Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Göttin der Geburtswehen, auch eine Mehrzahl von Eileithyien
Band V,2 (1905) S. 21012110
Bildergalerie im Original
Register V,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|V,2|2101|2110|Eileithyia|[[REAutor]]|RE:Eileithyia}}        

Eileithyia (Εἰλείθυια), die Göttin der Geburtswehen, gewöhnlich als einzelne Gottheit gedacht, doch findet sich daneben auch eine Mehrzahl von Eileithyien (Εἰλείθυιαι), und zwar in Kulten zu Megara: Paus. Ι 44, 2; Marathon: Athen. Mitt. X 279; Sidyma in Lykien: Benndorf-Niemann Reisen in Lykien 77; in alter Poesie: Hom. Il. XI 270. XIX 119 (daneben die Einzahl: Hom. Il. XVI 187. XIX 103. Od. XIX 188) und später: Anth. Pal. VI 244. IG XIV 967 = Kaibel Epigr. Gr. add. 805 a. Aelian. nat. an. VII 15. X 47. Apollod. II 53. Dio Chrysost. or. VII p. 269 R. Poll. III 49. Etym. M. 298, 38. Hesych. u. a. Desgleichen wirken auf Vasenbildern (s. u.) bei der Geburt der Athena häufig auch zwei und gelegentlich drei Eileithyien mit. Der Wechsel zwischen Einzahl und Mehrzahl hat mannigfache Parallelen. So stehen neben Artemis E. die Ἀρτέμιδες Πρᾷαι (IG VII 3101); neben Aphrodite Genetyllis die Γενετυλλίδες und Γενναΐδες; Cornut. 34 verweist auf die Ἔρωτες neben Eros; andere Beispiele sind Ker, Erinys, Moira; vgl. Usener Götternamen 299. Wo von einer Mehrheit von Eileithyien die Rede ist, werden übrigens niemals eine feste Zahl oder Einzelnamen [2102] erwähnt, vgl. Schol. Hom. Il. XI 270. Wir kennen nur Beinamen der E. wie Bolosia, Einatia, Olympia, und die einzige Stelle, die scheinbar von einem Einzelnamen handelt, Hesych Ἐπιλυσαμένη, ist so verderbt, daß man sogar schwankt, ob hier Epilysamene (s. d.) oder Eleutho (s. d.) als Name oder Beiname der E. stand.

Die Namensform wechselt stark. Neben dem gebräuchlichen Εἰλείθυια und dem in Versen häufigen Ἐλείθυια (IG III 1320; vgl. Pind. Nem. VII 1. Kallim. hymn. IV 257. VI 131; frg. anon. 340 Schneid.; Ἐλείθυα IG XII 3, 192 von Astypalaia) findet sich in Attika: Ἱλείθυα (sf. Vasen im British Museum, Mon. d. Inst. III 44, und im Louvre, Mon. d. Inst. VI 56, 3; rf. Vase im British Museum, Gerhard Auserl. Vasenb. I 3, 4), Ἑλείθυα (sf. Vase in Berlin nr. 1704, Mon. d. Inst. IX 55), Ἰλείθυα IG II 1590, später Ἰλίθυια IG III 926, Εἰλίθυια IG III 319 und Εἰλύθεια IG II 1586. III 925; in Boiotien: Είλειθείη IG VII 2228, Εἰλειθίη 3410ff. Εἰλιθίη 3386, Εἰλειθούη 3391, Εἰλειθουίη 4175, Ἰλιθουίη 3413, Εἰλειθιουίη 4174 und Ἐλιθιουίη 3385; die Form Εἰλήθυια findet sich in Paros: CIG 2389, in Lykien: Benndorf-Niemann Reisen in Lykien 77, in Korinth und Argos nach Paus. II 5, 4 bezw. 22, 6–7, ferner oft in den Hss. wie Kallim. hymn. IV 132; epigr. 53. Anth. Pal. VI 200. 270. 274. VII 566 (IX 238 Ἐλήθυια), Lukian. dial. deor. 8. 1 u. a. Weitere Formen sind in Lato auf Kreta: Ἐλεύθυια Bull. hell. 1879, 293. Le Bas III 67, 31. 74, 35; auf Paros: Εἰλεύθυα Athen. Mitt. 1898, 435 nebst P. Baur Eileithyia 490; dann im Peloponnes: Ἐλευθία in der Inschrift aus Hippola Athen. Mitt. I 162 und auf einer Bronze des British Mus., Walters Catal. of bronzes in Brit. Mus. 16 nr. 188 Taf. II. Gerhard Ges. akad. Abh. I 265 Taf. XXXI 6; Έλευαία in einer Inschrift von Sparta, Dittenberger Syll.2 252; Εἰλιόνεια: nach Sokrates bei Plut. quaest. Rom. 52 p. 277 B eine argivische Geburtsgöttin. Die Form Ἐλευθώ für E. steht bei Cornut. 34. Anth. Pal. VII 604. IX 268 und wahrscheinlich bei Hesych.

