Gemein-Nachrichten 1765,2
war zur gewöhnlichen Zeit die Amts-Communion und Communion-Liturgie.
In der Gemein-Versammlung Abends um 7 Uhr hielt Bruder Joseph eine gesalbte Rede über die heutige Loosung: Tretet doch her zu mir; und sie traten herzu.
Vom Choro wurde vorher die unsern Gemeinen vom Synodo her noch besonders eindrückliche Loosung vom 29tn Aug. vorigen Jahres: Ich bin Joseph euer Bruder p. musicalisch abgesungen.
Um 9 Uhr war die Liturgie [2] mit dem Te Abba[WS 1], und zum Schluß derselben traten Geschwister Melchior Tills u. die Schwester Krügelsteinin als Gemein-Jünger von Herrnhuth ein.
war eine Conferenz über die Besetzung von Neusalze. Es wurden verschiedene Ehe-Paare dahin ausgemacht u. unser lieber Bruder Lieberkühn vom Heyland zum dasigen Ordinario ernannt.
Bruder Gneuß, der in diesen Tagen aus Schlesien retournirte, hat den Bruder Klose von Gnadenbergel, der vor die Zeit sich der ledigen Brüder daselbst annehmen wird, mit noch 6 ledigen Brüdern hinbegleitet u. die Chormäßige Einrichtung der dasigen 14 ledigen Brüder in einem der neu erbauten Häuser veranstaltet.
Aus Liefland bekamen wir Nachricht, daß unser lieber Bruder v. Stackelberg mit der Schwester Helena v. Vittinghof getraut worden.
war Gemein-Tag, zu deßen Anfang um 8 Uhr die Gemein-Litaney gebetet u. in derselben die [3] vorige Woche getrauten 2 Paare Johann Christian Quandts u. Johann Joachim Wiers namentlich eingeschlossen wurden.
Bald darauf versammlete sich die Gemeine zum ersten Theil der Lection. Zuerst wurde gesungen: Der Geist der Zeugen ruht auf den Gemeinen p. Gnade u. Kräfte gibt Er ohne Maaße p. Darauf verlas Bruder Johannes:
Wir hoffen, daß unser leztes Schreiben aus Lübeck vom 3tn May richtig wird angekommen seyn. Der liebe Heyland hat uns so gnädig u. glücklich geleitet, daß wir nicht völlig 8 Tage auf der See zugebracht haben, u, gegenwärtig haben wir das Vergnügen, euch aufs zärtlichste aus Petersburg in Jesu lieber Nähe zu grüßen u. zu küßen. Er, unser bester u. liebster Freund, der ins Herze sehen kan, weiß, was unser Wunsch u. Verlangen war, da wir in diesem Lande ankamen. In Lübeck mußten wir 14 Tage [4] wegen des Windes warten, u. nachdem wir etliche Tage in Travemünde zugebracht, wurden wir ans Schiff gerufen. Der Wind änderte sich aber sogleich u. wurde uns contrair, so daß wir allda noch 9 Tage liegen mußten. D. 20tn May gegen Abend wurde der Wind gut, u. des andern Tages Morgens um 3 Uhr gingen wir unter Segel. Der Wind war bald gelind, bald stark, bis wir d. 29tn auf der Rhede von Cronstadt vor Anker kamen. Wir waren von Herzen froh u. unserm lieben HErrn dankbar, weil eine lange See-Reise durch 52 Passagiers auf einem nicht gar zu großen Schiffe sehr beschwerlich worden wäre. 34 von ihnen waren Colonisten, alle aus Frankreich u. verstunden kein deutsch. Nachdem wir des Zolles wegen fast 3 ganze Tage nicht vom Schiffe gehen dürfen, so kamen wir in der Nacht zwischen d. 31tn May u. 1tn Jun. in des Bruder Koehlers Hause bey unsern lieben Geschwistern Friessens u. Westmann gesund und wohlbehalten an. Sie nahmen uns in vieler Liebe auf, u. den [5] folgenden Tag wurden wir in das vor uns von ihnen schon bestellte Logis bey Geschwister Ferbers gebracht. Wir fingen gleich mit vielem Vergnügen unsere Morgen- u. Abend-Liturgien an, u. der liebe Heyland bekannte sich eben so dazu, als wir es bey Lübeck u. Travemünde in den Gebüschen u. auf den Feldern schon genossen hatten. Nachdem wir ein wenig ausgeruhet hatten, so übergab uns Bruder Fries die vom Directorio für uns abgefaßte u. versprochene Instruction. Nachdem ich selbige etlichemal mit Attention u. Vergnügen durchgelesen, so kamen auf unser Verlangen die Brüder Fries u. Westmann auch zu uns, um mit uns gemeinschaftlich diese nach unser aller Herzen aufgesezten Puncte vorlesen zu hören. Wir hielten bey dieser Gelegenheit über verschiedene Sachen, die uns anlagen, eine ausführliche Conferenz, in welcher auch ausgemacht wurde, daß wir Morgen als am 4tn Jun. ins Allerheiligste gehen wolten, um mit Jesu theurem Leichnam u. Blute u. zwar zum erstenmal in diesem [6] Lande, sacramentlich gespeist u. getränkt zu werden. Wir freuen uns alle darauf, weil es uns lange deucht, daß wir kein AbendMahl gehabt haben.
Wie lang oder kurz die Zeit unsers Aufenthalts hier währen möchte, wißen wir noch nicht. Es scheint aber doch vor die Zeit so, daß es nicht gar zu lange werden würde. Wir alle, Mann vor Mann, grüßen insgesammt mit vieler Zärtlichkeit alles, ja alles. Unser lieber HErr wird Sein Herze ferner mit uns seyn laßen; denn wir sind ja Seine Leute, die auf Ihn sehen.
Wir haben bey eurer Abfertigung versprochen, euch noch eine Instruction nachzusenden, u. da wollen wir euch hiedurch in Jesu Nähe aufs zärtlichste küßen u. euch folgende Puncte melden:
1.) Ihr seyd vom Heyland dazu gesandt, daß ihr die 2te Gemeine, die Er von der erneuerten Brüder-Kirche [7] in Asien pflanzen will, anfangen sollt. Die Gegend, die Er uns dazu angewiesen, ist im Königreich Astracan, zwischen der Hauptstadt des Landes u. Czarizin, u. zwar näher nach dem lezteren Orte zu. Ihr habt unser Herz bey der Abreise gefühlt. Unser Gebet u. Segen wird euch auf eurer Reise begleiten, u. wenn ihr an Ort u. Stelle seyd u. einen Platz zum Etablissement auszusuchen habt, auf euch ruhen bleiben.
2.) Von dem, was noch vor eurer Abreise von St. Petersburg zu thun ist, hat unser Bruder Fries, der als Agent der Brüder-Unitaet dahin abgegangen ist, eine ausführliche Instruction, u. wir finden nicht nöthig, etwas davon hier zu wiederholen. Der Heyland gebiete ihm, daß er glücklich sey u. alles fein bald zu stande komme, damit ihr euch daselbst nicht zu lange aufhalten dürfet, sondern beyzeiten auf euren bestimmten Platz kommet. Wandelt indeß, so lang ihr in Petersburg seyd, würdiglich dem Evangelio, daß ihr daselbst u. an den Orten, wo [8] ihr durchreiset, ein guter Geruch werdet; denn man wird gar sehr auf euch sehen.
3.) Haltet euch auf eurer Reise als eine geschloßene Gesellschaft zusammen; u. wenn sich dazu Zeit u. Gelegenheit findet, so unterlaßt nicht, eine Liturgie oder andere schickliche Versammlungen zu halten. Es wird gut seyn, wenn die Menschen, die euch sehen, den Eindruck von euch krigen, daß die Brüder ein devotes Volk sind, das seinen Heyland lieb hat.
4.) Wenn ihr in die Gegend kommt, wo ihr euch niederlaßen sollt; so wünschen wir, daß die Aussuchung des Platzes zum Etablissement so viel möglich von euch allen geschehe u. ihr wenigstens alle zugegen seyd, wenn der Ort determinirt wird.
5.) Habt ihr das Plätzgen gefunden, wo der Heyland den künftigen Gemein-Ort haben will; so ist wol das erste, daß ihr sorget, daß ihr unter Dach kommet: leget aber alles gleich so an, daß aufs künftige nichts verschnitten wird, [9] sondern schon zum voraus alles gehörig bedacht werde.
6.) Ihr unter einander richtet euch gleich Gemeinmäßig ein, so klein auch eure Anzahl ist. Weyhet dem Heyland euren Platz mit Gebet u. Thränen, u. bittet Ihn, daß Er in eurer Mitte, so wie Er in Seiner Gemeine gewohnt ist, wandele u. euch alle Tage besuche, segne u. salbe. Fanget auch gleich eure Haus-Liturgie u. Versammlungen, Morgen- u. Abendsegen an, u. laßet das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen.
7.) Vor allen Dingen laße sich ein jeder anliegen, daß er im Special-Umgang mit dem Heyland im rechten Gange sey u. bleibe, u. nie eine Fremdigkeit zwischen Seinem u. eurem Herzen werde. Wir rathen euch daher, daß ihr zu dem Ende bald das Stunden-Gebet einrichtet u. ein jeder Bruder alle Tage eine Stunde dazu aussetze, über sein Herz, eure Colonie u. die ganze Kirche Jesu mit dem Heyland auszureden. Er schütte Seinen Geist u. Feuer auf dieses kleine Chor, u. salbe euch zu Seinen Priestern.
[10] 8.) Wir können euch nicht verhalten, daß ihr in ein Land kommt, wo der Fürst der Finsterniß noch große Gewalt hat u. er nicht so gebunden ist als anderwärts. Auf solchen Posten müßen sich die Diener Jesu gar nahe zu ihrem HErrn halten, sich unter einander veste zusammen schließen u. nicht aus ihrer Vestung weichen; sonst sind sie in Gefahr u. können in unselige Umstände gerathen.
9.) Wir bitten dahero unsern lieben HErrn angelegentlich, daß Er euch in wahrer Liebe, Einigkeit u. Herz-Vertraulichkeit nach Seinem Gebet Joh. XVII. zusammen erhalte, u. keine Trennung der Geister unter euch vorkomme. Vergebt einander balde, u. laßt nichts alt werden, u. redet fleißig mit einander aus.
10.) Besonders thut solches vor einem jeden AbendMahl. Der Heyland wird euch sodann eben das dabey genießen laßen, was wir in der Gemeine in dem Sacrament so seliglich erfahren.
11.) Wenn ihr Conferenz habt; so sey ein jeder mit der gehörigen [11] Awe u. Gegenwärtigkeit des Gemüths vor dem Angesichte Jesu dabey, damit Er sich zu euch neige u. euch nach Seinem Herzen rathe.
12.) Die Wochen u. Nachrichten leset fleißig mit einander. Ihr werdet von diesem Jahre an dieselben ordentlich bekommen. Seyd auch in der Ferne darauf attent, was der Geist den Gemeinen saget, auf daß ihr mit der Gemeine in allerley Gnade u. Erkenntniß fortwachset u. nicht etwa zurückbleibet. Wir empfehlen euch auch noch besonders die Lection der Reden des seligen Jüngers[WS 2], in denen unsere Gemeinen eine so selige Weide finden.
13.) In den dortigen Landen hat in specie der Geist der Unreinigkeit gar eine große Macht, u. die fleischlichen Sünden sind eine allgemeine Seuche. Daher habt ihr über die heiligen Chor-Principia zu halten u. euch insonderheit vor dem weiblichen Geschlechte in Acht zu nehmen, damit nicht etwa jemand durch Betrug der Sünde falle u. den Heyland, sich u. uns betrübe. Bewahret eure Seelen keusch u. [12] eure Leiber als Christi Glieder u. Tempel des heiligen Geistes. Er hat euch ja dahin gestellt, Er siegle euch der Sünde nu u. aller Noth der Erden zu.
14.) Den Bruder Daniel hat der Heyland zum Interims-Oeconomo der neuen Colonie in Astracan ernannt. Er wird sich also des Ganzen im innern u. äußern annehmen. Zugleich ist er auch der Chor-Pfleger der ledigen Brüder, an den sich die andren Brüder in Herzens- u. Banden-Sachen halten. Er besorgt die Liturgien, Versammlungen u. das heilige Sacrament.
15.) Wir haben unserm lieben HErrn herzlich gedankt, daß Er uns den Bruder Westmann dazu geschenkt hat, daß er euch begleite u. eure erste Einrichtung besorgen helfe. Er ist mit Colonie-Sachen u. Anlegung neuer Etablissemens bekannt u. wird euch mit Rath u. That assistiren können. So lange er bey euch ist, wird er das Amt eines Vorstehers besorgen, u. wenn er den ihm beschiedenen Theil gethan hat, wieder zu uns kommen u. von allen Umständen mündliche Nachricht bringen. Bis dahin wird es wol mit der Versendung von mehreren [13] Geschwistern Anstand haben.
16.) Wegen eurer äußern Einrichtung sind wir noch nicht im Stande euch viel Instructiones zu geben, weil uns die Umstände des dortigen Landes zu wenig bekannt sind. Der Heyland wolle euch auch darinne mit Seinen Augen leiten. In den Conferenzen, die wir mit Bruder Fries u. Westmann u. nachher mit Bruder Daniel gehalten, ist alles das enthalten, was wir euch vor die Zeit sagen können.
17.) So wie es bey dem Anfang aller unsrer Colonien bisher gewesen ist, so wird auch eure Oeconomie zuerst eine gemeinschaftliche Haushaltung seyn, von der alle Brüder mit dem nothdürftigen besorgt werden, da auch das, was ein jeder verdient, der Commun gehört. Ihr seyd auch in der Idee von uns abgefertiget worden, u. der Heyland wird es euch zum Segen anschreiben, wenn ihr auch im äußern alle Treue beweiset u. ein jeder seine Arbeit als dem HErrn Christo thut u. keiner sein Privat-Interesse sucht, sondern jeglichem das Beste des Ganzen [14] am Herzen liegt. Unterlaßet auch nicht, mit einander Haus-Conferenzen zu halten.
18.) Richtet gleich von Anfang, ja von Petersburg aus, eure Haushaltung aufs menagirlichste ein, u. suchet alle unnöthige Ausgaben zu ersparen; wenn euch auch von der Kayserin alles, was ihr nur verlanget, vorgeschoßen werden solte, so müßt ihr doch um deswillen, daß ihrs haben könnt, keinen Rubel oder Copecken mehr ausgeben u. auf das Conto Schulden machen. Denn es kommt doch einmal die Zeit, da es von euch oder der Gemeine wieder bezahlt werden muß, u. es läuft alles auf Rechnung der Colonie. Eine unbesonnene Oeconomie der ersten Anfänger der Colonie macht es den Nachkommenden schwer, bringt deren Seufzer auf sie u. ruinirt den Segen u. Gnade, der sonst auf ihnen ruhen würde.
19.) Wenn ihr an eurem Orte seyd, so sehet euch die Umstände des Landes recht an, was da vor Professiones u. andere Nahrungs-Mittel gehen; hütet euch vor unzeitigen, weit [15] aussehenden u. halb unmöglichen Projecten, die Zeit u. Unkosten erfordern, u. da am Ende doch nichts heraus kommt als Schaden. Es werden wol allerley Praesentationes kommen; überlegt ja alles gut, ehe ihr in etwas entrirt. Hütet euch insonderheit, in eine Handlungs-Compagnie mit jemand ausser euch zu treten.
20.) In dem Commercio u. allem Handel u. Wandel, beweiset euch als die Diener Gottes. Richtet euch aufs pünctlichste nach den Landes-Gesetzen, u. vermeidet allen bösen Schein, als ob Unrichtigkeiten unter euch vorkommen könten. So muß von euch z. E. kein Contraband-Handel oder verbotene Waaren, oder Vervortheilung der Accise oder Zölle je gehöret werden. Ein Bruder, der dergleichen thut, versündiget sich so wol an seinem HErrn, der uns befohlen hat, der Obrigkeit unterthan zu seyn, als auch an seinem Volke, der Gemeine, der er dadurch eine Schmach zuzieht u. sie um ihren guten Namen bringt.
21.) Weil in Rußland der Mißbrauch des starken Getränkes eine [16] fast allgemeine Gewohnheit ist, so wollen wir euch davor aufs allerernstlichste warnen u. euch bitten, darinnen auf euch selbst u. auf einander Acht zu haben. Wie manches gutes Gemüth ist dadurch an Leib u. Seele ruinirt u. in die größten Sünden gebracht worden. Erwehlet unter euch einen Bruder, der darinnen exemplarisch ist, daß er den Wein, Brandtewein p. in eurem Hause unter seiner Hand habe u. das nöthige ausgebe.
22.) Gegen alle obrigkeitliche Personen bezeiget euch ehrerbietig u. zutraulich; laßt euch aber ja nicht in zu große Familiaritaet ein: denn dadurch kan man, ehe man sichs versieht, in Sachen gezogen werden, da man nicht mehr zurück kan, ohne Feindschaft zu erregen.
23.) Das merket euch auch insonderheit, wenn euch ein Kayserlicher Commissarius mitgegeben werden solte.
24.) Solte euch von der Miliz eine Begleitung zugeordnet werden, so wol auf der Reise, als in der neuen Colonie; so behandelt [17] sie liebreich; sucht sie durch Wohlthun zwar zu gewinnen, aber so, daß auch daraus kein Mißbrauch entstehe u. sie, wenn ihr zu weit gegangen u. nicht in der Maaße continuiren könnt, grob u. wild werden u. es erzwingen wollen. Da wir auch Exempel haben, daß mancher Bruder aus guter Meynung sich mit solchen Leuten zu nahe eingelaßen u. sich schwere Umstände dadurch zugezogen hat; so merkts euch zur Regel, sich nicht zu familiair mit ihnen zu machen.
25.) Die deutschen u. andern protestantischen Ausländer werden euch wol als Landsleute u. auch wol als Religions-Verwandte ansehen, u. wie es in dergleichen fernen Gegenden Gewohnheit ist, eure Bekanntschaft und Freundschaft suchen; u. wir sind nicht ohne Hofnung, daß euch der Heyland an manchen unter ihnen zum Segen setzen wird. Es sind aber ordinair dergleichen Leute, sonderlich wenn sie sich schon länger in solchen Ländern aufgehalten haben, sehr verdorben u. nach dem Genio des Landes formirt. Darauf müßt ihr attent seyn, daß sich [18] nichts dergleichen in euch flechte. Ist ihnen mit dem Evangelio gedient, so könnt ihr ihnen den Tod des HErrn verkündigen u. euch ihrer annehmen, aber vorerst doch nicht anders, als auf Diaspora-Fuß; u. es muß euch nicht einfallen, sie in die Gemeine aufzunehmen oder zum AbendMahl zu admittiren.
26.) Krigt ihr Gelegenheit, mit den neuen Colonisten in Saratow umzugehen u. in Bekanntschaft zu kommen, so beweiset ihnen alle Liebe u. Freundschaft u. suchet ihr Bestes zu befördern. Unsern lieben Jannet sehet als euren Bruder an, tröstet u. unterstützet ihn in seinem Amte mit eurem Gebet u. guten Rath. Er muß sich zwar hüten, daß er nichts thue, was seinem Amt u. Character nicht gemäß ist; es ist aber doch eine große Differenz zwischen dem, was ein Prediger, der unter einem Consistorio in Deutschland stehet u. eingeschränkt ist, u. zwischen dem, was ein Prediger auf so einem Posten thun kan.
27.) Was wir euch wegen Bruder Rentels, desgleichen wegen der Brüder Brandt [19] u. Busch zu sagen gehabt, haben wir mit Bruder Daniel abgeredet. Mit ersterem gehet mit Liebe u. Respect um. Er wird willig seyn, euch zu dienen, u. ihr werdet seinen Rath vermuthlich in manchen Dingen brauchen können, weil er mit den dortigen Umständen bekannt ist. In sein äußerliches Negotium laßet euch aber nicht ein, führet mit ihm richtige Rechnung über alles, was ihr von ihm bekommt. Bruder Brandt ist euer Agent in Astracan, an den ihr euch addressiret, wenn ihr daselbst was zu thun habt. Mit Bruder Busch bleibet ihr in herzlicher Connexion u. Correspondenz u. betet für ihn, daß ihn der Heyland in Astracan segne. Wenn er aber nicht solte daselbst gebraucht werden, so kommt er zu euch.
