadt alles beim Alten; ja der Rat trat sogar in vielen Maßregeln rücksichtsvoller und selbst ängstlicher auf, als zu der Zeit, wo er noch den Schein der Anhänglichkeit an den alten Glauben retten zu müssen meinte. Zunächst beschloß er am 27. April 1525, „alle diejenigen, so gedruckte Püchlein in die Häuser zu verkaufen umbtragen, so viel man der erfaren mag, zu beschicken und zu verpieten, sich solch’s Hausirens mit Püchern gänzlich zu enthalten, sondern was sie zu verkaufen vermeinen, sollen sie zuvor in der Kanzlei besichtigen lassen und dann mit Erlaubnuß öffentlich fail haben. Und welcher also gewarnt [572] darüber betreten wird, daß er sein Pücher hausiret, soll man den oder dieselben in’s Loch schaffen“. Zugleich aber wurde dem Buchführer unter dem Rathaus für drei Jahre die Stadt und deren Umfang auf fünf Meilen verboten, weil er trotz der an ihn ergangenen Warnung ein Schmähbüchlein gegen Martin Luther verkauft hatte. Dagegen erhielten die Buchdrucker und Buchführer am 10. Juli 1526 den Befehl, sich bei ernstlicher Strafe des Drucks der Karlstadtschen, Zwingli’schen, Ökolampadiusschen und ihrer Anhänger Büchlein vom Sakrament zu enthalten, „dieweil darin nichts als Verführung und Teufelswerk erfunden worden; dazu was in Baden und Aargau disputiret, weder zu drucken noch fail zu haben“.

Unter den nach Nürnberg gezogenen fremden Pfarrern befand sich auch Wolfgang Vogel aus Bopfingen in Schwaben. Der Rat von Nürnberg gab ihm eine Predigerstelle in Eltersdorf, zog ihn aber zur Untersuchung, weil die von Bopfingen durch eine heftige Schrift ihres frühern Seelsorgers sich sehr verletzt fühlten und weil dieser die in Regensburg versammelt gewesenen Fürsten „tolle Götzen“ genannt hatte. Die Beschwerde war im Januar 1527 eingelaufen. Am 22. März befand sich Vogel ohne Angabe von Gründen im Gefängnis, und am 26. März wurde er zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der Rat hatte, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, bei dem Gange des Unglücklichen zum Richtplatz 10 Schützen befohlen. Der „Lochhüter“ durfte des „Pfaffen“ Rock, den er entlehnt hatte, ohne Wissen des Rats niemand aushändigen. Denen von Bopfingen wurde die Antwort, dem Wolfgang Vogel sei wegen seiner Handlungen sein Recht erwiesen worden, weshalb sie nun vor ihm sicher seien.[13] Vogels Weib bat um Aushändigung der Bibel und anderer ihrem Manne gehörigen Bücher; allein der Rat verweigerte sie, weil ihr Inhalt gefährlich sei und von Schwärmerei handle, gab aber der Frau eine „Ergötzung“ dafür. Heller in seinem „Leben Lukas Cranachs“, S. 113, sagt, daß Vogel ein Bündnis zu bilden gesucht habe, um alle Obrigkeiten abzusetzen und ein neues Reich in Christo zu gründen, wo nur Gleichheit herrschen sollte, eine Angabe, welche, wenn auch übertrieben, das Verfahren des Rats verständlicher macht.

Andererseits vermied der Rat mit so ängstlicher Vorsicht, es mit Kaiser und Papst zu verderben, daß er in einem ziemlich unschuldigen [573] Falle einschritt, der nur deshalb hervorgehoben zu werden verdient, weil der Dichter Hans Sachs bei dieser Gelegenheit der Missethäter ist und weil in ihm zugleich das nürnberger Censurverfahren mit des Rats eigenen Worten dargelegt wird. Es war nämlich zu Anfang 1527 „ein gedruckt Büchlein mit Bildern, den Fal des Babstums anzeigend, zu failem Kauff auff dem Markt vertriben worden, bei welchen Figuren etliche Auslegung unter Herr Andreas Osianders (lutherischen Pfarrers zu St. Lorenz) Namen auch etlich reymen, die Hanns Sachs, Schuster, gemacht und welches Alles Hans Güldinmunt verfertigt habe“. Da nun genug von diesen Dingen gesagt und geschrieben worden und dies Büchlein mehr „ein Anzündung und Verbitterung des gemeynen Mannes, denn was anderes verursache, auch allerley Nachtheil und Feindschaft bei Vielen verursachen könne“, dabei wider des Rats Wissen und Willen ausgegangen und ebenso wenig den Verordneten, die den Druck zu beaufsichtigen beauftragt sind, zugebracht worden sei, so habe der Rat am 6. März 1527 beschlossen, nachfolgender Gestalt in dieser Sache zu handeln: „1) Herr Osiander solle beschickt und unter Darlegung des Sachverhalts bedeutet werden, daß der Rath sich einer größern Bescheidenheit zu ihm versehen habe. Darum lasse er ihm mit Ernst ansagen, sich hinfüro dererleyer Zusätze und Episteln zu enthalten. Deß wolle sich der ehrbare Rath zu ihm versehen, denn wie das mehr geschehen, müsse er seine Nothdurft gegen ihn bedenken.“ 2) solle dem Güldinmunt gesagt werden, „er habe etliche Figuren und daneben etliche Zusätze in einem Büchlein verfertigt, welches eines ehrbaren Rathes Verordneten zu besichtigen nicht zugebracht, des habe der Rath kein Gefallens von ihm. Darum solle er alle solche Büchlein, so er noch bei Händen habe, zur Stund auf das Rathhaus antworten, desgleichen die geschnittenen Form, dergleichen Druckens auch hinfür müßig stehen, und nichts mehr verfertigen, es sein denn zuvor in der Kanzlei besichtigt. Die Strafe aber, so ein Rath um diese Handlung gegen ihn zu üben fürhabe, wolle er zu diesem Mal anstellen mit eigener offener Hand“. 3) Item „Hanns Sachssen ist gesagt, es sei diese Tag ein Büchlein ausgegangen, ohne Wissen und Willen eines ehrbaren Raths, welches besser unterwegen gelassen wäre; an solchem Büchlein habe er die Reymen zu den Figuren gemacht. Nun seye solches seines Amtes nicht, gebühre ihm auch nicht, darum eines Rathes ernster Befehl, daß er seines [574] Handwerkes und Schuhmachens warte, sich auch enthalte, einige Büchlein oder Reymen hinfür ausgehen zu lassen (die gesperrt gedruckten Worte sind im Original des Ratsbuchs unterstrichen); ein ehrbarer Rath würde sonst in Nothdurft gegen ihn handeln, und um diese geübte Handlung wolle der Rath die Strafe diesmal bei sich behalten, doch mit einer offenen Hand, die nach ihrer Gelegenheit für zu nehmen“. Endlich aber bat der Rat unterm 27. März 1527 „die von Frankfurt, in dieser Messe Achtung durch die Ihren auf solches Büchlein haben zu lassen und wie sie eines zum Kaufe ausgestellt fänden, es auf des Nürnberger Rathes Kosten aufkaufen zu lassen“. Der frankfurter Rat that übrigens nichts in der Sache und hat entweder nichts gefunden oder bei der damaligen Stimmung seiner Bürger nichts finden wollen. Zu gleicher Zeit wurde den Kobergern ein Befehl ähnlichen Inhalts gegeben; indessen enthalten bei Akten auch über seine Ausführung keine Auskunft.

Aus diesen Erlassen geht also hervor, daß Nürnberg schon beim Eintritt in das zweite Viertel des 16. Jahrhunderts vollständig geordnete Censurvorschriften in sein Strafrecht aufgenommen hatte. Indessen sind sie auch hier so wenig, wie ähnliche Bestimmungen anderwärts befolgt worden. Der Rat sah sich deshalb in den Jahren 1535 und 1545 gezwungen, namentlich den Befehl zu erneuern, wonach Buchdrucker, Formschneider und Briefmaler sich eidlich verpflichten mußten, jedes ihnen zur Veröffentlichung übergebene Schriftstück vorher der Aufsichtsbehörde vorzulegen und die Erlaubnis des Rats einzuholen. Zugleich wurden die Buchhändler bedeutet, keine verbotenen Bücher von der frankfurter und andern Messen, wie z. B. Naumburg, einzuführen und nicht allein ein Verzeichnis der von ihnen dort gekauften Bücher einzureichen, sondern es auch vom Rate genehmigen zu lassen. Aber auch dieser Beschluß blieb so gut wie ein toter Buchstabe. Zudem waren die Nürnberger viel zu gute Kaufleute, als daß sie ein gewinnbringendes Geschäft, wie den Buchhandel, unnötigerweise gestört hätten. Die Buchhändler und Buchdrucker erfreuten sich daher auch einer verhältnismäßig milden Behandlung, wurden mehr bedroht als energisch verfolgt und hatten nie grausame Strafen zu gewärtigen. Die religiösen Kämpfe und Gehässigkeiten griffen hier auch nicht so störend ein als anderswo, weil die ganze Stadt das lutherische Bekenntnis angenommen hatte und sich namentlich dessen Gegnern [575] gegenüber eins fühlte. Wenn nun hier und da eine Verfolgung mißliebiger Bücher oder Schriftsteller stattfand, so geschah das in der Regel mehr infolge der Anträge des Kaisers oder auswärtiger Stände, als aus eigenem Antriebe. Sodann aber bildete Nürnberg insofern einen wohlthuenden Gegensatz zu manchen andern Reichsstädten, als es sich seiner Buchhändler und Drucker nach Außen hin energisch annahm und sie vor Schimpf und Schande schützte.

So war der Buchführer Andreas Eschenberger im Herbst 1562 in Wien gefänglich eingezogen und bedroht worden, an den Pranger gestellt und mit Ruten ausgestrichen zu werden, weil er sich, trotzdem, daß er schon einmal ausgewiesen worden war, zum zweiten mal mit lutherischen Schulbüchern, Bibeln und Postillen in Krems und in Niederösterreich hatte betreffen lassen. Für Kaiser Ferdinand war dies ein Verbrechen, obgleich er als Reichsoberhaupt eigentlich nichts dagegen thun durfte. Um nun einen Rechtstitel für ihr Vorgehen zu haben, behandelten seine Beamten und die Geistlichen derartige Fälle als erzherzogliche, als Landes- und nicht als Reichsbehörden. Der nürnberger Rat hatte kaum die Beschwerde Eschenbergers erhalten, als er sich am 26. September 1562 an den Kaiser wandte, für die Ehrbarkeit und Unbescholtenheit seines Bürgers eintrat und dessen Recht zum Verkauf derartiger Bücher für zweifellos erklärte. Zugleich aber beantragte er, daß ihm „die schmähliche Strafe des Prangers, des Ruthenausschlagens und anderer öffentlicher Schande“ erlassen würde. Die Erledigung der Sache zog sich lange hin. Der Rat beauftragte deshalb am 19. November 1562 seinen Agenten in Wien, Georg Stümpfl, energische Schritte zu thun, daß „der arme unschuldige Mann wieder mit Gnaden ledig gelassen werde“. Das scheint denn auch geschehen zu sein; wenigstens kommt der Eschenbergersche Fall nicht mehr in den nürnberger Akten vor.

Ganz um dieselbe Zeit hatte auch der Erzbischof von Salzburg dem nürnberger Buchführer Nikolaus Vogel ein Faß Bücher in Salzburg öffnen und den ganzen Inhalt durchsuchen lassen, aber nur einen anstößigen gemalten Brief gefunden, weshalb der Besitzer, der behauptete, das anstößige „Gemälde“ nicht in das Faß gepackt zu haben, gefänglich eingezogen wurde. Seine Frau Elisabeth führte wegen der Behandlung ihres Mannes beim Rat Beschwerde, und dieser verlangte am 28. September 1562 dessen Freilassung beim Erzbischof, der sie auch sofort verfügte.

