ADB:Cotta, Johann Friedrich Freiherr von

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Artikel „Cotta, Johann Friedrich, Freiherr v. Cottendorf“ von August Ludwig Reyscher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 527–533, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cotta,_Johann_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:33 Uhr UTC)
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Cotta: Johann Friedrich C., Freiherr v. Cottendorf, Eigenthümer und 45jähriger Vorstand der J. G. Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Tübingen und Stuttgart, geb. 27. April 1764, † 29. Decbr. 1832. Sein Vater war der Hof- und Kanzlei-Buchdruckereibesitzer Christoph Friedrich C. in Stuttgart (1730–1807), welcher, nachdem er zuerst in dem österreichischen Heere unter Loudon als Reiterofficier gedient hatte, die Druckerei in Stuttgart erwarb (noch jetzt im gemeinschaftlichen Besitz von „Cotta’s Erben“) und hier seit 1760 die Hofzeitung, seit 1791 ein „Oekonomie-Wochenblatt“ herausgab, woran außer einzelnen Oekonomen des Landes auch seine Frau, Rosalie geb. Pyrker von Felsö-Eör in Ungarn, mitarbeitete. Nach dem Vorbilde seines gelehrten Großoheims, des Universitäts-Kanzlers Johann Friedrich C. in Tübingen (s. o.) sollte der junge wißbegierige Johann Friedrich C. die Theologie studiren; als er aber im Frühjahr 1782 zu Tübingen inscribirte, hatte er sich bereits für die Rechtswissenschaft entschieden, woneben er der Mathematik (unter Pfleiderer) fleißig oblag. Nach Vollendung seiner Universitätsstudien und einer Reise in die französische Hauptstadt, wohin er den berühmten Kupferstecher und Professor an der Stuttgarter Kunstschule, Johann Gotthard v. Müller (geb. 1747) begleitete, wurde er Advocat. Doch bald eröffnete sich ihm eine andere praktische Bahn. Die großväterliche Buchhandlung in Tübingen, welche noch immer von dem ersten, in Würtemberg angesiedelten C. (geb. 1631, † 1692), der durch Heirath die vormals Brun’sche Buchhandlung an sich gebracht hatte, den Namen „Johann Georg Cotta’sche Buchhandlung“ führte, war heruntergekommen und sollte verkauft werden. Der Wunsch seines Vaters und eigener Unternehmungsgeist lenkten den 23jährigen Rechtsgelehrten (er wurde davon später noch „Doctor“ titulirt) auf den Gedanken, das Geschäft zu erwerben und wieder in die Höhe zu bringen. In einem Briefe aus Stuttgart vom 11. Juli 1787 wandte er sich, unerfahren wie er war, da er den Buchhandel nicht erlernt hatte, an den „vornehmen“ Buchhändler Reich in Leipzig (Vorstand der Weidmann’schen Buchhandlung) mit der Bitte um Rath, ob er (C.), wenn er allen möglichen Fleiß anwende, wenn er sich stets als ehrlicher Mann betrage, wenn er nur auf guten Verlag sehe, durch seine Aufführung seine guten Freunde und seinen Credit erhalte, nach und nach ein großes Capital werde abtragen und sich schuldenfrei machen können. Die Antwort Reich’s liegt nicht vor; aus einem zweiten Briefe Cotta’s vom 18. Decbr. 1787 aber geht hervor, daß Reich ihm erlaubte, sich in allen Fällen an ihn zu wenden. C. dankte und zeigte an, daß er die Tübinger Handlung [528] nun wirklich erworben habe; zugleich bat er um weitere Belehrung, wie er es bei Uebernahme neuen Verlags mit Bestimmung des Honorars zu halten habe etc. Dieser Brief (nebst dem ersten vorgedruckt der Schrift: „Aus den Papieren der Weidmann’schen Buchhandlung“ von Buchner, Berlin 1871, S. 3–6) traf jedoch den geschäftskundigen Gönner nicht mehr am Leben. C. mußte also sehen, wie er zurecht kam. Der übernommene unbedeutende Verlag zog nicht mehr, er wog nur. Mit dem Sortimentsgeschäft war auch nicht so bald in die Höhe zu kommen; er ging daher auf neuen Verlag aus, worauf er sich auch später in Stuttgart