28.) In Ansehung der Rußischen Nation ist unser Wunsch, daß ihr euch so wol auf eurer Reise, als dem Orte eures künftigen Aufenthalts so betragen möget, daß ihr in jedermanns Gewißen, der mit euch aus dieser Kirche bekannt wird, das Zeugniß habt, daß [20] ihr Leute des Heylands u. ein eigenes Volk Gottes seyd. Den Grund der Hofnung, die in euch ist, könnt ihr, wenn ihr von jemand drum befragt werdet, darlegen u. Gottes Menschwerdung, Marter u. Tod bekennen. Aber hütet euch aufs sorgfältigste, euch mit Rußen in Dispute über Religions-Sachen einzulaßen u. das geringste gegen ihre Principia, Kirchen-Verfaßung u. geistliche Personen zu reden. Ihr habt keine Notiz davon zu nehmen, wenn sich leztere in ihrem Wandel auch noch so schlecht aufführen. Wir ehren die Rußische Kirche als eine alte Kirche u. beten vor sie, daß der heilige Geist auch in derselben sich kräftig beweisen u. viel tausend Herzen durch Jesu Blut selig machen möge. Was der Heyland in künftigen Zeiten an derselben thun will, u. ob ihr nicht eine eigene Gnaden-Heimsuchung bevorsteht, das überlaßen wir Ihm; uns liegts nur an, daß wir Ihm mit Wort u. That nichts verderben mögen. Es ist in der Rußischen Kirche die Grundlage gut, u. zu der simplen Geschichte von Gottes Zukunft ins Fleisch, Wunden u. Tod, [21] sagt auch ein rechtschaffenes Rußisches Herz Ja u. Amen.
29.) Ihr trefft auch in der Gegend, wo euch der Heyland hinstellt, ganze Nationen Heyden u. Mahomedaner an. Was ihr nun unter denen thun sollt, darüber können wir euch noch vor die Zeit keine special-Instruction geben. Unser Beruf ist, das Evangelium unter die Nationen der Erden zu bringen, besonders wo Christus noch nicht bekannt ist. Es kommt dabey auf unsern lieben HErrn an, wenn Er Seine Stunde vor eine Nation will schlagen laßen. Geht ihr indeß mit einem nach dem Heyl ihrer Seelen hungrigen Herzen hin, u. wenn ihr Heyden u. Mahomedaner sehet, so betet, weinet u. denket über sie. Ihr werdet wol so bald mit ihnen nicht reden können. Empfehlet sie indeß dem treuen Herzen Jesu, habt sie lieb u. behandelt sie auch äußerlich liebreich. Laßt euch aber nicht mit Presenten an sie auf so eine Weise ein, die ihr nicht continuiren könnet. Man kan aus guter Meynung es in dergleichen Sachen im Anfang verderben, [22] daß man hintennach Kummer u. Noth hat, wieder einzulenken. Da eure Anzahl noch so klein ist, könnt ihr jetzo noch nicht auf Missiones in die Tartarey, nach Persien p. antragen; ihr seyd zum Anfang der Colonie geschickt: aber seyd indeß auf alle Notizen, die euch von den benachbarten Ländereyen in die Hände kommen, aufmerksam u. in specie darauf attent, was ihr vor Spuren von den Friedens-Gedanken des Herzens Jesu über die dortigen Nationen merket.
30.) Wenn ihr Rußen oder Tartarn in eure Dienste zu dem u. jenem Geschäfte nehmet; so behandelt sie so, daß sie, wenn sie wieder von euch wegkommen, eine gute Impression behalten. Ihr müßt euch aber auch wohl vorsehen, daß ihr ihnen nicht zu viel trauet u. sie euch, wies der gewöhnliche Gang unter ihnen ist, betrügen.
31.) Eure Diaria u. Briefe ans Directorium u. die andern Unitaets-Collegia schicket offen an Bruder Fries in Petersburg zu deßen weiterer Besorgung, u. daß er sie auch lese. [23] Es ist nöthig, daß er als unser u. euer Agent von allen gehörige Notiz habe; special- u. Banden-Briefe könnt ihr versiegelt durch ihn an uns schicken.
Nun, lieben Brüder, das ists, was uns euch noch zu melden eingefallen ist. Wäret ihr schon eine Zeitlang dort gewesen und hättet uns von dem dasigen Statu u. eurer Einrichtung Nachricht gegeben; so würden wir uns über manches näher erklären können, als jetzo möglich ist. Der liebe Heyland sey mit euch und segne euch; der liebe Vater im Himmel bewahre u. beschütze euch unter den wilden u. räuberischen Nationen; der heilige Geist leite u. pflege euch; die Gemeine betet für euch, und wir bleiben
Ges. Halte uns in Einem Bande u. laß keines Dir zur Schande seyn in einem fremden Lande p. Daß der Feind den Zeugen-Cronen unter denen Nationen, wo die Brüder drunter wohnen, gar nichts angewinnen mag.
[24] 3.) wurden die in der 25tn Woche befindlichen Briefe der Brüder Dehne, Thomas Jones u. Rudolph Stoll gelesen u. ihnen gesungen: Tragt, o ihr Creuzes-Beuten, durch aller Erden Breiten das Wort von Jesu Todes-Gang.
In der 2ten Versammlung zur Lection wurde zuerst gesungen: Lobet den HErrn alle Heyden, u. preiset Ihn alle Völker!
Sodann communicirte Bruder Johannes:
4.) Das kürzlich eingelaufene Diarium von Saron von den 3 lezten Monaten des vorigen Jahres, nebst einem Briefe des Bruder Grimms, welcher den Beylagen inserirt werden wird. Gott Lob u. Dank! fuhr Johannes fort, daß wir nach so vielen Schmerzen, die wir über Suriname u. die dortige Heyden-Sache gehabt, nun wieder so erfreuliche Nachrichten daher erhalten. Unter dem Indianer-Gemeinlein in Saron waltet wirkliche Gnade, u. wir erwarten daß der Heyland auch das Zeugniß der 2 Brüder, die jezt an der Corentyn sind, segnen u. den Schmerzens-Lohn, den Er sich aus den Arawacken [25] gesammlet hat, erhalten wird. Wenn Er es ferner den Brüdern, die unter die Frey-Neger gehen werden, gelingen u. endlich auch diejenigen, die diese Woche nach Paramaribo abgereist sind, fruchtbar seyn läßt; so wollen wir Ihm ein eigenes Gratias dafür bringen. Ich will also auch bey dieser Gelegenheit das ganze Werk Gottes in Suriname dem Andenken der Geschwister vor dem Heyland empfehlen: denn unsere dortigen Boten haben es gewiß besonders nöthig, daß an sie gedacht wird.
In der Lection folgte
5.) ein Brief von Bruder Balthasar Friedreich aus Copenhagen vom 24tn May 65. an Johannes:
Wir haben die etliche Wochen unsers Aufenthalts allhier von den hiesigen Geschwistern viele Liebe u. Gutes genoßen, u. nun sind sie auch um unser weiteres Fortkommen treulich besorgt. Wir solten anfänglich mit einem Schiffe gehen, welches schon viele Passagiers hatte, der Capitain wolte aber nicht mehrere einnehmen. Nun gehen [26] wir mit einem Schiff, die Jungfer Margaretha genannt, das gar keine hat, welches uns um so viel lieber ist. Es legte heute auf die Rhede aus, u. wir werden also ehester Tagen an Board gehen, obgleich unsere Sachen noch nicht angekommen sind. Mein Anliegen ist, daß sich mein blutiger Marter-Mann zu mir bekennen u. mit Seinen Wunden alle Stunden recht nahe bleiben möge. Ich bin ein armes Wesen, das sich nichts zutrauen kan noch will, bin aber doch aus Gnaden Seine. So will ich denn hiemit in Europa aufs zärtlichste Abschied nehmen; ich gehe mit der Gemeine Segen zu den lieben Schwarzen, u. mein treustes u. bestes Herz sey mir und meinen Brüdern auch auf dieser Reise innig nahe. Ich grüße das ganze Directorium u. bitte mir ferner deßelben Liebes-Andenken kindlich aus.
Bruder Bryant schreibt in einem Postscript: die 3 Brüder sind d. 2tn Jun. vergnügt u. gesund an board gegangen u. abgesegelt.
[27] 6.) Von Bruder Jacob Remin Goettlich[WS 3] aus Copenhagen vom 24tn May. 65. an Johannes:
Dein liebes Briefgen vom 14tn May hat mich sehr erfreut, u. meine Augen gingen mir vor Dankbarkeit über bey dem Gefühl Deiner u. des ganzen Directorii Liebe gegen uns arme Kinder. Meinen 48stn Geburts Tag d. 21tn Apr. feyerte ich recht niedlich mit meinen Brüdern in dem Städtgen Jessen u. empfahl mich aufs neue den treuen Händen meines Heylandes. Zu der Zeit, da in der Gemeine die Litaney gebetet wird, war mir besonders wohl, weil doch da an alle Pilger gedacht wird, zu denen ich aus Gnaden mit gehöre. Ueberhaupt habe ich auf der ganzen Reise manche selige Unterredung mit dem Heyland gehabt, mich in Barby einige Tage mit den dortigen Geschwistern gefreut u. auch in Lübeck bey den lieben Astracaner Brüdern manche selige Stunde gehabt. D. 7tn May kamen wir in Copenhagen an. Von meinem Aufenthalt allhier kan ich so viel melden, daß ich als ein armer Sünder selig gewesen bin, der liebe Heyland [28] hat sich zu mir bekannt, u. ich habe auch die Liebe der hiesigen Geschwister deutlich wahrgenommen.
Unser Schiff legte heute aus, u. wir werden also wol die Pfingst-Feyertage auf der See zubringen. Ich empfehle mich dann Deinem u. des ganzen Directorii Andenken vor unserm lieben HErrn, u. bleibe Dein auf Jesu Blut u. Tod verbundener Bruder.
7.) Von Bruder Joh. Friedr. Zenner ebenfalls an Johannes, Copenhagen d. 23tn May.
Ich habe Dich nur noch aus Europa grüßen u. mich aufs beste in Dein Liebes-Andenken empfehlen wollen. Du weißt, daß ich ohne den Heyland nicht zurechte kommen kan u. es daher meine Bitte vor Ihm ist, daß ich als ein Kind meine Tage u. Stunden mit Ihm zubringen möge. Ich muß bekennen, daß Er auf der Reise mit uns gewesen u. sich aus Gnaden zu uns Seinen Armen bekannt hat. Ich kan niemals ohne Thränen an mein liebes Herrnhuth denken, u. es ist gewiß Schade um eine jede Stunde, die man sich [29] im Schooß der Gemeine nicht recht zu nutze macht. Ich werde es jezt gut gewahr, was ich verloren habe; aber Seine unschätzbare Nähe tröstet mich auch zu Land u. See. Die lezten Tage in Herrnhuth werden mir unvergeßlich bleiben. Ich bin oft in den Busch gegangen u. habe Stunden lang vor dem Heyland geweint über meine Gnadenwahl. Insonderheit bat ich Ihn, daß Er mich zu einem wahren Jesus-Jüngling gestalten u. nach der engsten Regel Seines Herzens einhergehen laßen möge. Nun sehne ich mich von Herzen, bald an dem mir vom Heyland angewiesenen Orte zu seyn, u. verbleibe hiemit Dein armer Bruder p.
Ges. Deine unschätzbare Näh segne sie zu Land u. See!
Nachmittag wurde in der Lection der Nachrichten aus den Beylagen continuirt.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister um 7 Uhr wurden einige Erinnerungen, die hiesige Gemeine betreffend, gethan u. unter andern auch gebeten:
1.) Daß doch in den Singstunden [30] so viel möglich alle Geschwister mitsingen möchten, damit wir, wie mit Einem Munde u. mit verbundenen Kehlen dem HErrn unser Lob-Opfer bringen u. nicht nach u. nach etwas von der Singe-Gnade, die der Heyland unsern Gemeinen geschenkt hat, verloren gehen möge.
2.) Daß aus der Gemein-Litaney, die doch das gemeinschaftliche Gebet der Kirche ist, die Geschwister nicht ohne Noth wegbleiben möchten. Wir wollen zwar unsere Geschwister nicht auf eine gesetzliche Weise nöthigen, in die Versammlungen zu gehen; aber es ist doch schmerzlich, wenn sie ihr eigen Herz nicht dazu trägt. Der Heyland hat auf das Gebet der Kirchen-Litaney einen eigenen Segen gelegt, der noch darauf ruhet, u. wir wollen ihn ja nicht durch unsere Schuld verscherzen.
Hierauf wurde die heutige Gemein-Tags-Pericope aus Joh. 14. gelesen u. besungen:
– Gläubet ihr an Gott, so gläubet ihr auch an mich.
- Ich leg die Hand in Deine Seite p.
In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen. [31]
- Sein Haus hat ja so manche Kammern p.
– Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten.
- Da woll’n wir beysammen seyn, Eine Stätte haben p.
Und ob ich hingehe – will ich doch wieder kommen u. euch zu mir nehmen, auf daß ihr seyd, wo ich bin.
- Und wo Du bist, da komm ich hin p.
Und wo ich hingehe, das wißet ihr, und den Weg wißet ihr auch.
- Woll’n immer selger Dich verstehn p.
– Ich bin der Weg u. die Wahrheit u. das Leben.
- Ja alle unsre Seligkeit kommt her aus Deinem Blute p.
Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.
- Er hat einen Vater, der keine Ehre jetzo mehr annimmt vom Menschen-Heere, als durch den Sohn.
– Und von nun an kennet ihr Ihn u. habt Ihn gesehen.
- Denn wem wär der Vater klar, wenn der Sohn nicht wäre.
– Wer mich siehet, der siehet den Vater.
- Laß uns, wer Dein Vater ist, Dir an Augen lesen!
[32] – Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst.
- So wie Er u. Du Eins seyn, so soll’n alle Heerden Seiner seligen Gemein in Dir u. Ihm werden.
– Gläubet mir, daß ich im Vater u. der Vater in mir ist; wo nicht, so gläubet mir doch um der Werke willen.
- Wir haben Dich auch angerührt u. Deiner Wunden Kraft verspürt.
– Ich gehe zum Vater –.
- Laß mich nur hier u. dort ewig hangen, mein Mann, an Dir.
Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich thun, auf daß der Vater geehret werde in dem Sohne.
- Drum wird uns aufgelegt in des Sohnes Namen – Dich drum anzuflehn, wie es soll ergehn, Vater in den Höh’n.
Was ihr bitten werdet – das will ich thun.
- Ich bitte mir denn aus mein Herz zu segnen p.
Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote.
- Was Du uns befiehlest, das sind lauter Sachen, die man gerne wolte machen u. die man machen kan.
[33] Und ich will den Vater bitten, u. Er soll euch einen andern Tröster geben p.
- Gott heilger Geist! nimm Du auch mich in die Gemeinschaft ein p.
Der Geist der Wahrheit p.
- Und uns belebt Sein Wehen, das niemand kan verstehen, als Er u. die Gemein allein.
Ich will euch nicht Waysen laßen, ich komme zu euch.
- Ach bleib nicht lange, wir warten Deiner p.
– Ihr sollt mich sehen; denn ich lebe u. ihr sollt auch leben.
- Du magst noch so ungesehn – ’rum gehen, unser Geist kan Deiner Schön gnug fürs Herze sehen.
An demselbigen Tage werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater bin, u. ihr in mir u. ich in euch.
- Nun unsere Gemeinschaft sey mit Dir u. Deinem Vater; der Geist, der bleibe stets dabey p.
– Wer mich liebet, der wird von meinem Vater geliebet werden, u. ich werde – mich ihm offenbaren.
- Amen, theures Amen! liebes Gottes-Lamm – Nehmt uns, wie wir da sind — an, Vater, liebe Mutter u. mein theurer Mann!
[34] Um 9 Uhr war die Aufnahme von 11 Geschwistern in die Gemeine. Bruder Johannes redete zuerst über den heutigen Text u. empfahl zum Schluß diese Geschwister nebst dem ganzen Volke der Gnadenwahl in einem herzlichen Gebet auf den Knien dem treuen Herzen Jesu.
Die zu diesem Gemein-Tage gehörige Beylage sub No VII. enthält:
I. Extract aus den Diariis der deutschen Gemeinen, mensis May 65.
II. Aus Nord-America.
- 1.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethlehem, Jan. u. Febr. 65.
- 2.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Nazareth, Jan. u. Febr. 65.
- 3.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Litiz, mensis Jan. u. Febr. 65.
- 4.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethabara u. Bethania in der Wachau, Jan. u. Febr. 65.
III. Aus Süd-America.
- Diarium von Saron an der Sarameca von den 3 lezten Monaten 1764.
[35] IV. Diaspora-Nachrichten.
- 1.) Extract aus dem Diarium des Häufleins in Copenhagen vom ersten Viertel Jahr 1765.
- 2.) Der Brüder Waeckler u. Meerbrey Besuchs-Reise über den Thüringer Wald u. einem Theile des Franken-Landes.
- 3.) Renatus Kellers Besuch in der Weimarischen Diaspora.
- 4.) Webers Besuch im Eisenachischen p.
- 5.) Forsts Besuch in u. um Gotha p.
- 6.) Kochs Besuch in u. um Erfurth p.
Aus Zeist bekamen wir Nachricht, daß Bruder Leonhard u. die übrige liebe Gesellschaft am 26tn Jun. daselbst glücklich angekommen u. gleich am 28tn die Archiv-Arbeit angefangen worden. Ihre Visitation in Neuwied war mit besonderer Gnade u. Segen begleitet; die dasigen Geschwister können ihre Freude u. Dankbarkeit nicht genug darüber ausdrücken.
Geschwister Wohns wurden vor Gnadenthal u. Geschwister Waecklers vor Cathrinenhof u. die Diasporam in dasiger Gegend vom Heyland approbirt.
[36]
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister redete Bruder Johannes über die heutige Loosung.
Unser lieber Graf Heinrich, der mit seiner Agnes in Klitschdorf u. Gnadenbergel zum Besuch gewesen, kam heute wieder bey uns an.
Heute war der Tag, an welchem mit der Loosung Die Taube hatte ein Oelblat abgebrochen u. trugs in ihrem Munde, der heilige Geist uns das Oelblätgen auf einen jeden Tag des künftigen Jahres schenkte. Der Heyland hatte uns angewiesen, die heurigen Loosungen noch einmal zu nehmen, u. so wurden sie heute unter einem seligen Gottes-Frieden gezogen. Die Loosung des 1stn Jan. wird seyn: Wir sehen mit sehenden Augen, daß der HErr mit dir ist; u. des 31stn Dec. Du solt ein Segen seyn.
Bruder Johannes hielt Abends sowol in der Stunden-Beter-Versammlung als auch hernach dem Witwer-Chor eine Rede über die Loosung.
[37]
betete Bruder Johannes um 8 Uhr mit der Gemeine die Litaney.
Nachmittag um 4 Uhr hielt er dem Ehe-Chor eine gesalbte Homilie, in welcher, so wie auch in dem Abendsegen dieses Chores, heute eine besondere Nähe unsers HErrn waltete.
In der Gemein-Versammlung redete Bruder Joseph über den heutigen Text.
Nachmittag hatten die Kinder ihre Homilie, die Bruder Johannes über die heutige Loosung hielt.
Geschwister Wiers bestimmte der Heyland zu der neuen Colonie im Astracanischen. Sie werden inzwischen in Petersburg bey Geschwister Friesens seyn.
Von Bruder Sternberg wurden wir mit einer lieblichen Relation von seinem Besuch der Böhmischen Colonisten in Schlesien erfreut.
Auch wurde uns in diesen Tagen eine Versetzung von etlichen Knaben [38] aus der Fullneckschen in unsere deutsche Anstalten angewiesen, welche die Brüder Sam. Utley u. Jesaias Nouall hieher begleiten werden.
Bruder Lochmann von Zeist kommt an Bruder Sam. Utleys Stelle nach Fullneck u. Bruder Abraham Taylor, den der Heyland zum Oeconomo der Englischen ledigen Brüder-Chöre ernennt hat, nach London.
In der Versammlung der Communicanten redete Bruder Johannes über die Loosung u.
hielt er den ledigen Brüdern Abends eine Homilie.
betrachtete Bruder Joseph in der gewöhnlichen Abend-Versammlung die heutige u. gestrige Loosung u. Bruder Johannes hielt darauf die Chor-Homilie der ledigen Schwestern; so auch
des Witwen-Chores. Von Gnadenbergel kamen Geschwister Waiblingers u. Bruder Seidliz bey uns an.