Verschiedene dieser Namensformen weisen auf einen Zusammenhang mit anderen Gottheiten hin. Eleutho (s. d.) ist nicht nur E., sondern auch Demeter. Die Eleuthyia von Lato auf Kreta ist wahrscheinlich identisch mit der Eleusina (s. d.) von Lato. Neben dem Kult der Eleuthia bezw. Eleusia steht in Lakonien der Kult der Demeter Eleusinia; neben der Artemis E. gibt es eine Artemis Eleusinia (s. d.). Die uns geläufigen Gestalten der E. und der Eleusinia scheinen sich neben einander entwickelt zu haben aus einer einzigen Gottheit, deren Cult sich von Kreta aus über den Peloponnes und die Inseln ausbreitete; vgl. Toepffer Attische Genealogie 221. Wide Lakon. Kulte 175ff. Kern oben Bd. IV S. 2725 (die frühere Auffassung der E. als reine Mondgöttin hat neuerdings Gilbert Griech. Götterl. 393ff. eingehend wiederholt; vgl. Usener Rh. Mus. XXIII 332f). Solange wir über diese ältere kretische Gottheit nichts Näheres wissen, ist eine sichere Erklärung des Namens E. kaum möglich. Man nimmt vielfach an, daß bei der Bildung des Namens Eleutho, Eleuthia, Eleuthyia, Eilethyia. Eileithyia der Gedanke an das ,Kommen‘ (ἐλεύθω), [2103] mitgewirkt habe. Die Frau ruft zur Geburtsstunde die E. an, sie möge kommen (Kallim. epigr. 53 ἐλθέ; Cornut. 34 εὔχονται ἐλθεῖν). Und wenn dann die plötzlichen letzten Wehen kommen (ὠδῖνες = εἰλείθυιαι: Gregor. Schol. zu Hermogen. bei Walz Rhet. VII 1141, 13. Schol. Hom. XIX 119. Hesych. s. Εἰληθυίας), so kommt auch das Kind zur Welt. Mit diesem εἰς φῶς ἐλεύθειν bringen schon alte Grammatiker den Namen E. zusammen: Eustath. Hom. Il. 843, 59ff. Odyss. 1861, 39f. Schol. Oppian. Hal. I 477. Etym. M. 298, 39. Etym. Gud. 165, 37. Herodian. II 499, 24 Lentz, und wenn Paus. VII 23, 6 die Fackel der E. in Aigion einerseits durch den Vergleich der brennenden Wehen, andererseits aber dadurch erklärt, ὅτι Εἰλείθυια ἐστὶν ἡ ἐς φῶς ἄγουσα τοὺς παῖδας (vgl. Hom. Il. XVI 186. XIX 103), so führt dies auf dieselbe Anschauung zurück; vgl. Kalkmann Pausanias 214. Diese Erklärung der Alten ist übrigens mit einigen Variationen auch neuerdings oft wiederholt worden; vgl. insbesondere Welcker Kl. Schriften III 200. Legerlotz in Kuhns Ztschr. f. vgl. Sprachf. VIII 422. Besser noch ist der Hinweis auf das transitive ἐλεύθω = ,bringen‘, so daß E. die Göttin wäre, welche die Kinder bringt bezw. ans Licht bringt; vgl. besonders Wilh. Schulze Quaest. epic. 259ff. Joh. u. Th. Baunack Stud. auf dem Gebiet d. griech. u. arisch. Sprach. I 69f. Gruppe Gr. Mythol. 859, 3 (vgl. 48). Andere Erklärungen: von εἰλέω: Cornut. 34: ἀπαύστως εἰλουμένη καὶ θέουσα περὶ τὴν γῆν; ,die in der Bedrängnis schnelle‘: Prellwitz Gött. Gel. Anz. 1886, 764. 1887, 442; von εἰλύω: Wörner in Sprachwissenschaftl. Abhandl. aus G. Curtius grammat. Gesellschaft zu Leipzig 1874, 122ff. (nach den zusammenziehenden, krümmenden Schmerzen); von ἱλέομαι: Meisterhans Gramm. d. att. Inschr.2 67. Otto Hoffmann Griech. Dial. III 397; aus dem Semitischen: Pott in Kuhns Ztschr. f. vgl. Sprachf. VI 339 u. a. Weiteres bei Preller-Robert Griech. Myth. I 511.