beschränkte. Mit Mühe brachte er die Summe von 500 fl. zusammen, um die ersten Auslagen zu decken. Ostern 1788 reiste er erstmals zur Buchhändlermesse nach Leipzig, um Verbindungen anzuknüpfen, in der bescheidensten Weise. In demselben Jahre ließ er noch den 1. Band eines bedeutenden rechtswissenschaftlichen Werkes, der Principia juris romano-germanici von Professor Hofaker in Tübingen drucken, welches 1800–1803 in 3 Bänden neu aufgelegt wurde. Im J. 1789 associirte er sich mit dem Kanzlei-Advocaten Dr. Zahn aus Calw, dem Componisten des Schiller’schen Reiterlieds und später Vicepräsidenten der würtemb. zweiten Kammer zum Betrieb der Buchhandlung, der aber schon 1797 wieder ausschied. 1794 (am 28. Mai) besprach C. bereits mit Fr. Schiller bei dessen Anwesenheit in Tübingen, wo derselbe seinen „lieben Lehrer“ Abel besuchte, das Bedürfniß einer allgemeinen politischen Zeitung und den Plan der Horen, welche an die Stelle der Thalia treten sollten. Glücklicher Weise blieb Schiller nachher seiner Muse getreu und entschied sich für den zweiten Plan, welcher auch 1795 unter seiner Leitung ausgeführt wurde. Durch Schiller wurde C. auch mit Goethe bekannt, welcher im Herbst 1797 bei C. in dessen kleinem Hause nächst der Tübinger Stiftskirche zum Besuche verweilte und in einem Briefe von da aus seinen Wirth also schilderte: „Je näher ich Cotta kenne, desto besser gefällt er mir; für einen Mann von strebender Denkart und unternehmender Handlungsweise hat er so viel Mäßiges, Sanftes und Gefaßtes, so viel Klarheit und Beharrlichkeit, daß er mir eine seltene Erscheinung ist.“ Die Horen, woran auch Goethe mitarbeitete, gingen mit dem 12. Stücke 1797 wieder ein; aber die auf gegenseitiges Vertrauen gestützte Verbindung Cotta’s mit den beiden großen Dichtern dauerte fort und trug die erfreulichsten Früchte, wie für die deutsche Litteratur und ihre Vertreter, so auch für die Hebung des Buchhandels. Die große Ausdehnung, welche das Cotta’sche Verlagsgeschäft durch die Verbreitung der Werke Schiller’s und Goethe’s, später durch die wiederholten Gesammt-Ausgaben erlangte, gestattete auch größere Honorare, als bis dahin vorkamen. (Von 1796–1864 wurden von der Cotta’schen Buchhandlung entrichtet: für Schiller’s Schriften 308564 fl., worunter an ihn bis zu seinem 1805 erfolgten Tode 24106 fl., das Uebrige an seine Erben; für Goethe’s Werke 504907 fl., worunter an den Dichter zu Lebzeiten 270937 fl.) Auch andere gefeierte Dichter: Herder, Wieland, A. W. Schlegel, Tieck, Jean Paul Richter, Voß, Heinrich v. Kleist, Haug, Hölderlin, Matthison, Hebel, Schenkendorf, Rückert, Zedlitz, Uhland, Kerner, Schwab, Pfeffel, Z. Werner, Klingemann, Niembsch (Lenau) etc. schmückten den Cotta’schen Verlag. Und nicht blos die schöne Litteratur war hier vertreten, fast jedem Zweig der Wissenschaft wandte C. seine Aufmerksamkeit zu. Wir nennen von Autoren beispielsweise die Brüder Humboldt, S. Boisserée, Varnhagen, Zimmermann, Zschokke, die Philosophen Fichte, Hegel, Schelling, die Historiker Archenholz, Joh. v. Müller, Spittler, Posselt, Mailath, die Geographen Berghaus, Bronsted, die landwirthschaftlichen Schriftsteller Elsner, Weckherlin, die Polytechniker Prechtl, Dingler. Zur Ehre gereichte auch dem Cotta’schen Verlage die Ausgabe der Plutarch’schen Werke von Hutten 1791–1805 in 14 Bänden, die 1799 begonnene große Karte Schwabens von Ammann [529] und Bohnenberger in 59 Blättern. Von Zeitschriften erwähnen wir der Zeitfolge nach Posselt’s Europäische Annalen (seit 1795), das Archiv der neuesten juridischen Litteratur von Danz, Gmelin und Tafinger 1801–9, Häberlin’s Staatsarchiv 1801–6, Hartleben’s Polizeifama 1802–30, die Jahrbücher der Medicin von F. W. D. Schelling und A. F. Markus 1806–8, Archives