Auch retournirten die Brüder Koeber u. Weinel von Dresden. Wir fanden Ursach, dem Heyland für die gnädige Gesinnung unsrer lieben Landes-Obrigkeit, [39] von der wir bey der Negotiation wegen der Barbyschen Pacht-Sache u. des damit verknüpften bleibenden Etablissements neue Proben gehabt haben, herzlich zu danken.
hatten unsere Kinder einen gesegneten Gemein-Tag. Nachdem sie um 9 Uhr ihre Litaney gebetet, wurden ihnen Nachrichten u. Personalia von Kindern verlesen. Darauf war nach einer herzlichen Rede des Bruder Johannis eine Aufnahme von 5 Kindern in die Kinder-Gemeine, die in einem Gebet auf den Knien dem treuen Kinder-Freunde bestens empfohlen wurden.
Ihre gewöhnliche Agapen Nachmittag unterhielten sie selbst mit lieblichem Gesang, u. bald darauf kamen sie wieder zusammen, hörten eine Homilie von Bruder Joseph über die Gemein-Loosung u. prosternirten sich zu deren Schluß unter deßen herzlichem Gebet vor ihrem Freunde u. Liebhaber.
Die Stunden-Beter-Versammlung hielt Bruder Johannes über die heutige Loosung u. darauf auch eine Rede an die großen Mädgen über eben dieselbe.
[40]
betete Bruder Joseph mit der Gemeine zur gewöhnlichen Zeit die Litaney. Abends um 7 Uhr in der Gemein-Stunde redete Bruder Georgius über die Loosung des Tages.
beging unser lieber Bruder Joseph seinen 62stn Geburts Tag. Bruder Johannes empfahl ihn dazu Abends in der Singstunde dem Liebes-Andenken u. Segen der Gemeine, die ihm zum Schluß sang: Wenn Sein Herze mit ihm ist, fehlts an keinem Segen p. Bleib ihm, o Lamm, bleib immer p. Das Anliegen ist eigentlich, Du solst ihn heut – recht merklich auf die Seite nehm’n p. Es segne ihn aufs neue das – für ihn verwundte Haupt p. So wolst Du ihn geleiten – bis daß er das vollendet, wozu Du ihn gesendet p.
wurde in der gewöhnlichen Versammlung der AbendMahls-Geschwister, nach [41] einer Rede des Bruder Johannis über die Loosung, nachstehender Brief von Bruder Louis v. Schrautenbach communicirt, darinnen er sich über seinen bisherigen Gang erklärt u. um Vergebung u. neue Anfaßung bittet. Es geschahe solches unter dem Gesang einiger Verse mit dem theilnehmenden Herzen der ganzen Gemeine.
Ehrwürdige, liebe Brüder u. Schwestern, Ich finde mich durch die Barmherzigkeit des Heylands, nach einer Abwesenheit von vielen Jahren, nun seit etlichen Monaten wieder in der Gemeine. Denen Brüdern, welchen ich den Zusammenhang meiner bisherigen Umstände habe vorlegen können, ist bekannt, daß niemalen bey mir ein Gedanke gewesen ist, die Gemeine zu verlaßen, oder nach einem selbsterwehlten Plan leben zu wollen, oder auch etwan den Ausgang gewisser schwerer Umstände in der Entfernung abzuwarten; sondern es waren unvermeidliche äußere Verrichtungen, die mich im Jahr 52, mit dem Rath der Brüder, nöthigten, nach meinen Gütern zu reisen, u. mich die vielen Jahre her dorten aufgehalten [42] haben. Binnen welcher Zeit ich von einem halben Jahr zum andern immer gehofft habe, mich los machen u. wieder zur Gemeine gehen zu können, an welchem so wol als meinem Gnaden-Ruf zu derselben ich nie irre geworden bin. Es ist aber in den ersten Jahren meiner Abwesenheit durch verschiedene Umstände u. auch Vergehungen von Seiten meiner, die ich damalen nicht einsehen wollen, geschehen, daß ich aus der nahen Connexion mit der Gemeine u. dem Genuß der Gemein-Gnaden, besonders des heiligen AbendMahls gesezt worden, daraus denn ein laulichter, gleichgültiger Zustand u. eine solche Herzens-Situation entstanden ist, die, wenn die heilige Gnadenwahl des Heylands, die auf das schlechte u. unwürdige fällt, u. Seine unermeßliche Treue nicht auch mich gehalten hätte, mich hätte in das Verderben führen sollen. Nun hat zwar der Heyland dem Welt-Geiste, mich hinzureißen u. meine Sinnen zu betäuben, nicht zugelaßen; ich bestehe aber doch mit Schanden vor dem Heyland u. auch der Gemeine mit meinem ganzen [43] bisherigen Laufe, der ganz anders hätte ausfallen sollen. Es sind dieses alles, lieben Brüder, solche Bekenntniße, die sich für einen Bruder gar nicht schicken, deßen ganzes Leben nur ein Zug, deßen Gang lauter Licht seyn soll, der nichts kennen soll, als sein Elend u. den Heyland, u. nichts wollen als Leib u. Seel u. Glieder willig herzuleyhn, Jesum zu erfreun. Es sind aber solche, die ich von mir nicht ablehnen kan, u. mein einiges, mein demüthiges Bitten ist, daß Er mir doch das Andenken alles deßen nie veralten u. mich nie keinen Gefallen an mir selber wolle haben laßen. Denn ich verlange nichts, als daß doch endlich Jesus Christ ein reines Herz zur Braut krige. Seit meinem Hierseyn hat der Heyland meiner Seele manches klar gemacht, dafür ich Ihm im Staube danken kan. Es ist aber noch nicht, wie es seyn solte.
In den ersten Monaten meines jetzigen Aufenthalts haben einige Brüder im Namen des Directorii mich befragt: ob in Betracht mancher Umstände u. besonders, weilen [44] ich doch nun seit so vielen Jahren meinen Weg alleine gegangen, ich nicht auf den Fuß eines Freundes der Gemeine continuiren könne, doch in näherer Connexion etwan, als bishero, u. ob mir dieses nicht zuträglicher seyn würde, als mich wieder ganz in die Gemeine zu begeben, welches doch in gewißen Absichten seine Inconvenienz auch haben könne. Nun bin ich zwar von der Wahrheit, daß der Weg zu den Wunden des Heylands aller Enden, allen Seelen offen stehe, die dahin fliehen, u. also das Wohnen in Gemeinen oder äußere Gehören zu denselben zur Seligkeit nicht nothwendig sey, sehr gründlich überzeugt. Ich würde auch, wenn ich auf der andern Seite auf mich u. das wenige Geschick, das ich in meinem ganzen Wesen zu einem Mitgliede der Gemeine finde, sehen wolte, mich leicht entschließen können, Jerusalem in der Ferne Glück zu wünschen, mit meiner Person aber auch weiter nicht zu beschweren. Mein Herz aber sagt mir anders. Es hat der Heyland von dem erstenmale an, da ich Seine [45] gewaltige Gnade an meinem Herzen gefühlt habe, einen Ruf zur Gemeine in meine Seele gelegt, der mir durch die mancherley Abwechselungen meines Lebens noch nicht eine Minute streitig geworden ist. Obwolen ich nun zwar von einem Tage zum andern immer weniger sehe, wozu ich etwa in der Gemeine taugen könte, so wird sie mir auch von einer Zeit zur andern immer ohnentbehrlicher für mein eigen Herz. Ich bin durch eine etliche u. zwanzigjährige u. nunmehro schmerzhafte Erfahrung gewiß, daß der Gang der Gemeine derjenige ist, den der Freund der Menschen, der Erforscher der menschlichen Natur meiner kranken Seele zu ihrer Genesung angewiesen hat. Wäre ich gesund, so hätte ich sie vielleicht nicht so nöthig. Wehret mir also nicht, liebe Brüder, so zu wandeln, wie ich berufen bin. Vergebet mir den Kummer, den ich euch ins Ganze u. vielen besonders, in der vergangenen Zeit gemacht habe, u. faßet mich aufs neue an
kam unser lieber Bruder Brodersen aus London bey uns an.
Abends um 7 Uhr versammleten sich die Stunden-Beter auf dem Gemein-Saal. Bruder Johannes sagte zuerst:
Lieben Geschwister, wir haben heute unsern Bund auf Jesu Blut u. Tod u. auf den täglichen Umgang mit unserm Marter-Mann beym Lobe- u. Verbindungs-Kelch erneuern wollen; u. dazu gibt uns erstlich der Geburts Tag unsers lieben Bruder Josephs, der am 15tn gewesen ist, Gelegenheit. Die Loosung an dem Tage hieß: Ich will mit dir seyn. Wißt ihr was? so heißt der Paß, den man in aller Welt bey uns liest. Dazu kommt nun noch, daß er morgen mit seiner Ehe-Schwester, unserm lieben Bruder Seidliz u. Gneuß nach Berlin u. Rixdorf zur Visitation der dortigen Gemeinen abreisen wird. Dazu wollen wir dieser lieben Gesellschaft die heutige Loosung zurufen: Thue alles, was in deinem Herzen ist, fahre hin, siehe, ich bin mit dir, wie dein Herz will. Wir geben uns [47] darauf die Hand. Unser lieber HErr hat diese Reise selbst anbefohlen, die uns, wenigstens für die Zeit, noch nicht eingefallen wäre, wenn Er es nicht selbst vor nöthig gefunden, benannte 2 Zweiglein der Brüder-Kirche, die Er aus den alten Böhmischen Brüdern in unsern Tagen zu unsrer Freude gesammlet hat, zu besuchen. Wir wünschen, daß sie der Heyland zu recht lieblichen u. seligen Gemeinen gestalten u. ihnen auch dazu diese Visitation gesegnet seyn laßen möge. Insbesondere wollen wir auch unsern Bruder Joseph mit unserm Herzen segnen, ihn recht lieb haben u. unsern Bund mit ihm u. unter einander erneuern; wir stehen doch in Einem Liebes- u. Friedens-Bund, auf Jesu Marter u. Tod. Unser lieber HErr wird auch jezt unter uns seyn u. sich so wol zu uns als zu den reisenden Geschwistern bekennen. Wir geben uns also einander die Hand darauf, Seine fleißige, treue u. ergebene Diener zu seyn, bis alles das vollendet ist, wozu Er uns berufen hat. Wir wollen dem Heyland in specie für alles das danken, was Er [48] durch unsern Bruder Joseph der Gemeine Gutes u. Seliges geschehen laßen, u. Ihn bitten, daß Er ihn segnen u. salben u. zu seinem künftigen Gang mit neuer Gnade anthun wolle.
Der Bundes-Kelch wurde hierauf unter folgendem Gesang herum gegeben: Wir geben uns darauf die Hand p. So laß nun Deinen Liebes-Wind uns sanftiglich durchgehen p. Wir schwören Dir die Herzlichkeit, die Bluts-Verwandte fühlen p. Wir faßen uns im Geiste an p. Du süße Lieb’, schenk uns Deine Gunst p. Hör, was die Würmlein sagen p. Er geb uns muntre Kehlen p. Gib uns ein Ohr, das höret p. Die Hände müßen segnen p. Wir wollen Deine Diener seyn p. Chor: Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi – sey mit uns allen! Amen.
Mehrgenannte liebe Gesellschaft trat also
die Reise nach Berlin u. Rixdorf an.
Die Versammlung um 7 Uhr hielt Bruder Georgius über die Loosung.
gingen Geschwister Kriecheldorfs nach Schlesien, um in Neusalze mit der Zeit [49] zur Bau-Aufsicht gebraucht zu werden. Abends in der Beter-Versammlung redete Bruder Johannes über die heutige Loosung, u. hielt darauf über eben dieselbe den Witwern u. kleinern Mädgen Homilien.
Das erfreulichste in dieser Woche waren uns die lieblichen Nachrichten aus Jamaica u. Schottland. In Jamaica bekennt sich unser lieber HErr zu Geschwister Schlegels Arbeit. Es ist nicht nur Liebe u. Harmonie unter unsern dortigen Europäischen Geschwistern, sondern es zeigt sich auch unter den Negern neues Leben u. Segen. Einige von den getauften Negern sind Candidaten zum AbendMahl worden. In Schottland hat der Heyland dem Bruder Caldwell, der nach der Synodal-Resolution zum Besuch dahin abgegangen, eine offene Thür geschenkt, daß er in der Stadt Air u. der umliegenden Gegend bereits tausenden den Tod des HErrn mit Eindruck auf die Herzen verkündiget hat. Es werden nun auch nach Anweisung unsers HErrn ein Paar Ehe-Geschwister aus dem North von Ireland dahin gehen. So haben wir auch aus der Wachau angenehme Briefe erhalten.
[50]
wurde um 8 Uhr die Kirchen-Litaney gebetet.
Nachmittag um 4 Uhr hielt Bruder Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Lieberkühn Abends in der Gemein-Stunde redete.
reisten Geschwister Lieberkühns von uns nach Gnadenbergel ab. Er ist zum Ordinario der künftigen Gemeine in Neusalze vom Heyland bestimmt, wird aber vorerst in Gnadenbergel die Vices des Ordinarii versehen, weil unser liebes Herz Georgius nach der Anweisung unsers HErrn vor diese Zeit hier in Herrnhuth beym Directorio ist. Die Gemeine ertheilte unsern Geschwistern Lieberkühns in der Singstunde Abends vor der Abreise unter einem eigenen lieblichen Gefühl den Segen.
Auch traten heute Jac. Schellingers [51] u. Kaetje Beuning ihre Rückreise nach Zeist an.
In der Versammlung der Communicanten hielt Bruder Johannes eine Rede über die Loosung und
den ledigen Brüdern eine Homilie ebenfalls über die Loosung des Tages.
redete Bruder Georgius um 7 Uhr über die Loosung.
machte das heilige AbendMahl den seligsten Beschluß dieser Woche.
Da es heute jährig war, daß unser HErr im Synodo uns sein Herz in den 12 Worten heraus gesagt hatte, so wurde solches vor der Absolution erinnert. Das ganze Volk des HErrn zerfloß in vielen Sünder-Thränen zu Seinen Füßen, u. des Heylands Daseyn u. gnädiges Vergeben wurde auf eine solche hinnehmende Weise gefühlt, daß uns dabey der Ausdruck fehlt.
1.) Geschwister Hüffels haben in Altona [52] u. Hamburg unsere dortigen Geschwister u. Freunde besucht u. gesprochen, u. sind am 17tn Jul. in Lübeck angekommen, von wo aus sie nächste Woche nach Petersburg abzusegeln hofften.
2.) Bruder Fries hat uns aus Petersburg zu unsrer Freude gemeldet, daß, nachdem mit der Tutel-Canzeley alles nöthige wegen unsers künftigen Etablissements im Königreich Astracan in Ordnung gebracht u. von Ihro Majestät der Kayserin confirmirt worden, unsere dahin bestimmte Brüder am 26tn Jun. unter Begleitung des Herrn Hofrath Koehlers als Kayserlichen Commissarii, von Petersburg abgereiset sind. Sie nehmen ihren Weg zu Lande über Moscau u. Saratow.
3.) Geschwister Raschkens wurden zu Bruder Engelbachs Gehülfen in Altona ernennt, u. Bruder Herold wird den Besuch der ledigen Brüder im Hollsteinischen übernehmen.
4.) Bruder Nathanael schreibt d. d. Bethlehem 7tn May. 65. ans Directorium unter andern folgendes:
In meinem lezten Briefe hatte ich [53] gemeldet, daß wir am 17tn Apr. in Litiz eine Arbeiter-Conferenz halten wolten; zu dem Ende reisten wir d. 12tn von hier ab u. kamen am 14tn dort an. Von Bethlehem waren Geschwister Marschalls, Bruder Thrane, Frommelt, Lembke, ich u. meine Frau, nebst verschiedenen andern Geschwistern u. meist alle unsere Arbeiter aus den Land-Gemeinen zugegen, u. so fingen wir am 17tn unter einer gar fühlbaren Nähe unsers Heylands die Conferenz an. Das erste war, daß wir die 12 Worte unsers HErrn an Seine Diener u. Gemeinen[WS 4] unsern Arbeitern communicirten, wobey alles sehr sünderhaft vor Ihm da stund u. nichts zu sagen wußte, als: hier steh ich Armer, der sich zu schämen hat. Es war eine mit viel Thränen begleitete Versammlung, u. nachdem sie entlaßen worden, ging ein jedes vor sich in die Stille, um mit dem Heylande auszureden. Hierauf wurde der Verlaß des Synodi hinter einander communicirt. Die Materien deßelben erfüllten die Herzen u. Gemüther, daß alles [54] voll Lobens u. Dankens war. Nachher hatte Bruder Matthaeus einen Extract aus dem Verlaß gemacht, wie er unsern Stadt- u. Land-Gemeinen soll gelesen werden, den wir mit einander durchgingen. Dabey wurde manches, unsere Stadt- u. Land-Gemeinen betreffend, durchgeredet u. herzlich gewünscht, daß der Heyland dieselben nicht zurück bleiben laßen, sondern immer mehr in einen gemeinmäßigen Gang bringen möge. Wir haben bisher immer gehofft, daß unser lieber Johannes einmal zu uns kommen würde, glauben auch alle, daß es vor das ganze Land einen eigenen Segen haben könte, u. da wir noch in kindlicher Erwartung deßen stehen, so hoffen wir inzwischen, daß die Communication erwehnten Extracts unsern Geschwistern was austragen werde. Wir waren in allem 4 Tage beysammen, haben uns recht lieb gehabt, einander getröstet u. aufs neue Muth gefaßt, getrost an unser Geschäfte zu gehen, dazu wir noch den Bundes-Kelch mit einander theilten.
Nun kan ich auch meinen lieben [55] Brüdern berichten, daß unsere Indianer-Geschwister d. 20tn Mart. ihren Abzug von Philadelphia angetreten u. d. 22tn ejusdem in Nain eingetroffen sind. Sie mußten daselbst wegen des schlechten Wetters bis zum 2tn Apr. stille liegen, worauf sie über Nazareth ihre Reise durch den großen Schwamm fortsezten, weil ihnen gedrohet worden, wenn sie über Gnadenhütten gingen, daselbst aufzupassen u. sie umzubringen. So aber nahmen sie auf Anrathen der Obrigkeit einen ganz andern Weg, ohne daß es jemand erfuhr. Wir haben Nachricht, daß sie wohlbehalten im Schwamm angekommen sind, u. jezt werden sie wol schon an Ort u. Stelle an der Susquehanna seyn. Bruder Schmick u. David sind mit Vorwißen des Gouverneurs mit ihnen gegangen. Derselbe hat als ein Vater vor sie gesorget u. sie mit allem, so wol Kleidung als Provision versehen. Die meisten haben ihre Häuser in Nain an Geschwister in Bethlehem verkauft u. dadurch etwas Geld in die Hände bekommen. Wir haben sie unser Herz fühlen laßen, [56] u. sie sind sehr anhänglich an die Gemeine von uns weggegangen.
Ich habe dem Heyland ein eigenes Dank-Fest gehalten, daß Er es nun endlich mit ihnen dahin gebracht hat, daß sie unter ihr Volk an die Susquehanna wohnen gehen. Er hat sie auch die 18 Jahre her immer dahin haben wollen, u. man hat die ganze Zeit gesehen, daß sie nicht an ihrem rechten Orte waren; hätte Er aber nicht solche Umstände über sie kommen laßen, da sie selbst gewünscht, künftig in ihrem Lande zu wohnen, so wären wir nicht im Stande gewesen, sie dahin zu bringen. Wir erwarten nun bald zu hören, wie sie angekommen u. wie sie sich befinden. Vielleicht geht ein neuer Gnaden-Periodus unter den Indianern in diesem Lande an, wornach ich von Herzen zum Heyland seufze. Der Heyland hatte uns auch angewiesen, den Indianer-Geschwistern in Pachgatgoch zu sagen, daß Ers gerne sähe, wenn sie auch den übrigen folgten. Bruder Rode nahm diese Commission mit dahin, u. Geschwister Sensemanns, [57] die nun mit ihrem Kinde von dorten her zu uns gekommen sind, bringen uns die Nachricht, daß sie sich einmüthig dahin erklärt haben, zu ihren Freunden an die Susquehanna zu ziehen. Dieses Jahr ist es freylich zu spät für sie zum pflanzen; es scheint aber doch, daß es zu stande kommen wird, u. so hebt sich auch dieser vor Geschwister sehr beschwerliche Plan von selbsten auf.
