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In Augsburg lassen sich die ältesten Censurverordnungen bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts, wenn nicht noch weiter in das Ende des 15. hinein verfolgen. Aus einem Ratsprotokoll vom 9. August 1515 ergibt sich, daß sich die Buchdrucker schon damals eidlich verpflichten mußten, ohne Wissen und Willen des Rats nichts zu drucken, was jemand zur Schande oder zur Schmach gereiche. Es heißt ausdrücklich im Eingang, daß die Drucker Hans Elchinger und sein Sohn geschworen hätten, wie andere Buchdrucker; diese Einrichtung muß also schon von früherer Zeit her datieren. Unterm 28. August 1520 bedeutete der Rat die in der Stadt thätigen 10 Drucker[1], in den „Irrungen zwischen den Geistlichen und Doktoren der heiligen Schrift“ nichts ohne sein Wissen und Willen zu drucken und am 7. März 1523 wurden sie – den nun bald auftretenden Reichspreßordnungen gleichsam vorgreifend – dahin vereidigt, keine Schmähbücher, Lieder oder andere Gedichte drucken zu wollen, es sei denn, daß sie zuvor dem Bürgermeister Anzeige gemacht und dessen Erlaubnis erhalten, den Namen des Dichters desselben Buchs oder den Namen dessen, der es ihnen übergeben, genannt und auch ihren, der Drucker, eigenen Namen hinzugefügt hätten. Später mußte sich Augsburg dem allgemeinen Verfahren anschließen, wie es die Reichsabschiede allmählich ausbildeten. So wird in den geheimen Ratsdekreten von 1551, 1552, 1589, 1618, 1670, 1681, 1682, 1690, 1715 u. s. w. wiederholt den Buchdruckern und Buchhändlern eingeschärft, sich den ergangenen Vorschriften entsprechend zu verhalten; allein schon die große Zahl dieser Verordnungen beweist, daß sie nur wenig Beachtung fanden.[2]

Hart und grausam verfuhr die alte Reichsstadt in diesen Dingen übrigens nie, wenn sie auch in einzelnen Fällen die Übertretung ihrer Gebote streng ahndete. Ihre Praxis in Censurangelegenheiten stand gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts ziemlich fest und behauptete sich fast unverändert bis zum Verlust der Reichsunmittelbarkeit (1803). Sie beschränkten sich eben darauf, an jene oft wiederholte Vorschrift, daß alles, was gedruckt, oder auf andere Weise vervielfältigt werden sollte, vor dem Druck den zur Büchercensur verordneten Herren vorzulegen sei, zu erinnern, doch aber nur gelegentlich wirklich einzuschreiten. So ward Georg Willer am 10. Oktober 1559, jedenfalls in Zusammenhang mit der Untersuchung gegen den Buchdrucker Wegler in Ingolstadt, ins Gefängnis abgeführt und sein ganzer Büchervorrat wegen angeblichen Drucks und


Fußnoten

  1. Archiv IV, 251.
  2. Meyer, F. L., Die Buchdruckerkunst in Augsburg bei ihrem Entstehen. Augsburg 1840. S. 73.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 576. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/055&oldid=- (Version vom 1.8.2018)