littéraires de l’Europe 1804–9, das 1807 gegründete und bis zu Ende des J. 1865 fortgesetzte Morgenblatt, dem längere Zeit das Kunstblatt von Schorn und das Litteraturblatt von Wolfgang Menzel beigegeben waren, ferner die 1827–33 von Berlin aus geleiteten Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, die Hertha, den Hesperus. Alle diese sind eingegangen. Einige andere bestehen heute noch fort; so Dingler’s Polytechnisches Journal, welches 1873 sein 50. Jahr überschritten hat, das Ausland, welches, unter der Leitung von Wiedenmann begonnen, jetzt von Hellwald fortgesetzt wird. Nicht überall war es bei den Cotta’schen Unternehmungen auf Gewinne abgesehen; für manche wurden große Opfer gebracht; einzelne konnten nur mit Unterstützung der Behörden begonnen und bis daher fortgeführt werden; so Memminger’s Jahrbücher für würtembergische Geschichte, das Correspondenzblatt des würtembergischen landwirthschaftlichen Vereins. An politischen Blättern war der Cotta’sche Verlag besonders reich; aber auch hier mußten einzelne, welche großen Erfolg versprachen, in der Folge wieder aufgegeben werden, so der 1815 im Verein mit Reimer und Perthes unternommene Deutsche Beobachter, das 1827 von D. Lindner in München begonnene Politische Journal, das von Scholz in München 1830 redigirte „Inland“. In besonderem Werth und Ansehen hat sich dagegen die „Allgemeine Zeitung“ bis daher behauptet. Nachdem, wie oben bemerkt, Schiller die Redaction der projectirten politischen Zeitung abgelehnt hatte, wandte sich C. an Posselt, und am 1. Jan. 1798 erschien das lang besprochene Unternehmen unter dem Titel: „Die Neueste Weltkunde“, durch ausdrückliche Vergünstigung des Herzogs Friedrich censurfrei, in Tübingen. Posselt hatte im Einverständniß mit der Verlagshandlung im März 1798 L. F. Huber aus Neufchatel als Mitarbeiter berufen. In Folge wiederholter Klagen des österreichischen und des russischen Gesandten, erst bei dem Herzog, dann, als dieser in die von ihnen geforderte Entziehung der Censurfreiheit nicht willigte, beim Reichshofrath in Wien, wurde „Die Neueste Weltkunde“ im September desselben Jahres verboten. Der Herzog gewährte aber C. ein neues Privilegium unter der Bedingung, daß das neue Blatt unter Censur erscheine, und so kam am 9. Septbr. 1798 die erste Nummer der „Allgemeinen Zeitung“ und zwar in Stuttgart und unter Censur heraus; Posselt legte jetzt die Redaction nieder, welche nunmehr ganz in die Hände Huber’s überging, Da C. sich bei den Streitigkeiten zwischen dem Herzog und der Landschaft auf die Seite der letzteren schlug, fiel die Allgemeine Zeitung auch bei dem Landesherrn in Ungnade und wurde, nachdem sie schon zuvor ein paar Mal seinen Unwillen hatte empfinden müssen, im October 1803 von einem plötzlichen Verbot betroffen. C. ließ sich nun von dem Kurfürsten von Baiern ein Privilegium geben und die Allgemeine Zeitung erschien im November 1803 als „Kaiserlich und Churpfalzbairisch privilegirte Allgemeine Zeitung“ in der eben baierisch gewordenen vormaligen Reichsstadt Ulm. Als Huber am 24. Decbr. 1804 starb, ging die Leitung des Blattes an den schon seit einiger Zeit dabei thätigen Mitarbeiter Stegmann über. 1810 übersiedelte das Blatt nach einer mehrwöchentlichen Unterbrechung (in Folge neuerlichen Verbots der königl. würtemb. Regierung) nach Augsburg. Auch hier gab es oft Schwierigkeiten mit der Censur und unmöglich war es für C., allen Anmuthungen, Ausstellungen und Drohungen auswärtiger Regierungen in Bezug auf die Haltung seines Weltblattes zu begegnen, während er gleichwol sichtbar bemüht war, durch Vermehrung [530] der Correspondenten und Erweiterung des Blattes auch entgegengesetzte Meinungen in der Politik und Litteratur zum Worte kommen zu lassen.