Über das Wesen der E. herrschen durchweg einheitliche Vorstellungen. Die E. bringen den Gebärenden die unerläßlichen schweren Wehen und erhalten daher bei Dichtern die Bezeichnung πικρὰς ὠδῖνας ἔχουσαι: Hom. Il. XI 271, oder Beiworte wie μογοστόκος: Hom. Il. XI 270 XVI 187. XIX 103. Hom. hymn. I 97. 115 u. a. oder πολύστονος: Kaibel Epigr. Gr. add. 241 a. Von dem schmerzenbringenden βέλος der E. (Hom. Il. XI 269. Theokrit. XXVII 28) wird auch der Beiname der E., bezw. der Artemis, Bolosia (s. o. Bd. III S. 677) erklärt. E. führt dann aber die Geburt zum glücklichen Ausgang und wird deshalb in Hymnen mit vielen freundlichen Epitheta geehrt; vgl. εὔλινος: Olen bei Paus. VIII 21, 3, eine große Zahl solcher Beiworte bei Orph. Hymn. II, ferner Pind. Nem. VII 1ff. und πραΐμητις: Pind. Ol. VI 42. Sie sorgt für die Mutter und für das Kind und heißt daher sowohl ματροπόλος: Pind. Pyth. III 9, wie φιλόπαις, φιλότροφος: Orph. Hymn. II 3. 5 und κουροσόος: Anth. Pal. VI 274. Daß E., wie so viele andere Gottheiten, als eine Kurotrophos verehrt wurde, wenn auch diese Epiklesis für sie nicht ausdrücklich bezeugt wird, hat in einer wertvollen Monographie Paul Baur Eileithyia, Heidelberger Dissertat. 1901, abgedruckt im Philol. Suppl. VIII [2104] 453ff., ferner englisch in: The university of Missouri studies I nr. 4, besonders betont (vgl. namentlich S. 480ff.). Wenn er daneben auch eine Verehrung als μήτηρ annimmt (S. 464. 510), so ist dies freilich unzutreffend; denn, daß vereinzelt in dem delischen Hymnos des Olen E. Mutter des Eros genannt wird (Paus. IX 27, 2), ist kein Beweis für einen Cult der E. in Thespiai, und das Epitheton μήτηρ ist bei Bruckmann Epithet. deor. S. 95 irrtümlich unter die Epitheta der E. aufgenommen, wie der Zusammenhang der Stelle Kallim. frg. anon. 340 Schn. (Schol. Hom. Il. XXII 80) ergibt.

Die Frauen sollen nach Platons Vorschrift (Leg. VI 784 A) täglich den dritten Teil einer Stunde im Heiligtum der E. weilen. Die E. anzurufen ist ihre besondere Pflicht (vgl. Poll. III 49. Diod. V 73). Sie flehen die Göttin an, ἐὔλοχος (Kallim. ep. 53), λυσίζωνος (Theokr. XVII 60) oder ἠπια καὶ λυσίζωνος (Cornut. 34) in der Geburtsstunde ihnen zur Seite zu stehen; vgl. auch Aristoph. Lysistr. 742; Ekkles. 369 nebst Schol. Ovid. amor. II 13, 21; und vor wie nach den schweren Stunden bringen sie der E. Weihgeschenke dar, Gewänder, Schleier, Haar und Haarschmuck, vgl. z. B. Anth. Pal. VI 200. 270. 274 (ausführlich handelt von den Weihgeschenken Baur a. a. O. 479ff.). Auch bekränzen sie das Bild der E. mit dem Kranz von jenem Diktamnon, das für die Entbindungen eine große Rolle spielte, Euphorion frg. 79 bei Schol. Arat. 33 (Maass Comment. in Arat. 347); vgl. oben S. 582. Gruppe Griech. Mythol. 861. Ohne E. keine Geburt (vgl. Apoll. Rhod. I 289. Kallim. hymn. I 12), daher auch ἀνελείθυια (Eurip. Ion 453) = ἄτοκος, vgl. Etym. M. 298, 41. Hesych. Eustath. Hom. 1861, 43. Bekker Anecd. Gr. 396, 12. Gregor. Schol. in Hermog. a. a. O. Die übliche ὀλολυγή nach glücklicher Geburt (vgl. Hom. hymn. I 119. Paus. IX 11, 3) heißt bei Kallim. hymn. 257 Ἐλειθυίης ἱερὸν μέλος; vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I 512, 4. Da aber die Geburt nur glücklich verläuft, wenn E. es will (Ἐλειθυίης ... βουλομένης Kallim. frg. anon. 340 Schn., vgl. Aristainet. epist. I 19), so ist sie auch verantwortlich für das Los der Frauen, die bei dem Gebären ihr Leben verlieren; daher Klagen wie Kaibel Epigr. Gr. 238. add. 241 a. und 94 = IG I 1320. Anth. Pal. VII 566. Nach Theophr. hist. plant. V 9, 8; caus. plant. V 4, 4 nannten die Wahrsager das Schwitzen der Götterbilder, das Ausquellen des Harzes bei Holz-Cultbildern, wegen dessen besondere Sühnopfer vorgeschrieben wurden, Εἰλειθυίας ἄφεδρον.