D. 24tn Apr. sind Geschwister Friedrich Schmidts bey uns angekommen. Wir haben sie in herzlicher Liebe aufgenommen u. werden sie so bald möglich zu employiren suchen.
Geschwister Joh. Schneiders betreffend, auf die vor Terra Labrador reflectiret wird, so bezeugt er große Neigung dahin, u. hat sich bey der Nachricht von Jens Havens Reise schon selbst dazu angeboten.
Wir haben aus Briefen ersehen, daß unser lieber David Nitschmann auf eine Visitation zu uns kommen wird. Es wird uns herzlich lieb seyn, ihn in unsrer Mitte zu sehen u. zu grüßen, u. wir versprechen uns durch sein zu uns kommen viel [58] Seliges vors Ganze u. in den Theilen. Besonders wird es uns sehr angenehm seyn, mündlich von ihm zu hören, was der Heyland beym General-Synodo gethan u. wie Er sich bewiesen hat. Wir wollen alles thun, ihn mit den hiesigen Umständen in der Zeit seines Hierseyns so bekannt als möglich zu machen, u. wenn er kommt, werden wir es auch auf einen Provincial-Synodum antragen, weil wir dieses Jahr nur eine Arbeiter-Conferenz gehabt haben.
Nun allerliebsten Brüder, wir legen uns mit allen unsern Umständen an euer treues Herz; wir haben bisher gefühlt, daß wir von innen u. außen unter einer seligen Leitung des Heylands stehen, u. ob wir gleich noch nicht so sind, wie Er uns gerne hätte, so sind wir doch in Seiner Mache.
Die ganze Conferenz grüßet das Directorium aufs herzlichste u. empfiehlt sich eurer ferneren Liebe u. Andenken.
[59] 5.) Von eben demselben an Bruder Petrus vom 8tn May, darinnen er ihm von der Insel Barbados folgende kurze Nachricht gibt:
Es ist eins von den schönsten Eylanden in West-Indien u. am längsten bewohnt, daher auch in allen Stücken wohl eingerichtet. Das ganze Land ist in Parishes (Parochien) eingetheilt, wo die Englischen Pfarrer predigen sollen, welches aber wenig geschieht.
Bridge- /:Britsch:/Town ist daselbst der Haupt-Ort, welches aber meines Erachtens der lezte Ort seyn würde, wo was anzufangen wäre. Wenn sich hingegen ein paar Handwerks-Brüder im Lande auf einem Estate niederließen u. daselbst, zwar ohne an das Estate gebunden zu seyn, ihre Profession trieben, jedoch mit Vorwißen des Eigenthümers; auch in der Absicht da wären, seinen Negern bey Gelegenheit das Evangelium zu predigen u. dann von da aus mit mehrern Negern bekannt würden: so wäre das wol, so viel ich das Land kenne, die beste Methode. Bey meinem Besuch [60] daselbst hörte ich von einem Herrn, der aber schon gestorben ist, daß viele Herren froh seyn würden, wenn sich jemand ihrer Neger annehmen wolte. Nur müßten sich die Brüder darnach richten, zu solchen Zeiten die Versammlungen zu halten, da sie wißen, die Neger können von ihrer Arbeit abkommen, sonst finden die Aufseher gleich Ursache zu klagen, u. das sind ohnedem allemal die Leute, die die meiste Hinderung machen. Daher ist es auch allemal gut u. eine Hauptsache, daß die Brüder mit den Aufsehern Freundschaft zu halten suchen pp.
Zu Ende des Briefs heißt es: Eben höre ich von Bruder Neusser aus Philadelphia, daß er durch einen Herrn, der von Musquito-Shore gekommen, von Friedr. Post Nachricht erhalten, daß er den dortigen Indianern gepredigt habe; weil er aber keinen Eingang bey ihnen gefunden, so sey er 300–400 Meilen weiter hinauf ins Land gegangen, um zu sehen, ob unter den abgelegenen Nationen mehr zu thun sey; [61] daselbst baue er jezt ein Versammlungs-Haus u. auch ein Haus vor sich, sey unter den Leuten geachtet u. geliebt u. unter dem Namen Parson Post bekannt p.
- „Wir wollen bey dieser Gelegenheit
- erinnern, daß Friedr. Post
- schon seit etlichen Jahren seinen
- eigenen Gang gegangen u. seine
- lezten Unternehmungen unter
- den Indianern in Nord-America
- so wol, als seine Reise nach
- Jamaica u. Musquito-Bay
- ohne Communication mit uns u.
- den Pennsylvanischen Geschwistern
- geschehen sind, u. daher auch
- nicht auf die Rechnung der
Brüder - Gemeine kommen müßen.“
[62]
war früh zur gewöhnlichen Zeit die Nach-Communion u. Communion-Liturgie.
Abends hielt Bruder Georgius die Gemein-Stunde über die heutige Loosung.
Um 9 Uhr nach der Liturgie traten Geschwister Abraham Dürningers u. die ledige Schwester Elisabeth Maria Lenznerin als Gemein-Jünger ein.
wurde früh zu dem heute angesezten Gemein-Tag, davon aber die Lection bis zum 2tn Aug. verschoben worden, die Gemein-Litaney gebetet.
Nachmittag hielt Bruder Johannes den Kindern eine Homilie über ihre Loosung, u. um 7 Uhr besang er das heutige Gemein-Tags-Capitel Joh. XIV. folgendermaßen:
Wer mich liebet, der wird mein Wort halten.
[63] Ges. Lenke Sinnen u. Begier auf die süßen Himmels-Lehren p.
Und mein Vater wird ihn lieben.
- Der des Sohnes wegen des Sohnes Seinen Lohn weiß als ein Kind zu pflegen p.
Und wir werden zu ihm kommen u. Wohnung bey ihm machen.
- So komm herein, wir sind ja Dein, und laß uns Dir gesegnet seyn.
Wer aber mich nicht liebet, der hält meine Worte nicht.
- O davor, bitt’t unser Chor, behüt uns lieber HErre Gott!
Solches habe ich zu euch geredt, weil ich bey euch gewesen bin.
- Du bist nicht mehr in dieser Welt.
Aber der Tröster, der heilige Geist – derselbe wirds euch alles lehren.
- Was wir von dem Sohne im Herzen hören, alles das danken wir Seinen Lehren.
Und euch erinnern alles deß, das ich euch gesagt habe.
- Woll’n immer selger Dich verstehn p.
Meinen Frieden gebe ich euch.
- Gib uns Deinen Frieden, o Jesu, o Jesu!
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. [64]
- Was alle Welt nicht geben kan, das trift ein armes Herze beym Heyland selber an.
Euer Herz erschrecke nicht u. fürchte sich nicht.
- Denn Furcht ist nicht mehr in der Lieb’.
Ich gehe hin u. komme wieder zu euch.
- So komme dann, wenn Dirs beliebt p.
Ich gehe zum Vater p.
- Er ist aufgefahren, uns die Stätte zu bereiten.
Und nun habe ichs euch gesaget — auf daß, wenn es nun geschehen wird, daß ihr gläubet.
- Amen, theures Amen – Mann von wahren Worten p.
Ich werde fort nicht viel mehr mit euch reden.
- Indeßen fühlt die Seele Sein’s Daseyns Sabbaths-Nu.
Denn es kommt der Fürst dieser Welt u. hat nichts an mir.
- Es war ein wunderbarer Krieg, da Tod u. Leben rungen p.
Auf daß die Welt erkenne, daß ich den Vater liebe, u. ich also thue, wie mir der Vater geboten hat.
- Also hat Gott die Welt geliebt p.
[65] Stehet auf u. laßet uns von hinnen gehen.
- Du sprangst ins Todes Rachen p. Ich kans mit meinen Sinnen nicht erreichen p.
Um 9 Uhr war nach einer Rede des Bruder Johannis über die Gemein-Loosung eine Aufnahme von 7 Geschwistern, die darauf in einem herzlichen Gebet mit den gesammleten so wol als hie u. da auf dem ganzen Erdboden zerstreuten Kindern Gottes, Pilgern, Zeugen u. Boten dem Segensvollen Herzen Jesu empfohlen wurden.
Die zu dem heutigen Gemein-Tage gehörige Nachrichten befinden sich in der Beylage sub No VIIIa. enthaltend:
I.) Extract aus den Diariis der deutschen Gemeinen mensis Jun. 65.
II.) Extract aus den Diariis der Englischen u. Irrländischen Gemeinen vom Monat Dec. 64. nebst den 3 ersten Monaten 65.
III.) Aus Nord-America.
- 1.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethlehem Mart. u. Apr. 65.
- 2.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Nazareth, Mart. u. Apr. 65.
[66]
- 3.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Litiz, Mart. u. Apr. 65.
- 4.) Extract aus den Diariis der Pennsylvanischen u. anderer Stadt- u. Land-Gemeinen vom Oct. 64. – Mart. 65.
- 5.) Extract aus dem Diarium des Indianer-Gemeinleins von dem Beschluß ihres Aufenthalts in den Barraks zu Philadelphia, ihrer Reise nach Nain u. kurzen Aufenthalt daselbst u. Aufbruch ins Indianer-Land mensis Jan. bis Apr. 65.
IV.) Aus Jamaica.
- 1.) Extract des Diarii von Mesopotamia vom Jahr 1764.
- 2.) Extract des Diarii von Carmel u. der Bogue vom Jun. – Ende 64. u. den 3 ersten Monaten 65.
Da es heute jährig war, daß das Vorsteher-Collegium im General Synodo vom Heyland ernennt worden, so war daßelbe nebst dem Directorio gar lieblich beysammen, u. wurde auch Abends in der Singstunde der Gemeine aufs neue zum Andenken empfohlen.
[67] Unsern Geschwister Rumpels, die kürzlich von Neu-Dietendorf hieher gekommen, schenckte der Heyland heute ein Söhnlein, u.
ging der Knabe Johann Heinrich Stehmann, des ehemaligen Land-Vogts auf Helgeland einziger Sohn, selig zum Heyland.
Bruder Weinel wurde zum künftigen Wirthschafts-Inspectore in Barby ernennt, u. da das Directorium bey der Gelegenheit auf die Besetzung des dasigen Oeconomats kam, so wieß der Heyland dazu den Bruder Layriz an.
reiste der Bruder Busse nach Ebersdorf ab, wo er den Bruder Hasse in dem Pfleger-Amte bey dem ledigen Brüder-Chore ablösen wird.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister redete Bruder Johannes über den Text.
begingen die anwesenden Glieder der Sustentations-Missions- u. Anstalten-Diaconie die Erinnerung deßen, was im General Synodo [68] an diesem Tage vorgekommen, in einer seligen Nähe unsers HErrn. Der Heyland hat auch das Jahr in diesem u. den andern Departemens erstaunlich viel gethan.
Weil heute in hiesigen Landen Buß- u. Bet-Tag war, so wurde Vormittag eine Kinder- u. Nachmittag eine allgemeine Versammlung gehalten u. die übrige Zeit zur Lection der rückständigen Nachrichten angewendet, dabey uns das Diarium des Bruder Daniel Renners von seiner Reise nach Pohlen u. Cassuben u. der Bericht des Bruder Caldwells aus Air in Schottland, der unten folgen wird, viele Freude machte.
Zum Schluß des Tages besang die Gemeine das Haupt voll Blut u. Wunden.
ging Bruder Sieweke nach Marienborn ab, daselbst bey den ledigen Brüdern u. der Besorgung der Diaspora vor Bruder Martens zu vicariren, welcher zum Besuch hieher kommen wird.
Abends in der Beter-Versammlung redete Bruder Johannes über die Loosung u. den Text, hielt auch über leztern [69] hernach den Witwern eine Homilie.
Sonst hatten Johann Nitschmanns diese Woche in Klein-Welke besucht; u. außerdem ist noch folgendes hier anzuführen:
1.) Bruder Layriz hat einen Brief an einen Bruder in der Diaspora geschrieben, darinnen er von dem vorjährigen General Synodo eine ausführliche Nachricht gibt, welcher zum Gebrauch der Geschwister in der Diaspora als eine Beylage zu der 32stn Woche sub No VIII.b communicirt wird.
2.) Am 14tn Jun. ist Bruder Jacobsen mit der Hope in Lissabon angekommen.
3.) Die Brüder John Wood u. Rittmansberger sind seit dem 15tn Jul. in London u. werden zu Anfang Aug. nach Barbados abgehen.
4.) Aus den Briefen des Bruder John Caldwells an Bruder Anton aus Air in Schottland vom 13tn May u. 3tn Jun. 1765. ist folgendes zu
„Ich reiste d. 6tn May als ein armer Sünder, der sich allein auf Jesu Blut u. Verdienst verläßt, nach herzlichem Abschied [70] von meinen lieben Geschwistern, die mit Thränen zu unserm lieben HErrn beteten, daß mein Besuch in Schottland gesegnet u. von gutem Erfolg seyn möchte, dahin ab. Die Loosungen, die du u. einige andere Brüder mir vor meiner Abreise aufgeschlagen, sind mir auf der Reise u. auch seitdem ich hier bin, oft zu großem Trost gewesen, wenn es bisweilen finster um mich herum aussahe; ja ich weine oft vor Freude u. Beugung vor dem Heyland, in welchem alle dieselben Verheißungen Ja u. Amen sind. Ich kam noch denselben Nachmittag um 4 Uhr nach Belfast; d. 7tn früh ging ich weiter u. kam über Hollywood u. Banyar bey guter Zeit nach Donaghadee. Das Packet-Boat, mit welchem ich gehen solte, kam des Abends an, u. ich ging mit demselben noch zu Mitternacht unter Segel. D. 8tn Morgens um ½7 Uhr langten wir zu Port-Patrick in Schottland an. Wir hatten eine gute Reise. So bald ich ans Land stieg, rief ich den Namen unsers lieben HErrn an, daß Er vor sich u. vor [71] Seine mit Blut erkaufte Gemeine Posseß von diesem Lande nehmen möchte. Nach dem Frühstück ging ich 2 deutsche Meilen weit nach Carne, konte aber vor Mattigkeit heute nicht weiter kommen, u. blieb da über Nacht. D. 9tn ging ich 4 bis 5 Meilen durch eine sehr wüste u. schlechte Gegend, wo nichts als Berge u. Hayde u. fast kein Haus zu finden ist, ausgenommen einige kleine Dörfer nahe an der See. Ich logirte die Nacht bey einem Mann, Namens Mac Cornel. Mit ihm u. einigen andern, die ich unterwegs antraf, redete ich von der Erlösung durchs Blut Jesu, fand aber keinen Eingang bey ihnen. Der Tod u. das Leiden des Heylands war ihnen was fremdes, u. alle, die ich noch gesprochen, scheinen gleichgültig dagegen zu seyn. O daß unser lieber HErr mir balde eine Thüre aufthun möge, ein Zeugniß von Seiner Liebe zu armen Sündern abzulegen, ja daß Er tausende von Seelen in diesem Lande zu Seinem Schmerzens-Lohn bekommen möchte!
D. 10tn Abends kam ich nach Air, [72] der Hauptstadt der Grafschaft selbigen Namens, u. die beynahe so groß ist, als das Newry in Ireland. Ich miethete mir auf 8 Tage eine Stube in dem Hause eines Bürgers, Namens John Smitt, um mich ein wenig umzusehen, ob in dieser Stadt oder Grafschaft etwas vor den Heyland zu thun sey. D. 11tn hielt ich Morgen- u. Abendsegen mit allen, die im Hause sind, u. nahm dabey Gelegenheit, sie anzureden u. ihnen den Heyland in Seiner Todes-Gestalt vorzumahlen. Mein Wirth ist ein guter wohlmeynender Mann. D. 12tn früh hielt ich mit einigen, die sich dazu einfanden, eine kleine Versammlung, u. weil es verschiedene von ihnen verlangten, so machte ich bekannt, daß ich Nachmittags um 5 Uhr predigen würde. Ich ging vorher in die Kirche u. hörte 2 Prediger nach einander predigen. Nachmittags kamen 30 Leute in das Haus, wo ich wohne, denen ich eine Rede hielt über die Worte: Bey dem HErrn findet man Hülfe, u. Deinen Segen über Dein Volk. Ps. 3,9. Sie waren alle sehr still [73] u. aufmerksam, u. ich prieß ihnen den Heyland, Sein Heyl u. die Vergebung der Sünden in Seinem theuren Blute an. Etliche von ihnen blieben nachher noch eine Weile da und waren sehr freundlich. Alle Leute in dieser Gegend sind entweder von der Schottischen Kirche oder Seceeders[WS 5]. In der Stadt so wol als auf dem Lande haben sie einen eigenen Dialect u. reden so hurtig, daß ich sie kaum verstehen kan. Uebrigens war ich an diesem wichtigen Kirchen-Tage /:d. 12tn May:/ im Geiste in der lieben Gemeine u. sank oft nieder zu den Füßen unsers lieben HErrn. D. 13tn kamen verschiedene Leute zu mir mit ihren alten Büchern, um mir zu zeigen, daß ich eben dieselbe Lehre gepredigt, die ihre Prediger in vorigen Zeiten geführt hätten. Ich habe Hofnung, daß der Heyland eine Thüre aufthun u. Seelen zu Seinem Schmerzens-Lohn an diesem Orte krigen wird. Abends um 7 Uhr kamen noch mehr Leute als gestern, denen ich eine Rede hielt über 1. Cor. 2,2. Ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter [74] euch, ohne allein Jesum Christum den Gecreuzigten. Sie schienen bewegt zu seyn, da ich ihnen den Heyland in Seiner Leidens-Gestalt vor die Augen stellte. Aber wie tief es gehet, kan ich noch nicht sagen. D. 14tn Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung in meinem Logis, welches von Zuhörern voll wurde. Nachher wolten die Leute aus eigenem Trieb eine Collection für mich machen. D. 15tn hielt ich früh eine kleine Haus-Versammlung, u. Abends redete ich öffentlich zu einer noch größern Anzahl als vorher. Ich hatte dabey ein gutes Gefühl vor mein eigen Herz. Aus Ungewohnheit kommt es den Leuten etwas fremde vor, daß ich unsre Lieder singe; aber ich habe gedacht, es sey beßer, solches gleich von Anfang zu thun, als es hernach einzuführen, u. ich gehe darinn meinen einfältigen Gang. Uebrigens nehme ich mich in allen Dingen in Acht, keinen Anstoß zu geben, als nur in Ansehung der Lehre vom Creuz; denn die predige ich als den Kern der christlichen Religion aus aller meiner Macht. D. 16tn Abends [75] hielt ich wieder Versammlung mit einem seligen Gefühl der Nähe des Heylands über die Worte: „Das da vom Anfang war, das wir gehöret – gesehen – beschauet – und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens“ p. 1. Joh. 1,1. Viele Leute mußten aus Mangel an Platz weggehen, u. viele hörten vor der Thüre zu. D. 17tn hatten die Leute ohne mein Wißen ein grosses Malz-Haus gemiethet zu unsern Versammlungen. Wie sie es ausgeräumt u. hübsch zurechte gemacht hatten, holten sie mich, es anzusehen. Sie rechnen, daß es 200 Personen halten kan. Abends hielt ich daselbst die Versammlung, die so zahlreich war, daß manche vor der Thüre stehen blieben. Sie führten sich recht ordentlich u. stille auf, u. der Heyland öfnete mir Herz u. Mund, daß ich von Seiner grossen Liebe zu armen Sündern reden konte. Mein Text war: „So sey euch nun kund, lieben Brüder, daß euch verkündiget wird Vergebung der Sünden“. O daß unser lieber HErr die Herzen dieser Leute durch die [76] Lehre von Seinem Blut u. Tod gefangen nehmen u. viele von ihnen zu Seinem Schmerzens-Lohn zehlen möge! D. 18tn kam ein wohlhabender Mann aus der Stadt, Namens Campbel, u. verlangte mit mir zu reden. Wir hatten eine zweystündige herzliche Unterredung mit einander; er ist ein erweckter Mann, aber sehr gesetzlich u. ist ehedem einer von Whitefields Zuhörern gewesen. Gestern Abend kam er in die Versammlung u. bezeugte seine Freude, daß er einmal so viel von Jesu Leiden u. der Versöhnung in Seinem Blute zu hören krigte. Er sagte: „Die Predigt vom Leiden des Heylands ist hier ganz abgekommen u. wie verloren gegangen; ich hoffe aber, daß euer Besuch uns allen zum Segen seyn wird.“ Abends kam wieder so viel Volk, daß das Haus u. die Vorstuben voll waren. Der Heyland war meinem Herzen nahe, daß ich mit Freymüthigkeit von Seiner Liebe bis zum Tod gegen arme Sünder reden konte. D. 19tn Morgens um 9 Uhr redete [77] ich wieder zu einer zahlreichen Versammlung in der Nähe des Heylands, über die Worte: „Darum siehe, ich will sie locken u. will sie in eine Wüste führen u. freundlich mit ihr reden.“ Nachher kamen verschiedene u. besuchten mich, die um ihre Seligkeit verlegen zu seyn schienen. Nachmittag um 5 Uhr hielt ich wieder eine Versammlung; wir waren aber genöthiget, ins offene Feld hinterm Malz-Hause hinaus zu gehen: denn der Platz war zu enge wenn auch das Haus noch 5mal größer gewesen wäre. Ich stund auf einer hohen Treppe an der Thüre u. verkündigte der Menge Menschen, die alle sehr aufmerksam waren, das Wort des Friedens, über die Worte: „Die Haupt-Summa des Gebots ist Liebe von reinem Herzen u. von gutem Gewißen u. von ungefärbtem Glauben.“ 1. Tim. 1,5. Viele von ihnen kamen hernach mit mir zu reden u. waren sehr verlegen, daß ich vielleicht balde von hier weggehen möchte. Ich glaube, es ist eine besondere Führung des Heylands, daß Er mich just an [78] diesen Ort gebracht hat; denn die hiesigen Leute waren unruhig u. mit der Lehr-Art ihrer eigenen Prediger nicht zufrieden. Einige der angesehensten Leute in der Stadt baten mich, sie in ihren Häusern zu besuchen; da ich aber morgen aus der Stadt zu gehen gedenke, um weiter im Lande zu besuchen, so lehnte ichs ab, bis ich wieder komme.