[576] In Augsburg lassen sich die ältesten Censurverordnungen bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts, wenn nicht noch weiter in das Ende des 15. hinein verfolgen. Aus einem Ratsprotokoll vom 9. August 1515 ergibt sich, daß sich die Buchdrucker schon damals eidlich verpflichten mußten, ohne Wissen und Willen des Rats nichts zu drucken, was jemand zur Schande oder zur Schmach gereiche. Es heißt ausdrücklich im Eingang, daß die Drucker Hans Elchinger und sein Sohn geschworen hätten, wie andere Buchdrucker; diese Einrichtung muß also schon von früherer Zeit her datieren. Unterm 28. August 1520 bedeutete der Rat die in der Stadt thätigen 10 Drucker[14], in den „Irrungen zwischen den Geistlichen und Doktoren der heiligen Schrift“ nichts ohne sein Wissen und Willen zu drucken und am 7. März 1523 wurden sie – den nun bald auftretenden Reichspreßordnungen gleichsam vorgreifend – dahin vereidigt, keine Schmähbücher, Lieder oder andere Gedichte drucken zu wollen, es sei denn, daß sie zuvor dem Bürgermeister Anzeige gemacht und dessen Erlaubnis erhalten, den Namen des Dichters desselben Buchs oder den Namen dessen, der es ihnen übergeben, genannt und auch ihren, der Drucker, eigenen Namen hinzugefügt hätten. Später mußte sich Augsburg dem allgemeinen Verfahren anschließen, wie es die Reichsabschiede allmählich ausbildeten. So wird in den geheimen Ratsdekreten von 1551, 1552, 1589, 1618, 1670, 1681, 1682, 1690, 1715 u. s. w. wiederholt den Buchdruckern und Buchhändlern eingeschärft, sich den ergangenen Vorschriften entsprechend zu verhalten; allein schon die große Zahl dieser Verordnungen beweist, daß sie nur wenig Beachtung fanden.[15]

Hart und grausam verfuhr die alte Reichsstadt in diesen Dingen übrigens nie, wenn sie auch in einzelnen Fällen die Übertretung ihrer Gebote streng ahndete. Ihre Praxis in Censurangelegenheiten stand gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts ziemlich fest und behauptete sich fast unverändert bis zum Verlust der Reichsunmittelbarkeit (1803). Sie beschränkten sich eben darauf, an jene oft wiederholte Vorschrift, daß alles, was gedruckt, oder auf andere Weise vervielfältigt werden sollte, vor dem Druck den zur Büchercensur verordneten Herren vorzulegen sei, zu erinnern, doch aber nur gelegentlich wirklich einzuschreiten. So ward Georg Willer am 10. Oktober 1559, jedenfalls in Zusammenhang mit der Untersuchung gegen den Buchdrucker Wegler in Ingolstadt, ins Gefängnis abgeführt und sein ganzer Büchervorrat wegen angeblichen Drucks und [577] Verkaufs einer Famosschrift mit Beschlag belegt; doch erhielt seine Frau auf ihr Ansuchen alle diejenigen Bücher zurück, welche „nit famoß vnd des authors vnnd Buchtruckers namen“ trugen. In einem Ratsprotokoll vom 7. April 1554 heißt es sogar recht väterlich, man habe „die Buchführer eruordert und ihnen zugesprochen, nichts zu verkaufen, es sei denn zuvor approbiret und zugelassen“. Ziemlich gegen Ende der in diesem Bande behandelten Periode, am 27. November 1618, schärfte der Rat allen Buchdruckern und Buchführern der Stadt wiederholt nachdrücklich ein: „hinfüro kaine dergleichen ehrenrüerige, ärgerliche, schmachhaffte, Leichtfertige, unzüchtige Bücher, Schrifften, Tractatlein, Pasquill, Lieder, Zeitungen, Gemählde, Zedulen und Stich, von weß Religion dieselben seyen, hie zu drucken, hierher zu bringen, fürzulegen, haimlich oder öffentlich zu verkauffen oder einzuschieben, Und welcher Buchdrucker, Buchführer, Brieffmahler, Kupferstecher, Novellant oder Liederverkäuffer des verstands nit were, daß er gebührlichen vnterschied, waß er hie drucken, stechen, fail haben, von sich schreiben vnd verkauffen möchte oder nit, zu halten wüßte, der mag und soll die verordneten Herren über die Buchdruckereyen um Bericht fragen, seine Bücher, Lieder Schrifften, Stich und Gemählde sehen lassen und sich Bescheids erholen, was ihnen zu drucken, zu stechen, fail zu haben und zu verkauffen gebühre oder nit“.

Als der Buchhändler Andreas Asperger wegen Übertretung dieses Erlasses die Stadt am 24. Juli 1632[16] verlassen mußte, wurden sogar die beiden Censoren Hans Felix Ilsung und Hans Wolff-Zeech „vmb deßwillen, daß sie als gewessene Censores dergleichen Inn allen Rechten, Reichsabschieden vnd Polizeyordnungen hoch verbottene Famoßschrifften truckhen lassen vnnd dieselben sogar auch nachdem sie den Abtruckh zu Iren Handen Empfangen und ersehen, nit alsbald abgeschafft, sondern öffentlich fail haben lassen, auch dadurch Iren Willen vnd Consens genugsamb zur erkennen geben, Ihr Jeder vmb 50 Reichsthaler Inn Allmuesenseckhel gestrafft“. Dieses Beispiel der Bestrafung eines Censors wegen zu großer Milde steht in der Geschichte der Censur ziemlich vereinzelt da. Noch durch eine andere Eigentümlichkeit unterschied sich Augsburg in der Folge von sämtlichen übrigen Reichsstädten. Während und unmittelbar nach der Reformation fast ganz lutherisch, wurde im Laufe der Jahre und namentlich vor, in und nach dem Dreißigjährigen Krieg ein sehr großer Teil der Bürger der Stadt zum Katholizismus zurückgeführt, [578] sodaß mit dem Ende des 17. Jahrhunderts beide Bekenntnisse sich in ziemlich gleicher Stärke gegenüberstanden. Auf Grund dieses Verhältnisses mußte darum auch von den zwei Mitgliedern des Rats (meist gewesenen Bürgermeistern) und den zwei ihnen später beigeordneten Rechtsverständigen, die eine Hälfte dem protestantischen und die andere dem katholischen Bekenntnis angehören. Diese teilten sich denn auch bei der Censur der ihnen unterbreiteten religiösen Werke in zwei Ausschüsse, deren jeder die seine Kirche betreffenden Schriften censierte, während sie alle übrigen Bücher und Kunstwerke gemeinsam beurteilten. Es war hier also nach Möglichkeit für Unparteilichkeit bei Handhabung der Censur vorgesorgt und das thatsächlich durchgeführt, was gleichzeitig die evangelischen Reichsstände vergeblich für die Organisation der kaiserlichen Bücherkommission in Frankfurt a. M. erstrebten.

In Ulm galt, den Reichsordnungen entsprechend, das allgemeine Gebot, daß niemand etwas daselbst oder anderswo drucken oder publizieren lasse, ohne Consens und Censur des Rats. Da dasselbe, wie gewöhnlich, in Vergessenheit geraten war, wurde es im Jahre 1619 erneuert. Für spezielle Fälle hatte der Rat 1560 nach Entscheid der Herren der Religion die Prädikanten Johann Willig und Kaspar Kürchner und den „alt Lat. Schulmeister“ beauftragt, die Buchdrucker und Buchführer „zu ihrer Gelegenheit“ des Jahres etlichemal zu visitieren und die Bücher, so wider die Ausgburgische Konfession, als schwenckfeldisch u. dgl. „item die Schmachbüchlein, darinnen hohe Potentaten angezogen werden“, aufzuheben und „auf die Hütte“ zu liefern. Einen ähnlichen, aber weiter gehenden Auftrag erhielten 1621 Dr. Frieße, Mag. Schmid, Albr. Schleicher und Dr. Fingerlin, „damit das Einschleichen der verdächtigen Bücher bei den hiesigen Buchführern und Händlern hinfüro für kommen werde“. Sie sollten, wenn neue Bücher von der frankfurter Messe oder von andern Orten hergebracht würden, dieselben besichtigen und, wenn sie ketzerische Pasquille, Famos- oder andere im Reiche verbotene oder sonst leichtfertige Bücher, durch welche die Jugend leichtlich verführt werden könnte, fänden, selbige nicht feil haben lassen, sondern alsbald aufheben und zum Baupflegamt liefern lassen. Im Jahre 1615 beschloß der Rat dann weiter auf die „Zeitungssinger“ sollten die Gassenknechte gut Achtung geben, und wo sie solche in der Stadt anträfen, sie gleich abschaffen und ihnen das Singen nicht gestatten.

[579] Obgleich nun die Censur in Ulm ziemlich mild gehandhabt worden zu sein scheint, sah der Rat sich doch unter Umständen durch die herrschenden Zeitumstände veranlaßt, recht vorsichtig zu verfahren. So findet sich in 1619 die Verfügung, die von der Bürgerschaft stark begehrte Neujahrspredigt Dr. Dietherichs solle durch die Herren des Religions- und Baupflegamts durchgegangen und ihm angezeigt werden, was er herauslassen solle. In demselben Jahre wurde beschlossen, daß desselben Geistlichen Gratulationspredigt zur Kaiserwahl in Frankfurt durch die Religionshüttenherren vor dem Druck censiert und was darin nicht zu passieren, ausgelöscht werden sollte. Man hatte sich gewiß schwer dazu entschlossen, den angesehenen Geistlichen derart zu bevormunden; aber die Prediger sprachen sich damals über die politischen Zustände auf der Kanzel so ungeniert aus, daß wohl starker Grund zu Befürchtungen vorgelegen haben mag.

Doch nicht allein auf Inhalt und Gesinnung der zur Censur vorgelegten Manuskripte sah man, es kommt sogar der merkwürdige Beschluß vor, wonach der Rat dem Buchdrucker des „Cronicklins“ halber, „von Ursprung der alten Herzöge von Töckh“, Mag. Jakob Fröschlinus, andeuten ließ, dem Verfasser zu verstehen zu geben, dasselbe etwas besser durchzugehen und in gebührende Ordnung zu bringen, hernach aber mundiert einzuschicken, „alsdann der Druck verfertigt werden mag“.

Ein so unmächtiges Staatswesen hatte natürlich nach allen Seiten Rücksichten zu nehmen, in dem Maße, daß in gewissen Fällen sogar ein Verstoß gegen die Vorschriften der Reichspreßordnung vorgeschrieben wurde, selbst in Fällen, wo es schwer ist, die Möglichkeit eines Anstoßes vorauszusetzen. Im Jahre 1615 wurde verfügt, der Buchdrucker Johann Meder solle des Jesuiten Johann Keller „Epistolae“ und Dr. Heilbronners Antwort darauf drucken dürfen, „doch ohne benambsung des orts und des Buchdruckers Namens“. Ein weiterer Beschluß von 1640 lautet: „Dem Buchdrucker ist vergönnt, das Tractätlein, wie und welcher Gestalt die neuerbaute evangelische Kirche zu Preßburg in Ungarn solenissime inaugurirt und eingerichtet worden, zu drucken, doch mit Auslassung des Orts und Buchdruckers Namens“. Schwer erklärlich ist ein anderer von 1634: Johann Faulhaber solle seine „Fortifikationskunst“ drucken lassen dürfen, aber die Worte, daß es mit des Rats Bewilligung geschehe, weglassen. Solche ängstliche Rücksichtnahme war jedenfalls [580] auch Veranlassung, daß im Jahre 1637 dem Buchdrucker Balthasar Khüene „aus erheblichen Ursachen“ nicht gestattet wurde, wöchentliche Zeitungen drucken zu lassen.

Selbst in den Geschäftsbetrieb griff die Aufsicht über die Presse ein. So war im Jahre 1645 eine „Dysenteria“ ausgebrochen. Das Collegium medicum hatte einen Bericht über die Krankheit erstattet und der Rat beschloß nun, die Stättrechner sollten den Buchdrucker vorfordern und ihm „anbefehlen“, das 1622 in Druck ausgegangene Traktätlein wegen der Dysenteria wieder aufzulegen und zu drucken und zwar auf seine Kosten, weil die Exemplaria unzweifelhaft wohl abgehen würden. Sollte er sich dessen weigern, so sollten sie vernehmen, was er dafür begehren wollte, und dem Rat Bericht erstatten. Eigentümlich ist auch ein Beschluß von 1645. Die von Isaak und Abraham Hosennestel, Handelsleuten in Augsburg, und Jeremias Lidel, Bürger zu Ulm, überschickten drei Designationes (Prospekte) eines zu Amsterdam verkäuflichen großen Druckwerks sollen den beiden Buchführern und dem Buchdrucker mit der Bestimmung zugestellt werden, selbige an ihren Tafeln anzuschlagen und alle Tage öffentlich auszuhängen.

Von besonderer Ängstlichkeit zeugt ein Ratsbeschluß von 1639. Auf Bericht der Prediger im Münster, Mag. Ludwig Pischoff und Mag. Johann Merkhel, soll das von Johann Permeier in Wien dem Rate zugeschickte Büchlein „Begier und Seelenschatz“ nicht nachgedruckt, sondern samt dem Bericht zur Bibliothek geliefert, daselbst verwahrt, auch von den Herren zum Baupflegamt fleißig Obacht gegeben werden, daß dergleichen schädliche Skarteken von dem Buchdrucker nicht angenommen, nachgedruckt und spargiert werden. Da das Buch von Wien eingeschickt war, wagte man offenbar weiter nichts, als dasselbe totzuschweigen und wenigstens dadurch dem eigenen protestantischen Bewußtsein genugzuthun.