In den Göttermythen ist E.s Rolle dieselbe, wie im Leben der Menschen. Wer eine Geburt verhindern will, muß die Göttin der letzten Wehen in der entscheidenden Stunde fernhalten. Das tut Hera bei Letos Entbindung, Hom. hymn. I 97ff., und bei Herakles Geburt, Hom. Il. XIX 119. Bei den späteren Erzählungen der Heraklessage wird die Art, wie E. die Geburt verhindert, verschieden dargestellt. So sprechen z. B. Apollod. II 53 und Diod. IV 9 nur kurz von E.s feindseligem Verhalten; nach Istros bei Schol. Hom. Il. XIX 119. Nikand. bei Anton. Liberal. 29. Ovid. met. IX 295ff. Plin. XXVIII 59 saßen E. und die Moirai bezw. die sonst genannten Geburtsgottheiten [2105] mit verschränkten Armen da, und erst als sie, durch Galinthias (s. d.) überlistet, die Hände lösten, konnte Alkmene entbunden werden, vgl. Welcker Kl. Schr. III 199. Nach Pausanias IX 11, 3 waren es die von Hera gesandten Pharmakides, welche die Entbindung hinderten.

Umgekehrt rufen diejenigen Götter, welche eine Geburt zum glücklichen Ziele führen wollen, E. herbei, so z. B. die Leto freundlichen Gottheiten, Hom. hymn. I 102ff., und Apollon bei Pind. Ol. VI 41f. Nach dem Epigramm IG XIV 967 = Kaibel Epigr. Gr. add. 805 a waren die E. hülfreich bei der Geburt des Asklepios, während Isyllos hierbei die Lachesis als Wehmutter nennt, vgl. v. Wilamowitz Isyllos 15.

Älter als Kronos, eine Art Moira, εὔλινος (Paus. bemerkt dazu: δῆλον ὡς τῇ Πεπρωμένῃ τὴν αὐτήν) und zugleich Mutter des Eros heißt E. im Hymnos des Olen, Paus. VIII 21, 3. IX 27, 2. Und auch sonst steht E. oft den Moirai zur Seite, Pind. Nem. VII 1; Ol. VI 42. Plat. symp. 25 p. 206 D. Anton. Lib. 29. IG I 1320. Kaibel Epigr. Gr. 238; vgl. auch unten in der Liste der Cultstätten: Rom.

Töchter der Hera sind dagegen die Eileithyien nach Hom. Il. XI 271 (vgl. Anth. Pal. VI 244. Aelian. nat. an. VII 15. Etym. M. 298, 38. Schol. Hom. Il. XI 270. XX 70). Und so wird E. in die Götterfamilie des Olymp eingefügt als Tochter des Zeus und der Hera, eine Schwester der Hebe und des Ares, Hesiod. Theog. 922. Pind. Nem. VII 2f. Apollod. I 13. Vgl. auch Diod. IV 9. Plut. de daedal. Plataeens. 5. Hyg. fab. praef., wo Libertas statt Lucina infolge irriger Auffassung der E. bezw. Eleutho als Eleutheria steht (Schmidt Rh. Mus. XX 460). Auf Kreta hielt man Amnisos für die Stätte, wo Hera dem Zeus die E. gebar, Paus. I 18, 5, vgl. Diod. V 72. Hera, die so oft als Geburtsgöttin verehrt wurde, führte selbst die Epiklesis E. in Argos (Hesych.) und in Attika, wo beim Dorf Keratia, eine Stunde nordwestlich von Thorikos, der Grenzstein eines Temenos Ἥρα[ς] [Ἐ]λει[θυίας] gefunden ist, Wilh. Vischer Erinnerungen und Eindrücke aus Griechenland 68. K. Keil Philol. XXIII 619.

Ebenso eng wie zur Hera sind auf der andern Seite E.s Beziehungen zur Artemis, die vielfach als Göttin der Entbindung erscheint (s. o. Bd. II S. 1347). Oft stehen Artemis und E. neben einander, z. B. Diod. V 72. Orph. hymn. praef. 13. Aelian. nat. an. VII 15, auch im Culte, vgl. u. bei Marathon, Sparta und Sidyma. Aber noch häufiger fallen beide ganz zusammen, so daß E. zum Beinamen der Artemis wird; vgl. Plut. de daedal. Plataeens. 5; de facie in orbe lunae 14; quaest. conviv. III 10, 3 p. 659 a; amator. 15 p. 758 a. Orph. hymn. II 12. Cornut. 34. Nonn. Dionys. XLI 414. Im Cult führt Artemis die Epiklesis E. vor allem in Boiotien, und zwar in Anthedon IG VII 4174–4176, Chaironeia IG VII 3385. 3386. 3391. 3410–3413, daneben Artemis Soodina 3407, in Orchomenos IG VII 3214, Tanagra ebd. 555, Thespiai 1871f., Thisbe 2228; dazu kommen in Lebadeia die Ἀρτέμιδες Πρᾷαι (= Eileithyiai), IG VII 3101.

Auch andere Göttinnen erhalten gelegentlich den Beinamen E., so die mit Artemis so eng verknüpfte Hekate (Porphyr. bei Euseb. praep. ev. [2106] IV 23 = G. Wolff Porphyrii de philosophia ex oraculis haurienda libr. rel. 151 v. 169) und Selene (Nonn. Dionys. XXXVIII 150). Ferner Themis (Nonn. Dionys. XLI 162).