D. 24tn kam ich nach einer Besuch-Reise von 6 Meilen in Black-Hall, Peasly, Glasgon u. andern Orten, wieder hieher zurück. Die Leute waren sehr froh, mich wieder zu sehen. D. 25tn besuchte ich verschiedene Leute in der Stadt mit wahrem Vergnügen. Abends kamem wieder sehr viel Leute, denen ich eine Versammlung hielt über Cant.[WS 6] 1,5. „Ich bin schwarz, aber gar lieblich.“ D 26tn Morgens um 9 Uhr predigte ich einem zahlreichen Auditorio. Die Leute kamen in solcher Menge, daß kein Platz weder im Hause noch in der Straße vor sie war. Mein Text war: „Ich bin zum Gericht auf diese Welt gekommen, auf daß die da nicht [79] sehen, sehend werden, u. die da sehen, blind werden.“ Joh. 9,39. Ich habe nach nie vorher eine solche Freymüthigkeit zu reden u. an keinem Orte eine solche Nähe des Heylands dabey verspürt. Ich höre, daß etliche Aeltesten die Prediger angegangen sind, mich in Verhafft nehmen zu laßen; diese aber haben ihnen geantwortet: da soll uns Gott dafür bewahren! Das können wir unmöglich thun, wer weiß, ob ihn der HErr nicht zum Segen unter uns gesandt hat. Herr Derumple, ein Prediger dieses Orts, der unserm seligen Bruder Cennik sehr ähnlich ist, hat sehr freundschaftlich von mir, so gar von der Canzel, gesprochen u. ein herzliches Gebet gethan, daß der HErr mein Unternehmen segnen wolle. Er u. mehr als tausend andere kamen Nachmittags um 5 Uhr, mich zu hören. Wir gingen vor der Stadt auf ein Feld, welches mir der Eigenthümer, auf Ersuchen einiger Freunde, zum predigen überlaßen hatte. Die Worte, darüber ich redte, waren: „Von welchem auch ihr herkommt in Christo Jesu, welcher uns [80] gemacht ist von Gott zur Weisheit u. zur Gerechtigkeit u. zur Heiligung u. zur Erlösung.“ 1. Cor. 1,30. Der Heyland war meinem Herzen recht nahe; ich bezeugte den Zuhörern, daß Sein Tod u. Leiden allen armen Sündern, die Ihn in ihre Herzen aufnehmen, die höchste Weisheit sey. Die meisten Einwohner aus der Stadt u. viele hundert aus den herumliegenden Dörfern waren zugegen, u. es ging alles sehr still u. ruhig zu. Ich bin der Hofnung, daß unser lieber HErr an diesem Orte eine Thüre zur Ausbreitung des Evangelii in diesem ganzen Lande, aufthun u. ein bleibendes Werk hier anfangen wird. D. 27tn frühstückte ich mit Herrn Campbel, wobey ich Gelegenheit hatte, auch mit einem andern Mann bekannt zu werden, der den Bruder Caries, die Brüder Foster u. Barham u. noch mehrere unsrer Brüder in America kennt. Gestern Abend u. heute besuchte ich verschiedene Kranke, die mich rufen ließen, mit denen ich herzliche Unterredungen hatte. Unter den armen Leuten habe ich etliche [81] gefunden, die erweckt sind. Einige von ihnen haben mir mit Thränen in den Augen gesagt, daß sie zum lieben Gott gebeten hätten, daß Er sie doch noch, ehe sie aus der Welt gingen, mit der Erneuerung der Predigt des Evangelii auf eine oder die andere Weise heimsuchen wolle. Diese u. dergleichen Umstände geben mir Gelegenheit, ihnen zum Herzen zu reden, den Heyland u. Sein blutiges Verdienst anzupreisen u. auch etwas von dem Werk der Gnade, das Er jezt auf Erden hat u. wobey Er die Brüder aus Gnaden braucht, zu erzehlen. Ueberhaupt sind die Leute froh, so viel vom Leiden Jesu zu hören: denn ihre eigene Prediger haben die Lehre als was altes schon lange nicht mehr getrieben. D. 28tn Abends hielt ich Versammlung im Malz-Hause. Einige der besten Famlien in der Stadt kommen beständig in dieselbe, auch Leute 5–6 Englische Meilen weit aus dem Lande. Wenn eine Gelegenheit geht, laßen sie es ihren Freunden wißen, oder schreiben es ihnen mit der Post, daß ich da bin, so [82] daß mein Hierseyn schon weit u. breit bekannt ist. D. 29tn verbrachte ich mit Lesen u. Schreiben, besuchte auch etliche Bekannte in der Stadt. Es geht eine Rede hier, als hätte ich vom König u. dem Gouvernement ein ausgeseztes jährliches Salarium als Prediger, u. ich dadurch recht wohl versorgt wäre. D. 30tn dachte ich viel an meine lieben Brüder in Irrland u. hielt eine herzliche Bande mit meinem geliebten HErrn und besten Freunde. Abends war wieder eine zahlreiche Versammlung, die täglich größer wird. Mein Text war: „Noch will ihnen der HErr wohl um Seiner Gerechtigkeit willen, daß Er das Gesetz herrlich u. groß mache.“ Jes. 42,21. Es ging wieder so stille zu, als wenn eine Gemein-Versammlung wäre, u. es rührte sich niemand, bis alles vorüber war. D. 31tn besuchte ich den ganzen Tag in der Stadt u. auf dem Lande. Eine kranke Frau in einem Dorfe, Maybole genannt, hatte mich rufen laßen. Mir war in dem Hause recht wohl, u. das wurde eine Gelegenheit, daß ich Freyheit erhielt; [83] auch da Versammlungen zu halten. D. 1tn Jun. dachte ich viel an die liebe Gemeine u. an das höchste Gut, das sie im heiligen Sacrament genießet. Im Geist genoß ich als Sein armes Blut-Würmlein auch meinen Antheil. Abends hielt ich eine Rede über die Worte : „Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten“ p. 2. Tim. 4,7.8. Ich wünsche von Herzen, daß noch ein Bruder hier wäre, damit die Gemüther der Leute im Anfang nicht zu sehr von Eines Bruders Vortrag eingenommen werden, u. die erweckten Leute mehr auf ihre Herzen kommen mögen. D. 2tn Jun. predigte ich Vormittags im Felde einer großen Menge Menschen, wobey mir der Heyland fühlbar nahe war, über die Worte: „Ihr Lieben, nachdem ich vorhatte, euch zu schreiben von unser aller Heyl, hielt ichs für nothig, euch mit Schriften zu ermahnen, daß ihr ob dem Glauben kämpfet“ p. Jud. v. 3. Zu Mittage predigte ich in dem Dorfe Maybole in dem Hause eines Mannes, der Loggan heißt, zu 200 Zuhörern [84] über die Worte: „Hören sie Mosen u. die Propheten nicht, so werden sie auch nicht gläuben, ob jemand von den Todten auferstünde.“ Luc. 16,31. Nachmittag um 5 Uhr predigte ich wieder in der Stadt Air. Der Haufe war so groß, daß viele Leute sagten, sie hätten nie in ihrem Leben eine solche Menge Menschen auf einem Fleck beysammen gesehen. Wahr ist es, ich vor meine Person habe nie vorher einer so zahlreichen Versammlung beygewohnt, u. doch war alles so stille, als wenn nur ein einziger Mensch da gewesen wäre. Mac Gill, einer der Stadt-Prediger, war auch zugegen. Mein Text war: „Darum spricht der HErr HErr: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist. Wer glaubet, der fleucht nicht.“ Jes. 28,16. Wie ich die Leute 2 Stunden vorher sich versammlen sahe, wurde ich doch ein bißel verlegen, wie es gehen würde; ich legte aber mein ganzes Anliegen an meines Heylandes treues u. liebendes Herz, u. bat [85] Ihn, daß Er mit mir seyn u. mich nicht vergebens Sein Wort verkündigen laßen wolle. Er tröstete mich, u. ich denke, ich habe noch nie mit einem so seligen Gefühl Seiner Gegenwart geprediget als dismal. Bis hieher wird mir noch nichts in den Weg gelegt; jedermann scheint freundlich zu seyn u. wünscht, daß ich ja bey ihnen bleiben möchte. Meine Antwort ist: Das Werk ist des Heylands, u. Er wird dafür sorgen. D. 3tn besuchte ich verschiedene Leute auf dem Lande, eine Meile von hier. Es sind noch viel andere, die mich aufs Land invitirt haben; die Zeit langt aber nicht zu, nur die Helfte von ihnen zu besuchen. Morgen werde ich hier Versammlung halten u. nächsten Montag in Black-Hall, ohnweit Peasly, welches 5 Meilen von hier ist. Ich gedenke aber so bald möglich hieher zu retourniren, um an dem folgenden Sonntag in den 3 Plätzen wie gewöhnlich zu predigen. Die hiesigen Leute möchten sehr gern unser Gesang-Buch haben, u. es wäre mir sehr lieb, wenn eine Anzahl derselben u. auch von unsern andern [86] Brüdern hieher geschickt werden könten. Die Stadt ist ein See-Hafen, u. es gehen beständig Schiffe von hier nach Belfast mit Kohlen. Wenn es möglich ist, so bitte ich, daß ein Bruder mich je eher je lieber besuchen möge. Auch wolte ich bitten, mich ja nicht eher nach Irrland zurück zu rufen, bis ein Bruder an meine Stelle vor Schottland hier ist. Ich bin wohl, vergnügt u. selig in meinem Herzen u. fühle, daß unser treuer Freund sich nahe zu mir hält. Ich besuche dich oft im Geiste, /:schreibt er an Bruder Anton:/ behalte mich auf deinem Herzen vor unserm lieben HErrn, u. laß die Geschwister fleißig für mich beten pp.
[87]
betete Bruder Johann Nitschmann um 8 Uhr mit der Gemeine die Litaney u. gedachte in derselben des Säuglings Joh. Heinr. Rumpels, u. bey der Bitte um die ewige Gemeinschaft der hier heimgegangenen ledigen Schwester Margaretha Wittin u. des Knaben Johann Heinrich Stehmann.
Nachmittag um 4 Uhr hielt Bruder Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über den Text, u. in der Gemeinstunde um 7 Uhr redete er über die Loosung.
Nach der Liturgie um 9 Uhr wurde die Verlobung des Bruder Johann Daniel Schnepfs mit der Schwester Susanna Margaretha Krausin der Gemeine bekannt gemacht, u. unsere liebe Geschwister Wohns zu ihrer bevorstehenden Abreise nach Neu-Dietendorf an Geschwister Waecklers Stelle dem Andenken u. Segen der Gemeine empfohlen, [88] worauf sie
ihre Reise antraten. An eben dem Tage wurde vom Directorio unsers lieben Bruder David Nitschmanns Abfertigung u. Instruction zu seiner bevorstehenden Visitation in Nord-America expedirt. Wir empfehlen ihn u. seine Ehe-Schwester u. Geschwister Joseph Neissers, die mit ihnen reisen, dem Gebet u. Segen aller unserer Gemeinen. Zugleich wurde vom Directorio an die dortige Oeconomats-Conferenz, an die Geschwister in den Gemein-Orten u. an die Land-Gemeinen geschrieben.
Sonst erhielten wir auch in diesen Tagen Nachricht, daß unser lieber Bruder Joseph u. seine Gesellschaft am 25tn Jul. glücklich u. wohl in Berlin angekommen, welches uns um so viel erfreulicher war, da die Brüder Joseph u. Seidliz, unterwegs unpäßlich geworden.
ging Bruder Johannes mit seiner Benigna u. der Schwester Caritas nach Niesky, allwo das dasige Gemein-Fest [89] am 8tn in wahrer Gnade begangen wurde. Auch waren daselbst die Chor-Einrichtungen der Jünglinge, Knäbgen u. Mädgen. Am 9tn Aug. ging gedachte Gesellschaft nach Klein-Welke, u. am 10tn wurde das dasige neue Chor-Haus der ledigen Brüder u. insonderheit die Versammlungs- u. Schlaf-Säler eingeweyhet. Es waren etliche 30 ledige Brüder aus Herrnhuth u. Niesky dahin gekommen. Der Heyland machte diesen Tag zu einem Tag der Freude für die dasige ganze Gemeine u. insonderheit die ledigen Brüder, unter denen auch die erste Chor-Einrichtung war.
In Herrnhuth hielt Bruder Georgius am 6tn Aug. zur gewöhnlichen Zeit eine Rede über die Loosung.
hielt Bruder Layriz Abends zur Zeit der Lection eine Rede über die heutige Loosung, welcher der Herr v. Hohenthal nebst andern besuchenden Fremden beywohnte.
redete Bruder Georgius in der Versammlung der Communicanten über die Loosung [90] u. in einer Versammlung der Ehe-Geschwister war die Trauung des am 4tn hujus erwehnten Paares.
hielt Bruder Johann Nitschmann zur gewöhnlichen Zeit die Stundenbeter-Versammlung.
Sonst ist bey dieser Woche noch folgendes zu communiciren:
1.) Von Bruder Paschko erhielten wir Nachricht, daß er am 30tn Jun. in Herrmannstadt angekommen u. von dasigen Geschwistern herzlich empfangen worden.
2.) Bruder Carstens in Lübeck meldet, daß Geschwister Hüffels am 27tn Jul. aus Travemünde nach Petersburg abgesegelt sind.
3.) In Gnadenfrey ist die Schwester Ostin u. die ledige Schwester Anna Maria Morbachin zum Heyland gegangen.
4.) Dem Bruder Cleve in Suriname wurde seine schriftliche Ordination gesandt.
[91]
hielt Bruder Johann Nitschmann um 8 Uhr die Gemein-Litaney und gedachte in derselben gehörigen Orts des vorige Woche getrauten Paares, unsrer Geschwister Schnepfs.
retournirte Bruder Johannes mit seiner Gesellschaft von seinem Besuch in Niesky u. Klein-Welke.
Aus Thomas erhielten wir in diesen Tagen erfreuliche Nachrichten vom Monat May. Unser lieber Bruder Georg Keiter ist aber daselbst am 11tn May in seines HErrn Freude eingegangen.
Unsere 4 Brüder, die nach Labrador gehen, sind am 2tn Jun. in Croghe Harbour in Newfoundland nach einer glücklichen See-Reise von 26 Tagen angekommen. Bruder Drachart war wieder ganz gesund.
Von Bruder Nathanael bekamen [92] wir Briefe aus New York. Geschwister Friedrich Schmidts sind auf ihren künftigen Posten nach New-Port in Rhode-Island abgegangen.
So hat auch Bruder Etwein unterm 11tn May aus Bethabara von seinem Besuch in Georgien u. den gesegneten Wirkungen des General-Synodi unter den Wachauischen Geschwistern, Nachricht gegeben.
als dem Gedächtniß-Tage der ersten Ausgießung des heiligen Geistes über die jezige Gemeine, in der Kirche zu Berthelsdorff anno 1727. versammlete sich früh um 8 Uhr die ganze Gemeine auf dem Saal.
Bruder Johannes hielt eine eindrückliche Rede u. erwehnte in derselben dankbarlich des wichtigen Vorgangs an dem heutigen Tage vor nunmehr 38 Jahren, fiel darauf mit der Gemeine auf die Knie u. brachte mit derselben unserm so gnädigen u. treuen HErrn u. Hohenpriester ein mit vielen Thränen vermengtes Gratias für Sein die Jahre her so fühlbares Bekenntniß zu uns Seinen armen Sündern.
[93] Der Schluß war: Nimms Aug von Thränen naß – zum Gratias p. Die wir uns nun hier beysammen finden; schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p.
In einer Weile darauf gingen so viele der hiesigen Communicanten nach Berthelsdorf, als die Kirche fassen konte.
Bruder Johannes that vor dem AbendMahl folgendes Gebet:
Allerliebster Heyland, Du Einiger Hoherpriester u. Versöhner Deiner Gemeine! Du hast heute vor 38 Jahren an dieser Stätte Dein Auge auf Deine Brüder-Gemeine so freundlich blicken laßen, daß ihre Herzen vor Dir zerschmolzen u. ihre Augen in Thränen zerfloßen sind. Du hast sie damals zu einer lebendigen Gemeine gemacht u. Deinen heiligen Geist über Dein Brüder-Volk ausgegoßen. Lieber Heyland! wir erscheinen heute wieder an dieser gesegneten Stätte vor Dir u. danken Dir für alle Barmherzigkeit u. Gnade, für die Verklärung deiner Wunden, für die Aufrechthaltung unsers Bundes auf Deine [94] Marter u. Tod u. für die tausendfachen Segen u. Gnaden, die Du an uns arme Sünder gewendet hast u. noch wendest. Wir bringen Dir unser Gratias mit naßen Augen u. bekennen Dir zugleich, daß wir viel zu geringe sind aller Deiner Barmherzigkeit u. Treue, daß in uns nichts als Elend u. Sünde ist, ja daß Du vielfache Ursache hättest, Dein Angesicht von uns zu wenden u. uns Deine Gnade zu entziehen. Wir bekennen Dir alle Mängel u. Gebrechen, die wir noch täglich an uns finden; bitten Dich aber, daß Du Dich in dieser Stunde aufs neue zu uns wenden, Deine durchgrabene Hände über uns aufheben u. uns von alle dem, was Dir bisher nicht an uns gefallen, absolviren wollest. Wir erkennen Deine Güte u. Treue, die alle Morgen neu an uns ist, u. bitten Dich, bleibe bey Deiner Gemeine, bey dem Volke, das Du Dir gesammlet hast, laß Deine Gnade unter uns fortwalten u. bereite uns zu einer Gemeine, die Du Deinem Vater im Himmel als einen wahren Lohn Deiner Schmerzen [95] zeigen kanst, u. an der der heilige Geist für Seine mütterliche Pflege Freude hat. Wir geben uns von neuem in Deine Hand u. bitten Dich, daß Du uns durch das heilige Sacrament aufs neue segnen, unsern Bund auf Deine Marter u. Tod erneuern, durch Deinen Marter-Leichnam in die Aehnlichkeit Deiner Leiche gestalten u. durch Dein Gottes-Blut unser Herz aufs neue lebendig machen u. in Liebe gegen Dich u. unter einander entzünden wollest. Allerliebster Heyland! Du hast uns dazu aufgerufen, daß wir in dieser lezten betrübten Zeit, da man anfängt, Deines Namens zu vergeßen u. auch in den Religionen die Lehre von Deiner Marter nicht mehr achtet, bey Deinen Wunden bleiben u. das Wort von Deinem Creuz treiben sollen. Auch dazu geben wir uns Dir aufs neue hin u. wollen Deinen Tod unter Christen u. Heyden getrost bekennen. Christe, Du Lamm Gottes, der Du getragen die Sünde der Welt u. auch Deines Volks, gib uns Deinen Frieden. Amen!