Eine ganz besondere Stellung nimmt Frankfurt a. M. in der Entwickelung der Censurverhältnisse ein. Je mehr seine Messen an Bedeutung gewannen, um so schwieriger wurde es für den Rat, sich der Reklamationen und Einflüsse mächtigerer Reichsstände und der Reichsgewalt selbst zu erwehren; der Rat unterlag ihnen schließlich geradezu, da er von vornherein nicht genügende Energie entfaltete und unbedachtsam seine Hoheitsrechte preisgab. Das zeigt sich schon bei den eingangs dieses Kapitels geschilderten Übergriffen des Erzbischofs Berthold von Mainz. [581] So rücksichtslos und eigenmächtig dieser ehrgeizige Kirchenfürst auch vorzugehen pflegte, so hatte er sich doch vor Erlaß seines öffentlichen Strafmandats vom 4. Januar 1486 der schwächlichen Willfährigkeit des frankfurter Rats zu vergewissern gewußt. Jenem Strafmandat war bereits am 22. März 1485[17] ein Erlaß an den Pfarrer zu St. Bartholomäi, Dr. Konrad Hensel, vorangegangen, ein Erlaß, der sich von jenem Mandat nur dadurch unterscheidet, daß in ihm die vier mainzer Censoren nicht mit Namen genannt sind. In dem deutschen Begleitschreiben vom 24. März, mit welchem Berthold diesen Erlaß von 1485 an Bürgermeister und Rat von Frankfurt übersandte, verlangte er bereits ausdrücklich von diesem die Ernennung jener zwei frankfurter Gelehrten (Doktoren oder Licentiaten), welche in Gemeinschaft mit dem Pleban in der laufenden Messe und später alle zum Verkauf ausgelegten Bücher besichtigen und nach Inhalt jenes Erlasses verfahren sollten. Erst nachdem der frankfurter Rat sich gefügt hatte, erfolgte die formelle Veröffentlichung des sogenannten Strafmandats vom 4. Januar 1486. Erzbischof Albrecht (von Brandenburg) trat dann später mit seinem Mandat von 1517 in Bertholds Fußstapfen. Die aus der Zeit des Reuchlinschen Streites im sechsten und achten Kapitel mitgeteilten Daten beweisen, daß diese mainzer Bücherkommission, wenn man sie schon so nennen will, thatsächlich ungefähr bis zum Jahre 1524 fungiert hat, wenn auch der frankfurter Rat nach Beginn der Reformation den Denunziationen des Pleban Peter Meyer gegenüber taub geblieben zu sein scheint. Die Durchführung der Reformation in Frankfurt dürfte nun zwar der Wirksamkeit dieser mainzer Aufsichtsbehörde unbedingt ein Ende bereitet haben. Aber nur eine verhältnismäßig kurze Spanne Zeit war dem Rat eine freiere Bewegung auf preßpolizeilichem Gebiete beschieden, auch diese oft genug beeinträchtigt durch den seitens mächtigerer Fürsten ausgeübten Druck, wie sich bei Besprechung der sächsischen Censurverhältnisse in einem drastischen Beispiel zeigen wird. Die Errichtung der kaiserlichen Bücherkommission setzte den Rat auf diesem Gebiete bald völlig matt. Die Weiterentwickelung der Censurverhältnisse in Frankfurt durchschlingt sich im übrigen so sehr mit der Geschichte dieser Kommission, daß dieserhalb auf das derselben gewidmete zehnte Kapitel verwiesen werden muß.

Von den übrigen Reichsstädten bedarf höchstens noch Hamburg einer besondern Erwähnung. Hier findet sich die erste lokalgesetzliche Verfügung [582] über die Regelung der Censur in einem im Juli 1562 erlassenen Mandat, das seinen Ursprung einem auf dem lübecker Kreistage des Niedersächsischen Kreises zu Stande gekommenen Beschluß verdankt. Der Inhalt ist kurz folgender: es soll fortan im Kreise sich niemand unterstehen, ein Buch oder eine Schrift in diesem Kreise, oder anderswo, im Druck ausgehen zu lassen, es sei denn, daß er vorher seiner Obrigkeit solches und die Ursachen, warum er es im Druck ausgehen lassen wolle, anzeige und der Druck durch die Obrigkeit zugelassen sei. Andernfalls solle der Betreffende ausgewiesen und auch von andern Obrigkeiten des Kreises nicht aufgenommen werden.

Beim Beginn der in diesem Bande behandelten Periode stand die Schweiz noch in einem lockern Verbande mit dem Deutschen Reiche; erst der Westfälische Friede löste staatsrechtlich das Scheinverhältnis. Es rechtfertigt sich daher, der Entwickelung der Censurverhältnisse in den bedeutendern Kantonen im Anschluß an die in den Reichsstädten zu gedenken. Das erste auf Preßpolizei bezügliche Aktenstück, welches sich in Basel findet, stammt von niemand Geringerm als Erasmus. Es ist eine Denunziation! In einem undatierten lateinischen Schreiben teilt er dem baseler Rate mit, er habe aus Lyon erfahren, daß eine von Wilhelm Pharel (Farel) gegen ihn verfaßte französische Schrift dorthin gebracht worden sei. Auch in Kostnitz (Konstanz) seien zwei gegen ihn gerichtete Libelle Farels vorgekommen. Dieser sei ein boshafter Mensch; außer andern werde vorzüglich der Papst angegriffen. Zwar seien weder Verfasser noch Drucker genannt; doch halte man allgemein Farel für den Verfasser und einen gewissen Welshans für den Drucker. Das wäre leicht zu erfahren, wenn Cratander und Watißneve (Battenschnee), die die Schrift öffentlich verkauften, eidlich befragt würden, von wem sie dieselbe hätten, und wenn Welshans darüber vernommen würde, was er in der letzten Zeit gedruckt habe. Farel rühme sich, seinen, des Erasmus, Ruf zu beinträchtigen, wo er nur könne. Ihm persönlich sei dies gleichgültig; aber der Rat möge sich vorsehen, daß nicht unversehens eine solche Pestilenz in seinen Staat einbreche. „Si quis favet Lutero, hos ut hostes evangelii Luterus ipse detestatur, quos scribit cacare in castra Israhel.“ Es gebe Leute, welche sich verschworen hätten, durch Schriften ohne oder mit fingiertem Titel alle Welt anzugreifen; was sie jetzt gegen ihn wagten, [583] würden sie auch bald gegen den Rat wagen, wenn dem nicht Einhalt geschähe.

Es ist nicht ersichtlich, daß der Rat auf diese Anregung hin eingeschritten wäre; vielleicht ist sie aber Veranlassung zu einem am 12. Dezember 1524 gefaßten Beschluß des alten und neuen Rats, daß hinfüro alle Drucker der Stadt Basel nichts drucken lassen oder selber drucken sollen, ehe es durch die dazu Verordneten besichtigt und zugelassen, auch sollen sie zu den Drucken ihren Namen hinzusetzen. Diese Verordnung wurde 1524 bei Strafe von 100 Gulden erneuert.

Eingehendere Anordnung erließ der Rat im Jahre 1550. Weil bisher ohne Wissen der Obrigkeit allerlei Büchlein in italienischer und andern fremden Sprachen heimlich in Basel gedruckt und „hingeführt“ worden, darum der Stadt viel Nachrede und Schaden geschehen mag, sollen die Drucker in Sachen die Heilige Schrift und Religion anlangend nur in lateinischer, griechischer, hebräischer und deutscher Sprache, in andern fremden Sprachen, als italienisch, französisch, englisch und spanisch, aber ganz und gar nichts drucken. Doch wich man schon nach drei Jahren, wenigstens in einem Fall, hiervon ab. Im Jahre 1553 hatten Simon Sultzer, Prediger am Münster, und Dr. Bonifacius Amerbach beantragt, daß eine Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen ins Französische durch Johann Herwag gedruckt werden dürfte. Der Rat beschloß, daß man solche, wenn sie druckfertig, besichtigen solle, und sofern dann kein Schmutz-, Schand- und Schmachwort darin, möge sie zum Druck zugelassen werden. Die erste eigentliche Censurordnung erging 1558: die Buchdrucker sollen kein Buch drucken, es sei denn das Manuskript zuvor besehen und approbiert; sie wurde erneuert und wieder eingeschärft unter dem 15. Februar 1665.

In eine eigentümliche Lage geriet 1676 der Universitätsbuchdrucker Hans Jakob Decker (I.). Er wurde eingekerkert, weil er in dem Dorfe Häsingen für den Prälaten zu Murbach und Luders eine Druckerei errichtet und seit zwei Jahren verschiedene „papistische“ Bücher gedruckt hatte. Ein langes Rechtsgutachten des Dr. Peter Megerlin spricht sich dahin aus, daß Decker das Leben verwirkt habe, es sei denn, daß der Rat ihn von Stadt und Land auf ewig relegieren und hinwegschaffen wolle, über Deckers Kinder aber, damit dieser sie nicht mit sich ins Papsttum führe, seine väterliche Hand halte und sie ins Waisenhaus aufnehme, auch in unserer [584] christlichen Religion getreulich informieren und aufziehen lasse. Zu dem Unterhalte der Kinder könnte man vielleicht die von ihrem Vater so vielfältig mißbrauchte Druckerei verwenden. Die gedruckten „papistischen“ Bücher aber sollten öffentlich verbrannt werden. Ganz so schlimm fiel nun die Sache nicht aus, obgleich, oder weil, gleichzeitig der in Luzern residierende päpstliche Nuntius eine Verfolgung Deckers eifrig betrieb, weil dieser und andere baseler Buchhändler die luzerner Märkte mit reformierten Büchern bezogen und dadurch die dortigen Bürger angeblich sehr schädigten. Man konfiszierte schließlich 8944 Exemplare „papistischer“ Schriften und verurteilte Decker zu einer namhaften Geldstrafe.

Trotz dieses engherzigen Verhaltens kann die baseler Censur im ganzen aber doch nicht sehr streng aufgetreten sein, denn 1698 sahen sich Schultheiß und Rat von Bern veranlaßt, Bürgermeister und Rat von Basel zu ersuchen, die Censur besser zu handhaben und die Buchführer zu verwarnen, auf die Jahrmärkte nur solche Bücher zum Verkauf zu bringen, von denen sie vorerst einen Katalog in ihre Kanzlei überschickt hätten, bei Strafe der Konfiskation nicht allein derjenigen Bücher, deren Betrieb man nicht gestatten könnte, sondern auch aller übrigen Ware und bei anderer Strafe.

Auch in Zürich ergingen anfangs nur einzelne Verordnungen betreffs der Bücherpolizei. Im Jahre 1523 werden Ulrich Zwingli, Heinrich Utinger von den Vorherren, Meister Heinrich Walder und Meister Binder, verordnet, alles zu besichtigen, was in der Stadt Zürich im Druck erscheinen soll; der Drucker soll sich nicht unterstehen, ohne deren Wissen und Willen etwas zu drucken. Ein Ratsbeschluß von 1524 besagt, daß Meister Walder und Meister Binder, die die züricher Buchhändler beaufsichtigen, besehen sollen, wenn fremde Buchdrucker feil haben, daß sie nichts Ungeschicktes verkaufen, sondern dasselbe abstellen. Im Jahre 1595 wird beschlossen, den Druckerherren zu beschicken und ihn zu ermahnen, mit drucken der Bibel und anderer Bücher allen Fleiß anzuwenden, daß sauber, fleißig und gut leserlich gedruckt werde, ein Beschluß, der mehr einen gewerbepolizeilichen, als preßpolizeilichen Charakter trägt. Daneben soll außerdem der Papiermüller beschickt und ihm angezeigt werden, daß er gut sauber Papier mache; so er das nicht thue und den Mangel verbessere, werde man ihn nicht weiter beschäftigen. Im Jahre 1649 werden speziell auch die Kalender der Censur unterworfen, [585] „weil in einer Anzahl neuer Kalender für 1650 solche Worte stehen, über welche die Eidgenossen der andern Religion Verdruß und Unwillen empfinden möchten“.

Eine förmliche Censurordnung war aber erst die Bestimmung von 1650, nach welcher alle Bücher, die von Bürgern oder Schirmverwandten in offenen Druck gegeben werden sollten, samt den dazu gehörigen Kupfern, in Zürich oder anderswo gedruckt, den zur Censur Verordneten vorher vorgelegt werden mußten. „Von jedem Buche, dessen Druck erlaubt, soll der Drucker jedem der verordneten drei Herren allwegen ein Exemplar für seine Mühe und Arbeit zu geben schuldig sein, dagegen zu des Herrn, so etwas in Druck gibt, Gefallen stehen, die drei Verordneten auch, wie bisher etwan geschehen, sonst zu verehren und sich dankbar zu erzeigen“. Das Jahr 1660 brachte dann noch an Neuerungen, daß „der Tax der Kirchen- und Schuldbücher halber“ sich die Drucker mit den Censoren verständigen sollten, damit die Bürger und Landschaft sich nicht über zu hohe Preise zu beklagen hätten, und daß ein weltlicher und ein kirchlicher Censor die fremden Buchführer und „Liederträger“ fleißig zu visitieren hätten.