Nachdem C. 1811 mit seinem Verlagsgeschäft, das bereits einen europäischen Ruf erlangt hatte, von Tübingen nach Stuttgart übergesiedelt war, wo er eine eigene Druckerei errichtete, verkaufte er 1816 das Tübinger Haus an Buchhändler Laupp; doch behielt er Tübingen neben Stuttgart in der Firma bei. Im J. 1823 erwarb er ein größeres Anwesen in Augsburg, wo er im folgenden Jahre die erste Dampfpresse in Baiern, hauptsächlich für den Druck der Allgemeinen Zeitung, die unter der Redaction von Stegmann und Lebret, später von Kolb, Mebold und Altenhöfer fortgesetzt wurde, einführte. Ein drittes Geschäft wurde von ihm 1827 in München gegründet – die litterarisch-artistische Anstalt für lithographische Vervielfältigung und Kupferdruck, nebst Buch-, Kunst- und Landkartenhandel. Ungeachtet dieser Verzweigungen seines Geschäfts, eines ausgebreiteten Briefwechsels mit Gelehrten, Künstlern und Staatsmännern und häufiger Reisen (auch nach Rom zog es ihn zu der Kunst und den Künstlern) gewann er noch Zeit, sich als Landwirth auf den erkauften größeren Gütern in Würtemberg und Baiern einzurichten, mit Verbesserungen derselben, insbesondere durch Einführung veredelter Schafzucht voranzugehen. Auch die Einführung bzw. Neuregelung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee (1825), Oberrhein, dem Main und der Donau wurde von ihm angeregt und zum Theil mit großen Opfern bewerkstelligt. Ebenso wurde von ihm der Plan einer Hypotheken- und Wechselbank für München bis in das Einzelne ausgearbeitet. Nicht minder wurde seine Umsicht und Sorgfalt – bei einem eben nicht starken Körperbau – von Vertrauensmissionen in Anspruch genommen. Schon im J. 1799, als eben ein neuer Krieg zwischen Frankreich und Oesterreich ausbrach, und Herzog Friedrich trotz des mit der französischen Republik abgeschlossenen Separatfriedens auf Seite Oesterreichs trat, wodurch das Land den Mißhandlungen der französischen Occupationsarmee ausgesetzt wurde, erhielt er von den würtembergischen Ständen den mißlichen Auftrag zu einer Reise nach Paris, um bei dem damaligen Directorium die drohenden Uebel vom Lande abzuwenden, wobei er sich persönlichen Gefahren aussetzte und vom Herzog in eine – übrigens erfolglose Untersuchung gezogen wurde. Drei Jahre nachher reiste er abermals nach Paris im Interesse des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen, was nicht ohne Erfolg gewesen sein soll. Im J. 1814 wurde er mit Bertuch aus Weimar von einer Anzahl deutscher Buchhändler nach Wien geschickt, um bei dem Fürstencongreß für Gewährung der Preßfreiheit und Abschaffung des Nachdrucks zu wirken. Nachdem die deutsche Bundessacte von 1815 Art. 18 zugesichert hatte: die deutsche Bundesversammlung werde sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Bestimmungen in beiden Beziehungen beschäftigen, übernahm C. 1816 wieder den Auftrag, in Frankfurt die Erfüllung dieser Verheißung zu erstreben.