[96] Die Austheilung des gesegneten Brodes u. Weines geschahe darauf nach den Einsetzungs-Worten, von den Brüdern Müller u. Anders unter Bruder Johannis Liturgie.
Nach der Rückkunft von Berthelsdorf gegen 12 Uhr begingen auch die zurück gebliebenen Geschwister das AbendMahl auf dem Gemein-Saal, u. Nachmittag gegen 4 Uhr hatten zuerst die Schwestern u. darauf die Brüder das Anbeten.
Und so wurde dieser Tag von frühe an bis in die Nacht von der Gemeine in wahrer Gottes-Freude zugebracht, u. bey allen erwehnten Versammlungen, wie auch in der Singstunde Abends, welche mit dem Segen beschloßen wurde, war der Heyland gewißlich da.
war es jährig, daß das Directorium von unserm lieben HErrn im General Synodo ernennt worden. Wie hat Er sich nicht seitdem an Seinem Hause u. Volke bewiesen u. sich als unser Aeltester zu dem Rath Seiner Diener, ohngeachtet unsrer Armuth u. Schwäche, bekannt! [97] Er war auch heute in unsrer Mitte, u. ließ uns Seine Zufriedenheit inne werden. Die ganze Gemeine nahm herzlich Antheil daran u. erbat in der Singstunde dem Directorio neue Segen, u. das werden gewiß alle unsere Gemeinen gethan haben.
Sonst retournirte heute Bruder Joh. Heinr. Thiele, der einige Tage zum Besuch bey uns war, nach Gnadenbergel, u. mit ihm trat auch der Siebenbürgische Bruder Clemens, der sich einige Wochen hier aufgehalten, seine Rückreise an.
reisten Geschwister Weinels nach Barby, Geschwister Raschhens nach Altona u. Geschwister Ranzaus nach Hollstein u. Zeist ab, nachdem sie in der Singstunde Abends vorher dem Segen der Gemeine empfohlen worden.
Der heutige Tag, da die Gehülfinnen vom Directorio im Synodo ausgemacht worden, hatte ebenfals seine eigene liebliche Signatur.
In der gewöhnlichen Versammlung der Communicanten redete Bruder Georgius über die heutige u. gestrige Loosung.
[98]
wurde vom Directorio u. dem Vorsteher-Collegio über die Wachau eine ausführliche Conferenz gehalten, in welcher uns der Heyland verschiedene wichtige Auskünfte, sonderlich in Ansehung des daselbst anzulegenden Gemein-Orts Salem u. der Vertheilung des Landes unter die Lots-Innhaber schenkte.
Das heutige Mädgen-Fest wurde gar lieblich u. selig begangen. Vormittag beteten sie ihre Litaney, u. Nachmittag um 2 Uhr hatten sie fröliche Agapen, bey welchen auch die Mädgen von Berthelsdorf u. Cathrinenhof waren. Bruder Gregor hatte ihnen dazu folgenden schönen Fest-Psalm, der gedruckt worden, gemacht:
Gott grüß’ Dich im Saal
Zum Fest-Liebes-Mahl,
Du liebliche Schaar,
Die immer dem Heyland
vorzüglich lieb war!
Gemeine Ach wie freut sich mein Gemüthe
- Ueber Seiner großen Güte!
[99] Chorus 1. Kommt her, Kinder, hört zu!
- Kommt u. höret die Worte des
- HErrn. Wir wollen uns setzen
- zu Seinen Füßen u. lernen
- von Seinen Worten.
Liturgus Wollt ihr wißen, was zun Füßen
- Eures Freundes wird getrieben:
- Nichts als lieben,
Liturgus u. Chorus Nichts als lieben :/:
Gemeine Der eine liebt doch gar zu sehr,
- Das andre schämt sich immermehr.
Solo: Daß unser Heyland die Kinder liebt,
- Und auch Beweise gnug davon gibt,
- Sagt uns theils die Bibel,
- Theils gibts noch heute
- Tausend so kleine geliebte Leute,
- Die’s attestir’n.
- Mit welchem Herzen voll Zärtlichkeit
- Hat Er die Kindlein dort benedeyt,
- Die man Ihm zum segnen
- Zu bringen pflegte:
- Er herzt’ u. küßte sie all´ u. legte
- die Händ’auf sie.
- Ein ander Kindlein, das bey Ihm stand,
- Nahm Er aufs freundlichste bey der Hand,
- küßt’s und sprach zu denen,
- Die auch hinkamen:
- Wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen,
- der nimmt mich auf.
[100]
- Verachtet ja diese Kleinen nicht;
- Denn ihre Engel sehn´s Angesicht
- Gottes meines Vaters,
- Und wenn ihr gleiche
- Erben wollt werden im Himmelreiche,
- So werd’t wie sie!
- Wie herzlich hat Ihm der Kinder Lall’n
- Und Hosiannah-Geschrey gefall’n,
- Da erfüllet wurde,
- Daß die Unmündigen
- Und jungen Säuglinge soll’n verkündigen
- Das Lob des HErrn.
- Ach Sein Verlangen war für u. für:
- Weißt meine Kinder, weißt sie zu mir!
- Bis Er selbst kam suchen,
- Ob Er sie könne
- Zu sich versammlen, wie eine Henne
- Mit Kichlein thut.
Gemeine Das mag ein Herze seyn :/:
Chorus 2. O welch ein Blick!
- O welch ein süßer Blick
- In jene Zeit zurück
- Der Mensch-Sohns-Tage!
- Ach jede Nachkunft frage
- Nach gleichem Glück :/:
- O schöne Zeit!
- O wunderschöne Zeit,
- Die jezt noch Rosen streut,
- Darauf wir wandern
[101]
- Entgegen einer andern
- Die mehr erfreut :/:
Gemeine Ach daß sie da wär schon!
Chorus 1. Wenn schlägt die angenehme Stunde,
- Die uns so Tage wieder bringt?
- Wenn kommts, daß man mit frohem Munde
- Die Ankunft unsers Freunds besingt?
- Wenn wird Er mir die Freude gönnen,
- Daß Ihn mein sehnlich Auge sieht?
- Wenn werd’ ich den umfaßen können,
- Der mich unsichtbar an sich zieht?
Liturgus Unser Grämen zu beschämen,
- Kan’s einst unversehens seyn.
Chorus 1. Wie würd’ uns seyn?
- Wie würd’ uns jetzo seyn,
- Du Freund der Kinderlein!
- Wenn wir Dich sähen
- Mit ofnen Armen stehen?
- Wie würd´ uns seyn? :/:
Gemeine Wir fiel’n zu Deinen Füßen
- Und ließen Thränlein fließen,
- Und sprächen: Nimm, dein Küchlein ein!
Solo. So was, ihr Kinder, ist auch geschehn,
- Ob Ihn wol leiblich keins hat gesehn,
- als Er hies’ge Mägdlein,
- Eure Vorfahren,
- heute vor just acht u. dreyßig Jahren
- hat heimgesucht.
[102]
- Da wurd’ Er ihnen so fühlbar nah,
- Als stünd’ Er ihnen vor’n Augen da,
- Und bat um ihr Herze,
- Daß sie’s Ihm gäben;
- Und seht, sie weinten u. gaben’s eben
- So hin, wies war.
- Dadurch entstunde ein himmlisch Feu’r
- Bey unsern Kindern, das brennt noch heu’r,
- Und soll nie verlöschen
- bey Seinen Kleinen,
- Bis Er zum andernmal wird erscheinen
- Mit ofner Pleur’[WS 7].
Chorus 2. Vergnügter Blick!
- Dankbar vergnügter Blick
- Auch in die Zeit zurück!
- Doch jez’ger Tagen
- Wär schon was zu sagen
- Von unserm Glück :/:
Gemeine Erhalt es uns als unsern eignen Segen
- Um deiner heiligen fünf Wunden wegen.
Solo. Von dort her schreibt sich das heutge Fest;
- Und seyd ihr gleich nicht dabey gewest,
- Ist doch jene Gnade
- Auf euch gekommen;
- Auch hat das Feuer, das dort entglommen,
- Euch angezündt.
- Nun hat Er gerne, das wißt ihr schon,
- Für Seine Arbeit den vollen Lohn
- An jedweden Kindes
[103]
- Zärtlicher Liebe,
- Attachement u. entbranntem Triebe
- Zu Sein’r Person.
- Denn daß der Schöpfer vom Himmel kam
- Und einen menschlichen Leib annahm,
- Und sich unsre Seelen
- Mit Blut erwarbe,
- Und als ein Märtyrer für uns starbe,
- Muß fruchtbar seyn.
- Drum, lieben Kinder, seyd hocherfreut,
- Daß Er so Funken hat ausgestreut,
- Die in euch zur Flamme
- Des HErren werden;
- Und da ihr Ihn habt, mit Ihm auf Erden
- Im Himmel seyd.
- Nun könnt ihr täglich Beweise seyn
- Von Seiner Liebe zu Kinderlein;
- Denn Er ist wahrhaftig
- In eurer Mitten,
- Und jedes Merkmaal von Seinen Tritten
- Bringt Friede ’rein.
- Er hält euch Schule u. küßt zugleich
- Sein Stab u. Stecken regieret euch;
- Seine Nähe tröstet;
- Sein Blut versöhnet;
- Und durch Sein Schönthun mit euch gewöhnet
- Er euch an sich.
- Sein Bußkamfs-Schweiß weht euch heilsam an,
[104]
- Daß jed’s gesund davon werden kan.
- Seine Liebes-Arme
- Mit Blut befloßen
- Halten euch Tag u. Nacht gern umschloßen,
- Da hängt euch dran,
- Und seht, daß ihr euch der Seligkeit
- Nie ohne Zährlein u. schaamroth freut;
- denn’s ist lauter Gnade
- Und bleibt ein Wunder
- Seiner Barmherzigkeit, so jezunder
- Wie allezeit.
Gemeine Ach! Herz und Auge rinnen,
- Wenn wir deß werden innen.
Chorus 1. u. 2. Groß sind die Werke des
- HErrn! wer ihr’r achtet, der
- hat lauter Freude dran. Laßet
- Seinen Ruhm erschallen in den
- Reigen Seiner Mägdlein!
Liturgus Singet Ihm, als stünd Er da:
Alle: Ave und Hallelujah!
Chorus 1. O daß Ihn doch jedes mit frölichem Geiste
- Sein Lebelang liebte u. lobte u. preiste!
- O wäre doch jeglicher Pulsschlag ein Dank
- Und jeglicher Othem ein Freuden-Gesang!
- Das Lamm, das mit Blut unsre Seelen erworben,
- Der Freund, der aus Liebe für uns ist gestorben,
- Ists ewiglich würdig demselben zu Ehr’n
- Sprech alles Volk Amen u. lobe den HErrn!
Alle: Preis, Ehre u. Macht sey Ihm von uns armen
- Erlösten gebracht!
[105] Ihre darauf folgende Homilie u. das unter viel Thränen gehaltene Anbeten, so auch ihr Gang auf den Huthberg u. durch den Garten, war in seliger Gnade.
In der Beter-Versammlung erinnerte Bruder Johannes an das heutige Fest der Mägdlein, u. empfahl dieselben dem Gebet u. Segen dieser Gesellschaft. Er gedachte auch dankbarlich der heutigen Zurückkunft der Geschwister Josephs, Bruder Seidliz u. Gneuß von ihrer gesegneten Visitation in Berlin u. Rixdorf, u. berührte zulezt mit ein paar Worten die heutige Loosung: Ich will reden, was der HErr mir sagen wird.
Den Witwern hielt er um 8 Uhr eine Homilie über den Text.
Zum Schluß des Tages u. dieser Woche erschienen noch die Mägdlein im allgemeinen Abendsegen u. machten durch den Gesang: Aus dem Munde der Unmündigen – hast Du Lob zugerichtet p. daß Alten u Jungen die Augen übergingen.
[106]
betete Bruder Joseph früh mit der Gemeine die Litaney u. gedachte gehörigen Orts des Bruder Georg Keiters, der in St. Thomas, und der Schwestern Ostin u. Morbachin, die in Gnadenfrey heimgerufen worden.
Gegen Mittag retournirten unsere lieben Heinrichs von Merseburg, allwo sie den Herrn Grafen Promnitz, unsrer lieben Agnes Bruder, auf eine besondere Veranlaßung besucht hatten.
Nachmittag hielt Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Joseph Abends in der Gemein-Stunde redete u. zum Schluß die morgen auf ihren Posten im Hollsteinischen wieder abreisende Geschwister Erich Braus dem Segen der Gemeine empfahl, welche ihnen [107] sang: O könten sie – die Herzen – auf Emauntisch heitzen! Deines Angesichtes Schweiß segne sie auf ihrer Reis’ p. HErr Jesu Christ! Dein Tod – behalte Deine Leute p.
kamen Geschwister Waecklers von Neu-Dietendorf bey uns an.
Von Bruder Gambold erhielten wir einen lieblichen Bericht von der Einrichtung der Gemeine in Coothill in Ireland am 6tn Jul.
Sonst wurde heute vom Directorio eine ausführliche Conferenz über die Berlinische u. Rixdorfische, u. am 21tn darauf über die Schlesischen Gemeinen gehalten, in welchen uns unser lieber HErr verschiedene wichtige Anweisungen gab.
hielt Bruder Georgius zur gewöhnlichen Zeit eine Rede über die Loosung.
traten Geschwister Daniel Schnepfs mit dem Segen der Gemeine ihre Reise nach der Wachau an.
bekamen wir wieder Diaria u. Briefe aus St. Thomas, u. unter andern [108] eine schöne Erklärung über verschiedene wegen der Arbeit der Brüder unter den Negern von der hohen Obrigkeit vorgelegte Fragen, darinnen unter andern gemeldet wird, daß bereits 67 von unsern hingesandten Geschwistern in den dortigen 3 Eylanden heimgegangen. Der von unsern Brüdern getauften Erwachsenen sind 2816, der Kinder 654, der von andern Getauften u. in unsere Gemeine aufgenommenen 69. Summa 3539. Von diesen sind bereits 789 vor dem Throne des Lammes. Gegen 600 sind AbendMahls-Geschwister, u. sie zehlen über 2000 Lehrlinge u. Tauf-Candidaten, die hofnungsvolle Leute sind u. um die heilige Taufe bitten.
Auch bekamen wir diese Woche erfreuliche Diaria u. Briefe aus Suriname vom 28tn May. Unsere Geschwister sind wohl, die Arbeit unter den Indianern geht in neuem Segen, u. es continuirt auch die hofnungsvolle Bekanntschaft mit den Frey-Negern.
Bruder Daniel meldet vom 28tn Jun. aus der Stadt Moscau seine u. der andren Astracanschen Brüder glückliche [109] Ankunft daselbst.
Die Versammlung um 7 Uhr hielt Bruder Johannes über die Loosung u. darauf den ledigen Schwestern über eben dieselbe eine Chor-Homilie.
kamen Geschwister Hadwigs aus Liefland mit der Schwester Christiane Friederica glücklich u. wohl an.
Von unsern Brüdern aus Trankenbar in Ost-Indien bekamen wir vom 24tn Oct. vorigen Jahres Briefe, die uns über das, worüber wir ihrenthalben verlegen waren, gar sehr trösteten. Sie sind alle wohl u. gesund.
In der Beter-Versammlung betrachtete Bruder Johannes die heutige Loosung über welche er um 8 Uhr den großen Mädgen eine Chor-Homilie hielt.
Sonst fügen wir dieser Woche noch folgendes bey:
1.) Bruder Lauterbach wurde von Zeist hieher gerufen, um dem Bruder Joseph bey der Arbeit an dem Lebenslaufe des seligen Jüngers zu assistiren.
2.) Der Heyland hat das Directorium angewiesen, daß diesen Herbst eine Visitation von ihm in Gnadenbergel [110] u. Gnadenfrey geschehen soll. Die Correspondenz an daßelbe gehet aber auch als denn, wie bisher, nach Herrnhuth.