Gegen Ende des Jahrhunderts, 1698, schlossen sich daran endlich noch folgende bedenkliche und engherzige Anordnungen: Die Buchbinder sollten bei ihren bürgerlichen Pflichten befragt werden, was für „irrige“ Bücher und Schriften Heinrich Locher ihnen einzubinden übergeben habe, „mit Befehl, daß sie für das Künftige Nichts, was unserer heiligen Religion entgegen, in Arbeit nehmen, sondern, wenn dergleichen ihnen zukommen würde, solches unverzüglich dem Censor hinterbringen sollen.“ Die zur Censur Verordneten sollten außerdem nicht allein die Läden der Buchführer, sondern auch die der Buchbinder alle Jahre zu verschiedenen malen fleißig visitieren und sorgfältig verhüten, daß keine „irrgeistigen“ Bücher und Schriften darin feil gehalten oder eingebunden würden.

In den deutschen Reichsstädten hatten sich die Censurverhältnisse, wie aus allem diesem zu ersehen, in engem Anschluß an die Reichsverordnungen entwickelt. Zeigt sich in ihnen größere Strenge und eine eigene Verordnungsthätigkeit, so sind diese meistenteils auf den Druck mächtigerer Reichsstände zurückzuführen. Selbständiger und eigenartiger gestalteten sich natürlicherweise die Verhältnisse in den größern Territorien; unter ihnen sei, neben den Kurfürstentümern, nur Würtemberg hervorgehoben.

[586] Für Würtemberg kommen die Censurverhältnisse nur in Betracht, soweit sie in Verbindung mit der Universität Tübingen stehen.[18] Hatten schon die Universitätsstatuten von 1500 das Ausgehenlassen von „Libelli famosi“ verboten, so bestimmten die von 1537 in dem „Passus de famoso libello“, daß es niemand erlaubt sein solle, etwas, in welcher Sprache und welchen Inhalts es sei, drucken zu lassen, außer nach Durchsicht und mit Erlaubnis des Rektors und der vier Dekane (permissu Rectoris et Decanorum quatuor; hier ist wohl unius ausgefallen). Ein Reskript des Herzogs Christoph vom 25. April 1557 verbietet dann den Buchdruckern bei harter Strafe den Druck alles Neuen, besonders in der Theologie, ohne des Herzogs Vorwissen. Auf die Befolgung dieses Gebots sollen sie bei ihrer Annahme an der Universität vereidet werden. Die Buchführer sollen, wenn sie die Bücherfässer aufschlagen, die sie von Frankfurt und andern Messen gebracht haben, die Bücher, namentlich die theologischen, den Visitatoren vorweisen und ohne Genehmigung derselben nichts verkaufen, bei Eid und ernstlicher Leibesstrafe; daneben sollen die Buchläden periodisch durchsucht werden. Am Anfange jeden Semesters wurden die Buchführer (nebst den Apothekern u. s. w., cives academici illiterati honoratiores) und die cives vulgares (Buchdrucker, Buchbinder, Illuminierer, Maler u. s. w.) zusammenberufen und ihnen die Statuten, darunter die Censurbestimmungen, unter Ermahnungen deutsch vorgelesen.

Ein Erlaß des Herzogs Ludwig vom 15. Januar 1593 an die Universität Tübingen[19] trifft dann folgende weitere Bestimmungen. Sektische Bücher und Lästerschriften und Famoslibelle der Jesuiten dürfen nicht feil gehalten und verkauft werden; nur dem Buchhändler Georg Gruppenbach soll erlaubt und befohlen sein, von jedem solchen Skriptum auf der Messe ein oder zwei Exemplare zu kaufen und der Universität zu überantworten, um den Professoren Gelegenheit zu geben, die Argumente und Kalumnien der Gegner kennen zu lernen und zu widerlegen. Solche Pfarrer und Kirchendiener, von denen nicht zu besorgen, daß ihnen dergleichen Bücher „Unrat schaffen“, sollen sich von ihren General- oder Spezialsuperintendenten einen Schein ausstellen lassen, auf den hin ihnen der Buchhändler dergleichen Bücher liefern kann. Es sind dies Bestimmungen, die sich ähnliche, in katholischen Ländern übliche, förmlich zum Vorbilde genommen zu haben scheinen. Herzog Friedrichs Ordination [587] der Universität vom Jahre 1601 bringt dann endlich im Kapitel 16 die erste eigentliche Buchdruckerordnung. Nach derselben war vor allem der Verkauf sektischer Bücher verboten; diese sind definiert als calvinistische, papistische, wiedertäuferische, schwenckfeldische u. dgl. Wie diese Bestimmung gehandhabt wurde, dafür kann als Beispiel das bereits im zweiten Kapitel mitgeteilte Verfahren gegen Eberhard Wild dienen.

Von den damaligen Kurfürstentümern kommen zunächst die drei geistlichen Mainz, Köln und Trier für eine selbständige Entwickelung des Buchhandels, also auch der Censur, gar nicht in Betracht, da sie schon im Interesse ihrer Selbsterhaltung gezwungen waren, sämtlichen cäsaro-papistischen Anregungen und Befehlen unbedingt nachzukommen. Was dort „mit Bewilligung der Obern“ gedruckt wird, hat sehr wenig wissenschaftlichen Wert und noch weniger allgemeine Bedeutung. Die Stadt Köln war allerdings ein bedeutender Verlagsort; allein er zeichnete sich stets durch die Rechtgläubigkeit seiner Gesinnung und den philologisch-theologischen Charakter seiner Druckwerke aus, die höchstens einmal ausnahmsweise der Censur verfielen. In allen geistlichen Städten decken sich kirchliches und politisches Leben, oder jenes läßt vielmehr dieses nicht aufkommen. Indeß hat doch auch gerade in der Stadt Köln der Rat, neben der schon geschilderten geistlichen und Universitätscensur, eine selbständige politische ausgeübt, die außerdem, wenigstens in spätern Zeiten, ziemlich scharf war, besonders wenn es sich um Angriffe auf den Rat selbst handelte. Wenn bereits am 15. Februar 1525 im allgemeinen verfügt worden war, daß die Buchdrucker keine Bücher ohne Erlaubnis des Rats veröffentlichen sollten, so wurde am 3. Dezember 1535 noch besonders geboten, Bücher auf Fürsten und Herren nicht anders, als mit Erlaubnis des Rats zu drucken. Der Vertrieb angeblicher Pasquille wurde mehrfach untersagt, 1555 aber setzte der Rat, da allerlei Schandschriften und Pasquille auf ihn und besondere Personen erdichtet und ausgebreitet würden, 100 Gulden Belohnung darauf, wer solche Dichter melden würde. Aber schon ein Jahr später hatte Antonius Keiser doch wieder schändliche Lieder unter fremden Namen gedruckt; man legte ihn in Ketten und stellte Haussuchung nach den Schriften und Formen an. Unter dem 29. Mai 1581 wurden dann die Preßverhältnisse durch Aufstellung einer Buchdruckerordnung fester geregelt, und im Jahre 1595 der Buchdrucker in der Lindtgasse und Frau Geirtgen bestraft, [588] weil sie einen Calvinischen Katechismus gedruckt hatten, der Buchdrucker als unbedachtsam um 10, die Frau um 50 Thaler. Noch am 7. Januar 1678 beschloß der Rat, die Abschrift eines famosen Reimgedichts, anfangend „Floreant privilegia civium et pereant iniqui judices“, durch die Diener der Gewaltrichter nachmittags auf dem Altmarkt am „Käx“(Kaak) öffentlich verbrennen zu lassen.

Unter den weltlichen Kurfürstentümern spielt Böhmen, als habsburgisches Kronland, keine selbständige Rolle. Zudem blutete es zunächst noch an den furchtbaren Wunden, welche die Hussitenkriege ihm geschlagen hatten. Die niedergeworfenen Anhänger von Johann Huß und die aus ihnen hervorgegangenen Sekten vegetierten zwar heimlich fort, wagten sich aber gar nicht mehr an die Öffentlichkeit, höchstens, daß sie im deutschen Auslande, wie Nürnberg oder Augsburg – und selbst in Dresden unter Konnivenz Kurfürst Augusts, wenn auch auf ausdrücklichen Befehl desselben ohne Namensnennung des Druckers – eine ihrer Bekenntnisschriften drucken zu lassen wagten, denn überall wachten die Späheraugen der Häscher Ferdinands und schufen mit ihren bereits geschilderten Mitteln die Ruhe des Grabes.

Merkwürdigerweise durfte sich das benachbarte Schlesien noch längere Zeit einer gewissen Freiheit auf geistigem Gebiet erfreuen, obgleich es noch im Verlauf der in diesem Bande geschilderten Periode völlig unter dasselbe strengkatholische Regiment gelangte. Vor allem gilt dies von der Hauptstadt Breslau, wo die protestantische Obrigkeit, bei der zunächst die Handhabung der Preßpolizei lag, den Prinzipien des Bischofs und der spätern Regierungsgewalt geradezu direkt entgegen verfuhr.[20] Es ist hierauf schon weiter oben hingedeutet worden, aber einiger Einzelheiten muß hier noch näher gedacht werden. Im Jahre 1538 hatte Andreas Winkler, der erste Rektor des breslauer Elisabethgymnasiums, mit Unterstützung des Rats eine Buchdruckerei neben der bereits bestehenden des Kaspar Lybisch errichtet, für welche sich nach und nach ein förmliches Monopol des Buchdrucks in Breslau entwickelte. Das Jahr darauf wurde vom Rate beschlossen, daß Lybisch (dessen Druckerei nun schnell in Verfall geriet) keine lateinischen Bücher, mit Ausnahme von mathematischen, und keine Historien und Sermone ohne Vorwissen Winklers drucken sollte, welchem letztern dagegen der Druck und Verlag der Schulbücher, zunächst auf 10 Jahre, privilegiert wurde. Dafür unterwarf [589] Winkler sich der Censur des Rats. Es wurde ihm vorgeschrieben, daß er alles, was er zu drucken beabsichtigen würde, zuvor denjenigen Personen, welche der Rat als Cognitores dazu bestellen würde, genugsam anzeigen solle, damit nötigenfalls dem Rate darüber Bericht erstattet werde. Der Landesherrschaft wird dabei in keiner Weise gedacht. Andererseits bezieht sich ein von König Ferdinand I. am 4. Dezember 1541 erteiltes Privilegium nur auf den Druck bestimmter Bücher, nicht auf die von dem Rate bewilligten Gerechtsame. Diese, von Zeit zu Zeit immer wieder erneuert, gingen nach und nach auf Crispin Scharfenberg, Johann Scharfenberg und Georg Baumann über. Johann Scharfenberg hatte sich schon 1577 eine kaiserliche Bestätigung seiner Privilegien verschafft und in gleicher Weise verfuhr Georg Baumann im Jahre 1596. Letzterm gegenüber hatte der Rat die Verpflichtung zur Unterwerfung unter seine Censur erneuert und durch besondere Hervorhebung der Famosschriften erweitert. Auch der Witwe Georg Baumanns wurden diese Privilegien 1612 vom Rate verlängert und 1614 vom Kaiser Mathias neu bestätigt.

Nach den betreffenden Aktenstücken handhabte nun der Rat die Censur derart, daß er den Vertrieb reformierter und anderer „sektischer“ Litteratur streng verpönte, während er den der katholischen zwar auf Grund der Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens gestatten mußte, den Druck derselben in Breslau aber verhinderte. Und dennoch bestätigte der Kaiser die Privilegien, die den Drucker an eben diese Bestimmungen des Rats banden. Ja, als der Rat dem jüngern Georg Baumann sein Privilegium für sich und seine Erben 1621 erneuert, auch auf Kalender und Prognostica ausgedehnt und 1630 neu bestätigt hatte, konfirmierte Ferdinand III. 1643 nicht allein diese Privilegien, sondern erweiterte sie gewissermaßen noch durch die Bestimmung, daß Baumann neben den gewöhnlichen Schul- und andern Büchern, Kalendern und Prognosticis alle andern an sich gebrachten Scripta, tractatus und opera superiorum facultatum, es sei in Theologie, Jurisprudenz, Medizin oder Philosophie, wie solche auf berühmten hohen Schulen zu drucken und zu verkaufen zugelassen, ungehindert durch die Buchdrucker und Buchbinder in Österreich und inkorporierten Landen, und durch andere fremde Buchdrucker, Buchführer, Buchbinder u. s. w. zu drucken, öffentlich feil zu haben, auch zu verführen Macht und Recht haben sollte. [590] Der Kaiser ging hier auffallenderweise stillschweigend darüber hinweg, daß Baumann nach der städtischen Censur ausschließlich nur solche Bücher aus dem Gebiete der Theologie drucken durfte, welche in den kaiserlichen Erblanden streng verpönt waren.