Die Hauptstätten des Cultes der E. waren auf Kreta und Delos. Auf Kreta kennen wir drei Heiligtümer: 1) Amnisos: Grotte der E. schon bei Hom. Od. XIX 188, Tempel, Strab. X 476. Die Cultlegende besagte, E. sei hier geboren als Tochter der Hera (Paus. I 18, 5) und des Zeus, deren Hochzeit auch in dieser Gegend stattgefunden hatte (Diod. V 72). Daneben Cult der Artemis mit den νύμφαι Ἀμνισιάδες, Kallim. hymn. III 15. 162. Apoll. Rhod. III 877. 2) Lato: im Heiligtum der E., die wohl die Hauptgöttin des Ortes war, wurden die Staatsverträge aufgestellt, Bull. hell. 1879, 293 Z. 13. Le Bas III 67, 31. (= CIG 3058). 74, 35, letztere Inschriften, Beschlüsse betreffs Teos enthaltend und in Teos gefunden, werden irrigerweise oft als Beleg für einen Cult der E. in Teos citiert. Für Lato vgl. auch den Artikel Eleusina. 3) Einatos: Cult der E. Einatia, Steph. Byz. s. Εἴνατος, Kallim. frg. 168 Schneid. (vgl. frg. 175). Inschriftlich: Bergmann De inscriptione Cretensi inedita, Brandenburg 1860.

Auf Delos: Tempel der E., Εἰλειθυιαῖον, Opfer und Weihgeschenke, Bull. hell. 1882, 34 Z. 50 und S. 100; 1890, 399 Z. 116 und S. 412 Z. 114. 118. Auch die Statuette einer knienden Frau aus Mykonos (Welcker Kl. Schr. III 188 Taf. 1) halten einige für ein Weihgeschenk an die delische E., vgl. Baur a. a. O. 475. 481. E. spielt hier eine besondere Rolle bei der Geburt von Apollon und Artemis. Nach der Cultlegende von Delos kam sie aus dem Land der Hyperboreer, um Leto beizustehen (Paus. I 18, 5), und der Tribut, den Hyperoche und Laodike aus dem Hyperboreerlande der E. brachten, galt diesem Beistand (Herodot. IV 35). Nach anderer Version kam E. vom Olymp herab; Hera hatte sie dort mit List zurückgehalten, die Gottheiten aber, welche der Leto wohlgesinnt waren, ließen sie durch Iris holen und versprachen ihr dabei ein prächtiges Halsband; sobald E. kam, gelang Letos Entbindung, Hom. hymn. I 97–116. Bei den Opfern, die man auf Delos der E. brachte, wurde auch der alte Hymnos des Olen auf E. gesungen, Paus. I 18, 5. VIII 23, 3. IX 27, 2. Vgl. O. Müller Dorier I 312ff.

Aus Attika sind mehrere Cultstätten der E. bekannt. 1) Athen, Tempel in der Nähe des Serapeion; die Cultbilder bis zu den Füssen mit Gewändern bedeckt; den Ansprüchen von Kreta und Delos, die ältesten Cultstätten zu sein, trägt die Legende Rechnung, indem sie besagt, das älteste Cultbild habe Erysichthon aus Delos mitgebracht, zwei andere Cultbilder stammten aus Kreta und seien von Phaidra gestiftet, Paus. I 18, 5. Der Tempel wird auch bei Isaios V 39 erwähnt und von einem anderen Rhetor wohl τὸ Εἰλείθυιον genannt, Eustath. Hom. Il. 1053, 62. Weihinschriften: IG II 1586. III 925. 926. Über die Lage des Heiligtums vgl. Hitzig-Blümner Paus. I 213. 2) Weihinschrift an E. aus dem Asklepieion: IG III 836 a. 3) Heiligtum der E. in Agrai: Kleidem. bei Bekker Anecd. Gr. I 326. Sessel für zwei Errhephoren IG III 319. Weihinschrift [2107] IG II 1590 = Furtwängler Athen. Mitt. III 197; ob aus dieser Inschrift Eukoline (s. d.) als Epiklesis der E. zu erschließen ist, bleibt ungewiß. Über das Heiligtum vgl. o. Bd. I S. 888. 4) Marathon: gemeinsamer Altar für Artemis und die E., Athen. Mitt. X 279. Über Hera E. in Keratia s. o.