3.) Bruder Gambolds Bericht ans Directorium von der Einrichtung der Gemeine zu Coothill im North von Ireland:
Am 5tn Jun. reiste ich mit meiner Frau von London nach Fulneck ab, wo wir uns 11 Tage zu unserm grossen Vergnügen aufhielten u. in der Zeit auch die dortigen Land-Gemeinen sahen. Unsern kleinen Sohn, der mit uns gekommen war, ließen wir in der dasigen Kinder-Anstalt u. sezten unsre Reise nach Irrland fort, in Gesellschaft der ledigen Schwester Mariegen Schneiderin. In Duckenfield blieben wir ein paar Tage u. erquickten uns in dem lieblichen Gemeinlein daselbst. Als wir an die See kamen, war der Wind uns zwar entgegen; aber unser guter HErr half uns doch so glücklich hinüber, daß wir am 29tn nach Dublin kamen, u. den folgenden Tag das heilige AbendMahl mit dieser Gemeine halten konten. Wir ruhten hier 3 Tage aus, damit die Brüder im North Zeit haben möchten, uns in Coothill [111] zu begegnen, wohin ich u. meine Frau am 4tn Jul. abreisten u. am Freytag Nachmittag d. 5tn ankamen. Wir fanden unsern lieben Bruder Anton, die Brüder Horne u. Jorde u. Geschwister Zanders, welche leztere die Arbeiter an diesem Orte sind, schon vor uns, die uns alle mit vieler Liebe empfingen. In der Conferenz hielten wir dafür, daß, ob die Zeit gleich kurz war, doch der morgende Tag am schicklichsten seyn würde zur Einrichtung dieser neuen Gemeine, u. unser lieber HErr bestätigte diesen Gedanken. Alle die Candidaten zur Gemeine, welche vor 2 Jahren bey unsers lieben Bruder Johanns Visitation dazu ausgemacht worden, /: ausgenommen 1 oder 2, bey denen Geschwister Zanders ein Bedenken hatten :/ waren schon bestellt, u. dazu kamen noch etliche neue, von denen man glaubte, daß sie in Vorschlag kommen könten. Am Sonnabend früh d. 6tn Jul. waren sie alle beysammen, u. wir sprachen einzeln mit ihnen zu unsrer Satisfaction. Sie sind einfältige Herzen u. recht gefühlig gegen den Heyland u. das Wort von Seiner Versöhnung, u. voller Verlangen nach den [112] Gemein-Gnaden. Die mehresten von ihnen wohnen kaum eine Englische Meile von der Capelle, u. nur sehr wenige in Arvogh, welches über 3 deutsche Meilen von hier liegt. Diese leztere waren die vorige Nacht durch zu Fuße hieher gegangen. Nach diesem Sprechen kam die Conferenz zusammen, um den gnädigen Willen unsers HErrn u. Hauptes zu hören, welche von ihnen Er uns anweisen würde als die ersten Gemein-Glieder an diesem Orte. /: 6 ledige Brüder sind aus andern Gemeinen, wo sie bereits aufgenommen waren, hieher gezogen, deren exemplarischer Wandel ein guter Geruch in der ganzen Gegend ist :/ Alle die alten Candidaten, ausgenommen 2, u. auch 4 von den 6, die jezt erst vorgeschlagen wurden, bekamen die Erlaubniß zur Aufnahme, nemlich 8 Paar verehlichte Geschwister, 7 verehlichte Brüder, 4 verehlichte Schwestern, 2 Witwen, eine ledige Schwester, das ist, 15 Brüder u. eben so viel Schwestern, in allen 30. Unter diesen war ein Bruder, der in der Römisch-Catholischen Religion erzogen war, u. ein anderer, der ehedem ein notorisch schlechtes Leben [113] geführt hatte; die große Veränderung aber, die bey ihm vorgegangen, war die Gelegenheit, daß die Leute in Arvogh vor etlichen Jahren nach dem Evangelio u. dem Umgang mit den Brüdern begierig wurden. Alle diejenigen, mit denen wir gesprochen hatten, wurden zu einem LiebesMahl Nachmittags in der Capelle bestellt. Wir redten mit ihnen von dem Werke, das der Heyland in unsern Tagen auf Erden hat u. unter dem Brüder-Volk u. durch deßen Dienst ausführet, u. was der Grund u. das Leben von dem allen sey, nemlich das verdienstliche Leiden u. der Tod des HErrn. Wir führten ihnen auch zu Gemüthe, daß die Seelen an diesem Orte nun schon etliche Jahre von den Brüdern mit dem Evangelio bedient worden, u. daß es eine geraume Zeit ihr Verlangen gewesen, zu einer Gemeine eingerichtet zu werden, damit sie mehrerer Pflege genießen u. mit Christi Blut und Christi Sinn ausgeschmückt werden möchten. Unser lieber HErr habe auch schon vor einiger Zeit Sein Ja-Wort dazu gegeben; u. dem zufolge solte ihnen diese Gnade am heutigen Tage [114] zu Theil werden; es hange allemal von der souverainen Gnadenwahl des Heylands ab, was vor schwache u. in sich selbst unwürdige Sünder Er als die ersten Glieder einer solchen Gemeine zu ernennen beliebte. Hierauf wurden die Namen gelesen, u. diese 30 Personen, nebst den vorerwehnten 6 ledigen Brüdern, in Seinem theuren Namen, ja im Namen der heiligen Drey-Einigkeit zu einem Gemeinlein, wie Seine übrigen Brüder-Gemeinen sind, in deren Mitte Er wandelt, u. die Sein Schmerzens-Lohn sind, declarirt. Wir empfahlen sie in einem herzlichen Gebet unserm lieben Vater, dem heiligen Geiste u. unserm lieben HErrn, zum Schutz, Pflege u. Seiner beständigen Nähe u. Segen. Wir wünschten auch insonderheit, daß dieses Häuflein, nach der heutigen Loosung, als ein Täublein in der Arche Seiner Kirche, ja in Seinen heiligen Wunden unverrückt bleiben u. zum Segen für dieses ganze Land sein Oel-Blat tragen möge. Eine Schwester, die zur Aufnahme ausgemacht war, nemlich die verehlichte Schwester Cooney, war noch ungetauft, hatte aber schon [115] lange ein sehnliches Verlangen nach der Taufe; sie wurde also am heutigen Tage durch das Sacrament der Taufe aufs feyerlichste in die Gemeine aufgenommen u. Catharina genannt, welchen Namen sie auch vorher hatte. Die Geschwister gingen hierauf nach Hause, u. am Sonntag früh d. 7tn Jul. kamen sie wieder. Zuerst war die öffentliche Predigt u. dann das vierteljährige LiebesMahl der Societaet, welches Bruder Zander auf den heutigen Tag bestellt hatte, noch ehe er wußte, was in diesen Tagen hier geschehen würde. Die Societaet besteht aus 100 Personen. Nach einer kurzen Anrede wurde ihnen Bruder John Caldwells Brief aus Schottland vorgelesen. Er ist ein lediger Bruder aus diesem Orte u. von den hiesigen Geschwistern gar sehr geliebt. Wir nahmen Gelegenheit, ihnen zu sagen, daß nunmehro eine Gemeine allhier eingerichtet sey, u. wie sie solches anzusehen haben, u. daß die Societaets-Leute sich auch fernerhin recht nahe an den Heyland halten möchten. Wir beschloßen, daß wir diesen Abend, da wir alleine seyn [116] würden, das heilige AbendMahl halten wolten, u. hielten daher des Nachmittags Conferenz, um unsern lieben HErrn zu fragen, wer von den Aufgenommenen die Gnade haben möchte, an Seinem heiligen Leichnam u. Blut ein Mitgenoß zu werden. In dieser so wol als in der gestrigen Conferenz nahmen wir mit dankbarem Herzen Seiner pünctlichen Direction wahr. Aus 30 erlaubte Er 10, nemlich 6 Brüdern u. 4 Schwestern, des höchsten Gutes theilhaftig zu werden. Abends um 6 Uhr hatten diese Communicanten eine Versammlung in der Capelle, da ihnen erst eine Rede gehalten wurde von diesem hochheiligen Sacrament, worinnen der HErr Seiner Kirche Seinen eigenen Marter-Leib u. Blut mittheilet, Leben u. Saft gibt u. sie wie der Weinstock die Reben durchgehet, u. dadurch die Glieder Seiner Kirche mit sich selber u. unter einander vereinigt. Wir nahten uns daher niemals dieser Geheimniß-vollen Handlung ohne zärtliche Beschämung u. Beugung, u. das Gefühl unsers mannigfaltigen Elends u. unserer Sündigkeit mache, daß wir allemal vorher Seiner gnädigen Absolution höchstbedürftig sind. Wenn das [117] heilige AbendMahl zum erstenmal in einer Gemeine gehalten werde, pflege diese Absolution durch das Fußwaschen zu geschehen. Es wurden denn die Füße dieser Geschwister gewaschen, u. nachher hielten wir das heilige AbendMahl. Es sahen 10 Geschwister als Candidaten zu, u. von diesen werden das nächstemal 6 confirmirt werden. Die heilige Communion wird künftighin des Sonnabends seyn. Nun war nur noch eine Versammlung übrig für die Communicanten alleine, nemlich die Liturgie nach der Communion am Montag früh. Dieselbe hielt unser lieber Bruder Anton mit einem besonders gesalbten Gefühl, u. redte auch kürzlich über die schöne Loosung: Du bist ein heilig Volk Gott deinem HErrn, dich hat Gott dein HErr erwehlet zum Volk des Eigenthums aus allen Völkern, die auf Erden sind. „Nun so gesegne dich auch dein Schöpfer, nun so formir dich der weise Töpfer;“ u. gab diesem Häuflein seinen Segen. Hierauf nahmen wir Abschied von einander. Die Brüder Anton, Horne u. Jorde kehrten nach dem North zurück, u. ich u. meine Frau nach Dublin, wo wir [118] etliche Tage warteten, bis wir eine Schiffs-Gelegenheit bekamen. Nach herzlichem Abschied von Geschwister Molthers gingen wir mit der Schwester Brockdorfin, deren Stelle unter den ledigen Schwestern in Dublin durch die Schwester Mariegen Schneiderin ersezt ist, an board, u. nach einer etwas langsamen Fahrt kamen wir am 18tn Jul. in Parkgate u. am 24tn in London wohlbehalten an. Ich verbleibe
d. 31tn Jul. 1765. | John Gambold. |
4.) Aus Bruder John Caldwells Brief an Bruder Anton d. d. Air in Schottland d. 2tn Jul. 65. ist folgendes zu communiciren:
Nun will ich dir melden, wie es mir gegangen, seit ich dir lezthin schrieb. D. 4tn Jun. hörte ich, daß 3 von den Kranken, die ich hier in der Stadt u. aufm Lande besucht habe, selig auf Jesu Verdienst heimgegangen sind. Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung in der Ziegel-Scheune, abermal zu einer großen Menge Menschen, über die Worte Joh. 3. „Wahrlich, wahrlich ich sage dir, es sey denn, daß jemand von neuem geboren werde, [119] kan er das Reich Gottes nicht sehen“. Der Heyland war in unsrer Mitte u. bestätigte das Wort mit Seiner lieben Nähe. Die folgenden Tage besuchte ich in Blackhall u. Peasley, aber die dortigen Leute waren nicht dafür, daß ich Versammlungen halten solte, aus Furcht, es möchten Unruhen im Kirchspiel daraus entstehen. Zulezt kam ich nach Glasgow, wo ich etliche Leute, mit denen ich bey meinem vorigen Hierseyn bekannt worden, zu meinem Vergnügen besuchte. Ich hielt zu unterschiedenenmalen kleine Versammlungen, wodurch ich mit mehrern von den Stadt-Leuten bekannt wurde. D. 13tn retournirte ich nach Air, u. besuchte den folgenden Tag meine Bekannte in und außer der Stadt, zu beyderseitiger Satisfaction. D. 14tn Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung über Jes. 53, 11. „Darum daß Seine Seele gearbeitet hat, wird Er Seine Lust sehen u. die Fülle haben.“ Unsre Scheune war wieder zu klein. Ein Pfarrer u. einige wohlhabende Leute aus der Stadt waren zugegen. Sonntags d. 16tn hielt ich früh u. Abends [120] Versammlungen in Air u. ging auch nach Maybole, wohin mich gegen 100 Leute von Air begleiteten. D. 17tn wurde ich von einem jungen Menschen besucht, der auf der Universitaet zu Glasgow studirt hat u. Pfarrer werden soll. Er ist wirklich um seine Seligkeit bekümmert u. hatte sich etliche Tage in Air aufgehalten, um mich zu hören. Er redte sehr gerade mit mir von seinem Verderben u. gesezlichen Kämpfen mit der Sünde. Ich sagte ihm, er müßte als ein armer Sünder zum Heyland kommen, sich aus Gnaden ein seliges Herz u. die wahre Freyheit in Seinem Blut u. Tode schenken laßen. D. 19tn ging er auch mit mir aufs Land, verschiedene erweckte Leute zu besuchen. D. 20tn ging ich nach Barnewell in Creagy-Kirchspiel. Die Leute hatten ein Zelt aufgeschlagen, unter welchem ich stund u. eine Rede zu 600 Leuten hielt über Jes. 12,2. „Siehe, Gott ist mein Heyl, ich bin sicher u. fürchte mich nicht; denn Gott der HErr ist meine Stärke.“ Barnewell liegt nahe an der Glasgower Straße. Der Pfarrer ist weggegangen, die Kirche [121] eingefallen u. alles in der größten Confusion. Der Heyland schenke mir Eingang bey diesen Leuten. Sie baten mich sehr, ihnen öfters Versammlungen zu halten; ich habe aber so viele Invitationen, auch von andern Orten, daß ich sie für die Zeit nicht alle annehmen kan. Wie ich Abends nach Air zurück kam, erhielt ich deinen lieben Brief, welcher mir sehr angenehm war. D. 22tn u. 23tn war ich wieder in Maybole. Unser lieber HErr gibt mir eine offene Thüre, Er geht voran u. ich folge Ihm nach, u. es ist gewiß, daß Er eine besondere Hand darunter hat, daß ich in diese Gegend gekommen bin; denn es ist bekannt, daß der Heyland u. Sein Blutvergießen u. Tod nirgends in ganz Schottland so verleugnet u. gering geachtet wird, als in der Grafschaft Air, wo die Leute durchgängig sehr eigengerecht sind. D. 28tn erfuhr ich, daß die Frau Loggan, die ich auf ihrem Kranken-Bette etlichemal besucht hatte, /: welches die Gelegenheit wurde, daß man mich zuerst invitirte, in Maybole Versammlungen zu halten :/ diesen Morgen selig zum Heyland gegangen war. Sie dankte dem Heyland oft vor ihrem Heimgange, [122] daß Er sie so lange hätte leben laßen, bis sie gehört hätte, was der HErr für ihre Seele gethan. D. 29tn am heutigen AbendMahls-Tage hielt ich eine Herzens-Bande mit dem Heyland, u. legte mich u. alle meine Umstände an Sein treues Herz, u. Er tröstete mich gar gnädiglich. Nachmittags ging ich nach Tarboutton, meinen Freund Mr William Hood zu besuchen. Dieser Ort liegt eine starke deutsche Meile von Air. Der Pfarrer redt sehr bescheiden von den Brüdern u. hat seinen Kirch-Kindern erzehlt, wie viel Gutes die Brüder an so manchen Orten in der Welt gethan haben. Die Leute wolten, daß ich ihnen Abends um 6 Uhr eine Versammlung halten solte, u. schlugen mir ein Zelt auf: u. da es Zeit war, daß die Leute zusammen gerufen werden solten, so lauteten sie die Glocken. Ich that was ich konte, es zu verhindern, aber sie wolten es so haben. Ich redete über Ps. 138,6. „Der HErr ist hoch u. siehet auf das Niedrige, u. kennet den Stolzen von ferne“. Ich war dabey recht selig in meinem Herzen. Sonntags d. 30tn hielt ich wieder Versammlung in Air. Der Herr Pfarrer Derumple [123] machte heute, nachdem er seine Predigt geendiget, seinen Zuhörern bekant, daß er diesen Abend um 5 Uhr auch eine Versammlung halten würde, da er die Irrthümer der Brüder oder sogenannten Herrnhuther darthun wolte. Er sagte ihnen auch, daß wenn jemand von ihnen in meine Versammlungen gehen würde, den wolte er aus seiner Kirche ausschließen. Aber es schien einen ganz andern Effect zu haben, als er gedacht: denn es kamen mehr Leute in unsre Versammlung, als je vorher; ja seine eigenen Leute scheinen seitdem noch viel begieriger nach dem Evangelio. Ich kan nicht anders denken, als daß der Heyland ein großes Volk in dieser Stadt hat, das als Sein Schmerzens-Lohn für Ihn gesammlet werden wird. Der angefangene Widerspruch bekräftiget mich noch mehr in dem Gedanken. D. 1tn Jul. bey meinem heutigen Besuch fand ich, daß die Leute über das Lästern ihrer Pfarrer sehr unzufrieden waren. Ich befriedigte sie u. sagte ihnen, daß sie freylich etwas von der Art erwarten müßten; es würde [124] aber alles seinen guten Nutzen haben, sie solten nur geduldig seyn und sich ja nicht dadurch in Affect bringen laßen. Es wäre mir sehr lieb, wenn mich ein Bruder je eher je lieber zu besuchen käme.
[125]
war Gemein-Tag, zu deßen Anfang um 8 Uhr die Litaney gebetet wurde.
In den Versammlungen zur Lection communicirte Bruder Johannes aus den eingelaufenen Briefen u. Nachrichten unter andern folgendes:
1.) Bruder Matth. Kremser schreibt aus St. Thomas vom 16tn May 1765. an Bruder Joseph unter andern:
Ich lebe mit meinem treusten Freunde hier in St. Thomas selig. Er tröstet mich mit Seiner lieben Nähe u. läßt mich fühlen, wie lieb Er mich hat. Darum thue ich auch gern, was ich kan, so wol im innerlichen als im äußerlichen. Der Heyland ist bisher mit mir gewesen u. hat mich gesegnet.
Daß ich in Tortola gewesen, wirst Du wol schon vernommen haben. Weil ich bereits einige Invitationes bekommen hatte, [126] daselbst Zucker-Mühlen anzulegen, so fiel mir ein, vielleicht hat der Heyland auch Frieds-Gedanken über Tortola, die dortigen armen Sclaven durch Sein Blut selig zu machen, u. da Er sich so mancher Mittel bedient, das Evangelium von Seinem Versöhnungs-Tode bekannt zu machen; so ist vielleicht Sein Wille, daß ich hingehen u. nachsehen soll, ob nicht ein oder zwey Seelen sind, die nach Ihm fragen. Und so bin ich mit meiner Geschwister Sinn u. Herzen gegangen. Sonntags d. 16tn kam ich mit meinen Zimmer-Leuten auf Tortola in Roude an, u. ging gleich zu dem Herrn, für den ich die Mühle zu machen hatte. Er ließ sich in allerhand Discourse mit mir ein u. äußerte unter andern, daß wir ja den Negern auf den Dänischen Eylanden predigten. Ich antwortete, ja wir wären allein um der armen Neger willen hier in West-Indien, predigten ihnen das Wort von der Versöhnung u. daß ein jeder, der da glaube, daß Jesus Christus in die Welt gekommen sey, u. Sein Blut für uns vergoßen habe, [127] Vergebung der Sünden erlange pp. Ferner continuirte ich: es wären hier auch viele Neger, die in ihren heydnischen Greueln lebten u. keine Erkenntniß von Gott hätten, da Er sie doch mit Seinem Blute erlöset habe. Als er darauf erwiederte, er glaube nicht, daß die Neger von Gott erschaffen wären, fragte ich ihn, ob er nicht das 18te Capitel Jesaiä u. was der Prophet Zephanja im 3tn Capitel v. 10. sagt, gelesen hätte? Ja, sagte er, es stünden wol Verheißungen von ihnen in der Bibel, u. sie wären freylich Menschen; aber der Fluch ruhete doch auf ihnen. Ich antwortete: den habe der Heyland am Creuz auch für sie getragen, u. die Neger hätten daßelbe Recht zum Heyland, als wir Weißen, wir wären alle zur Seligkeit berufen.
Die weißen Leute sind hier ein sehr wildes u. rauhes Volk, dergleichen ich nicht viel gesehen habe, u. ich weiß nicht, obs in Sodoma u. Gomorrha schlechter zugegangen ist, als hier. Ich habe mich nur 14 Tage aufhalten können, u. gleichwol [128] ists unter den Negern bekannt worden, wer ich bin. Es sind auch verschiedene, die mich in St. Crux haben predigen hören, und in allen gegen 12 von selbst zu mir gekommen u. haben mich gefragt, wie sies machen solten, daß sie selig würden? Ich habe ihnen dann erzehlt, was der Heyland für sie gethan, von Seiner Geburt an bis zur Himmelfahrt, u. wie lieb Er sie habe. Ach! sagten sie, ich solte doch bey ihnen bleiben u. ihnen Worte von ihrem Erlöser sagen. Darauf antwortete ich, es würde vielleicht die Zeit kommen, daß einmal einer von uns zu ihnen käme, sie solten nur indeßen die Worte, die ich ihnen gesagt, tief in ihr Herz schreiben u. nicht vergeßen, was der Heyland für sie gethan habe. So hat auch einer von meinen Negern, Johannes der ein AbendMahls-Bruder ist, vielen von seiner Nation u. die mit ihm von Guinea gekommen sind, geprediget. Wenn nur vors erste ein Bruder da wohnte, der eine Profession hätte! D. 2tn Mart. ging ich wieder von Tortola ab nach St. Jan u. erfuhr unterwegs eine augenscheinliche Bewahrung [129] der lieben Engel. Da wir nemlich nicht weit mehr von St. Jan waren, kam auf einmal ein so heftiger Wirbel-Wind in die Segel, daß sie von einer Seite auf die andere flogen u. ich vom Baum in die See geschmißen wurde. Ich krigte aber noch das Fahrzeug zu faßen, hielt mich daran vest u. kam so ohne Schaden wieder glücklich hinauf. Ich dankte dem Heyland herzlich vor diese Bewahrung.
Das ist es, was ich von Tortola melden kan. Ich habe daselbst mit vielen Planters gesprochen, die sich freundlich gegen mich bezeiget, u. an Arbeit würde mirs auch nicht fehlen. Das Ab- u. Zureisen über die See ist aber etwas beschwerlich u. mit mancher Gefahr u. großen Kosten verknüpft. Ich bin auch 2 Monate in St. Jan gewesen; nun bin ich aber wieder bey meinen lieben Geschwistern in St. Thomas, lebe mit ihnen in Liebe u. Friede, u. der Heyland segnet uns zusammen. D. 11tn May ist unser lieber Bruder Georg Keiter recht selig in seine ewige Ruhe eingegangen. Es ist freylich schmerzlich, in 5/4tel Jahren 4 Paar Geschwister [130] getrennt zu sehen; was Er aber thut ist wohl gethan.
Geschwister Martin Macks sind von Ehe-Geschwistern noch alleine hier in St. Thomas übrig; der Heyland erhalte sie gesund! Schlüßlich empfehle mich in Dein Liebes-Andenken u. bitte alles herzlich zu grüßen pp.
2.) Unterthänigste Erklärung auf den von unsrer hohen Obrigkeit hier auf St. Thomas unterm 9tn Jan. 1765. communicirten Extract des Schreibens der Hochlöblichen Rent-Cammer zu Copenhagen d. d. 14tn Sept. 64. uns Mährische Brüder u. unsre Arbeit unter den Negern hier auf St. Thomas, Crux u. Jan betreffend:
1.) Wie viel Mährische Brüder sich auf allen 3 Eylanden befinden, die sich mit der Bekehrung der Neger abgeben?
So sind gegenwärtig Brüder auf
allen 3 Eylanden 10; auf St. Thomas
6, auf St. Jan 2 u. auf St.
Crux 2. Frauen sind gegenwärtig
5, darunter sind 2 Witwen.
Diese alle sind zu keiner andern
Absicht in diesen Eylanden, als alleine
zu Bekehrung der Neger, und
[131] jedes sucht zu helfen, wo es kan.