Wenn dies eine Folge der den schlesischen Ständen noch zustehenden Privilegien war, so begann doch nun der Kampf der Jesuitenpartei gegen dieselben bald auch hier. Nach einem Bericht des königlichen Fiskals in Oberschlesien, Augustus Frantz, hatten schon vor 1657 die Erben des breslauer Buchhändlers Johann Perfert bei den kaiserlichen Behörden, nicht bei dem Rate, die Erlaubnis zur Errichtung einer zweiten Buchdruckerei in Breslau nachgesucht. Als aber nach dem Tode des letzten Nachkommens Georg Baumanns, des Buchhändlers Kaspar Klosemann, dessen Witwe eine zweite Ehe mit dem Syndikus der Stadt, Dr. Andres von Assig und Siegersdorff, einging, wurde durch genannten Frantz, sicher auf Veranlassung des Rektors des Jesuitenkollegiums, Balthasar Conrad, die Frage angeregt, ob es sich nicht thun lasse, in Breslau noch eine andere Buchdruckerei aufzurichten, ob Königl. Majestät verbunden sei, das bestehende Privilegium zu achten, oder ob sie nicht nach Belieben noch eine andere Buchdruckerei in Breslau verstatten könne. Die Censur bei solcher Buchdruckerei gehöre wohl auch zu den hohen Regalibus. Ein beigelegtes Gutachten des genannten Jesuitenrektors weist darauf hin, daß es sehr nützlich und notwendig sei, eine Buchdruckerei in Breslau zu errichten, in welcher vor allem katholische und dann Bücher neutralen Inhalts (indifferentes) gedruckt werden könnten. Denn obgleich daselbst schon eine Buchdruckerei bestehe, so maße sich doch der Rat die Censur an und dulde, unter dem Vorwande der Erhaltung des öffentlichen Friedens, den Druck katholischer Bücher nicht, wie auch in ganz Schlesien keine leistungsfähige katholische Buchdruckerei existierte, sodaß die breslauer Katholiken entweder auswärts drucken oder ihre Bücher von auswärts kommen lassen müßten. Der König brauche sich um so weniger an das von dem Rate erteilte Privilegium zu stoßen, weil die Breslauer dasselbe durch das Verbot des Drucks katholischer Bücher gemißbraucht hätten. Es wäre daher löblich und nützlich, in Breslau eine gute katholische Buchdruckerei zu errichten, die jedoch der Censur des Jesuitenkollegiums oder einer andern durch den König zu verordnenden zu unterwerfen wäre. Wenn nun auch vorläufig das Privilegium der Baumannschen [591] Erben noch bestehen blieb, so wurde doch schließlich 1702 eine katholische „bischöfliche Druckerei auf dem Dome“ durch Andreas Franz Pega errichtet.

Die Rheinpfalz hatte als protestantischer, und namentlich reformierter, Reichsstand bis zum Dreißigjährigen Kriege kein Interesse daran, die Presse zu beschränken; ihr einziger geistiger Mittelpunkt, Heidelberg, übte nur in der theologischen Litteratur die gewöhnliche Universitätscensur aus, die unter Umständen sogar gegen den eigenen Landesherren in Anwendung kam. Der im Sommer 1561 in Pflicht genommene Universitätsbuchdrucker Ludwig Luck (Lucius) erhielt im September desselben Jahres von Kurfürst Friedrich den Auftrag, das letzterm gewidmete „Judicium Philippi Melanchthonis de controversia coenae domini“ innerhalb zwei Tagen zu drucken und die ganze Auflage an den Kurfürsten abzuliefern. Luck, der unter anderm verpflichtet worden war, nichts ohne Wissen und Willen des Rektors und der Universität zu Heidelberg zu drucken oder zu vertreiben, bat um Verhaltungsmaßregeln für diesen Fall. Der Rektor Kaspar Agricola legte sofort die Sache dem Senat vor und es wurde nach Verlesung des Briefs und der Schrift Melanchthons aus vielen Ursachen einstimmig beschlossen, es sei nicht zu gestatten, daß der Universitätsbuchdrucker Luck diese Schrift zur Zeit drucke. Zwar beruhigte sich der Kurfürst dabei nicht und übergab die Schrift dem Vorsitzenden seines Geheimen Rats, Georg Grafen von Erbach; aber auch dieser sprach sich gleichfalls gegen den Druck aus.[21]

Brandenburg war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts noch zu wenig entwickelt, noch zu sehr durch die Befriedigung des nackten Bedürfnisses in Anspruch genommen, als daß es während der zwei ersten Jahrhunderte nach Erfindung der Buchdruckerkunst von irgend welcher litterarischen Bedeutung hätte sein können. Es bleibt also für die hier zu behandelnde Periode nur noch Sachsen übrig.

Einige Jahre nach der Zeit, in welcher die Buchdruckerkunst hier feste Wurzeln faßte (1485), hatten sich Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht in den Besitz des ganzen Landes geteilt. Der Kurkreis und Thüringen verblieben den Ernestinern, während Meißen mit den wichtigen Städten Dresden und Leipzig den Albertinern zufiel. Hier folgte dem ersten Herzog Albrecht dem Beherzten sein Sohn Georg der Bärtige (1500 bis 1539), der in der Folge ein ebenso erbitterter Gegner der [592] Reformation wurde, als sein Vetter, Kurfürst Friedrich der Weise (1468 bis 1525), sich von Anfang an als ihr eifrigster Förderer erwies. So verbot Georg die neue Lehre sofort bei ihrem ersten Auftreten in seinem Lande, vertrieb jeden, der nur dem lutherischen Gottesdienste beiwohnte, und rief seine in Wittenberg studierenden Unterthanen von dort zurück, damit sie das lutherische Gift nicht einsögen. Schon 1522 verlangte er von den benachbarten Fürsten gemeinsame Maßregeln gegen das Umsichgreifen der Reformation und rief die Hilfe des Kaisers gegen dieselbe an. Sein Hauptzorn aber traf die leipziger Buchdrucker und Buchführer, welche lutherische Schriften vertrieben; unverzügliche Austreibung war ihre Strafe. Der leipziger Buchdrucker Michael Blum bat in folgendem rührenden Briefe, ihm und seinen Kindern den Aufenthalt in Leipzig nicht zu verbieten. Er ist am Tage der heiligen Katharina (25. November) 1525 geschrieben und erklärt sich selbst:

„Nachdem ich im jüngst vergangenen Sommer ein deutsches Büchlein, so Martin Luther gegen den Canonem gemacht, aus Unverständnis und unwissend, daß solches E. Fürstlichen Gnaden entgegen sei, gedruckt habe, derohalben E. F. G. einem Rat allhier zu Leipzig mich in Straf zu nehmen gnädigen Befehl gethan, welches denn geschehen, also daß mich der Rat bis in die dritten Wochen im Gefängnis gehalten hat, Und so ich nunmehr nach Erforderung meiner Nahrung mich von Leipzig zu wenden geursacht, und hat auf E. F. Gn. weitern Befehl ein Rat allhier mir gesagt, daß ich, wie ich mich von hinnen wend, die Stadt Leipzig fortan meiden soll, welches nicht allein mir, sondern auch meinen armen Kindern und ander meiner Freundschaft an ihren, auf Handwerkszünften, und also auch an unsrer Nahrung zum wirklichen Nachtheil und Schaden gedeihen möchte, derohalben wage ich an E. F. G. als meinen barmherzigen und milden Landesfürsten meine ganz demüthige, unterthänige und fleißige Bitte, E. F. G. wollen angesehener Strafe des Raths allhie zu Leipzig gnädige Sättigung haben, das Übrige, so ich vielleicht verwirkt, mit E. F. G. mildern Barmherzigkeit urtheilen und mir, allen den Meinen und mir zu wirklichem Nachtheil die Stadt Leipzig nicht zu verbieten.“

Aus Leipzig, der damals großen und fast einzigen sächsischen Druckerstadt, vertrieben zu werden, hieß für einen dortigen Drucker ziemlich soviel als ins Elend wandern, denn in den kleinern Städten der Nachbarschaft [593] war die Druckerkunst noch kaum heimisch und selbst in den größern Orten nur dürftig vertreten. Mochte die leipziger Universität auch noch lange in den Bahnen der Scholastik fortwandeln, seine Bürgerschaft, namentlich aber die große Mehrzahl der Buchdrucker und Buchhändler, fielen trotz der Verfolgungen des Herzogs der neuen Lehre zu. Zwar für diesmal fand Michel Blum Gnade, wenn es nicht sein Anfang 1526 eintretender Tod war, der die Ausführung des harten Befehls verhinderte; aber die Gesamtheit der wohl ebenso schuldigen leipziger Geschäftsgenossen scheint mit einer schweren Geldbuße belegt worden zu sein. Denn bei der von ihnen betonten gedrückten Geschäftslage ist es mehr als unwahrscheinlich, daß es ein reiner Akt der Wohlthätigkeit war, „wenn dye Buchdrucker vnd fuhrer“ im Jahre 1526 100 Gulden in das „Reiche Almosen“ stifteten.

Unter Herzog Georg blieb daher Leipzig in der Folge ein Hauptverlagsort für katholische Litteratur; die leipziger Buchhändler bezeichnen diese aber selbst als so gut wie unverkäuflich. Den wichtigsten Handelsartikel für die Buchhändler jener Zeit bildeten dagegen die Schriften Luthers und der Reformatoren; durch sein Vertriebsverbot schädigte Herzog Georg also nur die Interessen der Leipziger aufs empfindlichste. Besonders gefährlich wurde ihnen Wittenberg durch die Thätigkeit seiner Verleger, welche sogar in Leipzig Meßniederlagen und Kommanditen errichteten und das früher blühende leipziger Geschäft an sich zu reißen drohten. Dem Herzog halfen jedoch auf die Dauer seine strengen Maßregeln nur wenig. Ob er die Buchläden nach Lutherschen Lästerschriften durchsuchen, wittenberger Buchhändler einsperren oder ausweisen, oder die unter fingierter Firma hergestellten Nachdrucke der wittenberger Presse mit Beschlag belegen, oder endlich seine eigenen Bürger massenhaft als Anhänger der Reformation aus Leipzig verjagen ließ, es half alles nicht: der heimliche Vertrieb der Reformationslitteratur konnte nicht unterdrückt werden. Selbst Michel Blum der Jüngere, der Sohn des Gemaßregelten, ließ sich nicht abschrecken. Es machte auch keinen Eindruck, daß in Dresden der Verfasser einer Lutherschen Schmähschrift verurteilt wurde, „sein erdicht Schandtuch zu fressen“ und daß Schänder der Heiligenbilder zum Thore hinausgepeitscht wurden. Das Gebot, alle Exemplare von Luthers Bibelübersetzung gegen Erstattung des Preises abzuliefern, brachte im Amte Meißen nur vier Stück ein; die Übersetzung des [594] Neuen Testaments aber, die der Herzog 1527 selbst durch Emser herausgeben ließ, um der Welt zu beweisen, daß er nicht, wie Luther ihm vorwarf, wider das Evangelium und das Wort Gottes sei, erwies sich, abgesehen von einigen Verschlechterungen, als eine Kopie der Lutherschen, sodaß nun diese unter Emsers Namen von Obrigkeits wegen in die Hände der Laien kam.

Wenn nun auch Herzog Georg die Bestimmungen des Wormser Edikts streng und unerbittlich handhabte, die der spätern Reichsordnungen, besonders gegen die Sektierer, wiederholt energisch einschärfte – wie gezeigt selbst mit Nichtachtung der materiellen Interessen seines Landes, denn der aufstrebende Buchhandel Leipzigs, die rasch emporblühende leipziger Büchermesse wurden unter seiner Regierung fast dem Untergange zugeführt –, so hat doch unverdienterweise drei Jahrhunderte hindurch der Makel auf ihm gelastet: es habe ihn diese Härte in Glaubenssachen selbst zum Blutvergießen getrieben, er habe den nürnberger Buchführer Johann Herrgott im Jahre 1524 (richtiger 1527) wegen des Vertriebs Lutherscher Schriften in Leipzig hinrichten lassen. Neuere Forschungen haben mit Sicherheit festgestellt[22], daß Herrgott nicht ein Märtyrer der kirchlichen Bewegung war, sondern als agrarisch-sozialistischer Agitator, als ein Epigone der Führer im Bauernkriege mit dem Leben büßte. Das Nähere darüber ist bereits im siebenten Kapitel gebracht worden.

In Wittenberg dagegen, in der Residenz des damals kurfürstlichen Theils von Sachsen, veröffentlichte Luther alle seine Schriften, selbst die heftigsten, ungehindert von jeder Censur, höchstens, daß ihn gelegentlich freundliche Bitten des Kurfürsten zur Mäßigung mahnten, wenn seine urkräftige Ausdrucksweise selbst fürstlicher Personen nicht schonte. In censur-, richtiger in preßpolizeilichen Angelegenheiten entschied eben zur Zeit noch nicht das klar formulierte Gesetz, sondern lediglich das Belieben des jeweiligen Landesherrn oder Machthabers. Erst nach Georgs Tode, infolge dessen sich auch Leipzig ganz ungehindert der lutherischen Lehre zuwenden konnte, ihr zum Teil sogar etwas gewaltsam zugeführt wurde, zeigen sich unter Herzog Heinrich und unter den spätern Kurfürsten Moritz (1542 bis 1553) und August (1553 bis 1580) die Anfänge einer rechtlichen Ordnung dieser Verhältnisse, zunächst durch gelegentliche Mandate, erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Anlehnung an die Reichsordnungen in Gesetzesform.

