Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 09.djvu/029

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schreiben, den Tractat des Nachtigals betreffend, ist verlesen und befohlen die Herren Jakob von Siburg und Casparen Geilenkirchen die Buchdrucker zu beschicken, bei denen und sonst fleißige Nachforschung zu thun, damit solliche Traktatlein hinder einem erbaren Rat zu bringen. Sollichs soll auch den von Frankfurt geschrieben werden.“ Die Genannten referierten dann am 9. Mai: „Nachtigall, libellus famosus betreffend, wie sie alle Boichfeilhaber, Häuser und Gadombe besucht, uff das Kaiserlich Schreiben das Schandgedicht die Nachtigall intitulirt, gesucht und doch keins finden mögen; ein Jeder auch mit dem Eide sich purgiret, daß Keiner einichs hinter ihnen habe; sondern es sey vergangene Gotsdracht der Wilhelmus Clebitius, so zu Frankfurt sitzt, hie gewesen und bey etlichen Boichdruckern begerte, der Exemplaren etliche von ihnen zu kaufen. Ist vur rathsamb angesehen, solliche dem Rath zu Frankfurt anzuzeigen.“

Indessen teilte auch der Reichsabschied von 1570 das Schicksal seiner Vorgänger und blieb ein toter Buchstabe. „Die reformirte und gebesserte Polizeiordnung vom 9. November 1577“ erkannte diese Thatsache und die der Nichtbefolgung sämtlicher bisher von Kaiser und Reich getroffenen Bestimmungen offen an, indem sie in ihrem §. 1 (Titel 35) unter anderm erklärte: – – „so befinden Wir doch, daß ob denselben Satzungen gar nichts gehalten, sondern daß solche schmähliche Bücher, Schrifften, Gemälds und Gemächts je länger je mehr gedicht, gedruckt, gemacht, feyl gehabt und ausgebreitet werden.“ Im übrigen wiederholt die reformierte Polizeiordnung meist wörtlich den wesentlichen Inhalt der Reichspolizeiordnung von 1548 und des speyerschen Reichsabschieds von 1570, soweit es sich um die Beschränkung der Buchdruckereien auf Fürstensitze, Universitäten und ansehnliche Reichsstädte, sowie um Zulassung der Drucker selbst handelt.

Bei dieser verbesserten Polizeiordnung behielt es lange Zeit, über das 16. Jahrhundert hinaus, sein Bewenden. Der Erlaß neuer Gesetze war auch um so weniger erforderlich, als die vorhandenen vollauf hingereicht hätten, die mißliebige Presse mit Stumpf und Stiel auszurotten. Kaiser Rudolf II. legte als praktischer Mann das Hauptgewicht nicht auf Vereinbarung neuer Maßregeln mit den Fürsten, sondern auf eine rücksichtslose Durchführung der in Kraft befindlichen Bestimmungen und fand in den Jesuiten, welche ihm mit Feuer und Schwert die Gegenreformation

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 550. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/029&oldid=- (Version vom 1.8.2018)