Weitere Cultstätten: in Boiotien stets Artemis E. (s. o.). Megara: Heiligtum der E., Paus. I 44, 2. Korinth: Heiligtum der E. bei einem Tor (wie oft im Peloponnes), Paus. II 5, 4. Vgl. Odelberg Sacra Corinthia, Sicyonia, Phliasia 113. Baur a. a. O. 466. 480 vermutet in der Bronzestatuette mit der Inschrift Ἐλευθία eine Copie des korinthischen Cultbildes. Argos: 1) Heiligtum der E. bei dem danach genannten Tor, Paus. II 18, 3. 2) Heiligtum der E. beim Tempel der Anakes, nach der Cultlegende von Helena gestiftet, als sie hier dem Theseus die Iphigeneia geboren hatte, Paus. II 22, 6–7. Ursprünglich wurde hier wohl Helena selbst als Geburtsgöttin verehrt. Ob die eine oder zwei neben einem Altar stehenden Gottheiten mit je zwei Fackeln in den Händen auf Münzen (Imhoof und Gardner Numismat. Comment. on Paus. 39 Taf. K 40) E. sind, ist zweifelhaft. 3) Hera E. in Argos, Hesych. 4) Εἰλιόνεια, der nach Sokrat. frg. 6 bei Plut. quaest. Rom. 52 p. 277 B die Argiver διὰ τὴν ῥᾳστώνην τῆς λoχείας Hunde (wie sonst der Hekate) opferten, scheint gleichfalls E. bezw. Artemis oder Hekate E. zu sein. Hermione: Heiligtum der E. noch innerhalb der Mauern beim Tor nach Mases, tägliche Opfer, viele Weihgeschenke; das Cultbild nur für die Priesterinnen sichtbar, Paus. II 35, 11. Weihinschrift IG IV 699 = CIG 1554, wo irrtümlich nach Achaia versetzt. Sparta: 1) Gemeinsames Heiligtum der E., des Apollon Karneios und der Artemis Hegemone in der Nähe des Dromos, Paus. III 14, 6. 2) Heiligtum der E. in der Nähe des Tempels der Artemis Orthia in Limnai, auf Grund eines delphischen Orakelspruchs gestiftet, Paus. III 17, 1. Aus Sparta stammt auch die Weihinschrift für Eleusia (s. d.), Le Bas 162 e = Dittenberger Syll.2 252. Aus Hippola: Weihinschrift für Eleuthia (s. d.), Athen. Mitt. I 162. Zu all den genannten lakonischen Culten vgl. Wide Lakon. Culte 198ff. Messene: Tempel der E. mit Cultbild aus Marmor, Paus. IV 31, 9. Olympia: Heiligtum der E. Olympia und des Sosipolis. Die Priesterin wurde immer auf ein Jahr gewählt. Der Teil des Tempels, in dem E.s Altar stand, war allgemein zugänglich, dagegen durften den andern Teil, der dem Cult des Sosipolis diente, nur die Priesterinnen betreten; die Mädchen und Frauen mußten in dem der E. geweihten Raum bleiben und von hier aus dem Sosipolis ihre Hymnen singen. Nach der Tempellegende hatte einst bei einem Einfall der Arkader eine elische Frau ihr neugeborenes Kind als Schutzhort angeboten; das Kind verwandelte sich in eine Schlange und die Arkader ergriffen die Flucht; zum Danke dafür bauten die Eleier dem Knaben einen Tempel, verehrten ihn als Sosipolis und mit ihm die E., ὅτι τὸν παῖδά σφισιν ἡ θεὸς αὔτη προήγαγεν ἐς ἀνθρώπους, Paus. VI 20, 2–6. In dem westlich vom Heraion gefundenen Knaben mit der Gans [2108] vermutet Treu Olympia Textbd. III 242 zu Taf. LIX 10 ein Weihgeschenk für E. Über die Lage des Tempels vgl. Robert Athen. Mitt. 1893, 37ff. Dörpfeld Olympia Textbd. I 75. II 44ff. Frazer Paus. IV 76. Hitzig-Blümner Paus. II 637f. Baur a. a. O. 470. Die in der Tempellegende versuchte Erklärung für die Zusammengehörigkeit des Cultes der E. Olympia und des Sosipolis ist künstlich und spät. Offenbar hatte der Cult, zurückgedrängt durch die großen Zeus- und Heraculte, erhebliche Wandlungen durchgemacht. Ursprünglich stand wohl Zeus Soter an Stelle dieses Sosipolis und Hera Olympia an Stelle der E. Olympia; vgl. Robert Athen. Mitt. a. a. O.

Aus Achaia sind 3 Culte bekannt. 1) Aigion: Altes Heiligtum. Das Cultbild von Holz, doch Gesicht, Hände und Füsse von Marmor; die eine Hand ausgestreckt, die andere hält eine Fackel empor; das Ganze ein Werk des Damophon (s. o. Bd. IV S. 2077); die Figur ganz mit Gewändern bedeckt, wie bei dem Cultbild in Athen, Paus. VII 23, 5–7. Auf Münzen findet sich zum Teil der Typus einer Frau mit vorgestreckter Rechten, eine gesenkte Fackel in der Linken (Imhoof-Gardner a. a. O. 84 Taf. R 8), zum Teil der Typus einer Frau mit Polos oder Mauerkrone auf dem Kopf, in jeder Hand eine Fackel, und zwar die eine senkend, die andere erhebend (Imhoof-Gardner a. a. O. 83 Taf. R 6. 7. Catal. Brit. Mus. Pelop. 19 Taf. IV 19). Beide Typen passen nicht ganz genau zur Beschreibung bei Pausanias, doch gab es neben dem Cultbild des Damophon wohl auch andere für den Cult ebenso bedeutungsvolle Statuen. Die Fackel als Attribut der E. läßt sich verschieden erklären, vgl. Baur a. a. O. 471; da die Mehrzahl der Geburten Nachts erfolgt, hat sie nichts Auffälliges. 2) Bura: Heiligtum der E.; Marmorcultbild von Eukleides, Paus. VII 25, 9. Auf Münzen Göttin mit Fackel, E. oder Demeter, Imhoof-Gardner a. a. O. 88 Taf. S 1. Catal. Brit. Mus. a. a. O. 20 Taf. V 1. 3) Pellene: Heiligtum, Paus. VII 27, 8.