[595] In Leipzig, welches ja hier hauptsächlich in Betracht kommt, wurde die Censur zunächst durch den Rat ausgeübt.[23] Nachdem, wie schon im zweiten Kapitel erwähnt, Nikolaus Wolrabe der Censur des Bürgermeisters und des Superintendenten (der Rat war an der Kircheninspektion beteiligt) unterworfen worden war, wurde schon kurz nachher, am 10. Mai 1539, auch den übrigen leipziger Druckern eingeschärft, nichts Neues drucken und ausgehen zu lassen, sie hätten es denn zuvor dem Rate angezeigt. Am 9. August desselben Jahres wurde dann sogar verordnet, daß alle acht Tage zwei Ratsherren zu den Buchdruckern gehen und zusehen sollten, daß nichts, denn dem Evangelio Gemäßes gedruckt werde. Diese Verfügungen basieren natürlich auf Anordnungen Herzog Heinrichs; aber auch dieser gehorchte zum Teil nur dem herrischen Druck, welchen Kurfürst Johann Friedrich von Wittenberg aus auf ihn ausübte. Johann Friedrich, der Luther frei gewähren ließ, war unduldsam gegen dessen Gegner. Bei alledem war aber der Rat in der Regel geneigt, das geschäftliche Interesse seiner Bürger zu schonen und es bedurfte gewöhnlich einer besondern Anregung von Dresden, um ihn zum Einschreiten zu veranlassen. Eine Verordnung des Herzogs Moritz vom 9. Mai 1546 verbietet, ohne Strafandrohung, den Verkauf gewisser dem Kaiser verdächtiger und verdrießlicher Reime, eine andere vom 8. Oktober desselben Jahres, und zwar bei ernster Strafe, den Nachdruck eines nicht besonders namhaft gemachten Sendbriefs; beide Verordnungen schweifen bereits auf das politische Gebiet über, das erst mit der Zeit der Grumbachschen Händel eine größere Bedeutung gewinnt. Im ganzen aber war die Censur noch erträglich, wenn sie überhaupt regelmäßig ausgeübt wurde. Noch ein Mandat vom 10. Januar 1549 richtet sich allein gegen den Vertrieb solcher Bücher, Lieder, Reime oder Gemälde, darinnen andere Leute beschwert werden, oder solche, die keinen oder einen unbekannten oder erdichteten Namen aufweisen oder die Angabe des Druckorts vermissen lassen; die Verkäufer solcher Schriften sollen vorgefordert, ihnen die Waren abgenommen und sie verwarnt werden, und erst wenn sie mit solchen Büchern wiederkommen, soll man sie gefänglich einziehen und Bericht darüber erstatten. Von einem Verbote, solche Libelle im Lande zu drucken, ist dabei noch nicht die Rede.

Weiter geht schon eine Verfügung vom 1. Februar 1558. Da viele Schmähbücher, Lieder, Reime u. dgl. unter falschem Namen und sonst [596] ausgingen und feil gehalten würden, so ergehe der ernstliche Befehl, der Rat wolle hinfüro keine neuen Bücher, Lieder, Reime noch sonst etwas Neues drucken oder feil haben lassen, sie seien denn zuvor durch den Rektor der Universität, den Superintendenten und den Rat mit Fleiß übersehen worden. Diese wahrscheinlich auch nach Wittenberg erlassene Verordnung zieht zum ersten mal auch die Universität zur Beaufsichtigung der Presse mit herbei.

Als aber nach dem Tode Melanchthons die kryptocalvinistischen Streitigkeiten ausbrachen, hatte dies auch auf das Preßgewerbe merklichen Einfluß. Schon am 1. April 1560 hatte Kurfürst August das Reskript von 1558 neu eingeschärft und zwar mit spezieller Bezugnahme auf Bücher und mit der auffallenden Änderung, daß der Rat als Censurstelle nicht mehr erwähnt wird. Es wird demselben nur aufgetragen, die Buchdrucker vorzufordern, sie zu befragen, was sie in Druck haben, und solches von ihnen zu fordern und dem Rektor und den vier Dekanen zur Durchsicht zu übergeben, auch, wenn diese etwas Bedenkliches fänden, den Druck zu verhindern.

Eine weitere Verschärfung brachte schon ein Reskript vom 14. September 1562, welches sogar möglicherweise öffentlich verlesen worden ist. Trotz früherer Verbote kehrten sich doch einige unruhige Leute nicht an dieselben – so drückt es sich aus –, vielmehr wolle sich fast ein jeder unterstehen, in Religionssachen nach seinem eigenen Kopfe Bücher zu schreiben und ausgehen zu lassen, wodurch die Leute irre und der reinen Lehre abwendig gemacht würden. Es ergehe daher der Befehl, der Rat wolle ernstlich Verfügung thun, daß sich männiglich, wer es auch sei, aller Schimpfreden, Lieder, Reime, Gedichte u. dgl. enthalte, auch kein Buch, welches der Heiligen Schrift, der Augsburgischen Konfession und der allgemeinen christlichen Lehre entgegen, ins Land eingeführt und verkauft oder verbreitet werde, desgleichen, daß niemand mehr ein Buch oder sonst etwas in Religionssachen drucke oder herausgebe, es sei denn zuvor den Universitäten zu Wittenberg und Leipzig untergeben, durchgesehen, für christlich und tüchtig erkannt und approbiert worden. Ebenso solle der Rat auf alle im Lande gedruckten Schriften, welche in Leipzig feil gehalten würden, mit allem Fleiße sehen, und wenn Schmähschriften u. s. w. oder Bücher, die nicht von beiden Universitäten approbiert wären, vorkämen, solche einziehen und den Thäter zu gefänglicher Verwahrung [597] und ernster Strafe nehmen, auch hierüber Bericht erstatten. Seinem bisherigen passiven Verhalten getreu, schob der Rat aber in vorkommenden Fällen alles „ad Theologos“; er wollte sich bei Hofe, des dort waltenden kirchlichen Meinungsstreites halber, „nicht verbrennen“!

Inzwischen waren die Grumbachschen Händel ausgebrochen, dazu die Flacianischen Streitigkeiten, sodaß die Stimmung des Kurfürsten August immer gereizter wurde. Sein damit und mit den spätern kryptocalvinistischen Wirren zusammenhängendes hartes Verfahren in Sachen Ernst Vögelins ist im zweiten Kapitel erwähnt worden. Unter dem 1. Oktober 1564 gelangte nun wieder ein Reskript an den Rat: durch die verdorbenen Buchdrucker würden allenthalben mancherlei schädliche und ärgerliche Traktätlein gedruckt und unter das gemeine Volk gesprengt, was nur Verwirrung der Gewissen und Aufwiegelung gegen die Obrigkeit hervorriefe. Der Rat solle daher etliche aus seinem Mittel zu allen Buchführern, welche diesen Markt in Leipzig feil hätten, schicken, um ihnen bei Verlust aller ihrer Bücher den Verkauf solch schädlicher Traktätlein und Bücher, insonderheit, was Wilhelm von Grumbach und seine Anhänger in Druck geben, und dann was etliche Theologen zu Mansfeld und anderswo gegen die Theologen der beiden Universitäten und die Landeskirche ausgehen lassen, ernstlich zu verbieten.

Die Übertragung der Preßpolizei aber an Universität und Rat zugleich findet sich zum ersten mal in dem kurfürstlichen Reskript vom 25. April 1569; es liegen darin die Keime der kursächsischen Bücherkommission, wenn auch diese Benennung erst viel später auftritt. Übrigens behielt der Rat dabei die Exekutive, während in Wittenberg Buchdrucker und Buchhändler völlig der Jurisdiktion der Universität unterworfen wurden.

Wenn dieses Reskript eine Visitation der Buchläden auch nur für die betreffende Messe angeordnet hatte, so wurde eine regelmäßige Beaufsichtigung des Meßverkehrs doch schon am 29. Dezember desselben Jahres verfügt. Endlich wurde dann am 26. Mai 1571 durch ein kurfürstliches Mandat eine Art von Regulativ für die Preßgewerbe festgestellt, welches die Reichspreßordnungen gegen Schmähschriften, gegen Bücher ohne Angabe des Verfassers und Druckorts und gegen Winkeldruckereien einschränkte, die landesgesetzlichen Censurbestimmungen mit enthielt und bestimmte, daß nur in Dresden, Wittenberg und Leipzig (und in Annaberg beim Hoflager) Druckereien bestehen dürften. Eine Verordnung [598] von 1588 verfügte zwar noch weiter, daß auch für die durch die Universität approbierten Bücher die Druckerlaubnis erst in Dresden eingeholt werden sollte; doch scheint dem keine Folge gegeben worden zu sein. Dagegen wurden die Buchdrucker nun darauf vereidigt, ohne Censur der Universität und des Rats nichts zu drucken. Aber ebenso, wie die dresdener Supercensur – jedenfalls am Widerstande der Universität – scheiterte, ließ sich auch der Rat zu der erforderten regelmäßigen Visitation der Buchläden nicht herbei, „da sich niemand dazu gebrauchen lassen wollte.“ Daneben suchte sich die Universität außerdem die Censurbefugnisse immer mehr allein anzueignen und beanspruchte sogar 1598 die Censur über die Ratsmandate, wogegen sich der Rat – der sich die Lokalcensur, besonders auch über die Neuen Zeitungen, vorbehalten hatte – natürlich energisch sträubte.

Gegenstand eines weitern Streitpunkts, dessen Erledigung – neben der des soeben erwähnten – die Zeit eines ganzen Jahrhunderts erforderte, war die Vereidigung der Buchdrucker. Die Universität beanspruchte die Mitwirkung dabei, weil die dieselbe anordnenden Reskripte an Universität und Rat gemeinschaftlich gerichtet waren und erstere allem Anschein nach gern die in Wittenberg bestehenden Verhältnisse auf Leipzig übertragen hätte. Der Rat hingegen suchte sich mit Fug und Recht die Gewerbepolizei und die Jurisdiktion über seine Bürgerschaft mit Entschiedenheit zu wahren, siegte auch schließlich ob. Es würde jedoch zu weit führen, hier näher auf derartige Kompetenzstreitigkeiten einzugehen.

In der ganzen nachfolgenden Periode und bis zu Ende des Dreißigjährigen Kriegs scheint die Preßpolizei, soweit sie sich auf Verfolgung mißliebiger Schriften erstreckt, in Sachsen fast ganz geruht zu haben; nur wenige, ganz vereinzelte Fälle davon werden berichtet. Erst von der Michaelismesse 1651 an beginnt das Fahnden auf Schmähkarten und heterodoxe Schriften von neuem. Nach und nach wird auch in einzelnen Fällen eine genauere Bestimmung des bisher unklaren Begriffs von „Libell“, „Famosschrift“ und „Charteke“ gegeben. Verschiedene Mandate verbieten Schriften, die „wider die Ordentliche Obrigkeit lauffen“, oder die „den landesfürstlichen Regalien nachtheilige und gefährliche Dinge“ enthalten oder gegen „Unsere Jura und Unser Hohes Ansehen“ verstoßen. Den Schriftstellern und dem Preßgewerbe überhaupt war damit natürlich nicht gerade viel geholfen; das Belieben des Censors, und [599] über diesen hinaus das der Behörden, blieb ja doch die ultima ratio. Und dies Belieben der Censoren, d. h. der Dekane und Professoren, beschränkte sich dabei nicht auf die Beurteilung: ob eine Schrift gegen Recht und gute Sitte verstieße, oder nicht, – es maßte sich oft genug auch eine sachliche Kritik des zu censirenden Buchs an. Es waren auch nicht allein die Theologen (worüber noch später), die so zu handeln sich für berechtigt hielten, nein, auch die Historiker, die Mediziner sahen sich gemüßigt, so aufzutreten. Der Censor von Schneiders „Chronicon Lipsiense“ korrigierte dasselbe gründlich, die medizinische Fakultät verhinderte den Druck eines Werkes über Chirurgie, und der Professor Poeseos Dr. Feller hielt sich für berufen, den Stil der zu druckenden Hochzeitscarmina u. s. w. von Obrigkeits wegen zu verbessern!

So herrschte denn immer noch eine solche Unklarheit, daß die Regierung sich nochmals veranlaßt sah, unter dem 27. Februar 1686 eine Generalverordnung zu publizieren, welche das Preßgewerbe für Einheimische und Auswärtige gründlich regeln sollte. Indeß ist auch diese Verordnung fast nur eine Wiederholung früher erlassener, nur daß neben Nennung des Druckers auch die des Verlegers vorgeschrieben wird. Aber alle diese Verordnungen fruchteten so wenig, wurden so häufig umgangen oder ignoriert, daß sich die Regierung sogar in einem Reskript vom 3. Januar 1698 zu Androhung von Leibes- und Lebensstrafen bei Umgehung der Censur veranlaßt fand.