Einstweilen war der Verfassungskampf in Würtemberg ausgebrochen (1815), woran C. als Abgeordneter des Oberamtsbezirks Böblingen theilnahm. Uebereinstimmend mit dem Grafen Waldeck und fast allen Mitgliedern der Ständeversammlung stellte er sich auf die Seite der alten vertragsmäßigen Rechte des Landes gegenüber der von König Friedrich einseitig erlassenen Verfassungsurkunde. Als jedoch die Regierung sich zu Unterhandlungen über eine, die alten Rechte berücksichtigende Verfassung bereit erklärte, zeigte C. in überzeugender Weise die Nothwendigkeit, in diese Unterhandlungen einzutreten, um einen zeitgemäßen Vergleich herbeizuführen, worauf von beiden Theilen Commissarien ernannt und von diesen wieder verschiedene Entwürfe ausgearbeitet wurden. Auch der 1817 aus Auftrag des neuen Königs Wilhelm von dem Minister Wangenheim den [531] Ständen übergebene Verfassungsentwurf erfuhr von C. eine unbefangenere Beurtheilung, als von den starren Verfechtern der erbländischen Einrichtungen, insbesondere des ständischen Cassarechts, und er theilte mit seinem Freunde Wangenheim die vorübergehende Ungunst der öffentlichen Meinung des altwürtemb. Landes, weil er das Ultimatum der Regierung mit den darin ertheilten weiteren Zugeständnissen nicht gleich der Mehrheit der Stände abgelehnt hatte. In der constituirenden Versammlung zu Ludwigsburg vom J. 1819, wo C. als Virilstimmführer für den Grafen v. Bissingen eintrat, standen die früheren Gegner wieder auf seiner Seite, obgleich die jetzt vereinbarte Verfassung theilweise weniger bot, als der Entwurf von 1817. Auf den würtembergischen Landtagen von 1820 an saß C. als ritterschaftlicher Abgeordneter des Schwarzwaldkreises; 1821 wurde er Mitglied des ständischen Ausschusses, 1824 Vicepräsident der Kammer; beides blieb er bis 1831.

C. hat nie eine eigene Schrift drucken lassen. Die Genealogie des Hauses Buonaparte (Durlach 1814), welche ihm zugeschrieben wurde, ist nicht seine Arbeit, sondern die seines älteren Bruders Christoph Friedrich C., welcher im vorigen Jahrhundert schon eine Anzahl anderer Schriften staatsrechtlichen und politischen Inhalts verfaßt und im J. 1791 sich als französischer Bürger in Straßburg niedergelassen hatte (s. o.). Auch ein eigentliches Staatsamt hat Johann Friedrich v. C. nicht bekleidet. Dagegen wurde er 1817 in Folge der durch mehrere Mißjahre eingetretenen Landesnoth von der mildthätigen Königin Katharina, geb. Großfürstin von Rußland, im Hinblick auf seinen „bekannten Eifer für das Wohl seiner Mitmenschen“ zur Theilnahme an dem von ihr geschaffenen Wohlthätigkeitsverein eingeladen. Er reiste selbst in einzelne Bezirke des Landes, um die örtlichen Zustände und Bedürfnisse kennen zu lernen, und blieb auch später Mitglied der heute noch bestehenden Centralstelle für Wohlthätigkeit. 1818 wurde er von der Königin zu einem der 12 Vorsteher der zum Besten der ärmeren Volksclassen errichteten Sparcasse ernannt. – Auch sonst wurden seine Verdienste anerkannt: von Preußen 1817 durch Ertheilung des Titels eines Geheimen Hofraths, von Würtemberg am 20. Novbr. desselben Jahres durch die „Anerkennung und Bestätigung“ alten Adels mit dem Prädicate „von Cottendorf“ (auf Grund eines von C. vorgelegten kaiserl. Wappenbriefs vom 24. Aug. 1420, ertheilt an Bonaventura C., „römischer (?) Abkunft des Geschlechts von Cottendorf, sonst Bürger zu Eisenach“, abgedruckt bei Paullini dissertationes historicae, Gissae 1694, nr. 14, p. 137), wodurch C. die Möglichkeit erlangte, von dem Wahlrechte eines ritterschaftlichen Gutsbesitzers Gebrauch zu machen. König Max Joseph von Baiern fügte am 4. Sept. 1822 die erbliche Freiherrnwürde „als eines einziehenden achtbaren Staatsbürgers Ehrengeschenk“ hinzu.