Ob sie gleich nicht alle predigen
oder lehren, so suchen sie doch denenjenigen
Brüdern, die zum Lehren
der Sclaven da sind, Handreichung
zu thun, damit sie ihren gehörigen
Unterhalt krigen u. das mit
ihrer Hände Arbeit so viel möglich
besorgen helfen. Weil nun aber,
wie leicht zu erachten, es ofte
nicht zureicht, so haben uns unsere
Brüder aus Deutschland bishero
nicht stecken laßen, sondern
immer das, was wir zur Nothdurft
von Zeit zu Zeit nöthig hatten,
zukommen laßen, damit wir niemanden
zur Last fallen möchten
u. der Ruhm, den wir an Christo
haben, nicht verschmälert werde.
Und wir haben die Hofnung, daß
unsere Brüder wie bishero, uns
nicht Noth leiden laßen werden.
Wir suchen keinen Gewinnst; wenn
wir das benöthigte haben, so
sind wir damit von Herzen zufrieden,
u. laßen uns begnügen
mit dem, was wir haben. Wenn
wir nur sehen, daß der Name
Gottes geheiligt wird u. unter
[132] den armen Sclaven verherrlichet u.
gepriesen wird; das ist uns mehr,
als aller Reichthum dieser Welt.
Und das ist auch unser einziger Zweck,
warum wir auf diese Eylande gekommen
u. bisher geblieben sind; u.
wenn wir, wie bishero, des Schutzes
unsrer lieben Obrigkeit genießen, in
unsrer Gewißens-Freyheit ungekränkt
u. ungestört unsern Gang in aller
Unterthänigkeit fortgehen u. mit
unserm Nächsten in Liebe u. Friede
leben, so erkennen wir es als
eine Wohlthat vom HErrn.
Wahr ist es, es hat die Brüder-Unitaet schon viel gekostet, indem doch gleichwol, seitdem die Mission ihren Anfang auf diesen 3 Eylanden genommen, schon 67 von unsern Geschwistern auf allen 3 Eylanden begraben liegen, u. diese alle haben müßen her transportirt werden; der Kinder, welche sie in der Gemeine zur Besorgung zurück ließen, nicht zu gedenken. Dann sind wieder verschiedene theils aus Kränklichkeit, theils aus andern Ursachen zurück gereist, u. es geschahe gar oft, daß wir nicht im Stande waren, [133] ihren Transport zu erlegen, da uns denn unsere Brüder in Deutschland nach Möglichkeit halfen. Denn unsere Plantage u. Neger, welche wir haben, haben bishero nicht zugereicht, die nöthigen Unkosten, die wir haben auf Reisen hin u. wieder, von einem Eyland zum andern, zu bestreiten, welches bey uns ofte vorkommt, weil es unsre Kirchen-Verfaßung erfordert. Und da sind die wenigsten Brüder, die was verdienen können, u. müßen ihren Unterhalt durch die andern bekomen. Und da geht es uns oft auch mit unsern Handwerks-Leuten, wenn wir welche krigen, daß wenn sie sich in ihre Arbeit eingerichtet haben, u. manchmal noch eher, so werden sie vom HErrn heimberufen.
2.) Wegen der Einrichtung zur Unterweisung der Sclaven.
So ist solches genugsam bekannt, daß die Sclaven wenig Zeit übrig haben, auswendig vieles zu lernen, theils aus Mangel der Zeit, theils sind auch ihre Köpfe nicht sehr dazu aufgeräumt, Sachen [134] leicht zu faßen, ja viele sind auch schon zu alt dazu u. kommen aus Guinea als ein wildes Volk mit heydnischen Abgöttereyen u. Greueln angefüllt, daß es wohl zutrift, was der Prophet Jesaia im 18tn Capitel sagt, „zum Volk, das greulicher ist als sonst irgend eines.“ Da haben wir aus vieljähriger Erfahrung gefunden, daß es bey den mehresten fast unmöglich seyn würde, die gehörige Artickel des christlichen Glaubens ihnen in die Köpfe zu bringen, u. der Zweck zur Haupt-Sache, was zu einem wahren Christen oder Nachfolger Jesu gehört, wäre doch nicht erreicht, wie es leider! am Tage ist, daß viele Menschen in der Welt sind, unter Christen u. Heyden, die ihre Köpfe voll Wißenschaft haben u. doch in ihren Sünden ohne Gott dahin leben. So haben wir bishero kein ander Mittel gefunden, als ihnen das Evangelium zu predigen, daß Jesus Christus in die Welt kommen ist, die Sünder selig zu machen, u. daß alle, die an Ihn gläuben, nicht sollen verloren werden, sondern [135] das ewige Leben haben. Wenn wir nun wahrgenommen haben, die arme Sclaven krigen Ohren, das Wort Gottes zu hören, u. der heilige Geist ihr Herz aufschließt, wie es von der Purpur-Krämerin heißt Act.[WS 8] 16. u. kommen in Verlegenheit über ihren unseligen Zustand, fangen an um Gnade u. Vergebung ihrer Sünden zu bitten u. zu weinen, da man auch gleich eine Sinnes-Aenderung bey ihnen wahrnimmt, fragen, was sollen wir thun, daß wir selig werden? vorausgesezt, daß man sich allemal zur Prüfung wohl Zeit nimmt, sieht der Gnaden-Arbeit eine Weile zu, welches bey manchen oft lange währet, ehe man ihn fähig findet; wenn nun wahrgenommen wird, daß ihr Verlangen nach ihrem Seelen-Heyl bleibt, u. gläuben, daß Jesus Christus auch für ihre Sünden am Stamme des Creuzes ein vollgültiges Opfer gethan, u. bekennen das mit einem freymüthigen Munde: so tragen wir keinen Zweifel mehr, ihnen die heilige Taufe nach unsers HErrn Befehl Matth. 28. im Namen des Vaters, des Sohnes [136] u. des heiligen Geistes zu ertheilen.
3.) Ob die Sclaven bey der Taufe examinirt werden u. ein gewisses Glaubens-Bekenntniß ablegen?
In Ansehung des Glaubens-Bekenntnißes, so ist solches schon im vorhergehenden Satz beantwortet. Was aber das Examen betrift, so geschiehet solches privatim zu verschiedenen malen. Dann es wird mit den Sclaven lange Zeit vorher, ehe sie fähig gefunden werden, dieses Sacrament der heiligen Taufe ertheilt zu krigen, auf eine wahre Herzens-Veränderung bey ihnen angetragen. Wenn wir nun an ihnen das wahrnehmen u. es wirklich dazu kommt, daß der Tag bestimmt ist, da ihnen das Sacrament der Taufe soll ertheilt werden, so wird jeder den Tag vorher privatim gesprochen, u. darauf des Sonntags, ehe sie in die Kirche gebracht werden, weil gemeiniglich eine Anzahl zugleich die heilige Taufe empfangen, werden sie vorher zusammen gerufen in Gegenwart ihrer Lehrer, wie auch einer Anzahl aus ihrer Nation gläubiger Männer, [137] da werden sie um ihren Glauben gefragt, wie vorhero beschrieben, da sie denn auch zugleich gefragt werden: Ob sie glauben, daß die heilige Taufe ein Mittel ist, das unser HErr im Neuen Testament verordnet zum Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes, welchen Er ausgegoßen hat über uns reichlich nach Pauli Ausdruck Tit. 3. Denn werden sie gefragt, ob sie auf diesen Glauben die heilige Taufe empfangen wollen, u. wenn sie es nun mit einstimmigen Herzen glauben u. mit ihrem Munde bekennen, so halten wir sie nicht länger davon ab.
4.) Ob selbige Neger im Leben u. Wandel beweisen, was bey ihnen durch die Theilhaftigkeit der Taufe eine Folge seyn muß?
So laßen wirs nicht ermangeln, sie zu ermahnen u. lehren, daß sie halten alles, was uns unser lieber HErr befohlen hat. Das bezieht sich auch darauf, daß sie der Obrigkeit, ihren Herren u. Frauen, welche sie als ihre Obrigkeit anzusehen haben, gehorsam u. unterthan [138] seyn sollen. Das heißt, treu zu seyn bey ihrer Arbeit, nicht aus einem fürchterlichen Schein, sondern von Herzen, u. nach ihrem besten Wißen u. Willen ihnen dienen u. auf alle Art u. Weise ihr Bestes suchen. Wir tragen auch keinen Zweifel, daß die Herren u. Frauen auf diesen Eylanden, deren Sclaven in unsre Kirche kommen, oder vielmehr, die wirklich zu unsrer Kirche gehören, das Zeugniß geben, daß die Sclaven zur Treue u. Gehorsam angehalten werden, u. sie könten diesen Punct beßer beantworten, als wir es selber thun können. Wir können zwar nicht verbergen, daß nicht manchmal welche nach ihrer Taufe wieder untreu werden u. in Sünden fallen; solche aber, sobald wir was davon erfahren, ermahnen wir darüber ernstlich, u. wenn sie sich nicht ändern u. reuig drüber werden, so untersagen wir ihnen nach unsrer Kirchen-Verfaßung auf eine Zeitlang die Gemeinschaft. Wir haben auch bishero gefunden, zum Preise unsers HErrn, daß solche Leute sich oft gar balde wieder gefunden haben, sind mehr auf ihr eigen Herz gekommen, [139] u. haben kennen gelernt, was die Gnade Gottes an den Sündern thut. Ueberhaupt ist es wohl zu merken, daß die Sclaven ein sehr tummes Volk sind u. ihre Köpfe nicht sehr aufgeräumt, vieles zu faßen, u. kommt aufs Herz an, wie es von der Lydia heißt: „Der HErr that ihr das Herz auf“; oder wie Act. 8. steht vom Cämmerer aus Mohrenland, da ihn Philippus fragte: „Glaubst du von ganzem Herzen, so mags wol seyn“; u. er sagte: „Ich glaube, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist“, u. er taufte ihn.
5.) Wie groß die Anzahl von denen durch die Brüder auf allen 3 Eylanden Getauften sey?
Es sind in unserm Kirchen-Buche befindlich, seit die Mission in diesen Landen ihren Anfang genommen,
1.) Auf St. Thomas von anno 1736. d. 30tn Sept.
2.) Auf St. Jan von anno 1736. d. 22tn Dec.
3.) Auf St. Crux von anno 1744.
Zusammen getaufte erwachsene | Neger 2816 |
Kinder 654
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In unsre Gemeine aufgenommen, die von Catholischen Paters getauft sind: | 69
|
3539.
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[140] Von dieser Anzahl sind mit Tode abgegangen nach Anzeige unsrer Kirchen-Bücher, 789.
Aus der Anzahl der Getauften sind gegen 600 Seelen, die gegenwärtig mit uns am Sacrament des hochheiligen AbendMahls participiren.
Wir zehlen noch auf allen 3 Eylanden aus den Lehrlingen u. Tauf-Candidaten, die Hofnungsvolle Leute sind u. zum Theil sehr um die heilige Taufe bitten, über 2000 Seelen.
6.) Wie viel Land u. wie viel Sclaven den Brüdern eigenthümlich zugehören?
1.) Haben wir auf St. Thomas ein Stück Land im neuen Quartier, welches wir gekauft haben, lang 3000 Fuß u. breit 1060 Fuß, davon das meiste zum Bepflanzen unbrauchbar ist, ausgenommen ein paar Stückgen, wo wir etwa 10 Fäßer Zucker machen können. Darauf stehen unsere Wohnhäuser u. Neger-Kirche. Zur Bearbeitung des Landes /: wiewol solche Arbeit nicht die Interessen austrägt :/ haben wir hier 24 eigenthümliche Sclaven, die arbeiten können.
[141] 2.) Haben wir vor einem Jahre ein Stück Land gekauft ohne Neger; dazu hat uns die Noth getrieben, weil das unsrige so schlecht war, daß unsere Neger nicht einmal ein bisgen Kost da pflanzen konten. Auch hatten wir kein Holz zum brennen. Selbiges Stück Land, meist alles im Busch, ist 6000 Fuß lang u. 1040 breit.
3.) Haben wir auf St. Thomas West-Ende einen Plantage-Grund, Crumbay genannt, allwo wir gar nichts pflanzen können, weil wir keine Neger zur Arbeit da haben, ausgenommen 2 alte Macron-Neger, die unser dasiges Horn-Vieh weiden. Die Hauptsache, warum wir das Stück Land haben u. behalten u. selbiges verinteressiren, ist einzig u. allein um der armen Neger willen, die auf der Nord-Seite und West-Ende des Landes wohnen, daß wir da für sie eine Kirche haben, um ihnen das Evangelium zu predigen, weil es vor sie zu weit ist, bis ins neue Quartier alle Sonntage u. in der Nacht zu kommen.
4.) Auf St. Crux haben wir einen [142] Garten-Grund, 900 Fuß lang u. 220 breit, eigenthümlich mit 3 alten Sclaven. Daselbst steht ein Wohn-Haus vor unsere weißen Brüder u. auch die Neger-Kirche.
5.) Haben wir 4 Lots Land auf St. Crux West-Ende in Friedrichstadt gekauft u. darauf einen obrigkeitlichen Kauf-Brief in Händen, mit schriftlicher Erlaubniß von der hohen Obrigkeit, eine Neger-Kirche daselbst zu bauen. Wir haben auch anno 1764. ein Kirch-Haus dahin gebaut, in der Absicht, den armen Negern das Evangelium zu predigen, welches auch schon 2 oder 3mal geschehen ist. Weil aber des Herrn Baron Schimmelmanns Neger angewiesen worden, den Grund zu reinigen u. zu bepflanzen, so haben sie auch auf unserm Kirch-Grund gereinigt u. gepflanzt, wobey es geschah, daß unser gebautes Kirch-Haus ganz abgebrannt u. in Asche verwandelt wurde, zu unserm Leidwesen u. den armen Negern, deren viele da sind, zur großen Betrübniß. Oben drauf wißen wir nicht, ob wir selbige 4 Lots Grund behalten werden.
[143] 6.) Auf St. Jan gehört uns auch ein Stück Land eigenthümlich 1800 Fuß lang u. 900 breit, welches wir auch um der armen Neger willen gekauft u. ihnen daselbst eine Kirche gebaut haben, nicht ohne große Kosten u. Arbeit. Dabey steht zugleich ein Wohnhaus vor den Bruder u. seine Frau, die sich da aufhalten. Das ganze Stück Land aber liegt im Busch, u. in Ermangelung der nöthigen Sclaven zur Arbeit haben wir daselbst nicht mehr als einen Neger-Mann.
St. Thomas. den 15tn May 1765.
Wir haben uns im Julio dieses Jahres noch etliche Tage vor Verfliessung des in dem bekannten Königlichen Rescript uns gesezten Termins von einem Jahr durch ein Memorial bey dem hiesigen Gouvernement gemeldet, welches sub litt. A. in Copia beygehet. Die vom Gouvernement uns hierauf ertheilte Antwort u. unsre Erklärung auf dieselbe folgen hiemit sub litt. B. u. C. [144] Das Gouvernement würde uns allemal nach Verfließung des gesezten Termins eine solche Erklärung abgefordert haben; denn sie hielten sich dazu verpflichtet aus schuldigem Respect vor den Königlichen Befehl. Daß wir uns also zuerst meldeten, dazu hatten wir Anweisung pp. u. ihre Antwort darauf ist nun ein avthentisches Document, daß es nicht uns am Willen u. Neigung fehlt nach Nicobar zu gehen, sondern daß Sie weder Ordres noch Moyens haben, uns dahin zu bringen.
Sonsten sind wir alle Gottlob! wohl u. gesund, u. erwarten in stillem Frieden, wies weiter werden wird. Das Paquet über Amsterdam mit Gemein-Nachrichten haben wir richtig erhalten, wofür wir allesamt herzlich dankbar sind. Ueber England haben wir noch nichts in diesem Jahre bekommen; es müßte denn noch durch Mr Lacam über Bengalen was an uns gelangen, das wird wol erst am Ende des Jahrs hier an der Küste seyn können. Alle unsere Geschwister grüßen herzlich u. empfehlen sich mit mir ins treue Andenken.
[145] Copia
Wohlgeborner Herr Gouverneur,
Hochedle Herren Secret-Räthe,
Hochgeneigteste Herren,
Euer Wohlgeborenen u. Euer HochEdlen wird ohne Zweifel noch unvergeßen seyn, daß Seine Königliche Majestät unser allergnädigster Erb-König u. HErr, durch ein unterm 16tn Nov. 1762. an die hohe Direction der Königlich Asiatischen Compagnie ergangenes u. mit dem Compagnie-Schiff, der König von Dännemark genannt, d. 9tn Jul. 1763. hier angebrachtes u. von einem hochlöblichen Gouvernement mir gütigst communicirtes Rescript allergnädigst verordnet haben, daß, woferne wir, die hier etablirten Evangelischen Brüder, nicht binnen Jahr u. Tag, nachdem nur gedachter allergnädigster Königlicher Wille uns bekannt gemacht worden, uns nach den Nicobarischen Eylanden verfügen, wir mit den nächsten Schiffen nach Europa retourniren solten. Wie wir uns nun jederzeit so schuldig als willig erachtet haben, dem an uns ergangenen allerhöchsten Königlichen Beruf u. dem bey unsrer [146] Aussendung geführten Entzweck zufolge, uns auf nur besagten Nicobarischen oder Friedrichs-Eylanden zu etabliren u. deren Cultivirung, so viel an uns ist, mit allem Fleiß zu befördern zu suchen; u. alles, was dem zuwider von unsern Gegnern gegen uns angebracht worden, eben so ungegründet ist, als die übrigen gegen uns geführten Beschwerden, wie solches schon im verwichenen Jahr sowol einer hohen Direction, als einem hiesigen hochlöblichen Gouvernement gehorsamst vorgestellet worden: also haben wir uns auch noch immer bis daher Hofnung gemacht, obgenanntes allergnädigstes Königliches Rescript selbst möchte etwa Veranlaßung zu einer neuen Expedition auf die Nicobarischen Eylande geben u. uns in die längst gewünschte u. erwartete Möglichkeit setzen, den Anfang zu einem Etablissement auf nur besagten Inseln zu machen. Aus welchem Grunde wir uns auch noch bisher nach keinem anderweitigen Etablissement hier in Indien umgesehen haben, ohnerachtet sich uns einigemal eine Gelegenheit [147] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/151 [148] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/152 [149] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/153 [150] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/154 [151] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/155 [152] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/156 [153] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/157 [154] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/158 [155] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/159 [156] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/160 [157] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/161 [158] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/162 [159] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/163 [160] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/164
[220] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/224 [221] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/225
[222]war zur gewöhnlichen Zeit das Gebet der Kirchen-Litaney, in welcher der in voriger Woche getrauten 3 Ehe-Paare besonders gedacht u. die ewige Gemeinschaft mit unserm seligen Bruder David Wahnert erbeten wurde.
Um 4 Uhr hatte das Ehe-Chor ein begnadigtes Anbeten.
Die Gemein-Stunde um 7 Uhr Abends hielt Bruder Joseph mit einer Rede über die Loosung.
hielt Bruder Leonhard den Männern zu ihrem Lehr-Tage eine Homilie über den Lehr-Text.
Die übrigen in dieser Woche gefälligen Lehr-Tage, der Weiber am 10tn, der ledigen Schwestern am 11tn, der Witwen am 12tn u. der Witwer am 13tn hujus wurden mit Chor-Homilien, welche Bruder Leonhard [223] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/227 [224] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/228 [225] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/229 [226] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/230 [227] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/231 [228] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/232 [229] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/233 [230] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/234
[531] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/535 [532] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/536 [533] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/537
Anmerkungen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Abba: aramäisch Vater, Gott. Te Abba ist ein feierlicher Gesang zum Lobe Gottes (lat. Te Deum)
- ↑ seliger Jünger: Bezeichnung innerhalb der Brüdergemeine für ihren Gründer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nach dessen Tod
- ↑ nach Herrnhuter Lebenslaufsammlung wahrscheinlich Jacob Remigius Göttlich (1717–1771)
- ↑ auf der Generalsynode 1764 vorgekommene Punkte (sog. Gewissensrügen), die als Mahnung Christi an die Brüdergemeine angenommen wurden
- ↑ Abweichende, Sekte, die 1732 aus der Schottischen Kirche hervorging
- ↑ Cantus, d.i. Hoheslied im Alten Testament
- ↑ Pleura, offene Wunde am Brustkorb Jesu am Kreuz
- ↑ Abkürzung von Acta Apostolorum, d.i. veraltet für Apostelgeschichte