Die Befolgung der bestehenden drückenden Censurvorschriften, auf welche zunächst die Buchdrucker verpflichtet waren, war allerdings schwierig und von üblem Einfluß auf die geschäftlichen Verhältnisse. Hatte ja doch noch am 26. Februar 1697 das Oberkonsistorium eine neue Vereidigung der Buchdrucker angeordnet und bestimmt, daß bei namhafter Strafe „auch das Geringste nicht“ ohne Censur des Dekans oder des von ihm dazu Beauftragten gedruckt werde, „diejenigen Scripta aber, so den Statum publicum betreffen“ – damals hatte August der Starke die polnische Königskrone erworben –, seien „allein von dem Ordinario Unsrer Juristen Facultät“ zu censieren. Alle neuen Auflagen, mit oder ohne Zusätze, seien ebenfalls vorzulegen, ebenso die Kataloge, welche die Buchhändler in Meßzeiten drucken ließen, obgleich deren Grundlage, der Meßkatalog, bereits mit Censur gedruckt war.

Aber die Thätigkeit der preßpolizeilichen Behörde, der Bücherkommission [600] – ihre Geschichte wird der zweite Band bringen –, wurde dadurch gehemmt, daß sie lange Zeit hindurch nur solche Schritte thun durfte, die von Dresden aus ausdrücklich anbefohlen waren. Selbst bei Vorkommen von Schriften, die der Aufsichtsbehörde unbedingt „bedenklich“ erscheinen mußten, bittet dieselbe unter dem 1. Mai 1675 um Erteilung eines Spezialbefehls oder eine generelle Anweisung für solche Fälle. Das Oberkonsistorium gestattete nun zwar eine vorläufige Konfiskation, verlangte aber Einschickung der betreffenden Schrift, sodaß es sich immerhin die Entscheidung vorbehielt. Doch scheint es, als ob das stärkere Hervortreten der obscönen Litteratur dasselbe bald eines Bessern belehrt hätte, denn schon unter dem 24. Mai 1676 wurde das eben erst nur halb und halb provisorisch gestattete Vorgehen gegen „ärgerliche Sachen“ in aller Form eingeschärft, sodaß die Bücherkommission wie der Rat allein – dieser für politische Pamphlete – nun energischer und schneller einschreiten konnten.

Daneben tritt vorübergehend seit 1661 das Bestreben hervor, die Aufsicht über das Preßgewerbe dem Konsistorium, also der kirchlichen Behörde, zu übertragen. Veranlassung hierzu hatte jedenfalls die bei der Bücherkommission seit langer Zeit eingewurzelte Geschäftsverschleppung geboten; Rat und Universität, die beiden Teile der Kommission, wendeten ihre Aufmerksamkeit mehr dem Austrage ihrer nicht abreißenden Kompetenzstreitigkeiten zu, als der Erledigung der eigentlichen Amtsgeschäfte. Der Versuch aber, die Buchdrucker und Buchhändler dem leipziger Konsistorium dadurch unterzuordnen, daß sie vor ihm erscheinen und ein Verzeichnis der von ihnen publizierten und zu publizierenden Artikel, samt Nachweis über erfolge Censur derselben, vorlegen sollten, scheiterte an dem passiven Widerstande des Rats, als der betreffenden Exekutivbehörde. Ebenso hatte letzterer mehrfach gegen das Bestreben der Universität anzukämpfen, sich die Preßpolizei allein und mit Übergehung der Rechte des Rats anzumaßen. Es kam dahin, daß letzterer in einzelnen Fällen seinen Bürgern geradezu verbot, den Citationen der Universität Folge zu leisten, obgleich diese sich darauf bezog, daß die ihr von Dresden aus ausdrücklich erteilten Befehle ein Ausfluß des Jus superioritatis seien, das es zu den Regalibus gehöre, zu verfahren, wie geschehen.

Es genügt nun aber nicht, dargethan zu haben, wie und nach welchen Richtungen hin sich die Aufsicht über die Presse entwickelt hat; an einigen wenigen Beispielen muß auch noch nachgewiesen werden, wie die [601] Ausführung der Verordnungen und gesetzlichen Vorschriften sich gestaltet hat, wie auch in Sachsen oft nur persönliches Belieben, ja selbst kleinliche Eifersucht, Veranlassung zu Verfolgungen in Preßsachen geboten haben.

Was zunächst das Verfahren in Fällen des Verbots einer Schrift betrifft, so ließ selbst Herzog Georg noch öfter in patriarchalischer Weise die verbotenen Schriften aufkaufen; später handelte man anders. Man konfiszierte die beanstandeten Schriften und darauf folgte dann das preßgerichtliche Verfahren. Mochte dieses aber ausfallen, wie es wollte, was einmal konfisziert war, blieb konfisziert, selbst wenn Freisprechung erfolgte und also kein rechtlicher Grund zur Beschlagnahme vorlag; es ist das schon im achten Kapitel an einem Beispiel aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs dargethan worden. Man ging sogar so weit, daß z. B. in der Michaelismesse 1675 fünf aus Halberstadt zur Weiterbeförderung nach Frankfurt geschickte Ballen mit Schriften der pietistischen Richtung, also reines Transitgut, auf Betrieb des Professors Scherzer, des Unversitätsdeputierten zur Bücherkommission, in Leipzig angehalten und zu fernerer Durchsehung zurückbehalten wurden. Obschon aber Scherzer selbst nur eins der darin enthaltenen Werke einigermaßen bedenklich fand, so mußte doch noch nach Jahren der Eigentümer um Rückgabe seines Eigentums reklamieren und hat es wohl niemals zurückerhalten.[24]

Zunächst ein Beispiel aus dem 16. Jahrhundert. Auf der frankfurter Fastenmesse 1557 war eine pseudonyme Schrift: „Bedenken von dem Kriege der Anno sechs-, sieben- vnd vierzig Im Landt zu Meißen vnnd Sachsen gefurth ist, gestelt durch Christian Aleman, mit einer kurtzen Vorrede Christof Cunrads. Gedruckt zu Basel 1557, durch Barth. Sthele“, verkauft worden. Kurfürst August, der sich dadurch verletzt fühlte, daß sein Bruder Moritz und die sächsischen Stände in der Schrift heftig angegriffen wurden, hatte anfangs einen thüringischen Ursprung vermutet. Da sich dies, wenigstens betreffs des Verlegers, als unbegründet herausstellte, wies er den Rat zu Leipzig an, die dortigen Buchhändler, welche das Pamphlet von Frankfurt her auf die leipziger Ostermesse gebracht hatten, vorzufordern und ernstlich nach ihrer Bezugsquelle zu befragen. Hierdurch wurde der richtige Verleger ermittelt: Nikolaus Brylinger in Basel, der die Schrift durch seinen Schwiegersohn Sthele hatte drucken lassen und ohne seine eigene Firma zur Messe nach Frankfurt gebracht [602] hatte. Die Leipziger zogen sich aus der Schlinge durch Hinweis auf die durch den Drang der Meßgeschäfte bedingte Unkenntnis des Inhalts. Um nun aber Brylinger beizukommen, was nur auf der frankfurter Messe geschehen konnte, schickte der Kurfürst den Sekretär (spätern Geh. Rat) Georg Cracau nach Frankfurt, „auch aufn Fall an den Rath zu Oppenheim, Wormbs und Speier“ mit dem Auftrag, zunächst die Anwesenheit Brylingers auszukundschaften und dann sich mit dem frankfurter Bürgermeister Klaus Brunner in Verbindung zu setzten, um diesen für das Verlangen des Kurfürsten zu gewinnen, nämlich: Brylinger in Haft zu nehmen und in Cracau’s Gegenwart über Verfasser u. s. w. der Schrift zu verhören und zur Verschwiegenheit über seine Aussage anzuhalten. Verweigere Brylinger die Aussage, so möge man ihn peinlich befragen; leugne er aber, so sollten ihm die bekannten leipziger, wittenberger und magdeburger Buchführer, die von ihm gekauft, vorgestellt und unter Bedrohung mit der peinlichen Frage zum Zeugnis veranlaßt werden. Sollten nur Brylingers Faktor oder seine Diener zur Messe kommen, so möge gegen sie in gleicher Weise verfahren werden. Der Rat entsprach nur zu gefügig dem Verlangen des Kurfürsten und nahm am 8. September den tags zuvor eingetroffenen Brylinger ins Verhör. Dieser gestand den Druck zu, erklärte aber, den Verfasser nicht zu kennen. Nun wurde er auf Kosten und Gefahr des Kurfürsten gefangen gesetzt. Inzwischen war dieser nach Dänemark gereist, und seine Räte wagten in der Sache nicht selbständig vorzugehen. So geschah es, daß Brylinger – obgleich er sich erbot, die noch übrigen Vorräte der Schrift auszuliefern und das Originalmanuskript herbeizuschaffen, und obgleich er sich auf die Meßfreiheit berief, auch der frankfurter Rat selbst für ein ordentliches Verfahren eintrat – trotz mehrfacher Interventions- und Vermittelungsversuche, deren Aufzählung hier zu weit führen würde, bis zum 26. November 1557 in Haft behalten wurde. Er wurde erst wieder freigelassen, nachdem er Urfehde geschworen und sich verbindlich gemacht hatte, sich auf kursächsisches Verlangen jederzeit innerhalb eines halben Jahres in Frankfurt zu stellen. Gegen den durch Einsendung der Briefe und des Manuskripts ermittelten Verfasser, Dr. jur. Monner in Jena, wurde nun auf Betrieb des Kurfürsten in Weimar eine Kriminaluntersuchung eröffnet; doch scheint jener vor Beendigung derselben im Januar 1558 gestorben zu sein.[25]

Im Jahre 1638 fiel gar der Eifersucht zweier Spruchkollegien fast [603] die ganze Auflage eines wertvollen Verlagsartikels zum Opfer. In Sachsen wurden seit dem 16. Jahrhundert die Akten in Kriminalsachen von den kurfürstlichen Gerichten zum Verspruch an den Schöppenstuhl in Leipzig oder den in Wittenberg verschickt, während viele Patrimonial- und Stadtgerichte solche an die Juristenfakultäten sandten. Der leipziger Schöppenstuhl, der sich hierdurch unangenehm berührt fühlte, suchte sich nun auf Veranlassung eines seiner Beisitzer, des hochangesehenen Juristen Benedikt Carpzow, ein Monopol des Rechtsprechens in Kriminalsachen zu vindizieren und gab dadurch Veranlassung zu heftigen Reibungen zwischen Schöppenstuhl und Universität. Als nun aber auch die leipziger Advokaten in einer Eingabe an den Kurfürsten das Recht in Anspruch nahmen, in Kriminalsachen Sprüche zu fällen, außer, wenn solche bei kurfürstlichen Gerichten anhängig wären, wurde der Streit durch zwei Reskripte des Kurfürsten Johann Georg vom 26. Juni 1638 entschieden. Während aber die Sache noch der kurfürstlichen Entscheidung harrte, hatte Carpzow seinen „Peinlichen Sächsischen Inquisitions- und Achtsprozeß“ im Verlage von Clemens Schleich und Mitverwandten in Frankfurt a. M. anonym erscheinen lassen, da seinem Manuskript in Wittenberg die Censurgenehmigung verweigert worden war. In diesem Buche hatte er (Tit. 9, Art. 3) den Juristenfakultäten die Berechtigung abgesprochen, in criminalibus zu erkennen und Urteil zu sprechen; ihre Urteile hätten keine größere Kraft, als wenn sie von privatis Doctoribus, denen das rechtliche Versprechen nicht zugelassen, gefällt wären. Wenn aber Richter und Beamte solche Akten anderswohin, als an einen Schöppenstuhl, verschickten, hätten sie sich gerichtlicher Zusprüche und Prozesse höchlichst zu befürchten. Daß Carpzow der Verfasser des anonymen Werks sei, war ein öffentliches Geheimnis. Die Rücksicht auf den berühmten und hochgestellten Mann war wohl auch Veranlassung zu einer außergewöhnlichen Milde des Kurfürsten, während andererseits gegen den Verleger mit aller Strenge vorgegangen wurde. Die Juristenfakultät hatte sich nämlich wiederholt beschwerend an den Kurfürsten gewandt, indem sie ausführte, wie lite pendente eine ungenannte Privatperson gewagt hätte, durch eine öffentlich verkaufte Schrift die Sache entscheiden zu wollen. Hierauf erfolgte unter dem 9. August 1638 ein weiteres Reskript des Kurfürsten an Universität und Rat zu Leipzig, welches besagt: weil vor allen Büchern „des Authoris und Tichters“, wie auch des Druckers [604] Name und Zuname etc. ausgedrückt werden solle, sonst aber das Buch nicht feil gehabt, sondern, zumal wenn ehrliche Leute dadurch beschimpft oder ihnen sonst Schaden zugefügt werden sollte, zu konfiszieren, der Buchhändler aber am Gute oder sonst unnachsichtig zu bestrafen sei, und dann die Facultät sich durch gedachten Tractat hochlädirt finde, habe sie gebeten, nicht allein solche Konfiskation gnädigst anzuordnen, sondern auch wider diejenigen Buchführer, die sich des Werkes durch distraction theilhaftig gemacht, mit gebührender Strafe zu verfahren. „Nun hätten wir wohl leiden mögen, daß der Author (wer der auch sei) ingleichen der Drucker, die Reichsabschiede besser, als geschehen, in Acht genommen, sonderlich aber der Decisio und Erörterung der zwischen unser Facultät und Schöppenstuhl vorgefallenen Controvers (die wir keinem privato einräumen können) erwartet, und nicht zu unnöthigem Zank Anlaß gegeben hätte, wären auch wohl befugt, bei so beschaffenen Sachen und Umständen nicht allein die Confiscation gebetener Maßen anzuordnen, sondern auch des Druckers und Verlegers halben, an gehörigen Oertern Ahndung zu thun. Wenn wir aber noch zur Zeit den gelinden Weg zu gehen entschlossen“, so werde hierdurch angeordnet, daß alle in den leipziger Buchläden noch vorhandenen Exemplare von den Buchführern abzufordern, in Verwahrung zu nehmen und versiegelt beizulegen seien; der Verleger aber, oder sein Faktor, sei vorzufordern und ihm aufzugeben, den Autor, Drucker und Censor zu nennen, ferner, daß, falls ihm oder andern, die etwas von ihm erkauft, die abgenommenen Exemplare wieder restituiert werden sollten, er vor allen Dingen den Titelbogen auf seine Kosten umzudrucken, Autor, Drucker und Ort zu benennen, sodann die Bogen R und S aus allen Exemplaren nehmen und anstatt deren eine vorgeschriebene Änderung setzen müsse. Außerdem seien von beiden, korrigierten und unkorrigierten, Exemplaren wenigstens acht Stücke an die geheime Kanzlei einzuschicken. Auch solle das alles dem Rate zu Frankfurt mitgeteilt und ersucht werden, die bei Schleich befindlichen Exemplare abzufordern und vor der verlangten Korrektur nicht wieder ausgeben zu lassen, ihn auch anzuhalten, die betreffenden kurfürstlichen Reskripte seinen bisherigen Abnehmern durch auf seine Kosten herzustellende Abdrucke mitzuteilen, andernfalls man die konfiszierten Exemplare nicht wieder herausgeben und sich an Schleichs in den kurfürstlichen Landen befindliches Vermögen halten würde. Auch in diesem Falle willfahrte [605] der frankfurter Rat dem Verlangen Kursachsens ohne weiteres, und Clemens Schleichs Erben – er selbst war während der Untersuchung im August 1638 in Leipzig an der Wassersucht gestorben – fügten sich um so bereitwilliger, als sie nur durch solche Fügsamkeit einen schwerern Vermögensverlust abzuwenden vermochten. Infolge der anbefohlenen Konfiskation ist von der ersten Ausgabe (später erschienen noch fünf von 1662 bis 1733) fast kein Exemplar mehr aufzufinden.[26]