Aus Arkadien kennen wir gleichfalls mehrere Culte, vgl. Immerwahr Kulte Arkadiens I 227f. 1) Kleitor: Heiligtum der E., Paus. VIII 21, 3. 2) Megalopolis: E. unter den Ergatai, Paus. VIII 32, 4. Vgl. Art. Ergatai. 3) Tegea: Tempel und Statue der E. auf der Agora. Das Cultbild stellte die Göttin in der Haltung einer zur Entbindung Niederknienden (vgl. Welcker Kl. Schr. III 185ff. Marx Athen. Mitt. X 185ff.) dar, und diese E. hieß auch Auge ἐν γόνασι, da man glaubte, Auge habe, von Aleos verstoßen, hier auf die Kniee sinkend, den Telephos geboren, Paus. VIII 48. 7–8. Auge und E. sind somit hier identisch. Immerwahr a. a. O. nimmt an, daß man erst in der späteren Zeit, als man die Gestalt der kniend gebärenden Göttin E. nicht mehr verstand, die Deutung in dem populären Augemythos suchte. Andere (vgl. Bd. II S. 2300) halten Auge für die hier ursprüngliche Geburtsgöttin, an deren Stelle später erst E. getreten sei. Vom Beistand der E. bei der Geburt des Telephos auf dem Parthenion spricht auch Eurip. Teleph. frg. 697 Nauck. Ob der Kopf auf Münzen E. darstellt, ist zweifelhaft, vgl. Imhoof-Gardner a. a. O. 109. Catal. Brit. Mus. a. a. O. 202f. Taf. XXXVII 18. [2109]

Außerhalb des griechischen Festlandes und abgesehen von den schon erwähnten Hauptcultstätten auf Kreta und Delos folgen noch: Thera, Heiligtum der E., IG XII 3, 326, 10, vgl. Baur a. a. O. 476. 481. Astypalaia, Weihinschrift, IG XII 3, 192.

Paros, Weihinschrift, CIG 2389. Votivreliefs mit weiblichen Brüsten, davon das eine mit Weihinschrift, Athen. Mitt. 1898, 435. 1899. 346. Baur a. a. O. 490. In dem von Rubensohn entdeckten Höhlenheiligtum mit Quelle sind eine größere Zahl von Weihgeschenken gefunden, thronende Marmorfigur, Terrakotten, Masken usw., vgl. Rubensohn Arch. Anz. 1900, 19ff. Baur a. a. O. 475. 480. 485. 487ff. Sidyma in Lykien: gemeinsamer Cult der Artemis und der E., früher Frauen, später Jungfrauen als Priesterinnen, Benndorf-Niemann Reisen in Lykien 77. Hierapolis in Syrien: nach Lukian. de Syria dea 38 gab es im Tempel der Dea Syria (s. o. Bd. IV S. 2237) auch eine Statue der E. Ägypten: In Herakleopolis galt nach Aelian. nat. an. X 47 das Ichneumon für ein der Leto und der E. heiliges Tier. Die Stadt Eileithyia hatte ein Heiligtum der E. als Gründerin des Ortes, Strab. XVII 817. Diod. I 12.

In Rom, wo eigentlich Iuno Lucina der E. gleichsteht (Dionys. Halic. ant. IV 15, 5; vgl. Wissowa Rel. u. Kult d. Römer 118), spielten bei der Säkularfeier gemäß dem sibyllinischen Spruche Opfer für die Moirai und E. eine wesentliche Rolle, Phlegon Macrob. 4. Zosim. II 5 (Diels Sibyll. Blätter S. 132. 134). CIL VI 32323[1] Z. 115ff., vgl. Mommsen Ephem. epigr. VIII p. 258f. Daher werden auch bei Horaz carm. saec. 14. 25 Ilithyia und die Parcae angerufen. Die Gleichsetzung der griechischen Gottheiten mit den römischen führte dazu, das Beiwort Lucina von Iuno auf Diana zu übertragen, damit die griechische Artemis E. einer römischen Diana Lucina entsprechen konnte; bei Ovid met. IX 283, 294ff. ist Iuno schon vollständig von Ilithyia Lucina getrennt.