Die letzten Jahre Cotta’s waren sehr bewegt durch Unterhandlungen mit Preußen in Handels- und Zollangelegenheiten, wobei er mit dem doppelten Vertrauen der Könige von Baiern und Würtemberg bekleidet wurde. Diese beiden Staaten hatten, unter wirksamer Vermittlung des würtembergischen Gesandten in München, Freiherrn v. Schmitz-Grollenburg, am 18. Januar 1828 einen Zollverein unter sich abgeschlossen. Nun sollte auch eine Verbindung mit Preußen zur Erleichterung des Handels und gewerblichen Verkehrs, unter Herabsetzung der gegenseitigen Zollsätze, versucht werden und C. ward dazu ausersehen, vorerst vertrauliche Besprechungen in Berlin anzuknüpfen. Nachdem er bei den leitenden Persönlichkeiten und dem Könige Friedrich Wilhelm III. selbst erfreuliches Entgegenkommen gefunden hatte, erhielt er im Januar 1829 förmliche Vollmacht, im Namen von Baiern und Würtemberg die Verhandlungen weiter zu führen. Den 27. Mai 1829 wurde der Handelsvertrag zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt einer-, Baiern und Würtemberg andererseits abgeschlossen. [532] Die Ratificationen und Zufriedenheitsbezeugungen der betheiligten Regierungen blieben nicht aus. Besonders anerkannte der preußische Finanzminister v. Motz in einem Schreiben an den baierischen Minister Grafen Armansperg das persönliche Verdienst Cotta’s bei dem Vertrage, indem er bemerkte: „Ich erkenne es ganz, wie sehr durch seine unermüdlichen Bestrebungen, das gute Werk einzuleiten und zu beendigen, dasselbe gefördert worden ist. Ich habe seinem offenen und redlichen Charakter immer volles Vertrauen gewähren können und alle Verhandlungen haben dadurch und durch seine vermittelnden Eigenschaften hauptsächlich gewonnen.“ Nachdem C. im Herbst 1829 eine Erholungsreise nach Holland ausgeführt hatte, entzog er sich immer wieder seinen Geschäften, um in der großen Frage deutscher Verkehrseinigung thätig zu sein. Wiederholt versuchte er das Ministerium Winter in Karlsruhe, welches sich bisher fern gehalten hatte, für ein Zusammengehen mit Baiern und Würtemberg zu gewinnen. Die damals aufgetauchten Ansprüche Baierns auf die Sponheimer Surrogatlande verschafften C. keine günstige Aufnahme. Auch als später Baiern die Sponheimer Frage fallen ließ, war es schwer, Baden zu einer gemeinsamen Action zu bestimmen. Es handelte sich jetzt um eine Zollvereinigung mit Preußen, welche von den beiden, bereits in Zollgemeinschaft stehenden süddeutschen Königreichen angestrebt wurde. Auch hierfür war C. noch zu Stuttgart, München und Berlin thätig. Doch den endlichen Abschluß des Zollvereines mit Preußen und den beiden Hessen (22. März 1833), welchem später Baden und andere deutsche Staaten beitraten, erlebte er nicht mehr.