Schließlich noch ein Beispiel für das Verfahren der orthodox-lutherischen Censoren. Im Jahre 1697 hatte der kopenhagener Buchhändler Erythropilus Auftrag gegeben, in Leipzig eine neue Auflage der aus dem Englischen übersetzten Predigten und Schriften Thomas Watsons zu drucken. Der Dekan der theologischen Fakultät, Dr. Alberti, zugleich Mitglied der Bücherkommission, lehnte die Censur ab, da ihm nicht zugemutet werden könne, ein Calvinisch Buch zu censieren. Die Buchdrucker beschwerten sich bei dem Rate: das Werk sei schon mehrmals in Sachsen gedruckt, öffentlich verkauft und nie verboten worden; auf solche Art würde ihnen die Arbeit für fremde Buchhändler entzogen. Auf eine Eingabe des Rats entschied diesmal das Oberkonsistorium doch – der Übergang zu einer mildern Praxis war schon eingetreten –, daß Alberti das Werk censieren, etwaige bedenkliche Stellen und solche contra orthodoxiam streichen und dann den Druck verstatten solle.[27] Jenes Verhalten Alberti’s war jedoch kein ausnahmsweises oder vereinzeltes; im Gegenteil, es entsprang der Methode der theologischen Fakultät, auf diese Weise das Erscheinen eines jedweden ihrer dogmatischen Stellung nicht entsprechenden Werks in Leipzig zu verhindern. Denn da Leipzig als Verlagsort nur auf solche Werke gesetzt werden durfte, welche daselbst die Censur passiert hatten, so war mit der Verweigerung der Censur nicht nur der Druck, sondern auch das Erscheinen nicht orthodox-lutherischer Werke unterdrückt. Aus diesem Mißbrauch des Censurrechts, nicht aus der Bedeutung Frankfurts als Meßplatz, erklärt es sich denn auch, daß um die Wende des 17. Jahrhunderts so manche bedeutende theologische Werke zwar mit der Firma leipziger Buchhändler, aber mit der alleinigen Bezeichnung Frankfurts als Verlagsort erschienen. Beispiele hierfür bieten die Firma Johann Friedrich Gleditsch, und namentlich Thomas Fritsch. Letzterer ließ z. B. die Kirchen- und Ketzerhistorie Gottfried Arnolds und andere Werke desselben Verfassers in dieser Weise [606] erscheinen. Obschon mit sächsischem Privilegium begnadigt, hatten sie nicht in Leipzig gedruckt werden können; die Vorräte lagerten in Frankfurt, nur von hier aus wurden die Geschäfte mit ihnen gemacht. Und doch war ihr Betrieb nicht verboten!

In den kleinen Staatsgebieten erfolgte die Handhabung der Preßpolizei fast allein auf Grund der Reichsverordnungen, so gut es eben ging und zum Teil in recht patriarchalischer Weise. Beispielshalber mag hier nur eine Bestimmung aus der Polizeiordnung des Herzogs Wilhelm von Jülich, Kleve und Berg, datiert Düsseldorf 1608, ihren Platz finden.[28] Unter der Rubrik „Buchtrucker, Verkauffer und Fürer“ wird verboten, Bücher, so den Wiedertäufern, Sakramentierern, Gotteslästerern und Aufrührerischen anhängig, oder sonstige Schmäh- und Schandbücher, -Schriften oder -Gemählde feilzuhalten und zu verkaufen. Wer nach Publizierung dieses Edikts mit solchen betreten würde, dem sollten solche Bücher, Schmäh- und Schandschriften oder Gemählde abgenommen, diese dem Herzog eingeschickt und den Verkäufern nicht mehr verstattet werden, in den Fürstentümern Bücher feil zu haben. Die Pastoren, Schultheißen, Vögte und Richter jeden Orts sollten fleißig darauf Acht haben, daß keine Bücher verkauft würden, sie seien denn vorher durch die Pastoren und Kirchendiener zugelassen. Desgleichen sollten solche Bücher u. s. w. nicht gekauft und behalten, sondern den Amtleuten und „Obristen“ unverweilt ausgeliefert werden, alles bei Strafe der Winkelprediger, d. h. bei Strafe an Leib und Leben und im Fall des Entweichens bei Konfiskation aller Güter Straffälligen.

Im Anschluß hieran sei beiläufig eine ganz ähnlich lautende Verordnung König Christians IV. von Dänemark mit erwähnt.[29] Es würden, heißt es darin, auswärts gedruckte dänische Bücher eingeführt, welche teils einige Punkte und Artikel gegen christliche Sitte und Religion, sowie unnütze Materien behandelten, teils politische präjudizierliche Irrungen veranlassen könnten. Es werden darum die früher deshalb ergangenen Befehle eingeschärft und alle Vögte, Amtleute, Bürgermeister u. s. w. ermahnt, streng auf deren Befolgung zu halten. Dabei werden die Superintendenten angewiesen, ihre Stifter gehörig zu inspizieren und ihre Priester anzuhalten, fleißig auf solche Bücher Acht zu haben und vorkommendenfalls sofort Anzeige zu erstatten.

Während so überall mit größerer oder geringerer Strafe gegen abweichende [607] Meinungen auf theologischem oder politischem Gebiet eingeschritten wurde, macht es einen fast anheimelnden Eindruck, zu sehen, wie eine der kleinern Regierungen gleichsam väterlich auch für das leibliche und moralische Wohl ihrer Unterthanen besorgt war.[30] Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg hatte 1682 und unter dem 1. Mai 1684 Edikte gegen abergläubische Bücher und namentlich gegen die „darauff gegründete verdächtige Curen an Menschen und Viehe“ erlassen und die Konfiskation solcher Bücher anbefohlen. Es war besonders auf das beliebte, vielfach aufgelegte Colersche Hausbuch abgesehen; binnen 14 Tagen sollten bei strenger Strafe alle Exemplare desselben an die Justizkanzlei eingeschickt werden. Das Edikt scheint jedoch keinen Erfolg gehabt zu haben; denn eine neue Verordnung vom 23. August 1698 schärft die bestehenden Verfügungen von neuem ein und richtet sich besonders gegen eine „gedruckte Charteque unter der Rubric: Etliche sonderbare und Merkwürdige Propheceyhungen so sich auff das 1680. bis zu dem 1700sten Jahr erstrecken“. Diese ohne Benennung von Druckort oder Verfasser erschienene Schrift werde im Lande herumgetragen und vielleicht auch in den Buchläden öffentlich verkauft. Es wird nun befohlen, diese Schrift abzuthun oder dem Buchführer wieder einzuliefern. Zugleich wird allen Buchhändlern ernstlich verboten, solche Schrift weiter zu verkaufen, vielmehr sollen alle Exemplare sofort in die Justizkanzlei eingeliefert und das Geld, was sie wert seien, den Einsendern bezahlt werden.

Die politisch und kriegerisch bewegte Zeit des letzten Viertels des 17. Jahrhunderts zeitigte eine Flut von Gelegenheitsschriften und Pamphleten, Kriegsberichte und Satiren, welche bei der wieder geweckten Leselust der großen Massen eine weite Verbreitung fanden. Der Hausierverkehr lebte – wenigstens in Norddeutschland – wieder in einer Weise und Ausdehnung auf, die lebhaft an die Zeiten der Reformation erinnert. Die Thätigkeit der Preßpolizei wurde eine angespanntere, die Strenge womöglich eine größere, ihre Willkür wuchs. Aber die Schilderung dieser Wandlung muß des Zusammenhangs halber dem zweiten Bande dieses Werks vorbehalten werden.


Fußnoten

Bearbeiten
  1. Zeller, Philosophie der Griechen. I, 4. Aufl. S. 946.
  2. Annales. IV, 34. 35.
  3. Kirchhoff, Beiträge. I, 42. Ennen, L., Katalog der Inkunabeln der Stadtbibliothek zu Köln. S. XXII.
  4. Kapp, E., II, 448.
  5. Ranke, L. von, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. I, 338.
  6. Pawel, J., Die litterarischen Reformen des 18. Jahrhunderts in Wien. Wien 1881. S. 13.
  7. Wiedemann a. a. O. S. 4.
  8. Schlossar, A., Gratzer Buchdruck und Buchhandel im 16. Jahrhundert. Im Archiv IV, 62–68.
  9. Archiv IX, 148.
  10. Heigel, K. Th., Censur in Altbayern. Im Archiv II, 6–10.
  11. Geschichte der ältesten Bibliotheken und ersten Drucker in Straßburg. S. 86 fg.
  12. Soden a. a. O. S. 204.
  13. Daselbst S. 278.
  14. Archiv IV, 251.
  15. Meyer, F. L., Die Buchdruckerkunst in Augsburg bei ihrem Entstehen. Augsburg 1840. S. 73.
  16. Daselbst S. 79.
  17. Mitgeteilt im Archiv IX, 238 fg.
  18. Roth, R., Das Büchergewerbe in Tübingen vom Jahre 1500–1800. Tübingen 1880. K. Steiff, Der erste Buchdruck in Tübingen (1498–1534). Tübingen 1881.
  19. Archiv II, 242. 243.
  20. Kirchhoff, A., Beitrag zur Geschichte der Entwickelung der Censurverhältnisse. Im Archiv V, 165 fg.
  21. Zum Gedächtniß der vierten Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst zu Heidelberg am 24. Junius 1840. Heidelberg 1840. S. 78. 79.
  22. Kirchhoff, A., Johann Herrgott, Buchführer von Nürnberg, und sein tragisches Ende 1527. Im Archiv I, 15–55.
  23. Die Darstellung der sächsischen, speziell der leipziger Censurverhältnisse gründet sich fast ausschließlich auf die Mitteilungen von A. Kirchhoff im Archiv, vor allem auf dessen „Die kursächsische Bücher-Kommission in Leipzig. I. Bis zum Abschluß ihrer Organisation“. (IX, 47–176.)
  24. Archiv VIII, 104 fg.
  25. Kirchhoff, A., Beiträge zur Geschichte der Preßmaßregelungen und des Verkehrs auf den Büchermessen im 16. und 17. Jahrhundert. Im Archiv II, 33 fg.
  26. (Günther, C. F.,) Commentatio de fatis libelli Carpzoviani, cui inscribitur: Peinlicher Inquisitions- und Achtsprozeß caet. Leipzig 1859. (Programm.)
  27. Archiv IX, 142 fg.
  28. Archiv IX, 243.
  29. Forordning om Danske Böger som paa fremmede Steder tryckis oc her vdi Riget indföris. Slot Schanderborg, 23. Jannarij, Anno 1617. (In der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.)
  30. Archiv VII, 267. 268.