In Pyrgoi, der Hafenstadt von Caere in Etrurien, soll es nach Strabon V 226 das reiche Heiligtum der E. gewesen sein, das Dionysios von Syrakus auf seinem Zug nach Korsika plünderte. Von der Plünderung wird mehrfach berichtet (vgl. o. Bd. V S. 894), doch gehörte das Heiligtum wohl weder der E., noch der Leukothea (Aristot. oecon. II p. 1349, 33. Polyaen. V 2, 21. Aelian. var. hist. I 20) oder den etruskischen, von Spiegeln her bekannten etruskischen Geburtsgottheiten Thalna und Ethausva, wie Walters Catal. of bronzes in Brit. Mus. 91f. nr. 617 vermutet, sondern der Mater Matuta, vgl. Wissowa Rel. u. Kult der Römer 98 und in Roschers Myth. Lex. II 2462.

Darstellungen der E. finden sich sehr oft auf Vasenbildern und Spiegeln, welche die Geburt der Athena zum Gegenstände haben. R. Schneider Geburt der Athena 9ff. hat eine große Zahl solcher Bilder zusammengestellt (Ergänzung der Liste bei Baur a. a. O. 503) und führt bei der Beschreibung zutreffend aus: ,niemals vergißt der naive Volksglaube des geburtshelfenden Beistands, den zu leisten eine (auf 9 Vasen), häufiger zwei (auf 17 Vasen), selten drei (auf 2 Vasen) Ilithyien bereit stehen. Nur ausnahmsweise wirklich Hand [2110] anlegend, um die Geburt zu befördern, erheben sie meist wie beschwörend und beschwichtigend bald einen, bald beide Arme und halten in sympathetischer Geberde die offene flache Hand dem bedrängten Gotte entgegen. Der Kranz, welchen hin und wieder eine derselben trägt, dient selbstverständlich zur Schmückung der Neugeborenen‘. Abbildungen solcher Vasenbilder: Élite céramogr. I 54ff. Gerhard Auserl. Vasenb. I 1ff. Inschriftlich bezeugt ist dabei die Bezeichnung E. auf folgenden vier Vasenbildern: 1) schwarzfigurige Amphora in Berlin nr. 1704, abgeb. Mon. d. Inst. IX 55: Ἑλείθυα; 2) schwarzfigurige Amphora im British Mus. Katal. II 147, abgeb. Mon. d. Inst. III 44. Élite céram. I 65 a: Ἱλείθυα; 3) schwarzfigurige Amphora im Louvre, abgeb. Mon. d. Inst. VI 56, 3–4: Ἱλείθυα; 4) rotfigurige Pelike im British Mus., Katal. III 410, abgeb. Gerhard Auserl. Vasenb. I 3, 4. Élite céram. I 64. 65; Ἱλείθυα. Ebenso zeigen Vasenbilder und andere Kunstwerke, welche die Geburt des Dionysos darstellen, gelegentlich Frauen dabei hülfreich, in denen man wohl mit Recht E. erblickt, wenn auch die Beischrift des Namens fehlt. Übersicht über solche Darstellungen bei Heydemann Dionysos Geburt, Hallisches Winckelmannsprogr. 1885, 13ff. Baur a. a. O. 507. Eine inschriftlich gesicherte E. bietet sonst nur die interessante archaische, schon mehrfach erwähnte Bronzestatuette im British Museum, Walters Catal. of bronzes in Brit. Mus. Taf II S. 16 nr. 188. Gerhard Gesamm. akad. Abhandl. I Taf. 31, 6 S. 265. Die inschriftlich als Ἐλευθία bezeichnete Göttin ist, wie alle sonstigen E.-Figuren, lang bekleidet, hat auf dem Haupte den Polos, hält in der vorgestreckten Rechten eine Blume, während die Linke das Gewand hebt. Gerade diese Bronze lehrt, wie unsicher die Deutung sonstiger Kunstwerke auf E. ohne Inschrift bleibt, da es ein äußerliches Charakteristikum für E. nicht gibt. Das einzige Attribut, das uns für eine Cultstatue überliefert ist, die Fackel in Aigion (s. o.), ist für so viele andere Gottheiten ebenso sicher, daß selbst die Deutung der Münzen von Aigion, Argos, Bura, Tegea (s. o.) auf E. nicht absolut sicher sein kann. Dasselbe gilt von den knieenden Frauen von Mykonos (Welcker a. a. O.) und Sparta (Marx Athen. Mitt. X 177ff. Taf. VI), die zwar an sich eine Parallele zu der Auge ἐν γόνασι in Tegea bieten, aber doch ebensogut Leto oder eine sonstige, der Entbindung nahe Göttin oder Frau vorstellen können. Auch Baur a. a. O. 479ff. hat bei der lehrreichen Zusammenstellung der Monumente ähnlichen Zweifeln mehrfach Ausdruck gegeben.

[Jessen. ]

Anmerkungen (Wikisource) Bearbeiten

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 32323