C. war in erster Ehe verheirathet mit Wilhelmine Haas von Laufen, einer ausgezeichneten Frau, welche in treuer Arbeit ihm besonders in den ersten Jahren mühsamen Erwerbs zur Seite stand; sie starb 1821. Im höheren Alter verband er sich noch mit dem Freifräulein Elisabeth v. Gemmingen-Guttenberg, die ihn bei seinen Reisen und Geschäften, wie bei den vielfachen häuslichen Berührungen mit Fremden stets geistvoll anregend und ermunternd unterstützte. Johann Fr. v. C. hinterließ aus seiner ersten Ehe einen Sohn und eine mit dem Freiherrn Herm. v. Reischach, kgl. würtemb. Rittmeister († 8. April 1876), verehelichte Tochter. Der Sohn, Johann Georg v. C. (geb. am 19. Juli 1796, † am 1. Febr. 1863), königl. baier. Kammerherr, war nach vollendeten Universitätsstudien mehrere Jahre (1819 und 1820) zuerst in Frankfurt, dann in Wien als Legationssecretär und Legationsrath in königl. würtemb. Diensten thätig, bis ihn der Vater zu seinen Geschäften herbeizog. – Im J. 1833 trat er als erwählter ritterschaftlicher Abgeordneter in die zweite würtembergische Ständekammer und nahm von da an auf allen Landtagen bis 1849 bei den parlamentarischen Geschäften eifrigen Antheil. Von den industriellen Unternehmungen seines Vaters wurden in der Folge jene, welche allzu seitab lagen, aufgegeben. Dagegen wandte sich J. G. v. C. mit Ausdauer der Verwaltung der ererbten väterlichen Güter und dem buchhändlerischen Verlagsgeschäfte zu, welches er von neuem ordnete und weiter ausdehnte durch die Errichtung einer großen Buchdruckerei, Schriftgießerei und Stereotypiranstalt in Stuttgart, durch die Verbindung mit der Bibelanstalt in Stuttgart und München, durch die Heranziehung der v. Vogel’schen Buchhandlung in München und des Göschen’schen Verlags in Leipzig. Bei einzelnen dieser Geschäftszweige wurden tüchtige Kräfte als Theilhaber zugezogen. Neue litterarische Verbindungen wurden angeknüpft mit Platen, Pyrker, Simrock, Freiligrath, Geibel, Kinkel, Karl Mayer, Mörike, Dingelstedt, Lingg, ferner mit Fallmerayer, Gregorovius, Ranke, Friedrich List, Roscher, Riehl, Arndts, Bluntschli u. a. Die Illustrationen zum Homer, zu Herder’s Cid, zu dem Nibelungenlied, zu Goethe’s Reineke Fuchs und Faust, zu Schiller’s und Uhland’s Gedichten führten zu lebhaftem Verkehr mit angesehenen Künstlern wie: Genelli, Kaulbach [533] Neureuther, Piloty, Ramberg, Retzsch, Schnorr v. Carolsfeld, Schwind, Seibertz u. a. Die von Joh. Georg C. gegründete „Deutsche Vierteljahrsschrift“ war ihm neben der Allg. Zeitung bis zu seinem Tode besonders ans Herz gewachsen. Als eine erfolgreiche Unternehmung darf auch die Ausgabe der „Deutschen Classiker“ mit ihren Fortsetzungen hier erwähnt werden. – Joh. Georg C. war vermählt mit Sophie, Freiin v. Adlerflycht aus dem Hause Alt-Limpurg, aus welcher Ehe ihm zwei Söhne und mehrere Töchter erwuchsen. – Nach seinem Tode kam die J. G. Cotta’sche Buchhandlung nebst Druckerei in Stuttgart und das Institut der Allg. Zeitung in Augsburg (die übrigen Zweige trennten sich nach einander ab) unter die Leitung zweier Enkelsöhne Johann Friedrichs, der Freiherrn Karl v. Cotta und H. A. v. Reischach († 5. April 1876).